1. Der Anspruch auf Hinterbliebenenrente ist ein eigenständiger Rechtsanspruch.
2. Verwaltungen und Gerichte haben im Rahmen des Hinterbliebenenrentenanspruchs neu zu prüfen, ob bei dem verstorbenen Versicherten ein Versicherungsfall vorgelegen hat und er infolgedessen verstorben ist.
2. Bescheide und gerichtliche Entscheidungen, die gegenüber dem verstorbenen Versicherten selbst ergangen sind, entfalten keine Bindungswirkung gegenüber den Hinterbliebenen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Anerkennung bzw. Ablehnung des Versicherungsfalles als auch hinsichtlich der Feststellung oder Ablehnung von Verletzungsfolgen (hier: Schluckbeschwerden nach Schädel-Hirnverletzung).
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Fuldas vom 16. Dezember 2019 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, Ehefrau des 1941 geborenen und 2012 verstorbenen Versicherten B. A., begehrt Rente als Hinterbliebene.
Der Versicherte erlitt am 4. Juli 2007, um 11:30 Uhr, als versichertes Familienmitglied auf dem landwirtschaftlichen Hof seines Neffen beim Entfernen von Spinnweben und Schmutz von der Wand der Getreidehalle einen Unfall. Er fiel von der Leiter und zog sich hierbei ein Schädelhirntrauma zu mit großer rechts frontaler Kontusionsblutung und Galeahämatom.
Mit Bescheid vom 19. Februar 2008 gewährte die Beklagte eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 100 von Hundert auf Grund der Unfallverletzung „schwere Schädel-Hirnverletzung mit intracranieller Blutung“ und den Unfallfolgen „organisches Psychosyndrom, linksbetonte Tetraparese, Schluckbeschwerden, Stuhl- und Urininkontinenz“. Nicht anerkannt wurden als Unfallfolgen „Zustand nach Hirninfarkt, Niereninsuffizienz, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Adipositas“.
Mit Bescheid vom 17. April 2009 bewilligte die Beklagte dem Versicherten zudem Pflegegeld auf Grund des Zustandes nach Schädel-Hirn-Trauma. Ab 27. August 2012 übernahm sie die Kosten für die Unterbringung des Versicherten in eine Pflegeeinrichtung (Schreiben vom 23. August 2012).
Nachdem der Versicherte am 5. September 2012 verstorben war, beantragte die Klägerin Hinterbliebenenleistungen bei der Beklagten.
Der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. D., führte in seiner Stellungnahme vom 8. November 2012 aus, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem eingetretenen Tod und den bestehenden Unfallfolgen sei nicht wahrscheinlich, denn die verbliebenen Unfallfolgen (Zustand nach Schädelhirnverletzung) zeigten entsprechend den vorliegenden Berichten des Neurologen Dr. E. einen konstanten Verlauf. Die bekannten unfallunabhängigen Erkrankungen seien indes erheblich und wahrscheinlich Todesursache. Mit Bescheid vom 2. Mai 2013 gewährte die Beklagte der Klägerin eine einmalige Hinterbliebenenbeihilfe in Höhe von 4.900,16 Euro. Einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente lehnte sie ab. Der Versicherte sei nicht an den Unfallfolgen (Zustand nach Schädel-Hirn-Verletzung) gestorben, sondern an Herzversagen.
Die Klägerin erhob Widerspruch und legte den Bericht des Klinikums Fulda, Medizinische Klinik III, vom 6. September 2012 vor sowie einen Bericht des Hausarztes des Versicherten, des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. v. F., vom 3. Juni 2014. Die Ärzte des Klinikums Fulda, Direktorin der Klinik Prof. Dr. G., Oberarzt PD Dr. H., Assistenzarzt J., stellten als Hauptbehandlungsdiagnose fest, „Exitus letalis bei therapierefraktär V. a. Pneumonie, a. e. im Rahmen einer Aspirationspneumonie“. Dr. v. F. teilte in seinem Bericht vom 3. Juni 2014 mit, der Versicherte habe sich während seiner letzten 19 Lebensmonate insgesamt 11mal in stationärer Akutbehandlung befunden und zwar aus unterschiedlichsten Behandlungsanlässen. Allein diese Tatsache dokumentiere, dass es sich hier um einen multimorbiden, am Ende bettlägerigen und schwerstpflegebedürftigen Patienten gehandelt habe, der, wie in solchen Fällen häufig, an einer Lungenentzündung/Aspiration verstorben sei. Ursächlich für diesen multimorbiden Zustand seien sicherlich neben den Folgen des Arbeitsunfalles auch seine gesamte Gefäßsituation mit Blutungsneigung, Zustand nach Hirninfarkt, der jahrelange Diabetes (bei Adipositas) mit Infektanfälligkeit (pulmonal, enteral urogenital) und die labile arterielle Hypertonie mit Blutdruckentgleisungen. Auch die cerebrale Anfallsneigung habe schon seit dem Hirninfarkt im Februar 2005 bestanden. Schließlich spiele bei einem 71jährigen Patienten, der seinen jahrelang suboptimal geführten Diabetes nachweislich schon vor der Behandlungsübernahme im März 1997 (mehr als 15 Jahre) hatte, auch der Alterungsprozess eine maßgebliche Rolle. Aus diesen genannten Umständen sei eine genaue Trennung und prozentuale Bezifferung der am Tode beteiligten Ursachen kaum möglich und müsse in jedem Fall „subjektiv“ bleiben.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. D. vom 8. Dezember 2014 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2015 zurück. Auf Grund der vielfältigen unfallfremden Erkrankungen, bei denen auch die schlechte Gesundheitssituation wegen Diabetes mit pulmonaler Infektanfälligkeit eine wesentliche Rolle gespielt habe, könne der Nachweis nicht geführt werden, dass die Unfallfolgen wahrscheinlich die wesentliche Todesursache gewesen sind.
Die Klägerin hat beim Sozialgericht Fulda (Sozialgericht) am 2. März 2015 Klage erhoben und vorgetragen, es sei nicht auszuschließen, dass ihr Ehemann an den Folgen des Unfalls verstorben sei.
Das Sozialgericht hat die Krankenunterlagen des Klinikums Fulda über die stationären Aufenthalte des Versicherten in den Jahren 2011 und 2012 zum Verfahren beigezogen und von Amts wegen nach Aktenlage zur Ermittlung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Tod des Versicherten und den Folgen des Arbeitsunfalls ein Gutachten von dem Facharzt für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin Dr. K., Gutachten Institut C-Stadt, vom 18. Mai 2017 sowie eine ergänzende Stellungnahme dieses Sachverständigen vom 14. August 2019 eingeholt. Der Sachverständige hat u. a. ausgeführt, da eine Obduktion nicht durchgeführt worden sei, könne die Diagnose der Todesursache nicht eindeutig benannt werden. Aufgrund der Befunddokumentation sei allerdings davon auszugehen, dass bei dem verstorbenen Versicherten eine Lungenentzündung die wesentliche Todesursache dargestellt habe. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Tod und Unfall könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit positiv festgestellt werden. Theoretisch sei es möglich, dass aufgrund der Einschränkung der Bewegungsfähigkeit des Versicherten das Risiko für das Auftreten einer Lungenentzündung erhöht gewesen ist. Andererseits sei darauf zu verweisen, dass bei dem Versicherten seit dem Unfallereignis nur einmalig eine Lungenentzündung aufgetreten ist, wobei es sich auch um eine schicksalhafte Lungenentzündung gehandelt haben könnte. Insgesamt sei es nicht möglich, mit einer ausreichenden Sicherheit den Zusammenhang zwischen der eingeschränkten bzw. aufgehobenen Mobilität und der bei dem Kläger letztendlich zum Tode führenden Lungenentzündung herzustellen. Ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis bzw. seinen Folgen lasse sich auch nicht über eine Schluckstörung, die ein Verschlucken von Speichel oder Lebensmitteln auslösen könnte, und der zum Tode führenden Lungenentzündung positiv feststellen. In dem Krankenhausentlassungsbericht des Klinikums Fulda vom 6. September 2012 werde davon ausgegangen, dass die Lungenentzündung Folge eines Verschluckens von Lebensmitteln bzw. von Speichel in die Luftröhre gewesen sei. Eine solche mit Bakterien besiedelte Einbringung von Fremdkörpern in die Bronchien bzw. die Lunge könne zu einer Lungenentzündung führen (Aspirationspneumonie). Dagegen spreche aber, dass aus den vorliegenden Unterlagen wie der Dokumentation der Pflegeanamnese vom 19. Mai 2011, dem Pflegeüberleitungsbogen vom 10. Mai 2012 und der Dokumentation des Anamnese- und Untersuchungsbogens vom 19. Juli 2012 eindeutig hervorgehe, dass ein erhöhtes Risiko für ein Verschlucken bei dem Versicherten nicht vorgelegen habe. Sogar in dem logopädischen Befundbericht über den Zeitraum vom 9. Mai und 10. Mai 2012 werde eine relevante Schluckstörung ausgeschlossen, die das Risiko für das Auftreten einer durch Verschlucken ausgelösten Lungenentzündung als erhöht erklären könnte. Durch die Unfallfolgen sei auch nicht eine Lebenszeitverkürzung um mindestens 1 Jahr anzunehmen. Denn nach den Informationen aus den Krankenhausberichten im Jahr 2012 sei der Zustand des Versicherten während der gesamten Zeit bis zu seinem Tod weitestgehend stabil gewesen. Lediglich entzündliche Reaktionen, wie z. B. eine pathologische Besiedelung des Darms oder die entzündlichen Veränderungen der Lunge, hätten zu einer wohl vorübergehenden Verschlechterung des Allgemeinzustandes und des Wachheitsgrades geführt.
Auf Antrag der Klägerin hat das Sozialgericht ein weiteres Gutachten von Dr. L., Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie und Sozialmedizin, nach Aktenlage vom 17. Mai 2018 eingeholt. Dieser Sachverständige hat sich den Ausführungen des Beratungsarztes Dr. D. und des Vorgutachters Dr. K. angeschlossen. Der Tod des Versicherten sei nicht durch den Arbeitsunfall verursacht worden und habe dessen Lebenszeit auch nicht um wenigstens ein Jahr verkürzt. Der Tod sei vielmehr auf die unfallunabhängigen chronischen Gesamtleiden zurückzuführen. Im Vordergrund des letzten stationären Aufenthaltes werde man den moribunden Gesamtzustand als todesursächlich unter Berücksichtigung des Gesamtverlaufes ansehen müssen. Unter „normalen Bedingungen“ wäre eine Aspirationspneumonie dringlich zu behandeln gewesen. Dies habe der moribunde Gesamtzustand offensichtlich nicht mehr zugelassen. Die unterlassene Weiterbehandlung sei ethisch-medizinisch in Übereinstimmung mit den Angehörigen als vernünftig und richtig anzusehen.
Das Sozialgericht hat sodann von dem Seniorenpflegeheim Stiftung M. und der Caritas-Sozialstation D-Stadt Auskünfte dazu eingeholt, ob der Versicherte unter einer Schluckstörung gelitten hat. Die Caritas-Sozialstation hat dazu unter dem 26. März 2019 mitgeteilt, der Versicherte sei ambulant in der Zeit vom 26. November 2007 bis zum 15. August 2012 mit Grundpflege/Körperpflege versorgt worden. Getränke und Mahlzeiten seien oral von der Ehefrau angereicht worden. Schluckstörungen oder Vorfälle, die mit dem Verschlucken von Speisen oder Getränken einhergegangen seien, seien nicht bekannt. Nach Auskunft des Seniorenpflegeheims (Aufenthalt dort vom 29. August bis zum 31. August 2012) hat die Klägerin am Aufnahmetag mitgeteilt, dass der Versicherte „wohl“ Schluckprobleme habe. Da der Allgemeinzustand des Versicherten sehr schwach gewesen sei, sei es kaum möglich gewesen, (pürierte) Speisen anzureichen. Ausweislich des Pflegeberichtes habe sich der Versicherte am 31. August 2012 beim Anreichen von Wasser verschluckt.
Mit Urteil vom 16. Dezember 2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung, dass der Tod des Versicherten infolge des Arbeitsunfalles vom 4. Juli 2007 eingetreten sei, und demzufolge auch keinen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen. Dabei hat sich das Sozialgericht für die Feststellung, dass der Tod bei dem Versicherten nicht infolge des Arbeitsunfalles eingetreten sei, auf die insoweit übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. K. und Dr. L. sowie auf die Stellungnahmen des Beratungsarztes der Beklagten, Dr. D., und die Ausführungen des behandelnden Hausarztes Dr. v. F. gestützt.
Gegen das ihr am 18. Dezember 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. Januar 2020 Berufung beim Hessischen Landesozialgericht in Darmstadt eingelegt. Sie trägt vor, nach ihrer Auffassung hätten die Gutachter sowie auch das Sozialgericht verkannt, dass ihr verstorbener Ehemann über verstärkte Schluckbeschwerden geklagt habe und infolgedessen das Krankenhaus habe aufsuchen müssen. Davon habe der Hausarzt ihres Ehemannes die Beklagte am 23. Mai 2012 auch telefonisch unterrichtet. Diese Schluckbeschwerden seien als Unfallfolge anerkannt. Sie hätten nach wie vor bestanden, das könne sie bestätigen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 16. Dezember 2019 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2015 zu ändern, und die Beklagte zu verurteilen, ihr Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes B. A. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, ein Kausalzusammenhang zwischen den Unfallfolgen und dem Tod des Versicherten sei nicht hinreichend wahrscheinlich dargelegt. Über das Ausmaß von Schluckbeschwerden könne in den letzten Wochen und Monaten vor dem Tod des Versicherten keine Klarheit gewonnen werden, aus den Krankenhausunterlagen gingen derartige Probleme nicht hervor, auch die Caritas-Sozialstation habe solche Probleme nicht bestätigen können. Vielmehr sei der Allgemeinzustand des Versicherten so schwach gewesen, dass die Anreichung von Speisen kaum möglich gewesen sei.
Der Senat hat von dem Sachverständigen Dr. K. nochmals eine ergänzende Stellungnahme vom 14. Oktober 2021 zum Kausalzusammenhang eingeholt. Der Sachverständige ist bei seiner Einschätzung geblieben. In den Krankenhausunterlagen fänden sich keinerlei Hinweise für eine deutliche Gefahr eines Verschluckens oder eine relevante Schluckstörung. Er schließe sich im Übrigen Dr. L. insoweit an, dass der moribunde Gesamtzustand maßgeblich todesursächlich gewesen ist.
Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand sowie zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten (Band I – II), die Krankenhausunterlagen des Klinikums Fulda (4 Bände) sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten (Band I – VII) Bezug genommen, die zum Verfahren beigezogen worden sind.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das erstinstanzliche Urteil und der angefochtene Bescheid der Beklagten sind zu Recht ergangen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente, da der Tod ihres Ehemannes, des Versicherten B. A., nicht Folge des Arbeitsunfalles vom 4. Juli 2007 gewesen ist.
Der Anspruch auf Leistungen bei Tod setzt nach § 63 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) voraus, dass der Tod infolge eines Versicherungsfalles eingetreten ist. Der anerkannte Arbeitsunfall vom 4. Juli 2007 war nicht wesentliche (Mit)Ursache des Todes des Versicherten, denn dessen Tod ist hinreichend wahrscheinlich weder unmittelbare noch mittelbare Folge dieses Versicherungsfalls (vgl. dazu Riebel in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand August 2019, § 63 Rn. 18). Dabei kommt es nur darauf an, ob das konkrete, örtlich und zeitlich fixierte Todesereignis durch den Versicherungsfall bzw. seine Folgen verursacht worden ist, und nicht, ob ein, wenn auch gleichartiges, so doch örtlich oder zeitlich anders fixiertes, lediglich hypothetisches Todesereignis durch den Versicherungsfall verursacht sein würde (BSGE, 22, 200). Diese Voraussetzung für den Anspruch der Hinterbliebenen ist von dem Gericht unabhängig davon zu prüfen, welche Folgen von der Beklagten gegenüber dem Versicherten selbst als Unfallfolgen anerkannt worden sind. Denn Ansprüche auf Hinterbliebenenleistungen sind eigenständige Rechtsanprüche, die sich zwar vom Recht des Versicherten ableiten, aber hinsichtlich aller Voraussetzungen gesondert zu prüfen sind (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG - vgl. u. a. Urteil vom 10. August 2021 - B 2 U 2/20 R – juris). Gegenüber dem verstorbenen Versicherten ergangene Bescheide und gerichtliche Entscheidungen entfalten daher keine Bindungswirkung gegenüber den Hinterbliebenen. Das gilt sowohl hinsichtlich der Anerkennung bzw. Ablehnung des Versicherungsfalles als auch hinsichtlich der Feststellung oder Ablehnung der Verletzungsfolgen. Verwaltungen und Gerichte haben nach dem Tod des Versicherten neu zu prüfen, ob bei diesem ein Versicherungsfall vorgelegen hat und er infolgedessen verstorben ist (BSG, Urteil vom 12. Januar 2010 – B 2 U 21/08 R – juris; Riebel in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand August 2019, § 63 SGB VII, Rn. 14).
Für den Tod des Versicherten B. A. sind der Arbeitsunfall bzw. dessen Folgen nicht ursächlich gewesen.
Für die Kausalitätsfeststellung zwischen dem Tod des Versicherten und dem Versicherungsfall gilt wie für alle Kausalitätsfeststellungen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung der gegenüber dem Vollbeweis geringere Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit bzw. hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn deutlich mehr Indizien für als gegen den Ursachenzusammenhang sprechen und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - juris). Die Kausalitätsfeststellungen basieren auf der im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung. Danach geht es auf einer 1. Stufe der Kausalitätsprüfung um die Frage, ob ein Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinne vorliegt, d. h. - so die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - ob eine objektive Verursachung zu bejahen ist (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R - juris). Auf dieser Stufe der Tatsachenfeststellungen ist zudem zu prüfen, ob mehrere versicherte und nicht versicherte Ursachen zusammen objektiv wirksam geworden sind, ggf. sind deren Mitwirkungsanteile festzustellen (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R - juris). Beweisrechtlich ist zudem zu beachten, dass ein möglicherweise aus mehreren Schritten bestehender Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden muss (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a. a. O.) und dass die Anknüpfungstatsachen der Kausalkette im Vollbeweis vorliegen müssen (BSG, Beschluss vom 23. September 1997 - 2 BU 194/97 - Deppermann-Wöbbeking in: Thomann (Hrsg), Personenschäden und Unfallverletzungen, Referenz Verlag Frankfurt 2015, Seite 630). In einer 2. Stufe der Kausalitätsprüfung ist sodann die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die für den Erfolg rechtlich verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a. a. O.). Der Versicherte trägt dabei die Darlegungs-, Feststellungs- und Beweislast bezüglich der Glieder der Kausalkette und des Kausalzusammenhangs, da diese Tatsachen der anspruchsbegründenden Grundnorm zuzuordnen sind (Ricke in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand 1. Juli 2021, SGB VII, § 8 Rn. 263 ff).
Mit Dr. K. nimmt der Senat dabei an, dass der Versicherte, bei dem eine Obduktion nicht durchgeführt wurde, letztendlich an einer Lungenentzündung verstorben ist. Dies wird in dem Entlassungsbericht der Ärzte des Klinikums Fulda, der Direktorin Prof. Dr. G., Oberarzt PD Dr. H. und Assistenzarzt J., als finale Todesursache angegeben und ebenso von dem behandelnden Hausarzt des Versicherten, Dr. v. F., in dessen Bericht vom 3. Juni 2014 nachvollziehbar als eigentliche Todesursache beschrieben.
Die im Verfahren gehörten Ärzte, die Sachverständigen Dr. K. und Dr. L., der Beratungsarzt Dr. D. und der behandelnde Arzt Dr. v. F. haben im Ergebnis übereinstimmend und für den Senat überzeugend dargelegt, dass sich ein Zusammenhang zwischen dem Tod durch Lungenentzündung und den Folgen des Unfalls unter allen denkbaren Kausalketten nicht positiv feststellen lässt. Schon im naturwissenschaftlichen Sinne (1. Prüfungsstufe) sind der Unfall bzw. seine gesundheitlichen Folgen weder unmittelbar noch mittelbar hinreichend wahrscheinlich ursächlich oder mitursächlich für das konkrete, örtlich und zeitlich fixierte Todesereignis.
Die Folgen des Arbeitsunfalls sind weder unmittelbar noch mittelbar alleinige Ursache für die letztlich am 5. September 2012 zum Tode führende Lungenentzündung. Von dem Sachverständigen Dr. K. werden auf Grund der hier vorliegenden medizinischen Unterlagen und in Übereinstimmung mit den übrigen im Verfahren gehörten Ärzten als Unfallfolgen benannt die Lähmung aller 4 Extremitäten des Versicherten, eine Hirnleistungsminderung, Orientierungsstörungen sowie eine mit Dauerkatheter versorgte Harninkontinenz bei neurogener Blasenentleerungsstörung. Sowohl in seinem Gutachten vom 18. Mai 2017 als auch in seiner Stellungnahme vom 14. August 2019 hat Dr. K. eingehend erörtert, ob diese Gesundheitsstörungen das Risiko der letztlich zum Tode führenden Lungenentzündung erhöht haben. Für den Senat überzeugend verneint der Sachverständige, dass die durch das Unfallereignis bedingte schwere Beeinträchtigung der Mobilität des Versicherten eine solche Risikoerhöhung bewirkt hat. Theoretisch – so Dr. K. – ist die Erhöhung des Risikos des Auftretens einer Lungenentzündung durch fehlende körperliche Beweglichkeit und fehlende Bewegung zwar möglich, da sich dadurch Sekret in den Atemwegen anstauen bzw. nicht adäquat abtransportiert werden kann. Im konkreten Fall gibt es indes nach Dr. K. keine Hinweise für eine überdurchschnittlich häufige Lungenentzündung bzw. überdurchschnittlich häufige Erkrankung der Atemwege. Ob die zum Tode führende Lungenentzündung mit Wahrscheinlichkeit durch die eingeschränkte Mobilität oder schicksalhaft verursacht worden sei, könne daher nicht eingeschätzt werden, zumal weitere Informationen notwendig wären, die sich nun (ohne Obduktion) nicht mehr aufklären ließen.
Auch ein Zusammenhang der zum Tode führenden Lungenentzündung als Folge der Einbringung von Fremdkörpern bzw. Bakterien in die Lunge durch Verschlucken von Lebensmitteln bzw. Speichel (Aspirationspneumonie) und der durch den Unfall erlittenen schweren Schädel-Hirn-Verletzung lässt sich nach den Ausführungen von Dr. K. nicht positiv feststellen. Für den Senat überzeugend hat der Sachverständige dargelegt, dass eine durch den Unfall bedingte relevante Schluckstörung, die das Verschlucken und damit die Lungenentzündung begünstigt hat, als Glied und Anknüpfungstatsache einer solchen Kausalkette, nicht nachgewiesen ist. Zutreffend hat die Klägerin zwar vorgetragen, dass die Beklagte in ihrem Bescheid an den Versicherten vom 19. Februar 2008 auch „Schluckbeschwerden“ anerkannt hat. Abgesehen davon, dass die Beklagte das Ausmaß dieser von ihr anerkannten Schluckbeschwerden nicht näher beschrieben hat, besteht wie oben ausgeführt bei der Prüfung des Hinterbliebenenanspruchs der Klägerin keine Bindung an diese gegenüber dem Versicherten getroffene Feststellung. Tatsächlich lässt sich bei dem Versicherten zum Zeitpunkt seines Todes bzw. in seinen gut dokumentierten letzten zwei Lebensjahren eine relevante Schluckstörung nicht feststellen. Dr. K. hat für diese Feststellung sorgfältig die Befunde und Pflegedokumentationen des Klinikums Fulda ausgewertet, in dem der Versicherte während seiner letzten 19 Lebensmonate insgesamt 11mal in stationärer Akutbehandlung war. Der Sachverständige verweist zutreffend darauf, dass aus der Pflegeanamnese vom 19. Mai 2011, dem Pflegeüberleitungsbogen vom 10. Mai 2012 sowie der Dokumentation des Anamnese- und Untersuchungsbogens vom 19. Juli 2012 eindeutig hervorgeht, dass ein Verschlucken nicht beobachtet wurde und dass bei der Nahrungszufuhr hierauf nicht gezielt zu achten gewesen sei. Zudem – darauf weist Dr. K. ebenfalls zu Recht hin – wird in dem logopädischen Befundbericht über den Zeitraum vom 9. Mai und 10. Mai 2012 eine relevante Schluckstörung, die das Risiko für das Auftreten einer Aspirationspneumonie als erhöht erklären könnte, ausgeschlossen. Gleiche Erkenntnisse ergeben sich aus den Pflegeberichten von April 2012 (28. April) und von Juli 2012 (23. Juli) sowie aus dem logopädischen Verlaufsbogen vom 25. August bis 29. August 2011. Damit im Einklang steht die von dem Sozialgericht eingeholte Auskunft der Caritas-Sozialstation, die den Versicherten ca. 5 Jahre, vom 26. November 2007 bis zum 15. August 2012, ambulant versorgt hat. So teilt diese unter dem 26. März 2019 mit, Vorfälle, die mit dem Verschlucken von Speisen oder Getränken einhergegangen sind, seien ihr in diesem Zeitraum nicht bekannt geworden. Der Versicherte habe bei Aufnahme der ambulanten Pflegeversorgung zwar eine PEG Anlage gehabt; diese sei jedoch nicht genutzt worden, da er hier schon Mahlzeiten und Getränke oral von seiner Ehefrau angereicht bekommen habe. Die Aufnahme der Mahlzeiten und Getränke ist dabei nach dem Erkenntnisstand der Caritas-Sozialstation ohne Schluckprobleme möglich gewesen. In der von dem Sozialgericht eingeholten Auskunft des Seniorenpflegeheims Stiftung M. vom 11. Oktober 2018 wird zwar ausgeführt, die Ehefrau habe am Aufnahmetag mitgeteilt, der Versicherte habe wohl Schluckprobleme und es gebe einen Eintrag, wonach sich der Versicherte beim Anreichen von Wasser mehrfach verschluckt habe. Allerdings hat sich der Versicherte in diesem Heim nur zwei Tage, vom 29. August bis zum 31. August 2012, aufgehalten, d. h. vor seiner letztmaligen Akutbehandlung im Klinikum Fulda und kurz vor seinem Tod. Nachvollziehbar wird in dieser Auskunft des Heims mitgeteilt, der Allgemeinzustand des Versicherten sei sehr schwach gewesen, so dass es in den zwei Tage kaum möglich gewesen sei, Speisen anzureichen. Durch die Beobachtungen kurz vor dem Tod des Versicherten ist der Nachweis einer relevanten unfallbedingten Schluckstörung nicht zur vollen Überzeugung des Senats erbracht.
Die Folgen des Unfalls sind auch nicht zusammen mit den hier vorliegenden unfallunabhängigen chronischen Erkrankungen des Versicherten hinreichend wahrscheinlich für dessen Tod (mit)ursächlich geworden. Auch unter diesem Ansatz scheitert die Annahme des Kausalzusammenhangs schon auf der 1. Prüfungsstufe. Der Senat stützt sich für diese Annahme auf die Ausführungen des behandelnden Arztes Dr. v. F., des Sachverständigen Dr. L. sowie des Beratungsarztes Dr. D., die, wenngleich mit unterschiedlichen Wertungen, zu demselben Ergebnis kommen, dass sich vorliegend im naturwissenschaftlichen Sinne hinreichend wahrscheinlich ein Mitwirkungsanteil der Unfallfolgen an dem konkreten Todesereignis positiv nicht feststellen lässt. Auch Dr. K. stimmt dieser Annahme in seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2021 zu.
Maßgebliche Grundlage für die Beurteilung der Mitursächlichkeit der Unfallfolgen ist der Bericht des behandelnden Hausarztes Dr. v. F. vom 3. Juni 2014, in dem dieser die näheren Todesumstände des Versicherten nach seinen Erkenntnissen auf Grund der jahrelangen Behandlung dargelegt hat. Der behandelnde Arzt kommt für den Senat nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass unter den gegebenen Umständen eine genaue Trennung und prozentuale Bezifferung der am Tode beteiligten Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinne) kaum möglich ist und in jedem Fall subjektiv bleiben muss. Allein die häufige Akutbehandlung des Versicherten während seiner letzten 19 Lebensmonate aus unterschiedlichen Behandlungsanlässen dokumentiere, dass es sich um einen multimorbiden, am Ende bettlägerigen und schwerstpflegebedürftigen Patienten gehandelt habe, der schließlich wie in solchen Fällen häufig, an einer Lungenentzündung/Aspiration verstorben sei. Ursächlich für diesen multimorbiden Zustand sind - so Dr. v. F. - neben den Folgen des Arbeitsunfalls auch die gesamte Gefäßsituation mit Blutungsneigung sowie der Zustand nach Hirninfarkt, der jahrelange Diabetes (bei Adipositas) mit Infektanfälligkeit (pulmonal, enteral urogenital), die labile arterielle Hypertonie mit Blutdruckentgleisungen (hyper- und hypoton), sowie die seit dem Hirninfarkt im Februar 2005 bestehende cerebrale Anfallsneigung. Schließlich spiele bei einem 71jährigen Patienten mit einem jahrelang suboptimal geführten Diabetes auch der Alterungsprozess eine maßgebliche Rolle. Dr. L. (Gutachten vom 17. Mai 2018) und Dr. D. (Stellungnahme vom 8. Dezember 2014) gehen mit Dr. v. F. davon aus, dass die letztlich zum Tod führende Lungenentzündung auf den zu diesem Zeitpunkt moribunden Gesamtzustand des Versicherten zurückzuführen ist. Diesen Zustand haben nach Dr. L. und Dr. D. indes allein die unfallunabhängigen Leiden bedingt. Der Bericht des behandelnden Arztes lasse ausschließlich den Rückschluss zu, dass schwerste chronische Erkrankungen außerhalb der Unfallschadenfolge zu den gehäuften stationären Akutbehandlungen des Versicherten in seinen letzten Lebensmonaten geführt haben. Die schwere Entwicklung der chronischen Erkrankung bis hin zu einem moribunden Gesamtzustand tritt nach Dr. L. in den Fokus; die Folgen des Arbeitsunfalls sind nach Auffassung des Sachverständigen hierin nicht integrierbar. Für die Einschätzung von Dr. L. und Dr. D. spricht, dass die verbliebenen Unfallfolgen in ihrem Verlauf nach den neurologischen Kontrolluntersuchungen durch den Neurologen Dr. E. sowie nach dem Bericht des Klinikums Fulda vom 6. September 2012 über die stationäre Behandlung des Versicherten vom 31. August 2012 bis zum 5. September 2012 keine bedeutsame Änderung erkennen lassen, worauf Dr. D. in seinen Stellungnahmen vom 8. November 2012 und vom 8. Dezember 2014 zutreffend hingewiesen hat. Letztlich kann dahinstehen, ob ein Einfluss der Unfallfolgen auf den konkreten Todeseintritt mit Dr. v. F. immerhin möglich ist, oder mit Dr. L. und Dr. D. gar nicht in Betracht kommt. Für den Senat überzeugend haben die Ärzte jedenfalls einen konkret abgrenzbaren Mitwirkungsanteil der Unfallfolgen an dem Todeseintritt verneint und damit auch Mitursächlichkeit unter dem zu fordernden Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit.
Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass auch die Unfallfolgen, vor allem die dadurch bedingte Immobilität des Versicherten, zu dessen geschwächtem multimorbiden Zustand im naturwissenschaftlichen Sinne hinreichend wahrscheinlich mitursächlich beigetragen haben, so käme mit Dr. L. und Dr. D. den zum Todeszeitpunkt bestehenden unfallunabhängigen chronischen Erkrankungen die überragende Bedeutung für den moribunden Zustand und damit den Eintritt der zum Tode führenden Lungenentzündung zu. Das im naturwissenschaftlichen Sinne dann als mitursächlich anzusehende Unfallereignis wäre dann jedenfalls nicht als wesentlich ursächlich anzusehen (2. Stufe der Kausalitätsprüfung).
Soweit auf der 1. Stufe die objektive Mitverursachung bejaht wird, indiziert dies nicht die rechtliche Wesentlichkeit (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R – juris). Die auf der 2. Prüfungsstufe der Kausalität zu prüfende Wesentlichkeit einer Bedingung ist eine reine Rechtsfrage (vgl. zur Theorie der wesentlichen Bedingung BSG, Urteil vom 30. März 2017 - B 2 U 6/15 R - juris Rdnr. 23 ff. m.w.N. aus der Rechtsprechung und Literatur). Welche Ursache im Einzelfall rechtlich wesentlich ist und welche nicht, muss nach der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs vom Rechtsanwender (Juristen) wertend entschieden werden und beantwortet sich nach dem Schutzzweck der jeweiligen Norm (grundlegend P. Becker, MedSach 2007, 92; Spellbrink, MedSach 2017, 51, 55). In die Bewertung fließt ein, ob die auf der ersten Stufe abschließend festgestellte faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der gesetzlichen Unfallversicherung verwirklicht hat. Ggf. hängt die Rechtserheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt (BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R – juris). Wesentlich ist dabei nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annährend gleichwertig“. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat.
Unter den gegebenen Umständen hat bzw. hätte sich mit dem konkreten Todeseintritt, auf den es ankommt, keine Risiko verwirklicht, das dem Schutzweck der Unfallversicherung zuzuordnen ist. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Unfallfolgen im medizinischen Sinne den konkreten Todeseintritt mindestens erheblich mitverursacht haben. Dies ist aber zu fordern, um die Entschädigungspflicht des Versicherungsträgers zu begründen (vgl. BSGE 22, 200). Vorliegend sind die unfallunabhängigen chronischen Erkrankungen des Versicherten im Todeszeitpunkt so ausgeprägt gewesen, dass ihnen im Hinblick auf den moribunden Zustand und letztlich die zum Tode führende Lungenentzündung die überragende Bedeutung zukommt. Die Feststellung, dass die Unfallfolgen im medizinischen Sinne den konkreten Todeseintritt zumindest in nicht unerheblichem Maße mitverursacht haben, kann von keinem der hier im Verfahren gehörten Ärzte getroffen werden. Die Unfallfolgen sind im Hinblick auf den konkreten Todeseintritt nicht rechtlich wesentlich; dieser unterfällt dem allgemeinen Lebensrisiko.
Der Tod des Versicherten ist hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt Folge des Versicherungsfalles, weil die Folgen des Versicherungsfalles die Lebenszeit um mindestens ein Jahr verkürzt haben. Die Lebenszeitverkürzung um ein Jahr aufgrund der Folgen des Versicherungsfalles wird als versicherte Teilursache für den Tod angesehen (BSGE 13,175, 177; 62, 220, 223; Riebel in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand August 2019, § 63 Rn. 19). Im Falle einer Lebensverkürzung um mindestens ein Jahr aufgrund des Versicherungsfalles wird diesem generell der Stellenwert einer (wesentlichen) Mitursache des Todes eingeräumt. Die Frage der durch den Versicherungsfall bedingten Lebenszeitverkürzung stellt sich aber nur, wenn die feststehende tödliche Folge eines vom Versicherungsfall unabhängigen Leidens bereits absehbar ist (Riebel in: Hauck/Noftz, a. a. O.). Wie oben ausgeführt, lassen sich bei dem zum Todeszeitpunkt multimorbiden Versicherten solche Feststellungen gar nicht abgrenzen und feststellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.