Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 08.07.2020 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren um Leistungen nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
Die am 00.00.1974 geborene Klägerin ist marokkanische Staatsangehörige. Sie beantragte am 26.06.2018 – im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stehend – Elterngeld für ihr am 00.11.2017 geborenes Kind B für den 3. bis 14. Lebensmonat. Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 30.08.2018 Elterngeld für den 4. bis 10. Lebensmonat und – nach Eingang eines bis zum 04.02.2021 gültigen Aufenthaltstitels – mit Bescheid vom 27.03.2019 Elterngeld für den 11. bis 14. Lebensmonat in Höhe von 300,00 EUR monatlich. Die Nachzahlung in Höhe von 1.200,00 EUR werde vorerst einbehalten. Über die Behandlung der Nachzahlung erhalte die Klägerin weitere Nachricht. Mit Schreiben vom selben Datum teilte die Beklagte dem Jobcenter F, das mit Schreiben vom 19.10.2018 gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch geltend gemacht hatte, die Höhe des Nachzahlungsanspruchs mit und bat um Geltendmachung etwaiger Erstattungsansprüche bis zum 18.04.2019. Das Jobcenter machte sodann einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.080,00 EUR geltend, obwohl es für den Zeitraum Oktober 2018 bis März 2019 bisher Leistungen unter Anrechnung von Elterngeld erbracht hatte. Mit Bescheid vom 05.04.2019 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass von der einbehaltenen Nachzahlung in Höhe von 1.200,00 EUR 1.080,00 EUR an das Jobcenter und der Differenzbetrag an die Klägerin ausgezahlt werde.
Mit Schreiben vom 26.04.2019 legte die Klägerin gegen die Bescheide vom 27.03.2019 und 05.04.2019 Widerspruch ein. Ein Erstattungsanspruch des Jobcenters bestehe nicht, da sie in der streitgegenständlichen Zeit von September 2018 bis Dezember 2018 Leistungen unter Anrechnung von Elterngeld erhalten habe.
Mit Änderungsbescheid vom 09.07.2019 bewilligte das Jobcenter Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum Oktober 2018 bis März 2019 u.a. ohne Anrechnung von Elterngeld bewilligt wurden und erbrachte dem entsprechend ergänzende Leistungen an die Klägerin.
Mit Schreiben vom 12.08.2019 bat die Beklagte daraufhin unter Verweis auf die Leistungsbewilligung durch das Jobcenter die Klägerin um Mitteilung, ob der Widerspruch aufrechterhalten werde. Die bereits zu diesem Zeitpunkt rechtsanwaltlich vertretene Klägerin teilte dazu mit, dass ihr keine Nachricht über die Änderung der Jobcenterbescheide zugegangen sei und sie ihren Widerspruch aufrechterhalte.
Der Widerspruch wurde sodann mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2020 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 20.02.2020 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben und Prozesskostenhilfe beantragt. Die angefochtenen Bescheide seien aufzuheben und die Nachzahlung in Höhe von 1.080,00 EUR an sie zu leisten. Der Erstattungsanspruch sei bei Erlass der Bescheide noch nicht entstanden gewesen. Auch habe die Beklagte pflichtwidrig nicht ermittelt, ob ihr die mit Bescheid vom 09.07.2019 nachträglich bewilligte Leistung zugeflossen sei
Das SG hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts mit Beschluss vom 08.07.2020 abgelehnt. Es fehle bereits an einer schlüssigen Klage. Das Jobcenter habe der Klägerin mit Bescheid vom 09.07.2019 Leistungen ohne Anrechnung von Elterngeld bewilligt. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass das Jobcenter diese Leistungen nicht erbracht habe. Die Rechtsverfolgung sei zudem mutwillig. Ein nicht bedürftiger Rechtssuchender würde Leistungen, die er aller Voraussicht nach nicht auf Dauer behalten könne, nicht einklagen.
Die Klägerin hat gegen den ihrer Bevollmächtigten am 20.07.2020 zugestellten Beschluss zunächst am 27.07.2020 „Erinnerung“ und sodann am 13.08.2020 Beschwerde eingelegt.
Auf Nachfrage des Berichterstatters hat das Jobcenter mit Schreiben vom 30.04.2021 einen Nachweis über eine Nachzahlung in Höhe von 2.130,83 EUR am 09.07.2019 übersandt. Neben der Nachzahlung des Elterngeldes sei zeitgleich die Nachzahlung eines Mehrbedarfs erfolgt. Die Klägerin hat auf Nachfrage Kontoauszüge eingereicht, aus denen sich ein entsprechender Zahlungseingang am 11.07.2019 ergibt.
Auf den Hinweis des Berichterstatters, dass im Hinblick auf die nunmehr nachgewiesene Zahlung von SGB II-Leistungen ohne Anrechnung von Elterngeld nicht zusätzlich Elterngeld beansprucht werden könne, hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 16.06.2021 mitgeteilt, dass „die Kläger“ den „Klageantrag zu II gegen die separat anfechtbare Kostenengrundentscheidung und den PKH Antrag aufrecht“ halten. Sie hat zudem ausgeführt: „Da in der Hauptsache Erledigung anzuzeigen ist, wird beantragt, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aus Veranlassungsgesichtspunkten aufzuerlegen“.
Auf einen gerichtlichen Hinweis des Senats zur hier nicht gegebenen Möglichkeit der „isolierten“ Anfechtung der im Widerspruchsbescheid erfolgten Kostengrundentscheidung hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin sodann mit Schreiben vom 28.06.2021 den Klageantrag zu II für erledigt erklärt. Bevor eine Erledigungsanzeige der Hauptsache im Klageverfahren erfolgen könne, werde um Entscheidung über die PKH Ablehnung gebeten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (vgl. hierzu im Einzelnen Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 73a Rn. 7a ff.).
Dass das Verfahren in der Hauptsache infolge der Erklärungen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 16.06.2021 und 28.06.2021 bereits erledigt ist, steht einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegend nicht entgegen.
Zwar kommt grundsätzlich die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht (mehr) in Betracht, wenn die Instanz, für die Prozesskostenhilfe begehrt wird, bereits erledigt ist. Allerdings ist in den Fällen, in denen sich das Verfahren erledigt, bevor über den Prozesskostenhilfeantrag – abschließend – entschieden wurde, maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs (BVerfG, Beschluss vom 16.04.2019 – 1 BvR 2111/17, juris Rn. 25 m.w.N.).
Der Senat kann im Ergebnis dahinstehen lassen, ob die am 20.02.2020 erhobene Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte. Der Senat weist in diesem Zusammenhang jedoch einerseits darauf hin, dass eine Beschwer der Klägerin durch die Bescheide der Beklagten vom 27.03.2019 und 05.04.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2020 (§ 95 SGG) im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits deshalb fraglich erscheint, weil die Beklagte ihr einen Betrag von 120,00 € und das Jobcenter F einen Betrag von 1.080,00 € – mit Erfüllungswirkung (§ 107 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch <SGB X>) – längst und noch vor Erlass des Widerspruchsbescheids erbracht hatten. Ausgangs- und Widerspruchsbescheid bilden eine prozessuale Einheit. Der Widerspruchsbescheid kann Fehler des Ausgangsverwaltungsakts grundsätzlich heilen (vgl. etwa Haupt in: Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl. 2020, § 95 SGG, Rn. 6). Der Widerspruchsbescheid gibt der angefochtenen Verwaltungsentscheidung insoweit die prozessrechtlich maßgebliche Gestalt. Die Gestaltungswirkung bezieht sich sowohl auf den Verfügungssatz als auch auf die Begründung der Bescheide oder den zugrunde liegenden Sachverhalt (Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 95 SGG <Stand: 22.02.2021>, Rn. 10). Andererseits dürfte die Verwaltungspraxis der Beklagten zumindest hinsichtlich der Frage der Ermächtigungsgrundlage für die Einbehaltung eines Betrages in Höhe eines noch nicht existenten Erstattungsanspruchs des Jobcenters F sowie für die Änderung des Bescheides vom 27.03.2019 durch den Bescheid vom 05.04.2009 rechtlich nicht unproblematisch sein.
Jedenfalls aber erscheint die Rechtsverfolgung mutwillig (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei (hier: Beteiligter), die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht (§ 114 Abs. 2 ZPO). Dies ist dann der Fall, wenn die Durchführung des Klageverfahrens zu keinem konkreten rechtlichen Vorteil führt (Gall, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, Stand 15.07.2017, § 73a Rn. 54 m.w.N.). Bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung waren Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum Oktober 2018 bis Januar 2019 ohne Anrechnung von Elterngeld in Höhe von 1.200,00 € und Elterngeld in Höhe der Freibeträge nach dem SGB II in Höhe von 120,00 € bewilligt und ausgezahlt worden. Der rechtsanwaltlich vertretenen Klägerin war bzw. musste dies – obwohl sie im Klageverfahren Gegenteiliges vorgetragen hat, auch klar sein. Konsequenterweise hat sie im Beschwerdeverfahren auch mitgeteilt, dass in der Hauptsache „Erledigung anzuzeigen ist“. Mangels erkennbarer Beschwer im Zeitpunkt der Klageerhebung hätte ein Beteiligter, der keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung abgesehen.
Soweit mit der Klage zudem die Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens geltend gemacht wurde weist der Senat darauf hin, dass eine Kostenerstattung nach § 63 SGB X nur bei sog. isolierten Vorverfahren erfolgt. Schließt sich – wie vorliegend – an das Widerspruchsverfahren ein Klageverfahren an, erledigt sich die im Widerspruchsbescheid enthaltene Kostenentscheidung. Über die Kosten des Vorverfahrens wird dann im Rechtsstreit nach § 193 Abs. 1 SGG entschieden (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 19.10.2016 – B 14 AS 50/15 R, juris Rn. 13 ff.). Auf die Frage, ob die Klage bzw. Die Widersprüche möglicherweise durch das Vorgehen der Beklagten veranlasst gewesen sein könnte, ist vorliegend nicht einzugehen. Dieser Gesichtspunkt kann nur im Rahmen der einheitlichen, d.h. die Kosten des Widerspruchsverfahren erfassenden Kostengrundentscheidung gemäß § 193 Abs. 1 SGG berücksichtigt werden (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 193 Rn 12b, m.w.N.). Hingegen ist die Frage, wer die Klage veranlasst hat, für die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage und damit für die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung als Tatbestandsvoraussetzung für den Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Bedeutung (vgl. Sächsisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 27.06.2013 – L 3 AS 1170/12 B PKH, juris Rn. 20).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig, § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.