Auf die Berufung der Kläger zu 2 und 3 wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. Oktober 2021 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass das Verfahren S 7 P 525/20 unterbrochen ist.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Pflegegeld nach Pflegegrad 5 ab 1. Januar 2018 streitig.
Der 1955 geborene und 2020 verstorbene F (im folgenden Versicherter), der bei der Beklagten sozial pflegeversichert war, litt an einem Down-Syndrom. Er bezog seit dem Jahr 2004 Pflegegeld nach Pflegestufe II und wurde bei festgestellter erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz zum 1. Januar 2017 in den Pflegegrad 4 übergeleitet. Der Versicherte wurde zunächst durch seine Mutter gepflegt, die auch als Betreuerin bestellt war. Diese hatte die Klägerin zu 2 zunächst testamentarisch als Alleinerbin eingesetzt und sie als zukünftige Betreuerin für ihren Sohn benannt (notariell beurkundetes Testament vom 29. Januar 1998; Bl. 29 ff. der SG-Akte). Nachdem sie der Klägerin zu 2 jedoch einen Miteigentumsanteil an ihrem Hausgrundstück übertragen hatte, änderte sie ihr Testament und setzte ihren Sohn, den Versicherten, als alleinigen Vorerben und die Klägerin zu 2 als Nacherbin ein (notariell beurkundete Testamentsänderung vom 26. Februar 1999; Bl. 31 f. der SG-Akte). Die Mutter des Versicherten verstarb im Jahr 1999. Nachfolgend zogen die Kläger zu 2 und 3 in das vom Versicherten bewohnte Haus und übernahmen dessen Pflege. Neben der zur Betreuerin bestellten R wurde die Klägerin zu 2 für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmungsrecht und Gesundheitsfürsorge zur Betreuerin bestellt; insoweit vertrat sie den Versicherten gerichtlich und außergerichtlich (vgl. Betreuerausweis vom 13. September 2018; Bl. 108 VerwA). Der Kläger zu 3 wurde mit demselben Aufgabenkreis für den Fall der Verhinderung der Klägerin zu 2 zum Ersatzbetreuer bestellt (vgl. Betreuerausweis vom 13. September 2018; Bl. 107 VerwA).
Am 4. Juli 2018 beantragte der Versicherte durch die Klägerin zu 2 rückwirkend ab 1. Januar 2018 einen höheren Pflegegrad. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), worauf die Pflegefachkraft S das Gutachten vom 24. August 2018 aufgrund eines Hausbesuchs vom selben Tag erstattete und den Unterstützungsbedarf mit 75,00 gewichteten Punkten bewertete. Mit Bescheid vom 27. August 2018 lehnte die Beklagte den Antrag des Versicherten gestützt auf dieses Gutachten mit der Begründung ab, mit dem erreichten Gesamtpunktwert von 75,00 seien die Voraussetzungen für Pflegegrad 5 nicht erfüllt. Hiergegen erhob der Versicherte durch die Kläger zu 2 und 3 Widerspruch. Die Beklagte veranlasste eine nochmalige Begutachtung durch den MDK, wobei die Pflegefachkraft L aufgrund ihres Gutachtens nach Aktenlage vom 17. Oktober 2018 gleichermaßen zu 75,00 gewichteten Punkten und zu Pflegegrad 4 gelangte. Auf den Hinweis der Beklagten, dass auch nach dem Widerspruchsgutachten Pflegegrad 5 nicht erreicht werde und daher mitgeteilt werden möge, ob der Widerspruch zurückgenommen oder aufrechterhalten werde, nahm der Versicherte durch die Kläger zu 2 und 3 im Gutachten vom 17. Oktober 2018 „Korrekturen“ vor und bat um Bestätigung der Pflegegraderhöhung. Nach erneuter Hinzuziehung des MDK erstattete die Pflegefachkraft H das weitere Gutachten vom 18. September 2019 aufgrund eines Hausbesuchs vom selben Tag und gelangte – wie schon die Vorgutachter – zu 75,00 gewichteten Punkten. Im Rahmen einer „Zwischennachricht“ vom 24. September 2019 informierte die Beklagte den Versicherten, dass wiederum nicht die Voraussetzungen für die beantragte höhere Leistung festgestellt worden seien und bat erneut um Mitteilung, ob der Widerspruch zurückgenommen oder aufrechterhalten werde. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2019 teilten die Kläger zu 2 und 3 mit, der Widerspruch werde aufrechterhalten. Ein Widerspruchsbescheid erging im weiteren Verlauf nicht.
Am 13. Juli 2020 beantragte der Versicherte durch seine Betreuerin R die Gewährung eines höheren Pflegegeldes. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den MDK, wobei die Pflegefachkraft S1 in ihrem Gutachten vom 11. August 2020 aufgrund einer Begutachtung nach strukturiertem Telefoninterview und Aktenlage vom selben Tag zu 90,00 gewichteten Punkte gelangte und die Einstufung in Pflegegrad 5 ab 1. Juli 2020 vorschlug. Mit Bescheid vom 13. August 2020 bewilligte die Beklagte dem Versicherten sodann Pflegegeld nach Pflegegrad 5 ab 1. Juli 2020.
Im Januar 2021 wurde beim Sozialgericht Mannheim (SG) ein Datensatz aufgefunden, wonach der Versicherte am 27. Februar 2020 durch die Betreuer, die Kläger zu 2 und 3, in einer Angelegenheit der Pflegeversicherung Klage gegen die Beklagten erhoben hatte; ein diesem Datensatz zuzuordnendes Schriftstück war nicht vorhanden. Mit Schreiben vom 21. Januar 2021 wandte sich das SG an den Versicherten und bat zum einen um Mitteilung, ob tatsächlich Klage erhoben werden sollte, und zum anderen um Vorlage der Klageschrift und des Widerspruchsbescheids der Beklagten. Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2021 teilten die Kläger zu 2 und 3 mit, dass der Versicherte am 17. Dezember 2020 verstorben sei. Im Übrigen führten sie der Sache nach aus, der Rechtsstreit könne beendet werden, wenn die Beklagte es akzeptiere, Pflegegeld nach Pflegegrad 5 rückwirkend ab 1. Januar 2018 zu gewähren, andernfalls werde eine detaillierte Klagebegründung mit bestimmten Anträgen und Beweismitteln vorgelegt. Trotz Erinnerung durch das SG legten die Kläger zu 2 und 3 weder die Klageschrift noch eine Klagebegründung vor. Insoweit machten sie geltend, zur Begründung der Klage sei Einsicht in die Betreuungsakte des Versicherten erforderlich. Die Berufsbetreuerin R habe dem Betreuungsgericht ihren Endbericht noch nicht vorgelegt. Auf die nachfolgende Bitte des SG, die streitigen Bescheide vorzulegen und mitzuteilen, ob Sonderrechtsnachfolger vorhanden seien, legten die Kläger zu 2 und 3 mit Schriftsatz vom 17. Mai 2021 Auszüge aus den Gutachten des MDK vom 24. August und 17. Oktober 2018 sowie 11. August 2020 vor und teilten mit, dass die Mutter des Versicherten am 12. Juni 1999 verstorben sei und sie die Pflege des Versicherten übernommen hätten, da dieser keine Familienangehörige gehabt habe. Dies sei auch testamentarisch so geregelt worden. Hierzu legten sie u.a. die erwähnten Testamente vor (Bl. 28 ff. der SG-Akte).
Die Beklagte äußerte sich nicht zur Sache und legte ihre Verwaltungsakte vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 7. Oktober 2021 wies das SG die Klage ab und führte zur Begründung aus, die Klage sei ursprünglich durch den Versicherten, vertreten durch die beiden Betreuer erhoben worden, die nunmehr als Kläger aufträten. Mit dem Versterben des Versicherten sei kraft Gesetzes eine Unterbrechung des Verfahrens eingetreten, die mit Eingang des Schriftsatzes der vormaligen Betreuer vom 17. Mai 2021, mit dem sie konkludent die Aufnahme des Verfahrens als Sonderrechtsnachfolger des Versicherten begehrt hätten, geendet habe. Die so zu verstehende Klage sei bereits unzulässig, da es im Hinblick auf den streitigen Bescheid vom 27. August 2018 an einem abgeschlossenen Widerspruchsverfahren fehle. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, da die vormaligen Betreuer des Versicherten nicht dessen Rechtsnachfolger und damit nicht aktivlegitimiert seien. Keiner von ihnen sei dem sonderrechtsnachfolgeberechtigten Personenkreis des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zuzuordnen.
Gegen den ihnen am 22. Oktober 2021 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger zu 2 und 3 am 19. November 2021 beim SG mit dem Begehren Berufung eingelegt, die Beklagte zu verurteilen, ihnen ab 1. August 2018 Leistungen nach Pflegegrad 5 zu gewähren. Sie seien nicht nur Betreuer des Versicherten gewesen, vielmehr hätten sie mit diesem seit 1999 24 Stunden am Tag in einem gemeinsamen Haushalt gelebt, seien haushaltsführend gewesen und hätten den Versicherten gepflegt und versorgt. Das Pflegegeld für die Pflege des Versicherten sei ihr Existenzeinkommen gewesen. Da der Versicherte keine Tagespflege oder Werkstatt habe besuchen können, hätten sie keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen können. Ihnen als Pflegende habe seit 1. Januar 2018 Pflegegeld in Höhe des Pflegegrades 5 zugestanden, ebenso gesetzliche Rentenbeiträge seit 1999. Es werde bestritten, dass sie keine Rechtsnachfolger seien. Denn der Streitgegenstand beziehe sich auf eine Pflegezeit und einen Pflegegrad, als der Versicherte noch gelebt habe. Das Widerspruchsverfahren sei schon seit 1. Januar 2018 gelaufen. Die Beklagte habe die Höherstufung immer abgelehnt, obwohl sie immer fristgerecht widersprochen hätten. Auch wenn die Nachlassermittlung nach dem Tod des Versicherten bis heute nicht abgeschlossen sei, seien sie dem sonderrechtsnachfolgeberechtigten Personenkreis des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB IV zuzuordnen.
Die Kläger zu 2 und 3 beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 7. Oktober 2021 und den Bescheid der Beklagten vom 27. August 2018 aufzuheben und ihnen vom 1. Januar 2018 bis 30. Juni 2020 Pflegegeld nach Pflegegrad 5 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Verfahrensakten des SG und des Senats sowie die Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe
1. Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger zu 2 und 3 ist zulässig und insbesondere statthaft gemäß §§ 105 Abs. 2 Satz 1, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Denn die Kläger zu 2 und 3 machen die Gewährung von Pflegegeld nach Pflegegrad 5 bereits für den Zeitraum vom 1. August 2018 bis 30. Juni 2020 geltend.
2. Die Berufung der Kläger zu 2 und 3 ist insoweit erfolgreich, als der angefochtene Gerichtsbescheid vom 7. Oktober 2021 aufzuheben war. Gleichzeitig war festzustellen, dass der Rechtsstreit S 7 P 525/20 unterbrochen ist.
Das SG hätte in dem unter dem Aktenzeichen S 7 P 525/20 anhängig gewesenen Rechtsstreit (hierzu nachfolgend a.) keine Sachentscheidung treffen dürfen. Durch den Tod des Versicherten am 17. Dezember 2020 (vgl. Sterbeurkunde der Gemeinde S2 vom 22. Dezember 2020; Bl. 34 der SG-Akte) trat kraft Gesetzes eine Unterbrechung des Verfahrens ein, die zum Stillstand des Verfahrens führte (hierzu nachfolgend b.). Die Unterbrechung des Verfahrens wurde nicht durch eine etwaige Aufnahme durch die Kläger zu 2 und 3 beendet. Es liegt schon keine Aufnahmeerklärung vor. Darüber hinaus waren die Kläger zu 2 und 3 hierzu auch nicht berechtigt, da sie weder Erben des Versicherten noch dessen Sonderrechtsnachfolger sind (hierzu nachfolgend c.). Der Gerichtsbescheid vom 7. Oktober 2021 war mithin aufzuheben und klarstellend festzustellen, dass der Rechtsstreit S 7 P 525/20 (weiterhin) unterbrochen ist. Im Übrigen war das Rubrum zu berichtigen und die vormaligen Betreuer des Versicherten, die den Rechtsstreit weiterführten, ohne Rechtsnachfolger des Versicherten zu sein, als Kläger zu 2 und 3 im Rubrum aufzunehmen.
a. Im Hinblick auf den beim SG im Januar 2021 aufgefundenen Datensatz, nach dem der Versicherte am 27. Februar 2020 in einer Angelegenheit der Pflegeversicherung durch seine damaligen Betreuer, die Kläger zu 2 und 3, gegen die Beklagte Klage erhoben hatte, geht der Senat – wie schon das SG – davon aus, dass der Versicherte mit Einreichung einer Klageschrift (§ 92 SGG) beim SG am 27. Februar 2020 durch seine damaligen Betreuer ein Klageverfahren gegen die Beklagte mit dem Ziel rechtshängig machte (§ 94 SGG), ihm Pfleggeld nach dem höheren Pflegegrad 5 zu gewähren. Die beim SG durch die vormaligen Betreuer eingereichte Klageschrift gelangte zwar nicht zur elektronischen Akte des SG und die Betreuer legten trotz Aufforderung des SG auch keine Mehrfertigung dieser Klageschrift vor, gleichwohl ist aufgrund der Gesamtumstände davon auszugehen, dass die ausweislich des angelegten Datensatzes erhobene Klage des Versicherten gegen die Beklagte auf die Gewährung von Pflegegeld nach Pflegegrad 5 gerichtet war. Zum einen ging dem durch die Betreuer des Versicherten eingeleiteten gerichtlichen Verfahren ein durch die Klägerin zu 2 gestellter Antrag des Versicherten vom 4. Juli 2018 auf Höherstufung in Pflegegrad 5 voraus, der mit Bescheid der Beklagten vom 27. August 2018 abgelehnt wurde, wobei die Beklagte im Widerspruchsverfahren auch nach Einholung weiterer Gutachten des MDK an ihrer Entscheidung festhielt, und zum anderen bestätigten die vormaligen Betreuer mit Schriftsatz vom 3. Februar 2021 gegenüber dem SG („Rechtsstreit zu beenden, bitten wir Folgendes an: den erteilten vom 11.08.2020 Pflegegrad 5, rückwirkend nach Antragstellung (auf Erhöhung des Pflegegrades) vom 01.01.2018 zu akzeptieren.“) der Sache nach sowohl die Klageerhebung als solche („Rechtsstreit zu beenden“) als auch das geltend gemachte Begehren dem Grunde nach, nämlich die Gewährung von höherem Pflegegeld nach dem Pflegegrad 5.
b. Das Klageverfahren S 7 P 525/20 wurde durch den Tod des Versicherten am 17. Dezember 2020 gemäß § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 239 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen. Nach § 239 Abs. 1 ZPO tritt im Falle des Todes einer Partei eine Unterbrechung des Verfahrens bis zu dessen Aufnahme durch die Rechtsnachfolger ein. Dem steht die Vorschrift des § 246 Abs. 1 ZPO nicht entgegen. Zwar wurde der verstorbene Versicherte erstinstanzlich durch die damaligen Betreuer, die Kläger zu 2 und 3, vertreten. § 246 ZPO findet - wie hier - bei nicht auf einer Prozessvollmacht beruhender Vertretung jedoch keine Anwendung, da es an einer Fortwirkung der Prozessvollmacht nach § 86 ZPO fehlt (Greger, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 246 ZPO, Rn. 2a; keine Anwendung bei gesetzlicher Vertretung <Betreuung>: OLG Köln, Beschluss vom 6. März 2003 – 2 U 135/02 – juris, Rn. 4 ff.). Der Tod des Versicherten führte mithin kraft Gesetzes zu einem Stillstand des Verfahrens mit der Folge, dass Prozesshandlungen des Gerichts unzulässig waren (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, Vor § 114 Rn. 1c; Greger, a.a.O., § 249 ZPO, Rn. 7 und 10). Vor Aufnahme des Verfahrens durch die Rechtsnachfolger war das SG mithin nicht berechtigt, eine Sachentscheidung durch Gerichtsbescheid zu treffen.
c. Eine Aufnahme des Verfahrens erfolgte weder durch die Rechtsnachfolger des am 17. Dezember 2020 verstorbenen Versicherten noch durch die Kläger zu 2 und 3. Insbesondere sind die vormaligen Betreuer des Versicherten, die Kläger zu 2 und 3, nicht dessen Rechtsnachfolger und daher auch nicht zur Aufnahme des Verfahrens berechtigt. Die Kläger zu 2 und 3 sind weder Erben des Versicherten noch dessen Sonderrechtsnachfolger gemäß § 56 SGB I.
Dabei geht der Senat - im Gegensatz zur Auffassung des SG - davon aus, dass das Schreiben der Kläger zu 2 und 3 vom 17. Mai 2021 keine Aufnahmeerklärung enthält. Maßgeblich für die Auslegung von Prozesserklärungen sind die für Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, sondern der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind Prozesserklärungen dahin auszulegen, dass das gewollt ist, was aus der Sicht des Erklärenden nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Erklärungsadressaten (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 26. Januar 2021 – 3 AZR 119/19 (A) – juris, Rn. 7) und, wie allgemein bei der Auslegung von Prozesserklärungen, alle Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2022 – II ZB 15/21 – juris, Rn. 7).
Unter Anwendung dieser Grundsätze liegt schon keine Aufnahmeerklärung vor. In dem Schreiben der Kläger zu 2 und 3 vom 17. Mai 2021 haben diese keine ausdrückliche Aufnahmeerklärung abgeben. Sie legten mit diesem Schriftsatz Auszüge aus den Gutachten des MDK vom 24. August und 17. Oktober 2018 sowie 11. August 2020 vor und teilten mit, dass die Mutter des Versicherten am 12. Juni 1999 verstorben sei und sie die Pflege des Versicherten übernommen hätten, da dieser keine Familienangehörige gehabt habe. Dies sei auch testamentarisch so geregelt worden. Zusätzlich legten sie Testamente vor. Eine Aufnahmeerklärung kann hierin nicht gesehen werden. Auch in dem Schreiben vom 3. Februar 2021 haben die Kläger zu 2 und 3 eine solche Erklärung nicht abgegeben. Sie haben auf die Anfrage des SG vom 21. Januar 2021 nur mitgeteilt, dass der Versicherte am 17. Dezember 2020 verstorben sei. Im Übrigen führten sie der Sache nach aus, der Rechtsstreit könne beendet werden, wenn die Beklagte es akzeptiere, Pflegegeld nach Pflegegrad 5 rückwirkend ab 1. Januar 2018 zu gewähren, andernfalls werde eine detaillierte Klagebegründung mit bestimmten Anträgen und Beweismitteln vorgelegt. Die konkreten Umstände (Auffinden eines Datensatzes durch das SG im Januar 2021 und die schriftliche Anfrage durch das SG vom 21. Januar 2021) sprechen dafür, dass die Kläger zu 2 und 3 lediglich auf die Anfrage des SG reagiert haben, aber keine eigenständige Aufnahmeerklärung abgeben haben.
Selbst wenn man aber mit dem SG davon ausginge, dass in der Gesamtschau der Äußerungen der Kläger zu 2 und 3 eine Aufnahmeerklärung liege, so wäre der Antrag auf Fortführung des Rechtsstreits zurückzuweisen gewesen. Denn die Kläger zu 2 und 3 sind keine (Sonder-)Rechtsnachfolger des verstorbenen Versicherten.
(1) Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Kläger zu 2 und 3 Erben des Versicherten sind, liegen nicht vor. Entsprechendes machen die Kläger zu 2 und 3 selbst auch nicht geltend. Insbesondere ist die Klägerin zu 2 nicht Erbin des Versicherten. Dies ergibt sich aus der notariell beurkundeten Änderung des Testaments der Mutter des Versicherten vom 26. Februar 1999. Soweit die Mutter des Versicherten durch diese testamentarische Verfügung ihren Sohn als Vorerben und die Klägerin zu 2 als Nacherbin einsetzte, wurde die Klägerin zu 2 mit dem Eintritt des Nacherbfalls (Tod des Versicherten) nicht Rechtsnachfolgerin des Versicherten, sondern Rechtsnachfolgerin von dessen Mutter. Vorerbe und Nacherbe sind Erben desselben Erblassers, vorliegend ist die Klägerin zu 2 – wie auch der Versicherte – mithin Erbe der Mutter des Versicherten (vgl. Schneider, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, Stand April 2020, § 2100 BGB Rn. 2).
(2) Die Kläger zu 2 und 3 sind nicht Sonderrechtsnachfolger des Versicherten. Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB I stehen beim Tod des Berechtigten fällige Ansprüche auf laufende Leistungen nacheinander (1.) dem Ehegatten, (1a.) dem Lebenspartner, (2) den Kindern, (3.) den Eltern, (4.) dem Haushaltsführer zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben oder von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Mehreren Personen einer Gruppe stehen die Ansprüche zu gleichen Teilen zu (Satz 2). Nach Abs. 4 der Regelung ist Haushaltsführer im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 derjenige Verwandte oder Verschwägerte, der anstelle des Verstorbenen oder geschiedenen oder an der Führung des Haushalts aus gesundheitlichen Gründen dauernd gehinderten Ehegatten oder Lebenspartners den Haushalt des Berechtigten mindestens ein Jahr lang vor dessen Tod geführt hat und von diesem überwiegend unterhalten worden ist.
Die Kläger zu 2 und 3 waren nicht Haushaltsführer des Versicherten im Sinne dieser Regelung. Hierfür genügt es nicht, dass sie den Versicherten gepflegt und versorgt und in ihren Haushalt aufgenommen haben. Denn nach der Legaldefinition des § 56 Abs. 4 SGB I können Haushaltsführer im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB I nur „Verwandte oder Verschwägerte“ des Verstorbenen sein. Weder die Klägerin zu 2 noch der Kläger zu 3 war mit dem Versicherten verwandt oder verschwägert.
Soweit die Kläger zu 2 und 3 darauf hinweisen, dass sich der Streitgegenstand des anhängigen Rechtstreits auf eine Pflegezeit beziehe, zu der der Versicherte noch gelebt habe, ändert dies nichts an dem Umstand, dass sie nach dem Tod des Versicherten nicht berechtigt sind, diese Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Soweit sie zu Lebzeiten des Versicherten hierzu berechtigt waren, beruhte dies auf der Bestellung als Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Gesundheitsfürsorge. Die Betreuung endete jedoch mit dem Tod des Versicherten automatisch, ohne dass es einer gerichtlichen Entscheidung bedurfte (Jaschinski, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, Stand Oktober 2019, § 1908d BGB Rn. 24).
Mangels Aufnahme des Verfahrens durch die Rechtsnachfolger wurde die mit dem Tod des Versicherten am 17. Dezember 2020 eingetretene Unterbrechung des Verfahrens S 7 P 525/20 nicht beendet. Das Verfahren ist mithin weiterhin unterbrochen. Entsprechend war der Gerichtsbescheid des SG vom 7. Oktober 2021 aufzuheben und zur Klarstellung festzustellen, dass das Verfahren (weiterhin) unterbrochen ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Das Berufungsverfahren, mit dem die Kläger zu 2 und 3 den zunächst vom Kläger zu 1 geltend gemachten Anspruch auf höheres Pflegegeld mit der Behauptung weiterverfolgten, Sonderrechtsnachfolger des Klägers zu 1 zu sein, ist gemäß § 183 Satz 3 SGG kostenfrei, da das Verfahren im Falle eines Obsiegens der Kläger zu 2 und 3 gemäß § 183 Satz 1 SGG kostenfrei wäre.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.