In der Bundesrepublik Deutschland lebende Grenzgänger, die in der Schweiz beschäftigt und dort krankenversichert sind, haben keinen Anspruch gegen die Leistungsaushilfe gewährende deutsche Pflegekasse auf Erhalt von Leistungen der Verhinderungspflege. Der Zahlungsanspruch der Verhinderungspflege stellt gemeinschaftsrechtlich keine sachleistungsersetzende Kostenerstattung, sondern ein ohne Weiteres exportierbares Geldleistungssurrogat dar.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg
vom 25. Juni 2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Kosten der Verhinderungspflege aus dem Jahr 2018.
Der 2011 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und hat seinen Wohnsitz im Bundesgebiet in der Gemeinde K (Landkreis W). Sein Vater ist als Grenzgänger in der S beschäftigt. Aufgrund dessen ist der Kläger als erwerbsloser Familienangehöriger in der S bei der V mit Sitz in B krankenversichert. In deren Auftrag wird er im Inland seit dem 1. September 2015 von der beklagten A als sog. aushelfendem Träger betreut. Ab Juni 2016 gewährte die Beklagte dem Kläger, bei dem seit Geburt Fehlbildungen der rechten Hand sowie des linken Beines bestehen, Sachleistungen der häuslichen Pflegehilfe nach der Pflegestufe 2 bzw. nach Überleitung zum 1. Januar 2017 dem Pflegegrad 3 sowie zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen (Bescheid vom 25. Oktober 2016). Der Bewilligung lag das Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B1 (MDK) vom 24. Oktober 2016 zugrunde, mit dem die Pflegefachkraft Z aufgrund einer Begutachtung in häuslicher Umgebung beim Kläger ausgeprägte Mobilitäts- und Bewegungseinschränkungen infolge eines angelegten externen Fixateurs festgestellt und einen Grundpflegebedarf von 141 Minuten sowie einen hauswirtschaftlichen Bedarf von 60 Minuten ermittelt hatte. Die häusliche Pflege des Klägers wird seit Dezember 2016 von der Sozialstation K1 gGmbH, einem zugelassenen ambulanten Pflegedienst, erbracht. Den Antrag des Klägers, ihm für den Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis 31. Oktober 2016 anstelle der Pflegesachleistung Pflegegeld zu zahlen, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 2. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Januar 2017). Die hiergegen erhobene Klage blieb sowohl in erster als auch in zweiter Instanz erfolglos. Mit Beschluss vom 13. Februar 2020 (Az. L 4 P 993/19) wies das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) Freiburg vom 12. Februar 2019 (Az. S 9 P 707/17) zurück. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Pflegegeld seien beim Kläger nicht gegeben, da er bei der Beklagten nicht pflegeversichert sei. Er erfülle keinen die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung begründenden Tatbestand nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), sondern sei über seinen Vater aufgrund dessen Erwerbstätigkeit in der S nach Ser Recht krankenversichert. Auch aus dem Recht der Europäischen Union ergebe sich kein Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Pflegegeld, weil danach lediglich für Sachleistungen ein Anspruch gegen den aushelfenden Träger bestehe.
Bereits am 3. Januar 2018 beantragte der Kläger vertreten durch seine Mutter bei der Beklagten Leistungen der Verhinderungspflege. Er gab an, seine Eltern würden derzeit die Pflege in der häuslichen Umgebung durchführen, könnten diese jedoch im Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 stundenweise nicht weiterführen. Die Verhinderungspflege werde durch erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen der Sozialstation K1 gGmbH erbracht.
Mit Bescheid vom 14. März 2019 lehnte die Beklagte eine Beteiligung an den Kosten der Verhinderungspflege ab: Das Gemeinsame Rundschreiben zu Leistungen der Pflegeversicherung bei Auslandsaufenthalten vom 13. April 2017 schließe eine Kostenübernahme aus. Denn die häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson nach § 39 SGB XI stelle eine Geldleistung im Sinne der VO (EG) 883/04 dar und könne als solche nicht im Rahmen der Leistungsaushilfe erbracht werden.
Hiergegen legte der Kläger vertreten durch seinen Vater Widerspruch ein, mit dem er die Erstattung von Aufwendungen für Verhinderungspflege in Höhe von 2.418,00 € beantragte. Er machte geltend, die häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson stelle keine reine Geldleistung dar, sondern sei eine Dienstleistung, die über das ganze Jahr 2018 erbracht worden sei und nun bezahlt werden müsse. Auch befinde sich sein Wohnsitz im Inland. Bereits in der Vergangenheit sei ein Antrag auf Verhinderungspflege für das Jahr 2016 gestellt worden, der erfolgreich gewesen sei. Der Antrag sei auf Empfehlung der Beklagten gestellt worden. Der Zeitpunkt der Absage sei falsch, da ein Schaden nun bereits entstanden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2019 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück. Nach aktueller Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) richte sich - wie im Gemeinsamen Rundschreiben zu Leistungen der Pflegeversicherung bei Auslandsaufenthalt vom 13. April 2017 ausgeführt werde - der Anspruch auf Pflegegeldleistungen nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dem das Versicherungsverhältnis bestehe. Der Kläger sei in der S versichert. Die Ser Rechtsvorschriften sähen keinen Anspruch auf Pflegegeld vor, sodass sich der Anspruch auf Pflegesachleistungen beschränke. Das Widerspruchsverfahren und das (damals noch) anhängige Berufungsverfahren beträfen dieselbe Rechtsthematik. Denn Pflegegeld und Verhinderungspflege würden als Geldleistung erbracht. Ein Anspruch auf Geldleistungen bestehe für in der S versicherte und in Deutschland betreute Personen nicht.
Am 19. November 2019 erhob der Kläger vertreten durch seinen Vater hiergegen beim SG Klage, mit der er sein Begehren auf Gewährung der beantragten Leistungen der Verhinderungspflege weiterverfolgte. Er trug vor, nach den allgemeinen Bestimmungen würden die Vorschriften des Sozialgesetzbuches für alle Personen gelten, die ihren Wohnsitz in seinem Geltungsbereich hätten (§ 30 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I), und Leistungen, soweit sie eine Beschäftigung nicht voraussetzten, auch für alle Personen erbracht, die ihren Wohnsitz im Geltungsbereich des Gesetzes hätten (§ 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV). Er habe seinen Wohnsitz im Inland und halte sich auch nicht im Ausland auf. Der Anspruch auf Verhinderungspflege sei zudem nicht von einer Beschäftigung abhängig. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle nahezu die gesamte Bevölkerung pflegeversichert sein. Aus diesem System falle er nur aufgrund der beruflichen Tätigkeit seines Vaters in der S heraus und sei damit bezüglich Geldleistungen überhaupt nicht pflegeversichert. Dies widerspreche der Systematik der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung. Unabhängig davon handele es sich bei der Verhinderungspflege auch nicht um eine Geldleistung im Sinne der VO (EG) 883/2004. Nach deutschem Recht stelle das Pflegegeld eigentlich ein Surrogat für die Pflegesachleistung dar. Nur weil die Versicherten über das Pflegegeld frei verfügen könnten und es unabhängig davon gewährt werde, ob und in welcher Höhe Aufwendungen für die Pflege tatsächlich anfallen würden, habe der EuGH das Pflegegeld als Geldleistung angesehen. Bei der Verhinderungspflege bestehe hingegen nur ein Anspruch auf Übernahme der nachgewiesenen Kosten für eine notwendige Ersatzpflege, weshalb von einer Sachleistung auszugehen sei.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid entgegen. Sie erwiderte, der Sachverhalt sei durch das vorausgegangene Berufungsverfahren (L 4 P 993/19) grundsätzlich geklärt. Die Verhinderungspflege sei ebenfalls eine Geldleistung, da sie als zeitlich und der Höhe nach begrenztes Surrogat für das Pflegegeld zu qualifizieren sei. Darin zeige sich die Nähe zum Anspruch auf Pflegegeld.
Mit Urteil vom 25. Juni 2020 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der streitgegenständliche Anspruch auf Leistungen der Verhinderungspflege gemäß § 39 SGB XI setze u.a. die Versicherteneigenschaft im Sinne der sozialen Pflegeversicherung voraus. Daran fehle es beim Kläger, da er weder der Versicherungspflicht nach §§ 20, 21 SGB XI unterliege, noch für ihn eine Familienversicherung gemäß § 25 SGB XI bestehe oder sonst ein Versicherungstatbestand des SGB XI ersichtlich sei. Der Kläger unterliege vielmehr der Krankenversicherungspflicht nach Serischem Recht. Ein Anspruch des Klägers auf Leistungen für den Versicherungsfall der Pflegebedürftigkeit bestehe deshalb lediglich insoweit, als es sich bei den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach deutschem Recht um Leistungen bei Krankheit im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit handele. Nach Art. 17 dieser Verordnung würden Sachleistungen nach dem Grundsatz der Sachleistungsaushilfe erbracht, d.h. der Versicherte erhalte einen Leistungsanspruch gegen einen aushelfenden Träger des Wohnsitzmitgliedstaates (hier: die Beklagte), so als ob er nach den Vorschriften dieses Mitgliedstaates (hier: Deutschland) versichert sei. Für Geldleistungen bleibe hingegen der eigentlich zuständige Träger (hier: V) zuständig und erbringe diese bei Vorliegen der Voraussetzungen nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften direkt an den Versicherten. Sachlicher Grund dieser Regelung sei, dass Geldleistungen in der Regel problemlos von einem Mitgliedstaat in einen anderen exportiert werden könnten, während dies bei Sachleistungen nicht der Fall sei. Bei der Verhinderungspflege handle es sich nicht um einen Anspruch auf Sachleistungen. Denn § 39 SGB XI sehe lediglich die Erstattung von Kosten für eine Verhinderungspflege, also eine Geldleistung vor. Auch hätten die Eltern des Klägers mit dem Widerspruchsschreiben die Zahlung eines bezifferten Betrages verlangt. Im Übrigen sei ein Anspruch auf Leistungen der Verhinderungspflege auch nicht schlüssig dargelegt. Denn Leistungen der Verhinderungspflege würden nicht für einen konkreten Zeitraum von sechs Wochen, sondern für das gesamte Kalenderjahr geltend gemacht. Auch sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine Verhinderung der Pflegeperson bestanden habe, zumal der Kläger Pflegesachleistungen von der Beklagten erhalte.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 3. Juli 2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31. Juli 2020 Berufung beim LSG eingelegt. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus erster Instanz wiederholt und ergänzend ausgeführt, die Verhinderungspflege sei notwendig gewesen, da seine Pflegeperson mehrfach an Grippe und Erkältung erkrankt gewesen sei und zudem auch eine berufliche Tätigkeit in Teilzeit (40 Prozent) ausgeübt habe. Überdies sei seine Mutter schwanger gewesen und habe die Pflege nicht mehr durchführen können.
Der Kläger beantragt - sachdienlich ausgelegt -,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25. Juni 2020 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. März 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2019 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 Kosten der Verhinderungspflege in Höhe von 2.418,00 € zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Zu dem Berufungsvorbringen des Kläger hat sie mitgeteilt, sie stelle nicht Abrede, dass die Pflegeperson an der Pflege des Klägers verhindert gewesen sei. Ein Anspruch auf Leistungen der Verhinderungspflege bestehe wegen der fehlenden Versicherteneigenschaft des Klägers dennoch nicht.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß § 143 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte nicht der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 € übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes bestimmt sich danach, in welchem Umfang das SG dem Begehren des Klägers nicht gefolgt ist und was davon mit den Berufungsanträgen weiterverfolgt wird (BSG, Urteil vom 4. Juli 2018 – B 3 KR 14/17 R – juris, Rn. 12; Senatsbeschluss vom 21. September 2020 – L 4 KR 194/20 – juris, Rn. 23). Nachdem der Kläger mit seinem Widerspruch vom 2. April 2019 den in § 39 Abs. 2 Satz 1 SGB XI festgelegten Höchstbetrag der Verhinderungspflege für das Kalenderjahr von 2.418,00 € geltend gemacht und sein Begehren im Klage- und Berufungsverfahren nicht eingeschränkt hat, geht der Senat davon aus (§ 123 SGG), dass er auch mit der Klage und Berufung eine Erstattung bzw. Freistellung von Kosten letztlich in Höhe dieses gesetzlichen Maximalbetrages begehrt und mithin durch das klageabweisende Urteil des SG in diesem Umfang beschwert ist (vgl. zur Erforderlichkeit der Bezifferung BSG, Urteil vom 10. März 2022 – B 1 KR 2/21 R – juris, Rn. 7 m.w.N.; Urteil vom 28. Januar 1999 – B 3 KR 4/98 R – juris, Rn. 27). Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die durch die Verhinderungspflege entstandenen Kosten unrichtig angegeben haben könnte, sind für den Senat nicht ersichtlich.
2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2019 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten, die für seine Verhinderungspflege durch eine Ersatzpflegekraft im streitigen Zeitraum angefallen sind.
a) Streitiger Zeitraum ist vorliegend allein das Kalenderjahr 2018. Dies entnimmt der Senat dem Antrag des Klägers auf Leistungen der Verhinderungspflege vom 3. Januar 2018 und dem Widerspruchsschreiben des Klägers vom 2. April 2019. In diesen wurden explizit Leistungen wegen einer stundenweisen Verhinderung der Pflegeperson im Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 beantragt sowie die Kosten für die „Dienstleistung“ der Verhinderungspflege geltend gemacht, die über „das ganze Jahr 2018 erbracht wurde und nun […] bezahlt werden muss“.
b) Der Kläger hat zwar die Aufwendungen, die für seine Verhinderungspflege im streitigen Zeitraum entstanden und ggf. verauslagt worden sind, nicht näher dargelegt und belegt. Mangels substantiierten Vortrags bleibt insoweit bereits unklar, ob der Kläger mit der Klage eine Zahlung an sich selbst (Kostenerstattungsanspruch) oder eine Zahlung an die Ersatzpflegekraft auf eine gegen ihn gerichtete Forderung (Freistellungsanspruch) begehrt. Der Senat brauchte dem allerdings nicht weiter nachgehen und insbesondere nicht auf eine Konkretisierung des Klagebegehrens hinwirken (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 106 Abs.1 SGG). Denn eine Klärung erübrigt sich, weil die Klage unter keinem Gesichtspunkt begründet sein kann, die Berufung des Klägers mithin auf jeden Fall zurückzuweisen ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18. Februar 2016 – B 3 P 2/14 R – juris, Rn. 12; Urteil vom 24. September 2002 – a.a.O., Rn. 12; Senatsurteile vom 19. Mai 2010 – L 4 P 5933/08 – und vom 20. September 2013 – L 4 P 2187/12 – jeweils www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Leistungen der Verhinderungspflege scheidet für den streitbefangenen Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 aus, weil der in der S krankenversicherte Kläger die allgemeine Leistungsvoraussetzung des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB XI nicht erfüllte und nach den gemeinschaftsrechtlichen Koordinierungsregelungen insoweit auch nicht im Rahmen der Leistungsaushilfe leistungsberechtigt war.
Im Verhältnis zur Beklagten kommt als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Ersatzpflege allein § 39 SGB XI in Betracht. Nach § 39 Satz 1 SGB XI (in der seit 1. Januar 2017 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 21. Dezember 2015, BGBl. I S. 2424) übernimmt die Pflegekasse die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens sechs Wochen je Kalenderjahr, wenn eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert ist. Die Aufwendungen der Pflegekasse können sich bei einer Ersatzpflege durch andere Pflegepersonen als solche, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben, auf bis zu 1.612 € im Kalenderjahr belaufen (§ 39 Abs. 1 Satz 3 SGB XI) und aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Kurzzeitpflege auf insgesamt bis zu 2.418 € im Kalenderjahr erhöht werden (§ 39 Abs. 2 Satz 1 SGB XI). Ansonsten dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse regelmäßig den Betrag des Pflegegeldes nach § 37 Abs. 1 Satz 3 SGB XI für bis zu sechs Wochen nicht überschreiten (§ 39 Abs. 3 Satz 1 SGB XI). Voraussetzung für den Anspruch auf Leistungen der Verhinderungspflege ist, dass die Pflegeperson den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens sechs Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt hat und der Pflegebedürftige zum Zeitpunkt der Verhinderung mindestens in Pflegegrad 2 eingestuft ist (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Pflegepersonen im Sinne des Gesetzes sind nach der Legaldefinition des § 19 Satz 1 SGB XI dabei Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI in seiner häuslichen Umgebung pflegen.
aa) Es kann bereits nicht festgestellt werden, ob diese Voraussetzungen beim Kläger für das Jahr 2018 vorgelegen habe. Der Kläger war zwar pflegebedürftig, wie sich aus dem Gutachten der Pflegefachkraft Z vom MDK vom 24. Oktober 2016 ergibt und zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit steht. Zudem war er im streitbefangenen Zeitraum in den Pflegegrad 3 eingestuft. Denn die Beklagte hatte auf der Grundlage des genannten Gutachtens mit Bescheid vom 25. Oktober 2016 Pflegesachleistungen für den Kläger ab dem 1. Juni 2016 nach der Pflegestufe II bewilligt und erbrachte ab dem 1. Januar 2017 aufgrund der gesetzlichen Überleitung in Pflegegrade gemäß § 140 Abs. 2 SGB XI häusliche Pflegehilfe im Umfang des Pflegegrades 3. Dies entnimmt der Senat dem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2019 und ist zwischen den Beteiligten ebenfalls nicht streitig. Dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum von der Beklagten im Wege der Leistungsaushilfe durchgehend Leistungen der häuslichen Pflegehilfe durch den Pflegedienst der Sozialstation K1 gGmbH erhalten hat, schloss darüber hinaus die zeitgleiche Inanspruchnahme von Verhinderungspflege auch nicht prinzipiell aus. Denn Leistungen der Verhinderungspflege können neben der Sachleistung des § 36 SGB XI beansprucht werden, wenn eine nicht erwerbsmäßige Pflegeperson ausfällt, die den Pflegebedürftigen im häuslichen Umfeld zusätzlich zur häuslichen Pflegehilfe durch Pflegekräfte gepflegt hat (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996 – 3 RK 4/95 – juris, Rn. 15 ff.; Leitherer, in: Kassler Kommentar, Stand: Dezember 2021, § 39 Rn. 4 und 11; Wahl, a.a.O., § 39 Rn. 20; Linke, a.a.O., Rn. 38; kritisch demgegenüber noch Senat, Urteile vom 11. Mai 2007 – L 4 P 2828/06 – und – L 4 P 2963/06 – juris). Der rechtskundig vertretene Kläger hat allerdings nicht dargelegt, welche nicht erwerbsmäßige Pflegeperson in diesem Sinne zu welchen Zeiten verhindert gewesen ist und durch wen, wann und wo die Ersatzpflege geleistet worden ist. Auch hat er konkrete Kosten, die für eine Ersatzpflege im Jahr 2018 angefallen sind, nicht nachgewiesen. Vor diesem Hintergrund ist zum Zeitpunkt der Entscheidung für den Senat nicht zu erkennen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 39 SGB XI für eine Übernahme der Kosten einer Verhinderungspflege durch die Pflegekasse im streitigen Zeitraum vorgelegen haben. Dies kann für die Entscheidung des Streitfalls indes dahinstehen, da der Kläger bereits die allgemeinen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme derartiger Leistungen der Pflegeversicherung nicht erfüllt.
bb) Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB XI erhalten nur Versicherte die Leistungen der Pflegeversicherung auf Antrag. Der Kläger gehörte im streitbefangenen Zeitraum jedoch nicht zum Kreis der Versicherten und damit Leistungsberechtigten. Denn er erfüllte keinen der in §§ 20 und 21 SGB XI geregelten, eine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung begründenden Tatbestände und war auch nicht gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB XI familienversichert (vgl. zu den in Betracht kommenden Versicherungstatbeständen: BSG, Urteil vom 26. Januar 2015 –
B 12 P 9/03 R – juris, Rn. 25). Die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der Familienversicherung lagen schon deshalb nicht vor, weil sein Vater nicht bei der Beklagten, sondern nach Ser Recht bei der V, einer auf Krankenversicherungen spezialisierten Ser Versicherungsgesellschaft mit Sitz in B, krankenversichert war. Dies hat der Senat bereits mit dem in einem anderen Rechtstreit zwischen denselben Beteiligten ergangenen Beschluss vom 13. Februar 2020 (L 4 P 993/19 – juris) festgestellt. Auch im vorliegenden Verfahren hat der Kläger nichts Abweichendes behauptet. Gemäß Art. 4a (a) des Serischen Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) vom 18. März 1994 sind beim selben Versicherer die auf Grund einer Erwerbstätigkeit in der S versicherungspflichtigen Personen und deren versicherungspflichtigen Familienangehörige, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island oder in Norwegen wohnen, versichert. Der Kläger war daher im streitbefangenen Zeitraum über seinen Vater nach Ser Recht krankenversichert. Hieran änderte auch sein Wohnsitz in der BRD nichts. Zwar bestimmt § 30 Abs. 1 SGB I, dass die Vorschriften des Sozialgesetzbuches für alle Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. Abweichend hiervon regeln die gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung im Vierten Buch Sozialgesetzbuch (vgl. § 3 SGB IV) jedoch, dass die Vorschriften des Sozialgesetzbuches über die Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung gelten, soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes beschäftigt oder selbstständig sind (Nr. 1), und soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit nicht voraussetzen, für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben (Nr. 2). Damit ist klargestellt, dass der Wohnsitz oder ständige Aufenthalt u.a. dann nicht den maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit deutschen Sozialversicherungsrechts gibt, wenn wie hier die Versicherung auf einer abhängigen Tätigkeit beruht. Da der Vater des Klägers im streitigen Zeitraum keine versicherungspflichtige Beschäftigung im Inland ausübte und auch sonst keine anderweitigen Pflichtversicherungstatbestände ersichtlich sind, bestand nach nationalem Recht keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, sodass der Vater kein Mitglied einer deutschen Krankenkasse bzw. der Beklagten (§ 20 SGB XI) war. Für den Kläger bestand daher weder eine eigene noch eine Familienversicherung (§ 25 SGB XI, § 10 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB V>).
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Recht der Europäischen Union (EU). Auch danach kann der Kläger von der Beklagten Geldleistungen für eine Verhinderungspflege im Jahr 2018 nicht beanspruchen. Denn der streitgegenständliche Zahlungsanspruch der Verhinderungspflege fällt nicht unter die im Wege der Leistungsaushilfe zu erbringenden Sachleistungen. Es handelt sich um eine Geldleistung.
Seit dem 1. Mai 2010 ist insofern die VO Nr. 883/2004 (vgl. zum Inkrafttreten Art. 90 Abs. 1, Art. 91 VO Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 97 der Verordnung [EG] Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009) maßgeblich, welche seit dem 1. April 2012 auch für die S anwendbar ist (Anhang II des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Serischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit). Der sachliche Geltungsbereich dieser Verordnung erstreckt sich nach Art. 3 Abs. 1 lit. a) u.a. auf Leistungen bei Krankheit, zu denen der EuGH in mittlerweile ständiger Rechtsprechung (vgl. bspw. Urteil vom 5. März 1998 – C-160/96 – juris, Rn. 25; Urteile vom 8. Juli 2004 – C-502/01– und – C-31/02–, juris; Urteil vom 30. Juni 2011 – C-388/09 – juris, Rn. 42 ff., vgl. nun auch Art. 1 lit. va) i) VO Nr. 883/2004) auch Leistungen bei Pflegebedürftigkeit zählt. Auf die streitige Leistung der Pflegeversicherung findet damit insbesondere das Kapitel 1 des Titels III der VO Nr. 883/2004 Anwendung (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Februar 2020 – a.a.O., Rn. 25; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. März 2021 – L 5 P 69/20 – juris, Rn. 37).
Aus den anwendbaren gemeinschaftsrechtlichen Kollisionsregelungen lässt sich keine Leistungsberechtigung des Klägers gegenüber der Beklagten herleiten. Ein Versichertenstatus des Klägers in der BRD wird durch die Regelungen der VO Nr. 883/2004 nicht begründet. Vielmehr bleibt es aufgrund der Beschäftigung seines Vaters als Grenzgänger in der S bei der nationalen Zuständigkeit des Ser Staates und des dortigen Trägers. Denn nach Art. 11 Abs. 3 lit a) VO Nr. 883/2004 unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung ausübt, abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen (Art. 12 bis 16 VO Nr. 883/2004) grundsätzlich den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats. Der Kläger, der als Familienangehöriger in den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung miteinbezogen ist (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 1 lit. i VO Nr. 883/2004), konnte Ansprüche gegen die Beklagte als Träger des Wohnmitgliedstaates deshalb nur im Rahmen der Leistungsaushilfe gemäß Art. 17 VO Nr. 883/2004 erheben. Der streitgegenständliche Zahlungsanspruch der Verhinderungspflege fällt jedoch nicht unter die im Wege der Leistungsaushilfe zu erbringenden Sachleistungen.
Nach Art. 17 VO Nr. 883/2004 erhalten Versicherte oder ihre Familienangehörigen, die in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedsstaat wohnen, Sachleistungen, die vom Träger des Wohnortes nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften für Rechnung des zuständigen Trägers erbracht werden, als ob sie nach diesen Rechtsvorschriften versichert wären. Demgegenüber werden Geldleistungen solchen Versicherten und ihren Familienangehörigen nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 883/2004 vom zuständigen Träger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften erbracht. Hieraus folgt, dass die Leistungszuständigkeit der Beklagten und die Anwendung deutschen Rechts davon abhängen, ob die Verhinderungspflege als Sach- oder Geldleistung einzuordnen ist. Denn für die Gewährung von Geldleistungen wäre der Träger der Serischen Krankenversicherung (hier die V) zuständig. Lediglich für Sachleistungen besteht ein Anspruch gegen die Beklagte als aushelfendem Träger.
Da es um die Auslegung von Begrifflichkeiten einer Verordnung der EU geht, ist die Abgrenzung zwischen Sach- und Geldleistung vorliegend nicht anhand der Kriterien des innerstaatlichen Rechts, sondern im Kontext des Gemeinschaftsrechts vorzunehmen (sog. gemeinschaftsrechtsautonome Auslegung, vgl. EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 – C-208/07 – juris, Rn. 48; Leopold, in: Rolfs/Giesen/Meßling/Udsching, BeckOK, Stand: März 2022, Art.1 VO [EG] Nr. 883/2004, Rn. 105; Bieback, in: Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 7. Auflage 2018, Art 17 VO [EG] Nr. 883/2004, Rn. 5; Schreiber, SGb 2022, 267, 268). Eine ausdrückliche gemeinschaftsrechtliche Zuordnung gibt es für nationale Leistungen der Verhinderungspflege nicht. Nach der durch VO (EG) 988/2009 (ABl. 2009 L 284, 43) zum 1. Mai 2010 eingefügten Definition des Art. 1 lit. va) i) VO Nr. 883/2004 bezeichnen Sachleistungen im Bereich der Leistungen bei Krankheit (Titel III Kapitel 1) solche, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats vorgesehen sind und die den Zweck verfolgen, die ärztliche Behandlung und die diese Behandlung ergänzenden Produkte und Dienstleistungen zu erbringen bzw. zur Verfügung zu stellen oder direkt zu bezahlen oder die diesbezüglichen Kosten zu erstatten; dazu gehören auch Sachleistungen bei Pflegebedürftigkeit. Der gemeinschaftsrechtliche Begriff der Sachleistung schließt danach auch solche Leistungen ein, die durch Zahlung des verpflichteten Trägers, insbesondere in der Form der Kostenübernahme oder -erstattung, erbracht werden (so bereits zu den Vorgängerregelungen der VO [EWG] Nr. 1408/17: EuGH, Urteil vom 5. März 1998 – a.a.O., Rn. 31 f.; Senatsurteil vom 18. Juli 2014 – L 4 P 5119/11 – juris, Rn. 28; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. März 2014 – L 10 P 7/14 – juris, Rn. 23). Hierunter fallen grundsätzlich auch Pflegeversicherungsleistungen, die in der Erstattung der durch die Pflegebedürftigkeit entstandenen Kosten bestehen und die häusliche Pflege des Versicherten decken sollen (EuGH, Urteil vom 5. März 1998 – a.a.O.; Urteil vom 12. Juli 2012 – C-562/10 – juris, Rn. 46; BSG, Urteil vom 28. September 2006 – B 3 P 3/05 R – juris, Rn. 10). Entscheidend ist dabei der Leistungszweck, sodass von einer Sachleistung auszugehen ist, wenn diese der Sicherstellung der Pflege und Versorgung als solcher dient, unabhängig davon ob sie in Form von Geld gewährt wird (Janda, ZESAR 2016, 307, 309). Demgegenüber ist das Pflegegeld im Kontext der VO Nr. 883/2004 als (exportfähige) Geldleistung bei Krankheit zu qualifizieren, auch wenn es bestimmte Kosten decken soll, die durch die Pflegebedürftigkeit verursacht werden (ständige Rechtsprechung, vgl. bspw. EuGH, Urteil vom 5. März 1998 – a.a.O., Rn. 33 ff.; EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 – C-388/09 – juris, Rn. 43 ff. m.w.N.; Senatsbeschluss vom 13. Februar 2020 – a.a.O., Rn. 25; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. März 2021 – a.a.O., Rn. 41). Zwar erfasst der durch die Verordnung nicht definierte Begriff der Geldleistung typischer Weise Leistungen, die Lohnersatzfunktion haben oder reine Zahlungspflichten betreffen, wie etwa die Entrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen für Pflegepersonen (EuGH, Urteil vom 5. März 1998 – a.a.O., Rn. 31; EuGH, Urteil vom 8. Juli 2004 – C-31/02 – juris, Rn 20 ff.; Bieback, a.a.O., Rn. 4), was beides beim Pflegegeld nicht der Fall ist. Da das Pflegegeld aber unabhängig von einem Nachweis tatsächlich angefallener Kosten periodisch als fester Betrag ausgezahlt und der Begünstigte über die Zahlung weitgehend frei verfügen kann, weist es Merkmale auf, die es entscheidend von den Sachleistungen der Krankenversicherung unterscheidet (EuGH, Urteil vom 5. März 1998 – a.a.O.).
Im Lichte dieser Rechtsprechung des EuGH ist der Zahlungsanspruch bei Verhinderungspflege zur Überzeugung des Senats nach den dargestellten Grundsätzen gemeinschaftsrechtlich nicht den Sachleistungen, sondern den Geldleistungen zuzuordnen. Denn es handelt sich um ein zeitlich begrenztes, auf Geldzahlung gerichtetes Surrogat für das Pflegegeld, das sich aufgrund der weitgehenden Freiheit des Begünstigten bei der Gestaltung der Ersatzpflege im Überbrückungszeitraum – ähnlich wie das Pflegegeld – von den Sachleistungen bei Pflegebedürftigkeit erheblich unterscheidet, auch wenn diese in Form einer Kostenerstattung erbracht werden.
(1) Ausgangspunkt für die gemeinschaftsrechtliche Beurteilung des Rechtscharakters der Leistung ist der konkrete Inhalt und die Ausgestaltung der Verhinderungspflege durch die nationale Rechtsordnung. Insoweit war der erkennende Senat im Zusammenhang mit der Auslegung von § 34 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI in seinem Urteil vom 18. Juli 2014 (– L 4 P 5119/11– juris entgegen seiner früheren Rechtsprechungstendenz, vgl. Urteile vom 11. Mai 2007 – L 4 P 2963/06 – und – L 4 P 2828/06 – juris) noch davon ausgegangen, dass es sich bei der Verhinderungspflege gemäß § 39 SGB XI um eine Sachleistung handle. Hintergrund dieser Entscheidung war - wie der Senat ausdrücklich ausführte (a.a.O., Rn. 25) -, dass zum damaligen Zeitpunkt innerhalb des nationalen Leistungssystems des SGB XI das Verhältnis der Verhinderungspflege zu den Geldleistungen nach §§ 37, 38 SGB XI und zu den Sachleistungen nach § 36 SGB XI noch nicht abschließend geklärt war. Die nachfolgende Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 20. April 2016 – B 3 P 4/14 R – juris) hat eine grundsätzliche Klärung der systematischen Stellung und Funktion der Verhinderungspflege im Leistungsgefüge des SGB XI sowie ihres Leistungsinhalts gebracht. Danach ist die Leistung der Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI vor allem durch zwei Merkmale charakterisiert: Zum einen ist sie in allen Varianten als reiner Kostenerstattungsanspruch ausgestaltet (BSG, a.a.O., Rn. 29). Der Versicherte beschafft sich also die benötigten Leistungen selbst und stellt die Aufwendungen dann bis zum vorgesehenen Höchstbetrag der Pflegekasse in Rechnung. Nach Normzweck und Regelungsgeschichte kann die Verhinderungspflege dabei nicht als Sachleistung beansprucht werden, sodass bei ihr wie beim Pflegegeld regelmäßig nur Geld gezahlt wird (Linke, a.a.O., Rn 16; Wahl, a.a.O., Rn. 2 und 8; Padé, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, Stand: Mai 2022, § 34 SGB XI, Rn. 19). Andererseits treten die Leistungen der Verhinderungspflege nach Zweck und Ausgestaltung ausschließlich an die Stelle des Pflegegeldes und haben insoweit die Funktion eines Surrogats (BSG, a.a.O., Rn. 23, 25; Wiegand, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, Stand: Oktober 2021, § 39 Rn. 30). Dies gilt sowohl für den Anspruch nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB XI in Höhe des Höchstsatzes für (insbesondere erwerbsmäßige) Ersatzpflege, als auch für den Anspruch nach § 39 Abs. 3 SGB XI in Höhe des Pflegegeldes zuzüglich der Mehraufwendungen. Denn die Ersatzpflege dient der Entlastung pflegender Angehöriger und ist darauf gerichtet, den Ausfall einer nicht erwerbsmäßigen Pflegeperson zu kompensieren (Wahl, a.a.O., Rn. 2; Janda, a.a.O., 310). Die Leistung setzt deshalb voraus, dass der Pflegebedürftige seine Pflege zumindest zum Teil mithilfe einer selbstbeschafften Pflegeperson im Sinne von § 19 Satz 1 SGB XI sicherstellt, und knüpft an die Verhinderung dieser Pflegeperson an. Bei der Verhinderung von im Rahmen der Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI tätigen Pflegekräften kann ein Bedarf für eine entsprechende Leistung nicht entstehen. Soweit nämlich der Pflegebedürftige einen zugelassenen Leistungserbringer (Pflegedienst, Pflegekraft oder professionelle Einzelperson im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB XI) mit der Durchführung der Pflege beauftragt hat, haben dieser Leistungserbringer bzw. die Pflegekasse dafür Sorge zu tragen, dass auch bei Urlaub, Krankheit oder anderen Umständen die vertraglich übernommene Verpflichtung erfüllt und die Sachleistung der häuslichen Pflegehilfe weiter erbracht wird (Senatsurteil vom 11. Mai 2007 – L 4 P 2963/06 – juris, Rn. 24; Senatsurteil vom 11. Mai 2007– L 4 P 2828/06 – juris, Rn. 18; Wiegand, a.a.O., Rn. 19; Leitherer, a.a.O., Rn. 9). Die Leistungen der Verhinderungspflege ersetzen daher grundsätzlich nur das Pflegegeld und keine Pflegesachleistung (BSG, Urteil vom 20. April 2016 – a.a.O., juris Rn. 29). Sie treten darüber hinaus als Surrogat an die Stelle des Pflegegeldes, da der Anspruch gemäß § 39 SGB XI in der Regel einen Anspruch auf Pflegegeld nach § 37 Abs. 1 SGB XI für denselben Zeitraum ausschließt (BSG, a.a.O.; Urteil vom 17. Januar 1996 – a.a.O., Rn. 14). Dies wird letztlich durch die Regelung des § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB XI deutlich, wonach während einer Verhinderungspflege die Hälfte des Pflegegeldes nur für bis zu 4 Wochen je Kalenderjahr weitergewährt wird. Diese Fortzahlung dient nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/9369, S.40) dabei - anders als das Pflegegeld und das Verhinderungspflegegeld - nicht unmittelbar der Sicherstellung der Pflege, sondern der Aufrechterhaltung der Beziehung zwischen dem Pflegebedürftigen und der ihn pflegenden Person über die kurzzeitige Unterbrechung hinaus.
(2) Ausgehend hiervon ist der Senat mit dem BSG (Urteil vom 20. April 2016 – a.a.O., Rn. 33 ff.) der Auffassung, dass die Leistungen der Verhinderungspflege aufgrund dieser Merkmale im Lichte der dargestellten Rechtsprechung des EuGH zu Art. 17 und 21 VO Nr. 883/2004 (vormals Art. 19, 22 VO [EWG] 1408/71) und Art. 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV - früher Art. 49 EG) als Geldleistung zu qualifizieren sind. Zwar werden Kosten für die Ersatzpflege nur bei Verhinderung der Pflegeperson erstattet und die Zahlung der Pflegekasse setzt einen Verwendungsnachweis voraus, womit es sich im Unterschied zum Pflegegeld nicht um eine regelmäßig in gleicher Höhe periodisch wiederkehrende Leistung handelt. Jedoch werden die Leistungen der Verhinderungspflege nur als Geldersatz erbracht. Sie treten vorübergehend an die Stelle des Pflegegelds, das europarechtlich den Geldleistungen zugeordnet ist, und stehen in keinem Zusammenhang mit einer Pflegesachleistung. Der Zahlungsanspruch der Verhinderungspflege stellt insofern keine sachleistungsersetzende Kostenerstattung, sondern ein ohne Weiteres exportierbares Geldleistungssurrogat dar. Dies rechtfertigt es, die finanziellen Leistungen der Verhinderungspflege als lediglich temporäre Ersatzleistung der eigentlichen Leistung des Pflegegeldes im Rahmen der Rechtsprechung des EuGH zur Exportierbarkeit von Geldleistungen der sozialen Pflegeversicherung gleichzustellen (so auch: Janda, a.a.O., 310; Padé, SGb 2017, S. 348, 351; Baumeister, in: Rolfs/Giesen/Meßling/Udsching, BeckOK Sozialrecht, Stand: März 2022, § 34 SGB XI Rn. 10a; Reissenberger-Safadi, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, Stand: Dezember 2021, § 34 SGB XI Rn.11; Lungstras, in: Udsching/Schütze, SGB XI, 5. Auflage 2018, § 34 Rn. 4; Bieback, a.a.O., Rn.6). Denn es ist zu berücksichtigen, dass die Leistungen bei Pflegebedürftigkeit zwar mangels eigenständiger gemeinschaftsrechtlicher Regelung in der Rechtsprechung des EuGH den „Leistungen bei Krankheit“ im Sinne der VO Nr. 883/2004 gleichgesellt werden, gleichwohl aber relevante Unterschiede zwischen diesen Leistungen bestehen, insbesondere im Hinblick darauf, dass die das Risiko der – in der Regel lange andauernden – Pflegebedürftigkeit betreffenden Leistungen anders als Leistungen der Krankenbehandlung grundsätzlich nicht darauf angelegt sind, für kurze Zeit gezahlt zu werden (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – C-562/10 – juris, Rn. 51). Dieser Dauercharakter der Leistungen bei Pflegebedürftigkeit gebietet es nach Auffassung des Senats, bei der gemeinschaftsrechtlichen Beurteilung des Rechtscharakters der Leistung auf den Kerncharakter der Gesamtleistung abzustellen, weil es andernfalls bei kurzzeitiger Inanspruchnahme von Surrogats- und Überbrückungsleistungen zu sich wiederholenden Wechseln zwischen den anwendbaren Rechtsordnungen käme, wie sie in den Kollisionsregelungen der VO Nr. 883/2004 nicht vorgesehen sind (vgl. den Grundsatz des einheitlichen Sozialrechtstatus in Art 11 Abs. 1 VO Nr. 883/2004). So würde der Kläger zwar bei selbstorganisierter Pflege das Pflegegeld als Hauptleistung nach Art 21 VO Nr. 883/2004 dauerhaft vom zuständigen Träger im Ausland beziehen (falls nach dessen Rechtsordnung eine solche Geldleistung vorgesehen ist), bei vorübergehender Verhinderung seiner Pflegeperson aber die Ersatzpflege (im Falle der Einstufung als Sachleistung) gemäß Art. 17 VO Nr. 883/2004 auch für einen nur kurzfristigen Überbrückungszeitraum von der Beklagten im Wege der Leistungsaushilfe erhalten. Für einen solchen Zuständigkeitswechsel besteht auch nach dem Gemeinschaftsrecht jedenfalls dann kein sachlicher Grund, wenn es sich bei der Überbrückungsleistung – wie im Fall der streitigen Verhinderungspflege – um eine prinzipiell exportierbare Geldzahlung handelt. Die Verhinderungspflege als temporäre Überbrückungsleistung teilt aufgrund ihrer Surrogatsfunktion mithin den Rechtscharakter der Hauptleistung.
(3) Davon abgesehen rechtfertigt die rechtliche Ausgestaltung der Verhinderungspflege nicht nur, sie als Surrogat des Pflegegeldes einzuordnen, sondern auch, sie an der gemeinschaftsrechtlichen Charakterisierung als Geldleistung teilhaben zu lassen (vgl. Reimers, in: Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: Februar 2018, § 39 Rn. 5b). Denn die Leistung unterscheidet sich vom Pflegegeld allein dadurch, dass der Pflegebedürftige den Geldersatz nicht als wiederkehrende Geldleistung, sondern nur auf Nachweis der durch die Beschaffung der Ersatzpflege entstandenen Kosten erhält (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996 – 3 RK 4/95 – Rn. 19). Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Begünstigte bei der Organisation der Ersatzpflege und Verwendung der Mittel über weitgehende, für Sachleistungen untypische Gestaltungsfreiheiten verfügt. Denn im Rahmen von § 39 SGB XI ist ihm die Entscheidung überlassen, in welcher Form und wo die Ersatzpflege stattfindet und wer die Pflege durchführt (BSG, Urteil vom 6. Juni 2012 - B 3 P 2/02 R – juris, Rn. 21; Wiegand, a.a.O., Rn. 31). Er hat die Wahl zwischen häuslicher und außerhäuslicher Pflege, zwischen zugelassenen Pflegeeinrichtungen (Pflegedienst, Pflegeheim) und nicht zugelassenen Anbietern (gewerbliche Pflegedienstleister, Behinderteneinrichtungen i.S. des § 71 Abs. 4 SGB XI) sowie zwischen professioneller und ehrenamtlicher Pflege. Die Schaffung eines aufwändigen Sachleistungssystems ist zur Gewährung von Leistungen der Verhinderungspflege damit nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 20. April 2016 – a.a.O., Rn. 36). Auch inhaltlich sind die Leistungen der Verhinderungspflege nicht auf die eigentliche Pflege, wie die im Einzelfall erforderlichen verrichtungsbezogenen Pflegemaßnahmen, Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung beschränkt, sondern umfassen jeden durch die Pflegebedürftigkeit bedingten Aufwand, der durch den Ausfall der Pflegeperson erforderlich wird (BSG, Urteil vom 20. April 2016 – a.a.O., Rn. 13 und 30; Wahl, a.a.O., Rn. 11). Damit handelt es sich bei der Verhinderungspflege im Kern um eine finanzielle Unterstützung, die es dem Begünstigten ermöglichen soll, das bisherige Betreuungsniveau weitgehend aufrecht zu erhalten und damit den Lebensstandard während der Überbrückungsphase zu wahren (vgl. Janda, a.a.O., 310; Wahl, a.a.O., Rn. 2). Die Leistungshöhe richtet sich auch nicht nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit, sondern ist vielmehr pauschal zeitlich und betragsmäßig begrenzt. Dies alles rückt die Leistung der Verhinderungspflege inhaltlich in die Nähe zur Geldleistung des Pflegegeldes und rechtfertigt im Hinblick auf die dargestellte Rechtsprechung des EuGH die Qualifizierung als exportfähige Geldleistung (vgl. Reissenberger-Safadi, a.a.O., Rn.11).
(4) Der Senat sieht die gefundene Auslegung auch durch das Gemeinsame Rundschreiben des GKV Spitzenverbandes, der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland - und den Verbänden der Pflegekassen auf Bundesebene zu Leistungen der Pflegeversicherung bei Auslandsaufenthalt vom 13. Februar 2018 bestätigt. Denn dieses geht unter 7.3. ebenfalls davon aus, dass die häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson nach § 39 SGB XI eine Geldleistung im Sinne der VO (EG) 883/04 darstellt und als solche im Rahmen der Leistungsaushilfe auch dann nicht erbracht werden kann, wenn nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates die Zahlung einer Geldleistung wegen Pflegebedürftigkeit nicht vorgesehen ist.
dd) Schließlich folgt auch nichts anderes aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 VO Nr. 883/2004. Dort ist lediglich angeordnet, dass Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates haben, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist. Das ist hier aber durch Art. 21 VO Nr. 883/2004 gerade geschehen, der die allgemeine Regelung des Art. 4 VO Nr. 883/2004 insoweit verdrängt (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Februar 2020 – a.a.O., Rn. 26). Hierin liegt weder eine unzulässige Diskriminierung (Art. 18, 45 Abs. 2 AEUV) noch eine ungerechtfertigte (systemwidrige) Ungleichbehandlung (Art. 20 der Grundrechtecharta der EU, Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG). Auch wenn im Ser Recht finanzielle Hilfen für den Fall der Verhinderung einer Pflegeperson nicht vorgesehen sind und der Kläger der Verhinderungspflege gemäß § 39 SGB XI entsprechende Geldleistungen deshalb vom zuständigen Versicherungsträger (V) nicht beziehen kann, beruht dies nicht auf seiner Staatsangehörigkeit, sondern ist allein Folge davon, dass der Kläger bei einem Ser Versicherungsträger gegen das Risiko der Krankheit und Pflegebedürftigkeit versichert ist. Dem Gemeinschaftsrecht kommt auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit nur die Funktion zu, die unterschiedlichen nationalen Gesundheitssysteme zu koordinieren, nicht hingegen sie zu harmonisieren (Art. 48 AEUV; vgl. Bassen, NZS 2010, 479 ff. m.w.N.) Da es die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer sozialen Sicherungssysteme unberührt lässt, dürfen die nationalen Leistungssysteme formelle und materielle Unterschiede aufweisen (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 – C-208/07 – juris, Rn. 84; EuGH, Urteil vom 28. April 1998 – C-158/96 – juris, Rn. 17 f.; BSG, Urteil vom 20. April 2016 – a.a.O., Rn. 34). Weder das Primärrecht noch die Koordinierungsregelungen der VO Nr. 883/2004 garantieren vor diesem Hintergrund einem Versicherten, dass die Wahl seines Wohnsitzes oder Arbeitsplatzes in Bezug auf Leistungen bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit neutral ist. Aufgrund der Unterschiede, die in diesem Bereich zwischen den Systemen und den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bestehen, können bei grenzüberschreitenden Sachverhalten vielmehr finanzielle Vorteile oder Nachteile eintreten, die gemeinschaftsrechtlich grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – C-562/10 – juris, Rn. 57).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.