Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 17.08.2021 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Der Antragssteller begehrt die Übernahme von Miet- und Umbaukosten für einen behindertengerechten PKW im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 17.08.2021 ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Der Antrag auf einstweilige Anordnung ist abweichend von der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts zulässig. Der Senat lässt die Frage offen, ob der Antrag auf Gewährung eines behindertengerechten Mietfahrzeugs als Minus bereits in dem am 05.02.2020 bei dem Antragsgegner gestellten Antrag auf Gewährung einer Kfz-Hilfe enthalten ist. Hiergegen lässt sich einwenden, dass die Ziele der beiden Anträge (Miete eines behindertengerecht umgebauten Fahrzeugs einerseits und Eigentumserwerb eines entsprechend umgebauten Autos andererseits) unterschiedlich sind. Jedenfalls scheitert der entsprechende Antrag nicht an einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat der Antragsteller dem Antragsgegner vor Antragstellung beim Sozialgericht am 28.07.2021 unstreitig nicht unmittelbar selbst die Gelegenheit gegeben, sich mit dem geltend gemachten Begehren zu befassen. Vielmehr hat er den Antrag auf Bewilligung des Mietfahrzeuges erst nach der Entscheidung des Sozialgerichts am 12.09.2021 bei der Techniker-Krankenkasse (TK) gestellt, den diese am 22.09.2021 an den Antragsgegner weitergeleitet hat. Jedoch ist eine Vorbefassung der Behörde für das Rechtsschutzbedürfnis entbehrlich, wenn die Behörde vorprozessual bereits klar und eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass sie einen solchen Antrag definitiv ablehnen wird (BVerwG Beschluss vom 22.11.2021 – 6 VR 4/21). So liegt der Fall hier. Denn der Antragsgegner hatte den Antrag vom 05.02.2020 auf Gewährung einer Kfz-Hilfe bereits mit Bescheid vom 08.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2021 abgelehnt (Gegenstand der Verfahren SG Köln S 10 SO 644/20 und S 10 SO 366/21). Aufgrund dieser Sachlage durfte der Antragsteller davon ausgehen, dass auch die Gewährung eines behindertengerecht umgebauten Mietfahrzeugs bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens durch den Antragsgegner ablehnend beschieden wird.
Der Antrag auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines behindertengerechten Mietfahrzeugs als Kfz-Hilfe ist jedoch unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einst-weilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) als auch die Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Die Glaubhaftmachung verlangt eine reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes; verbleibende Zweifel sind unschädlich (vgl Hessisches LSG Beschluss vom 28.04.2020 – L 4 SO 92/20 B ER; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl. 2020, § 86b Rn. 16b, 16c; Burkiczak in Schlegel/Voelzke, JurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, Stand 22.11.2021, § 86b Rn. 415). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Es besteht zwischen beiden eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt. Scheidet eine Aufklärung der Sach- und Rechtslage in diesem Sinne im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer am effektiven Rechtsschutz orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05; Beschluss des Senats vom 27.05.2014 – L 9 SO 103/14 B ER).
Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, denn der Sachverhalt ist auch unter Berücksichtigung seines Vorbringens im vorliegenden Verfahren und der vorgelegten Unterlagen weiterhin ungeklärt. Eine in Ansehung der begehrten Leistung gebotene vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage scheidet in diesem Verfahren aus. Die Sachlage stellt sich nach umfänglicher Würdigung des gesamten Inhalts der Gerichtsakten und der Verfahren L 9 SO 26/22 B ER (S 10 SO 412/21 ER), S 10 SO 366/21, S 10 SO 644/20 und L 12 SO 43/15 (S 27 SO 510/11) sowie unter Einbeziehung der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegner als ungeklärt dar, so dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Anspruch auf die Gewährung eines behindertengerecht umgebauten Mietfahrzeugs derzeit nicht besteht.
Der Antragsteller macht einen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach Teil 2 des SGB IX (§§ 90 ff) geltend, so dass zunächst die Frage beantwortet werden muss, ob bei ihm eine wesentliche Behinderung iSv § 99 Abs. 1 SGB IX vorliegt. Das erscheint im Hinblick auf seine gesundheitlichen Einschränkungen naheliegend, bedarf jedoch noch weiterer Feststellungen (vgl. dazu BSG Urteil vom 22.03.2012 – B 8 SO 30/10 R).
Liegt eine wesentliche Behinderung vor, kommen als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Antragstellers §§ 113 Abs. 2 Nr. 7, 114 iVm 83 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX in Betracht. Danach umfassen die Leistungen zur Mobilität Leistungen für ein Kraftfahrzeug. Der Anspruch ist nicht auf die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs beschränkt, sondern es kommt auch die hier geltend gemachte Übernahme der Kosten für ein Mietfahrzeug in Betracht. Nach § 114 Nr. 1 SGB IX gilt bei den Leistungen zur Mobilität nach § 113 Abs. 2 Nr. 7 allerdings § 83 SGB IX mit der Maßgabe, dass die Leistungsberechtigten zusätzlich zu den in § 83 Abs. 2 SGB IX genannten Voraussetzungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ständig auf die Nutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen sein müssen.
Der Anspruch auf Leistungen für ein Kraftfahrzeug setzt gem. §§ 113 Abs. 2 Nr. 7, 114 iVm 83 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX zunächst voraus, dass das Kraftfahrzeug als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele ist, die darin liegen, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (BSG Urteil vom 12.12. 2013 – B 8 SO 18/12 R). Dabei ist ein individueller und personenzentrierter Maßstab anzulegen, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht. In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 104 Abs. 2 SGB IX) nach den Umständen des Einzelfalls (BSG Urteil vom 12.12.2013 – B 8 SO 18/12 R).
Der Antragsteller hat im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 08.12.2020 unterschiedliche Teilhabeziele formuliert, nämlich regelmäßige Ausflüge mit seinen Töchtern, Rollstuhlwanderungen in reizvoller Umgebung, gelegentliche Abendessen in einem guten Restaurant sowie den Besuch von Weinfesten an der Mosel. Auch sei er seit dem Jahr 2020 Mitglied einer politischen Partei und wolle dort aktiv mitarbeiten. Schließlich kommen auch der verordnete Rehabilitationssport und das Funktionstraining als Teilhabeziele in Betracht. Dem steht nicht entgegen, dass für Fahrten im Zusammenhang mit medizinischen Behandlungen die Krankenkasse zuständig sind, die die Kosten unter den Voraussetzungen des § 60 SGB V zu übernehmen haben. Denn jedenfalls für die Fahrtenkosten im Zusammenhang mit dem Rehabilitationssport besteht kein Anspruch gegen die Krankenkasse (vgl. BSG Urteil vom 22.04.2009 – B 3 KR 5/08 R).
Es wird im Hauptsacheverfahren zu prüfen sein, ob diese Teilhabeziele Leistungen für ein Kraftfahrzeug notwendig machen und ob der Antragsteller in Anbetracht dieser Ziele ständig auf die Nutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen ist. Die Auslegung dieses zum 01.01.2020 in § 114 Nr. 1 SGB IX neu eingeführten Tatbestandsmerkmals ist in der Rechtsprechung noch nicht geklärt. Der Antragsgegner orientiert sich in seinem Widerspruchsbescheid vom 01.09.2021 an den ab 2020 geltenden Kfz-Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (abrufbar unter bagues.de). Danach müssen grundsätzlich mindestens zwei bis drei Fahrten pro Woche notwendig sein, um das Kriterium zu erfüllen. Es ist jedoch fraglich, ob sich die Vorschrift in dieser Weise auslegen lässt, denn der Gesetzgeber wollte ausweichlich der Gesetzesbegründung nicht von der bisherigen Rechtsprechung des BSG abweichen (vgl. BT-Drs. 18/9522, S. 286). Das BSG betont in seiner Rechtsprechung ausdrücklich, dass jede starre zeitliche Vorgabe der dargestellten Systematik widerspreche, wonach maßgeblich zur weitmöglichsten Eingliederung in die Gesellschaft ein personenzentrierter Maßstab unter Berücksichtigung der individuellen Lebensverhältnisse sei (BSG Urteil vom 08.03.2017 – B 8 SO 2/16 R). Dies könnte dafür sprechen, das Erfordernis des ständigen Angewiesenseins nicht im Sinne einer quantitativen Voraussetzung zu interpretieren, sondern als qualitative Voraussetzung. Es müsste sich also um ein Teilhabeziel handeln, das es erforderlich macht, ständig über ein Kfz zu verfügen.
Weiterhin setzt der geltend gemachte Anspruch gem. § 83 Abs. 2 Satz 2 SGB IX voraus, dass Leistungen zur Beförderung, insbesondere durch einen Beförderungsdienst, nicht zumutbar sind. Auch dies kann im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nicht im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit beurteilt werden.
Zwar hat der 12. Senat des LSG Nordrhein-Westfahlen mit Urteil vom 27.11.2019 (L 12 SO 43/15) festgestellt, dass dem Antragsteller die Inanspruchnahme eines Behindertenfahrdienstes zumutbar sei, da er entweder auf dem Beifahrersitz transportiert oder aber in seinem Rollstuhl befördert werden könne. Diese Feststellung stützt der 12. Senat ua auf die Mitteilung des Beförderungsdienstes des DRK, ein Fahrzeug mit einer Rampenlast von 450 Kg stehe dem Antragsteller zur Beförderung zu Verfügung. Gegen die Zumutbarkeit einer Beförderung mit dem Behindertenfahrdienst trägt der Antragsteller jedoch vor, das Rollstuhlrückhaltesystem der Behindertenfahrdienste sei nur bis zum einem Rollstuhlgewicht von 160 kg sicher getestet. Sein Rollstuhl wiege aber bereits ohne ihn allein 195 kg. Zudem habe das DRK nach Erlass des Urteils vom 27.11.2019 auf seine erneute Anfrage mitgeteilt, er könne in seinem Rollstuhl mit einem Gesamtgewicht von 366 kg nicht befördert werden. Darüber hinaus trägt der Antragsteller vor, es sei ihm nicht zumutbar, außerhalb seines Rollstuhls auf dem Beifahrersitz transportiert zu werden, da er nur mit großer Anstrengung außerhalb eines Kraftfahrzeugs gehfähig sei. Dieser Vortrag wird bestätigt durch das sozialmedizinische Gutachten vom 27.01.2021, in dem ausgeführt wird, das Aufstehen aus dem Rollstuhl sei ohne Betätigung der elektrischen Funktionen nur unter größter Anstrengung mittels ruckartigem Schwungnehmen möglich und das Gehen könne gar nicht demonstriert werden. Diese Feststellungen stehen in Übereinstimmung mit den Ausführungen der derzeit behandelnden Hausärztin Dr. T, die dem Antragsteller in ihrem Attest vom 28.05.2021 keine eigenständige Fortbewegungsmöglichkeit außerhalb seines Rollstuhls bescheinigt hat.
Wenn hieraus geschlossen werden sollte, dass der Antragsteller weder auf dem Beifahrersitz noch auf seinem Elektrorollstuhl transportiert werden kann, bleibt klärungsbedürftig, ob der Antragsteller tatsächlich bei den für die Anspruchsbegründung relevanten Teilhabezielen auf die Benutzung eines Elektrorollstuhls so angewiesen ist, dass die begehrte Kfz-Hilfe „ständig“ geboten ist. Der medizinische Akteninhalt und die Art der Behinderung lassen zwar Zweifel daran aufkommen, ob der Antragsteller in wesentlichem Umfang auf einen Falt- bzw. Aktivrollstuhl und die Inanspruchnahme eines Behindertenfahrdienstes verwiesen werden kann. Andererseits trägt der Antragsteller selbst vor, dass er zB Arztbesuche – wenn auch mit Einschränkungen – unter Einsatz eines Faltrollstuhls bewältigen kann. Es ist daher zu klären, in welchem Umfang der Antragsteller bei den anzuerkennenden Teilhabezielen einen Elektrorollstuhl mitführen muss.
Sollten die Ermittlungen ergeben, dass der Antragsteller ständig auf einen Elektrorollstuhl angewiesen ist, bleibt schließlich klärungsbedürftig, ob hierfür (ggfs mittlerweile) ein Fahrdienst zur Verfügung steht oder der Antragsteller ein eigenes Kraftfahrzeug benötigt.
Darüber hinaus setzt der geltend gemachte Anspruch gem. § 83 Abs. 2 Satz 2 SGB XI voraus, dass der Antragssteller das beantragte und speziell für ihn umgebaute Fahrzeug tatsächlich selbst auf Dauer führen kann oder gewährleistet ist, dass ein Dritter das Kraftfahrzeug sicher führt. Der Leistungsberechtigte muss gesundheitlich in der Lage sein, ein Kraftfahrzeug sicher und in jeder Lebenslage zu führen. Maßstab ist der verkehrssicherheitsrechtlich vorauszusetzende Gesundheitszustand nicht behinderter Personen (Luthe in: jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 83 SGB IX (Stand: 09.11.2020), Rn. 17). Auch dies lässt sich im vorliegenden Verfahren nicht feststellen. Ausweislich der medizinischen Unterlagen leidet der Antragsteller, dem seit 2018 der Pflegegrad 2 zuerkannt wurde, ua unter erheblicher Adipositas, insulinpflichtigem Diabetes mellitus Typ 2, arterieller Hypertonie, Thrombozytopenie, Herzinsuffizienz mit Vorhofflimmern, Schlafapnoe-Syndrom, Gicht, Aortenaneurysma, Impingement-Syndrom der Schulter beidseits, Rhizarthrose mit Subluxationsstellung beidseits., fortgeschrittener Spondylarthrose und Osteochondrose der gesamten Wirbelsäule. Zwar hat die Ärztin Dr. T am 14.09.2021 bescheinigt, der Antragsteller sei unter Berücksichtigung seiner kardiologischen Stoffwechselerkrankungen und den zumindest nicht im Sitzen auftretenden Schwindelanfällen nicht in seiner Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt. Diese Beurteilung lässt jedoch die orthopädischen Einschränkungen und auch die sonstigen Erkrankungszustände wie zB den Diabetes mellitus außer Betracht. Berechtigte Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des Antragstellers ergeben sich zum einen unter Berücksichtigung des sozialmedizinischen Gutachtens vom 27.07.2021, in dem festgehalten wird, dass die Schultergelenke aktiv in allen Funktionsebenen endgradig eingeschränkt und auch die Hand- und Fingergelenke beeinträchtigt sind. Entsprechend ist in dem Gutachten auch festgehalten, dass der Antragsteller Hilfe durch seine in der Nähe lebenden Töchter bei den Haushaltsangelegenheiten und den Einkäufen erhalte. Auch die Räume im Obergeschoss könne der Antragsteller trotz des erst am 19.10.2018 eingebauten Treppenlifts nicht mehr erreichen. Zum anderen trägt der Antragsteller in seinem Antrag auf Kfz-Hilfe vom 11.03.2021 selber vor, sein Diabetes sei aufgrund seiner Schmerzen und der Einnahme von Diclofenac nicht optimal einstellbar. Aufgrund dieser Sachlage hält der Senat weitere Ermittlungen dahingehend für erforderlich, ob ein auf den Antragsteller abgestimmter behindertengerechter Fahrzeugumbau einen Ausgleich für die zahlreichen Erkrankungen ermöglicht, der eine für diesen und auch für die übrigen Teilnehmer des Straßenverkehrs gefährdungsfreie Nutzung zulässt. Diese Bedenken in Bezug auf die Fahrtüchtigkeit des Antragstellers werden durch das Anschreiben der zuständigen Straßenverkehrsbehörde vom 13.04.2022 bestätigt. Zwar macht diese die ärztliche Bescheinigung der behandelnden Ärztin zur Grundlage ihrer weiteren Amtsermittlungen. Jedoch geht auch die Straßenverkehrsbehörde nicht von einer bestehenden unbeschränkten Fahrtüchtigkeit aus, denn sie hat ausdrücklich eine Untersuchung durch einen Sachverständigen angeordnet, um den Umfang der Fahrtauglichkeit beurteilen zu können. Eine Gewährleistung dafür, dass ein Dritter das Kraftfahrzeug führen soll, macht der Antragsteller nicht geltend.
Schließlich ist auch noch nicht geklärt, ob der Antragsteller die wirtschaftlichen Voraussetzungen der §§ 135 ff SGB IX erfüllt. Das ist erforderlich, denn bei den Leistungen zur Mobilität handelt es sich nicht um privilegierte Leistungen iSv § 138 Abs. 1 SGB IX.
Da nach alledem der entscheidungserhebliche Sachverhalt im vorliegenden Verfahren noch nicht geklärt ist, ist die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz aufgrund einer Folgeabwägung zu treffen. Hierbei sind die Folgen abzuwägen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung zu Gunsten des Antragstellers nicht erginge, eine Klage in der Hauptsache aber später Erfolg hätte, mit denen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erginge, die Klage aber erfolglos bliebe (vgl. Beschluss des Senates vom 05.05.2021 – L 9 SO 56/21 B ER). Diese Abwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Neben den öffentlichen, namentlich fiskalischen Interessen des Antragsgegners und damit der Gemeinschaft der Steuerzahler, vorläufige Leistungen zu vermeiden, die im Falle eines Obsiegens in der Hauptsache möglicherweise nicht mehr zurückverlangt werden können (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 03.06.2013 – L 7 SO 1931/13 ER B) tritt der überragend wichtige Gesichtspunkt des Schutzes der Allgemeinheit vor einem nicht Fahrtüchtigen an der Teilnahme im Straßenverkehr, der der Regelung des § 83 Abs. 2 Satz 2 SGB IX zugrunde liegt. Dieses Interesse überwiegt das Interesse des Antragstellers an der umfassenden Verwirklichung seiner Teilhabeziele. Hinsichtlich der von Frau Dr. T bescheinigten Notwendigkeit, am Reha-Sport und dem Funktionstraining teilzunehmen sind keine Tatsachen erkennbar, die dagegen sprechen, den Gesundheitszustand durch eine Physiotherapie, die ggfs im Hausbesuch oder aber auch außer Haus mittels eines durch die Krankenkasse finanzierten Schwerlastkrankentransportes durchgeführt wird, aufrecht zu erhalten oder zu verbessern. Bei der Interessenabwägung hat der Senat auch berücksichtigt, dass die TK mit Schreiben vom 02.03.2022 bestätigt hat, dass eine Kostenübernahme für Fahrten zu medizinisch notwendigen Behandlungen erfolgen kann und verschiedene Unternehmen zu den beim Antragsteller vorliegenden Bedingungen Krankentransporte durchführen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).