Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 20. November 2019 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens auch im Berufungsrechtszug.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird im Berufungsrechtszug endgültig auf 4.640,42 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung weiterer Krankenhausvergütung in Höhe von 1.041,21, die Beklagte widerklagend aus öffentlich-rechtlichem Erstattungsanspruch Zahlung von 3.599,21 € durch die Klägerin.
Die Klägerin ist Trägerin des A-Hospitals in T, bei dem es sich um ein für die Behandlung gesetzlich Krankenversicherter zugelassenes Krankenhaus gemäß § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) handelt.
Im A-Hospital wurde im Zeitraum vom 23. November bis zum 12. Dezember 2016 die damals 78jährige Frau R (geboren am 00.00.1938 [nachfolgend: Versicherte]) stationär behandelt. Bei der 1,60m großen und 112kg schweren Versicherten wurde ausweislich des OP-Berichts am 1. Dezember 2016 mit der Indikation periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) Stadium IV rechts mit einer Schrunde (Rhagade) an der rechten Ferse und oberflächlicher Ulceration über der rechten Achillesferse mit hochgradiger Kalkstenose im Übergang der Arteria iliaca externa rechts/Arteria femoralis communis rechts eine Thrombendarteriektomie (TEA) der Arteria iliaca externa, der Arteria femoralis communis, der Arteria femoralis superficiales im Gabelbereich und der Arteria profunda femoris rechts durchgeführt. Nach den Entlassungsberichten vom 9. und 29. Dezember 2016 wurden zudem folgende Nebendiagnosen gestellt: Diabetes mellitus Typ II, Adipositas permagna, anamnestisch stattgehabte passagere zerebrale Ischämie, Zustand nach Knie-TEP rechts, Schlafapnoe-Syndrom.
Mit Datensatz vom 18. Januar 2017 stellte die Klägerin der Beklagten einen Betrag in Höhe von insgesamt 12.967,57 € in Rechnung. Dabei berücksichtigte sie als Hauptdiagnose nach ICD-10 I70.24 (Arteriosklerose der Extremitätenarterien Becken-Bein Typ mit Ulceration) und brachte unter anderem die Prozeduren OPS 5-381.70 (Arterien Oberschenkel, Arteria femoralis), 5-381.71 (Arterien Oberschenkel, Arteria profunda femoris), 5-381.54 (Arterien abdominal und pelvin, Arteria iliaca externa) sowie 5-395.70 (Patch-Plastik an Blutgefäßen, Arterien Oberschenkel: Arteria femoralis) in Ansatz. Unter Berücksichtigung dessen legte sie bei der Rechnungsstellung die Diagnosis Related Group (DRG) F14A (komplexe oder mehrfache Gefäßeingriffe außer große rekonstruktive Eingriffe mit äußerst schweren CC) zugrunde.
Die Beklagte wies die Rechnung teilweise zurück (Schreiben vom 14. Februar 2017), steuerte stattdessen die DRG K09A (andere Prozeduren bei endokrinen, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten mit hochkomplexem Eingriff oder mit bestimmtem Eingriff und Alter < 7 Jahre oder äußerst schwere CC) an und überwies an die Klägerin einen Betrag von 11.926,36 €. Zeitgleich teilte sie ihr mit (2. Schreiben vom 14. Februar 2017), dass sie eine Krankenhausfallprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) eingeleitet habe. Nach Einsichtnahme in die Krankenhausabrechnung, die OPS 301-Datensätze sowie in die Patientenakte in Auszügen, kam die MDK-Gutachterin – Frau K – in ihrem Gutachten vom 24. März 2017 zu dem Ergebnis, dass als Hauptdiagnose nicht die Diagnose I70.24 sondern E11.50 (Diabetes mellitus Typ II mit peripheren vaskulären Komplikationen nicht als entgleist) anzusetzen sei. Ferner sei die OPS 5-395.70 zu streichen, da sie bereits in der OPS 5-381.54 enthalten sei. Mithin komme nicht die DRG F14A, sondern die DRG F14B (komplexe oder mehrfache Gefäßeingriffe außer große rekonstruktive Eingriffe, ohne äußerst schwere CC) zur Abrechnung.
Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer am 22. November 2017 zum Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Klage gewandt, mit welcher sie weitere Krankenhausvergütung für den Behandlungsfall R in Höhe von 1.141,21 € von der Beklagten begehrt hat. Streitig sei die Kodierung sowohl der Hauptdiagnose (I70.24) als auch der OPS 5-395.70. Ausweislich der D001a der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR – hier: Stand 2016) liege die Auflistung von Diagnosen und Prozeduren in der Verantwortung des behandelnden Arztes. Hauptdiagnose sei demnach die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt worden sei, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich sei. Der Begriff Analyse stehe für eine Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes. Aus den DKR folge zudem, dass bei mehreren Diagnosen der Arzt die am besten passende Hauptdiagnose heraussuchen könne. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei auch der OPS-Kode streitig, da ein anderer Bereich bzw. unterschiedliche Gefäße betroffen gewesen seien, nämlich bei OPS 5-381.54 (Arteria iliaca externa) sowie bei OPS 5-395.70 (Arteria femoralis). Bei einem Gefäß sei eine Patch-Plastik durchgeführt worden, das andere Gefäß sei erhalten worden.
Der durch die Beklagte als Hauptdiagnose favorisierte Kode E11.50 sei nicht zu kodieren. Aus der Diagnostik ergebe sich eine hochgradige Kalkstenose, was auf eine Makroangiopathie hindeute. Ein diabetischer Fuß, von dem die Beklagte ausgehe, liege hingegen bei einer Mikroangiopathie vor. Vorliegend seien die großen Gefäße verkalkt gewesen, dort wirke aber der Diabetes mellitus nicht. Dieser betreffe mittlere Gefäße und vorrangig kleine Gefäße, sodass von einer Mikroangiopathie gesprochen werden könne. Bei einer Makroangiopathie sei hingegen von einer pAVK auszugehen bzw. werde die Makroangiopathie durch die pAVK bedingt. Mithin seien die großen Gefäße betroffen und die pAVK die grundlegende Erkrankung.
Die Klägerin hat, nachdem die Beklagte unter dem 23. April 2018 eine Widerklage auf Zahlung erhoben hat, beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.041,21 € zzgl. Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Februar 2017 zu zahlen, sowie die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat – nach teilweiser Rücknahme ihrer Widerklage – zuletzt beantragt,
die Klage abzuweisen, sowie widerklagend, die Klägerin zu verurteilen, 3.599,21 € an die Beklagte zu erstatten.
Der Anspruch der Klägerin – so die Beklagte – sei nicht gerechtfertigt. Gemäß der Prüfung des MDK habe die Klägerin fälschlicherweise die DRG F14A in Höhe von 12.967,57 € zugrunde gelegt, während stattdessen die DRG F14B in Höhe von 8.327,15 € angezeigt gewesen sei. Es ergebe sich insofern eine Differenz in Höhe von 4.640,42 €. Sie, die Beklagte, habe bereits 11.926,36 € entrichtet, weshalb letztlich eine Restforderung in Höhe von 3.599,21 € verbliebe.
Im Klageverfahren hat die Beklagte den Sachverhalt nochmals dem MDK vorgelegt. Dieser ist im Gutachten vom 9. April 2018 (Gutachter G) erneut zu dem Fazit gekommen, dass als Hauptdiagnose E11.50 zu kodieren sei. Dokumentiert seien sklerotische Veränderungen nicht nur im Ober- und Unterschenkel, sondern auch im abdominalen Bereich. Zudem gebe es ein bekanntes Erkrankungsereignis hinsichtlich der zerebralen Durchblutung mit abgelaufener transitorischer ischämischer Attacke. Weitergehende Risikofaktoren seien in der Akte nicht dokumentiert, sodass der seit längerer Zeit bestehende Diabetes mellitus Typ II (insulinpflichtig) als führend für eine generalisierte Vasopathie mit eingeschränkter Gefäßperfusion angesehen werden könne. Zudem beinhalte – wie bereits im vorangegangenen Gutachten mitgeteilt – die OPS 5-381.71 die OPS 5-395.70.
Das SG hat sodann Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens durch den Leitenden Oberarzt des S-Hospitals B Dr. N (Internist, Radiologe, Angiologe) vom 16. November 2018, der u.a. folgendes ausgeführt hat: Der Angiographie am 30. November 2016 lasse sich entnehmen, dass im Bereich des rechten Beines eine arterielle Verschlusskrankheit mit Befall der Gefäße im Beckenbereich (Arteria iliaca interna), Oberschenkelbereich (Arteria femoralis communis und superficialis) sowie im Unterschenkelbereich (Verschluss des Truncus tibiofibularis, der Arteria tibialis posterior, sowie der Arteria fibolaris proximal) bestanden habe. Mittels Trombendarteriektomie der Arteria iliaca externa, der Arteria femoralis communis und der Arteria femoris superficialis im Gabelbereich und der Arteria profunda femoris rechts sei dies behandelt worden und die OPS 5-381.70, 5-381.71 sowie 5-381.54 zu kodieren. Die Patch-Plastik sei darin enthalten, d.h. die OPS 5-395.70 entfalle. Als Hauptdiagnose sei die E11.50 zu kodieren. Die pAVK sei eine der häufigsten Komplikationen eines länger bestehenden Diabetes mellitus. Überwiegend seien periphere Gefäße in den Beinen betroffen. Die Erkrankung könne sich aber auch im Beckenraum und im Thorax manifestieren. Nach dem angiographischen Befund seien sowohl die proximalen wie auch die peripheren Gefäße des rechten Beines betroffen gewesen. Möglicherweise sei auch die stattgehabte zerebrale Ischämie auf das Vorliegen zerebraler diabetischer Gefäßveränderungen zurückzuführen. Im Übrigen nimmt der Senat auf den Inhalt des Gutachtens Bezug.
Dieser Bewertung hat die Klägerin durch den Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie, endovaskuläre Chirurgie und präventive Gefäßmedizin des A-Hospitals – Facharzt für Gefäßchirurgie Dr. U – widersprochen (Schreiben vom 19. März 2019). Die Diagnose E11.50 entspreche am ehesten der These eines sog. Diabetischen Fußsyndroms. Ein solches habe als Ursache eine Gefäßerkrankung der kleinen Gefäße, die zu Veränderungen der Gewebeperfusion des Fußes führten. Bei diesem lägen keine okkludierenden Verschlusskrankheiten der Gefäße vor, sondern es handele sich um eine funktionelle Störung der Gewebedurchblutung. Hingegen liege eine pAVK vor, wenn die Durchblutungssituation durch eine Revaskularisation in den veränderten großen Gefäßen herbeigeführt und hierdurch behandelbar sei. Der Fall liege bei der Versicherten im streitgegenständlichen Verfahren eindeutig vor, weshalb als Hauptdiagnose die pAVK im Stadium IV zu kodieren gewesen sei.
Daraufhin hat das SG eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. N vom 2. Mai 2019 eingeholt, auf die im Übrigen Bezug genommen wird. Dieser hat unter Zugrundelegung (allerdings) der DKR 2017 mitgeteilt, dass unstreitig ein langjährig bestehender Diabetes mellitus Typ II bei der Versicherten vorgelegen habe. Andere wesentliche Risikofaktoren seien indes nicht ersichtlich. Infolgedessen sei als bestehende Haupterkrankung der Diabetes mellitus zugrunde zu legen, der zu der schweren pAVK geführt habe. Die DKR zeigten, dass E11.50 nicht allein für die Diagnose des diabetischen Fußes vorgesehen sei.
Mit Urteil vom 20. November 2019 hat das SG die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage der Beklagten hin verurteilt, an diese 3.599,21 € zu erstatten. Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das der Klägerin am 9. Januar 2020 zugestellte Urteil wendet diese sich mit ihrer Berufung vom 21. Januar 2020 gewandt. Zur Begründung führt sie ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag aus, der Diabetes mellitus könne nicht Veranlassung für den stationären Krankenhausaufenthalt gegeben haben. Bei dem OPS-Kode seien unterschiedliche Gefäße betroffen gewesen. Es sei ein Gutachten durch einen Diabetologen und Angiologen einzuholen. Nur dieser kenne sich mit den speziellen Komplikationen der Verbindung zwischen Diabetes und Gefäßen aus. Der Sachverständige Dr. N sei maßgeblich auf kardiologischem Gebiet tätig.
Ferner legt sie eine zweite Stellungnahme des Chefarztes Dr. U vom 27. Februar 2020 vor. Dieser erläutert, dass die Versicherte sich am 23. November 2016 zur Aufnahme mit Schmerzen im Bereich der rechten Verse sowie einer typischen belastungsabhängigen Beschwerdesymptomatik im Bereich der rechten Wade nach kurzer Gehstrecke (= Claudicatio-Symptomatik), wie sie bei arteriellen Durchblutungsstörungen auftrete, vorgestellt habe. Ferner habe sich eine Ulceration über der Achillesferse rechtsseitig gezeigt. Bei durchgeführter Diagnostik habe man eine hochgradige Enge im Übergang der Arteria ilica externa zur Arteria femoralis communis (äußere Beckenschlagader zur Leistenschlagader) nachgewiesen. Es sei daraufhin eine – diese Engstelle behandelnde – operative Therapie durchgeführt worden. Zur Frage, ob es sich um eine typische Komplikation des langjährig bestehenden Diabetes (= Hauptdiagnose Diabetes mellitus) oder um eine typische Veränderung im Sinne einer klassischen arteriellen Durchblutungsstörung (= Hauptdiagnose arterielle Durchblutungsstörung) handele, führt er aus, dass laut der Deutschen Gesellschaft für Diabetologie die typische Komplikation des Diabetes überwiegend die Unterschenkelgefäße betreffe. Diese seien vorliegend jedoch nicht betroffen gewesen. Die vorliegend bestehende Veränderung im Bereich der Becken- und Leistenschlagader seien für einen Diabetes nicht typisch. Das Lebensalter der Versicherten sei der höchste Risikofaktor im Hinblick auf eine arterielle Durchblutungsstörung gewesen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Diabetes sei die pAVK im Übrigen ein Risiko für ein diabetisches Fußsyndrom und nicht umgekehrt.
Auf Anfrage des Senats trägt die Klägerin zur Erlösrelevanz vor und teilt mit, dass ausschließlich die Frage der Kodierung der Hauptdiagnose für die genaue DRG-Abbildung erlösrelevant sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 20. November 2019 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.041,21 € zzgl. Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Februar 2017 zu zahlen sowie die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt der Berufung entgegen. Die Hauptdiagnose E11.50 sei zutreffend. Dies sei zwischenzeitlich sowohl durch den MDK als auch den gerichtlich bestellten Sachverständigen bestätigt worden. Die Versicherte habe arteriosklerotische Veränderungen in Ober-, Unterschenkel- sowie im Abdominalbereich gehabt. Weitere Risikofaktoren für eine fortgeschrittene Arteriosklerose seien nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen worden. Die Klägerin führe auch keine neuen Aspekte an, die der Sachverständige sowie das SG nicht gewürdigt hätten. Die Argumentation des Chefarztes Dr. U sei identisch mit seiner Stellungnahme vom 19. März 2019. Dazu habe sich der Sachverständige Dr. N bereits verhalten. Die Klägerin stütze sich zudem selbst auf eine angiologische Hauptdiagnose. Auf diesem Sachgebiet sei ein Gutachter bestellt worden. Nunmehr begehre die Klägerin ein Gutachten auf einem Fachgebiet, auf welchem ihre Diagnose gerade nicht liegen solle.
Auf Nachfrage des Senats erklärt die Beklagte (Schriftsatz vom 27. April 2021), dass der durch die Klägerin ursprünglich in Ansatz gebrachte Betrag in Höhe von 12.967,57 € rechnerisch korrekt sei.
Der Senat hat am 30. April 2021 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt. Die Beklagte hat in diesem erklärt, dass die DRG K09A mit der Hauptdiagnose E11.90 nicht weiterverfolgt werde. Im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Der Senat hat daraufhin Beweis erhoben durch ein Einholung eines diabetologisch-angiologischen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dr. C (Facharzt für Innere Medizin, Diabetologie, Angiologie – Chefarzt der Innere Klinik II, Diabetologie und Angiologie der F-Klinik in Z), welcher in seinem Gutachten vom 12. Oktober 2021 nach Aktenlage ausgeführt hat, dass bei der Versicherten folgende Diagnosen zu stellen gewesen seien: pAVK rechts vom Mehretagentyp mit hochgradiger Stenose der A. femoralis communis, A. femoralis superficialis rechts, Stenosen der A. femoralis superficialis und einer fortgeschrittenen Unterschenkel-AVK. Zudem liegt eine Beteiligung der Aorta abdominalis und der Beckenarterien vor; obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom, Hypothyreose, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus Typ 2, genaue Laufzeit ist nicht angegeben, oral und insulintherapiert; Z.n. transitorisch-ischämischer Attacke, Z.n. Knie-TEP rechts, Adipositas, Diabetisches Fußsyndrom angioneuropathischer Genese, Wagner-Armstrong-Stadium 2D, mit Fersenrhagade und Ulceration über der Achillessehne bis zur Subcutis, initial grünlicher Wundbelag, Wundumgebungsrötung und Nachweis von Pseudomonas putida; arterielle Hypertonie, Erregungsrückbildungsstörungen in I und aVL, leichtgradige pulmonal-venöse Stauung sowie intermittierender Anstieg der Nierenretentionsparameter nach Kontrastmittelgabe und operativem Eingriff.
Ursächlich bei stationärer Aufnahme scheine die pAVK IV rechts mit akuter Verschlechterung der Durchblutungssituation im Bereich der rechten unteren Extremität gewesen zu sein. Die verschlechterte Durchblutungssituation begründe auch das Vorliegen einer Infektion zum Aufnahmezeitpunkt mit Nachweis von Pseudomonas putida, dem grünlichen Wundbelag, der Wundumgebungsreaktion mit der Notwendigkeit einer systemischen, später intravenösen Antibiose durchzuführen. In der Zusammenschau der klinischen Situation sei die Diagnose eines diabetischen Fußsyndroms rechtsseitig nach Wagner-Armstrong Klassifikation im Stadium 2D zu stellen. Ohne die Verschlechterung der Durchblutungssituation im Rahmen des o.g. diabetischen Fußsyndroms wäre eine stationäre Behandlung möglicherweise nicht notwendig geworden, da die Infektion und die Wundbehandlung zunächst weiter ambulant hätten durchgeführt werden können. Das diabetische Fußsyndrom sei eine Folgekomplikation bei oft langjährig bestehendem Diabetes mellitus Typ II mit neuropathischen und makroangiopathischen Komplikationen. Im stationären Aufenthalt sei keine systematische Untersuchung bzgl. einer peripheren Polyneuropathie durchgeführt worden. Die Makroangiopathie sei zweifelsohne durch die durchgeführte strukturierte Gefäßdiagnostik mit Dopplerdruckmessung, Farbduplexsonographie, CT-Angiographie und intraarterieller DSA nachgewiesen. Die Laufzeit des Diabetes mellitus bei der Versicherten sei leider nicht erhoben worden.
Als Risikofaktoren für eine pAVK hat der Sachverständige eine Hypercholesterinämie mit einer noch unzureichenden LDL-Cholesterinsenkung, eine arterielle Hypertonie und ein Diabetes mellitus Typ II benannt. Anamnestische Hinweise auf einen Nikotinabusus sowie auf eine familiäre Disposition bzgl. kardio-vaskulärer Erkrankungen seien entweder nicht untersucht bzw. nicht erfragt worden.
Auf die Frage, in welcher Beziehung die pAVK zu dem bekannten Diabetes mellitus stehe, hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Diabeteserkrankung ein Risikofaktor für arterielle Gefäßerkrankungen (sog. Makroangiopathie) darstelle. Neben dem Diabetes mellitus Typ II bestehe eine Hyperlipidämie mit Hypercholesterinämie sowie eine arterielle Hypertonie. Das Zusammenkommen der genannten Risikofaktoren bestehe häufig im Vorgang zur Entstehung makrovaskulärer Erkrankungen. Als Komplikationen eines Diabetes mellitus bei der Versicherten hat der Sachverständige eine Mikroangiopathie, eine Neuropathie sowie eine Makroangiopathie genannt. Die Makroangiopathie, hier mit der pAVK als kausale Folgeerkrankung des Diabetes mellitus Typ II, sei neben der bestehenden Infektion mit Pseudomonas putida im Rahmen des diabetischen Fußsyndroms bei Diabetes mellitus Typ II hauptursächlich für die stationäre Aufnahm gewesen. Bei der Versicherten sei als Makroangiopathie die pAVK diagnostiziert worden. Eine systematische Untersuchung auf eine Mikroangiopathie oder Neuropathie sei nicht erfolgt. Die Makroangiopathie sei multifaktoriell bedingt durch die behandelte Hypercholesterinämie, die behandelte arterielle Hypertonie sowie den behandelten Diabetes mellitus Typ II jeweils unklarer Laufzeit.
Den Ausführungen des erstinstanzlichen Sachverständigen Dr. N sei damit grundsätzlich zuzustimmen. Bezüglich der kardiovaskulären Risikosituation sei hinzuzufügen, dass neben dem Diabetes mellitus und Nikotin als wichtige Risikofaktoren für das Auftreten einer pAVK als weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren bei der Versicherten allerdings die Hypertonie sowie die Fettstoffwechselstörung mit eleviertem LDL-Cholesterin zu benennen seien. Zuzustimmen sei dem Sachverständigen Dr. N auch dahingehend, dass es sich bei dem Diabetes mellitus mit einer schweren peripher betonten arteriellen Verschlusskrankheit im Stadium IV des rechten Beines mit Ulcus über der Achillessehne und Rhagade im Fersenbereich um die Haupterkrankung handele. Aus seiner Sicht ergebe sich damit die Notwendigkeit als Hauptdiagnose E11.50 oder E11.74 als diabetisches Fußsyndrom zu kodieren. Auch dem MDK-Sachverständigen K sei im Hinblick auf die Hauptdiagnose E11.50 (alternativ E11.74) zuzustimmen. Gleiches gelte – wenn auch nur im Ergebnis – für das Gutachten des MDK-Gutachters G.
Die Klägerin hat zu dem Gutachten mitgeteilt, dass sich nach Ansicht ihres DRG-Arztes V der Sachverständige widerspreche. Die pAVK sei auch nach seinen Ausführungen gerade nicht ausschließlich auf den Diabetes mellitus zurückzuführen. Die Literaturliste beschäftige sich nicht mit gefäßchirurgischer Literatur. Die Fallkodierung durch die Klägerin zeige eindeutig eine Revaskularisation der Beckenarterie. Dieses habe aber nicht mit einem Diabetes oder einem diabetischen Fußsyndrom zu tun
Nach vorheriger Anhörung hat der Senat den Beteiligten von Amts wegen gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen über den von der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellten Virtuellen Meetingraum (VMR) vorzunehmen (Beschluss vom 9. Februar 2022). Davon haben die Beteiligten Gebrauch gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte sowie der beigezogenen Patientenakte der Klägerin sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
A. Die Anträge im Berufungsverfahren sind wirksam im Rahmen der mündlichen Verhandlung gestellt. Soweit die Beteiligten nicht persönlich im Gerichtssaal vertreten gewesen ist, sondern von ihrem Kanzlei- bzw. Behördensitz aus per Video- und Tonübertragung an der Verhandlung teilgenommen hat, war dies gemäß § 110a Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgrund des gerichtlichen Beschlusses vom 9. Februar 2022 zulässig.
B. Die am 21. Januar 2020 schriftlich eingelegte Berufung der Klägerin gegen das Urteil ihr am 9. Januar 2020 zugestellte Urteil des SG Münster vom 20. November 2019 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung, statthaft (§§ 143, 144 SGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG).
C. Die Berufung der Klägerin ist indes unbegründet, denn das SG hat zu Recht die erhobene Klage abgewiesen (dazu unter I.) sowie der durch die Beklagte erhobenen Widerklage stattgegeben (dazu unter II.).
I. Die erhobene Klage hat keinen Erfolg; sie ist zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Die zulässige Klage des Krankenhausträgers auf Zahlung von weiteren Behandlungskosten ist als (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthaft (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KN 1/07 KR R – SozR 4-2500 § 109 Nr. 13). Es handelt sich um einen Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, weshalb der Zulässigkeit der Klage nicht entgegensteht, dass eine Regelung durch Verwaltungsakt zu ergehen hätte und ein Vorverfahren durchzuführen wäre; überdies ist keine Klagefrist zu beachten (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R – SozR 3-2500 g 112 Nr. 3). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert (vgl. zur Notwendigkeit der Bezifferung des Klageantrags BSG, Urteil vom 28. Januar 1999 – B 3 KR 4/98 R – SozR 3-2500 § 37 Nr. 1; BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 – B 3 KR 18/03 R – SozR 4-2500 § 39 Nr. 2).
2. Die Klage ist unbegründet, da der Klägerin weitere Krankenhausvergütung für die Versicherte in Höhe von 1.041,21 € nicht zusteht.
a) Rechtsgrundlage des von der Klägerin wegen der stationären Behandlungen des Versicherten geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V i.V.m.
§ 7 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz ([KHG], BSG, Urteil vom 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R – BSGE 109, 236, Rn. 13, 15f; BSG, Urteil vom 19. März 2020 – B 1 KR 20/19 R – juris, Rn. 11). Das Gesetz regelt in diesen Vorschriften die Höhe der Vergütung der zugelassenen Krankenhäuser bei stationärer Behandlung gesetzlich Krankenversicherter und setzt das Bestehen des Vergütungsanspruchs als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht, erforderliche Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V zu gewähren (§ 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V), dem Grunde nach als Selbstverständlichkeit voraus (BSG, Urteil vom 19. März 2020 – a.a.O., Rn. 11; BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 22/19 R – juris, Rn. 8).
Dass die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung erfüllt sind, steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit. Insbesondere die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung wird nicht infrage gestellt. Diese folgt sowohl aus der vorgelegten Patientenakte, dort insbesondere aus den Entlassungsberichten, als auch aus den Ausführungen der MDK-Gutachter und der gerichtlich bestellten Sachverständigen.
b) Die Vergütung für Krankenhausbehandlung der Versicherten bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Beklagten nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 KHEntgG und § 17b KHG. Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, FPV – hier 2016) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als „Vertragsparteien auf Bundesebene“ mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG. Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (§ 1 Abs. 6 Satz 1 FPV 2016; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs: BSG, Urteil vom 8. November 2011 – a.a.O., Rn. 19ff). Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm (Grouper) greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (z.B. die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung (ICD-10-GM, Version 2016, idF der Bekanntmachung des BMG gemäß §§ 295 und 301 SGB V), die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG (seit dem 26. Mai 2020 vom BfArM) herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS, zur Grundlage der Rechtsbindung: BSG, Urteil vom 8. November 2011 – a.a.O., Rn. 24) sowie die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR, Version 2016 für das G-DRG-System gemäß § 17b KHG; zu deren normativer Wirkung: BSG, Urteil vom 8. November 2011 – a.a.O., Rn. 18; vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 – a.a.O., Rn. 12f.).
Die Anwendung der normenvertraglichen Abrechnungsbestimmungen unterliegt grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehenen Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (st. Rspr. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2019 – B 1 KR 19/19 R – juris, Rn. 13 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 – a.a.O., Rn. 14).
aa) Als Hauptdiagnose ist danach die Diagnose E11.50 (Diabetes mellitus Typ II mit peripheren vaskulären Komplikationen nicht als entgleist) zugrunde zu legen.
Die Beurteilung, ob eine Diagnose als Hauptdiagnose zu kodieren ist, bemisst sich nach objektiven Maßstäben. Sie erfordert kein an eine bestimmte Person gebundenes höchstpersönliches Fachurteil, sondern kann jederzeit durch einen unabhängigen Sachverständigen nachvollzogen werden. Sie unterliegt im Streitfall der vollen richterlichen Nachprüfung (BSG, Beschluss vom 25. September 2007 – GS 1/06 – BSGE 99, 111; BSG, Urteil vom 21. April 2015 – B 1 KR 9/15 R – juris).
(1) Hauptdiagnose im Sinne der DKR (2016) D002f im Teil der Allgemeinen Kodierrichtlinien für Krankheiten ist im Grundsatz zunächst die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich war.
Maßgeblich ist demnach bei retrospektiver Betrachtung, welche Diagnose objektiv nach medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnis die Aufnahme zur stationären Behandlung erforderlich machte. Es ist nach der Rechtsprechung des BSG für die Bestimmung der Hauptdiagnose ohne Belang, wenn innerhalb eines abrechenbaren Behandlungsfalls nach der Aufnahme ins Krankenhaus weitere Krankheiten oder Beschwerden auftreten, die ebenfalls für sich genommen stationäre Behandlung bedingen, selbst wenn die stationäre Behandlungsbedürftigkeit aufgrund der ersten Diagnose wegfällt. Bestehen bei der Aufnahme ins Krankenhaus zwei oder mehrere Krankheiten oder Beschwerden, die jeweils für sich genommen bereits stationärer Behandlung bedurften, kommt es darauf an, welche von ihnen bei rückblickender Betrachtung objektiv nach medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnis hauptsächlich die stationäre Behandlung erforderlich machte. Das ist die Diagnose mit dem größten Ressourcenverbrauch (BSG, Urteil vom 21. April 2015 – a.a.O. zu DKR [2005)] D002d; BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 – B 1 KR 40/15 R – SozR 4-2500 § 109 Nr. 58). Zusammenfassend ist danach als Hauptdiagnose eine Diagnose zu bezeichnen, die nach einer Ex-post-Betrachtung objektiv hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, bei Krankenhausaufnahme – grundsätzlich nicht später – für die ursächliche Auslösung des stationären Behandlungsgeschehens und den entsprechenden Ressourcenverbrauch verantwortlich gewesen ist (Senat, Urteil vom 13. Mai 2020 – L 11 KR 366/18 – juris).
Aus der Patientenakte folgt, dass jedenfalls ab dem 24. November 2016 das Ergebnis des CT Angio bestimmend gewesen ist, welches letztlich die durchgeführte OP gesteuert hat. Die diese OP notwendig machende Diagnose stellt sich letztlich als diejenige mit dem größten Ressourcenverbrauch dar, auf den es nach der Rechtsprechung des BSG ankommt.
(2) Flankierend zu der Definition der Hauptdiagnose im Allgemeinen Teil der Kodierrichtlinien ist hier aus dem Besonderen Teil der DKR (2016) 0401H „Hauptdiagnose Diabetes mellitus mit Komplikation“, heranzuziehen. Dort heißt es u.a. wörtlich:
„Liegt eine Form des Diabetes mellitus vor, die mit einem Kode aus E10.− bis E14.− verschlüsselt wird, und bestehen Komplikationen des Diabetes, so ist für die korrekte Verschlüsselung zunächst festzustellen, ob
• die Behandlung der Grunderkrankung Diabetes mellitus oder
• die Behandlung einer oder mehrerer Komplikationen
hauptsächlich die stationäre Aufnahme veranlasst hat.
Des Weiteren ist für die Kodierung von Bedeutung, wie viele Komplikationen des Diabetes mellitus vorliegen, und ob diese die Nebendiagnosendefinition erfüllen.
[…] Sofern Komplikationen (Manifestationen) des Diabetes mellitus vorliegen und die Behandlung einer Manifestation im Vordergrund steht, ist E10–E14, vierte Stelle entsprechend dieser Manifestation, zu kodieren gefolgt vom entsprechenden Kode für diese Manifestation. Die Kodes für die weiteren Manifestationen sind anzugeben, sofern sie der Nebendiagnosendefinition entsprechen.
[…] Spezifische Komplikationen des Diabetes mellitus
Generell sind bezüglich der Kodierung von Komplikationen des Diabetes mellitus die vorhergehenden Absätze zu beachten […]
Periphere vaskuläre Erkrankung und Diabetes mellitus
Periphere vaskuläre Erkrankungen, die in kausalem Zusammenhang mit Diabetes mellitus stehen, sind als „Diabetes mellitus mit peripheren vaskulären Komplikationen“ E10†–E14†, vierte Stelle „.5“ zu verschlüsseln. Außerdem ist ein Kode für die spezifische Manifestation anzugeben, sofern diese der Nebendiagnosendefinition entspricht. Dies ist für das nachfolgende Beispiel zu beachten (Siehe hierzu auch Beispiel 5).“
(Hervorhebung jeweils diesseits)
Unter Beachtung dessen ist die pAVK als Komplikation des Diabetes mellitus zu werten und daher die Verschlüsselung E11.50 zu wählen gewesen.
(a) Unstreitig besteht bei der Versicherten ein Diabetes mellitus Typ II. Dies ergibt sich maßgeblich aus der Patientenakte und wurde in den Stellungnahmen des Chefarztes Dr. U sowie des DRG-Arztes V nicht in Zweifel gezogen. Sowohl die Gutachter des MDK als auch die gerichtlichen Sachverständigen haben dies ihren Begutachtungen zugrunde gelegt. Gleichfalls unstreitig und durch die Patientenakte sowie die vorliegenden Sachverständigengutachten als feststehend anzusehen ist die Voraussetzung, dass vorliegend nicht der Diabetes als Grunderkrankung behandelt worden ist, sondern die pAVK.
(b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die behandelte pAVK eine Komplikation (= Manifestation) des Diabetes mellitus gewesen ist.
Dies ergibt sich insbesondere aus den Sachverständigengutachten von Dres. C und N. Die Sachverständigen haben ihre Gutachten nach Aktenlage unter eingehender Auswertung der Patientenakte, der zur Gerichtsakte gereichten medizinischen Stellungnahmen, unter Berücksichtigung der MDK-Gutachten und sämtlicher insbesondere seitens der Klägerin geltend gemachten Einwände sorgfältig erstattet. Ihre aus diesen abgeleiteten schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen und Schlussfolgerungen haben sie eingehend und überzeugend begründet. Dabei haben sie insbesondere den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand berücksichtigt.
(aa) So hat der Sachverständige C auf die Frage, in welcher Beziehung die pAVK zu dem bekannten Diabetes mellitus steht, ausgeführt, dass die Diabeteserkrankung ein Risikofaktor für arterielle Gefäßerkrankungen (sog. Makroangiopathie) darstellt. Neben dem Diabetes mellitus Typ II besteht eine Hyperlipidämie mit Hypercholesterinämie sowie eine arterielle Hypertonie. Das Zusammenkommen der genannten Risikofaktoren besteht häufig im Vorgang zur Entstehung makrovaskulärer Erkrankungen. Als Komplikation eines Diabetes mellitus bei der Versicherten benennt der Sachverständige eine Mikroangiopathie, eine Neuropathie sowie eine Makroangiopathie. Die Makroangiopathie, hier mit der pAVK als kausale Folgeerkrankung des Diabetes mellitus Typ II, ist danach neben der bestehenden Infektion mit Pseudomonas putida im Rahmen des diabetischen Fußsyndroms bei Diabetes mellitus Typ II hauptursächlich für die stationäre Aufnahme gewesen. Der Sachverständige C hat auch die zweifellos vorliegende Hypercholesterinämie als konkurrierende Ursache erkannt und sie gegenüber dem Diabetes mellitus nicht als wesentlichen Anlass angesehen. Eine etwaige nicht ausreichende Dokumentation belastet die Klägerin, denn sie trägt die objektive Beweislast, sofern sich – wie vorliegend – nach Ausschöpfen der gebotenen Aufklärung durch das Tatsachengericht die tatbestandlichen Voraussetzungen der abgerechneten Fallpauschale nicht feststellen lassen (BSG, Beschluss vom 28. September 2021 – B 1 KR 75/20 B – juris).
Das Ergebnis des Sachverständigen C steht im Wesentlichen in Einklang mit den Ausführungen des erstinstanzlichen Sachverständigen Dr. N. Dieser hat ausgeführt, dass die pAVK eine der häufigsten Komplikationen eines länger bestehenden Diabetes mellitus ist. Überwiegend sind periphere Gefäße in den Beinen betroffen. Die Erkrankung kann sich aber auch im Beckenraum und im Thorax manifestieren. Nach dem angiographischen Befund sind hier sowohl die proximalen als auch die peripheren Gefäße des rechten Beines betroffen gewesen. Unstreitig hat ein langjährig bestehender Diabetes mellitus Typ II bei der Versicherten vorgelegen.
Dies entspricht auch der Einschätzung der MDK-Gutachterin K und – im Ergebnis – auch der des G.
(bb) Die Schlüssigkeit dieser Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen bestätigt sich für den Senat zudem anhand der S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (AWMF-Register Nr. 065/003, Stand: 30. September 2015 [S3-Leitlinie]). Es handelt sich hierbei um eine systematisch entwickelte Hilfe für Ärzte, die zwar für Verwaltung und Gerichte nicht rechtlich bindend ist, aber auch für diese eine wichtige Entscheidungshilfe darstellt (so auch Hessisches LSG, Urteil vom 5. Juli 2016 – L 1 KR 116/15 und Bayerisches LSG, Urteil vom 4. Dezember 2018 – L 20 KR 191/16 – juris). Nach der S3-Leitlinie ist ein Diabetes mellitus unabhängig vom Diabetestyp mit einem erhöhten Risiko für eine periphere Atherosklerose und eine pAVK vergesellschaftet, auch wenn er sich in erster Linie an den distalen Gefäßen manifestiert (S. 23). Ähnliches zeigt sich in dem Positionspapier zur Diagnostik und Therapie der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit bei Menschen mit Diabetes mellitus (Stand: 10/2020, S. S197). Danach ist der Diabetes mellitus nach dem Nikotinabusus der wichtigste Risikofaktor für das Auftreten einer pAVK. Patienten mit Diabetes mellitus haben ein 2- bis 4-fach höheres Risiko, eine pAVK zu entwickeln, als Patienten ohne Diabetes mellitus.
(c) Die dagegen geäußerte Kritik der Klägerin überzeugt indes nicht.
(aa) Die Annahme der Klägerin, wonach bei der Versicherten nicht von einer Mikroangiopathie auszugehen sei, welche den Diabetes betreffe, sondern von einer Makroangiopathie, die durch den Diabetes unabhängig zu betrachten sei, hat der Sachverständige C nicht bestätigt. Stattdessen hat er darauf verwiesen, dass in der Klinik der Klägerin bereits keine strukturierte Untersuchung im Hinblick auf mikroangiopathischer Folgekomplikationen durchgeführt worden ist. Zudem hat der Sachverständige festgestellt, dass die „Diabeteserkrankung […] einen Risikofaktor für arterielle Gefäßerkrankungen [darstellt], einer sogenannten Makroangiopathie […].“
(bb) Soweit die Klägerin einwendet, dass auch der Sachverständige C nicht von einer alleinigen („nicht ausschließlichen“) Ursächlichkeit des Diabetes mellitus bzgl. der pAVK ausgehe, verkennt sie, dass es dessen auch nicht bedarf. Stattdessen reicht es aus, wenn eine Manifestation „hauptsächlich“ die stationäre Aufnahme veranlasst und deren Behandlung „im Vordergrund“ steht bzw. ein „kausaler Zusammenhang“ mit dem Diabetes mellitus festgestellt werden kann; Ausschließlichkeit wird durch die DKR 2016 nicht gefordert.
(cc) Die Kritik, dass der SV C seine Begutachtung schwerpunktartig auf die Diabetologie gestützt hat, ist für den Senat bereits nicht nachvollziehbar. Zunächst ist die vorliegende Problematik unstreitig im Schnittbereich Angiologie/Diabetologie angesiedelt. Der Sachverständige ist ausweislich seiner Vita in beiden Fachrichtungen bewandert und erfüllt so auch die durch die Klägerin gerade beantragten Anforderungen. Dass der Sachverständige die maßgebliche Schnittstelle auch erkannt hat, spiegeln nicht nur seine Ausführungen im Gutachten sondern auch die diesbezüglich herangezogene Literatur gemäß dem entsprechenden Verzeichnis wider. Der erstinstanzlich bestellte Internist und Angiologe Dr. N hat die Ansicht der Klägerin im Übrigen ebenfalls nicht bestätigt.
(3) Da eine Komplikation (Manifestation) des Diabetes mellitus vorlag und die Behandlung einer Manifestation im Vordergrund stand, war nach DKR (2016) 0401h bzgl. E10–E14 die vierte Stelle (hier E11.50) entsprechend dieser Manifestation zu kodieren, gefolgt vom entsprechenden Kode für diese Manifestation (hier I70.24), denn eine periphere vaskuläre Erkrankung nach DKR (2016) 0401h, die in kausalem Zusammenhang mit Diabetes mellitus steht, ist als „Diabetes mellitus mit peripheren vaskulären Komplikationen“ E10†–E14†, vierte Stelle „.5“ zu verschlüsseln. Unter eine periphere vaskuläre Erkrankung fällt nach der entsprechenden Aufzählung der DKR (2016) unter anderem die Arteriosklerose der Extremitätenarterien, Becken-Bein-Typ mit Ulceration (I70.24).
bb) Soweit der SV C alternativ den Kode E11.74 als mögliche Kodierung erachtet, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch in diesem Fall wäre das Kodierergebnis über den Webgrouper die DRG F14B (Kombination E11.74 – B96.5 – I74.3 – G47.31 – E11.90 – I70.24 – 5-381.70 ebenso in die wie die Kombination E11.50 – B96.5 – I74.3 – G47.31 – E11.90 – I70.24 – 5-381.70). Auch die OPS 5-395.70 ist nach übereinstimmender Erklärung der Beteiligten sowie dem Ergebnis des Webgroupers nicht erlösrelevant, so dass sich der Senat zu der Streichung nicht verhalten muss.
II. Die durch die Beklagte erhobene Widerklage hat das SG zu Recht als zulässig und begründet erachtet.
1. Die Widerklage der Beklagten nach § 100 SGG ist zulässig. Der in der Vorschrift geforderte Zusammenhang des mit der Widerklage erhobenen Anspruchs mit dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch ist gegeben, denn insoweit genügt ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang (Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 100 Rn. 4). Ein solcher Zusammenhang der Erstattungsforderung mit den (Rest-)Vergütungsansprüchen, die Gegenstand der Klage sind, ist zu bejahen.
2. Die Widerklage ist auch begründet. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Beklagten besteht in der geltend gemachten Höhe. Er ist weder verjährt noch verwirkt.
Als Anspruchsgrundlage stützt sich die Beklagte zu Recht auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, der bei einer öffentlich-rechtlich Rechtsbeziehung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 – B 3 KR 4/09 R – SozR 4-5565 § 14 Nr. 10) an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) tritt (vgl. BSG, Urteil 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R – BSGE 109, 236 m.w.N.). Dieser setzt voraus, dass der Berechtigte im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses eine Leistung ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSG, Urteil vom 21. April 2015 – B 1 KR 7/15 R – juris; BSG, Urteil vom 8. November 2011 – a.a.O. m.w.N.). Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs, ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen scheidet jedoch aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 1974 – 1 RA 183/73 – BSGE 38, 46, 47). Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 16. Januar 2014 – L 16 KR 177/09 – juris).
a) Eine öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung liegt vor. Die Abrechnungsbeziehungen zwischen der beklagten Krankenkasse und der Klägerin als Trägerin des Krankenhauses sind öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Dieses ergibt sich explizit aus § 69 Satz 2 SGB V (BSG, Urteil vom 8. November 2011 – a.a.O.). Hiernach sind die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend im Vierten Kapitel des SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem KHG, dem KHEntgG sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Da es sich bei diesen Vorschriften um solche des öffentlichen Rechts handelt, sind auch die hierauf beruhenden Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten öffentlich-rechtlicher Natur.
b) Die für das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs tatbestandlich erforderliche Vermögensverschiebung liegt vor. Die Beklagte hat durch die klägerische Zahlung auf die Schlussrechnung vom 18. Januar 2017 eine mit einem Auszahlungsanspruch gegenüber der Bank korrespondierende Gutschrift erhalten. Dies ist unstreitig.
c) Die Vermögensverschiebung ist in Höhe von 3.599,21 € ohne Rechtsgrund erfolgt, da der Klägerin insofern kein Anspruch auf Zahlung von Krankenhausvergütung zustand. Rechtsgrundlage des von der Klägerin wegen der stationären Behandlungen des Versicherten geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 KHEntgG und § 17b KHG. Der Senat nimmt insofern sowohl hinsichtlich der Ausführungen zur Rechtsgrundlage als auch zu dem auf die DRG-Pauschale F14A gestützten Krankenhausvergütungsanspruchs der Klägerin auf die obigen Erläuterungen Bezug. Eine Abrechnung nach DRG F14A kommt nicht in Betracht, da als Hauptdiagnose nicht die I70.24, sondern die E11.50 zu kodieren ist. In diesem Fall wird jedoch die DRG F14B angesteuert. Die Beklagte hat unstreitig an die Klägerin bereits einen Betrag von 11.926,21 € entrichtet, während der Erlös der DRG F14B sich – ebenfalls unstreitig – auf 8.327,15 € beläuft, so dass ein Erstattungsanspruch in Höhe von 3.599,21 € entstanden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 sowie 45 Abs. 1 Satz 1 und 2 Gerichtskostengesetz.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).