Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.7.2021 geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 9.2.2021 gegen den Bescheid vom 18.1.2021 wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 17.197,65 Euro festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 20.7.2021 ist begründet. Der angefochtene Beschluss des SG wird aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 18.1.2021 abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine – wie hier erfolgte – Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung.
Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 21.10.2020 – L 8 BA 143/19 B ER – juris Rn. 3). Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).
1. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 21.10.2020 – L 8 BA 143/19 B ER – juris Rn. 4; Beschl. v. 12.2.2020 – L 8 BA 157/19 B ER – juris Rn. 5 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht anzuordnen, da dessen Erfolg nicht wahrscheinlich ist. Es spricht nach der im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung derzeit nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der angefochtene Bescheid vom 18.1.2021, mit dem die Antragsgegnerin von der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1.1.2016 bis 31.12.2019 Beiträge zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie Umlagen in Höhe von insgesamt 68.790,58 Euro für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) (B) nachfordert, im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird.
Rechtsgrundlage des aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheides und der darin festgesetzten Beitragsnachforderung ist § 28p Abs. 1 S. 1 und S. 5 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch (SGB IV). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV). Im Rahmen der Prüfung werden gegenüber den Arbeitgebern Verwaltungsakte (sog. Prüfbescheide) zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide erlassen.
a) Der Bescheid vom 18.1.2021 ist formell rechtmäßig ergangen; insbesondere ist die Antragstellerin vor dessen Erlass mit Schreiben vom 23.9.2020 gemäß § 24 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X) angehört worden.
b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sind Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigenden Umfang nicht gegeben.
aa) Gem. § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm versicherungspflichtig Beschäftigten , d.h. die für diese zu zahlenden Beiträge u.a. zur Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 28d S. 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber voraus. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – insbesondere bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 KR 29/19 R – juris Rn. 12 m.w.N.; Senatsurt. v. 15.12.2021 – L 8 R 13/15 – juris Rn. 150; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG Beschl. v. 20.5.1996 – 1 BvR 21/96 – juris Rn. 6 ff).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu ermitteln. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 KR 29/19 R – juris Rn. 13 m.w.N.; Senatsurt. v. 15.12.2021 – L 8 R 13/15 – juris Rn. 154, Urt. v. 10.6.2020 – L 8 BA 6/18 – juris Rn. 36).
Diese Abgrenzungsmaßstäbe gelten grundsätzlich sowohl für die Geschäftsführer einer GmbH („Gesellschafter-Geschäftsführer“) als auch für in einer GmbH angestellte Gesellschafter („mitarbeitende Gesellschafter“) (vgl. z.B. BSG Urt. v. 29.6.2021 – B 12 R 8/19 R – juris Rn. 12 m.w.N.). Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer (aber) in erster Linie danach, ob er nach der ihm zukommenden, sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (BSG Urt. v. 12.5.2020 – B 12 R 5/18 R – juris Rn. 13; BSG Urt. v. 19.9.2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rn. 14 mwN). Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig Beschäftigter angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht – und damit eine anzunehmende Selbstständigkeit – besteht bei einem mitarbeitenden Gesellschafter, der zugleich zum Geschäftsführer der GmbH bestellt ist, wenn er über eine Kapitalbeteiligung von mindestens 50 v.H. verfügt oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist, die es ihm zumindest ermöglicht, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 12.5.2020 – B 12 R 5/18 R – juris Rn. 14; Urt. v. 19.9.2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rn. 15 m.w.N.; Senatsurt. v. 29.1.2020 – L 8 BA 153/19 – juris Rn. 51).
Abweichend hiervon ist ein GmbH-Gesellschafter, der in der Gesellschaft angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt ist („mitarbeitender Gesellschafter“), regelmäßig abhängig beschäftigt. Er besitzt allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte grundsätzlich nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft nach Belieben aufzuheben oder abzuschwächen. Seine Rechtsmacht erschöpft sich vielmehr allein darin, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern zu können. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten der Gesellschaft Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 2/14 R – juris Rn. 37 m.w.N.; Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 13/14 R – juris Rn. 21; Urt. v. 19.8.2015 – B 12 KR 9/14 R – juris Rn. 28 m.w.N.). Erst wenn Gesellschafter kraft ihrer gesellschaftsrechtlichen Position letztlich auch die Leitungsmacht gegenüber der Geschäftsführung haben, unterliegen sie nicht mehr deren Weisungsrecht (vgl. BSG Urt. v. 29.6.2021 – B 12 R 8/19 R – juris Rn. 12 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe und Abgrenzungskriterien ist nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung davon auszugehen, dass B im streitigen Zeitraum nicht über eine hinreichende Rechtsmacht verfügt hat, ihr ungenehme Weisungen zu vermeiden. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und des SG kann sie nicht als Geschäftsführerin angesehen werden (hierzu unter (1), sondern war als mitarbeitende Gesellschafterin (weisungs-)abhängig beschäftigt (hierzu unter (2). Wesentliche Aspekte für eine Selbstständigkeit sind nicht ersichtlich (hierzu unter (3), so dass in der gebotenen Gesamtabwägung von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist (hierzu unter (4).
(1) Soweit die Antragstellerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren einen vom 13.6.2002 datierenden Gesellschafterbeschluss vorgelegt hat, ausweislich dessen B an diesem Tag zur (weiteren) Geschäftsführerin bestellt worden sein soll, genügt dieser nicht, um B bei der sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung als Geschäftsführerin anzusehen. Vielmehr wäre hierfür eine – gem. § 39 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) verpflichtende – Eintragung im Handelsregister erforderlich. Ihrer entsprechenden gesetzlichen Pflicht zur Anmeldung der Eintragung ist die Antragstellerin – nach ihren Angaben aufgrund von Versehen – sowohl nach der behaupteten Bestellung 2002 wie auch anlässlich der Sitzverlegungen in den Jahren 2006 und 2008 nicht nachgekommen. Vielmehr ist die Eintragung – trotz Offenkundigkeit des Versehens spätestens im Jahr 2020 anlässlich des Prüfverfahrens – erst im März 2022 erfolgt.
Offenlassen kann der Senat in diesem Zusammenhang, ob das vorgelegte Dokument über die Beschlussfassung in der Zusammenschau mit den sonstigen Umständen gesellschaftsrechtlichen Beweisgrundsätzen an eine ordnungsgemäße Bestellung der B zur Geschäftsführerin genügen würde und ob die fehlende Eintragung im Handelsregister – wie die Antragstellerin geltend macht – die Begründung der Geschäftsführerfunktion gesellschaftsrechtlich nicht hindert. Ebenso kann für die Statusbeurteilung dahinstehen, ob die von der Antragsgegnerin mit guten Gründen untermauerten Bedenken jedenfalls zumindest hinsichtlich einer tatsächlichen Umsetzung dieses Beschlusses bestehen. Insoweit hat die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung unabhängig von einer etwaigen gesellschaftsrechtlichen Würdigung zu erfolgen.
Gesellschaftsrechtliche Wertungen und Gestaltungen sind für die sozialversicherungsrechtliche Abwägungsentscheidung nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht strikt zu übernehmen. Eine uneingeschränkte Parallelität sozialversicherungs- und gesellschaftsrechtlicher Beziehungen liegt von vornherein nicht vor. Zwar fordert das Gebot der Wahrung der Einheit der Rechtsordnung durchaus die Schaffung von Kohärenz, in seiner schwächeren Erscheinungsform jedenfalls die Herstellung von Konsistenz und (inhaltlicher) Widerspruchsfreiheit (von Teilbereichen) der Gesamtrechtsordnung. Jedoch ist es unabdingbar, den Sonderrechtsbereich, an dessen Begrifflichkeiten, Strukturmerkmale und konstruktive (dogmatische) Eigenheiten in concreto angeknüpft werden soll – hier an das Gesellschaftsrecht –, daraufhin zu untersuchen, an welchen praktischen Bedürfnissen die dortigen Regelungen ausgerichtet sind, und ob für deren Übernahme in das andere Rechtsgebiet – hier das Versicherungsrecht der Sozialversicherung – tragfähige Gemeinsamkeiten oder Überschneidungen in den grundsätzlichen Wertungen bestehen (vgl. BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 13/14 R – juris Rn. 24 m.w.N.).
Dem (behaupteten) Gesellschafterbeschluss vom 13.6.2002 kommt im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit der B nicht die vom SG beigemessene Bedeutung zu. Bei der Statuszuordnung ist dem Grundsatz der Klarheit und Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände Genüge zu tun. Dieses Postulat prägt die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit und unterscheidet sich damit ggf. auch von den Wertungen des – an anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten – Gesellschaftsrechts (vgl. BSG Urt. v. 8.7.2020 – B 12 R 1/19 R – juris Rn. 28). Ein Gesellschafterbeschluss, der weder Eingang in den Gesellschaftsvertrag gefunden hat noch notariell beurkundet und in das Handelsregister eingetragen wurde, vermag die erforderliche Klarheit und Vorhersehbarkeit nicht zu gewährleisten. Dies gilt zunächst schon deshalb, weil – einfache – Schriftstücke über vermeintliche Gesellschafterbeschlüsse jederzeit ohne Aufwand rückdatierend erstellt werden können und die Gefahr entsprechend falscher Dokumentationen bei häufig im Raum stehenden hohen Beitragsnachforderungen erheblich ist. Hinzu kommt, dass ein Risiko strafrechtlicher Belangung bei Einigkeit der Gesellschafter über ein entsprechendes Vorgehen kaum bzw. allenfalls mit unproportional umfangreichen Ermittlungen droht. Unabhängig von der etwaigen Erstellung falscher Dokumente kann jedoch auch ein tatsächlich gefasster, aber nicht in das Handelsregister eingetragener Beschluss über eine Geschäftsführerbestellung dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozial- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht genügen. Andernfalls wäre die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von der Entscheidung der Gesellschafter abhängig, ob und wann sie nicht beurkundete und nicht eingetragene Vereinbarungen außerhalb des Gesellschaftsvertrags in den Verkehr bringen oder dies je nach Sachlage unterlassen (vgl. LSG Baden-Württemberg Urt. v. 13.11.2020 – L 8 BA 889/20 – juris Rn. 88). Ein prägnantes Beispiel hierfür bietet auch der vorliegende Sachverhalt. So hat die Antragstellerin selbst angegeben, B im Jahr 2000 von der Geschäftsführertätigkeit entbunden zu haben, um sie in Rechtsstreitigkeiten als Zeugin vernehmen lassen zu können. Wird dann im Folgenden ein Beschluss über eine Wiederbestellung gefasst, jedoch nicht in das Handelsregister eingetragen, könnte die Antragstellerin diesen wahlweise – bei der Notwendigkeit, die Zeugenstellung der B in weiteren Verfahren zu gewähren – ungenutzt lassen oder – bei drohenden Beitragsnachforderungen – wie hier in ein Verfahren einführen. Eine Abhängigkeit der Statuszuordnung von derart manipulationsanfälligen bzw. der Disposition der Gesellschaft unterliegenden Umständen ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozial- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht in Einklang zu bringen.
Hingegen gewährleistet die Eintragung in das Handelsregister und die Offenlegung der Vertretungsverhältnisse Rechtssicherheit für den Rechtsverkehr im Außenverhältnis der Gesellschaft (vgl. BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R – juris Rn. 24). Dies spiegelt sich in der Regelung des § 15 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) wieder, wonach nicht eingetragene und bekanntgemachte Tatsachen Dritten nicht entgegengehalten werden können, wenn sie diesem nicht bekannt waren (sog. negative Publizität, vgl.LSG Baden-Württemberg Urt. v. 13.11.2020 – L 8 BA 889/20 – juris Rn. 89; Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, § 15 Rn. 4 ff.). Die Pflicht zur Eintragung einer Änderung in den Personen der Geschäftsführer folgt unmittelbar aus § 39 Abs. 1 GmbHG. Der (neue) Geschäftsführer hat zudem obligatorisch nach § 39 Abs. 3 GmbHG in der Anmeldung zu versichern, dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung nach § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 und 3 sowie S. 3 GmbHG entgegenstehen, und dass er über seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Registergericht belehrt worden ist.
Der Rechtssicherheit dient des Weiteren auch die Prüfung der Eintragung durch das Registergericht. Es hat darüber zu wachen, dass Eintragungen im Handelsregister den gesetzlichen Erfordernissen und der tatsächlichen Rechtslage entsprechen. Auch wenn es sich gesellschaftsrechtlich lediglich um eine deklaratorische Eintragung handeln mag, ist das Registergericht bei begründeten Zweifeln berechtigt und verpflichtet, den wahren Sachverhalt aufzuklären (vgl. BGH Beschl. vom 21.6.2011 – II ZB 15/10 – juris Rn. 10).
Nur durch die Eintragung in das Handelsregister ist für den prüfenden Versicherungsträger (und damit auch für die gesamte Versichertengemeinschaft) sicher erkennbar, ob ein im Unternehmen mitarbeitender Gesellschafter eine Geschäftsführerfunktion innehat. Entsprechend stellt grundsätzlich (erst) diese Eintragung den für die statusrechtliche Beurteilung der Rechtsmacht in einer Gesellschaft maßgeblichen Umstand dar. Mit ihr manifestiert sich der Wille der Gesellschafter zur Bestellung eines (neuen) Geschäftsführers in rechtlich anzuerkennender Weise (vgl. LSG Baden-Württemberg Urt. v. 13.11.2020 – L 8 BA 889/20 – juris Rn. 91).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kommt B mangels Eintragung ihrer (erneuten) Bestellung zur Geschäftsführerin in das Handelsregister im streitigen Zeitraum vom 1.1.2016 – 31.12.2019 sozialversicherungsrechtlich (nur) die Stellung einer weisungsgebundenen mitarbeitenden Gesellschafterin zu. Bei Erteilung einer Weisung durch einen der beiden damals bestellten und im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer hatte sie mit ihrem Gesellschaftsanteil von 50% nicht die Möglichkeit, die in der Gesellschafterversammlung erforderliche einfache Mehrheit aufzubringen, um die Geschäftsführer zu einer Änderung anzuhalten. Gleichermaßen konnte sie eine gem. § 46 Nr. 5 GmbHG in der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung liegende Abberufung der Geschäftsführer nicht erwirken.
(2) Die Bewertung der Tätigkeit der B als Beschäftigungsverhältnis wird durch ihren mit der Antragstellerin geschlossenen Geschäftsführervertrag untermauert. Dieser enthält verschiedene arbeitnehmertypische Regelungen wie ein festes Monatsgehalt und Weihnachtsgeld (§ 5 Nr. 1 a und b), Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 5 Nr. 3), Anspruch auf Spesenersatz und einen Dienstwagen (§ 6) sowie auf bezahlten Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen (§ 8).
(3) Wesentliche Aspekte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, sind nicht ersichtlich.
B verfügte nicht über eine eigene Betriebsstätte. Sie war vielmehr bei der Antragstellerin, die als GmbH eine juristische Person des Privatrechts mit eigener Rechtspersönlichkeit darstellt (vgl. § 13 Abs. 1 GmbHG), in einem für sie fremden Betrieb tätig. Die GmbH ist von den als Gesellschaftern dahinterstehenden juristischen oder natürlichen Personen unabhängig und von den verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen getrennt zu betrachten (vgl. BSG Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 18).
Auch fehlt es an einem unternehmerischen Risiko. Maßgebendes Kriterium hierfür ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG Urt. v. 25.1.2001 – B 12 KR 17/00 R – juris Rn. 24; Urt. v. 28.5.2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rn. 27), denen sich der Senat in seiner ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat (vgl. z.B. Senatsurt. v. 22.4.2015 – L 8 R 680/12 – juris Rn. 122), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist (st. Rspr., vgl. zB BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 36 m.w.N.). Ihre Arbeitskraft musste B angesichts der anstellungsvertraglich vereinbarten Gegenleistung in Form einer Festvergütung nicht mit der Gefahr des Verlustes einsetzen (vgl. hierzu BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R – juris Rn. 26). Das verbleibende Risiko der Insolvenz des Auftrag- bzw. Arbeitgebers trifft Arbeitnehmer in gleicher Weise (vgl. z.B. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 37). Der Zahlung einer Tantieme kommt demgegenüber keine erhebliche Bedeutung zu. Sie ist auch bei Arbeitnehmern nicht unüblich (vgl. BSG Urt. v. 19.9.2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rn. 17). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin vermag auch die Gewährung von Darlehen durch B an sie kein Unternehmerrisiko hinsichtlich des Verlustes der Arbeitskraft zu begründen, da sie für den Einsatz der Arbeitskraft Entgelt erhielt (vgl. BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 R 2/14 R – juris Rn. 26).
(4) In der gebotenen Gesamtbetrachtung aller wesentlichen entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte überwiegen deutlich die Kriterien, die für eine abhängige Beschäftigung der B und damit für ihre Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sprechen.
bb) Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit der B in den genannten Versicherungszweigen bedingen könnten, sind nicht ersichtlich.
cc) Hinsichtlich der Höhe der Nachforderung sind Unrichtigkeiten nicht geltend gemacht worden und auch nicht erkennbar.
2. Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte durch die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides liegt nicht vor.
Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Schuldner verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zur Annahme einer unbilligen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 15.9.2021 – L 8 BA 71/20 B ER – juris Rn. 20). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelingt darzustellen und glaubhaft zu machen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 22.4.2020 – L 8 BA 266/19 B ER – juris Rn. 27).
Hieran fehlt es. Weder liegt ein – umfassender – Vortrag der Antragstellerin zu ihren aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen insbesondere einschließlich der Möglichkeiten zur Beschaffung von liquiden Mitteln durch Darlehensaufnahme noch die Glaubhaftmachung der entsprechenden Tatsachen gem. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung vor. Soweit die Antragstellerin – zuletzt im Juni 2021 – (allein) darauf hingewiesen hat, sich infolge der Corona Pandemie „ungeklärten“ Außenständen von rund 2.700.000 Euro ausgesetzt zu sehen, hätte es ihr oblegen, die seither erfolgte geschäftliche Entwicklung vorzutragen und zu belegen. Dies gilt um so mehr als sie selbst angegeben hat, den Außenständen in weiten Teilen Erstattungsansprüche entgegensetzen zu können. Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, weshalb die – im Verhältnis zu den behaupteten Außenständen ausgesprochen geringfügige – Beitragsforderung die wirtschaftliche Lage der Antragstellerin grundlegend verändern könnte. Im Gegenteil drängt sich – sofern tatsächlich hohe Forderungen Dritter beglichen werden müssten, ohne dass dies wirtschaftlich aufgefangen werden kann – die Befürchtung auf, dass die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache gefährdet sein könnte.
Hinsichtlich etwaiger mit dem Forderungseinzug verbundener wirtschaftlicher Härten hat sich die Antragstellerin an die zuständige Einzugsstelle zu wenden. Diese befindet als Anspruchsinhaberin bzw. gesetzliche Prozessstandschafterin des Anspruchs auf Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (vgl. § 28h Abs. 1 S. 3 SGB IV) über Fragen des Forderungseinzugs und insoweit über eine etwaige Stundung, einen Erlass oder die Niederschlagung der Beitragsforderung (§ 76 Abs. 3 SGB IV) sowie die Einstellung bzw. Beschränkung der Zwangsvollstreckung (vgl. § 257 Abgabenordnung; vgl. zur Zuständigkeit der Einzugsstelle im Rahmen des Beitragseinzugs auch BSG Urt. v. 28.5.2015 – B 12 R 16/13 R – juris Rn. 23).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs.1 S. 1 SGG i.V.m. § 161 Abs. 1, 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO),
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache einschließlich etwaiger Säumniszuschläge als Streitwert anzusetzen ist (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 22.4.2020 – L 8 BA 266/19 B ER – juris Rn. 30 m.w.N.).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).