1. Ein Anspruch nach § 64f Abs. 1 SGB XII setzt voraus, dass nach der Prognose im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung durch die Aufwendungen für die Alterssicherung Sozialhilfebedürftigkeit im Rentenalter vermieden werden kann.
2. Eine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI setzt voraus, dass der Pflegebedürftige einen Leistungsanspruch nach dem SGB XI hat. Bei Streit über das Bestehen der Versicherungspflicht entscheidet der zuständige Träger der Rentenversicherung durch Verwaltungsakt. Ein Vorgehen gegen den Sozialhilfeträger mit dem Begehren auf Zahlung von Pflichtversicherungsbeiträgen ist nicht zulässig.
Landessozialgericht Baden-Württemberg
L 7 SO 3983/20
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. November 2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerinnen begehren die Entrichtung bzw. Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen für die Klägerin Ziff. 2 wegen der Pflege der von der Beklagten Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) beziehenden Klägerin Ziff. 1.
Die 1940 geborene Klägerin Ziff. 1 ungeklärter Staatsangehörigkeit ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Bei ihr sind ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G und B seit 29. September 2008 festgestellt.
Bis 2008 bezog die Klägerin Ziff. 1 von der Stadt E Krankenhilfe und Hilfe zur Pflege. Seit Juli 2008 steht sie im Leistungsbezug bei der Beklagten.
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) hat bei der Klägerin seit Juli 2008 Pflegestufe I und eine in erhöhtem Maße eingeschränkte Alltagskompetenz (Gutachten vom 14. Mai 2009) sowie seit 8. Mai 2017 Pflegegrad 4 festgestellt (Gutachten vom 4. Juli 2017). Sie wohnt zusammen mit ihrem Enkel, S, der als ihr rechtlicher Betreuer bestellt ist, in einem Haushalt. Die Klägerin Ziff. 2 ist die Enkelin der Klägerin Ziff. 1 und ebenfalls als rechtliche Betreuerin bestellt. Die Klägerin Ziff. 1 ist pflegebedürftig und wird von ihrem Enkel sowie der 1983 geborenen, alleinstehenden Klägerin Ziff. 2, die im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) steht, gepflegt. Von der Beklagten bezieht sie Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Krankenhilfe und Hilfe zur Pflege in Form von Pflegegeld und Betreuungsleistungen.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin Ziff. 1 gemäß §§ 61, 64 SGB XII monatlich Pflegegeld in Pflegestufe I in Höhe von 244,00 EUR. Zusätzlich würden wie bisher Betreuungsleistungen in Höhe von 200,00 EUR ausbezahlt.
Ausweislich eines Vermerks (Bl. 195 VA) beantragte der Betreuer der Klägerin Ziff. 1 bei Abgabe (4. März 2015) des Folgeantrags auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und Hilfe zur Pflege für die Zeit ab 1. Mai 2015 die Übernahme von Rentenversicherungsbeiträgen für die Klägerin Ziff. 2.
Mit Bescheid vom 15. April 2015 teilte die Beklagte der Klägerin Ziff. 1 mit, dass der Antrag auf Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge für die Klägerin Ziff. 2 aufgrund ihrer Tätigkeit als Pflegeperson abgelehnt werde, da eine Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII nicht vorgesehen sei. Da die Klägerin Ziff. 1 nicht gesetzlich pflegeversichert sei, erhalte sie keine Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), sondern stattdessen Hilfe zur Pflege im Rahmen der Sozialhilfe nach dem SGB XII. Die Leistungen der Hilfe zur Pflege entsprächen nicht in vollem Umfang den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nach dem SGB XI. § 61 Abs. 2 Satz 2 SGB XII besage, dass sich der Inhalt der Leistungen der Hilfe zur Pflege nach den Regelungen der Pflegeversicherung für die in § 28 Abs. 1 Nr. 1 sowie 5 bis 8 SGB XI aufgeführten Leistungen bestimme. Leistungen zur Sicherung der Pflegepersonen (Rentenversicherungsbeiträge) nach § 44 SGB XI seien in § 28 Abs. 1 Nr. 10 SGB XI aufgeführt und somit für Empfänger von Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII ausgeschlossen.
Mit Bescheid vom 20. Dezember 2016 gewährte die Beklagte der Klägerin Ziff. 1 ab dem 1. Januar 2017 gemäß §§ 61, 64a SGB XII Pflegegeld für den Pflegegrad 2 in Höhe von monatlich 316,00 EUR. Weiterhin erhalte sie unverändert ein Budget für die Betreuung in Höhe von monatlich 200,00 EUR.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2017 gewährte die Beklagte der Klägerin Ziff. 1 ab 8. Mai 2017 Pflegegeld für den Pflegegrad 4 in Höhe von 728,00 EUR. Der Bewilligungsbescheid vom 20. Dezember 2016 werde für die Zeit ab 8. Mai 2017 aufgehoben.
Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 1. Mai 2017 bis 30. April 2018 (Bescheid vom 26. April 2017 in der Fassung des Bescheides vom 16. März 2018). Die Krankenhilfe nach §§ 47,48 SGB XII werde (wie bisher) in Höhe von monatlich insgesamt 516,00 EUR entsprechend dem Bescheid vom 20. Dezember 2016 weiterbewilligt. Für die Zeit vom 1. Mai 2018 bis 30. April 2019 bewilligte die Beklagte die Grundsicherungsleistungen weiter (Bescheid vom 16. März 2018). Die Krankenhilfe nach §§ 47, 48 SGB XII werde (wie bisher) weiterbewilligt. Die Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII (Pflegegeld für Pflegegrad 4 in Höhe von monatlich 728,00 EUR) werde entsprechend dem Bescheid vom 7. Juli 2017 bis auf Weiteres weiterbewilligt. Für die Zeit vom 1. Mai 2019 bis 30. April 2020 bewilligte die Beklagte die Grundsicherungsleistungen erneut weiter (Bescheid vom 26. April 2019 in der Fassung der Bescheide vom 16. Mai 2019, 7. November 2019 und 13. November 2019).
Gegen den Bescheid vom 7. Juli 2017 legte die Klägerin Ziff. 1 durch ihren Betreuer Widerspruch ein. Sie habe zwei Betreuer. Nur der Betreuer S erhalte Pflegegeld. Die Klägerin Ziff. 2 bekomme kein Geld. Beide betreuten sie 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche. Die Klägerin Ziff. 2 könne wegen ihr nicht arbeiten. Die Klägerin Ziff. 2 betreue sie den ganzen Tag. Der Betreuer S betreue sie danach, wenn er von der Arbeit heimkomme, und sei die ganze Nacht da. Außerdem erhalte die Klägerin Ziff. 2 keine Rente von der Beklagten. Sie seien bei der Rentenversicherung gewesen, weil die Klägerin Ziff. 2 nicht arbeiten könne. Dort sei gesagt worden, dass die Klägerin Ziff. 2 von der Beklagten eine Rente bekommen könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. §§ 63 ff. SGB XII regelten, welche Leistungsarten in Anspruch genommen werden könnten. Die Klägerin Ziff. 1 habe sich dabei für die Gewährung von Pflegegeld nach § 64a Abs. 1 SGB XII entschieden. Die Höhe des zu bewilligenden Pflegegeldes betrage gemäß § 37 SGB XI für Pflegebedürftige in Pflegegrad 4 monatlich 728,00 EUR. Bei der Höhe des Pflegegeldes spiele weder die Anzahl der Pflegepersonen eine Rolle, noch wer oder wie viele Personen als Betreuer eingetragen seien; es handele sich um einen Festbetrag. Die Auszahlung erfolge üblicherweise an den Antragsteller selbst; im vorliegenden Fall sei jedoch geregelt worden, dass die Auszahlung des Pflegegeldes auf das Konto des Betreuers S erfolgen solle. Wie die Klägerin Ziff. 1 das Pflegegeld letztendlich für ihre Bedürfnisse verwende und gegebenenfalls auf die Pflegepersonen aufteile, bleibe ihr selbst überlassen. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass der notwendige Lebensunterhalt der Klägerin Ziff. 1 über die laufende SGB II-Leistungsgewährung des Jobcenters sichergestellt sei und diese für die andauernde Pflegetätigkeit vom Nachweis ihrer Erwerbsobliegenheit freigestellt worden sei bzw. werden könne. Gemäß § 64f Abs. 1 SGB XII seien zusätzlich zum Pflegegeld die Aufwendungen für die Beiträge einer Pflegeperson für eine angemessene Alterssicherung zu erstatten, soweit diese nicht anderweitig sichergestellt sei. Die Beiträge seien in der Regel für eine gesetzliche Rentenversicherung zu übernehmen. Pflegebedürftige, die allein einen Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach den Regelungen des SGB XII hätten, könnten Ansprüche auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung nach den Vorschriften des SGB XI nicht geltend machen. Für die Durchführung der Rentenversicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) fehle es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Der Träger der Sozialhilfe sei in diesen Fällen auch nicht berechtigt, anstelle der Pflegekasse bzw. des privaten Versicherungsunternehmens die Zahlung von Pflichtbeiträgen zu übernehmen. Eine Übernahme von Beiträgen für die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI sei selbst dann nicht zulässig, wenn Leistungen für eine angemessene Alterssicherung der pflegenden Person gewährt würden. Dies habe zur Folge, dass Pflegepersonen Pflichtbeitragszeiten nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nicht erwerben könnten. Übrig bleibe allein eine mögliche Absicherung der Pflegeperson über die freiwillige Versicherung (§§ 7, 232 SGB VI). Die Beiträge dafür seien jedoch nur zu übernehmen, wenn dadurch für die Pflegeperson eine der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbare angemessene Alterssicherung bis zum Erreichen der Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht werden könne. Die angemessene Alterssicherung sei als gesichert anzusehen, wenn durch die gezahlten Beiträge eine Versicherungsleistung erwartet werden könne, die einen späteren Anspruch der Pflegeperson auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem 3./4. Kapitel SGB XII ausschließe. Dies sei im vorliegenden Fall gerade nicht mehr zu erwarten. Aufgrund des bereits hohen Lebensalters der Pflegebedürftigen sei nicht davon auszugehen, dass bei Gewährung der angemessenen Rentenversicherungsbeiträge für die Klägerin Ziff. 2 für die Dauer der zu erwartenden Pflegebedürftigkeit der Klägerin Ziff. 1 ein derart hoher Rentenanspruch entstehen könne, dass zukünftig im Alter ein Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem 3./4. Kapitel SGB XII vermieden werde. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil nach den Erkenntnissen der Beklagten die Klägerin Ziff. 2 in der Vergangenheit selbst keine dafür hinreichend ausreichenden Beiträge auf ihrem gesetzlichen Rentenversicherungskonto habe bilden können.
Am 17. Oktober 2017 haben die Klägerinnen Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Die Klägerin Ziff. 1 habe Anspruch auf Übernahme der Beiträge zur angemessenen Alterssicherung ihrer Pflegeperson, der Klägerin Ziff. 2, gemäß § 64f SGB XII. Die Klägerin Ziff. 2 wolle gerne eine angemessene Alterssicherung erwerben. Sie sei auf Leistungen des Jobcenters angewiesen, weil sie aufgrund der Pflege der Klägerin Ziff. 1 nicht in der Lage sei, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Sie seien der Auffassung, dass die Klägerin Ziff. 2 gemäß § 3 Nr. 1a SGB VI pflichtversichert in der Rentenversicherung sein müsste. Weshalb Pflegepersonen von Pflegebedürftigen bei den Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII ausgenommen sein sollten, erschließe sich nicht, weshalb es für ein redaktionelles Versehen gehalten werde. Eine Ungleichbehandlung von Pflegepersonen danach, ob eine Pflegeversicherung des Pflegebedürftigen bestanden habe oder Hilfe zur Pflege gewährt werde, sei verfassungswidrig. Die Klägerin Ziff. 2 werde deshalb bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag stellen und die Feststellung ihrer Versicherungspflicht beantragen. Unabhängig davon bestehe jedoch ein Anspruch auf die Übernahme der freiwilligen Beiträge zur Rentenversicherung gemäß §§ 7, 232 SGB V (gemeint VI). Soweit die Beklagte insoweit die Angemessenheit der Altersvorsorge verneint habe, verkenne sie, dass es nicht auf das Alter des Hilfebedürftigen ankommen könne, um zu berechnen, ob ein bedarfsdeckender Rentenanspruch mit Beitragsleistungen zur Rentenversicherung für die Klägerin Ziff. 2 erzielt werden könne. Letztlich komme es eher darauf an, ob die Klägerin Ziff. 2 noch in der Lage sei, einen entsprechenden Rentenanspruch zu erzielen. Zum anderen sei verkannt worden, in welcher Höhe Beiträge zur Rentenversicherung für die Klägerin Ziff. 2 zu zahlen wären. Diese seien entsprechend § 44 Abs. 1 SGB IX (gemeint XI), 166 Abs. 2 SGB VI zu berechnen. In den Verwaltungsakten fänden sich keinerlei Ermittlungen dahingehend, ob die Klägerin Ziff. 2 bereits eine eigene Rentenanwartschaft erworben habe und die freiwilligen Beiträge in Ergänzung einen Rentenanspruch ergeben würden, der über einem Sozialhilfeanspruch liegen würde. Auch der Zeitraum bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze der Klägerin Ziff. 2 sei zu berücksichtigen. Das Vorenthalten der Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit der Pflege der Klägerin Ziff. 1 könnten für die Klägerin Ziff. 2 letztendlich irgendwann genau die entscheidenden Monate sein, die ihr dann zum Erreichen eines eigenen ausreichenden Rentenanspruchs fehlten. Dies sei im Hinblick auf die vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollte Stärkung der häuslichen Pflege innerhalb der Familie inakzeptabel.
Mit Urteil vom 10. November 2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Sachurteilsvoraussetzungen könne offenbleiben, ob und gegebenenfalls wer von den beiden Klägerinnen klagebefugt bzw. rechtsschutzbedürftig sei. Aufgrund der zumindest mittelbaren Drittwirkung des angefochtenen Verwaltungsaktes könne ein rechtlich schützenswertes Interesse bzw. eine Beschwer im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht nur hinsichtlich der Klägerin Ziff. 1, sondern auch bezüglich der Klägerin Ziff. 2 bestehen. Es fehle jedenfalls an den gesetzlichen Voraussetzungen für den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Erlass eines Grundurteils. Der Erlass eines Grundurteils könne nicht erfolgen, wenn der gestellte Antrag so verstanden würde, dass neben der Aufhebung des Bescheides vom 7. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2017 auch eine Verurteilung der Beklagten zum Beitritt zur Beitragsschuld der Klägerin Ziff. 2 (aus ihrer vermeintlichen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung bei einem vom Gericht nicht feststellbaren Rentenversicherungsträger für den Zeitraum 1. Mai 2017 bis 10. November 2020) tituliert werden sollte. Ein Schuldbeitritt lasse sich nicht unter dem Begriff der „Geldleistung“ im Sinne des § 130 SGG subsumieren. Der formulierte Klageantrag sei auch nicht einer sachlichen Auslegung dergestalt zugänglich, dass die Klägerinnen lediglich die Verurteilung der Beklagten zu einer Geldleistung beantragten. Die beanspruchte Geldleistung sei nicht hinreichend bestimmt, weil offenbleibe, welche Rentenversicherungsträger gemeint sei, und ob die Beiträge schon auf das Versicherungskonto eingezahlt worden seien. Außerdem seien nicht sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für das Bestehen des Erstattungsanspruchs festzustellen. Die Klägerinnen hätten nicht ansatzweise dargelegt, ob, inwiefern, an wen und in welcher Höhe ab Mai 2017 bereits Beiträge zur Alterssicherung der Klägerin Ziff. 2 geschuldet oder gezahlt worden seien. Es sei auch nicht dargelegt worden, auf welcher Rechtsgrundlage noch nachträglich eine rückwirkende Beitragszahlung zur gesetzlichen Alterssicherung ab Mai 2017 nach Abschluss des Klageverfahrens rechtlich möglich sein sollte. Die Klage sei überdies auch aus den Gründen des angefochtenen Verwaltungsaktes der Beklagten unbegründet. Die Klägerin Ziff. 2 sei aufgrund der Pflege der Klägerin Ziff. 1 jedenfalls keiner Rechtspflicht zur Leistung von Aufwendungen für eine Alterssicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgesetzt. Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage für eine Rentenversicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI lägen nicht vor. Der Ausschluss aus einer Rentenversicherungspflicht erfolge nicht im Wege einer Gesetzeslücke, sondern anhand des eigens dafür eingefügten Tatbestandsmerkmals „und Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung oder einer privaten Pflege-Pflichtversicherung hat“. Der Gesetzgeber füge nicht versehentlich ganze Halbsätze ein. Vielmehr verfolge er mithilfe des Ausschlusses einen legitimen Zweck. Beitragszahlungen eines Mitglieds rechtfertigten eine Privilegierung des beitragszahlenden Mitglieds gegenüber nicht beitragszahlenden Nichtmitgliedern. Dass für die Klägerin Ziff. 2 im streitbefangenen Zeitraum auch ohne Versicherungspflicht freiwillig Aufwendungen zur Alterssicherung in der gesetzlichen oder in einer privaten Rentenversicherung getätigt worden wären, sei für das Gericht nicht feststellbar. Selbst dann, wenn irgendwelche Aufwendungen zur Alterssicherung festzustellen gewesen wären, müsste die Beklagte diese nicht nach § 64f Abs. 1 SGB XII erstatten, weil deren Tätigung nicht „angemessen“ im Sinne der Norm gewesen wäre. Prognostisch sei davon auszugehen, dass die Klägerin Ziff. 2 über keine ausreichende Hinterbliebenen- oder Alterssicherung verfügen werde.
Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 27. November 2020 zugestellte Urteil haben die Klägerinnen am 15. Dezember 2020 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Die Frage nach dem für die Klägerin Ziff. 2 zuständigen Rentenversicherungsträger sei vom SG nicht ausermittelt worden. Es habe über die Mitteilung, dass bisher kein Rentenversicherungsträger bekannt sei, insoweit keine Obliegenheit der Klägerinnen bestanden. Im Falle der Gewährung von Rentenversicherungsbeiträgen aus der Pflegepflichtversicherung bzw. im Rahmen der Hilfe zur Pflege obliege es dem Leistungsträger, zu ermitteln, an wen die Beiträge zu erbringen seien. Es habe eine Rechtspflicht der Beklagten zu Leistungen für die Alterssicherung der Klägerin Ziff. 2 bestanden, da in § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI eine Rentenversicherungspflicht der Pflegeperson in der gesetzlichen Rentenversicherung normiert werde. Auch wenn in der Vorschrift die Pflegebedürftigen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII erhielten, nicht explizit genannt seien, bestehe ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers. Des Weiteren hielten sie den Hinweis darauf, dass die Klägerin Ziff. 2 keine angemessene Altersversorgung mehr erreichen könne, für zynisch. Die Annahme einer angemessenen Altersvorsorge unter den von der Beklagten vorgebrachten Kriterien benachteilige zudem Frauen. Diese hätten häufiger von Erziehungszeiten unterbrochene Erwerbsbiografien und arbeiteten Teilzeit, was bereits zu geringeren Rentenanwartschaften führe. Übernähmen diese dann auch noch Zeiten der Pflege für Familienangehörige, werde ihnen vorgehalten, dass diese Erwerbsbiografie üblicherweise nicht zu einer angemessenen Alterssicherung führe und erhielten deshalb keine weiteren Ansprüche im Rahmen des § 64f SGB XII. Dieser Ansatz passe nicht zur gesetzgeberischen Stärkung der Pflege, insbesondere auch der häuslichen Pflege. Auch unter Miteinbeziehung der Rentenversicherungsbeiträge für die Klägerin Ziff. 2 dürften die derzeitigen Aufwendungen deutlich unter denen liegen, die im Fall des Umzugs in ein Pflegeheim anfallen würden.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10. November 2020 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 7. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2017 zu verurteilen, der Klägerin Ziff. 1 Leistungen der Hilfe zur Pflege in der Gestalt der Gewährung der Aufwendungen der Klägerin Ziff. 2 für deren Altersabsicherung bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 1. Mai 2017 bis 10. November 2020 dem Grunde nach in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ihr erschließe sich auch nicht, warum es nicht Aufgabe der Klägerin Ziff. 2 sein sollte, bei Gericht anzugeben, welcher Rentenversicherung sie angehöre.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten 1. und 2. Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufungsausschlussgründe des § 144 Abs. 1 SGG nicht entgegenstehen.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 7. Juli 2017, mit dem die Beklagte der Klägerin Ziff. 1 Pflegegeld ab 8. Mai 2017 für Pflegegrad 4 gewährt hat, wogegen sie sich mit dem dagegen eingelegten Widerspruch insoweit gewehrt hat, als nicht zusätzlich Beträge für eine Alterssicherung für die Klägerin Ziff. 2 übernommen, somit konkludent abgelehnt worden sind, worüber die Beklagte sodann mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2017 (§ 95 SGG) entschieden hat.
Für das Begehren der Klägerinnen ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGG) statthaft.
Die Klage der Klägerin Ziff. 2 war jedoch bereits schon deshalb abzuweisen, weil sie unzulässig ist. Die Klägerin Ziff. 2 ist nicht klagebefugt. Eine formelle Beschwer nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ergibt sich für die Klägerin Ziff. 2 nicht bereits aus der im Hinblick auf die (konkludente) Ablehnung der Übernahme von Altersvorsorgebeiträgen teilweise belastenden Wirkung des angefochtenen Bescheides vom 7. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2017 (vgl. Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 54 SGG Rdnr. 41), denn dieser ist nicht an die Klägerin Ziff. 2 gerichtet. Die erforderliche formelle Beschwer folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin in sonstiger Weise durch die Ablehnung in eigenen Rechten verletzt sein könnte. Denn sie kann einen (eigenen) Anspruch auf Erstattung ihrer Beiträge zu einer angemessenen Alterssicherung nicht herleiten. Nach § 64f Abs. 1 SGB XII in der ab 1. Januar 2017 geltenden Fassung vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I 3191) sind zusätzlich zum Pflegegeld nach § 64a Abs. 1 die Aufwendungen für die Beiträge einer Pflegeperson oder einer besonderen Pflegekraft für eine angemessene Alterssicherung zu erstatten, soweit diese nicht anderweitig sichergestellt ist. Bereits der Wortlaut der Vorschriften macht deutlich, dass der Anspruch nicht der Pflegeperson selbst zugestanden wird, sondern lediglich der hilfebedürftigen gepflegten Person (Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 22. Juni 1978 – V C 31.77 – BVerwGE 56, 88 ff.; BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1978 – V C 32.77 – BVerwGE 56, 96ff.); die Pflegeperson ist mithin lediglich im Sinne eines Rechtsreflexes Nutznießer dieser gesetzlichen Regelung (BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 – B 8 SO 15/10 R – SozR 4-3500 § 19 Nr. 3 = SozR 4-3500 § 65 Nr. 3, jeweils Rdnr. 14). Ein bloßer Rechtsreflex reicht jedoch für die Begründung einer Klagebefugnis nicht aus (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 54 Rdnr. 10).
Soweit die Klägerinnen von der Beklagten eine Beitragszahlung an die Deutsche Rentenversicherung als Pflichtbeiträge begehren, ist die Klage ebenfalls unzulässig.
Nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI sind versicherungspflichtig Personen in der Zeit, in der sie eine oder mehrere pflegebedürftige Personen mit mindestens Pflegegrad 2 wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, in ihrer häuslichen Umgebung nicht erwerbsmäßig pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung oder einer privaten Pflege-Pflichtversicherung hat. Eine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI setzt danach voraus, dass der Pflegebedürftige einen Leistungsanspruch nach dem SGB XI hat. Dass dies bei der Klägerin Ziff. 1 nicht der Fall ist, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Aber auch ausgehend vom Standpunkt der Klägerin Ziff. 1, die sich auf das Bestehen einer Versicherungspflicht beruft, ist jedenfalls Voraussetzung der Pflicht zur Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung für eine nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson deren Versicherungs- und Beitragspflicht. Besteht hierüber Streit, entscheidet der zuständige Träger der Rentenversicherung durch Verwaltungsakt (BSG, Urteil vom 23. September 2003 – B 12 P 2/02 R – SozR 4-2600 § 3 Nr. 1 = SozR 4-3300 § 44 Nr. 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr. 1, jeweils Rdnrn. 11, 14). Solange vom zuständigen Rentenversicherungsträger eine solche Beitragspflicht nicht festgestellt worden ist, ist eine Klage auf Zahlung von Beiträgen an den Rentenversicherungsträger bereits unzulässig (BSG a.a.O.). Eine Feststellung des Rentenversicherungsträgers über das Bestehen einer Versicherungspflicht der Klägerin Ziff. 1 liegt nicht vor; es ist auch nicht ersichtlich, dass eine solche bislang auch nur in die Wege geleitet worden wäre. Insofern fehlt es schon aus diesem Grund an jeglicher Grundlage für eine Beitragszahlung durch die Beklagte, für die im Übrigen auch eine Beitragstragung im SGB VI nicht vorgesehen ist; vielmehr ist für Versicherungspflichtige nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI stets die Pflegekasse zur Tragung der Beiträge verpflichtet (vgl. § 170 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI). Darauf, ob die Klägerinnen eine fehlende Versicherungspflicht für verfassungswidrig halten, kommt es danach vorliegend nicht an, da die Beklagte für eine derartige Feststellung nicht der richtige Klagegegner ist. Selbst wenn eine entsprechende Versicherungspflicht festgestellt wäre, wäre die Klage gegen die Beklagte unzulässig. Denn bei Bestehen einer gesetzlichen Versicherungspflicht nach § 3 SGB VI resultiert daraus kein Anspruch des Pflegenden gegen den zuständigen Versicherungsträger auf Zahlung der Beiträge an den Rentenversicherungsträger (BSG, Urteil vom 23. September 2003 – B 12 P 2/02 R – SozR 4-2600 § 3 Nr. 1 = SozR 4-3300 § 44 Nr. 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr. 1). Allenfalls hat der Pflegende, zu dessen Gunsten bereits die Vermutung des § 199 SGB VI über eine Zahlung der Beiträge gilt, einen Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger auf Einzug der Beiträge (BSG, Urteil vom 23. September 2003 – B 12 P 2/02 R – SozR 4-2600 § 3 Nr. 1 = SozR 4-3300 § 44 Nr. 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr. 1; BSG, Urteil vom 2. Februar 2012 – B 8 SO 15/10 R – SozR 4-3500 § 19 Nr. 3 = SozR 4-3500 § 65 Nr. 3, jeweils Rdnr. 15).
Im Übrigen ist die Klage jedenfalls unbegründet. soweit die Klägerin Ziff. 1 die Übernahme von Beiträgen für eine Altersvorsorge der Klägerin Ziff. 2 begehrt.
Gemäß § 64f Abs. 1 SGB XII sind zusätzlich zum Pflegegeld nach § 64a Abs. 1 SGB XII die Aufwendungen für die Beiträge einer Pflegeperson oder einer besonderen Pflegekraft für eine angemessene Alterssicherung zu erstatten, soweit diese nicht anderweitig sichergestellt ist. Voraussetzung ist darüber hinaus das Vorliegen von mindestens Pflegegrad 2 beim Pflegebedürftigen (vgl. § 63 Abs. Nr. 1 SGB XII). Bei der Klägerin Ziff. 1 ist für den streitgegenständlichen Zeitraum Pflegegrad 4 festgestellt und sie erhält entsprechendes Pflegegeld nach § 64a Abs. 1 SGB XII. Gleichwohl besteht kein Anspruch der Klägerin Ziff. 1 auf die Erstattung von Aufwendungen für die Beiträge einer Pflegeperson, hier der Klägerin Ziff. 2, für eine angemessene Alterssicherung.
Dass die Klägerin Ziff. 2 eine andere Altersvorsorge als eine solche nach dem SGB VI in Betracht zöge und eine Erstattung von bereits geleisteten Altersvorsorgebeträgen im Betracht käme, ist nicht ersichtlich. Insofern kommt allenfalls noch eine freiwillige Versicherung der Klägerin Ziff. 2 und eine Zahlung von entsprechenden Beiträgen an die Klägerin Ziff. 1 im Betracht. Dem steht zunächst nicht grundsätzlich entgegen, dass von der Klägerin Ziff. 2 bislang keine Aufwendungen getätigt worden sind. Insbesondere kann aus dem Wort „erstatten“ ebenso wenig wie aus dem Wort „ersetzen“ im früheren § 69 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) weder hergeleitet werden, dass die Pflegeperson freiwillige Beiträge bereits (nach-)entrichtet hat, noch, dass eine Beitragsentrichtung nicht auch durch die Beklagte als Sozialhilfeträgerin in Betracht kommt. Andernfalls würde die Regelung ihren Zweck, der Pflegeperson zu einer Altersversorgung zu verhelfen, in allen den an Zahl nicht geringen Fällen nicht erfüllen können, in denen die Pflegeperson mangels eigener Mittel die Beiträge nicht zunächst selbst zu entrichten vermag (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1978 – V C 32.77 – BVerwGE 56, 96 ff., juris Rdnr. 7). Zudem sind Beiträge zur freiwilligen Versicherung nach § 7 SGB VI weder von einem entsprechenden Antrag noch von einer Zulassung durch den Rentenversicherungsträger abhängig (Guttenberger in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2021, SGB VI § 7 Rdnr. 9). Zwar sind freiwillige Beiträge nur wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (§ 197 Abs. 2 SGB VI), sodass eine Beitragszahlung für den beantragten Zeitraum vom 1. Mai 2017 bis 10. November 2020 nicht mehr wirksam möglich wäre. Gemäß § 197 Abs. 3 VI ist jedoch in Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren, wenn der Antrag innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wird und die Beitragszahlung binnen einer vom Träger der Rentenversicherung zu bestimmenden angemessenen Frist erfolgt. Angesichts der bereits angesprochenen Zweckverfehlung der Regelung des § 67f SGB XII für den Fall, dass eine Nachentrichtung nicht zugelassen würde, ist auch von einer schuldlosen Verhinderung der Versicherten, hier der Klägerin Ziff. 2, an der rechtzeitigen Beitragszahlung auszugehen, sodass eine Beitragszahlung auch für den geltend gemachten Zeitraum grundsätzlich noch zuzulassen sein müsste.
Unabhängig von der Frage des für die Zulassung einer Nachentrichtung nach § 198 Abs. 3 SGB VI ebenfalls erforderlichen Vorliegens einer Härte, fehlt es vorliegend jedenfalls an einer Angemessenheit der Beiträge im Sinne des § 64f Abs. 1 SGB XII. Dem Begriff der Angemessenheit kommt dabei eine doppelte Bedeutung zu: Zum einen müssen die durch den Sozialhilfeträger geleisteten Beiträge, d.h. die ihm entstehenden Kosten angemessen sein. Zum anderen muss aus der Übernahme solcher Beiträge aber auch eine der Höhe nach angemessene Alterssicherung erwartet werden können (Meßling in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 64f Rdnr. 19). Hinsichtlich der Höhe der zu erwartenden Altersversorgung hat das BVerwG zum früheren § 69b BSHG entschieden, dass eine Alterssicherung dann als angemessen zu erachten ist, wenn sie voraussichtlich oberhalb des Niveaus der Hilfe zum Lebensunterhalt liegt und zwar unter Berücksichtigung von Regelsatz plus Unterkunftskosten zuzüglich eines Mehrbedarfszuschlags (BVerwG, Urteil vom 10. September 1992 – 5 C 25/88 – juris; BVerwG, Urteil vom 22. März 1990 – 5 C 40/86 – BVerwGE 85, 102ff.). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die prognostisch zu ermittelnde Alterssicherung der Pflegeperson und für den gegenüberzustellenden sozialhilferechtlichen Bedarf ist regelmäßig der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung. Dabei ist darauf abzustellen, ob die Pflegeperson voraussichtlich für ihr Alter eine (angemessene) Versorgung zu erwarten haben wird, dies auf der Grundlage der – bezogen auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt – gegenwärtig bekannten allgemeinen und individuellen Gegebenheiten, orientiert an den typischen Erwartungen hinsichtlich des gewöhnlichen Verlaufes eines solchen Lebens; das heißt, es sind aus diesem Rahmen herausfallende Ereignisse (z.B. eine sich noch nicht abzeichnende Ehescheidung) nicht in die Betrachtung einzubeziehen, auch wenn sie im Laufe des Lebens der Pflegeperson noch eintreten können, sich also theoretisch nicht ausschließen lassen (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1978 – V C 31.77 – BVerwGE 56, 88ff., juris Rdnr. 13). Die auf diese Weise prognostisch ermittelte abgeleitete Alterssicherung der Pflegeperson ist – wiederum fixiert auf den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt – den Leistungssätzen des Sozialhilferechts gegenüberzustellen. Zwar handelt es sich dabei nicht um Beiträge, die in der Zukunft – im Fall des Eintritts der Notwendigkeit der Altersversorgung der Pflegeperson – maßgebend sein werden. Jedoch kann hierauf im Interesse einer – ohnehin nur äußerst schwer zu erreichenden – Praktikabilität der gesetzlichen Regelung verzichtet werden, weil beide Einsatzwerte aller Voraussicht nach in der Zukunft Steigerungen erfahren werden, wobei kein Anhalt dafür besteht, dass die Leistungssätze der Sozialhilfe in höherem Maße steigen werden als die Leistungen aus der Rentenversicherung (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 1978 – V C 31.77 – BVerwGE 56, 88ff., juris Rdnrn. 17). Eine andere Beurteilung ist auch für die Bestimmung der Angemessenheit der Altersversorgung im Rahmen des § 64f Abs. 1 SGB XII nicht gerechtfertigt. Sinn und Zweck von § 64f Abs. 1 SGB XII als Leistung der Sozialhilfe kann kein anderer sein als der des früheren § 69 BSHG, nämlich zu vermeiden, dass die Pflegeperson wegen der von ihr übernommenen Pflege und der möglicherweise dadurch versäumten Altersvorsorge im Alter in die Sozialhilfeabhängigkeit fällt, nicht aber, der Pflegeperson im Alter einen mindestens durchschnittlichen Lebensstandard zu bieten. Deshalb ist als angemessen richtigerweise nur diejenige Alterssicherung zu beurteilen, die einen späteren Sozialhilfebezug überflüssig macht (BVerwG, Urteil vom 22. März 1990 – 5 C 40/86 – BVerwGE 85, 102ff., juris Rdnr. 11). Eine unter dem Sozialhilfeniveau liegende Alterssicherung kann daher nicht als angemessen beurteilt werden (Meßling in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 64f, Rdnr. 21). Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hat die Beklagte zutreffend dargelegt, dass die Klägerin Ziff. 2 nach den gegenwärtig bekannten allgemeinen und individuellen Gegebenheiten, orientiert an den typischen Erwartungen hinsichtlich des gewöhnlichen Verlaufes eines solchen Lebens, keine Alterssicherung auch nur annähernd in Höhe des Sozialhilfeniveaus erreichen wird (Schreiben der Beklagten vom 9. April 2018, Bl. 40/42 SG-Akten). Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die 1983 geborene Klägerin Ziff. 2 bisher noch keine Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet hat. Auch wenn die Klägerinnen diese Prognose für zynisch erachten, haben sie nicht dargelegt, wie die Klägerin Ziff. 2 ausgehend von den Gegebenheiten zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt eine Altersversorgung in Höhe ihres Sozialhilfebedarfs erlangen können sollte. Dass die Klägerin Ziff. 2 bis zum Eintritt ins Rentenalter noch viele Beitragsjahre zurücklegen kann, hat die Beklagte bei ihrer Prognose berücksichtigt. Auch eine Benachteiligung von Frauen bei Zugrundelegung der vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Kriterien, die auch die Beklagte der Prognose zugrunde gelegt hat, ist nicht erkennbar. Dass Frauen häufiger von Erziehungszeiten unterbrochene Erwerbsbiografien haben und in Teilzeit arbeiten, was zu geringeren Rentenanwartschaften führt, kann nicht durch die Übernahme von Altersvorsorgebeiträgen ausgeglichen werden. Die Zeiten der Pflege, für die die Übernahme von Altersvorsorgebeiträgen infrage steht, sind lediglich ein Teil der im Übrigen für die Prognose zu berücksichtigenden Rentenzeiten. Es ist nicht Sinn und Zweck des § 64f SGB XII, der Pflegeperson aus Mitteln der Sozialhilfe Rentenanwartschaften zu verschaffen, die sie ohne die Pflegezeit voraussichtlich nicht erreichen würde. Dass die Klägerin Ziff. 2 ohne die Pflege der Klägerin Ziff. 1 bzw. unter Berücksichtigung der Pflegezeit als (freiwillige) Beitragszeiten nach dem SGB VI eine angemessene Altersversorgung erreichen wird, ist gerade nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.