L 4 KA 77/18

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 2 KA 573/15
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 77/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
 
Leitsätze

1.
Wird um Rechtsschutz gegen eine quartalsgleiche sachlich-rechnerische Richtigstellung einer vertragsärztlichen Abrechnung nachgesucht, ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage richtige Klageart.

2.
Den Vertragsarzt trifft die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung. Dabei handelt es sich um das Fundament des auf Vertrauen in die Richtigkeit der Abrechnungsdaten beruhenden Systems der vertragsärztlichen Versorgung.

3.
Liegen die Voraussetzungen einer GOP des EBM-Ä erweislich nicht vor oder lässt sich die Erfüllung der Voraussetzungen im Einzelfall nicht nachweisen, darf die KÄV die GOP im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung in vollem Umfang streichen (BSG, Beschluss vom 6. September 2000, B 6 KA 17/00 B).

4.
Hat ein in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) tätiger Arzt eine GOP abgerechnet, die nach dem EBM-Ä nur für Ärzte einer bestimmten Facharztgruppe berechnungsfähig ist (deren Vertreter zwar ebenfalls in der BAG tätig sind, zu welcher der abrechnende Arzt aber nicht zählt), obliegt es der BAG, im Einzelnen darzulegen, worauf die fehlerhafte Abrechnung beruht. Dazu zählt wenigstens, dass dargelegt wird, welcher in der BAG tätige Arzt die fehlerhaft abgerechnete Leistung erbracht hat, ob die aus dem fremden Fachgebiet des EBM-Ä abgerechnete Leistung tatsächlich erbracht wurde (oder aber eine Leistung aus einem anderen Fachgebiet) und aufgrund welcher Umstände es ggf. zur Angabe einer unzutreffenden GOP bzw. Arztnummer gekommen ist. Unterlässt die BAG diesen Vortrag, ist die fehlerhaft in Rechnung gestellte GOP nicht abrechenbar.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom

5. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.

 

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.134 EUR festgesetzt.

 

 

 

 

 

 

Tatbestand

 

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Honorarberichtigung.

 

Die Klägerin ist eine ehemalige überörtliche Gemeinschaftspraxis mit Sitz in K, die in dem hier maßgeblichen Zeitraum aus sechs Fachärzten für Orthopädie, zwei Fach­ärzten für Chirurgie sowie einem Facharzt für Anästhesiologie (alle zugelassen zur ver­tragsärztlichen Versor­gung) bestand.

 

Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) berichtigte die Honoraranforderungen der Klägerin für das Quartal III/2014 ua in insgesamt 31 Fällen hinsichtlich der Gebührenord­nungspositionen (GOP)  

07211              (chirurgische Grundpauschale für Versicherte zwischen dem 6. und dem 59. Lebensjahr)

07212              (chirurgische Grundpauschale für Versicherte ab Beginn des 60. Lebensjahres)

07311              (Zusatzpauschale Behandlung/Diagnostik des Stütz- und Bewe­gungsapparats)

18211              (orthopädische Grundpauschale für Versicherte zwischen dem 6. und dem 59. Lebensjahr)

18212              (orthopädische Grundpauschale für Versicherte ab Beginn des 60. Lebensjahres)

18311              (Zusatzpauschale Behandlung/Diagnostik des Stütz- und Bewe­gungsapparats)

des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM; in der ab dem 1. April 2009 gültigen Fassung) in Höhe von 222,86 EUR. Die abgerechneten Leistun­gen seien aufgrund der Kennzeichnung für die lebenslange Arztnummer (LANR) nach den gültigen Präambeln nicht berechnungsfähig oder es handele sich um Leistungen, für die keine Ge­nehmigung vorliege (Honorarbescheid vom 14. Januar 2015). Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 9. September 2015).

 

Gegen die Honorarberichtigung hat die Klägerin am 2. Oktober 2015 Klage vor dem Sozial­gericht (SG) Kiel erhoben und dort zusammengefasst geltend gemacht, dass die ange­fochtenen Bescheide sowohl formell als auch materiell rechtswidrig seien. Zunächst habe die Beklagte es versäumt, vor der Berichtigung der GOPen eine Anhörung durchzuführen, obwohl sich deren Erfordernis vor dem Hintergrund, dass die Klägerin sowohl chirurgische als auch ortho­pädische Leistungen erbringen könne, aufgedrängt habe. Im Übrigen sei die Be­klagte bei den 31 Berichtigungen nach § 8 Nr 1 der Honorarabrechnungsordnung (HAO) nur zu einer Umwandlung in die zutreffende, nicht aber zu einer ersatzlosen Streichung der versehentlich zu Unrecht angesetzten GOPen berech­tigt gewesen.

 

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 5. Dezember 2018 abgewiesen. Die angefochtenen sachlich-rechnerischen Berichtigungen seien nicht zu bean­standen. Zunächst sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin vor Erlass des Honorarbescheids anzu­hören. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung – hier: im Wege der Streichung einzelner abge­rechneter GOPen –, die im Rahmen der erstmaligen Entscheidung über den Honorar­an­spruch des Arztes für das betreffende Quartal erfolge, stelle keinen Eingriff in eine bereits bestehende Rechtsposition dar. Der Honorarbescheid vom 14. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids genüge zudem (noch) dem aus § 35 Abs 1 Zehntes Buch Sozial­gesetzbuch (SGB X) folgenden Begründungserfordernis, weil die Beklagte dort in „pauscha­lierenden Stichwortsätzen“ angegeben habe, welche Berichtigungen aus welchen Gründen vorgenommen worden seien. Jedenfalls aber sei ein etwaiger Begründungsmangel unbe­achtlich, weil die erfolgten Korrekturen in der Sache rechtmäßig seien – was im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig sei. Die Beklagte sei auch nicht zu einer umstellenden Korrektur der fehlerhaft abgerechneten GOPen verpflichtet gewesen; eine derartige Ver­pflichtung folge insbesondere nicht aus § 8 HAO in der bis zum 31. Dezember 2014 gelten­den bzw aus § 9 HAO der ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung. Eine solche Korrekturverpflichtung könne allenfalls dann angenommen werden, wenn die KÄV sicher davon ausgehen könne, dass ein bestimmter Arzt – ausgewiesen durch seine LANR – an einem bestimmten Tag eine(n) bestimmte(n) Versicherte(n) mit einer Leistung behandelt habe, die seiner Facharztqualifikation entspreche. Eine solche Sicherheit habe auf Seiten der Beklagten in Hinblick auf die hier in Streit stehenden Behandlungsfälle aber nicht bestanden, weil in großem Umfang von Fachärzten für Chirurgie orthopädische Leistungen abgerechnet worden seien. Im Übrigen sei von einer gesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen Vertragsarzt und KÄV auszugehen, wonach es in erster Linie Aufgabe des Arztes sei, peinlich genau abzurechnen und die Richtigkeit seiner Abrechnung mittels Abrech­nungssammelerklärung gegenüber der KÄV zu garantieren. Das entsprechende Vertrauen auf die Richtigkeit der Abrechnung des Vertragsarztes auf Seiten der KÄV, die ihrerseits nur zu stichprobenartigen Prüfungen oder Prüfungen bei Auffälligkeiten der eingereichten Rechnung berufen sei, stelle das Fundament des vertragsärztlichen Versorgungssystems dar. Im Falle einer falschen Abrechnung könne sich der Vertragsarzt wegen der ihm oblie­genden Garantiehaftung auch nicht durch einen Verweis auf eine fehlerhaft arbeitende Praxissoftware oder fehlerhaft arbeitende Praxismitarbeiter exkulpieren. Hingegen sei es nicht Aufgabe der KÄV, Abrechnungsfehler in möglichst weitgehendem Umfang im Wege der Rechnungsumstellung zugunsten des Arztes zu heilen. Bei einer nachgehenden Korrektur einer Honorarabrechnung durch die KÄV dürften nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung falsche Abrechnungspositionen gestrichen werden, auch wenn der Arzt eine andere als die fehlerhaft abgerechnete Behandlungsleistung tatsächlich erbracht habe; denn dem Vertragsarzt stehe kein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für durchgeführte Behandlungen gegen die KÄV zu. Die Klägerin könne sich auch nicht auf das in § 7 Nr 6 Satz 4 HAO geregelte Recht zur Beantragung von Abände­rungen sachlich-rechnerischer Korrekturen durch die KÄV berufen. Zum einen sei fraglich, ob sich die Vorschrift überhaupt auf den Fall der irrtümlichen Abrechnung falscher GOPen anwendbar sei, da Satz 2 diese Fälle ausdrücklich regele. Zum anderen habe die Klägerin erstmals im Klageverfahren Einwände gegen die von der Beklagten vorge­nommenen Berichtigungen erhoben; sollte darin ein Abänderungsantrag im Sinne des § 7 Nr 6 Satz 4 HAO zu sehen sein, sei dieser Antrag jedenfalls mit Schriftsatz der Beklagten vom 6. März 2018 ermessensfehlerfrei und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise von der Beklag­ten abgelehnt worden. Schließlich sei die Klägerin durch die Berichtigungen auch nicht un­verhältnis­mäßig betroffen, weil sich die insgesamt abgesetzte Summe auf weniger als einen Prozentpunkt des vergüteten Gesamthonoraranspruchs der Klägerin für das Quartal III/2014 belaufe.

 

Gegen dieses Urteil (zugestellt am 6. Dezember 2018) wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung vom 10. Dezember 2018 und stützt sich dabei im Wesentlichen auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die fehlerhaften Abrech­nungen darauf beruhten, dass eine Arzthelferin bei Nutzung der Praxissoft­ware gelegent­lich ein Fachkapitel ausgewählt habe, das nicht mit der Fachrichtung des behandelnden Arztes übereingestimmt habe. Bei einer derartigen Konstellation sei die KÄV nicht zu einer ersatzlosen Streichung der abgerechneten GOPen berechtigt. Das ergebe sich aus § 106a Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), den §§ 7, 8 der einschlägigen HAO sowie aus den Bestimmungen in § 45 Abs 3 bis 5 des Bundesmantelvertrags-Ärzte (BMV-Ä) bzw in § 34 Abs 4 des Ersatzkassenvertrags-Ärzte (EKV-Ä). Aus sämtlichen Regelungen folge zwar, dass der KÄV eine Befugnis zu Richtigstellungen von Honorarabrechnungen zustehe, allerdings mit dem Ziel, die rechtliche Ordnungsgemäßheit der Abrechnung mit Blick auf die gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen des Vertragsarztrechts herzu­stellen. Deshalb komme die ersatzlose Streichung von Abrechnungspositionen nur als ultima ratio in Betracht; zunächst seien aber mildere Mittel der Rechnungskorrektur zu ergreifen. Denn eine rechtlich ordnungsgemäße Abrechnung werde nicht dadurch herbei­geführt, dass tatsächlich erbrachte ärztliche Leistungen nicht vergütet würden. Dem stehe auch nicht die vom SG zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung entgegen, wonach der Vertragsarzt keinen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Ersatz seiner Behandlungs­kosten habe. Denn anders als in dem insoweit einschlägigen Fall des Bundessozialgerichts (<BSG>, Urteil vom 23. Juni 2010 - B 6 KA 7/09 R, zitiert nach juris) hätten die Ärzte der Klägerin die abgerechneten Behandlungen gemäß der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen erbracht; die Fachkapitelverwechslungen im Zuge der Sammelabrechnung änderten daran nichts. Dass die Beklagte die Möglichkeit hätte einräumen müssen, die fehlerhafte Abrechnung zu korrigieren, ergebe sich nicht nur aus einem nach dem Grundsatz von Treu und Glauben bestehenden Fairnessgebot im Rahmen des Rechtsverhältnisses zwischen Vertragsarzt und KÄV, sondern auch aus einem Willkürverbot bzw. einer Art Selbstbindung der Beklagten. Diese habe nämlich in der Vergangenheit der Klägerin durchaus die Möglichkeit zur eigenen Rechnungskorrektur bei Rückstellung des Vergütungsanspruchs eingeräumt. Konkret habe die Beklagte im Rahmen der Honorarabrechnung für das Quartal I/2014 circa 400 Leistungsfälle wegen „LANR/GOP-Konflikten“ unter Hinweis auf die § 7 Abs 8 und § 10 HAO zurückgestellt und die Klägerin gebeten, die betroffenen Abrechnungsscheine zu korrigieren und ggf erneut einzureichen. Dabei sei von der Beklagten der ausdrückliche Hinweis erfolgt, dass ein Vergütungsanspruch für die Dauer eines Jahres ab dem maßgeblichen Einreichtermin fortbestehe. Vor diesem Hintergrund stelle sich die ersatzlose Streichung der GOPen, die nicht mit dem Fachgebiet des Behandlers in Einklang stehen, als willkürlich dar.

 

Die Klägerin beantragt,

 

  1. das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 5. Dezember 2018 aufzuheben und den Honorarbescheid für das Quartal III/2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2015 zu ändern;

 

  1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für das Quartal III/2014 Honorar in Höhe von 222,86 EUR nachzuvergüten.

 

Die Beklagte beantragt,

 

                        die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht ergänzend geltend, dass die sie treffende Pflicht zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung von Abrechnungen nicht dazu führen könne, dass die vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Fundament des Systems der vertragsärztlichen Versorgung prominent betonte Pflicht des Vertragsarztes zur peinlich genauen Abrechnung auf sie als KÄV abgewälzt werde. Genau das aber sei der Fall, folge man der Rechtsauffassung der Klägerin. Nach der höchstrichterlichen Recht­sprechung (BSG, Beschluss vom 28. September 2016 - B 6 KA 14/16 B - juris) obliege es dem Vertragsarzt, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um das in die Richtigkeit seiner Abrechnung gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. Für die korrekte Abrechnung seiner Leistungen sei danach der Vertragsarzt selbst verantwortlich und könne sich nicht auf eine fehlerhafte Tätigkeit auf Seiten einer personellen oder auch technischen Hilfe bei Erstellung der Abrechnung berufen, um sich zu entlasten. Die der Beklagten obliegende sachlich-rechnerische Richtigkeitsprüfung habe zum Ziel, eine ordnungsgemäße Leistungsabrech­nung zu gewährleisten. Daraus folge, dass wenn – wie hier – vielfach Leistungspositionen abgerechnet werden, die nach dem EBM von den jeweiligen Vertragsärzten nicht hätten abgerechnet werden dürfen, die fehlerhaft zur Abrechnung gestellten GOPen zu streichen seien. Eine Pflicht zur Umwandlung der fehlerhaft abgerechneten Leistungsziffern in solche, die der jeweilige vertragsärztliche Behandler hätte abrechnen dürfen, komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte, gar nicht wissen könne, ob die abgerechnete Leistung tatsächlich von einem insoweit abrechnungsbefugten Arzt erbracht worden sei oder nicht. Im Übrigen habe die Klägerin auch weder im Verlauf des Widerspruch­ver­fahrens, noch im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens substantiierte Angaben dazu gemacht, wie genau es zu der fehlerhaften Abrechnung der berichtigten GOPen gekommen sei; insbesondere sei nicht offengelegt worden, ob dabei falsche LANR oder falsche Ab­rech­nungsziffern verwendet worden seien.

 

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu Protokoll erklärt, dass eine weitere Vergütung für die von der Beklagten im Umfang von 911,26 EUR in 161 Fällen abgesetzte GOP 18331 EBM (im Protokoll vom 22. Februar 2022 ist stattdessen versehentlich die GOP 18311 EBM vermerkt) nicht länger geltend gemacht werde.

 

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts­akte sowie der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geworden sind, Bezug genommen.

 

 

 

 

 

 

                                   

 

 

Entscheidungsgründe

 

I. Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zunächst zulässig.

 

Die Berufung ist gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht erhoben worden und bedurfte zudem nicht nach § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG der Zulassung durch das Sozial­gericht, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes ursprünglich 750 EUR überschrit­ten hat. Die Klägerin hat im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Einlegung der Berufung (vgl dazu BSG, Urteil vom 25. Juli 1985, 7 RAr 33/84, BSGE 58, 291 ff) eine Nachvergütung für die von der Beklagten im Quartal III/2014 ua berichtigten GOPen 07211, 07212, 07311, 18211, 18212, 18311 und 18331 EBM begehrt. Der aus den vorgenannten, von der Beklag­ten mit dem streitgegenständlichen Honorarbescheid abgesetzten Gebüh­renpositionen resultierende Nachvergütungsanspruch hat sich auf 1.134 EUR belaufen. Dass die Klägerin ihren Teil-Anfechtungs- und Leistungsantrag in der mündlichen Verhand­lung vor dem Senat beschränkt und lediglich noch die Zahlung weiteren Honorars iHv 222,86 EUR begehrt hat, berührt die Zulässigkeit der Berufung nicht (vgl BSG, Urteil vom 26. Januar 2006, B 3 KR 4/05 R, NZS 2006, 534 ff; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Lei­therer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 144 Rn 19).

 

II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

 

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen weitergehenden Honoraranspruch für das Quartal III/2014. Zu Recht hat die Beklagte die in der Anlage UB zum Honorarbescheid vom 14. Januar 2015 aufgeführten und in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 6. März 2018 näher spezifizierten GOPen im Rahmen der Honorarentscheidung für das Quartal III/2014 gestrichen. Die dagegen von der Klägerin erhobene Klage hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Urteil vom 5. Dezember 2018 zu Recht abgewiesen.

 

1. Streitgegenständlich ist der Honorarbescheid der Beklagten vom 14. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 9. September 2015. Der PZV-Zuwei­sungsbescheid vom 24. Juni 2014 ist zwar noch Gegenstand des Vorverfahrens gewesen (weil sich der Widerspruch der Klägerin vom 16. Februar 2015 ausdrücklich dagegen gerichtet hat). Schon in der Klageschrift war indes lediglich die „Honorarabrechnung für das Quartal III/2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2015“ als Gegenstand des Teil-Anfechtungsantrages benannt; dem entspricht auch der in der mündlichen Verhand­lung vor dem Sozialgericht gestellte Antrag. Der PZV-Zuweisungsbescheid (in Gestalt des streitbefangenen Widerspruchsbescheides) ist daher bestands­kräftig im Sinne des § 77 SGG geworden, weil die Klägerin gegen diesen keine Klage erhoben hat.

 

2. Ihr Begehren verfolgt die Klägerin – nach Umstellung des Antrages in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – richtigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage. Dies ist die zutreffende Klageart für Rechtsschutz gegen quartalsgleiche sachlich-rechnerische Berichtigungen (vgl hierzu BSG, Urteil vom 26. Juni 2019 - B 6 KA 68/17 R, zitiert nach juris, dort Rn 15; Hessisches LSG, Urteil vom 19. Dezember 2018, L 4 KA 20/15, zitiert nach juris, dort Rn 47; Clemens, in jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 106d Rn 78). Die von der Klägerin erstinstanzlich zur Entscheidung gestellte kombinierte Anfech­tungs- und Verpflichtungsklage war somit – zumindest hinsichtlich des auf Neube­scheidung des streitbefangenen Honoraranspruchs unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts – unzulässig. Eine Verpflichtungsklage in Gestalt der erstinstanzlich zur Ent­scheidung gestellten Bescheidungsklage ist grundsätzlich nur statthaft, wenn Ermessens­leistungen begehrt werden (vgl Söhngen, in jurisPK-SGG, Werksstand 30. Juni 2020, § 54 Rn 39). Der Vertragsarzt hat aber auf Vergütung der von ihm erbrachten Leistungen gemäß § 87b Abs 1 SGB V einen Rechtsanspruch gegenüber der KÄV inne (vgl Freudenberg, in jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 87b Rn 30). Ebenso wenig steht die Vornahme einer sach­lich-rechnerischen Richtigstellung nach § 106d Abs 1 SGB V im Ermessen einer KÄV. Diese ist im Regelfall schon deshalb zur Berichtigung verpflichtet, weil sie gemäß § 75 Abs 1 Satz 1 SGB V den Krankenkassen und deren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen hat, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht; es wäre außerdem auch nicht zu rechtfertigen, dem einzelnen Arzt rechtswidrig abgerechnete Leistungen zu belassen, weil dies im Ergebnis die Honorare der anderen an der Verteilung der Gesamtvergütung teilnehmenden Ärzte mindern würde (vgl hierzu Landessozialgericht <LSG> Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18. Februar 2004 - L 3 KA 99/02, zitiert nach juris, dort Rn 23; unter Verweis auf BSG, Urteil vom 31. Oktober 2001 - B 6 KA 16/00 R, BSGE 89, 62, 75).

 

Bei der erst in der Berufungsverhandlung erfolgten Umstellung des Verpflichtungsbegeh­rens auf einen Leistungsantrag handelt es sich nach der Rechtsprechung des BSG um eine Klagerweiterung im Sinne des § 99 Abs 3 Nr 2 SGG und mithin nicht um eine Klage­änderung nach § 99 Abs 1 SGG (vgl hierzu BSG, Urteil vom 20. September 1989 - 7 RAr 110/87, zitiert nach juris, dort Rn 32). Die Umstellung des Klagantrages in der Berufungs­instanz ist daher prozessual unproblematisch zulässig.

 

 

3. Der Honorarbescheid der Beklagten erweist sich in Gestalt des Wider­spruchbescheids vom 9. September 2015 sowohl formell (dazu unter lit. a) als auch materiell (dazu unter lit b) als rechtmäßig. Die beklagte KÄV hat die Honoraranforderung der Klägerin im Quartal III/2014 zu Recht in den im Berufungsverfahren noch streitbefangenen Umfang sachlich-rechnerisch berichtigt.

 

a) Vor dem Senat hat die Klägerin keine Einwände gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Honorarbescheids für das Quartal III/2014 mehr geltend gemacht; insbesondere ist die Rüge, dass insoweit eine Anhörungspflichtverletzung und ein Begründungsmangel zu beobachten seien, nicht länger vorgebracht worden. Nach Auffassung des Senats ist denn auch den Ausführungen des Sozialgerichts in seinem angefochtenen Urteil zum Nicht­bestehen einer die Beklagte treffenden Anhörungspflicht nach § 24 Abs 1 SGB X vor Erlass des Honorarbescheids sowie zur hinreichenden Begründung des Honorarbescheids im Sinne des § 35 Abs 1 Sätze 1 und 2 SGB X zuzustimmen. Allein der Vollständigkeit halber ist daher an dieser Stelle auf die diesbezüglichen Ausführungen im ange­fochtenen Urteil zu verweisen (vgl zum mangelnden Eingriffscharakter eines den Vergütungsan­spruch des Vertragsarztes für ein bestimmtes Quartal erstmalig feststellenden Honorar­anspruchs auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Juli 2004 - L 10 KA 5/02, zitiert nach juris, dort Rn 67; vgl zum anzulegenden großzügigen Maßstab bei der Prüfung des gesetz­lichen Begründungserfordernisses im Hinblick auf Honorarbescheide, denen stets kompli­zierte Berechnungen zugrunde liegen, auch: Hessisches LSG, Urteil vom 26. Fe­bruar 2003 - L 7 KA 707/00, zitiert nach juris, dort Rn 131 f).

 

b) Rechtsgrundlage für die hier noch streitbefangene sachlich-rechnerische Berichtigung ist die Regelung in § 106a Abs 1 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2016 gültigen Fassung (aF) des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. No­vember 2003 (BGBl I, S 2190). Danach prüfen die KÄVen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. Nach § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V aF ist die Beklagte berechtigt und verpflichtet, die vom Vertragsarzt eingereichten Honorarforderungen rechnerisch und gebührenord­nungsmäßig zu prüfen und ggf richtigzustellen. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung erstreckt sich dabei auf die Frage, ob die abgerechneten Leistungen ordnungsgemäß – und somit ohne Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebotes – erbracht worden sind. Solche Verstöße können zB darin liegen, dass die Leistungen überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden sind (vgl Hessisches LSG, Beschluss vom 29. Januar 2020 - L 4 KA 44/14, zitiert nach juris, dort Rn 26 f; siehe auch § 4 der von der KBV und dem GKV-Spitzenverband aufgrund des Vertragsarztrechtsände­rungsgesetzes vom 22. Dezember 2006 <BGBl I, S 3439> beschlossenen, zum 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Richtlinien zum Inhalt und zur Durchführung der Prüfungen nach § 106a Abs. 2 SGB V sowie nach § 106a Abs. 3 SGB V, Deutsches Ärzteblatt 2008, 105 [37] zum Gegenstand der Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit und § 6 der Richtlinien zu Anlässen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung). Bestimmungen zur Rechnungs­legung und zur Durchführung der sachlich-rechnerischen Honorarprüfung finden sich zudem in §§ 7 und 8 der von der Beklagten erlassenen Honorarabrechnungsordnung vom

1. Juli 2006 in der geänderten Fassung vom 30. August 2012 (HAO), die sich im streitbe­fangenen Quartal in Geltung befand.

 

Nach diesen Maßgaben ist die Beklagte berechtigt gewesen, die im Quartal III/2014 von der Klägerin abgerechneten GOPen 07211, 07212, 07311, 18211, 18212 und 18311 EBM in 31 Fällen zu berichtigen. Die Voraussetzungen dafür liegen vor. 

 

c) Vorliegend bestehen zunächst keine Zweifel daran, dass die von der Beklagten im Rahmen der hier noch streitbefangenen quartals­gleichen sach­lich-rech­nerischen Richtig­stellung abgesetzten GOPen von der Klägerin feh­ler­haft abgerechnet worden sind. Zwar ist anhand der Einlassungen der Klägerin dazu bis zuletzt unklar geblieben, ob hier (1.) tat­sächlich erbrachte GOPen unter falschen LANR oder ob (2.) aus einem anderen Facharztbereich stammende GOPen unter der zutreffenden LANR abgerechnet worden sind. Das kann aber letztlich dahin­gestellt bleiben, weil es sich dabei in jedem Fall um die Abrechnung von vertragsärztli­chen Leistungen handelt, die nicht im Einklang mit den Vorgaben im EBM stehen.

 

So können nach dem eindeutigen Wortlaut in den Präambeln zu den fachärztlichen Leistun­gen der Chirurgie (vgl hierzu Teil III b. Ziffer 7.1 EBM) und der Orthopädie (vgl hierzu III b. Ziffer 18.1 EBM) die dort aufgeführten GOPen ausschließlich von entsprechenden Fachärz­ten abgerechnet werden. Daher sind die Fachärzte für Chirurgie bzw Orthopädie in der Praxis der Klägerin im Quartal III/2014 unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berechtigt gewesen, Leistungen aus dem jeweils anderen Fachbereich zu erbringen und abzu­rechnen. Da außerdem nach den allgemeinen Vorgaben im EBM (vgl hierzu Teil I. Ziffer 2.1 EBM) nur vollständig erbrachte GOPen berechnungsfähig sind, können statt den tatsächlich erbrachten GOPen keine nicht erbrachten GOPen aus anderen Facharztbereichen abge­rechnet werden. Das ist zwischen den Beteiligten im Ergebnis unstreitig.

 

d) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es aber auch nicht zu beanstanden, dass die be­klagte KÄV die fehlerhaft abgerechneten GOPen ersatzlos gestrichen und nicht statt­dessen in die GOPen umgewandelt hat, die für den jeweils behandelnden Facharzt nach den Vor­gaben im EBM berechnungsfähig gewesen wären. Maßgeblich für diese Bewertung ist zunächst, dass die Klägerin bis zuletzt ihrer Mitwirkungspflicht iZm der Richtigstellung der von ihr ver­anlassten fehlerhaften Abrechnung nicht ausreichend nachgekommen ist.

 

aa) Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung darf eine KÄV im Wege der sachlich-rech­nerischen Richtigstellung vom Arzt in Ansatz gebrachte Leistungen in vollem Umfang streichen, wenn deren Voraussetzungen erweislich nicht vorliegen oder ihr Vor­lie­gen sich im Einzelfall nicht nachweisen lässt (vgl hierzu BSG, Beschluss vom 6. Sep­tember 2000 - B 6 KA 17/00 B, zitiert nach juris mwN). Ergänzend dazu ist der von einer derartigen Berich­tigung betroffen Arzt – zumindest dann, wenn sich begründete Zweifel an der Berech­tigung zur Abrechnung einzelner GOPen ergeben haben – verpflichtet, an der Beseitigung dieser Zweifel durch sachdienliche Angaben mitzuwirken, weil ihn als Anspruchsteller grund­sätzlich die Feststellungslast hinsichtlich der Voraussetzun­gen für den geltend ge­machten Vergütungsanspruch trifft. Das gilt vor allem dann, wenn sich der Arzt auf für ihn günstige Tatsachen berufen will, die allein ihm bekannt sind oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (vgl hierzu BSG, Urteil vom 21. März 2012 - B 6 KA 17/11 R, zitiert nach juris mwN). Welche Angaben dabei vom Arzt erwartet werden können, hängt von den Um­ständen des Einzelfalls und insbesondere der Art der erbrachten Leistung ab. In jedem Fall aber ist der Arzt bei der Prüfung der Richtigkeit seiner Abrechnung zur Mitwirkung verpflichtet, indem er bei entsprechenden Zweifeln die allein ihm bekannten Tatsachen aus seiner Sphäre vorträgt. Wenn der Arzt diesen Anforderungen nicht gerecht wird und wenn das Vorliegen der Voraussetzungen für die Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen aus diesem Grund nicht festgestellt werden kann, dann geht dies zu Lasten des abrechnenden Arztes (vgl zu alledem BSG, Urteil vom 13. Mai 2020 - B 6 KA 6/19 R, zitiert nach juris mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

 

bb) Vorliegend macht die Klägerin eine Nachvergütung für GOPen geltend, die nur von bestimmten Facharztgruppen (die Nrn 07211, 07212 und 07311 EBM von Chirurgen bzw die Nrn 18211, 18212 und 18311 EBM von Orthopäden) erbracht und abgerechnet werden können. Dabei bestehen aufgrund der in der Abrechnung angege­benen LANR aber begrün­dete Zweifeln daran, ob auf Seiten der Klägerin tatsächlich ein entsprechend qualifi­zierter Arzt die damit verbun­denen vertragsärztlichen Behandlun­gen durchgeführt hat. Den­noch hat die Klägerin bis zuletzt in keiner der noch streitbe­fangenen 31 Richtig­stellungen einzel­fall­bezo­gene Angaben zum konkreten Be­handlungs­ablauf gemacht oder dargelegt, welcher der hier in Betracht kommenden Ärzte die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht hat bzw mit wel­chen GOPen die erbrachten Leistun­gen EBM-konform abzurechnen ge­wesen wären. Statt­dessen ist erstmals im Berufungs­ver­fahren (ohne ein konkretes Beweis­angebot) darauf hinge­wiesen worden, dass eine Arzthelferin bei der Abrechnung der er­brachten Leistungen die unter­schiedlichen Facharztbereiche aus dem EBM verwechselt haben soll. Vor dem Hintergrund dieser allenfalls vagen Angaben aus der Sphäre der Klägerin begegnet es keinen Beden­ken, dass die beklagte KÄV auf den weiterhin fehlenden Nachweis für die Berechtigung zur Abrechnung der tatsächlich angesetzten GOPen mit der Streichung eben dieser Positionen reagiert hat.

 

cc) Unabhängig davon kommt eine Verpflichtung der prüfenden KÄV zur Umwandlung feh­lerhaft abge­rech­neter GOPen nur unter bestimmten – hier nicht vorliegenden – Voraus­setzungen in Be­tracht.

 

Eine derartige Verpflichtung besteht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung allenfalls dann, wenn sich (in bestimmten Fallgestaltungen) die ersatzlose Streichung abgerechneter GOPen im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung als unver­hältnismäßig erweist. Das ist ua dann angenommen worden, wenn die vom Arzt eingereichte Honorar­anforde­rung von vornherein erkennbar unzutreffend war; dh sich der KÄV sofort deren Fehlerhaftig­keit hat aufdrängen müssen. Dementsprechend kommt eine Umwand­lung feh­lerhaft abgerechneter GOPen in Betracht, wenn für die KÄV – ohne dass dafür weitere Ermittlungen erforderlich sind – erkennbar ist, dass die konkrete Abrechnung erfahrungsge­mäß auf einem Versehen beruht (vgl hierzu BSG, Urteil vom 11. März 2009 - B 6 KA 62/07 R, zitiert nach juris; vgl dazu auch Clemens in: jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 106d SGB V Rn 96 ff mwN).

 

Eine solche Konstellation liegt hier aber nicht vor, weil für die beklagte KÄV bei den hier noch streitbefangenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen ohne zusätz­liche Informa­tionen seitens der Klägerin nicht erkennbar gewesen ist, ob es sich dabei um erfahrungsge­mäß versehentliche Abrechnungsfehler innerhalb einer interdisziplinären Gemeinschafts­praxis gehandelt oder ob vielmehr der jeweils behandelnde Arzt für ihn fachfremde bzw tatsächlich nicht erbrachte Leistungen abgerechnet hat. Es fehlt schlicht an einem Ansatz für die Annahme, dass es sich bei den 31 Fällen – für die KÄV von vornherein erkennbar – um Fehler gehandelt haben könnte, die nur auf einem Versehen seitens der Klägerin be­ruhen.

 

Daneben ist nicht einmal im Ansatz zu erkennen, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sein könnte, anstelle der hier fehlerhaft abgerechneten GOPen andere (EBM-konforme) Leis­tungs­ziffern herauszusuchen und die Honorarabrechnung der Klägerin insoweit umzu­stellen. Es zählt – ohne Weiteres ersichtlich – nicht zu den Aufgaben der KÄV, die Hono­rarabrechnung eines Vertrags­arztes (oder einer BAG) unter Optimie­rungs­ge­sichts­punkten zu prüfen (so aus­drücklich Bayerisches LSG, Urteil vom 25. März 2015 - L 12 KA 37/13, zitiert nach juris); aus Sicht des Senats lässt sich eine derartige Verpflichtung im Rahmen der sachlich-rech­nerischen Richtigstellung im Übrigen auch nicht aus den entsprechenden gesetzlichen Vor­gaben im SGB V oder den untergesetzlichen Vorgaben in der HAO bzw in den Bundes­mantel­ver­trägen herleiten. Vielmehr besteht eine den Vertragsarzt treffende Verpflichtung zur peinlich genauen Leistungsabrechnung; dabei handelt es sich um eine Grundpflicht des Vertragsarztes, die das Fundament des auf Vertrauen in die Richtigkeit der Abrechnungsdaten des Arztes beruhenden Systems der vertragsärztlichen Versorgung bildet (vgl BSG, Beschluss vom 28. September 2016, B 6 KA 14/16 B, zitiert nach juris, s. dort Rn 8).

 

e) Ferner kann die Klägerin nicht damit gehört werden, dass die Beklagte nach den Vorga­ben in § 7 Ziff 6 HAO verpflichtet gewesen wäre, ihr eine nachträgliche Berichtigung der Hono­rarabrechnung für das Quartal III/2014 zu ermöglichen. Denn unabhängig davon, dass die Klägerin zu keinem Zeitpunkt einen nach dem Wortlaut der HAO dafür aber erfor­der­lichen Antrag („<…> kann beantragt werden, wenn <…>“) gestellt hat und ein solcher auch nicht in der Klagerhebung erblickt werden kann, würde eine danach grundsätzlich mögliche nachträgliche Berichtigung der eingereichten Honorarabrechnung aber wiederum eine ent­sprechende – hier jedoch ersichtlich fehlende – Mitwirkung (vgl dazu und zum Umfang der Mitwirkungsverpflichtung die Ausführungen unter Ziffer II.3.d) der Klägerin er­fordern. Tat­sächlich hat die Klägerin aber weder im Vor- noch im Klageverfahren einen ausrei­chend sach­dienlichen Vortrag zur fehlerhaften Abrechnung der hier noch streit­befan­genen GOPen geleistet und somit bis zuletzt nicht zu einer abschließenden Aufklä­rung der Hintergründe der­selben beigetragen. Angesichts dieses Verhaltens kann sich die Klägerin im Klagverfah­ren nicht mit Erfolg darauf zu berufen, die Beklagte habe ihr die Chance zu einer nachträg­lichen Berichtigung der Abrechnung für das Quartal III/2014 abgeschnitten. Gleiches gilt für den klägerischen Einwand, die Beklagte habe sich durch gleichförmiges vorangegangenes Verwaltungshandeln dahingehend gebunden, der Klägerin vor Strei­chung fehlerhaft abge­rechneter GOPen stets Gelegenheit zu einer nachträglichen Berichti­gung der Abrechnung zu geben. Insbesondere lässt sich allein aus dem Umstand, dass die KÄV im Quartal I/2014 der Klägerin einmalig eine nachträgliche Berichtigung ihrer Abrech­nung ohne den dafür erfor­derlichen Antrag ermöglicht hat, nicht schließen, dass es sich dabei um eine dauer­hafte Verwaltungspraxis der KÄV mit Gleichheitsbindung für andere Abrechnungsquartale handelt.

 

f) Schließlich dringt die Klägerin auch mit ihrer Auffassung, wonach eine ordnungsgemäße Abrechnung – als Ziel der sachlich-rechnerischen Richtigstellung – nicht dadurch erreicht werden könne, dass tatsächlich erbrachte vertragsärztliche Leistungen wegen der Absetzung insoweit fehlerhaft abgerechneter GOPen überhaupt nicht vergütet würden, nicht durch. Es entspricht – wie dargelegt – ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass vom Arzt in Ansatz gebrachte Leistungen von der KÄV im Rahmen der Richtigstellung nach § 106a Abs 1, Abs 2 Satz 1 SGB V aF (seit 1. Januar 2017 geregelt in § 106d Abs 1, Abs 2 Satz 1 SGB V) in vollem Umfang gestrichen werden dürfen, wenn deren Voraus­setzungen erweislich nicht vorliegen oder ihr Vorliegen sich im Einzelfall nicht nachweisen lässt. Die Streichung der Gebührenpositionen führt dann den vergütungsrechtlich ord­nungsgemäßen Zustand herbei. Dies erachtet das BSG auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für zulässig  und  sieht die Verhältnismäßig­keit zwischen der Schwere des vertragsarztrechtlichen Verstoßes des unrichtig abrechnen­den Arztes einerseits und der Schwere des Eingriffs in die Rechtssphäre des Arztes in Gestalt des (teilweisen) Wegfalls seines Vergütungsanspruchs als  gewahrt an. Dabei stellt das BSG im Ausgangspunkt heraus, dass der seinen Honoraranspruch einbüßende Arzt die Ursache für diesen Eingriff selbst gesetzt hat (vgl hierzu BSG, Urteil vom 23. Juni 2010 - B 6 KA 7/09 R, zitiert nach juris, dort Rn 67).

 

Eine verfassungswidrige Unverhältnismäßigkeit zwischen der Schwere des vertragsärzt­lichen Pflichtverstoßes und der Schwere der daraus folgenden Sanktion in Gestalt des teilweisen Entfalls des Vergütungsanspruchs wird zwar auch schematisch dann ange­nom­men, wenn die Honorarkürzung in einem zu großen Umfang erfolgt. Zu groß ist der Umfang  aber erst bei einer Vergütungsminderung, die 50 % des gesamten Quartalshonorars überschreitet, eine Kürzung von 10 % ist hingegen nicht unverhältnis­mäßig (vgl dazu Bayerisches LSG, Urteil vom 25. März 2015, L 12 KA 37/13, aaO, dort Rn 17). Vorliegend beläuft sich der Kürzungswert selbst bei Zugrundelegung einer Vergütung der abgesetzten Leistungspositionen zum Orientierungswert auf nicht einmal 1 % des der Klägerin für das streitgegenständliche Quartal insgesamt zuerkannten Honoraranspruchs, unter Anwen­dung der Abstaffelungsregelung fällt der prozentuale Anteil des Kürzungsbetrages noch geringer aus. Ein den Honoraranspruch unverhältnismäßig beeinträchtigender Eingriff kann mithin in der von der Beklagten vorgenommenen Streichung der streitgegenständlichen GOPen nicht gesehen werden. 

 

III. Soweit über die Berufung eine Entscheidung zu ergehen hatte, beruht die Kostenent­scheidung auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs 2 Verwaltungs­gerichtsordnung (VwGO). Soweit die Klägerin ihre Klage in der Berufungsverhandlung im Umfang von 911,14 EUR zurückgenommen hat, folgt die Kostenentscheidung aus § 155 Abs 2 VwGO.

 

IV. Gründe, die nach § 160 Abs 2 SGG die Zulassung der Revision erforderten, sind nicht ersichtlich.

 

V. Die Streitwertfestsetzung, die nicht nur im Rahmen eines gesonderten Beschlusses nach § 63 Abs 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG), sondern auch im Urteil erfolgen kann (B. Schmidt, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 197a Rn 5), folgt aus § 52 Abs 1 GKG. Danach ist maßgeblich die Bedeutung der Sache für die Klägerin. Der Streitwert ist daher für das gesamte Berufungsverfahren in Höhe des von der Klägerin bei Berufungseinlegung verfolgten Anspruchs auf weiteres Vertragsarzthonorar – mithin in Höhe von 1.134 EUR – festzusetzen. Weil die teilweise Klagrücknahme erst in der Berufungsverhandlung und somit am Tag der Beendigung des Rechtsstreits erfolgt ist, kommt eine zeitlich gestaffelte Festsetzung unterschiedlich hoher Streitwerte nicht in Betracht.

Rechtskraft
Aus
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