Der Bestimmung grundsicherungsrechtlich angemessener Kosten der Unterkunft in Berlin lag für das Jahr 2013 kein schlüssiges Konzept zugrunde.
Die Grundlagendaten des Berliner Mietspiegels 2011 können für die Bestimmung eines Grenzwertes grundsicherungsrechtlich angemessener Kosten der Unterkunft für das Jahr 2013 nicht herangezogen werden (Anschluss an Senatsurteil vom 31.01.2018 – L 32 AS 1223/15 –).
Tatsächliche Aufwendungen für die Unterkunft sind in vollem Umfang übernahmefähig, wenn sie die Höchstbeträge nach § 12 Abs. 1 WoGG zuzüglich eines „Sicherheitszuschlags“ von 10 % nicht überschreiten. Im konkreten Fall konnte deshalb offen bleiben, ob bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit wegen dessen normativer Vorprägung die gesetzgeberischen Entscheidungen zur Sicherung angemessenen Wohnraums für Hilfebedürftige zu beachten sind, um sicherzustellen, dass der Vergleich mit der Referenzgruppe gelingt (wozu in angespannten Wohnungsmärkten der Vergleich mit den Mieten im sozialen Wohnungsbau gehört; s. Senatsurteil vom 02.12.2021 – L 32 AS 579/16 –, gegen das die zugelassene Revision nicht eingelegt worden ist).
Bei zentraler Warmwassererzeugung ist die Angemessenheitsgrenze für die Heizkosten um angemessene Aufwendungen für die Erzeugung von Warmwasser zu ergänzen (Anschluss an Senatsurteil vom 02.12.2021 a.a.O.).
Die Kostensenkungsaufforderung muss keine Ausführungen dazu enthalten, ob der Leistungsträger die Kosten der Unterkunft und/oder die Kosten der Heizung als unangemessen betrachtet. Aus dem Urteil des BSG vom 19.05.2021 – B 14 AS 57/19 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr. 115, ergibt sich nichts anderes.
Auf die Berufung der Klägerinnen wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 2016 geändert und der Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 8. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2013 und des Bescheides vom 19. Juni 2013 verurteilt, den Klägerinnen insgesamt weitere 61,70 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat den Klägerinnen die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu 40 v. H. zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerinnen begehren vom Beklagten als Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung weitere 167,05 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013.
Die im Dezember 1968 geborene Klägerin zu 1) ist die Mutter der im Juni 2001 geborenen Klägerin zu 2), für die sie mit deren Vater F G zusammen sorgeberechtigt war. Die Klägerin zu 2) war seit 1. August 2007 Schülerin an der KGrundschule.
Die Klägerinnen bewohnten eine 64,10 m² große Wohnung, die mit Gas beheizt wurde, in einem Gebäude mit einer Gesamtwohnfläche von 296,05 m² im A in B. Die Warmwassererzeugung erfolgte zentral mittels Gas. Die monatliche Gesamtmiete betrug ab 1. Juli 2012 679,01 Euro (341,01 Euro Nettokaltmiete, 124,00 Euro Vorauszahlung Betriebskosten kalt, 214,00 Euro Vorauszahlung Betriebskosten warm). Sie erhöhte sich zum 1. Januar 2013 auf 687,35 Euro monatlich (349,35 Euro Nettokaltmiete, 124,00 Euro Vorauszahlung Betriebskosten kalt, 214,00 Euro Vorauszahlung Betriebskosten warm).
Mit Schreiben vom 20. November 2009 hatte der Beklagte die Klägerin zu 1) darauf hingewiesen, dass die derzeitige Miete (von 607,91 Euro monatlich) den maßgebenden Richtwert für einen Zweipersonenhaushalt i.H.v. 444,00 Euro monatliche Bruttowarmmiete übersteige. Ihr wurde bis zum 10. Dezember 2009 Gelegenheit gegeben, Gründe vorzutragen, die Einfluss auf die Beurteilung der Angemessenheit haben könnten.
Daraufhin war von der Klägerin zu 1) das Schreiben des sozialpädagogischen Dienstes des Bezirksamtes R von B vom 4. Dezember 2009 vorgelegt worden, in dem auf einen besonderen sozialpädagogischen Förderbedarf hingewiesen worden war.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2009 war die Klägerin zu 1) zur Reduzierung der Kosten auf das angemessene Maß von 444,00 Euro monatlich mit dem Hinweis aufgefordert worden, auch im vorgelegten Schreiben seien keine triftigen Gründe erkennbar, die einen Umzug unzumutbar machen würden. Zugleich war darauf hingewiesen worden, dass ab 1. Juni 2010 nur noch ein Betrag in Höhe des Richtwertes als Bedarf anerkannt werden könne.
Ab 1. Juni 2010 hatte der Beklagte den Klägerinnen jeweils 244,20 Euro monatlich (wegen Alleinerziehung der Klägerin zu 1) statt zunächst jeweils 220,00 Euro monatlich) und ab 1. Mai 2012 jeweils 271,70 Euro monatlich wegen Inkrafttretens der Wohnaufwendungsverordnung (WAV) gewährt.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2011 hatte der Vermieter die Klägerin zu 1) darauf hingewiesen, dass diese mit 866,67 Euro im Rückstand sei, und um Begleichung gebeten.
Mit Bescheid vom 29. November 2011 war der Klägerin zu 1) für die Klägerin zu 2) Lernförderung gemäß § 28 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bewilligt worden.
Auf den im Januar 2013 gestellten Weiterbewilligungsantrag gewährte der Beklagte den Klägerinnen mit Bescheid vom 8. Januar 2013 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013, dabei für Unterkunft und Heizung i.H.v. jeweils 260,15 Euro monatlich.
Den dagegen wegen der nur noch jeweils i.H.v. 260,15 Euro monatlich statt bisher jeweils i.H.v. 271,70 Euro monatlich anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2013 zurück: Nach Anlage 2 Tabelle A zu § 4 Satz 2 der WAV gelte für eine mit Erdgas beheizte Wohnung in einem Gebäude mit einer Gesamtfläche von 251 bis 500 m² für einen Zweipersonenhaushalt eine Bruttowarmmiete i.H.v. 462,00 Euro noch als angemessen. Des Weiteren sei der Zuschlag zum Richtwert für zentrale Warmwasserversorgung für zwei Personen i.H.v. 11,00 Euro zu berücksichtigen. Demnach ergebe sich für die Wohnung eine Angemessenheitsgrenze i.H.v. 473,00 Euro. Punkt 3.2.1 Abs. 4 Nr. a der AV-Wohnen regele, dass die Richtwerte nach diesen Ausführungsvorschriften bei bestehendem Wohnraum insbesondere bei Alleinerziehenden um bis zu 10 v. H. überschritten werden könnten. Insofern betrage die Angemessenheitsgrenze 520,30 Euro (473,00 Euro + 47,30 Euro). Demnach seien auch derzeit die Aufwendungen für die Unterkunft unangemessen hoch.
Dagegen haben die Klägerinnen am 12. März 2013 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben.
Mit Bescheid vom 18. April 2013 wurde der Klägerin zu 1) für die Klägerin zu 2) Lernförderung gemäß § 28 Abs. 5 SGB II bewilligt.
Im April 2013 stellten die Klägerinnen außerdem Antrag auf Überprüfung der Unterkunfts- und Heizkosten und legten dazu das Attest des Facharztes für Innere Medizin Dr. S vom 7. März 2013 vor. Ergänzend machten sie geltend, die Klägerin zu 1) nehme an einem Methadonprogramm teil. Der Therapieerfolg würde durch einen Umzug stark gefährdet. Sie sei auf stabile Lebensverhältnisse angewiesen. Hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass sich nach der WAV eine abstrakt angemessene Gesamtmiete i.H.v. 495,00 Euro, erhöht um 10 v. H. und damit von 544,50 Euro ergebe.
Mit Bescheid vom 19. Juni 2013 lehnte der Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 8. Januar 2013 ab: Gemäß der WAV seien im Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 Kosten der Unterkunft i.H.v. 520,30 Euro im Bedarf berücksichtigt worden.
Die Klägerinnen haben ihr Begehren weiterverfolgt. Es ist darauf hingewiesen worden, dass die Klägerin zu 1) opiatabhängig sei und aus diesem Grund seit 2011 therapiert werde. Sie nehme an einem Methadonprogramm teil. Der Therapieerfolg würde durch einen Umzug stark gefährdet. Sie sei auf stabile Lebensverhältnisse angewiesen. Sie sei daher gesundheitlich nicht in der Lage umzuziehen. Es sei ein Sachverständigengutachten einzuholen. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht korrekt nach der WAV bestimmt worden seien. Es ergebe sich eine abstrakt angemessene Gesamtmiete i.H.v. 495,00 Euro. Unter Berücksichtigung der Alleinerziehung und der entsprechenden Erhöhung um 10 v. H. sei von einer abstrakten Angemessenheit i.H.v. 544,50 Euro auszugehen. Die Klägerinnen haben das Attest des Arztes für Innere Medizin Dr. S vom 7. März 2013 und die Stellungnahme der Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie Z des Bezirksamtes R von B vom 30. Mai 2013 vorgelegt. Die Klägerinnen haben darauf hingewiesen, dass Dr. S angekündigt habe, den Befundbericht zu korrigieren, da die enthaltenen Angaben fehlerhaft seien. Die Klägerin zu 1) sei derzeit aufgrund eines Rückfalls nicht in der Lage, sich um ihre Angelegenheiten zu kümmern. Die Klägerin zu 1) sei zu keinem Zeitpunkt hinsichtlich der Opiatabhängigkeit beschwerdefrei gewesen. Der akute Rückfall belege zudem, dass sie keinesfalls über eine stabile psychische Konstitution verfüge. Überdies sei die Situation der Klägerin zu 2) zu berücksichtigen. Die Klägerin zu 2) einem Schulwechsel auszusetzen, sei angesichts der angespannten familiären Situation keinesfalls zumutbar. Die vom sozialpädagogischen Dienst des Bezirksamts R von B vom 4. Dezember 2009 geäußerte Ansicht beanspruche unverändert Gültigkeit. Die Klägerinnen haben das Attest des Arztes Innere Medizin Dr. S vom 26. August 2014 vorgelegt. Die Klägerin zu 1) hat mitgeteilt, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum keine Mietrückstände bestünden, da der Beklagte die Kosten der Unterkunft und Heizung direkt an den Vermieter überwiesen habe. Sie haben darauf hingewiesen, dass gerade für die Klägerin zu 2) Stabilität und Verbleib im sozialen Umfeld wichtig gewesen seien. Die Klägerin zu 1) habe sich im streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht um die Anmietung einer Wohnung im Umfeld bemüht, da diverse Bemühungen in der Vergangenheit gescheitert gewesen seien.
Der Beklagte hat die Auskunft des sozialpädagogischen Dienstes des Bezirksamtes R von B vom 4. Dezember 2009 und des Arztes für Innere Medizin Dr. S vom 4. August 2014 vorgelegt.
Mit Urteil vom 27. Oktober 2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung seien zwar nicht anhand der WAV zu bestimmen, da diese im Rahmen eines abstrakten Normenkontrollverfahrens rechtskräftig für unwirksam erklärt worden seien (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 - B 14 AS 53/13 R), sondern anhand eines eigenen schlüssigen Konzepts. Die Bruttokaltmiete belaufe sich danach für einen Zweipersonenhaushalt auf 381,60 Euro. Allenfalls ab Juni 2013 wäre eine Bruttokaltmiete von 419,40 Euro zu berücksichtigen. Die Angemessenheit der Kosten für eine mit Erdgas beheizte Wohnung bei einer Gebäudefläche von 296,05 m² belaufe sich im Jahr 2013 auf 86,00 Euro. Für die Gewährung eines zehnprozentigen Zuschlages sehe die Kammer mangels gesetzlicher Grundlage keinen Anlass. Nach alledem habe der Beklagte mit 520,30 Euro monatlich mehr gewährt, als an angemessenen Kosten zugestanden hätten. Die Kammer sei auch der Überzeugung, dass den Klägerinnen trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigungen ein Umzug zumutbar gewesen sei. Zur weiteren Begründung werde auf die Ausführungen der Kammer im Urteil vom 27. Oktober 2016 - S 107 AS 23489/13 Bezug genommen. Für den vorliegend streitgegenständlichen Anschlusszeitraum sei für eine etwaige abweichende Beurteilung nichts ersichtlich.
Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 8. November 2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 8. Dezember 2016 eingelegte Berufung der Klägerinnen.
Sie meinen, die besondere gesundheitliche Situation beider Klägerinnen sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die gesundheitliche Situation der Klägerin zu 1) habe sich in Bezug auf deren Opiatabhängigkeit im Zeitraum vom 1. August 2012 bis heute nicht wesentlich geändert. Mit der Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. V vom 25. Januar 2016 sei bestätigt worden, dass die Klägerin zu 1) an einer gravierenden seelischen und körperlichen Erkrankung leide. Ihr Befinden sei instabil. Die Belastbarkeit sei deutlich reduziert. Es sei ferner festgestellt worden, dass die Klägerin zu 1) bereits bei kleinen Alltagsanforderungen überfordert, schnell irritiert sei und rasch unter Druck gerate. Das Wohnumfeld sei für die Klägerinnen ein wichtiger stabilisierender Faktor. Diese Einschätzung werde durch das Attest der Dr. H bestätigt, die von der Gefahr der psychischen Destabilisierung und Dekompensation ausgehe. Nicht nachvollziehbar sei, wie das Sozialgericht zu der Überzeugung habe gelangen können, dem Befundbericht des Dr. S sei zweifelsfrei zu entnehmen, dass die Klägerin zu 1) vor Mai 2014 stabil gewesen sei. Sein Attest vom 7. März 2013 belege vielmehr, dass die Klägerin zu 1) nicht belastbar sei. Ferner werde auch in seinem Befundbericht vom 4. August 2014 angegeben, dass 2014 rezidivierend Beikonsum stattgefunden habe. Diese Feststellung lasse nicht den Rückschluss auf Stabilität vor dem Beikonsum zu. Dr. S betone vielmehr, dass sämtliche äußere Stressfaktoren kontraproduktiv seien. Auch in seinem Befundbericht von 22. August 2016 gebe Dr. S an, dass Änderungen des sozialen Umfeldes bei Suchterkrankungen mit der Gefahr einer psychischen Dekompensation verbunden seien. Es seien daher allein die Feststellungen des Dr. S nicht geeignet gewesen, die Umzugsfähigkeit der Klägerinnen zu bejahen. Auch der Umstand, dass es auch der Klägerin zu 2) nicht zumutbar sei, einen Umzug zu bewältigen, sei nicht ausreichend gewürdigt und entsprechend ermittelt worden. Bereits mit ärztlicher Stellungnahme vom 30. Mai 2013 sei bestätigt worden, dass der Klägerin zu 2) ein Umzug mit dem Wechsel des sozialen Umfeldes, der Schule und der Therapeutin nicht zumutbar wäre und zu befürchten sei, dass hierdurch die psychische Problematik verschärft würde. Dies sei ebenfalls im Attest des Dr. S vom 26. August 2014, in der ärztlichen Stellungnahme vom 25. Januar 2016 und im Attest der Dr. H vom 11. August 2015 festgestellt. In diesem Zusammenhang werde ferner auf eine Kopie des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2017 verwiesen, wonach die sozialpsychiatrische Betreuerin der Klägerin zu 1), Frau E, die die Klägerin zu 1) seit 2009 betreue, bestätigt habe, dass den Klägerinnen ein Umzug nicht zumutbar gewesen sei. Höchst hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Ermittlung der abstrakten angemessenen Miete unter Heranziehung des Berliner Mietspiegels kein schlüssiges Konzept darstelle. Das BSG habe gewichtete Mietspiegel nur dann als geeignete Datenquelle zur Ermittlung angemessener Bedarfe zugelassen, wenn eventuelle Preissprünge in der Entwicklung der Mietpreise berücksichtigt würden. Nach den IBB-Wohnungsmarktbarometern gingen die Preissteigerungen im gesamten Bereich des Berliner S-Bahn-Ringes ungebremst voran. Schon beim Mietspiegel 2009 habe eine Zusatzerhebung ergeben, dass in drei Stadtteilen die Neuvertragsmieten erheblich über den Bestandsmietverhältnissen gelegen hätten. Die Widerlegung der Vermutung, dass es genug Wohnungen zum Konzeptpreis gebe, sei keine Obliegenheit des Leistungsberechtigten. Auf einem unter Preisdruck geratenen Wohnungsmarkt, wie in Berlin, müssten deshalb Marktberichte und Beobachtungen genügen, um die Beweislast für die Schlüssigkeit gewichteter Mietspiegelwerte auf die Behörde zu verlagern. Mangels schlüssigen Konzepts könne die abstrakte Angemessenheit der Miete der Klägerinnen nur anhand der Wohngeldtabelle ermittelt werden. Hiernach sei unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages eine Bruttokaltmiete i.H.v. 478,50 Euro angemessen, der die tatsächlichen Heizkosten i.H.v. 194,00 Euro bzw. ab 1. Oktober 2013 i.H.v. 214,00 Euro hinzuzurechnen seien. Die Bruttowarmmiete der Klägerinnen sei mithin angemessen. Eine Deckelung der Heizkosten komme ebenfalls nicht in Betracht, denn seitens des Beklagten seien die Klägerinnen bislang nicht darauf hingewiesen worden, dass lediglich die Heizkosten abstrakt unangemessen seien. Die Klägerinnen meinen außerdem, die Berliner Mietspiegel 2011 und 2013 stellten keine geeignete Datenquelle zur Ermittlung abstrakter Angemessenheitswerte dar. Im Ergebnis verfügten weder der Beklagte noch das Sozialgericht über ein schlüssiges Konzept, so dass auf § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückgegriffen werden müsse. Die Klägerinnen haben die Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. V vom 25. Januar 2016, das Attest der Ärztin für Allgemeinmedizin H vom 11. August 2015, den Befundbericht dieser Ärztin vom 29. November 2015, den Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin Dr. S vom 22. August 2016, die Stellungnahme der Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie Z vom 30. Mai 2013 und die Niederschrift der Sitzung des Sozialgerichts Berlin vom 2. März 2017 - S 128 AS 9597/15 über die uneidliche Vernehmung der Erziehungswissenschaftlerin I E vorgelegt.
Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 8. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2013 und des Bescheides vom 19. Juni 2013 zu verurteilen, den Klägerinnen insgesamt weitere 167,05 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, aus den eingereichten Unterlagen sei für den streitgegenständlichen Zeitraum keine Umzugsunfähigkeit abzuleiten.
Der Senat hat die Befundberichte des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. J u. a. vom 20. November 2017 und vom 23. März 2018 eingeholt. Die Klägerinnen haben den Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin Dr. R vom 25. August 2016, Ergebnisse von Laboruntersuchungen vom 23. April 2013 und vom 19. Januar 2015 zur Klägerin zu 2) sowie die Tagesprotokolle nebst Ergebnissen von Laboruntersuchungen für Januar 2012 bis November 2013 des Facharztes für Innere Medizin Dr. S zur Klägerin zu 1) vorgelegt.
Der Beklagte teilt mit, es bestehe keine Möglichkeit der Nachholung des Erstellens eines schlüssigen Konzepts für den streitigen Zeitraum.
Der Senat hat Beweis erhoben durch das schriftliche Sachverständigengutachten der Fachärztin für Nervenheilkunde, Sozialmedizin und Suchtmedizin Dr. H vom 15. Juni 2021 nach Aktenlage.
Die Klägerinnen meinen, es könne kein Erkenntnisgewinn aus diesem Gutachten für die Umzugsfähigkeit gezogen werden. Dem Gutachten hätten wohl nur ein Kartenkarteiausdruck des Dr. S und die Diagnose der Ärztin H zugrunde gelegen. Einen fundierten Erkenntnisgewinn aus diesen Unterlagen zu ziehen, dürfte schwerlich möglich sein. Demzufolge würden in weiten Teilen des Gutachtens allgemeine Vermutungen geäußert und Prognosen erstellt, die jedoch keinen konkreten Bezug zur Klägerin zu 1) aufwiesen. Zur Klägerin zu 2) seien gar keine Aussagen getätigt worden. Es werde nicht erwähnt, welche Unterlagen der Ärztin H vorliegen. Es werde lediglich die Diagnose einer Anpassungsstörung durch diese Ärztin festgestellt. Angesichts der Verwendung dieser tatsächlich äußerst dürftigen Unterlagen könne wohl nicht davon ausgegangen werden, dass eine ärztliche Einschätzung überhaupt möglich sein könne. Weitere relevante Unterlagen seien von der Sachverständigen offensichtlich nicht ausgewertet worden.
Der Senat hat die Epikrise der Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie Z des Bezirksamtes R von B vom 25. November 2021 eingeholt und die Sachverständige Dr. H ergänzend gehört (Stellungnahme vom 28. Dezember 2021).
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird u. a. auf Blatt 314 bis 327 und 363 bis 366 der Gerichtsakten verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (Bd. II und III; ), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Der Bescheid vom 8. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2013 und der Bescheid vom 19. Juni 2013 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerinnen in ihren Rechten. Die Klägerinnen haben Anspruch darauf, dass der Beklagte ihnen insgesamt weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung von 61,70 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 gewährt.
Mit dem Bescheid vom 19. Juni 2013 nahm der Beklagte während des Klageverfahrens erneut eine Prüfung des erhobenen Anspruchs vor, so dass dieser Bescheid, ungeachtet dessen, dass er die Rücknahme des Bescheides vom 8. Januar 2013 ablehnte, zum Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens geworden ist. Nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gilt: Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt (nur) dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.
Der Senat hat ausschließlich über die Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu entscheiden, denn nur deren Überprüfung ist beantragt. Die Beschränkung des Klagebegehrens ist zulässig, denn die Entscheidung über die Kosten der Unterkunft und Heizung stellt (auch weiterhin) eine von der übrigen Regelung im Bescheid über die Gewährung von Arbeitslosengeld II abtrennbare Verfügung im Sinne eines eigenständigen Verwaltungsaktes dar (BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R, Rdnr. 10, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 78; BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R, Rdnr. 18, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1).
Die Klägerinnen erfüllten die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II (also mindestens das 65. Lebensjahr) noch nicht erreicht haben,
2. erwerbsfähig sind,
3. hilfebedürftig sind und
4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben
(erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören u. a. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den § 7 Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 SGB II genannten Personen (also insbesondere der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten), wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (§ 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 4 SGB II).
Die im Dezember 1968 geborene Klägerin zu 1), die sich damit in den Grenzen der maßgebenden Lebensjahre befand, war erwerbsfähig. Sie war nicht gemäß § 8 Abs. 1 SGB II wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich im streitigen Zeitraum erwerbstätig zu sein. Nach der Sachverständigen Dr. H lassen die vorliegenden ärztlichen Unterlagen keine Aussage darüber zu, dass die Fähigkeit, eine leichte und geistig einfache Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben, eingeschränkt war. Die Klägerin zu 2) gehörte zur Bedarfsgemeinschaft der Klägerin zu 1), da sie ihrem Haushalt als unverheiratetes Kind, das als im August 2007 geboren das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, angehörte. Die Klägerinnen hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie waren auch nach § 9 Abs. 1 SGB II hilfebedürftig, denn sie konnten mangels zur Verfügung stehender Geldmittel ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern. Es wird insoweit Bezug genommen auf die bewilligenden Bescheide.
Die Klägerin zu 1) hatte damit Anspruch auf Arbeitslosengeld II, während die Klägerin zu 2) Anspruch auf Sozialgeld hatte.
Nach § 19 Abs. 1 SGB II gilt: Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Arbeitslosengeld II. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII haben. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Diese Kosten der Unterkunft und Heizung sind grundsätzlich auch dann zu berücksichtigen, wenn sie unangemessen sind, es sei denn der Leistungsträger hat die Leistungsberechtigten wirksam zu einer Kostensenkung aufgefordert.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II gilt: Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Diese Vorschrift begründet eine Obliegenheit des Leistungsberechtigten zur Kostensenkung, wenn die tatsächlichen Kosten höher als die angemessenen Kosten sind (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, Rdnr. 30, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19). Kostensenkungsmaßnahmen sind dem Leistungsberechtigten aber nur dann subjektiv möglich, wenn er Kenntnis von dieser Obliegenheit hat. Bevor er nicht von dem zuständigen Leistungsträger darauf aufmerksam gemacht worden ist, dass nach dessen Auffassung die tatsächlichen Aufwendungen der gemieteten Wohnung unangemessen hoch sind, ist es ihm subjektiv nicht möglich, Kostensenkungsmaßnahmen zu ergreifen. Dem steht nicht entgegen, dass § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II kein Erfordernis einer Kostensenkungsaufforderung enthält, denn der Hinweis auf die Rechtslage hat allein Aufklärungs- und Warnfunktion. Bezweckt werden soll damit, dass der Leistungsberechtigte Klarheit über die aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft erhält. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II normiert damit keine umfassende Beratungs- und Aufklärungspflicht des Beklagten über die Obliegenheiten des Leistungsempfängers bei der Suche nach einer anderen, angemessenen Unterkunft. Die Vorschrift stellt auch keine sonstigen erhöhten inhaltlichen oder formellen Anforderungen an diese Erklärung. Allerdings erfordert die Aufklärungs- und Warnfunktion, dass zumindest die Angabe des angemessenen Mietpreises erfolgt, da dieser nach der Produkttheorie der entscheidende Maßstab zur Beurteilung der Angemessenheit ist. Diese Mindestanforderung an die Kostensenkungsaufforderung folgt aus der der Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II auch innewohnenden Schutzfunktion (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 19/09 R, Rdnrn. 15 und 16, m. w. N., zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 28). Die Kostensenkungsaufforderung als Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion stellt ein Angebot an den Leistungsberechtigten dar, in einen Dialog über die Angemessenheit der Unterkunftskosten einzutreten, ohne dabei aber den Leistungsträger zu verpflichten, im Einzelnen aufzuzeigen, auf welche Weise die Kosten der Unterkunft und Heizung gesenkt werden könnten (BSG, Urteil vom 15. Juni 2016 – B 4 AS 36/15 R, Rdnr. 15, zitiert nach juris, m. w. N., abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 90). Mit der Zumutbarkeitsregelung soll verhindert werden, dass der Leistungsberechtigte sofort bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit gezwungen wird, seine bisherige Wohnung aufzugeben. Ihm soll eine Übergangszeit verbleiben, in der er sich um Kostensenkungsmaßnahmen bemühen kann. Ist ein Umzug erforderlich, etwa um eine Wohnung zu einem angemessenen Mietpreis anzumieten, besteht eine "Schonzeit" nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II von in der Regel längstens sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Erfordernisses von Kostensenkungsmaßnahmen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 19/09 R, Rdnr. 16, m. w. N.).
Mit Schreiben vom 20. November 2009 hatte der Beklagte die Klägerin zu 1) darauf hingewiesen, dass die derzeitige Miete (von 607,91 Euro monatlich) den maßgebenden Richtwert für einen Zweipersonenhaushalt i.H.v. 444,00 Euro monatliche Bruttowarmmiete übersteigt. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2009 war die Klägerin zu 1) zur Reduzierung der Kosten auf das angemessene Maß von 444,00 Euro monatlich aufgefordert worden. Zugleich war darauf hingewiesen worden, dass ab 1. Juni 2010 nur noch ein Betrag in Höhe des Richtwertes als Bedarf anerkannt werden könne.
Mit diesen Schreiben genügte der Beklagte den Anforderungen der genannten Rechtsprechung, um die geforderte Aufklärungs- und Warnfunktion zu erfüllen. Den Klägerinnen war damit bekannt, dass die Kosten der Wohnung nach Auffassung des Beklagten die Angemessenheitsgrenze überschritten. Sie wussten, dass sie die Aufwendungen senken mussten. Der Beklagte war auch nicht gehalten, den Hinweis auf die Unangemessenheit der Miete zu wiederholen, denn die Klägerinnen konnten aufgrund der Höhe der ihnen gewährten (abgesenkten) Leistung für Unterkunft und Heizung ersehen, welchen Mietpreis der Leistungsträger als angemessen erachtete.
Dem Ziel der Konkretisierungspflicht, dass Normadressaten sich nach dem Gebot der Normenklarheit und –bestimmtheit auf Entscheidungen der Verwaltung einstellen können (Bundesverfassungsgericht - BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 – 1 BvR 1550/03, Rdnrn. 93 und 94, zitiert nach juris, abgedruckt in BVerfGE 118, 168), wird verfahrensrechtlich mit der Aufforderung, aus der konkret ersichtlich sein muss, welchen Mietpreis der Leistungsträger als angemessen erachtet, Rechnung getragen (so ausdrücklich BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 617/14, Rdnr. 33, zitiert nach juris, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 01. Juni 2010 – B 4 AS 78/09 R, Rdnr. 14, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 36).
Es ist – daher auch nach dieser Rechtsprechung des BVerfG - ohne Belang, dass die Kostensenkungsaufforderung lediglich auf eine nach Ansicht des Leistungsträgers als angemessen erachtete Bruttowarmmiete hinweist, ohne zwischen Grundmiete, "kalten" Nebenkosten und Heizkosten zu differenzieren, und ob die genannte Mietobergrenze sachlich-inhaltlich richtig ist, denn der Streit darüber, ob die vom Leistungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Unterkunftskosten zutreffend ist, ist grundsätzlich bei der Frage auszutragen, welche Aufwendungen i. S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessen sind (BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 41/08 R, Rdnrn 33 und 34, m. w. N., zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, Rdnr 40). Allein die objektive fehlerhafte Angabe zur Höhe der Referenzmiete führt nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung mit einem Ausnahmefall, wenn dadurch bewirkt wird, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige seine Suche auf Grund der unzutreffenden Angabe in wesentlichem Umfang beschränkt (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, Rdnr 40), wofür vorliegend nichts vorgetragen oder ersichtlich ist. Es ist daher auch unerheblich, dass der Beklagte keine weiteren Ausführungen dazu machte, ob er die Miete wegen den Kosten der Unterkunft und/oder den Kosten der Heizung als unangemessen betrachtete. Aus dem Urteil des BSG vom 19. Mai 2021 – B 14 AS 57/19 R (Rdnr. 22, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 11) ergibt sich nichts anderes. Die Notwendigkeit eines Kostensenkungsverfahrens erfasst zwar nicht nur die Kosten der Unterkunft, sondern nach dem Wortlaut der Norm und nach ihrem Sinn und Zweck auch die Heizkosten. Wenn aber nur die Heizkosten unangemessen hoch sind, beschränkt sich die Kostensenkungsaufforderung notwendigerweise allein auf die Angabe der nach Ansicht des Leistungsträgers als angemessen erachteten Heizkosten, wie das BSG in diesem Urteil bezogen auf eine Heizkostennachforderung ausgeführt hat.
Eine sog. subjektive Unzumutbarkeit, die bisherige Wohnung nicht aufgeben zu müssen, bestand nicht.
Zwar kann bei der Suche von Alternativwohnungen "nichts Unmögliches oder Unzumutbares" verlangt werden. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sieht jedoch selbst bei Vorliegen von "Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit" vor, dass "in der Regel" spätestens nach sechs Monaten nur noch die Aufwendungen in Höhe der angemessenen Kosten erstattet werden sollen (Regelfall). Damit soll die Übernahme abstrakt überhöhter Kosten der Unterkunft die Ausnahme bleiben, so dass strenge Anforderungen an die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit zu stellen sind. Zu den besonderen Gründen, die es ausnahmsweise unzumutbar erscheinen lassen, das nähere Umfeld oder gar die aktuell genutzte Wohnung zu verlassen (sog subjektiver Unzumutbarkeit), rechnen insbesondere grundrechtsrelevante Sachverhalte oder Härtefälle. Dazu gehört etwa die Rücksichtnahme auf das soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder, die möglichst nicht durch einen Wohnungswechsel zu einem Schulwechsel gezwungen werden sollten; ebenso kann auf Alleinerziehende Rücksicht genommen werden, die zur Betreuung ihrer Kinder auf eine besondere Infrastruktur angewiesen sind, die bei einem Wohnungswechsel in entferntere Ortsteile möglicherweise verloren ginge und im neuen Wohnumfeld nicht ersetzt werden könnte. Ähnliches kann für behinderte oder pflegebedürftige Menschen bzw. für die sie betreuenden Familienangehörigen gelten, die zur Sicherstellung der Teilhabe behinderter Menschen ebenfalls auf eine besondere wohnungsnahe Infrastruktur angewiesen sind. Auch Krankheit kann dazu zählen, soweit ein Verbleiben in der bisherigen Wohnung aus medizinischen Gründen erforderlich und ein Umzug schlechthin ausgeschlossen ist. Demgegenüber können insbesondere alleinstehende erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die solche oder ähnliche Gründe nicht haben, den Tatbestand der subjektiven Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen kaum erfüllen (BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 41/08 R, Rdnrn. 36 und 37; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R, Rdnrn. 32 und 35; vgl. auch Luik in Eicher/Luik, SGB II, a. a. O., § 22, Rdnrn. 145, 146: auch Schwangerschaft und bevorstehender erhöhter Raumbedarf, Sachverhalte der sog. temporären Bedarfsgemeinschaft; S. Knickrehm in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht 6. Auflage 2019, § 22 Rdnr. 23: auch Schwangerschaft und ggf. daraus folgend größerem Wohnraumbedarf durch das Kind, hohes Alter, voraussichtlich nur kurzer Zeit des Leistungsbezugs, Ausübung des Umgangsrecht mit dem Kind, Examensvorbereitung; Lauterbach in Gagel, SGB II / SGB III Werkstand: 79. EL September 2020, § 22 SGB II, Rdnrn. 74 und 75: auch Wahrnehmung des Umgangsrechts mit einem Kind, bevorstehende Arbeitsaufnahme in einer anderen Region in absehbarer Zeit, bei mit hoher Wahrscheinlichkeit feststehendem alsbaldigem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug; Berlit in Münder/Geiger, SGB II, a. a. O., § 22 Rdnr. 135 und 136: auch Wahrnehmung des Umgangsrechts mit einem Kind, bevorstehende Arbeitsaufnahme in einer anderen Region in absehbarer Zeit oder bei mit hoher Wahrscheinlichkeit feststehendem alsbaldigem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug).
Solche Gründe bestanden nicht. Insbesondere eine Krankheit, die ein Verbleiben in der bisherigen Wohnung aus medizinischen Gründen erforderlich machte und einen Umzug schlechthin ausschloss, lag weder bezüglich der Klägerin zu 1) noch bezüglich der Klägerin zu 2) vor. Der erforderliche Nachweis hat sich nach dem Gutachten der Sachverständigen Dr. H nicht erbringen lassen.
Danach bestand bei der Klägerin zu 1) eine Opiatabhängigkeit mit stabiler Methadonsubstitution.
Eine Anpassungsstörung hat die Sachverständige ausgeschlossen. Diese Diagnose findet sich allein im Befundbericht vom 29. November 2015 und im Attest vom 11. August 2015 der Ärztin für Allgemeinmedizin H, die die Klägerin zu 1) allerdings nur im Zeitraum vom 16. Januar 2015 bis 26. November 2015 behandelte. Unabhängig davon, dass angesichts des Behandlungszeitraumes aus dieser Diagnose keine Erkenntnisse für den streitigen Zeitraum zu gewinnen sind, ist diese Diagnose aus diesen beiden Berichten auch nicht ableitbar, denn darin wird, worauf die Sachverständige zutreffend hingewiesen hat, kein psychopathologischer Befund dokumentiert. Wegen des Behandlungszeitraumes und der seinerzeit bereits erfolgten Methadonsubstitution ist daher ebenfalls nicht überraschend, wenn die Sachverständige diesen ärztlichen Unterlagen die erforderlichen ICD-10 Kriterien der dort darüber hinaus genannten Diagnose einer Opiatabhängigkeit nicht hat entnehmen können. Diese Ärztin stellte weder letztgenannte Gesundheitsstörung selbst fest, noch behandelte sie deswegen die Klägerin zu 1). Ein essentieller Erkenntnisgewinn kann daher auch insoweit den Unterlagen der Ärztin für Allgemeinmedizin H nicht entnommen werden.
Wenn die Sachverständige Dr. H infolge der festzustellenden Gesundheitsstörung zur Schlussfolgerung gelangt ist, dass keine Beeinträchtigungen bestanden, weswegen ein Wohnungswechsel hätte vermieden werden müssen und auch besondere Anforderungen an eine neue Wohnung nicht zu berücksichtigen waren, leuchtet dies ein.
Die von der Sachverständigen dazu gemachten Äußerungen bieten eine ausreichende Begründung hierfür. Es bestand zwar die Notwendigkeit, den Opiatkonsum in kontrollierter Form mit Hilfe einer Methadonsubstitution zu behandeln. Ein psychopathologischer Befund ist den vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen. Vielmehr lag eine stabile Gesundheitssituation vor. Anhaltspunkte für insbesondere eine Störung der Realitätskontrolle infolge von Wahnvorstellungen, für einen Verlust der Antriebskraft in körperlicher oder psychischer Hinsicht, für einen Verlust des Denkens, der Willensbildung, der Sprachfähigkeit oder des Gedächtnisses oder für eine andere, insbesondere schwer ausgeprägte psychische Störung liegen nicht vor.
Nach dem Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. J u. a. vom 20. November 2017 beschränkte sich dessen Behandlung im vorangegangenen streitigen Zeitraum auf den 4. Dezember 2012 wegen eines Virusinfektes und einer Bronchitis. Nach der Zeugenaussage der Erziehungswissenschaftlerin E vom 2. März 2017 hatte die Klägerin zu 1) 2015 verstärkte Probleme mit der rechten Hüfte. Wie die Sachverständige daher nachvollziehbar ausgeführt hat, sind weder dem Befundbericht des Dr. J noch dieser Zeugenaussage medizinisch relevante Aussagen insbesondere hinsichtlich einer Umzugsfähigkeit im streitigen Zeitraum zu entnehmen.
Für die Beurteilung stehen mithin ausschließlich die vorliegenden ärztlichen Berichte des Facharztes für Innere Medizin Dr. St, der die Klägerin zu 1) nach seinen Befundberichten vom 4. August 2014 und vom 22. August 2016 im Zeitraum vom 6. Januar 2011 über den 4. August 2014 hinaus bis 23. Januar 2015 behandelte, zur Verfügung.
Es erschließt sich daraus nach der Sachverständigen Dr. H ohne weiteres nachvollziehbar, dass sich seit der 2011 erfolgten kontrollierten Methadonsubstitution, die hinsichtlich der Substitutionsmenge im Laufe der Jahre von 2011 bis 2014 den Zielsetzungen entsprechend unter gleichzeitiger Ablegung eines zusätzlichen Konsums illegaler Drogen, von vorübergehenden Beikonsum abgesehen, reduziert werden konnte, die gesundheitliche Situation stabilisierte, weil sich bei der Klägerin zu 1), die sich nach den Tagesprotokollen regelmäßig bei diesem Arzt vorstellte, gesundheitliche Einschränkungen oder Beschwerden nicht feststellen lassen.
Wie dem Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin Dr. St vom 4. August 2014 zu entnehmen ist, substituierte er mit Methadon. Nach der Sachverständigen handelt es sich dabei um ein Ersatzpräparat in flüssiger Form, um bei Heroinabhängigen den Konsum der Heroinsubstanz zu ersetzen. Die Methadonabgabe erfolgt über einen dazu ermächtigten Arzt. In seiner Kontrolle liegen damit die Abgabemenge und auch die aktuelle gesundheitliche Verfassung des Substituierten. Langfristiges Ziel dieser Behandlung ist es, die Methadonsubstitution schrittweise zu reduzieren und damit möglicherweise zu einer Abstinenz zu gelangen. Vorrangig geht es, so die Sachverständige weiter, um eine kontrollierte und stabile Substitution bei gleichzeitiger Verbesserung der sozialen Rahmenbedingungen und, soweit möglich, einer Reduktion des sogenannten Beikonsums, also des Konsums anderer illegaler Drogen. Nach dem Befundbericht des Arztes für Innere Medizin Dr. S vom 4. August 2014 bestand 2014 rezidivierend ein Beikonsum mit Amphetaminen/Tranquilizer und Opiaten, der von der Klägerin zu 1) nach diesem Befundbericht „zuletzt“ wieder aufgegeben worden war.
Die Sachverständige hat den vorgelegten Tagesprotokollen des Facharztes für Innere Medizin Dr. S für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 einen weiterhin (vgl. für den vorangegangenen Zeitraum ihre Ausführungen in ihrem weiteren im Verfahren L 32 AS 2866/16 erstatteten Gutachten) stabilen Gesundheitszustand entnommen. Nachdem bereits am 3. Januar 2013 aufgrund der seinerzeit stabilen gesundheitlichen Situation die Methadonsubstitution habe reduziert werden können, wobei für den 4. Januar 2013 eine Dosis von 2,5 ml dokumentiert ist, und sich die Beikonsum-Untersuchungen negativ gezeigt hatten, erfolgte am 28. Februar 2013 eine weitere Reduzierung des Methadons auf 2 ml. Für den 25. April 2013 ist ersichtlich, dass die Klägerin eine „Arbeit bei der Berliner Tafel“ habe beginnen können und sich am 30. Mai 2013 mit Hilfe eines Anwaltes mit dem Jobcenter habe auseinandersetzen können. Nach der Sachverständigen kam es nachfolgend zweimal zum Beikonsum - nach den Tagesprotokollen mit positivem Tetrahydrocannabinol (THC)-Befund am 6. Juni 2013 und am 4. Juli 2013.
Die Sachverständige Dr. H hat zudem darauf hingewiesen, dass nach den vorliegenden Unterlagen zu keinem Zeitpunkt Auffälligkeiten in den kognitiven Prozessen bestanden. Es wird, so die Sachverständige zutreffend, auch an keiner Stelle erwähnt, dass die Klägerin zu 1) besondere Unterstützung in der Erziehung der Klägerin zu 2) erhielt. Damit war die Klägerin zu 1) also offensichtlich in der Lage, das Für und Wider einer Entscheidung mit den daraus resultierenden Konsequenzen abzuwägen. Dieser Beurteilung der Sachverständigen steht die Äußerung des Facharztes für Innere Medizin Dr. St in seinem Befundbericht vom 22. August 2016, wonach Änderungen des sozialen Umfeldes bei Suchtkrankheiten mit der Gefahr einer psychischen Dekompensation verbunden seien, nicht entgegen. Diese Aussage ist, so die Sachverständige, in dieser Form sehr pauschal, nicht haltbar und auch nicht belegbar. Die Sachverständige hat zwar eingeräumt, dass Betroffene mit einer psychischen Erkrankung vereinzelt weniger stressresistent sind, und je nach aktueller Lebenssituation und vorliegender Resilienz auf äußere oder innere Stressoren sensibel reagieren. Ein neben der Opiatabhängigkeit bestandenes relevantes psychiatrisches Störungsbild der Klägerin zu 1) ist aber nicht nachgewiesen. Flexibilität und Anpassungsvermögen können der Klägerin zu 1) angesichts des dargestellten Gesundheitszustandes nicht abgesprochen werden. Die in den vorgelegten Unterlagen dokumentierte vorübergehende Tätigkeit in der Altenpflege und die Alleinerziehung lassen dies nach der Sachverständigen deutlich werden. Angesichts dessen gibt es keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass sich die vom Facharzt für Innere Medizin Dr. S genannte Gefahr im streitigen Zeitraum hätte verwirklichen können. Dasselbe gilt für die im Attest der Ärztin für Allgemeinmedizin H vom 11. August 2015 geäußerte Ansicht, es bestehe bei einem Umzug die Gefahr der psychischen Destabilisierung und Dekompensation, wobei hier allerdings erstmalig eine psychiatrische Diagnose, nämlich eine Anpassungsstörung, mitgeteilt ist. Das (spätere) Auftreten einer bedeutsamen psychischen Erkrankung mag daher zu einer anderen Beurteilung führen. Für den streitigen Zeitraum ist dies jedoch nicht von Bedeutung.
Es ist daher nachvollziehbar, wenn die Sachverständige für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 weiterhin von einem stabilen Gesundheitszustand ausgegangen ist. Dies entspricht den Angaben des Arztes für Innere Medizin Dr. S im Befundbericht vom 4. August 2014, worin ein beschwerdefreier Zustand unter Methadonsubstitution genannt wird. Dies findet ebenfalls seine Bestätigung im Attest dieses Arztes vom 26. August 2014, in dem nochmals betont wird, dass über längere Zeit stabile Verhältnisse ohne Beikonsum bestanden und erst ab Mai 2014 bei zuletzt sehr niedriger Methadondosis (0,6 ml) wieder ein multipler Beikonsum etabliert wurde. Nach seinem Befundbericht vom 22. August 2016 bestand im Behandlungszeitraum unter Substitution keine psychische und körperliche Symptomatik. Auch in seinem Attest vom 7. März 2013 wies dieser Arzt darauf hin, dass sich die fortlaufende Substitution stabil gestaltet, obwohl die Klägerin zu 1) als alleinerziehende Mutter mit chronischen finanziellen Sorgen belastet sei. Für den streitigen Zeitraum gibt es mithin keine Anhaltspunkte für eine besondere gesundheitliche Belastung der Klägerin zu 1).
Angesichts dessen, dass bei der Klägerin zu 1) keine einem Wohnungswechsel entgegenstehenden Beeinträchtigungen bestanden, war ihr ein solcher zumutbar. Der Arzt für Innere Medizin Dr. S verneinte im Übrigen in seinem Befundbericht vom 4. August 2014 ebenfalls die Frage, ob gesundheitliche Gründe einem Umzug der Klägerin zu 1) seit dem (abgefragten) 1. August 2013 entgegenstanden. Erst in seinem Attest vom 26. August 2014 teilte er im Zusammenhang mit einer aktuell geplanten erneuten langsamen Dosisreduktion mit, es sei auch der angestrebte Umzug in eine bedarfsgerechte Wohnung nicht erwünscht, wobei auch der eventuell notwendige Schulwechsel der heute 13-jährigen Tochter als unangemessene Belastung zu nennen sei. Daraus ergibt sich hinreichend deutlich, dass frühestens ab Mai 2014 medizinische Gründe vorgelegen haben könnten, die einem Wohnungswechsel der Klägerin zu 1) hinderlich gewesen sein könnten.
Einem Umzug entgegenstehende Gründe lagen auch nicht in der Person der Klägerin zu 2) vor.
Wie die Sachverständige Dr. H zutreffend ausgeführt hat, bietet der dem Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. J u. a. vom 23. März 2018 beigefügte Ausdruck einer Behandlungskarteikarte für einen Behandlungszeitraum vom 12. Januar 2011 bis 16. Oktober 2013 mit den Diagnosen viraler Infekt, viraler Allgemeininfekt, Infekt obere Atemwege, fieberhafter Infekt, Commotio cerebri, Verdacht Anämie, Prellung linkes Knie (Januar 2013), fieberhafter Infekt, Neurodermitis, Verdacht auf Anämie (April 2013), viraler Allgemeininfekt, Verdacht Appendizitis, Bauchschmerzen und akute Zystitis nebst Ergebnissen von Laboruntersuchungen vom 23. April 2013 und vom 19. Januar 2015 dafür keinen Anhalt. Die Zeugenaussage der Erziehungswissenschaftlerin E vom 2. März 2017 beschränkt sich im Wesentlichen auf 2015. 2015 sei die Situation so gewesen, dass die Klägerin zu 1) das Methadon gut reduziert gehabt habe. Die Klägerin zu 2) habe ab Januar oder Februar das Pfeiffersche Drüsenfieber gehabt. Die Klägerin zu 1) selbst habe verstärkte Probleme mit der rechten Hüfte gehabt. Ihrer Meinung nach hätten die beiden wegen der besonderen Situation, mit der Hüfte, auch mit der Tochter, nicht umziehen können. Die Klägerin zu 2) habe besonderen sozialpädagogischen Förderbedarf, große Probleme in der Schule und hätte kaum woanders Fuß fassen können. Die Klägerin zu 1) hätte den Arzt wechseln müssen. Beim Ausschleichen des Methadons benötige man ein stabiles Umfeld, sonst werde das ärztlicherseits nicht durchgeführt. Ein Umzug hätte daher eine Gefahr des Rückfalls in alte Muster bedeuten können. Diese Datenlage ist, wie die Sachverständige zutreffend festgestellt hat, völlig unzureichend, um darauf gestützt, beurteilen zu können, dass der Klägerin zu 2) ein Umzug nicht zumutbar gewesen sein könnte.
An dieser Beurteilung hat die Sachverständige in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 28. Dezember 2021 auch unter Berücksichtigung der Epikrise der Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie Z des Bezirksamtes R von B vom 25. November 2021 festgehalten. Nach dieser Epikrise wurde die Klägerin zu 2) im Zeitraum vom 27. März 2013 bis 30. Mai 2013 mehrmals vorgestellt. Es wurde die Diagnose einer emotionalen Störung des Kindesalters gestellt. Die Sachverständige hat zutreffend darauf verwiesen, dass eine Intelligenztestung keinen Hinweis für eine Intelligenzminderung ergab. Der Alters-Gesamt-IQ und der Klassenstufen-IQ lagen genau im Durchschnitt. In dieser Epikrise sind allerdings Konflikte in der Schulgemeinschaft mit aggressiven Ausgrenzungen dokumentiert. Es habe verbal Aggressionen und Erpressungen um Süßigkeiten gegeben. Seit diesen Vorfällen habe ihre Schulunlust zugenommen. Daraus wird, so die Sachverständige, eine stabile Beziehungserfahrung innerhalb des Klassenverbandes und auch an die damalige Klassenlehrerin nicht deutlich. Es wird außerdem dokumentiert, dass die Klägerin zu 2) schon ab der Einschulung unter der „schlechten Atmosphäre“ in der Schule gelitten habe. Im Herbst 2012 sei sie in der Schule von Schülern geärgert, bespuckt, geschubst worden. Es ist daher nachvollziehbar, dass angesichts dessen, so die Sachverständige, wenige Argumente vorhanden sind, die gegen einen Schulwechsel sprachen. Die aufgezeigten Umstände ließen vielmehr einen Schulwechsel als sinnvoll erscheinen, auch wenn Freundesbeziehungen in der wohnlichen Nachbarschaft, die nach der Sachverständigen im Umfang offenbleiben, vorhanden waren. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin zu 2) auch außerhalb der Schule Probleme hatte und daher gerade auf diese Freundesbeziehungen angewiesen war, gibt es nicht. An der Fähigkeit zum Aufbau neuer Freundesbeziehungen ermangelte es der Klägerin zu 2) daher ersichtlich nicht. Einem Wohnungswechsel standen somit Umstände außerhalb der Schule nicht entgegen. Insgesamt kann nach der Sachverständigen Dr. H folgerichtig aus der Epikrise der Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie Z weder eine Begründung abgeleitet werden, die gegen einen Wohnungswechsel und einen Umzug spricht, noch kann von einer generellen Unfähigkeit ausgegangen werden, sich an veränderte Lebensbedingungen anzupassen. Dies vermag der Senat nachzuvollziehen. Die Sachverständige widerspricht damit zugleich der Stellungnahme der Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie Z vom 30. Mai 2013, wonach aus kinderpsychiatrischer Sicht ein Umzug mit Wechsel des sozialen Umfeldes, der Schule und womöglich der Therapeutin für die Klägerin zu 2) nicht zumutbar wäre. Es sei zu befürchten, dass hierdurch die psychische Problematik des Kindes verschärft würde. Angesichts der dieser Auffassung zugrunde liegenden - nunmehr aufgrund der Epikrise der Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie Z des Bezirksamtes R von B vom 25. November 2021 bekannten - Umstände leuchtet ein, dass deren Auffassung einer rechtfertigenden Begründung entbehrt.
Weitere Unterlagen, die den streitigen Zeitraum betreffen, liegen nicht vor. Die Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. V vom 25. Januar 2016, wonach gegenwärtig und bis auf Weiteres die Klägerin zu 1) nicht in der Lage sei, einen Umzug zu bewältigen, basiert auf einem am 5. Januar 2016 erfolgten ärztlichen Gespräch, wonach sie an einer gravierenden seelischen und körperlichen Erkrankung leide. Diese Stellungnahme nimmt schon inhaltlich keine Anknüpfung an einen Gesundheitszustand in der Vergangenheit vor. Auf den Befundbericht der Ärztin für Allgemeinmedizin H vom 29. November 2015 und deren Attest vom 11. August 2015 zum Behandlungszeitraum vom 16. Januar 2015 bis 26. November 2015 ist bezogen auf die Klägerin zu 1) schon oben eigegangen worden. Soweit das Attest dieser Ärztin sich zur Klägerin zu 2) äußert, nimmt es allein auf deren „derzeitige“ pubertäre Entwicklungsphase und die mit einem ggf. einhergehenden Abbruch tragender sozialer Strukturen bei einem Wohnortwechsel weitere ungünstige Entwicklung Bezug. Der Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin Dr. R vom 25. August 2016 bezieht sich auf eine Behandlung der Klägerin zu 2) mit der Diagnose einer Leukozytopenie von Januar 2015 bis Februar 2015.
Soweit die Klägerinnen meinen, weitere relevante Unterlagen seien von der Sachverständigen offensichtlich nicht ausgewertet worden, bleibt offen, um welche es sich hierbei handeln soll, da diese von ihnen nicht benannt werden. Anknüpfungstatsachen für den damaligen gesundheitlichen Zustand sind die seinerzeit bestandenen und von den behandelnden Ärzten erhobenen Befunde. Wenn diese Befunde dürftig ausfallen, muss nicht überraschen, wenn der Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Umzugsfähigkeit nach gutachterlicher Bewertung diesen Befunden folgt. Sofern die Klägerinnen der Ansicht sind, es könne kein Erkenntnisgewinn aus diesem Gutachten für die Umzugsfähigkeit gezogen werden, stellen sie damit letztlich fest, dass eine Umzugsunfähigkeit nicht bewiesen ist. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast geht dies aber zu ihren Lasten.
Nach alledem war ein Verbleiben in der bisherigen Wohnung der Klägerin zu 1) aus medizinischen Gründen nicht erforderlich, denn es lag keine Krankheit vor, die einen Umzug schlechthin ausschloss. Ein solches Verbleiben der Klägerin zu 2) war ebenfalls weder aus medizinischen noch aus anderen Gründen nötig.
Die Kosten der Unterkunft i.H.v. 473,35 Euro monatlich und die Kosten der Heizung i.H.v. 214,00 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 sind angesichts einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung damit nur zu berücksichtigen, soweit sie angemessen sind.
Die Ermittlung der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung erfordert eine Einzelfallprüfung. Diese hat für die Unterkunftskosten und die Heizkosten getrennt zu erfolgen (BSG, Urteil vom 03. September 2020 – B 14 AS 40/19 R, Rdnr. 13, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 2. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R, Rdnr. 18, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 23).
Die Ermittlung des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für die Unterkunft hat in zwei größeren Schritten zu erfolgen: Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (= Bruttokaltmiete), zu ermitteln; dann ist die konkrete (= subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs, zu prüfen (BSG, Urteil vom 03. September 2020 – B 14 AS 37/19 R, Rdnr. 17, zitiert nach juris, m. w. N., abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 112).
Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen hat unter Anwendung der Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen: 1. Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en), 2. Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards, 3. Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept, 4. Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten. Nur soweit es kein schlüssiges Konzept des Jobcenters gibt, ist es jedoch Sache der Gerichte, selbst Angemessenheitswerte zu bestimmen (BSG, Urteil vom 03. September 2020 – B 14 AS 37/19 R, Rdnr. 18, zitiert nach juris; grundlegend BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R, Rdnr. 20, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3).
Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen. Hinsichtlich der Überlassung von gefördertem Mietwohnungsraum gilt § 27 Abs. 1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) i. V. m. § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG). Wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße verweist § 27 Abs. 4 WoFG (als Nachfolgeregelung zu § 5 Abs. 2 WoBindG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) auf die nach § 10 WoFG von den Ländern festgelegten Wohnungsgrößen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 22, m. w. N.; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 17).
Das Land Berlin hat allerdings zu § 10 WoFG keine Ausführungsvorschriften erlassen. Zu § 5 WoBindG und § 27 WoFG liegen nur (unveröffentlichte) Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 vor, die wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße an die zuvor ergangenen Bekanntmachungen anknüpfen. Danach darf entsprechend der Bekanntmachung der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen vom 20. Oktober 1995 (Amtsblatt für Berlin 1995, 4462) an Einzelpersonen Wohnraum bis zu 50 qm und an Zwei-Personen-Haushalte Wohnraum bis zu 60 qm überlassen werden. An diese Regelungen ist auch für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 SGB II anzuknüpfen. Die weitergehenden Differenzierungen nach der Raumzahl sind für die Auslegung des § 22 Abs. 1 SGB II unbeachtlich (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 22; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 18).
Soweit die landesrechtlichen Bestimmungen an die Personenzahl in einem Haushalt anknüpfen, ist Ausgangspunkt für die Berechnung der Wohnfläche die Zahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Insgesamt können Kosten der Unterkunft nur in einer Höhe beansprucht werden, wie sie Partnern in einer gemeinsamen Wohnung zustehen (so und wegen der Besonderheiten trotz Fortbestehens der Bedarfsgemeinschaft in Fällen eines nicht im Vorhinein auf unter sechs Monate beschränkten dauerhaften auswärtigen Aufenthalts: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 23).
Ausgangspunkt für die Bestimmung des Vergleichsraumes zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft ist zunächst der Wohnort des Hilfebedürftigen. Bei dem Vergleichsraum muss es sich um einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung handeln, der aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Maßgebender Gesichtspunkt kann damit die Ausrichtung des öffentliche Nahverkehrs auf ein bestimmtes Kerngebiet sein, das auch von den Randlagen aus in Fahrzeiten erreichbar ist, wie sie erwerbstätigen Pendlern zugemutet werden (vgl. § 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III), sofern innerhalb dieses Raumes auch einfache Wohnlagen, an deren Mietniveau sich die Referenzmieten orientieren, vorhanden sind, sodass die Bildung eines engeren Vergleichsraums, die das Risiko der Gettoisierung in sich birgt, nicht erforderlich erscheint (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 24).
Für Hilfebedürftige innerhalb Berlins ist damit maßgeblicher Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Berlin (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 19).
Ausgehend von diesem räumlichen Vergleichsmaßstab bestimmt sich der den Wohnungsstandard widerspiegelnde angemessene Quadratmeterpreis (die Angemessenheitsgrenze) wie folgt: Zugrunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard. Die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen. Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze muss mithin so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 25, m. w. N.; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 21).
Ausgangspunkt der Prüfung sind bei einem schlüssigen Konzept der Verwaltung die auf diesem Konzept beruhenden abstrakten Angemessenheitswerte (BSG, Urteil vom 03. September 2020 – B 14 AS 37/19 R, Rdnr. 22).
Ein schlüssiges Konzept des Beklagten lag für den streitigen Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 nicht vor.
Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Wohnung bestimmte sich in diesem Zeitraum gemäß der Verordnung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Wohnaufwendungenverordnung – WAV – vom 3. April 2012; GVBl 2012, 99), die jedoch unwirksam ist. Die Unwirksamkeitserklärung erstreckt sich auf den Geltungszeitraum vom 1. Mai 2012 bis 31. Juli 2013 (BSG, Urteil vom 04. Juni 2014 – B 14 AS 53/13 R, Rdnrn 15, 16, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22a Nr. 2 = BSGE 116, 94-112).
Eine Nachbesserung durch den Beklagten wäre zwar möglich (BSG, Urteil vom 3. September 2020 – B 14 AS 37/19 R, Rdnr. 22, zitiert nach juris; vgl. auch BSG, Urteil vom 2. September 2021 – B 8 SO 13/19 R, Rdnr. 19, zur insoweit gleichen Rechtslage im Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch <SGB XII>), scheidet aber aus. Der Beklagte hat mitgeteilt, es bestehe keine Möglichkeit der Nachholung des Erstellens eines schlüssigen Konzepts für den streitigen Zeitraum.
Wenn der Verwaltung die Erstellung oder Nachbesserung eines schlüssigen Konzepts nicht möglich ist, ist das Gericht zur Herstellung der Spruchreife der Sache verpflichtet, aber nicht befugt, selbst ein schlüssiges Konzept – ggf. mit Hilfe von Sachverständigen - zu erstellen. Es ist dann Sache der Gerichte, selbst abstrakt angemessene Aufwendungen für Unterkunft zu bestimmen (BSG, Urteil vom 03. September 2020 – B 14 AS 37/19 R, Rdnrn. 23 und 25).
Zur Herstellung der Spruchreife bei der Bestimmung abstrakt angemessener Aufwendungen für Unterkunft kann das Gericht nur auf schon vorhandene Datengrundlagen zurückgreifen. Diese Datengrundlagen müssen die vergleichsraumbezogene, zeit- und realitätsgerechte Bestimmung abstrakter Angemessenheitswerte gewährleisten können. Wesentliche Faktoren sind durch normative Entscheidungen bestimmt (angemessene Wohnungsgröße) oder vorgeprägt (Vergleichsraum). Die möglichen Erkenntnisquellen sind mit der durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl I 2011, 453) eingefügten Regelung des § 22c Abs. 1 SGB II beispielhaft vorgegeben. Insoweit nennt der Katalog des § 22c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II als Erkenntnisquellen für die Bestimmung des Angemessenheitswerts Mietspiegel, qualifizierte Mietspiegel und Mietdatenbanken. Soweit in ihnen keine Daten zusammengefasst sind, die sich auf die Betriebskosten als Teilelement abstrakt angemessener Unterkunftskosten beziehen, eröffnet § 22c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II die Möglichkeit, auf andere örtliche oder ggf. überörtliche Betriebskostenübersichten (z. B. den vom Deutschen Mieterbund für das gesamte Bundesgebiet aufgestellten Übersichten) zurückgreifen. Falls zur zeitnahen Abbildung der maßgeblichen Verhältnisse im örtlichen Vergleichsraum erforderlich, können rechnerische Korrekturen vorgenommen werden (BSG, Urteil vom 03. September 2020 – B 14 AS 37/19 R, Rdnrn. 24 und 26).
Bestimmt ein Gericht selbst abstrakt angemessene Aufwendungen für Unterkunft, muss es sich davon überzeugen (§ 128 Abs. 1 SGG), dass Wohnraum zu dem von ihm bestimmten Betrag in hinreichender Anzahl tatsächlich verfügbar ist. Denn dieser Wert muss nicht nur geeignet sein, abstrakt angemessene Unterkunftskosten für die aktuell bewohnte Unterkunft zu definieren. Er stellt im Grundsatz auch die Höhe der Aufwendungen dar, zu der bei einem zur Kostensenkung erforderlichen Umzug (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II) innerhalb des örtlichen Vergleichsraums unabhängig von den Umständen des Einzelfalls neuer - kostenangemessener - Wohnraum angemietet werden können muss. Die richterliche Betragsbestimmung trägt anders als die Bestimmung abstrakter Angemessenheitswerte durch ein behördliches Konzept, das die Anforderungen des BSG an die Schlüssigkeit erfüllt, die Gewähr der Richtigkeit nicht in sich. Die Summe aus Kaltmiete und Betriebskosten kann nur dann einen zutreffend gebildeten abstrakten Angemessenheitswert darstellen, wenn in Betracht kommender Wohnraum zu diesem Preis auch tatsächlich in nennenswerter Zahl auf dem Markt allgemein zugänglich angeboten wird und damit generell verfügbar ist. Wegen der im Verhältnis von § 22 Abs. 1 Satz 1 zu § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II angelegten Risikozuweisung obliegt es nicht erst den Leistungsberechtigten, zur generellen Anmietbarkeit von Wohnraum im örtlichen Vergleichsraum vorzutragen (BSG, Urteil vom 03. September 2020 – B 14 AS 37/19 R, Rdnrn. 24, 27 – 29). Insbesondere wenn in einem mehrjährigen Zeitraum nicht nur die Angebotsmieten deutlich gestiegen sind, sondern von 2009 bis 2013 schon nach dem vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg im Urteil vom 15. März 2018 - L 34 AS 724/15 zugrunde gelegten Berechnungsmodell für angemessene Nettokaltmieten (mit den Tabellenmittelwerten des Mietspiegels für einfache Wohnlagen) eine deutliche Erhöhung stattgefunden hat, besteht Anlass, die eigene (vorläufige) Bewertung von tatsächlichen Aufwendungen als abstrakt unangemessen zu überprüfen und ggf. zu korrigieren (BSG, Urteil vom 03. September 2020 – B 14 AS 37/19 R, Rdnr. 30).
Der Senat sieht sich nicht in der Lage, einen Grenzwert für die grundsicherungs-rechtliche Angemessenheit für Wohnungen von Zweipersonenhaushalten im streitigen Zeitraum zu bestimmen. Es fehlt dafür an überzeugungskräftigen Daten. Insbesondere können die Grundlagendaten des Mietspiegels 2011, die nach dem Konzept zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (Ziffern 1.2.2. und 2.1.) die Basis der WAV bilden(GVBl 2012, 99, 103) hierfür nicht herangezogen werden.
Ziffer 1.2.2 des Konzepts sieht u. a. vor: Zu Grunde gelegt wird der Mittelwert und nicht der obere oder untere Spannenwert, wobei zu berücksichtigen ist, dass den einzelnen Rasterfeldern des Mietspiegels keine gleichmäßige Verteilung des Wohnungsbestands zu Grunde liegt und daraus abgeleitete arithmetische Mittelwerte nicht die Gewähr dafür bieten, dass das einfache Mietsegment realistisch abgebildet wird. Deswegen wird der m²- Preis zu Grunde gelegt, der sich als anhand des Wohnungsbestands gewichteter Mittelwert, nach Wohnungsgrößen differenziert, aus der einfachen Lage des Berliner Mietspiegels ergibt (Summe aus den einzelnen Produkten des jeweiligen Mittelwertes und Anzahl der Wohnungen der Rasterfelder der einfachen Lage ohne Spalte 1 und 3 geteilt durch die Gesamtanzahl der Wohnungen der einfachen Lage ohne Spalte 1 und 3 gemäß Grundlagendaten zum Berliner Mietspiegel). Der auf diese Weise ermittelte Betrag für die Nettokaltmiete pro m² ist der Berechnungstabelle unter 2.1. - Spalte 3 zu entnehmen. Spalte 3 weist für einen 2-Personenhaushalt 4,91 Euro/qm aus. Dazu wird als Begründung ausgeführt: Durch den Rückgriff auf den qualifizierten Mietspiegel und durch die erfolgte Gewichtung kann im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft auf dem Wohnungsmarkt gibt (BSG vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R). Nach diesem Urteil (Rdnr. 30) kann davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt, wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und entweder der Durchschnittswert dieses Mietspiegels angewandt wird oder dem Mietspiegel Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können.
Der Beklagte hat damit lediglich Wohnungen der einfachen Lage berücksichtigt. Der Leistungsträger kann zwar auch bei der Datenerhebung nur die Wohnungen einfachen Standards zugrunde legen. Er muss als Angemessenheitsgrenze dann aber die obere Preisgrenze dieses Segments wählen (BSG, Urteil vom 23. August 2011 - B 14 AS 91/10 R, Rdnr. 24, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 06. Oktober 2011 – B 14 AS 131/10 R, Rdnr. 22, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 19/11 R, Rdnr. 33, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 51), es sei denn er legt offen, nach welchen Gesichtspunkten er dabei die Auswahl getroffen hat (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R, Rdnr 21, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 30). Der Beklagte hat jedoch den Mittelwert und nicht den oberen Spannenwert herangezogen, ohne seine Auswahlgesichtspunkte aufzuzeigen.
Das sogenannte Schifferdecker-Modell, das von einem Teil der Richterschaft des Sozialgerichts Berlin auf der Grundlage der Basisdaten der qualifizierten Mietspiegel für Berlin entwickelt (Schifferdecker/Irgang/Silbermann, Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 2010, 28) und fortgeschrieben worden ist, macht ebenfalls die Mittelwerte der einfachen Wohnlage zum Angemessenheitsgrenzwert.
Die Mittelwerte der einfachen Wohnlage des Mietspiegels heranzuziehen, überzeugt schon deshalb nicht, weil diese am ehesten die typische Bestandswohnung der Referenzgruppe, nicht aber deren Obergrenze markieren (Rudnik in ZFSH/SGB 2021, 127, 135).
Sie liefern für den streitigen Zeitraum keine geeignete Grundlage für eine Bestimmung der Angemessenheitsgrenze.
Liegt ein qualifizierter Mietspiegel i.S. des § 558d Abs. 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor, so wird vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben (§ 558d Abs. 3 BGB). Die Rechtsprechung des BSG berücksichtigt dies (BSG vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R, Rdnr. 30, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R, Rdnr. 38, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 70). Für die grundsicherungsrechtliche Wertung bleibt indes zu beachten, dass die Funktion des Mietspiegels zivilrechtlich in der Begrenzung der Mietkostenentwicklung liegt und dass in erheblichem Umfang die Mietpreise von Bestandswohnungen wiedergegeben werden, denn bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 Abs. 2 BGB dürfen nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt werden, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden ist. Der Mietspiegel gibt somit keine Auskunft darüber, inwieweit jeweils aktuell Wohnungen zur Neuvermietung zur Verfügung stehen, also tatsächlich verfügbar sind. Einen relevanten Beweiswert insofern hat ein Mietspiegel schon angesichts der Methode der Datenerhebung nicht. Lediglich für die Situation eines ausgeglichenen, (aus Mietersicht) entspannten Wohnungsmarktes ohne erkennbaren starken Mietanstieg kann aus Mietspiegeldaten ein Rückschluss auf jeweils aktuelle Angemessenheitsgrenzen geschlossen werden. Dies wird durch die Rechtsprechung des BSG bestätigt, die für den Fall von unvorhersehbaren Preissprüngen auf dem Wohnungsmarkt eine entsprechende Anpassung der Ausgangsdaten für die Bestimmung der Grenzwerte durch die Gerichte erwartet (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R, Rdnr. 21, zitiert nach juris). Daraus folgt zugleich, dass vorhersehbare Preisentwicklungen in das jeweilige Konzept einzustellen sind.
Die Rechtsprechung des BSG basiert, soweit sie am qualifizierten Mietspiegel anknüpft, auf einer doppelten Tatsachenvermutung (Senatsurteil vom 31. Januar 2018 – L 32 AS 1223/15, Rdnr. 80, zitiert nach juris). Die erste Tatsachenvermutung hat ihre Grundlage in § 558d BGB. Danach wird vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben, wenn die Vorschrift des § 558d Abs. 2 BGB eingehalten ist, also ein qualifizierter Mietspiegel, mithin ein Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist (§ 558d Abs. 1 BGB), vorhanden ist, der im Abstand von zwei Jahren aufgrund einer Stichprobe oder der Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland der Marktentwicklung angepasst und nach vier Jahren neu erstellt wurde.
Die zweite Tatsachenvermutung hat ihre Grundlage im Beweis des ersten Anscheins. Wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und entweder der Durchschnittswert dieses Mietspiegels angewandt wird oder dem Mietspiegel Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, so kann davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt (so ausdrücklich im Sinne des Anscheinsbeweises: BSG, Urteil vom 13. April 2011, B 14 AS 106/10 R, Rdnrn. 30 und 32).
Beide Tatsachenvermutungen sind bezogen auf den Berliner Mietspiegel 2011 erschüttert. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die überwiegend aus Mieten für Bestandswohnungen abgeleiteten Mietspiegeldaten keinen ausreichenden Bezug zu den tatsächlich am Wohnungsmarkt bei Neuabschlüssen zu verzeichnenden Mietpreisen aufweisen und dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu aus den Mietspiegeldaten abgeleiteten Mieten geben soll.
Der Senat bleibt bei seiner Einschätzung, dass hinreichende objektive Umstände erkennbar sind, die für Berlin auf eine Abkoppelung des Marktgeschehens vom Mietspiegel hindeuten (Senatsurteil vom 31. Januar 2018 – L 32 AS 1223/15, Rdnr. 109, zitiert nach juris). Mietspiegeldaten sind nur dann als Rohdaten zu verwenden, wenn sie die Marktverhältnisse im maßgebenden Beobachtungszeitraum realistisch widerspiegeln („getreues Abbild des Wohnungsmarktes“). Bleibt der Mietspiegel hinter der tatsächlichen Marktentwicklung deutlich zurück (sog. verzögerte Marktabbildung), beschreibt er nicht (mehr) die realen Marktverhältnisse. Die Gewichtung von Mietspiegeldaten kann die verzögerten Marktabbildung bei Bezugnahme auf einen Mietspiegel, d. h. auf Neuvertragsmieten nicht preisgebundenen Wohnraums aus den letzten vier Jahren, nicht ausgleichen. Ausgehend von der aufgezeigten Vermutung als Beweis des ersten Anscheins, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt, bedarf es somit nicht des Nachweises des Betroffenen, dass es (objektiv) keine Wohnungen zum Richtwert gibt; vielmehr genügt, dass die vom BSG aufgezeigte Vermutung erschüttert wird (Senatsurteil vom 31. Januar 2018 ebd.). Dies kann für den Berliner Wohnungsmarkt, der nach BSG-Rechtsprechung einen einheitlichen Vergleichsraum bildet, eindeutig festgestellt werden. Der Senat verweist dazu im Einzelnen auf sein Urteil vom 31. Januar 2018 – L 32 AS 1223/15, Rdnrn. 110 bis 129). Danach bestand wenigstens seit 2011 ein hoher Nachfragedruck auf dem Berliner Wohnungsmarkt, so dass Wohnungssuchende in der Regel keine Neuvertragsmiete in Höhe der Vergleichsmiete des Berliner Mietspiegels aushandeln konnten. Vielmehr sprechen die vorliegenden Daten dafür, dass die Neuvertragsmieten regelmäßig auf dem Niveau der Angebotsmieten lagen.
Andere Daten, aus denen eine Angemessenheitsgrenze mit einer vollen gerichtlichen Überzeugung gewonnen werden könnte, stehen nicht zur Verfügung, so dass es an einer Tatsachengrundlage mangelt, die Ausgangspunkt für die gerichtliche Bestimmung der Angemessenheitsgrenze sein könnte.
Lässt sich damit vom Senat nicht feststellen, dass Wohnraum zu einem bestimmten Betrag eines abstrakten Angemessenheitswertes in hinreichender Anzahl tatsächlich verfügbar ist, er also keine Möglichkeit sieht, unter den o. g. Vorgaben abstrakte Angemessenheitswerte selbst festzulegen, bleibt der Rückgriff auf die Beträge aus § 12 WoGG (BSG, Urteil vom 03. September 2020 – B 14 AS 37/19 R, Rdnr. 24). Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 4/13 R, Rdnr. 14, zitiert nach juris, m. w. N., abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 72) ist ein Rückgriff auf die Werte des WoGG - zur Festlegung ausschließlich der abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne einer Obergrenze - zulässig, wenn nach den Feststellungen der Tatsacheninstanzen Erkenntnismöglichkeiten und -mittel zur Festlegung der von dem SGB II-Träger zu tragenden angemessenen Aufwendungen der Unterkunft nach einem schlüssigen Konzept nicht mehr vorhanden sind. Das BSG hat für den Fall des Ausfalls von lokalen Erkenntnismöglichkeiten aufgrund von fehlenden Ermittlungen des Grundsicherungsträgers eine Begrenzung der Amtsermittlungspflicht der Sozialgerichte für zulässig erachtet und ausdrücklich betont, dass es im Wesentlichen Sache der Grundsicherungsträger sei, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu ermitteln. Insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume brauchen deshalb nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Dies entbindet jedoch nicht von nachvollziehbaren Darlegungen dazu, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht (mehr) entwickelt werden kann.
Damit sind, wenn die Erarbeitung eines schlüssigen Konzepts für den festgelegten Vergleichsraum nicht mehr möglich ist, grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese Aufwendungen werden jedoch durch die Tabellenwerte zu § 12 WoGG gedeckelt. Wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung ist zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten (§ 9 Abs. 1 WoGG, wonach Miete das vereinbarte Entgelt für die Gebrauchsüberlassung von Wohnraum auf Grund von Mietverträgen oder ähnlichen Nutzungsverhältnissen einschließlich Umlagen, Zuschlägen und Vergütungen ist) auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" einzubeziehen. Der Sicherheitszuschlag ist im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Leistungsberechtigten auf Sicherung des Wohnraums erforderlich, denn es kann beim Fehlen eines schlüssigen Konzepts nicht mit Sicherheit beurteilt werden, wie hoch die angemessene Referenzmiete tatsächlich ist (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 44/12 R, Rdnr. 19, zitiert nach juris; vgl. auch BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 50/09 R, Rdnr. 27 zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 29). Der Sinn und Zweck des WoGG liegt nicht darin, die Mieten für Wohnraum bei Vorliegen der einkommensrechtlichen Voraussetzungen voll oder zu einem erheblichen Teil zu übernehmen. Vielmehr handelt es sich beim Wohngeld um einen Zuschuss zu den Aufwendungen für Wohnraum. Die Höhe ist abhängig von der zu berücksichtigenden Miete, den Haushaltsmitgliedern und dem Einkommen. Übersteigt die nach § 11 WoGG zu berücksichtigende Miete den in § 12 WoGG festgesetzten Betrag, bleibt der übersteigende Teil bei der Wohngeldberechnung außer Betracht. Die i. S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessene Miete muss hingegen gewährleisten, dass zu dem als angemessen erachteten Wert Wohnraum vorhanden ist. Beide Regelungen verfolgen damit verschiedene Ziele; auf die Werte aus § 12 WoGG ist daher nur als Berechnungsgrundlage zur Bemessung der angemessenen Miete abzustellen und dem Sinn und Zweck von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nach mittels des "Sicherheitszuschlages" anzupassen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 87/12 R, Rdnr. 27, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 73 ausdrücklich zu § 12 WoGG; BSG Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R, Rdnr. 30, zitiert nach juris, abgedruckt SozR 4-4200 § 22 Nr. 85).
Die Tabelle des § 12 Abs. 1 WoGG in der Fassung des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1885; gültig vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2015) i. V. m. § 38 Nr. 2 WoGG in der Fassung des Gesetzes vom 9. November 2012 (BGBl I 2012, 2291) i. V. m. der Anlage (in der Fassung des Gesetzes vom 24. September 2008; BGBl I 2008, 1856; gültig vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2015) zu § 1 Abs. 3 Wohngeldverordnung (WoGV) weist für Berlin, das der Mietstufe 4 (jetzt: IV) zugeordnet wird, für zwei Personen einen Betrag von 435,00 Euro aus.
Das ergibt unter Berücksichtigung des 10%-Zuschlags für die Bruttokaltmiete einen Betrag von 478,50 Euro monatlich (435,00 Euro + 43,50 Euro).
Die Bruttokaltmiete der Klägerinnen betrug demgegenüber 473,35 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013, so dass die tatsächlich gezahlte Bruttokaltmiete zu berücksichtigen ist.
Angesichts dessen kann dahinstehen, ob im streitigen Zeitraum die Bruttokaltmiete nicht ohnehin angemessen war.
Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit sind die normativen Vorprägungen dieses Begriffs zu berücksichtigen. Insofern sind die gesetzgeberischen Entscheidungen zur Sicherung angemessenen Wohnraums für Hilfebedürftige zu beachten, um sicherzustellen, dass der Vergleich mit der Referenzgruppe gelingt. Dazu gehört in angespannten Wohnungsmärkten der Vergleich mit den Angemessenheitsgrenzen nach dem Wohngeldrecht und auch der Vergleich mit den Mieten im sozialen Wohnungsbau, weil beide Systeme normative gesetzgeberische Vorprägungen für den hier betroffenen Bereich der grundsicherungsrechtlichen Angemessenheitsprüfung liefern. Beide Systeme zielen unmittelbar gesetzlich auf die Sicherstellung angemessenen Wohnraums ab (Rudnik in ZFSH/SGB 2021, 127, 139 f.). Insbesondere aus dem Recht des sozialen Wohnungsbaus ergeben sich im Rahmen der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der grundsicherungsrechtlichen Angemessenheit systematisch zu berücksichtigende Wertungen. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WoFG, bestimmt als die Zielgruppe der sozialen Wohnraumförderung Haushalte, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind; unter diesen Voraussetzungen unterstützt die Förderung von Mietwohnraum insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen sowie Familien und andere Haushalte mit Kindern, Alleinerziehende, Schwangere, ältere Menschen, behinderte Menschen, Wohnungslose und sonstige hilfebedürftige Personen. Sozialwohnungen wurden und werden gerade für Grundsicherungshaushalte geschaffen. Wohnraum der nach den Vorgaben des WoGG und des sozialen Wohnungsbaus angemessen ist, kann jedenfalls in angespannten Wohnungsmärkten nicht unangemessen sein (vgl. Rudnik a.a.O. S. 139 f.). Dabei kommt die weitere Überlegung zum Tragen, dass die insofern vorhandenen Daten stets nur bzw. ganz überwiegend auf Bestandswohnungen im jeweiligen Regelungssystem zurückgreifen und im angespannten Wohnungsmarkt die Verteuerung durch das ungünstige Nachfrage-Angebot-Verhältnis nicht aktuell widerspiegeln. Gerade wegen dieser normativen Vorprägung greift das BSG für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche auf die regionalen Vorgaben des sozialen Wohnungsbaus zurück.
Nach diesen Maßstäben könnte sich die Bruttokaltmiete der Klägerinnen im angespannten Wohnungsmarkt von Berlin im streitigen Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 als angemessen erweisen.
Die Begründung der Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015 (abrufbar: https://www.parlament-berlin.de/ados/17/IIIPlen/vorgang/verordnungen/vo17-186.pdf) enthält die Aussage (Ziff. 6.1, S. 11), dass die Nettokaltmieten in den seit 2014 nunmehr wieder nach dem WoFG geförderten Wohnungen anfangs zwischen 6,00 Euro/m² und 7,50 Euro/m² monatlich liegen. Im Schnitt sollen sie bei maximal 6,50 Euro/m² monatlich liegen. Vom Normgeber wurden mithin für die durch das WoFG geförderten, hilfebedürftigen Haushalte Nettokaltmieten von 6,00 bis 7,50 Euro monatlich für angemessen gehalten, während die durchschnittliche monatliche Nettokaltmiete (der Bestandsmieten) im sozialen Wohnungsbau 2014 bei 6,47 Euro/m² (Sozialwohnungen ohne Anschlussförderung) lag. Diese lag 2012 bei 5,71 Euro/m² und 2013 bei 6,08 Euro/m² (Sozialwohnungen ohne Anschlussförderung) (IBB Wohnungsmarktbericht 2019, S. 71; abrufbar: https://www.ibb.de/media/dokumente/publikationen/berliner-wohnungsmarkt/wohnungsmarktbericht/ibb_wohnungsmarktbericht_2019.pdf). Zusammen mit den durchschnittlichen monatlichen Betriebskosten 2014 von 2,01 Euro/m² (Sozialwohnungen mit Anschlussförderung), also 2014 von 8,48 Euro/ m², errechnet sich bezogen auf eine angemessene Fläche von 60 m² mithin für Zweipersonenhaushalte ein Betrag für 2014 von 508,80 Euro monatlich. Bei durchschnittlichen monatlichen Betriebskosten 2012 von 2,01 Euro/m² und 2013 von 2,03 Euro/m² (Sozialwohnungen mit Anschlussförderung), also 2012 von 7,72 Euro/m² und 2013 von 8,11 Euro/ m², errechnet sich bezogen auf eine angemessene Fläche von 60 m² mithin für Zweipersonenhaushalte ein Betrag für 2012 von 463,20 Euro monatlich und für 2013 von 486,60 Euro monatlich.
Die Bruttokaltmiete der Klägerinnen betrug 473,35 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013, konnte mithin die für Sozialwohnungen vom Berliner Verordnungsgeber als angemessen angesehenen Wohnungskosten nicht überschreiten.
Der Anspruch auf Leistungen für die Heizung besteht grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen, soweit sie angemessen sind.
Von unangemessen hohen Heizkosten ist auszugehen, wenn bestimmte Grenzwerte überschritten werden, die den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegeln" bzw. dem "Bundesweiten Heizspiegel" zu entnehmen sind. Solange der jeweils örtlich zuständige Träger der Grundsicherung keine differenzierte Datenermittlung für den konkreten Vergleichsraum durchgeführt hat, die zuverlässige Schlüsse auf einen Wert für grundsicherungsrechtlich angemessene Heizkosten in seinem Zuständigkeitsbereich zulassen, ist die Heranziehung eines Grenzwertes aus Gründen der Praktikabilität geboten. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass der hohe Grenzwert der energiepolitischen Zielsetzung eines Heizspiegels zuwiderläuft. Solche Zielsetzungen sind im Anwendungsbereich des SGB II aber nach den gesetzgeberischen Vorgaben unbeachtlich (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 22, m. w. N., zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 69).
Dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkostenspiegel kommt nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur diese übernommen werden müssten. Auch diesem Wert liegt nämlich keine Auswertung von Daten zugrunde, die den Schluss zuließe, es handele sich insoweit um angemessene Kosten. Der Grenzwert markiert nicht angemessene Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass von unangemessenen Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden ("im Regelfall"). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass es dem Leistungsberechtigten obliegt vorzutragen, warum seine Aufwendungen gleichwohl als angemessen anzusehen sind. Insofern führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Leistungsberechtigten dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 23, m. w. N.).
Der Grenzwert errechnet sich aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche (und nicht aus der Wohnfläche der konkret innegehabten Wohnung) und, wenn ein kommunaler Heizspiegel - wie vorliegend für Berlin - nicht existiert, den entsprechenden Werten der Spalte "zu hoch" für Heizöl, Erdgas bzw. Fernwärme des "Bundesweiten Heizspiegels", der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war. Bei Wohnungen, die mit einer Etagenheizung beheizt werden, erscheint es sachgerecht, zugunsten der Leistungsberechtigten den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen, weil diese den Verbrauchswerten einer Einzelheizanlage am nächsten kommen. Schließlich liegt nahe, für Energieträger, die im Heizspiegel nicht gesondert aufgeführt sind (Strom, Holz, Solarenergie o. ä.), den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels vergleichend zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 25).
Maßgebend ist vorliegend der Bundesweite Heizspiegel 2012 (Stand 22. Mai 2012). Dieser Heizspiegel war bei Erlass der letzten Verwaltungsentscheidung (Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2013) bereits veröffentlicht. Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Erdgas bei einer Gebäudefläche von 251 bis 500 qm liegt bei 16,00 Euro/qm/Jahr. Daraus errechnen sich bei einer abstrakt angemessenen Wohnfläche von 60 qm für einen Zwei-Personen-Haushalt 960 Euro/Jahr und mithin 80,00 Euro monatlich. Dieser Wert beinhaltet nicht die Kosten der Warmwasserbereitung (anders erst der Heizkostenspiegel 2014 S. 7), denn er bezieht sich ausschließlich auf die reine Raumwärme.
Aus den Betriebs- und Heizkostenabrechnungen ergibt sich, dass das Warmwasser zentral erzeugt wird. Daher liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 7. Juli 2017 - B 14 AS 6/17 R, Rdnrn. 17,18) keine dezentrale Warmwasserversorgung vor, für die die Regelung des § 21 Abs. 7 SGB II gelten würde. Vielmehr gilt dann für die Warmwasserkosten § 22 Abs. 1 SGB II. Zwar wird der Anspruch auf Übernahme der Kosten der Warmwasserbereitung bei zentraler Warmwasserversorgung zusammen mit den Bedarfen für Unterkunft und Heizung nicht ausdrücklich in § 22 Abs. 1 SGB II genannt; die Parallelregelung in § 35 Abs. 4 SGB XII zeigt jedoch, dass es sich dabei um ein gesetzgeberisches Versehen handelt (Behrend in jurisPK-SGB II, 4. Auflage 2015, Stand: 14.10.2019, § 21 SGB II, Rdnr. 139 m.w.N.). § 22 Abs. 1 SGB II verlangt die Angemessenheit der Heiz- und Warmwasserkosten.
Die Angemessenheitsgrenze für die Heizkosten ist deswegen um angemessene Aufwendungen für die Erzeugung von Warmwasser zu ergänzen. Der Senat sieht aus Kombination regionaler und bundesweiter Angemessenheitswerte für Zweipersonenhaushalte in der Konstellation einer erwachsenen Person und eines von § 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 3 SGB II erfassten Kindes in Berlin den Grenzwert der Angemessenheit des Warmwasserverbrauchs bei 28,65 Euro monatlich für das Jahr 2013.
Wie die maßgebliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen ist, wird unterschiedlich diskutiert (Behrend a.a.O. Rdnr. 140.3). Ein unmittelbarer Rückgriff auf die Pauschalwerte des § 21 Abs. 7 SGB II scheidet aus, weil dieser Vorschrift ein anderes Regelungskonzept zugrunde liegt. Sie regelt bei einer personenbezogenen verbrauchsbegründeten Betrachtung pauschal einen Regelbedarf der Warmwasserkosten, wobei die Pauschale eine Durchschnittsbetrachtung und nicht die Bestimmung eines Angemessenheitsgrenzwertes zum Gegenstand hat, wie die Ausnahmemöglichkeiten verdeutlichen.
Der Vorschlag im Aufsatz Brehm/Schifferdecker (SGb 2011, 505 ff.), die Durchschnittswerte aus dem Berliner Betriebskostenspiegel zu verdoppeln und mit der zulässigen Höchstwohnfläche zu vervielfältigen, übersteigt schon die Höchstwerte der im Berliner Betriebskostenspiegel zu verzeichnenden Spannbreite der Warmwasserkosten je Quadratmeter und überzeugt deshalb nicht. Die Grundannahme erscheint dagegen sehr nachvollziehbar. Aus Sicht des Senats müssen bei der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze die folgenden Aspekte bedacht werden. Zum einen ist gerade beim Warmwasserverbrauch das subjektiv sehr unterschiedliche Reinlichkeitsgefühl der Menschen für die eigene Körperhygiene und die Reinigung von Lebensmitteln, Küchenzubehör (Geschirr, Besteck, Küchengerätschaften etc) und der Wohnungseinrichtung zu berücksichtigen, was zu der von Brehm/Schifferdecker angesprochenen weiten Spannbreite der Werte führt. So wird dermatologisch empfohlen, zweimal wöchentlich zu duschen, während tägliches Duschen weitverbreitet ist und deshalb aus Sicht des Senats noch nicht als unangemessen angesehen werden kann. Zum anderen ist zu bedenken, dass die Spannbreite des Berliner Mietspiegels auch daraus resultieren dürfte, dass es sich um einen auf den Quadratmeter bezogenen Wert handelt, während die Körperhygiene als wohl wichtigster Verbrauchsposten der Warmwassernutzung nur wenig Bezug zur Wohnfläche hat. Ein Einpersonenhaushalt in einer großen Wohnung dürfte daher einen deutlich geringeren Warmwasserverbrauch pro Quadratmeter haben als ein Zweipersonenhaushalt in einer kleinen Wohnung. Andererseits liefert der Durchschnittswert der Anlage zum Berliner Mietspiegel eine hinreichende Grundlage für einen Durchschnittsverbrauch bei Nutzung von Wohnraum in angemessener Größe.
Eine Kombination beider Systeme für die Bestimmung der Grenze der Angemessenheit, die einen bei Überschreitung unangemessenen Kostenaufwand der Warmwasserbereitung indiziert, erscheint daher auch unter Berücksichtigung der obigen verschiedenen Erwägungen sachgerecht (Senatsurteil vom 2. Dezember 2021, - L 32 AS 579/16). Danach ist die Angemessenheitsgrenze derart zu bestimmen, dass zunächst die in Abhängigkeit von der Personenzahl zu bestimmende Wohnfläche nach den Vorgaben für eine angemessene Wohnungsgröße ermittelt wird. Nach ständiger Rechtsprechung werden – wie bereits ausgeführt – für Berlin 60 m2 als angemessene Wohnfläche für einen Zweipersonenhaushalt im Sinne eines oberen Grenzwertes angenommen. Für diese Fläche wird durch Vervielfältigung mit dem Durchschnittswert der Warmwasserkosten in der Betriebskostenanlage zum Berliner Mietspiegel der Durchschnittsverbrauch einer nach Anzahl der Personen angemessenen Wohnung ermittelt. Da es sich um einen angemessenen regionalen Durchschnittswert handelt, kann dessen Überschreitung noch nicht unangemessen sein. Die Grenze, die dann Unangemessenheit indiziert, wird durch Addition der bundesgesetzlichen Pauschalwerte nach § 21 Abs. 7 SGB II zum regionalen Durchschnittswert ermittelt, wobei für jeden Erwachsenen der Pauschalwert für einen Erwachsenen nach § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II (ohne Rundung auf volle Eurobeträge) verwendet wird. Diese Grenzziehung berücksichtigt das sehr unterschiedliche Reinlichkeitsbedürfnis, ohne dass sie zu statistisch schwer nachvollziehbaren Ergebnissen führen würde.
Die Grenze, die dann die Unangemessenheit indiziert, liegt für 2013 (Mietspiegel 2011, S. 22: Mittelwert 0,28 Euro/m2) dann bei 28,65 Euro monatlich (60 m2 x 0,28 Euro/m2 + 0,023 x 382 Euro + 0,012 x 255 Euro). Der obere Spannenwert nach dem Mietspiegel 2011 betrug 0,54 Euro/m2. Bei einer 60 m2–Wohnung wäre der obere Spannenwert dann bei monatlichen Warmwasserkosten von 32,40 Euro, der dann bereits extrem hohe Verbrauche beinhaltet.
Es ergibt sich mithin ein Angemessenheitsgrenzwert für die Heiz- und Warmwasserkosten für 2013 von insgesamt 108,65 Euro (80,00 + 28,65).
Es sind keine Umstände ersichtlich oder vorgetragen, die das deutliche Überschreiten der Höchstwerte des Heizspiegels oder der hier gezogenen Angemessenheitsgrenze für die Warmwasserkosten nachvollziehbar begründen würden, weshalb Heiz- und Warmwasserkosten nur in Höhe des genannten Grenzwertes als angemessen anerkannt werden können. Da damit nicht die vollen Kosten für die Gasversorgung übernommen werden, kommt es nicht darauf an, dass die Klägerinnen diesen Energieträger auch für die Kochenergie nutzt.
Demgegenüber betrug für die Klägerinnen die Heizkostenvorauszahlung 214,00 Euro monatlich. Damit wird der Angemessenheitsgrenzwert für die Heiz- und Warmwasserkosten überschritten, so dass für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 nur 108,65 Euro zu berücksichtigen sind.
Insgesamt hatten die Klägerinnen somit Anspruch auf zu berücksichtigende Kosten für Unterkunft und Heizung von 582,00 Euro (473,35 Euro + 108,65 Euro) für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013.
Demgegenüber wurden ihnen für Unterkunft und Heizung 520,30 Euro monatlich gewährt.
Ein weiterer Anspruch besteht mithin von 61,70 Euro für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013.
Die Berufung hat daher teilweise Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zuzulassen.