Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 28.9.2020 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 66.749,71 Euro festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Aachen vom 28.9.2020 ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 28.4.2020 zu Recht abgelehnt. Ebenso ist die aufschiebende Wirkung der Klage vom 18.1.2021 (Az. S 2 BA 7/21) gegen den mittlerweile ergangenen Widerspruchsbescheid vom 22.12.2020 nicht anzuordnen.
Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden und ausführlichen Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG Bezug, denen er sich inhaltlich in vollem Umfang anschließt (§ 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Soweit die Antragstellerin wiederholend beanstandet, dass eine pauschal geschätzte Beitragsforderung eingefordert würde, ohne die kaufmännische Plausibilität dieser Forderung zu hinterfragen, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Antragsgegnerin war im Hinblick auf die von der Antragstellerin (mittlerweile eingeräumte) Zahlung von Schwarzlöhnen und mangelhaften Aufzeichnungen auf der Grundlage von § 28f Abs. 2 S. 3 u. 4 SGB IV befugt, die Beitragsnachforderung zu schätzen. Derartige Schätzungen haben stets einen pauschalierenden Charakter. Bei der Wahl der Schätzmethoden ist der Rentenversicherungsträger grundsätzlich frei, muss jedoch von sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen ausgehen und eigene, sozialversicherungsrechtliche Maßstäbe anlegen (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 3.3.2021 – L 8 BA 36/20 B ER – juris Rn. 31 m.w.N.). Zutreffend hat bereits das SG im angefochtenen Beschluss unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgeführt, dass das Zugrundelegen einer branchenüblichen Lohnquote von 66,67 Prozent des Nettoumsatzes als Nettolohn in lohnintensiven Gewerben wie dem der Antragstellerin keinen grundsätzlichen Bedenken begegnet. Hinreichende Gründe dafür, dass die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen sein könnte, ihre Schätzung vorliegend allein auf der Grundlage der bekannten Abdeckrechnungen vorzunehmen, sind von der Antragstellerin, die ein derartiges Vorgehen wohl wünscht, nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Entgegen ihrer Auffassung spielt es in diesem Zusammenhang auch keine Rolle, ob sich eine sachlich nachvollziehbar errechnete Beitragsnachforderung zuzüglich der hier ergänzend zu entrichtenden Säumniszuschläge von dem – nach der Buchführung errechneten – Betriebsergebnis decken lässt. Die Entstehung von Beitrags(nach)forderungen unterliegt nicht der Voraussetzung hinreichender Wirtschaftlichkeit der arbeitgeberischen Unternehmensführung.
Dem (erneuten) Hinweis der Antragstellerin darauf, dass die Berechnung ihres Steuerberaters mit 61% eine deutlich höhere Lohnquote als die von der Antragsgegnerin mit 37% ermittelte Quote ergeben habe, fehlt es bereits an einer substantiierten Erläuterung, dass und inwiefern sich hieraus Konsequenzen zu ihren Gunsten ergeben. So hat die Antragsgegnerin den von ihr errechneten Unterschied der Quote von Umsätzen und - buchhalterisch - gezahlten Löhnen einerseits sowie der branchenüblichen Lohnquote andererseits nur als ein Indiz unter vielen herangezogen, um ihre Annahme zu untermauern, dass Schwarzlohnzahlungen erfolgt seien. Derartige Zahlungen hat die Antragstellerin mittlerweile aber bereits eingestanden. In die Berechnung der Höhe der Beitragsforderung wiederum ist die tatsächliche Lohnquote überhaupt nicht eingeflossen.
Sonstige Umstände, die Anlass zu relevanten Zweifeln an der Schätzung der Antragsgegnerin geben könnten, sind von der Antragstellerin nicht hinreichend dargetan bzw. glaubhaft gemacht worden (vgl. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO). Vielmehr hat der Geschäftsführer der Antragstellerin einen Strafbefehl des Amtsgerichts N vom 16.11.2020 akzeptiert, dem im Wesentlichen ebenfalls die Berechnung der Antragsgegnerin zugrunde liegt. Allein die Behauptung, der Geschäftsführer habe coronabedingt auf eine aufwändige Hauptverhandlung verzichten wollen und den Strafbefehl aus diesem Grund hingenommen, vermag den Senat angesichts des vom Sachverhalt abhängenden Strafmaßes nicht zu überzeugen.
Schließlich führt der Umstand, dass das Finanzamt N am 10.2.2021 die Vollziehung des steuerrechtlichen Haftungsbescheides vom 17.11.2020 – teilweise – ausgesetzt hat, nicht (automatisch) zu einer anderen sozialrechtlichen Beurteilung. Dabei kann dahinstehen, welche Gründe das Finanzamt zu seiner Entscheidung bewogen haben, da der Sonderrechtsbereich sozialversicherungsrechtlicher Abwägungsentscheidungen eigenständige Würdigungen erfordert; eine uneingeschränkte Parallelität zu anderen (Teil-)Bereichen der Gesamtrechtsordnung liegt insofern von vornherein nicht vor (vgl. BSG Urt. v. 11.11.2015 – B 12 KR 13/14 R – juris Rn. 24 m.w.N.).
Der Antragstellerin bleibt es unbenommen, ergänzende Darlegungen im Hauptsacheverfahren geltend zu machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§161 Abs. 1, 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache einschließlich etwaiger Säumniszuschläge als Streitwert anzusetzen ist (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 22.4.2020 – L 8 BA 266/19 B ER – juris Rn. 30 m.w.N.).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).