L 3 R 560/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 40 R 803/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 560/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15.05.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Streitig ist die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 6 Abs. 5 S. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität zu N, der Beigeladenen zu 3), vom 01.03.2016 bis zum 07.12.2016.

Die am 00.00.1969 geborene Klägerin war seit dem 20.11.2003 aufgrund ihrer Zulassung als Rechtsanwältin Mitglied in der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung, der Beigeladenen zu 1). In der Vergangenheit wurde sie mehrfach für befristete Tätigkeiten als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Universität bzw. als Doktorandin am K-Institut befreit, zuletzt mit Bescheid vom 12.07.2012 für eine Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität G vom 19.03.2012 bis zum 18.09.2012.

Am 01.04.2016 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Dauer einer zeitlich befristeten Beschäftigung vom 01.03.2016 bis zum 28.02.2018 als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Beigeladenen zu 3). Für diese Tätigkeit sei sie wie bisher von der Versicherungspflicht zu befreien. Entweder sei die Tätigkeit als Rechtsanwaltstätigkeit zu werten, da sie an der juristischen Fakultät für Forschung und Lehre tätig sei (rechtsberatend, rechtsvermittelnd, rechtsentscheidend, rechtsgestaltend) oder es komme eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 SGB VI Betracht. Hilfsweise beantrage sie die Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwältin. Sie habe die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin bei der Rechtsanwaltskammer München beantragt. Die Klägerin legte ihren Arbeitsvertrag mit der Beigeladenen zu 3) vom 19.02.2016 vor. Hiernach wurde sie ab dem 01.03.2016 befristet bis zum 28.02.2018 als Vollzeitbeschäftigte eingestellt. Die Klägerin wurde nach der Entgeltgruppe 13 des TV-L entlohnt.

Mit Bescheid vom 26.10.2016 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht für ihre Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Beigeladenen zu 3) ab dem 01.03.2016 ab. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 31.10.2012 – B 12 R 8/10 R stelle eine Erstreckung keinen eigenständigen Befreiungstatbestand dar, sondern setze eine nach § 6 Abs. 1 S. 1 SGB VI erteilte Befreiung voraus. Die Klägerin sei als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Beigeladenen zu 3) berufsfremd und befristet beschäftigt. Daneben liege keine aktuell wirksame Befreiung für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit für den Beruf als Rechtsanwältin vor. Eine Befreiung im Wege der Erstreckung könne daher nicht erfolgen.

Die Klägerin legte am 25.11.2016 Widerspruch ein. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 6 Abs. 5 SGB VI solle sicherstellen, dass die vorübergehende Ausübung einer „berufsfremden“ Beschäftigung den Betroffenen nicht zu einem Wechsel seines Alterssicherungssystems zwinge. Dabei sei es unerheblich, ob eine selbstständige oder angestellte Rechtsanwaltstätigkeit Grundlage für die Erstreckung von der Versicherungspflicht sei. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts betreffe einen anderen Sachverhalt. Vorliegend erstrecke sich die „gesetzliche“ Befreiung für die selbstständige Tätigkeit auf die berufsfremde Tätigkeit. Auch verstoße der Bescheid der Beklagten gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), da er zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung von selbstständigen Rechtsanwälten im Vergleich zu angestellten Rechtsanwälten führe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2017 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Das Bundessozialgericht habe klargestellt, dass § 6 Abs. 5 SGB VI keinen eigenen Befreiungstatbestand darstelle, sondern von seiner systematischen Stellung und der Gesetzesbegründung her als Bezugspunkt eine bereits nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI erteilte ursprüngliche Befreiung voraussetze und unmittelbar an diese anknüpfe. Für selbstständige Kammermitglieder, die ihren Kammerberuf ausübten und dabei nicht rentenversicherungspflichtig seien, scheide eine Erstreckung aus. Sie seien nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert und könnten daher auch nicht befreit werden.

Die Klägerin hat am 19.06.2017 Klage erhoben. Eine Grundbefreiung, die sich erstrecken könne, liege vor, da sie als selbstständige Rechtsanwältin kraft Gesetzes von der Rentenversicherungspflicht befreit sei. Diese Grundbefreiung erstrecke sich auch auf ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3), die im Voraus durch Vertrag zeitlich begrenzt gewesen sei, und die sie tatsächlich nur bis zum 07.12.2016 ausgeübt habe. Unerheblich sei, ob sich die Grundbefreiung aus einer Beschäftigung oder aus einer selbstständigen Tätigkeit ergebe. Andernfalls käme es zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung von selbstständigen Rechtsanwälten im Vergleich zu angestellten Rechtsanwälten. Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des 3. Senats des LSG NRW vom 16.07.2001 - L 3 RA 73/00 sei vorliegend nicht einschlägig, da der dortige Kläger keinen Antrag nach § 6 Abs. 5 SGB VI gestellt habe. Wenn schon ein grundsätzlich versicherungspflichtiger Beschäftigter oder ein grundsätzlich versicherungspflichtiger Selbstständiger sich auf Antrag unter den näheren Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht auch für eine Hauptbeschäftigung befreien lassen könne, müsse dies auch und erst recht für einen in seiner bisherigen Tätigkeit schon nicht der Rentenversicherungspflicht unterworfenen Selbstständigen gelten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2017 zu verpflichten, sie für die Dauer ihrer Tätigkeit vom 01.03.2016 bis zum 07.12.2016 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität zu Köln von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege einer Erstreckung nach § 6 Abs. 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat weiterhin die Auffassung vertreten, dass eine Befreiung von der Versicherungspflicht im Wege der Erstreckung nicht möglich sei, da es an einer Befreiung im Kammerberuf fehle. Die in der Vergangenheit ausgesprochenen Befreiungen hätten sich explizit nur auf die jeweiligen zeitlich befristeten berufsfremden Beschäftigungen bezogen.

Das Sozialgericht hat die Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung - Beigeladene zu1) -, die AOK Baden-Württemberg - Beigeladene zu 2) -, die Universität zu N - Beigeladene zu 3) - sowie die Rechtsanwaltskammer München – Beigeladene zu 4) - beigeladenen. Die Beigeladenen haben allesamt keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 1) hat mitgeteilt, dass für die Klägerin in der Zeit vom 01.03.2016 bis zum 07.12.2016 Pflichtbeiträge aus selbstständiger Tätigkeit als Rechtsanwältin festgesetzt und bezahlt worden seien (Grundbeitrag als Beitragsuntergrenze).

Durch Urteil vom 15.05.2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

„Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 8/10 R) setzt die Erstreckung einer für eine Beschäftigung erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auf eine andere, vorübergehende versicherungsfähige Beschäftigung voraus, dass die ursprünglichen Befreiungsvoraussetzung nach Abs. 1 Nr. 1 (Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständigen Versorgungseinrichtung und Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständigen Kammer) weiterhin vorliegen.

Das BSG fordert insoweit, dass bei einer Erstreckung der Befreiung eine ausdrückliche ursprüngliche Befreiung durch Verwaltungsakt vorliegt (BSG a.a.O.).

Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut und der Systematik der Vorschrift des § 6 SGB VI. Denn eine „Erstreckung“ setzt vom Wortsinn voraus, dass eine ursprüngliche Befreiung dem Grunde nach vorliegt. Die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI bezieht sich ausdrücklich und auch von ihrer Systematik her auf eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI.

Die Klägerin verfügt jedoch nicht über eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Sie war im streitigen Zeitraum nicht als Syndikusanwältin zugelassen und als solche von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit, sondern unterlag als selbständige Rechtsanwältin per Gesetz nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus einer teleologischen Auslegung der Vorschrift. Die Klägerin argumentiert insoweit zwar zu Recht, dass es Sinn der Vorschrift sei, Versorgungslücken des Betroffenen zu schließen. Bei einem grundsätzlich von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreiten Syndikusanwalt solle sich eine nur vorübergehend und zeitlich befristete anderweitige Tätigkeit nicht nachteilig auf die Altersvorsorge auswirken, wenn der Betroffene anderweitig abgesichert sei.

Um eine solche Fallkonstellation handelt es sich im Fall der Klägerin indes nicht. Die Klägerin ist weder als Syndikusanwältin von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Noch war sie seit ihrer Zulassung im November 2003 in erheblichem Umfang als zugelassene Rechtsanwältin tätig. Sie gibt selbst an, als selbständige Rechtsanwältin kein relevantes Einkommen erzielt zu haben. Die Klägerin ist vielmehr seit November 2006 überwiegend in der Wissenschaft tätig. Ihre Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin stellt damit keinen vorübergehenden Ausnahmetatbestand, sondern seit ihrer Zulassung im November 2003 vielmehr die Regel ihrer Beschäftigung dar.

Unter Berücksichtigung dieser Sachlage liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Dieser schreibt vor, dass gleichgelagerte Sachverhalte ohne sachliche Rechtfertigung gleich zu behandeln sind.

Vorliegend fehlt es an einer Vergleichbarkeit der betroffenen Sachverhalte.

Die Klägerin ist seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin im November 2006 überwiegend in der Wissenschaft angestellt tätig und nur beiläufig als selbständige Rechtsanwältin zugelassen. Demgegenüber wird von der Vorschrift des § 6 SGB VI der Fall eines Syndikusanwalts erfasst, der durch Verwaltungsakt von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit ist und zunächst als solcher gegen Entgelt tätig war. Eine Erstreckung der Befreiung kommt für ihn dann bei einer vorübergehend im Vorhinein befristeten anderweitigen Tätigkeit (z.B. in der Wissenschaft) in Betracht, solange er weiterhin als Syndikus von der Rentenversicherungspflicht befreit ist. So liegt der Sachverhalt hier indes nicht.“

Gegen das ihr am 17.06.2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.07.2019 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Befreiung kraft Gesetzes sich auch auf die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) erstrecke. Der Gesetzgeber habe in § 6 SGB VI den angestellten mit dem selbstständigen Angehörigen der freien Berufe gleichsetzen und ihn nicht gegenüber dem selbstständig Tätigen privilegieren wollen. Beide Gruppen könnten sich frei entscheiden, ob sie ihre Altersversorgung über das Versorgungswerk und/oder die Rentenversicherung gestalten wollten. Während das selbstständige Kammermitglied freiwillige Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung einzahlen könne (Opt-in Lösung), könne sich das angestellte Kammermitglied von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen (Opt-out Lösung). Entscheidend sei, dass bei beiden eine berufsfremde Tätigkeit nicht zu einem Wechsel des Alterssicherungssystems führen solle. Eine Ungleichbehandlung bei der Befreiung für vorübergehende berufsfremde Tätigkeit führe daher zu einem Verstoß gegen Art. 3 GG. Ferner sei zu beachten, dass ihr in der Vergangenheit in vergleichbaren Situationen eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15.05.2019 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2017 zu verpflichten, sie für die Dauer ihrer Tätigkeit vom 01.03.2016 bis zum 07.12.2016 an der Universität zu Köln von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege einer Erstreckung nach § 6 Abs. 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist erneut auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 31.10.2012 - B 12 R 8/10 R und führt ergänzend aus, dass ein Verstoß gegen Art. 3 GG nicht vorliege. Es liege im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, an den Lebenssachverhalt einer selbstständig ausgeübten Tätigkeit gänzlich andere Rechtsfolgen zu knüpfen als an den Lebenssachverhalt eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Es sei daher nicht geboten, eine verfassungskonforme Rechtsauslegung des § 6 Abs. 5 SGB VI der Gestalt vorzunehmen, dass von dieser Vorschrift auch Personen erfasst würden, die schon nicht der Versicherungspflicht unterlägen. Dementsprechend sei auch nicht von einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers auszugehen. Der Umstand, dass in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen eine Befreiung von der Versicherungspflicht ausgesprochen worden sei, führe nicht dazu, dass nunmehr nach dem Urteil des Bundessozialgerichts diese Verfahrensweise weiterhin anzuwenden sei.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Durch Beschluss vom 28.08.2019 hat der Senat die Beiladung der Rechtsanwaltskammer München aufgehoben.

Die Beigeladene zu 2) hat mitgeteilt, dass die Klägerin in der Zeit vom 01.03.2016 bis zum 07.12.2016 als Arbeitnehmerin in allen Zweigen sozialversicherungspflichtig gemeldet worden sei.

Auf Anfrage des Senats hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie nicht als Syndikusrechtsanwältin zugelassen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und der die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Az: 63 150269 M 550) Bezug genommen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 26.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Denn sie hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) in der Zeit vom 01.03.2016 bis zum 07.12.2016.

Ein Anspruch des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht weder nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, noch nach § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI für ihre in der Zeit vom 01.03.2016 bis zum 07.12.2016 bei der Beigeladenen zu 3) ausgeübte Beschäftigung.

Die Klägerin stand in der streitigen Zeit in einem festen Dienst- und Anstellungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 3), einer nichtanwaltlichen Arbeitgeberin. Die Klägerin hat der Beigeladenen zu 3) ihre Arbeitszeit und Arbeitskraft zur Verfügung gestellt und war in deren Arbeitsorganisation eingegliedert. Eine anwaltliche Berufsausübung ist in dieser äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich und kann dem Berufsfeld des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden (BSG in seinen Urteilen vom 03.04.2014 – B 5 RE 3/14 R, B 5 RE 9/14 R und B 5 RE 13/14 R).

Für ihre Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin kann eine Befreiung nicht ausgesprochen werden. In dieser Tätigkeit unterliegt die Klägerin nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, da sie diese nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt hat.

Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung als Syndikusrechtsanwältin scheidet schon deshalb aus, da die Klägerin nicht als solche zugelassen worden ist. Die Klägerin ist auch nicht im Wege der Erstreckung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihre bei der Beigeladenen zu 3) ausgeübten Tätigkeit zu befreien.

Nach § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI erstreckt sich die Befreiung in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, da wie bereits ausgeführt kein Fall des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VI vorliegt.

Voraussetzung für eine „Erstreckung“ ist bereits nach dem Wortsinn das Vorliegen einer Befreiung nach Abs. 1 Nr. 1 und 2. Nur ein bestehender Befreiungsstatus kann auf eine andere Tätigkeit erstreckt werden (BSG, Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R 8/10 R). Ebenso folgt aus dem weiteren Wortlaut der Vorschrift, dass ein Befreiungstatbestand des Abs. 1 Nr. 1 und 2 vorliegen muss. Denn nur „in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 und 2“ kann sich eine Befreiung erstrecken. Dies bedeutet, dass Bezugspunkt der Erstreckung eine Befreiung nach Abs. 1 Nr. 1 und 2 ist. Ohne eine Befreiung nach Abs. 1 und 2 ist eine Erstreckung auf eine andere Tätigkeit nicht möglich.

Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass eine Befreiung im Wege der Erstreckung für eine berufsfremde Tätigkeit nur für dem Grunde nach versicherungspflichtige Personen (z.B.: angestellte Rechtsanwälte) und nicht für nicht versicherungspflichtige Personen (z.B.: selbständige Rechtsanwälte) möglich ist.

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln und ist verletzt, wenn gesetzliche Bestimmungen, die verschiedene Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Dabei ist nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat.

Ein sachlicher Grund für eine Differenzierung liegt hier darin, dass zwischen Personen unterschieden wird, die grundsätzlich als versicherungspflichtig Beschäftigte den Regelungen des SGB VI unterliegen und solchen Personen, die der Gruppe der Selbständigen/Freiberufler angehören und daher grundsätzlich nicht von den Regelungen des SGB VI erfasst werden. Es liegt im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, an den Lebenssachverhalt eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses andere Rechtsfolgen zu knüpfen als an den Lebenssachverhalt einer selbständigen bzw. freiberuflichen Tätigkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.

 

Rechtskraft
Aus
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