§ 35 Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB XII ist auf eine Konstellation, in der erstmalig für eine bereits bewohnte Wohnung ein Mietvertrag abgeschlossen wird, nicht anwendbar. Die Obliegenheit hilfebedürftiger Personen zur Einholung einer Zustimmung des Sozialhilfeträger vor Abschluss eines Mietvertrags setzt einen Umzug voraus.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. April 2021 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Kosten der Unterkunft nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch (SGB XII) – Sozialhilfe – für den Zeitraum Juni 2016 bis Dezember 2017.
Der 1939 geborene Kläger leidet als Folge einer Hirnschädigung unter der Geburt an einer schweren Intelligenzminderung, Oligophrenie und Grand-Mal-Epilepsie, weiterhin an Demenz, Harninkontinenz, Angststörungen, Myeldyplastischem Syndrom, Hypertonie, Hyperurikämie und Niereninsuffizienz (Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin E. vom 30. September 2016, Bl. 9 Widerspruchsakte des Beklagten – WI). Bei dem Kläger besteht Hilfebedarf in allen Bereichen des täglichen Lebens aufgrund erheblicher Beeinträchtigungen durch geistige Retardierung, Demenz, Umsetzungsstörung, eingeschränkte Sinneswahrnehmung, Verständnisschwierigkeiten, eine Sehminderung durch Sehnerv-Atrophie und Schwerhörigkeit. Er kann keine neuen und komplexen Informationen verstehen/verarbeiten, erlernen oder zielgerichtet einsetzen. Er kann weder lesen, schreiben noch rechnen (Pflegegutachten vom 11. November 2016, Bl. 96 ff. Gerichtsakte - GA). Mit Bescheid des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales Fulda vom 6. Juli 2017 (Bl. 112 ff. GA) wurde bei dem Kläger ein Grad der Behinderung von 100 zuerkannt mit den Merkzeichen G, B, BL, H sowie RF.
Der Kläger lebte seit zumindest den 1970er Jahren mit seiner am 5. Mai 2016 verstorbenen Schwester und damaligen Betreuerin, Frau F., jeweils gemeinsam in verschiedenen Wohnhäusern. Das Haus, in welchem der Kläger auch derzeit noch lebt, wurde im Jahr 1974 neu errichtet und gehörte zu dem landwirtschaftlichen Betrieb der Schwester des Klägers und ihres zweiten Ehemannes. Im Zusammenhang mit der Neuerrichtung des Wohnhauses wurde ein bereits zuvor in dem Grundbuch von C-Stadt eingetragenes lebenslanges Einsitzrecht des Klägers betreffend eine Stube im ersten Stock des vorherigen Wohnhauses in das Grundbuch des neuen Wohnhauses übertragen (Bl. 108, 109 WI). Mit notariellem Übergabevertrag vom 18. Oktober 2012 (Bl. 153 ff. der Verwaltungsakte des Beklagten - VA) übertrug die Schwester des Klägers den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb an ihre Tochter, Frau B., der heutigen Betreuerin des Klägers (Beschluss des Amtsgerichts Hünfeld vom 31. Mai 2016; Bl. 127 VA). Der Schwester des Klägers wurde ein unentgeltliches Wohnungsrecht auf Lebensdauer an sämtlichen Räumlichkeiten des auf dem Grundstück in A-Straße, A-Stadt aufstehenden Wohnhauses eingeräumt. Weiterhin wurde die im Grundbuch zu Gunsten des Klägers eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Wohnungsrecht) zur dinglichen Mithaftung übernommen (Bl. 155 VA; vgl. Grundbuch von A-Stadt, Blatt XXX1 Abt. II Nr. X, Bl. 29 WI). Mit notariellem Vertrag vom 6. Mai 2015 (Bl. 169 ff. VA) übertrug die Betreuerin des Klägers, welche mit ihrem Ehemann unmittelbar gegenüber dem vom Kläger bewohnten Haus (A-Stadt, B-Straße) lebt und dort ein Friseurgeschäft betreibt, einen hälftigen Miteigentumsanteil an ihren Ehemann (Bl. 151 VA). Die Wohnfläche des Hauses beträgt 286,08 m2, der Kläger nutzt im Erdgeschoss eine Fläche von 125,86 m2, wovon 14,67m2 auf das Zimmer entfallen, für das dem Kläger das Wohnungsrecht eingeräumt ist (Bl. 146 VA), im Übrigen nutzt er das Bad (5,77 m2), die Küche (13,19m2), den Wohn-/Essbereich (20.84m2), den seitlichen Flur (8,46m2) und einen vorderen Flur (11,08m2) sowie zwei ebenerdige Abstellräume (jeweils 18,53m2) und den Abstellraum/Waschküche (14,79m2). Die Wohnung wird mit Tag-/Nachtspeicherheizung bzw. die Küche mit einem Holzofen und das Bad mit einem elektrischen Heizlüfter beheizt (Außendienstbericht vom 7. Dezember 2016, Bl. 43 WI).
Der Kläger hatte bereits seit den 1980er Jahren von dem Beklagten Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz bzw. Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII bezogen, wobei keine Unterkunftskosten, sondern lediglich Heizkosten als Bedarf des Klägers berücksichtigt wurden. Am 3. Juni 2016 teilte der Ehemann der Betreuerin mit, dass der Kläger in der Familie gepflegt werden solle, um ihm einen Heimaufenthalt zu ersparen. Da der Kläger alleine in dem Haus A-Straße in A-Stadt lebe, müsse er nun die Kosten der Unterkunft alleine tragen (Aktenvermerk 6. Juni 2016; Bl. 122 VA); mit Schreiben vom 30. Juni 2016 bezifferte die Betreuerin die Nebenkosten auf 347,45 Euro monatlich (Bl. 124 VA). Mit Bescheid vom 5. Juli 2016 (Bl. 139 VA) bewilligte der Beklagte dem Kläger zunächst abschlagsweise Leistungen für den Monat Juli 2016 in Höhe von 487,56 Euro. Mit E-Mail vom 11. August 2016 (Bl. 181 VA) teilte die Betreuerin weiter mit, dass von dem Kläger eine monatliche Grundmiete in Höhe von 6 Euro/m2 erhoben werde.
Mit Bescheid vom 11. August 2016 (Bl. 183 ff. VA) bewilligte der Beklagte laufende Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für den Leistungszeitraum 1. Juli 2016 bis 30. Juni 2017 in Höhe von 695,88 Euro für Juli 2016 bzw. 885,88 Euro monatlich für August 2016 bis Juni 2017; er berücksichtigte als Kosten der Unterkunft Nebenkosten in Höhe von 38,43 Euro monatlich und eine Pauschale für Heizkosten in Höhe von 196,50 Euro. Die geltend gemachten Kosten für die Grundsteuer A könnten nicht berücksichtigt werden; grundsätzlich könnten nur Kosten für eine Grundsteuer B als Nebenkostenbedarf anerkannt werden. Nach dem Übergabevertrag vom 18. Dezember 2012, Seite 7, seien Grundsteuer, Brandversicherung sowie Gebäudehaftpflichtversicherung vom Eigentümer – B. – selbst zu tragen. Eine Umlegung auf den Wohnberechtigten sei durch die vertragliche Verpflichtung ausgeschlossen. Da ein Mietvertrag bislang nicht vorgelegt worden sei, könne eine Mietzahlung von dem Kläger aktuell nicht verlangt werden. Weiterhin wies der Beklagte darauf hin, dass er, sofern dessen Betreuerin beabsichtige, mit dem Kläger einen Mietvertrag schließen zu wollen, vermute, dass dieser Mietvertrag lediglich zum Zwecke der Erzielung höherer Sozialleistungen abgeschlossen werde. Die Ernsthaftigkeit eines Vertragsabschlusses sei vor allem durch die Situation in der Vergangenheit und bis zum Ableben der Mutter der Betreuerin, Frau F., grundlegend anzuzweifeln.
Am 5. September 2016 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein (Bl. 214 VA) und begehrte die Berücksichtigung der verbrauchsunabhängigen Kosten, wie Grundsteuer B, Brand-/Gebäudeversicherung etc. Nach dem notariellen Vertrag vom 6. März 1976 habe er kein kostenfreies Einsitzrecht. Eine Kostenfreiheit sei auch später nicht begründet worden. Insbesondere handele es sich bei dem Übergabevertrag vom 18. Dezember 2012 um einen Vertrag zwischen der damaligen Schwester des Klägers und ihrer Tochter (Bl. 217 f. VA).
Am 24. November 2016 schloss der Kläger, vertreten durch die gerichtlich bestellte Ergänzungsbetreuerin G. (Beschluss des Amtsgerichts Hünfeld – Betreuungsgericht – vom 20. Oktober 2016, Az.: 41 XVII 5104/92, Bl. 52 WI), mit seiner Betreuerin und deren Ehemann als Eigentümer des Hauses einen Mietvertrag (Bl. 54 ff. WI) über die vollmöblierte Wohnung rückwirkend zum 1. Juni 2016. Als monatliche Miete wurde ein Betrag in Höhe von 611,55 Euro zuzüglich einer monatlichen Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 96,66 Euro vereinbart. Die Nebenkostenvorauszahlung setzte sich nach der beigefügten Betriebskostenaufstellung vom 17. November 2016 (Bl. 58 WI) wie folgt zusammen:
Mülltonne | 6,61 Euro |
Kaminfeger | 7,32 Euro |
Wasser/Abwasser | 32,66 Euro |
Grundstückbezogene Abwassergebühr | 8,33 Euro |
Grundsteuer | 23,34 Euro |
Gebäudeversicherung | 18,40 Euro |
Gesamt | 96,66 Euro |
Mit Bescheid vom 14. Dezember 2016 (Bl. 240 VA) berechnete der Beklagte die dem Kläger bewilligten Leistungen ab Januar 2017 neu, indem nunmehr kein Einkommen des Klägers aus Kindergeld mehr berücksichtigt wurde. Mit weiterem Bescheid vom 11. Januar 2017 (Bl. 245 VA) berechnete der Beklagte ab 1. Februar 2017 bis 30. Juni 2017 die Leistungen neu und gewährte monatliche Leistungen in Höhe von 1.071,60 Euro als Vorschuss nach § 42 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) – Allgemeiner Teil – und erkannte hierbei Kosten der Unterkunft in Höhe von 267,30 Euro monatlich (Grundmiete: 170,64 Euro, Nebenkosten: 96,66 Euro) sowie Heizkosten in Höhe von 147,38 Euro/Monat als Bedarf des Klägers an. Die Kaltmiete errechnete der Beklagte wie folgt: 240 Euro : 50 m2 x 35 m2. Mit Schreiben vom 11. Januar 2017 (Bl. 249 VA) teilte der Beklagte mit, dass die mietvertraglich vereinbarte Kaltmiete nicht als angemessen anerkannt werden könne. Im Bereich der Gemeinde A-Stadt sei für einen Einpersonenhaushalt eine Kaltmiete von 240,00 Euro angemessen. Dabei werde von einer maximal angemessenen Wohnfläche von 50 m² ausgegangen. Der Kläger habe in einem Zimmer (14,67m2) ein Wohnrecht, für welches die Vermieter keine Miete verlangen könnten, weshalb für den Kläger nur anteilige Kaltmietkosten für 35,33 m² angemessen seien. Die Miete sei daher auf 170,64 Euro festzusetzen. Da der Kläger bereits sehr lange in dem Haus lebe und es ausweislich der vorgelegten ärztlichen Atteste sinnvoll sei, dass er dort wohnen bleibe, sei der Beklagte bereit, von den eigentlich angemessenen Kaltmietkosten in Höhe von 170,64 Euro etwas nach oben abzuweichen. Als Anhaltspunkt könne die auf dem Wohnungsmarkt für die Wohnung zu erzielende Miete dienen. Ein Kaltmietpreis von 611,55 Euro sei dabei vollkommen unrealistisch. Nach den Ermittlungen des Beklagten belaufe sich die Wohnfläche auf 62,94 m², so dass bei der im Mietvertrag angegebenen Fläche die beiden Kellerräume (jeweils ca. 18 m²) und die Waschküche, welche sich auf derselben Etage befinde, enthalten sein müsse. Bei diesen Räumen handele es sich nicht um Wohnräume, es könne für sie keine Wohnraummiete verlangt werden. Auch schmälere das Wohnrecht des Klägers den Marktwert der Wohnung. Darüber hinaus verursache die Beheizung mit Nachtspeicheröfen hohe Kosten. Einen Kaltmietpreis von 5,50 Euro je Quadratmeter erachtete der Beklagte daher als zu hoch.
Am 13. Januar 2017 (Bl. 251 VA) erhob der Kläger Widerspruch gegen die Bescheide vom 14. Dezember 2016 und vom 11. Januar 2017. Er beanstandete, dass die Mietkosten erst ab Februar 2017 berücksichtigt worden seien. Ärztlicherseits sei belegt worden, dass er auf den Erhalt des vertrauten Umfeldes angewiesen sei, auch wenn die räumlichen Verhältnisse vorliegend über das Zimmer, an dem das Wohnrecht bestehe, hinausgingen. Es sei daher auf die tatsächlichen Kosten für den von ihm genutzten Wohnraum nach dem Mietvertrag abzüglich des Wohnrechts abzustellen. Bei der Berechnung des Mietzinses sei das Wohnrecht des Klägers bereits berücksichtigt worden. Die Wohnungsgröße könne nicht verkleinert oder auf einzelne Zimmer beschränkt werden. Schließlich sei der Mietvertrag auch von gerichtlicher Seite genehmigt worden. Die Wohnung sei möbliert und mit sämtlichem Inventar ausgestattet. Ein Mietzins von 5,50 Euro pro Quadratmeter sei daher noch als moderat zu betrachten. Auch könne nicht auf fiktive Mieteinnahmen abgestellt werden, da das Gebäude aufgrund des bestehenden Wohnrechts für den Kläger kaum vermietbar sei (Bl. 256 f. VA).
Mit Bescheid vom 28. März 2017 (Bl. 278 ff. VA) berechnete der Beklagte die Leistungen für die ab 1. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2016 neu und berücksichtigte dabei einen Betrag in Höhe von 300 Euro als „Hauslast“ sowie Nebenkosten in Höhe von 60 Euro monatlich. Nach § 35 Abs. 2 S. 3, 4 SGB XII hätte vor Abschluss des Mietvertrages die Zustimmung des Beklagten eingeholt werden müssen, um zu verhindern, dass der Kläger zu Zahlungen verpflichtet werde, welche er nicht leisten könne. Diese Zustimmung sei von dem Beklagten nicht erteilt worden, weshalb Unterkunftskosten in angemessener Höhe anzuerkennen seien. Als angemessen erachte der Beklagte Kaltmietkosten von monatlich 300 Euro. Hierbei sei darauf abgestellt worden, welche Miete für die Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt erzielt werden könne. Weitere Kriterien, welche zur Ermittlung der angemessenen Kosten dienten, seien außen vorgelassen worden, weil es dem Kläger ermöglicht werden solle, in der Wohnung zu bleiben. Er werde deshalb nicht auf eine andere günstigere Wohnung verwiesen, die den Angemessenheitskriterien des Landkreises Fulda entspreche. Aus der Mietstrukturanalyse des Institutes H. AG Forschung und Beratung in D-Stadt ergebe sich ein Medianwert der Kaltmieten in der Gemarkung A-Stadt von 4,50 Euro pro Quadratmeter für Angebotsmieten. Als Wohnfläche seien für den Kläger 59,34 m² (Küche 13,19 m2, Wohnzimmer 20,84 m2, Bad 5,77 m2, Flur seitlich 8,48 m2, Flur vorne 11,08 m2) zugrunde gelegt worden. Die Nebenräume (zwei Kellerräume, eine Waschküche) seien nicht als Wohnfläche berücksichtigt worden, weil es sich um typische Kellerräume handele, für die üblicherweise keine Wohnraummiete zu zahlen sei. Die Wohnfläche von 59,34 m² multipliziert mit der durchschnittlichen Miete von 4,50 Euro ergebe eine Kaltmiete von 267,03 Euro. Im Rahmen des Beurteilungsspielraumes des Beklagten seien die angemessenen Kaltmietkosten zu Gunsten des Klägers auf 300 Euro festgesetzt worden. Die Vorauszahlungen für Nebenkosten seien ab 1. Juni 2016 vorläufig auf einen Betrag von 60 Euro abgesenkt worden, da insoweit noch Klärungsbedarf bestehe. Mit weiterem Bescheid vom 29. März 2017 (Bl. 282 ff. VA) bewilligte der Beklagte für den Zeitraum 1. Juli 2016 bis 31. Juli 2016 Leistungen in Höhe von 1.017,45 Euro, für die Zeit vom 1. August 2016 bis 30. November 2016 in Höhe von 1.207,45 Euro monatlich, für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis 31. Dezember 2016 in Höhe von 1.370,16 Euro und für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis 31. Januar 2017 in Höhe von 1.016,92 Euro. Der Beklagte erkannte dabei mit derselben Begründung wie im Bescheid vom 28. März 2017 ebenfalls eine Kaltmiete von 300 Euro und 60 Euro Nebenkosten als monatlichen Unterkunftskostenbedarf des Klägers an. Mit Bescheid vom 30. März 2017 (Bl. 293 ff. VA) erkannte der Beklagte für den Leistungszeitraum 1. April 2017 bis 30. Juni 2017 eine Kaltmiete in Höhe von 300 Euro und 60 Euro Nebenkosten monatlich als Unterkunftskostenbedarf an und gewährte Leistungen in Höhe von 1.213,92 Euro als Vorschuss. Am 3. Mai 2017 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Bescheide vom 28. März 2017, 29. März 2017 und 30. März 2017 (Bl. 326 VA).
Mit Bescheid vom 23. Juni 2017 (Bl. 367 ff. VA) bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für den Zeitraum 1. Juli 2017 bis 31. Dezember 2017 vorläufig gemäß § 44 SGB XII in Verbindung mit § 44a SGB XII in Höhe von 1.219,97 Euro. Als Unterkunftskostenbedarf wurde eine Grundmiete von 300 Euro/Monat und Nebenkosten in Höhe von 60 Euro/Monat berücksichtigt Heizkosten wurden in Höhe von 197 Euro/Monat berücksichtigt. Am 6. Juli 2017 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch (Bl. 381 VA).
Nach zwischenzeitlicher Vorlage weiterer Unterlagen zur Berechnung der Nebenkosten nahm der Beklagte mit Bescheid vom 30. August 2017 (Bl. 479 ff. VA) den Bescheid vom 5. Mai 2015 geändert durch Bescheide vom 15. Mai 2015, 17. Dezember 2015, 10. Februar 2016, 28. März 2017 für die Zeit vom 1. Juni 2016 bis 30. Juni 2016 gemäß § 44 SGB X zurück und gewährte für diese Zeit nach Neuberechnung Leistungen in Höhe von 1.224,15 Euro. Eine Pauschale für Nebenkosten in Höhe von 66,70 Euro sowie eine Pauschale für die Beheizung des von dem Kläger genutzten Badezimmers in Höhe von 10 Euro werde anerkannt. Die Nebenkostenpauschale werde wie folgt ermittelt:
Müllgebühren | 79,40 Euro/Jahr | 6,61 Euro/Monat | |
Schornsteinfeger | 87,16 Euro/Jahr | 7,26 Euro/Monat | |
Wasser, Abwasser | 98,00 Euro/Quartal | 32,67 Euro/Monat | |
Grundsteuer (geschätzt) | 211,84 Euro/Jahr | 17,65 Euro/Monat : 2 | 8,83 Euro/Monat |
Gebäudeversicherung | 1.212,55 Euro/Jahr x 14,73% = 178,81 Euro | 14.32 Euro/Monat : 2 | 7,16 Euro/Monat |
Niederschlagsabwassergebühr (geschätzt) | 100 Euro/Jahr | 4,17 Euro/Monat | |
Nebenkosten gesamt: | 66,70 Euro/Monat |
Mit weiterem Bescheid vom 30. August 2017 (Bl. 484 ff. VA) nahm der Beklagte den Bescheid vom 11. August 2016, geändert durch Bescheide vom 14. Dezember 2016, 1. Januar 2017 und 29. März 2017 gemäß § 44 SGB X für den Zeitraum 1. Juli 2016 bis 31. Januar 2017 zurück und berechnete die Leistungen für die Zeit vom 1. Juli 2016 bis 31. Dezember 2016 unter Anerkennung einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 66,70 Euro und für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis 31. Januar 2017 unter Anerkennung einer Nebenkostenpauschale von 67,14 Euro sowie der Pauschale für die Beheizung des vom Kläger genutzten Badezimmers in Höhe von 10 Euro/Monat neu.
Die Nebenkostenpauschale für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis 31. Januar 2017 setzte sich wie folgt zusammen:
Müllgebühren | 6,61 Euro/Monat | ||
Schornsteinfeger | 7,26 Euro/Monat | ||
Wasser, Abwasser | 32,67 Euro/Monat | ||
Grundsteuer (geschätzt) | 8,83 Euro/Monat | ||
Gebäudeversicherung | 1.238,19 Euro/Jahr x 14,73% = 182,39 Euro | 15,20 Euro/Monat : 2 | 7,60 Euro/Monat |
Niederschlagsabwassergebühr (geschätzt) | 4,17 Euro/Monat | ||
Nebenkosten gesamt: | 67,14 Euro/Monat |
Weiterhin erfolgte eine einmalige Heizkostennachzahlung in Höhe von 475 Euro für den Kauf von Brennholz im Monat Oktober 2017.
Mit zwei weiteren Bescheiden vom 30. August 2017 (Bl. 502 ff.; 516 ff. VA) hob der Beklagte den Bescheid vom 14. Dezember 2016, geändert mit Bescheid vom 11. Januar 2017 und Bescheid vom 31. März 2017 für die Zeit vom 1. April 2017 bis 30 Juni 2017 auf, bzw. setzte die Leistungen für die Zeit vom 1. Februar 2017 bis 31. März 2017 und für die Zeit vom 1. Juli 2017 bis 31. Dezember 2017 abschließend fest. Bei der Neuberechnung der Leistungen berücksichtigte er eine Nebenkostenpauschale in Höhe von 67,14 Euro/Monat zuzüglich einer Pauschale für die Beheizung des Badezimmers des Klägers in Höhe von 10 Euro/Monat. Ab 1. Februar 2017 erkannte er eine Kaltmiete in Höhe von 300,00 Euro an.
Am 2. Oktober 2017 erhob der Kläger Widerspruch (Bl. 538 f. VA) gegen die Bescheide vom 30. August 2017 und führte zur Begründung (Bl. 161 ff. WI) unter Bezugnahme auf die Wohnflächenverordnung aus, dass sämtliche Räume gemäß Mietvertrag bei der Berechnung der Unterkunftskosten zu berücksichtigen seien. Insgesamt sei daher von einer Wohnfläche von 111,19 m² auszugehen. Daneben wurde der von dem Beklagten berücksichtigte monatliche Mietzins von 4,50 Euro/m² angezweifelt und darauf hingewiesen, dass vorliegend möblierter Wohnraum vermietet werde. Angemessen sei nach Auffassung des Klägers ein Mietzins von 5,50 Euro/m². Auch stehe einer Berücksichtigung der tatsächlichen Wohnungsgröße von 111,19 m² nicht entgegen, dass der Kläger lediglich Anspruch auf eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 50 m² habe. Entscheidend sei insoweit, dass der Kläger erblindet sei. Dies mache es erforderlich, dass sämtliche Gegenstände wie etwa Holz, Staubsauger, Bügelbrett, Speisen und Getränkekisten aus dem unmittelbaren Wohnumfeld des Klägers zu verbannen seien, um zu vermeiden, dass der Kläger darüber falle. Diese Gegenstände müssten daher separat gelagert werden. Der Kläger habe dementsprechend einen höheren behinderungsbedingten Raumbedarf. Für den Fall, dass die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für seine Unterkunft die angemessene Referenzmiete überstiegen, seien diese so lange zu berücksichtigen, wie es dem Kläger konkret nicht möglich oder nicht zumutbar sei, durch Anmietung einer als angemessen eingestuften Wohnung, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Alters- und behinderungsbedingt sei ihm dies nicht möglich, fachärztlich sei dringend empfohlen worden, jegliche Veränderung im Alltag möglichst zu vermeiden. Zu den zu unterlassenen Veränderungen gehöre auch das Herauslösen aus dem alltäglichen/familiären Umfeld in Form eines Umzuges in eine kleinere Wohnung oder Heimunterbringung etc.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2017 (Bl. 187 ff. WI) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 1. September 2016 gegen den Bescheid vom 11. August 2016 als unbegründet zurück. Der Kläger habe für den Leistungszeitraum Juli 2016 bis Juni 2017 einen Anspruch auf Unterkunftskosten in Höhe einer Kaltmiete von 300 Euro/Monat zuzüglich kalter Nebenkosten in Höhe von 67,14 Euro/Monat und Heizkosten in Höhe von 197 Euro/Monat. Der Bescheid vom 30. August 2017 werde dahingehend abgeändert, dass auch die Leistungen für den Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2017 endgültig nach § 44a SGB XII festgesetzt würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2017 (Bl. 194 ff. WI) wies der Beklagte die Widersprüche des Klägers vom 12. Januar 2017, 3. März 2017 und 2. Oktober 2017 gegen die Bescheide vom 14. Dezember 2016, 11. Januar 2017, 29. März 2017, 30. März 2017 und 30. August 2017 (Änderungsbescheide für 1. Juli 2016 bis 31. Januar 2017 – endgültige Festsetzung – und Änderungsbescheid für 1. März bis 30. Juni 2017) als unzulässig zurück. Die Bescheide hätten den Bescheid vom 11. August 2016 abgeändert bzw. ersetzt. Sie seien nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 11. August 2017 geworden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2017 (Bl. 199 ff. WI) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 3. Mai 2017 gegen den Bescheid vom 28. März 2017 als unbegründet und den weiteren Widerspruch des Klägers vom 2. Oktober 2017 gegen den Bescheid vom 30. August 2017 (Neufestsetzung der Nebenkosten für Juni 2016) unter Bezugnahme auf § 86 SGG als unzulässig zurück. Der Beklagte führte aus, dass der Kläger nach dortiger Auffassung entsprechend dem Bescheid vom 28. März 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30. August 2017 für den Monat Juni 2016 einen Anspruch auf Unterkunftskosten in Höhe einer Kaltmiete von 300 Euro zuzüglich kalter Nebenkosten in Höhe von 66,70 Euro sowie Heizkosten in Höhe von 196,50 Euro zzgl. 10 Euro für die Beheizung des Badezimmers habe und verwies auf die Begründung im Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2017.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2017 (Bl. 202 ff. WI) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 5. Juli 2017 gegen den Bescheid vom 23. Juni 2017 als unbegründet und den weiteren Widerspruch des Klägers vom 2. Oktober 2017 gegen den Bescheid vom 30. August 2017 (endgültige Festsetzung der Leistungen für den Zeitraum 1. Juli 2017 bis 31. Dezember 2017) unter Bezugnahme auf § 86 SGG als unzulässig zurück. Der Beklagte begründete, dass der Kläger nach dortiger Auffassung entsprechend dem Bescheid vom 23. Juni 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30. August 2017 für den Leistungszeitraum Juli 2017 bis Dezember 2017 einen Anspruch auf Unterkunftskosten in Höhe einer Kaltmiete von 300 Euro/Monat zuzüglich kalter Nebenkosten in Höhe von 67,14 Euro/Monat sowie Heizkosten in Höhe von 197 Euro/Monat zzgl. 10 Euro für die Beheizung des Badezimmers habe und verwies auf die Begründung im Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2017.
Die Widerspruchsbescheide wurden dem Kläger am 3. Januar 2018 zugestellt.
Mit seiner am Montag, den 5. Februar 2018, zum Sozialgericht Fulda erhobenen Klage hat der Kläger für die Zeit vom 1. Juni 2016 bis 30. Juni 2017 weitere Kaltmietkosten in Höhe von 311,55 Euro/Monat sowie weitere Nebenkosten in Höhe von 29,96 Euro/Monat bzw. für den Zeitraum 1. Juli 2017 bis 31. Dezember 2017 weitere Kaltmietkosten in Höhe von ebenfalls 311,55 Euro/Monat sowie weitere Nebenkosten in Höhe von 29,25 Euro/Monat geltend gemacht. Ferner hat der Kläger die Erstattung der Kosten der Widerspruchsverfahren in Bezug auf die unter dem 12. Januar 2017 und 2. Oktober 2017 erhobenen Widersprüche begehrt.
Der Kläger hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und weiter ausgeführt, an seinem Anspruch auf Berücksichtigung der mietvertraglich vereinbarten Unterkunftskosten ändere sich auch nichts dadurch, dass er vor Abschluss des Mietvertrages nicht den Sozialhilfeträger über die maßgeblichen Umstände in Kenntnis gesetzt habe. Denn insoweit handele es sich vorliegend bereits nicht um eine neue Unterkunft im Sinne des § 35 Abs. 2 S. 3 SGB XII, da er die Wohnung bereits seit Jahrzehnten bewohne. Neu sei lediglich, dass er nunmehr Mietzahlungen an seine Vermieter leisten müsse. Die Miete von 5,50 Euro/m2 sei angemessen, zumal die Wohnung voll möbliert und mit Elektrogeräten voll ausgestattet und ebenerdig zu erreichen, also behindertengerecht, sei. Daneben habe er auch einen Anspruch auf Übernahme der mietvertraglich geforderten Nebenkostenvorauszahlungen. Die Angemessenheit des Mietpreises sei den Vermietern durch einen ortsansässigen Makler bestätigt worden. Die Abstellräume gehörten nach § 2 WoFlV zur Wohnfläche.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die berücksichtigte Kaltmiete von 300 Euro/Monat angemessen sei. Die Höhe der zu berücksichtigenden Kaltmiete sei nach dem Konzept über die Ermittlung angemessener Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II/§ 35 SGB XII für einen Einpersonenhaushalt im Bereich der Gemeinde A-Stadt auf monatlich 240 Euro bestimmt und aufgrund der Behinderung des Klägers auf 285,35 Euro erhöht worden. Abzüglich der Miete für das Zimmer, für das der Kläger ein Wohnrecht habe, sei noch eine angemessene Kaltmiete von 217,87 Euro verblieben. Dieser Betrag sei aufgrund des Gesundheitszustandes des Klägers als Entgegenkommen des Beklagten bereits auf 300 Euro erhöht worden und unter Berücksichtigung des Einzelfalls sowie der Behinderung des Klägers angemessen. Einen Zuschlag für Möblierung erachte er für nicht gerechtfertigt. Bezüglich einer Senkung der Kosten durch einen Wohnungswechsel sei nicht nachgewiesen, dass dem Kläger ein Wohnungswechsel subjektiv nicht zumutbar sei. Der Kläger habe vor Abschluss des Mietvertrages die Zustimmung des Beklagten einholen müssen. Da er dies unterlassen habe, sei er nur zur Übernahme angemessener Aufwendungen verpflichtet. Die Anordnung der beiden Abstellräume lasse darauf schließen, dass die beiden Zimmer nicht Teil der Wohnung des Klägers seien, sie seien auch nicht für eine Wohnraumnutzung ausgestattet, es gebe u. a. keine feste Beheizungsmöglichkeit. Zum Stand 1. Januar 2017 habe die durchschnittliche Wohnraummiete für eine Wohnung mittleren Standards in A-Stadt mit Baujahr 1974 und einer Wohnfläche von 75 m2 durchschnittlich 4,40 Euro/m2 betragen. Seine Berechnungen für den durchschnittlichen m2-Preis für Kaltmieten lägen für den Zeitraum 2014 bis 2016 bei 4,50 Euro, im Zeitraum 2016 bis 2018 bei 5,06 Euro. Unter Berücksichtigung der Heizungsart und der daraus entstehenden Heizkosten für die Wohnung des Klägers sei ein Betrag von 5,00 Euro/m2 als realistisch und Obergrenze für die Berechnung der Mietkosten des Klägers.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 14. April 2021 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 28. März 2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 30. August 2017 betreffend die Neufestsetzung der Nebenkosten für Juni 2016 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2017, den Bescheid vom 11. August 2016 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14. Dezember 2016, 11. Januar 2017, 29. März 2017, 30. März 2017 und 30. August 2017 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2017 und den Bescheid vom 23. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2017 abgeändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger für den Monat Juni 2016 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 341,51 Euro, für den Zeitraum Juli 2016 bis Juni 2017 und für den Zeitraum Juli 2017 bis Dezember 2017 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 341,07 Euro monatlich Euro zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum 1. Juni 2016 bis 31. Dezember 2017 Anspruch auf Übernahme der vollen mietvertraglich geschuldeten Kosten der Unterkunft in Höhe der monatlichen Kaltmiete von 611,55 Euro zuzüglich der monatlichen Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 96,66 Euro. Für das Gericht stehe fest, dass sämtliche von dem Kläger mit Mietvertrag vom 24. November 2016 angemieteten Räume dem Begriff der Unterkunft im Sinne von § 42a Abs. 2 Satz 2 SGB XII unterfielen, da sie ganz offensichtlich der Verwirklichung privater Wohnbedürfnisse des Klägers dienten. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft (KdU), welche recht offensichtlich die Angemessenheitsgrenze für einen Einpersonenhaushalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten überstiegen, seien dauerhaft als Bedarf des Klägers zu berücksichtigen. Es erscheine geradezu offensichtlich, dass es dem Kläger angesichts seines Alters, seiner Erkrankungen und der damit einhergehenden Pflegebedürftigkeit sowie insbesondere angesichts der Tatsache, dass dieser Zeit seines Lebens ausschließlich im engsten Verwandtenkreis versorgt worden sei und seit vielen Jahren in ein und derselben Wohnung versorgt werde, subjektiv unzumutbar sei, Kostensenkungsmaßnahmen zu ergreifen. Dem Anspruch des Klägers auf Übernahme der Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe stehe schließlich auch nicht § 35 Abs. 2 S. 3, 4 SGB XII entgegen. Es könne bereits bezweifelt werden, dass es sich bei der streitgegenständlichen Wohnung um eine neue Unterkunft im Sinne der Vorschrift handele. Denn der Kläger habe diese Wohnung zum Zeitpunkt der erstmaligen Mietzinsforderung bereits seit vielen Jahren bewohnt. § 35 Abs. 2 S. 3 SGB XII umfasse den Fall des Wechsels einer Unterkunft, welcher offensichtlich nicht vorliege. Auch der Sinn und Zweck des § 35 Abs. 2 S. 3 SGB XII, den Kläger vor unüberlegten Schritten zu bewahren und auch die Interessen der Allgemeinheit zu wahren, nicht mit unangemessenen Unterkunftskosten belastet zu werden (Aufklärungs- und Warnfunktion), spreche gegen eine Anwendbarkeit im vorliegenden Fall. Denn eine Aufklärung oder Warnung des Klägers vor Abschluss des Mietvertrages hätte den Abschluss desselben nicht verhindern können, da es für diesen tatsächlich keine Wohnalternative gegeben habe. Selbst wenn aber davon auszugehen sein sollte, dass vorliegend angesichts des Umstandes, dass erstmalig ein Mietzins gefordert worden sei, das Tatbestandsmerkmal der „neuen Unterkunft“ erfüllt werde, erscheine es geradezu offensichtlich, dass dem Beklagten angesichts der Erkrankungen des Klägers und angesichts dessen persönlicher Wohnsituation keine Alternative verblieben wäre, als den über die angemessenen Aufwendungen hinausgehenden Aufwendungen zuzustimmen. In dem hier vorliegenden Einzelfall existiere schlicht keine andere Wohnung, in welcher der Kläger außerhalb eines Pflegeheims hätte wohnen können.
Gegen das ihm am 11. Mai 2021 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 11. Juni 2021 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Mit Schreiben vom 10. Februar 2022, dem Kläger am 10. Februar 2022 und dem Beklagten am 14. Februar 2022 zugestellt, hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligten ehrenamtlicher Richterinnen oder Richter nach § 153 Abs. 4 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört.
Der Beklagte trägt vor, der Kläger sei schon vor Abschluss des Mietvertrags im Sozialleistungsbezug gewesen. Es sei klar gewesen, dass er die Miete nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen würde finanzieren können und hierfür auf Sozialleistungen angewiesen sei. Er – der Beklagte – sei vor Abschluss des Mietvertrags weder über die Umstände in Kenntnis gesetzt worden, noch habe er den Aufwendungen zugestimmt. Es sei bei Festlegung der Höhe der Grundsicherungsleistungen zu entscheiden, ob die Kosten angemessen und als Bedarf zu berücksichtigen seien. Die Zustimmungsobliegenheit nach § 35 Abs. 2 Satz 3 SGB XII müsse erst Recht vor Abschluss eines neuen Mietvertrages für eine bereits bewohnte Wohnung gelten, ansonsten könnten Leistungsberechtigte mit ihren Vermietern eine höhere Miete vereinbaren und den Sozialleistungsträger einseitig zu höheren Leistungen verpflichten für den Fall, dass ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar sei. Dem Kläger solle es ermöglicht werden, in seiner vertrauten Wohnung zu bleiben, es sei zu entscheiden, welche Unterkunftskosten für diese konkrete Wohnung angemessen seien. Dass die Wohnung nur zu einer Kaltmiete in Höhe von 611,55 Euro zur Verfügung gestanden habe, sei nicht richtig. Es sei zwischen dem Vermieter und ihm – dem Kostenträger – im Zustimmungsverfahren durch Verhandlungen zu klären, welche Unterkunftskosten gerechtfertigt seien. Im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht am 17. März 2017 habe die Betreuerin und Vermieterin des Klägers erklärt, evtl. mit einer Kaltmiete von 400 oder 450 Euro einverstanden zu sein, es habe aber keine Einigung erzielt werden können. Das Sozialgericht setze sich nicht mit der Frage auseinander, welche Kosten für die Wohnung des Klägers angemessen seien, dies sei aus seiner Sicht aber unbedingt erforderlich. Es gebe Widersprüchlichkeiten in der Bewertung der Wohnungsgröße und der Mietforderung: Es würden zwei Räume in die Wohnung des Klägers einbezogen, die von Ausstattung Lage her eindeutig als Abstell- bzw. Kellerräume zu qualifizieren seien. Beide Räume seien durch einen einzigen Zugang erreichbar, einer davon habe noch einen Zugang direkt in die Garage. Beide Räume seien nicht beheizbar und mit Fenstern ausgestattet, die von den Wohnräumen abwichen, die Fensteröffnungen seien kleiner und auf der Innenseite vergittert. Es handele sich um Räumlichkeiten zum Abstellen oder Lagern, nicht um Wohnräume. Allein die Tatsache, dass sich diese Nebenräume mit den Wohnräumen des Klägers im Untergeschoss des Hauses befänden, führe nicht dazu, dass es sich um Räumlichkeiten handele, die der Wohnung und der Wohnfläche der klägerischen Wohnung zuzurechnen sei. Die Betreuerin und Vermieterin des Klägers habe zudem bei Übernahme des Hauseigentums Kenntnis gehabt, dass der Kläger nicht nur ein Zimmer, für das ihm ausdrücklich Wohnrecht zugestanden wurde, sondern darüber hinaus die Wohnräume im Untergeschoss, nämlich Wohnzimmer, Küche und Bad bewohnt habe. Nach Übernahme des Eigentums habe die Hauseigentümerin keine Veränderung der Wohnverhältnisse vorgenommen und keine Mietzahlungen vom Kläger verlangt. Das Wohnrecht der vormaligen Hauseigentümerin habe zwar auch das Recht umfasst, Familienangehörige zur Mitbenutzung aufzunehmen und diese kostenfrei wohnen zu lassen. Im Fall des Klägers sei jedoch keine Mitbenutzung der Wohnräume der vormaligen Hauseigentümerin erfolgt. Er habe vielmehr in den Räumlichkeiten im Untergeschoss allein gewohnt. Die Übernehmerin und jetzige Vermieterin des Hauses habe jedoch nach Eigentumsübernahme diese Wohn- und Nutzungsverhältnisse nicht verändert und keine Kosten vom Kläger verlangt. Ein Mietvertrag sei erst im Zusammenhang mit Leistungen des Beklagten abgeschlossen worden, was die Vermutung aufkommen lasse, dass der Mietvertrag mit dem Kläger im Jahr 2016 ggf. zu Lasten des Sozialhilfeträgers abgeschlossen worden sei.
Die Berücksichtigung der nur angemessenen Kosten der Unterkunft sei rechtmäßig, die Besonderheiten des Klägers seien berücksichtigt worden. Er – der Beklagte – habe bereits ab Leistungsbeginn Kosten der Unterkunft für Kaltmiete oberhalb der im schlüssigen Konzept, welches Erhöhungen bei Menschen mit Behinderungen beinhalte, vorgesehenen Angemessenheitsgrenze angesetzt. Ein Kostensenkungsverfahren für den Ansatz der angemessenen Kaltmietkosten sei nicht erforderlich, er habe die Betreuerin des Klägers von Beginn der Leistungen an auf die unangemessene Kaltmietforderung hingewiesen, es habe daher von vornherein Kenntnis von der überhöhten Kaltmiete bestanden. Es liege kein Nachweis dafür vor, dass die angesetzte Kaltmiete den ortsüblichen Preisen im streitgegenständlichen Zeitraum entspreche. Die Verpflichtung zu einem Kostensenkungsverfahren führe zudem dazu, dass der Sozialhilfeträger im Fall auch einer wiederholten Erhöhung der Kaltmiete diese jeweils für den Zeitraum von sechs Monaten übernehmen müsste, die Forderung nach einem Kostensenkungsverfahren würde den Sozialhilfeträger damit immer wieder zu Übernahme unangemessener Kosten verpflichten. Die Voraussetzungen der Angemessenheitsprüfung seien auch dann erfüllt, wenn die Unterkunftskosten für eine bestehende Wohnung unangemessen stiegen, auch dann sei im Wege der Zustimmung durch den Sozialhilfeträger klarzustellen, ob die Wohnung überhaupt oder weiterhin vollständig durch den Anspruch auf Sozialleistungen finanziert würden. Die Neben- und Verbrauchskosten für die Wohnung des Klägers seien überzogen und bezögen sich auch auf Anteile des Hauses bzw. Grundbesitzes, die nicht vom Kläger bewohnt würden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. April 2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger trägt unter Vorlage eines ärztlichen Attests der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. J. vom 2. November 2021 vor, eine Änderung auch in der Wohnsituation könne für ihn eine gesundheitliche Gefährdung darstellen. Ein Umzug sei ihm unzumutbar. Die Rechtsauffassung des Beklagten stehe im Widerspruch zu dem klaren Wortlaut des Gesetzes, das den Umzug in eine neue Wohnung betreffe. Darüber hinaus regele § 35 Abs. 2 SGB XII lediglich, dass der Sozialhilfeträger zu informieren sei, was unter dem 10. August 2016 per E-Mail durch seine Betreuerin geschehen sei. Eine Zustimmung zu einem Umzug sei nach dem Wortlaut der Norm nicht erforderlich und keine Leistungsvoraussetzung für die Übernahme der laufenden, angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Der Mietpreis sei auch nicht unangemessen hoch, sondern für eine möblierte Erdgeschosswohnung in zentraler Ortslage in A-Stadt ortsüblich und angemessen. Selbst wenn generell-abstrakt die Miete unangemessen sei, wäre sie in seinem konkreten Fall zu übernehmen, das Sozialgericht habe zu Recht darauf hingewiesen, dass schlicht keine andere Wohnung existiere, in welcher er außerhalb eines Pflegeheims wohnen könnte.
Wegen des Sach- und Streitstands im Einzelnen wird auf die Gerichts- und die in elektronischer Form vorliegenden Verwaltungsakten des Beklagten, sowie die Akten des Verfahrens L 4 SO 269/21 B ER, die Gegenstand der Beratung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten wurden zu dieser Vorgehensweise angehört; soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 11. März 2022 nochmals in der Sache vorgetragen hat, liegt hierin keine wesentliche Änderung der Prozesssituation.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
Zutreffend hat das Sozialgericht mit dem mit der Berufung angefochtenen Urteil vom 14. April 2021 den Bescheid vom 28. März 2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 30. August 2017 betreffend die Neufestsetzung der Nebenkosten für Juni 2016 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2017, den Bescheid vom 11. August 2016 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14. Dezember 2016, 11. Januar 2017, 29. März 2017, 30. März 2017 und 30. August 2017 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2017 und den Bescheid vom 23. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2017 abgeändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger für den Monat Juni 2016 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 341,51 Euro, für den Zeitraum Juli 2016 bis Juni 2017 und für den Zeitraum Juli 2017 bis Dezember 2017 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 341,07 Euro monatlich Euro zu zahlen.
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 4, § 56 Sozialgerichtsgesetz – SGG), mit der sich der Kläger gegen die vorgenannten Bescheide wendet, ist zulässig, wobei der Kläger den Streitgegenstand wirksam auf den insoweit abtrennbaren Verfügungsteil der Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt hat (vgl. zu dieser prozessualen Möglichkeit BSG, Urteile vom 2. September 2021 – B 8 SO 13/19 R –, juris Rn. 11, vom 14. April 2011 - B 8 SO 18/09 R - SozR 4-3500 § 29 Nr. 3 Rn. 10; BSG vom 10. November 2011 - B 8 SO 18/10 R - SozR 4-3500 § 44 Nr. 2 Rn. 12).
Die Klage ist auch begründet, denn der Kläger hat Anspruch auf die weiteren Kosten der Unterkunft. Weitere Leistungen zur Deckung der Kosten für Heizung, die über die in den streitgegenständlichen Bescheiden hierfür gewährten Leistungen, werden vom Kläger nicht geltend gemacht.
Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Anspruch ist hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Juni 2016 bis 30. Juni 2016 § 42 Nr. 4 i. V. m. § 35 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I, 2557; a. F.), danach umfassen die Bedarfe nach dem 4. Kapitel des SGB XII Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels, die für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden.
Hinsichtlich des Zeitraums ab 1. Juli 2017 bis Dezember 2017 ist Rechtsgrundlage §§ 42 Nr. 4 Buchstabe a, 42a Abs. 1 i. V. m. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I, 3159). Nach § 42 Nr. 4 Buchstabe a SGB XII umfassen die Bedarfe nach dem 4. Kapitel des SGB XII Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei Leistungsberechtigten außerhalb von Einrichtungen nach § 42a SGB XII, nach dessen Abs. 1 für Leistungsberechtigte angemessene Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels sowie nach § 42 Nr. 4b SGB XII anzuerkennen sind, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII bestimmt, dass die Bedarfe für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden.
Der 1939 geborene Kläger ist jedenfalls wegen Alters leistungsberechtigt nach § 41 Abs. 1 SGB XII, denn er hat die Altersgrenze des § 41 Abs. 2 Satz 1, 2 SGB XII erreicht. Der Kläger ist weiterhin nicht in der Lage, seinen notwendigen Lebensunterhalt aus nach § 43 SGB XII einzusetzendem Einkommen und Vermögen zu bestreiten, denn er verfügte - das ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig - im streitgegenständlichen Zeitraum nicht über Vermögen und über kein anrechenbares Einkommen, das über Kindergeld in Höhe von 190 Euro im Juli 2016 sowie Guthaben aus der Wasser-/Abwasserabrechnung in Höhe von 2,60 Euro im Januar 2017 bzw. der Heizkostenabrechnung in Höhe von 129,86 Euro im Februar 2017 hinausgegangen ist.
Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum weiterhin Anspruch auf Leistungen zur Deckung des Bedarfs für die ihm mietvertraglich entstehenden Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe nach § 42 Nr. 4 i. V. m. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a. F. bzw. §§ 42 Nr. 4 Buchstabe a, 42a Abs. 1 i. V. m. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, wonach Bedarfe für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden.
§ 35 Abs. 1 SGB XII gewährt einen Anspruch auf Übernahme von tatsächlichen aktuellen Aufwendungen für eine tatsächlich genutzte Unterkunft (Löcken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 35 SGB XII [Stand: 25. Mai 2021], Rn. 32). Tatsächliche Aufwendungen für die Unterkunft umfassen dabei regelmäßig alle Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben (BSG, Urteil vom 14. April 2011 – B 8 SO 19/09 R –, SozR 4-3500 § 29 Nr. 2, juris Rn. 15).
Dies ist vorliegend – worauf auch das Sozialgericht zutreffend abgestellt hat – die sich aus dem Mietvertrag vom 24. November 2016 ergebende Verpflichtung zur Zahlung einer monatlichen Miete in Höhe von 611,55 Euro zuzüglich einer monatlichen Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 96,66 Euro, zusammen mithin monatliche Aufwendungen für die Unterkunft in Höhe von 708,21 Euro. Der Kläger ist – soweit der Mietzins im streitgegenständlichen Zeitraum wegen der streitigen Leistungsgewährung teilweise nicht tatsächlich in voller Höhe, sondern nur in Höhe der dem Kläger vom Beklagten gewährten Leistungen zur Deckung der Aufwendungen für den Unterkunftsbedarf gezahlt wurde – zur Überzeugung des Senats einer ernsthaften Mietzinsforderung in der genannten Höhe ausgesetzt.
Der Senat geht von der Wirksamkeit des Mietvertrags zwischen dem Kläger und seiner Betreuerin aus. Soweit der Beklagte im Bescheid vom 11. August 2016 die Auffassung vertreten hat, dass der Mietvertrag lediglich zum Zwecke der Erzielung höherer Sozialleistungen abgeschlossen worden sei und die Ernsthaftigkeit eines Vertragsabschlusses aufgrund der Situation in der Vergangenheit grundlegend anzuzweifeln sei, vermag der Senat eine Sittenwidrigkeit i. S. v. § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) des Rechtsgeschäfts nicht zu erkennen. So fehlt es für eine Nichtigkeit nach § 138 Abs. 2 BGB bereits an dem erforderlichen „auffälligen Missverhältnis“ zwischen Leistung und Gegenleistung. Es besteht keinerlei Anhalt für die Annahme, dass der Mietzins von 5,50 Euro pro Quadratmeter (611,55 Euro : 111,19 m2) für die möblierte Wohnung, auf den sich der Kläger mit seinen Vermietern geeinigt hat, wucherhaft überhöht ist. Darüber hinaus kann aufgrund der Einschaltung der eigens zu dem Zweck des Mietvertragsabschlusses gerichtlich bestellten Ergänzungsbetreuerin, die den Kläger bei Vertragsabschluss vertreten hat, ausgeschlossen werden, dass der Vertrag unter Ausbeutung einer Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche des Klägers geschlossen wurde. Entgegen der Auffassung des Beklagten besteht auch unter Berücksichtigung der bis zum Tod seiner Schwester bestehenden Wohn- und finanziellen Situation des Klägers kein Anhalt dafür, dass der Mietvertrag zum Zwecke der Erzielung höherer Sozialhilfeleistungen abgeschlossen wurde. Die geänderten familiären Verhältnisse nach dem Tod seiner Schwester sowie der Wegfall von deren nur auf Lebenszeit bestehendem Wohnungsrecht für die Räumlichkeiten im Haus A-Straße, A-Stadt, die über das dem Kläger zur Wohnnutzung über sein eigenes Wohnungsrecht überlassenes Zimmer hinausgehen, stellen zur Überzeugung des Senats hinreichende Gründe für den Abschluss eines Mietverhältnisses für die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Hauses dar. Insbesondere sind keine Gründe ersichtlich, warum die Betreuerin des Klägers, die seine Nichte ist, und ihr Ehemann als Eigentümer der Liegenschaft dem Kläger die Wohnung kostenfrei überlassen sollten. Dies kann weder aufgrund des verwandtschaftlichen Verhältnisses noch unter Berücksichtigung der laufenden Kosten für den Unterhalt der Immobilie erwartet werden.
Soweit im streitgegenständlichen Zeitraum der geschuldete Mietzins teilweise nicht in voller Höhe sondern nur in Höhe der dem Kläger vom Beklagten gewährten Leistungen zur Deckung der Aufwendungen für den Unterkunftsbedarf gezahlt wurde, steht dies tatsächlichen Aufwendungen i. S. v. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der mietvertraglich vereinbarten Höhe des Weiteren nicht entgegen, denn die Vermieter haben allenfalls aus familiärer Rücksichtnahme und ohne auf den (Rest-)Anspruch endgültig zu verzichten die Mietzinsforderung gestundet bzw. nicht unmittelbar beigetrieben (vgl. hierzu Löcken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 35 SGB XII [Stand: 25. Mai 2021], Rn. 47). Von einer dauerhaften Stundung oder einem Verzicht auf die Mietzinsforderung kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Vermieter im weiteren Zeitverlauf das Mietverhältnis mit Schreiben vom 1. Dezember 2021 durch fristlose Kündigung des Mietvertrags vom 24. November 2016 nach § 543 Abs. 2 BGB aus wichtigem Grund wegen Zahlungsverzuges (vgl. Bl. 248 Gerichtsakte des Verfahrens L 4 SO 269/21 B ER) unter Einschaltung eines eigens für diesen Aufgabenbereich bestellten Ergänzungsbetreuers (Bl. 95 Gerichtsakte des Verfahrens L 4 SO 269/21 B ER) beendet haben.
Zu den tatsächlichen Aufwendungen zur Deckung des Bedarfs „Wohnen“ gehören vorliegend auch die – im Mietvertrag im Übrigen auch nicht gesondert ausgewiesenen – Mietzinsanteile für die zwei Abstellräume und die Waschküche. Berücksichtigungsfähige tatsächliche Aufwendungen sind nämlich die unmittelbar mit der Nutzung einer Unterkunft zur Deckung des Grundbedürfnisses „Wohnen“ zusammenhängenden Aufwendungen, nach der – auch vom Beklagten zu Recht herangezogenen – Legaldefinition in § 42a Abs. 2 Satz SGB XII handelt es sich bei einer Wohnung um eine Zusammenfassung mehrerer Räume, die von anderen Wohnungen oder Wohnräumen baulich getrennt sind und die in ihrer Gesamtheit alle für die Führung eines Haushalts notwendigen Einrichtungen, Ausstattungen und Räumlichkeiten umfassen. Lediglich von der Wohnung abgetrennte Räumlichkeiten, die nur zur Lagerung von Gegenständen, nicht aber zu Wohnzwecken genutzt werden, stellen grundsätzlich keine Unterkunft dar. Nachdem die beiden Abstellräume und die Waschküche zwar lediglich zur Aufbewahrung von Haushaltsgegenständen, Vorräten und Brennmaterial sowie – die Waschküche – als ebenerdiger Zugang vom Hof des Anwesens zur Wohnung des Klägers genutzt wird, sie aber jedenfalls nach den erstinstanzlich vorgelegten Grundrissen (Bl. 133 bzw. 142 GA) nicht baulich von den übrigen – unstreitig – zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten der Wohnung des Klägers getrennt sind, gehören die hierauf entfallenden – anteiligen – Aufwendungen zu den tatsächlichen Unterkunftskosten. Dies gilt unabhängig davon, dass die Regelung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 b) und c) der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (Wohnflächenverordnung – WoFlV, BGBl I 2003, 2346), wonach zur Wohnfläche nicht die Grundflächen von Zubehörräumen, insbesondere Abstellräume und Kellerersatzräume außerhalb der Wohnung und Waschküchen, gehören, darauf hindeuten, dass die beiden Abstellräume auch der Wohnfläche zuzurechnen sind.
Dem Anspruch des Klägers auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen zur Deckung seines Unterkunftsbedarfs steht nicht die vom Beklagten geltend gemachte Unangemessenheit der mietvertraglich geschuldeten Kosten entgegen. Der Senat kann offenlassen, ob die geltend gemachten Kosten der Unterkunft unangemessen hoch sind. Eine Begrenzung des Bedarfs auf „angemessene“ Kosten der Unterkunft ergibt sich nicht wegen des erstmaligen Abschlusses des Mietvertrags mit Wirkung zum 1. Juli 2016 während des laufenden Bezugs von Leistungen der Grundsicherung ohne Zustimmung des Beklagten. § 35 Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB XII sind auf die vorliegende Konstellation, in der erstmalig für eine bereits bewohnte Wohnung ein Mietvertrag abgeschlossen wird, nicht anwendbar.
§ 35 Abs. 2 Satz 3 SGB XII regelt, dass vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft Leistungsberechtigte den dort zuständigen Träger der Sozialhilfe über die nach § 35 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII maßgeblichen Umstände in Kenntnis zu setzen haben. Sind die Aufwendungen für die neue Unterkunft unangemessen hoch, ist der Träger der Sozialhilfe nach § 35 Abs. 2 Satz 4 SGB XII nur zur Übernahme angemessener Aufwendungen verpflichtet, es sei denn, er hat den darüberhinausgehenden Aufwendungen vorher zugestimmt.
Zwar normiert § 35 Abs. 2 Satz 3 SGB XII die Verpflichtung des Leistungsberechtigten zur Einholung einer Zusicherung vor Abschluss eines Mietvertrages, nach dem Wortlaut der Vorschrift besteht diese Obliegenheit (Löcken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 35 SGB XII [Stand: 25. Mai 2021], Rn. 158) hilfebedürftiger Personen indessen bei „Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft“, sie setzt also begrifflich einen Unterkunfts- bzw. Wohnungswechsel, mithin einen Umzug im Sinne einer räumlichen Veränderung, voraus (von einem „Umzug“ ausgehend: Löcken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 35 SGB XII [Stand: 25. Mai 2021], Rn. 157; Falterbaum in: Hauck/Noftz SGB XII, § 35 Bedarfe für Unterkunft und Heizung, [Stand: 3. Ergänzungslieferung 2022] Rn. 58; LPK-SGB XII/Berlit, 12. Aufl. 2020, SGB XII § 35 Rn. 86 ff.; Grube/Wahrendorf/Flint/Wrackmeyer-Schoene, 7. Aufl. 2020, SGB XII § 35 Rn. 55 ff.; vgl. auch HLSG, Urteil vom 28. August 2013 – L 9 AS 476/11 –, Rn. 29, juris zu § 22 SGB II; s. auch Luik in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl. 2021, § 22 Rn. 165 m.w.N.; von einer „neuen Wohnung“ ausgehend: BeckOK SozR/Gebhardt, 64. Ed. 1. März 2022, SGB XII § 35 Rn. 18). Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, vor dem Vertragsschluss und einem Umzug dem Leistungsberechtigten Klarheit über die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft zu verschaffen und so Streitigkeiten über die Angemessenheit vorzubeugen (Aufklärungs- und Warnfunktion); es eröffnet dem Sozialhilfeträger zudem die Möglichkeit, die leistungsberechtigte Person vor unüberlegten Schritten zu warnen und entsprechend zu beraten (LPK-SGB XII/Berlit, 12. Aufl. 2020, SGB XII § 35 Rn. 87). Die Informationspflicht liegt im Interesse dabei sowohl des Sozialhilfeträgers als auch des Hilfeempfängers, denn es können ggf. zusätzliche Aufwendungen vermieden werden. In einem Gespräch sollen wohnraumbezogene Handlungsmöglichkeiten des Hilfebedürftigen ausgelotet und dieser ggf. auch vor unüberlegten Schritten bewahrt werden. Geschützt werden sollen aber zum anderen auch die Interessen der Allgemeinheit, die tangiert werden können, wenn Leistungsberechtigte aufgrund unabgestimmter Entscheidungen mit unangemessenen Kosten belastet werden und dadurch in Notlagen geraten, denen dann mit ggf. erhöhten öffentlichen Mitteln begegnet werden muss (Löcken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 35 SGB XII [Stand: 25. Mai 2021], Rn. 159). Diese Zielrichtung rechtfertigt indessen nicht die Ausdehnung des Anwendungsbereichs über den Wortlaut hinaus durch analoge Anwendung der Norm auf Konstellationen, in denen – wie hier – keine neue Wohnung bezogen wird, sondern für die bereits bewohnte Unterkunft erstmalig ein Mietvertrag abgeschlossen wird, denn unabhängig davon, ob hier von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden kann, ist die Interessenlage nicht vergleichbar sondern ähnelt eher der Interessenlage, von Personen, deren zunächst kostenangemessene Unterkunft ohne Wohnungswechsel während des Leistungsbezuges unangemessen teuer wird, etwa durch eine Mieterhöhung, ein Absinken des örtlichen Mietniveaus oder den Auszug eines Mitbewohners bzw. den Tod eines Haushaltsangehörigen. Außer bei Missbrauchsfällen greift in den letzteren Konstellationen die Besitzstandsregel des § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII (LPK-SGB XII/Uwe-Dietmar Berlit, 12. Aufl. 2020, SGB XII § 35 Rn. 77; vgl. auch BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 8/09 R –, BSGE 104, 179, § 22 Nr. 24, Rn. 23; SG Hildesheim, Urteil vom 12. Februar 2016 – S 42 AY 23/14 –, Rn. 17, juris; OVG der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 16. Oktober 1989 – 2 B 110/89 –, juris). Soweit der Beklagte hierzu einwendet, dass die Verpflichtung zu einem Kostensenkungsverfahren dazu führe, dass der Sozialhilfeträger im Fall auch einer wiederholten Erhöhung der Kaltmiete diese jeweils für den Zeitraum von sechs Monaten übernehmen müsste, die Forderung nach einem Kostensenkungsverfahren würde den Sozialhilfeträger damit immer wieder zu Übernahme unangemessener Kosten verpflichten, entspricht die Durchführung des Kostensenkungsverfahrens den schutzwürdigen Interessen des Hilfebedürftigen daran, von einer unvorhergesehenen, abrupten Änderung einer gefestigten Wohnsituation und von einem Verlust seines bisherigen engeren sozialen Umfeldes für eine Übergangszeit verschont zu bleiben (Löcken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 35 SGB XII [Stand: 25. Mai 2021], Rn. 137, BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R –, BSGE 97, 231, Rn. 23). Darüber hinaus ist der Sozialhilfeträger dadurch hinreichend geschützt, dass § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII keinen generellen sechsmonatigen Bestandsschutz für unangemessen hohe Mieten i.S.e. Überlegungsfrist gewährt. Nur im Regelfall ist dem Leistungsberechtigten der Regel-Zeitraum zuzugestehen. Nach Lage des Einzelfalls kann es dem Leistungsberechtigten obliegen, die unangemessenen Kosten bereits vorher zu senken, wenn dies möglich und zumutbar ist, z.B. bei Einhaltung von Kündigungsfristen (Löcken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 35 SGB XII [Stand: 25. Mai 2021], Rn. 135 m. w. N.).
Selbst wenn die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Falles des Klägers angemessenen Umfang (konkrete Angemessenheit) übersteigen sollten, sind sie daher nach § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII als Bedarf des Klägers anzuerkennen. Dies gilt nach § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII solange, als es dem Kläger nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
§ 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII enthält eine Zumutbarkeitsregelung, die es verhindern soll, dass Leistungsberechtigte sofort (bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit) gezwungen sind, die bisherige Wohnung aufzugeben. Der Leistungsberechtigte hat ein schutzwürdiges Interesse daran, von einer unvorhergesehenen, abrupten Änderung seiner gefestigten Wohnsituation und von einem Verlust seines bisherigen engeren sozialen Umfeldes für eine Übergangszeit verschont zu bleiben. Schutzbedürftig sind danach insbesondere solche Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer unangemessenen Wohnung leben. Die Zumutbarkeitsfrist greift auch in Fällen, in denen die Unterkunftskosten während des Leistungsbezugs durch eine Mieterhöhung unangemessen werden und in denen sich die anteiligen Unterkunftskosten erhöhen, nachdem ein Haushaltsmitglied auszieht (Löcken in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 35 SGB XII [Stand: 25. Mai 2021], Rn. 137; vgl. auch Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 22 [Stand: 12. Januar 2022], Rn. 137 ff.). Die Obliegenheit zur Kostensenkung beginnt mit Kenntnis von der Unangemessenheit der Aufwendungen und den Folgen unterlassener Kostensenkung, die der Leistungsberechtigte in der Regel mit einer Kostensenkungsaufforderung seitens des Leistungsträgers erlangt. Die Kostensenkungsaufforderung ist nicht formelle Voraussetzung für die Absenkung der Leistung auf die angemessene Höhe nach § 35 Abs. 2 SGB XII. Die Kostensenkungsaufforderung hat (lediglich) Aufklärungs- und Warnfunktion. Diese Funktion erfordert die Angabe des aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Mietpreises (Bruttokaltmiete und Heizkosten sowie Warmwasser) und einen Hinweis auf die Rechtslage (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 70, Rn. 43; Urteil vom 19. März 2008 – B 11b AS 41/06 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 7, Rn. 21). Nur wenn der Leistungsberechtigte die Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten der Unterkunft (und Heizung) und den Angaben des Leistungsträgers zu dem von ihm als angemessen angesehenen Betrag kennt, kann der Leistungsberechtigte entscheiden, welche Maßnahmen einer Kostensenkung er ergreifen kann bzw. will. Die Kostensenkungsaufforderung stellt ein Angebot dar, in einen Dialog über die Angemessenheit der Unterkunftskosten einzutreten, ohne dabei aber den Leistungsträger zu verpflichten, im Einzelnen aufzuzeigen, auf welche Weise die Kosten der Unterkunft und Heizung gesenkt werden könnten (BSG, Urteil vom 15. Juni 2016 – B 4 AS 36/15 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 90, Rn. 15).
Ausgehend von diesen Grundsätzen kann dem Kläger eine Verletzung von Kostensenkungsbemühungen nicht vorgeworfen werden. Denn zwar hat ihn der Beklagte bereits mit Bescheid vom 14. Dezember 2016 mitgeteilt, dass er die vereinbarte Kaltmiete für zu hoch erachte, und ausgeführt, dass eine Kaltmiete in Höhe von 240 Euro für einen Einpersonenhaushalt angemessen sei, weshalb unter Berücksichtigung des dem Kläger über das Wohnrecht unentgeltlich zur Verfügung stehende Zimmer eine anteilige Kaltmiete in Höhe von 170,64 Euro angemessen sei. Bereits mit Bescheid vom 28. März 2017 ging der Beklagte sodann jedoch selbst davon aus, dass eine Kaltmiete in Höhe von 300 Euro angemessen sei. Soweit der Beklagte daher geltend macht, dass die Betreuerin bereits vor Abschluss des Mietvertrags Kenntnis – die sich der Kläger zurechnen lassen müsste – davon gehabt habe, dass die vereinbarte Kaltmiete unangemessen hoch sei, mag dies allenfalls für die den Quadratmeterpreis gelten, die konkrete Angemessenheitsgrenze hinsichtlich der Kaltmiete hat der Beklagte frühestens mit dem Bescheid vom 28. März 2017 mitgeteilt, während die für angemessen anerkannten Nebenkosten frühestens mit Bescheid vom 30. August 2017 mitgeteilt wurden. Ob diese Bescheide der Aufklärungs- und Warnfunktion einer Kostensenkungsaufforderung genügen, kann der Senat dahingestellt lassen, nachdem dem Kläger – wovon auch die Beteiligten selbst und das Sozialgericht ebenfalls ausgehen – zur Überzeugung des Senats eine Kostensenkung durch den Umzug in eine andere – kostengünstigere – Wohnung wegen der bei ihm bestehenden Behinderungen nicht zuzumuten ist.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist für die Frage der Zumutbarkeit eines Umzugs auch im Fall älterer Menschen eine Betrachtung des Einzelfalls unerlässlich (BSG, Urteil vom 2. September 2021 – B 8 SO 13/19 R –, juris Rn. 26 unter Hinweis auf Urteile vom 23. März 2010 - B 8 SO 24/08 R - SozR 4-3500 § 29 Nr. 1 Rn. 19; und vom 24. Februar 2016 - B 8 SO 11/14 R - BSGE 121, 12, Rn. 12), wobei allein der Umstand der Grundsicherungsberechtigung wegen Alters, des langjährigen Wohnens in der Bestandswohnung auf dem auf dem Hausgrundstück des Elternhauses in der Nachbarschaft naher Angehöriger für sich genommen noch keine Unzumutbarkeit einer Kostensenkung auslösen soll. Es bedarf vielmehr einer Würdigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls, in die neben der Behinderung des Leistungsberechtigten und der Bindung an das Wohnumfeld etwa auch die Notwendigkeit einer bestimmten Größe oder eines bestimmten Zuschnitts der Wohnung oder einer bestimmten, nur vor Ort gewährleisteten Betreuungsstruktur z. B. im Hinblick auf Pflegebedürftigkeit oder - bei fortschreitendem Alter - im Hinblick auf drohende Vereinsamung fallen kann (BSG, Urteil vom 2. September 2021 – B 8 SO 13/19 R –, juris, Rn. 26). Dem Kläger ist unter Berücksichtigung dieses Maßstabs die Kostensenkung durch den Umzug in eine andere Wohnung nicht zuzumuten, denn neben der konkreten Pflege- und Betreuungssituation, in der vor allem der Pflegebedarf des Klägers nach zwischenzeitlich Pflegegrad 5 durch die im Nachbarhaus lebende Nichte, seine Betreuerin, und deren Ehemann sichergestellt ist, fällt maßgeblich seine geistige Retardierung und Demenz in Kombination mit seiner eingeschränkten Sinneswahrnehmung und gestörten Kommunikationsfähigkeit ins Gewicht, die nach den Akten vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere dem Pflegegutachten vom 11. November 2016 und hausärztlichen Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin E. vom 30. September 2016 eine Eingewöhnung in eine anderes Wohnumfeld nicht bzw. nur mit dem Risiko einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers erlauben, namentlich ist die Gefahr epileptischer Anfälle gegeben. Angesichts der Schwere seiner Beeinträchtigung geht der Senat davon aus, dass sich der sehbehinderte Kläger in einer anderen Wohnung sich weder orientieren noch sonst sich, insbesondere ohne die gewohnte Betreuungssituation, ein- bzw. zurechtfinden würde.
Hinsichtlich der Obliegenheit des Klägers, Kostensenkungsbemühungen „auf andere Weise“ (§ 35 Abs. 2 Satz 2 3. Var. SGB XII) vorzunehmen, fehlt es demgegenüber jedenfalls schon einer ordnungsgemäßen Kostensenkungsaufforderung. Anders als regelmäßig bei der Kostensenkungsvariante eines Umzugs reicht insoweit der Hinweis auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten nicht aus, vielmehr fordert die höchstrichterliche Rechtsprechung hier weitere Angaben, die erkennen lassen, welche Kostensenkungsobliegenheiten der Sozialhilfeträger von dem Hilfebedürftigen erwartet, das gilt insbesondere, wenn eine Kostensenkung durch Absprachen mit dem Vermieter in Betracht zu ziehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010 – B 8 SO 24/08 R –, SozR 4-3500 § 29 Nr. 1, Rn. 23 m w. N.). Dem Kläger wäre es hier nämlich durchaus zuzumuten, bei seinen Vermietern um eine Senkung des Mietpreises, Ausklammerung ggf. eines der streitigen Nebenräume aus dem Mietverhältnis zur Senkung der Größe der Mietsache oder Untervermietung eins der Nebenräume nachzusuchen und eine nach den Angemessenheitskriterien des Beklagten entsprechende Vereinbarung herbeizuführen. Gerade aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehung zwischen dem Kläger und seiner Vermieterin, die zugleich seine Nichte und Betreuerin ist, besteht eine besondere sittliche Verantwortung, bei der Vereinbarung der Miete auf deren Angemessenheit zu achten, wenn der Mieter bedürftig im Sinne des SGB XII ist, die der sittlichen Verantwortung zwischen Eltern und Kindern vergleichbar sein dürfte.
Auch soweit der Beklagte die Unangemessenheit der mietvertraglich vereinbarten Nebenkosten beanstandet, die sich daraus ergebe, dass sich die Nebenkosten auch auf Anteile des Hauses bzw. Grundbesitzes bezögen, die nicht vom Kläger bewohnt würden, fehlt es an einer Kostensenkungsaufforderung, denn der Beklagte macht damit im Kern die Rechtswidrigkeit der entsprechenden Regelung im Mietvertrag bzw. der Berechnung der mietvertraglich vereinbarten Nebenkostenvorauszahlung geltend. Dies stellt besondere Anforderungen an das vom Leistungsträger durchzuführende Kostensenkungsverfahren. Der Leistungsträger muss dem Leistungsberechtigten seinen Rechtsstandpunkt und das von ihm befürwortete Vorgehen gegenüber dem Vermieter in einer Weise verdeutlichen, die den Leistungsberechtigten in die Lage versetzt, seine Rechte gegen den Vermieter durchzusetzen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 8/09 R –, BSGE 104, 179, Rn. 23). Bis zu den erforderlichen Erläuterungen durch das Informationsschreiben sind Maßnahmen der Kostensenkung für den Hilfebedürftigen regelmäßig subjektiv unmöglich i. S. des § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, es sei denn, nach den Umständen des konkreten Einzelfalls ist aufgrund des Kenntnisstandes des Hilfebedürftigen eine derartige Information entbehrlich. Von der Entbehrlichkeit ist dabei vorliegend nicht wegen der besonderen Konstellation, dass die Person der Betreuerin des Klägers mit der seiner Vermieterin zusammenfällt, auszugehen, denn obschon sich die Rechtsauffassung des Beklagten hinsichtlich der Art und Weise der Berechnung der nach seiner Auffassung angemessenen Nebenkosten aus den streitgegenständlichen Bescheiden ergibt, kann den Bescheiden nicht auch entnommen werden, wie der Kläger eine – nach Auffassung des Beklagten – ordnungsgemäße Berechnung gegenüber den Vermietern durchsetzen soll. Wegen des insoweit offenkundig bestehenden Interessenwiderspruchs in der Person der Betreuerin des Klägers hätte der Beklagte sich daher ggf. auch um die Einschaltung eines Ergänzungsbetreuers bemühen müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.