L 14 R 495/21

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 47 R 485/21
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 495/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Für die Anrechnung von Einkommen auf eine befristete Erwerbsminderungsrente nach der ab dem 01.07.2017 geltenden jährlichen Hinzuverdienstregel des § 96a SGB VI bedarf es eines "Hinzu"-Verdienstes im Sinne eines zeitlichen bzw. inhaltlichen Bezugs zwischen Einkommen und Erwerbsminderungsrente. Ein Verdienst im selben Kalenderjahr ohne zeitlichen bzw. inhaltlichen Zusammenhang mit der befristeten Erwerbsminderungsrente genügt für die Anrechnung auf die Rente nicht."

 

I.     Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13.09.2021 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25.02.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2021 aufgehoben.

II.     Die Beklagte erstattet der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen.

III.     Die Revision wird zugelassen.

T a t b e s t a n d :

Streitig ist eine Rückforderung von der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2019 bis 30.04.2019 gezahlter Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 3.283,96 Euro.

Mit Bescheid vom 13.06.2016 gewährte die Beklagte der Klägerin befristet Rente wegen voller Erwerbsminderung, beginnend am 01.05.2016 und endend mit dem 30.04.2019. Ausdrücklich wies die Beklagte daraufhin, dass die Rente mit dem 30.04.2019 ende, ohne dass sie einen weiteren Bescheid erteilen werde. Die Rente könne auf Antrag weitergezahlt werden, wenn eine Minderung der Erwerbsfähigkeit weiterhin vorliege. Vorsorglich weise die Beklagte daraufhin, dass die Rentenzahlung auch dann zum 30.04.2019 eingestellt werde, wenn sie bis dahin über den Antrag auf Weiterzahlung noch nicht habe entscheiden können. Außerdem wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass sie verpflichtet sei, die Beklagte unverzüglich darüber zu informieren, wenn sie eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufnehme oder ausübe. Die Rente könne dann wegfallen. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung werde nicht oder in verminderter Höhe gezahlt, sofern durch Einkommen die für diese Rente maßgebende Hinzuverdienstgrenze überschritten würde. Einkommen sei dabei u. a. Arbeitsentgelt.

Den von der Klägerin gestellten Weitergewährungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.03.2019 ab. Zur Begründung führte die Beklagte an, sie habe sich eingehend mit dem Gesundheitszustand der Klägerin befasst und geprüft, wie sich dieser auf ihre Erwerbsfähigkeit auswirke. Es seien hierbei sowohl die Angaben der Klägerin in ihrem Rentenantrag als auch die Ergebnisse der medizinischen Ermittlungen berücksichtigt worden. Die gesundheitlichen Einschränkungen würden aber nicht mehr zu einem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung führen, da sie nach der medizinischen Beurteilung wieder mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts tätig sein könne. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.

Im Mai 2019 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld II. Am 27.06.2019 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mit, dass diese seit dem 01.06.2019 sozialversicherungspflichtig beschäftigt sei. Am 08.07.2019 legte der Bevollmächtigte der Klägerin deren Arbeitsvertrag und die Gehaltsabrechnung für Juni 2019 vor.

Mit Bescheid vom 30.07.2019 half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 26.03.2019 ab und gewährte ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rente werde weiterhin auf Zeit bis zum 30.04.2019 geleistet. Für die Zeit vom 01.05.2019 bis zum 31.08.2019 erfolge eine Nachzahlung in Höhe von 3.336,24 € und ab dem 01.09.2019 werde ihr laufend monatlich eine Rente in Höhe von 847,13 € (monatlicher Zahlbetrag) gezahlt. Der ab Juni 2019 erzielte Hinzuverdienst wurde bei der Berechnung der Rente nicht berücksichtigt. Die Beklagte wies darauf hin, dass Rente nur dann in voller Höhe gezahlt werden könne, wenn der Hinzuverdienst die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze in Höhe von 6.300 Euro nicht überschreite. Darüber hinaus erzielter Hinzuverdienst führe dazu, dass Rente nur noch teilweise oder gar nicht geleistet werde. Die Rente werde zunächst mit dem voraussichtlichen Hinzuverdienst der Klägerin und später rückwirkend mit dem tatsächlichen Hinzuverdienst des zurückliegenden Kalenderjahres berechnet. Zuviel gezahlte Beträge müsse die Klägerin zurückzahlen. Zum 01.07. eines jeden Jahres werde die Beklagte den Hinzuverdienst für das zurückliegende Jahr prüfen und die Rente rückwirkend neu mit dem tatsächlichen Hinzuverdienst berechnen.

Die Beklagte berechnete mit Bescheid vom 16.08.2019 die Rente der Klägerin ab dem 01.09.2019 neu unter Berücksichtigung des Hinzuverdienstes, den die Klägerin voraussichtlich haben werde. Die Rente sei ab dem 01.09.2019 nicht zu zahlen. Mit Bescheiden vom 12.09.2019 und vom 25.09.2019 berechnete die Beklagte die Rente ab dem 01.05.2019 neu. Die Rente sei ab dem 01.09.2019 wegen der Höhe des Hinzuverdienstes nicht zu zahlen.

Gegen den Bescheid vom 12.09.2019 legte die Klägerin Widerspruch ein. Die Rente sei nicht erst ab dem 01.09.2019, sondern bereits ab dem 01.06.2019 nicht zu zahlen, weil die Klägerin bereits seit diesem Zeitpunkt berufstätig sei.

Die Beklagte wies den Bevollmächtigten mit Schreiben vom 15.10.2019 darauf hin, dass nach dem sogenannten Flexirentengesetz der Hinzuverdienst zunächst im Wege einer Prognose vorläufig für das laufende Kalenderjahr zu berücksichtigen sei. Dies sei aber nur für die Zukunft möglich und daher sei die Rente erst ab 01.09.2019 nicht mehr ausgezahlt worden. Weiterhin erläuterte die Beklagte das weitere Vorgehen nach den gesetzlichen Vorschriften und wies darauf hin, dass für die Zeit von Januar 2019 bis August 2019 wahrscheinlich eine Überzahlung entstehen werde. Daraufhin wurde der Widerspruch für erledigt erklärt.

Mit Bescheid vom 12.05.2020 stellte die Beklagte die Rente ab dem 01.01.2019 neu fest. Die Rente sei ab dem 01.01.2019 nicht zu zahlen. Für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 30.06.2020 ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 6.620,20 Euro, die von der Klägerin zu erstatten sei. Der Bescheid vom 30.07.2019 werde hinsichtlich der Rentenhöhe für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 31.12.2019 nach § 96a Abs. 5 SGB VI, § 34 Abs. 3 f SGB VI aufgehoben. Für 2019 seien der tatsächliche und ab Januar 2020 ein voraussichtlicher Hinzuverdienst zu berücksichtigen und eine Rentenanpassung durchzuführen. Wegen der Höhe des Hinzuverdienstes stehe die Rente ab dem 01.01.2019 nicht zu. Für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis 30.06.2019 habe sich eine Überzahlung in Höhe von 4.925,94 Euro und für den Zeitraum vom 01.07.2019 bis 31.08.2019 eine Überzahlung in Höhe von 1.694,26 Euro ergeben.

Den von der Klägerin gegen diesen Bescheid vom 12.05.2020 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2020 zurück.

Der dagegen erhobenen Klage gab das Sozialgericht München mit Gerichtsbescheid vom 29.01.2021 (S 56 R 1078/20) insoweit statt, als der dort streitgegenständliche Bescheid vom 12.05.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2020 die Rente für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 in Höhe von 3.283,96 Euro zurückfordere. Die Beklagte habe lediglich den Bescheid vom 30.07.2019 aufgehoben, der Rente für den Zeitraum vom 01.05.2019 bis zum 30.04.2021 gewährt habe, nicht jedoch den Bescheid vom 13.06.2016, mit dem der Klägerin Rente für den Zeitraum bis zum 30.04.2019 bewilligt worden sei. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Der Gerichtsbescheid wurde rechtskräftig.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25.02.2021 berechnete die Beklagte die Rente für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 neu. Die Rente sei für diesen Zeitraum nicht zu zahlen. Die entstandene Überzahlung in Höhe von 3.283,96 Euro werde zurückgefordert. Der Bescheid vom 13.06.2016 werde hinsichtlich der Rentenhöhe für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 aufgehoben. Die Aufhebung erfolge nach § 96a Abs. 5 SGB VI i.V.m. § 34 Abs. 3 f SGB VI. Die Rente werde neu berechnet, da für das Jahr 2019 der tatsächliche Hinzuverdienst berücksichtigt werde. Wegen der Höhe des Hinzuverdienstes stehe die Rente für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 nicht zu. Für die Forderung gelte eine Verjährung von 30 Jahren (§ 52 Abs. 2 SGB X).

Dagegen ließ die Klägerin am 09.03.2021 Widerspruch erheben und vortragen, sie habe bis zur Wiederaufnahme ihrer beruflichen Tätigkeit die Rente zu Recht bezogen. Die erhaltenen Rentenbeträge habe sie zur Lebensführung verbraucht. Das Vertrauen sei schutzwürdig. Hier liege kein Hinzuverdienst vor, sondern es handle sich um den alleinigen Verdienst der Klägerin. Diese sei seit dem 01.06.2019 voll beschäftigt und beziehe seit Mai 2019 keine Rente mehr wegen voller Erwerbsminderung. Dieser Zeitraum sei abgeschlossen. Somit liege kein Hinzuverdienst und keine Überzahlung vor. Die Rente für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 sei zu Recht gewährt worden. Es liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Hätte die Klägerin nicht Rente bezogen, so bestünden keine Schwierigkeiten. Die Klägerin dürfe als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nicht schlechter gestellt werden, als ein Versicherter, der zuvor nicht auf Leistungen der Deutschen Rentenversicherung angewiesen gewesen sei. Der Bescheid verstoße gegen Vertrauensgrundsätze und den Grundsatz von Treu und Glauben. Erst nach dem Erlass des Gerichtsbescheides vom 29.01.2021 habe die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid erlassen. Dieser sei verspätet, verjährt, verfristet und verwirkt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2021 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Nach § 96a Abs. 1 SGB VI werde eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur in voller Höhe geleistet, wenn die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 1c nicht überschritten werde. Selbst wenn Versicherte, wie vorliegend die Klägerin zum 01.06.2019, im laufenden Jahr eine Beschäftigung aufnähmen und hieraus Einkünfte erzielten, so sei dennoch im Folgejahr eine rückschauende kalenderjährliche Betrachtung vorzunehmen und eine Neufeststellung der Rentenhöhe unter Beachtung des kalenderjährlichen Hinzuverdienstes vorzunehmen. Nach § 34 Abs. 3f SGB VI seien bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Danach seien die der Klägerin im Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 erbrachten Rentenleistungen aufgrund des kalenderjährlich erzielten Hinzuverdienstes zu erstatten.

Mit ihrer dagegen am 07.04.2021 zum Sozialgericht München erhobenen Klage ließ die Klägerin ihr Ziel unter Wiederholung ihres Vortrages aus dem Widerspruchsverfahren weiterverfolgen.

Das Sozialgericht München wies die Klage nach entsprechender Anhörung durch Gerichtsbescheid vom 13.09.2021 ab. Der angefochtene Bescheid vom 25.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2021 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht habe die Beklagte den Bescheid vom 13.06.2016 hinsichtlich der Rentenhöhe für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 aufgehoben und 3.283,96 Euro von der Klägerin zurückgefordert.

Gemäß § 96a Abs. 1 SGB VI (Fassung vom 08.12.2016, gültig ab 01.07.2017) werde eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur dann in voller Höhe geleistet, wenn die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze nach § 96a Abs. 1c SGB VI nicht überschritten werde. Bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze werde die Rente nur teilweise geleistet.

Nach § 96a Abs. 5 SGB VI i.V. mit § 34 Abs. 3d Satz 1 SGB VI sei von dem Kalenderjahr an, das dem folge, in dem erstmals Hinzuverdienst berücksichtigt worden sei, jeweils zum 1. Juli für das vorige Kalenderjahr der tatsächliche Hinzuverdienst statt des bisher berücksichtigten Hinzuverdienstes zu berücksichtigen, wenn sich dadurch rückwirkend eine Änderung ergebe, die den Rentenanspruch betreffe.

Diese Voraussetzungen seien im Falle der Klägerin erfüllt. Die Beklagte hätte im Bescheid vom 13.06.2016 keinen (voraussichtlichen) Hinzuverdienst berücksichtigt. Im streitgegenständlichen Bescheid vom 25.02.2021 habe sie für das gesamte Jahr 2019 einen tatsächlichen Hinzuverdienst von 24.145 Euro berücksichtigt. Daraus folge rückwirkend eine Änderung, die den Rentenanspruch betreffe (§ 96a Abs. 5 SGB VI, § 34 Abs. 3c SGB VI).

Ergebe sich nach § 96a Abs. 5 SGB VI i.V.m. § 34 Abs. 3c SGB VI eine Änderung, die den Rentenanspruch betreffe, seien die bisherigen Bescheide, von dem sich nach § 96a SGB VI i.V.m. § 34 Abs. 3c SGB VI ergebenden Zeitpunkt an aufzuheben (§ 96a Abs. 5 SGB VI i.V.m. § 34 Abs. 3f Satz 1 SGB VI) und bereits erbrachte Leistungen zu erstatten.

Aus der Vorschrift des § 34 Abs. 3f SGB VI ergebe sich, dass der Bescheid vom 13.06.2016 für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 hinsichtlich der Rentenhöhe aufzuheben sei und die bereits erbrachten Rentenleistungen in Höhe von 3.283,96 Euro zu erstatten seien.

Da nach § 96a SGB VI i.V. mit § 34 Abs. 3f Satz 3 SGB VI die Vorschriften der §§ 24, 45, 48 SGB X nicht anzuwenden seien, fänden die dort geregelten Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und die dort geregelten Aufhebungsfristen keine Anwendung. Es komme hier also nicht darauf an, ob die Klägerin auf den Bestand des Bescheides vom 13.06.2016 vertraut oder die ihr gewährten Rentenzahlungen verbraucht habe.

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht vor. Die Klägerin, die in demselben Kalenderjahr sowohl Rente wegen Erwerbsminderung bezogen, als auch Arbeitseinkommen erzielt habe, sei nicht vergleichbar mit Versicherten, die in einem Kalenderjahr nur Einkommen aus versicherungspflichtiger Beschäftigung und nicht auch Rente wegen Erwerbsminderung bezogen hätten.

Der Erstattungsanspruch der Beklagten sei auch nicht verwirkt.
Eine Verwirkung liege nur dann vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen könne, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde. Ein derartiges Verhalten der Beklagten gegenüber der Klägerin sei nicht ersichtlich.

Gegen den, dem Bevollmächtigten der Klägerin am 15.09.2021 zugestellten Gerichtsbescheid ließ die Klägerin am 20.09.2021 Berufung einlegen, mit der sie ihr Ziel weiterverfolgte. Zur Begründung wurden die bereits vorgetragenen Argumente wiederholt und vertieft. Insbesondere wurde nochmals die Einrede der Verjährung erhoben und Verwirkung angenommen. Außerdem führte die Klägerin aus, dass die Vorschrift, auf die die Beklagte die Rückforderung stütze, verfassungswidrig sei, da die Klägerin im Verhältnis zu Personen, die vor der Wiederaufnahme eines Arbeitsverhältnisses keine Rente bezogen hätten, ungleich behandelt werde.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13.09.2021 und den Bescheid der Beklagten vom 25.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2021 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung nahm sie Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13.09.2021.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akten des Sozialgerichts München und der Beklagten verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) der Klägerin ist begründet.

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13.09.2021 war aufzuheben, ebenso wie der Bescheid der Beklagten vom 25.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2021, da der Bescheid rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Zu Unrecht hat die Beklagte den Bescheid vom 13.06.2016 hinsichtlich der Rentenhöhe für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 aufgehoben, die Rente insoweit neu berechnet und eine Rückforderung in Höhe von 3.283,96 € gegen die Klägerin festgesetzt.

Die Klägerin ist nicht verpflichtet, die im Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 erhaltenen Rentenzahlungen in Höhe von insgesamt 3.283,96 € zurückzuzahlen. Es besteht kein Erstattungsanspruch der Beklagten aus §§ 96a Abs. 5, 34 Abs. 3f S. 2 SGB VI in der ab dem 01.07.2017 geltenden Fassung vom 08.12.2016.

§ 96a SGB VI ist zwar im vorliegenden Fall ab dem 01.07.2017 anwendbar (dazu 1.), es handelt sich bei dem von der Klägerin ab dem 01.06.2019 bis zum 31.12.2019 erzielten Arbeitseinkommen aber nicht um Hinzuverdienst zu der vorliegend zurückgeforderten Rente aus dem Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 (hierzu 2.). Weitere Rechtsgrundlagen, auf die die Erstattungsforderung gestützt werden könnte, sind auch nicht ersichtlich (hierzu 3.).

1. § 96a SGB VI in der ab dem 01.07.2017 geltenden Fassung ist auf die Rentenzahlungen an die Klägerin ab dem 01.07.2017 anwendbar, da gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI Vorschriften dieses Gesetzbuchs von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden sind, wenn - wie vorliegend - bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht gemäß § 300 Abs. 5 SGB VI aus den, dem § 300 SGB VI folgenden, besonderen Vorschriften, insbesondere nicht aus § 313 Abs. 1 SGB VI.
§ 313 Abs. 1 SGB VI ist eine besondere Übergangsregelung für Hinzuverdienst bei Renten wegen Erwerbsminderung. Danach wird eine am 30.06.2017 aufgrund von Hinzuverdienst teilweise geleistete Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit unter den sonstigen Voraussetzungen des geltenden Rechts so lange weitergeleistet, bis 1. die am 30.06.2017 für diese anteilig geleistete Rente geltende Hinzuverdienstgrenze nach den §§ 96a und  313 SGB VI in der bis zum 30.06.2017 geltenden Fassung überschritten wird oder 2. sich nach den §§ 96a und 313 SGB VI in der ab dem 01.07.2017 geltenden Fassung eine mindestens gleich hohe Rente ergibt, wenn sich nach den §§ 96a und 313 SGB VI in der ab dem 01.07.2017 geltenden Fassung am 01.07.2017 eine niedrigere teilweise zu leistende Rente ergeben würde.
Voraussetzung für die Anwendbarkeit von § 313 SGB VI wäre demnach, dass der Klägerin am 30.06.2017 bereits eine aufgrund von Hinzuverdienst teilweise geleistete Rente geleistet wurde. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall gewesen. Vielmehr hat die Klägerin am 30.06.2017 eine volle Rente wegen Erwerbsminderung vollständig, ohne Berücksichtigung von Hinzuverdienst erhalten, da sie überhaupt keinen Hinzuverdienst in dieser Zeit erzielt hat. Demnach findet die Übergangsvorschrift des § 313 SGB VI keine Anwendung, so dass es bei der Regelung des § 300 Abs. 1 SGB VI verbleibt und §§ 96a Abs. 5, 34 Abs. 3f SGB VI auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung findet.

2. Bei dem von der Klägerin in der Zeit vom 01.06.2019 bis zum 31.12.2019 erzielten Arbeitseinkommen handelt es sich aber nicht um Hinzuverdienst zu der hier zurückgeforderten Rente für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 im Sinne von § 96a Abs. 1 SGB VI.

§ 96a SGB VI (Fassung vom 08.12.2016, gültig ab 01.07.2017) lautet auszugsweise:
 (1) Eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird nur in voller Höhe geleistet, wenn die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 1c nicht überschritten wird.
 (1a) Wird die Hinzuverdienstgrenze überschritten, wird die Rente nur teilweise geleistet. Die teilweise zu leistende Rente wird berechnet, indem ein Zwölftel des die Hinzuverdienstgrenze übersteigenden Betrages zu 40 Prozent von der Rente in voller Höhe abgezogen wird. Überschreitet der sich dabei ergebende Rentenbetrag zusammen mit einem Zwölftel des kalenderjährlichen Hinzuverdienstes den Hinzuverdienstdeckel nach Absatz 1b, wird der überschreitende Betrag von dem sich nach Satz 2 ergebenden Rentenbetrag abgezogen. Die Rente wird nicht geleistet, wenn der von der Rente abzuziehende Hinzuverdienst den Betrag der Rente in voller Höhe erreicht.
 (1b) Der Hinzuverdienstdeckel wird berechnet, indem die monatliche Bezugsgröße mit den Entgeltpunkten (§ 66 Absatz 1 Nummer 1 bis 3) des Kalenderjahres mit den höchsten Entgeltpunkten aus den letzten 15 Kalenderjahren vor Eintritt der Erwerbsminderung vervielfältigt wird. Er beträgt mindestens
....
2. bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung die Summe aus einem Zwölftel von 6 300 Euro und dem Monatsbetrag der Rente in voller Höhe,
(1c) Die Hinzuverdienstgrenze beträgt ...
...
2. bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe 6 300 Euro,
...
 (2) Als Hinzuverdienst sind Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen zu berücksichtigen. Diese Einkünfte sind zusammenzurechnen. ...
...
(5) § 34 Absatz 3c bis 3g gilt sinngemäß.

Die Klägerin hat von Januar bis April 2019 Rente wegen voller Erwerbsminderung aufgrund des Bescheides vom 13.06.2016 bezogen, mit dem ihr die Rente befristet für die Zeit vom 01.05.2016 bis zum 30.04.2019 gewährt worden war. Sie hat am 01.06.2019 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen, in der sie bis zum 31.12.2019 Arbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 24.145 € erzielt hat.
Diese ab 01.06.2019 von ihrem Arbeitgeber monatlich laufend an die Klägerin gezahlten Entgelte stellen Arbeitsentgelt im Sinne von § 96a Abs. 2 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 14 SGB IV dar.
Nach § 96 a Abs.1c Nr. 2 SGB VI beträgt die jährliche Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung 6.300 €. Diese Grenze wäre durch den von der Klägerin erzielten Verdienst in Höhe von 24.145 € im Jahr 2019 zweifellos überschritten.

Dieser, erst seit Juni 2019 erzielte Verdienst ist aber auf die, der Klägerin mit Bescheid vom 13.06.2016 (auch) für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019 gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht als Hinzuverdienst gemäß § 96a SGB VI anzurechnen, obwohl er im selben Kalenderjahr erzielt wurde.

a. Zwar spricht der Wortlaut des § 96a Abs. 1 SGB VI nachdem "eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur dann in voller Höhe geleistet wird, wenn die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze nach § 96a Abs. 1c SGB VI nicht überschritten wird" auf den ersten Blick für die Annahme, dass lediglich entscheidend für die Anrechnung auf die Rente ist, dass im Kalenderjahr, in dem die Rente bezogen wird, die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze überschritten wird.

b. Aus dem Wortsinn "Hinzu"-Verdienst, Sinn und Zweck der Vorschrift, dem gesetzessystematischen Zusammenhang, den durch die Neufassung des § 96a SGB VI intendierten Änderungen und der Gesetzesbegründung lässt sich aber entnehmen, dass - über die bloße Erzielung im Kalenderjahr hinaus - ein zeitlicher und inhaltlicher Bezug zwischen dem Verdienst und der Rente, auf die dieser angerechnet werden soll, bestehen muss.

Bereits begrifflich kann nur das Hinzuverdienst zu einer Rente sein, was zu der bezogenen Rente hinzuverdient wurde. Auch aus der Überschrift des Unterabschnitts 4 (des 2. Abschnitts im 2. Kapitel des SGB VI) "Zusammentreffen von Rente und Einkommen", indem sich die Vorschrift des § 96a SGB VI befindet, lässt sich entnehmen, dass ein zeitlicher und inhaltlicher Bezug zwischen beidem bestehen muss.
Diese Annahme wird darüber hinaus durch die mit der neuen Vorschrift geschaffenen Änderungen und deren Gesetzesbegründung gestützt.
Bis zum 30.06.2017 lautete § 96a Abs. 1 SGB VI:
Eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Absatz 2 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 2 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt. Die in Satz 2 genannten Einkünfte werden zusammengerechnet.

Durch die Änderung zum 01.07.2017 wurde u.a. der Hinzuverdienstdeckel als neuer Begriff eingeführt. Die bisherigen monatlichen Hinzuverdienstgrenzen sind entfallen. Der Gesetzgeber hat sich für kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenzen mit stufenloser Anrechnung entschieden und damit der Tatsache Rechnung getragen, dass ältere Menschen in der Arbeitswelt unverzichtbar sind und wegen des anhaltenden Fachkräftemangels grundsätzlich möglichst lange im Erwerbsleben gehalten werden sollen (Jentsch in: Schlegel/Voelzke, juris-PK-SGB VI, 3. Aufl. 2021, § 96a SGB VI, Rn. 9). Die Möglichkeiten, eine Teilzeitarbeit durch eine Teilrente zu ergänzen, sollten verbessert werden (BT-Drucksache 18/9787, S. 23). Die bisherigen, auf teilweise zu leistende Erwerbsminderungsrenten in Höhe von einem Viertel, einem Drittel, der Hälfte, zwei Dritteln oder drei Viertel der Rente in voller Höhe abgestimmten Hinzuverdienstgrenzen wurden durch eine jeweilige kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze ersetzt. Bei deren Überschreiten wird der Hinzuverdienst unter Zugrundelegung einer Jahresdurchschnittsbetrachtung stufenlos angerechnet. Durch die jahresdurchschnittliche Betrachtung ergeben sich für die Versicherten Verbesserungen, da unterjährige Hinzuverdienstschwankungen besser ausgeglichen werden können. Höhere monatliche Hinzuverdienstmöglichkeiten als bisher sind mit den Änderungen im Regelfall allerdings nicht verbunden, da eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit unverändert nur dann zu leisten ist, wenn aufgrund der Einschränkung der Leistungsfähigkeit verminderte Erwerbsfähigkeit weiterhin vorliegt (a.a.O., S. 43). Zugleich wurde die Formulierung, wonach das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit stammen muss, aufgegeben. Im Übrigen ist bei der Frage, welches Einkommen als Hinzuverdienst anzurechnen ist, in der Gesetzesbegründung auf die ebenfalls und im Wesentlichen gleichlautend überarbeiteten Regelungen zur Anrechnung von Einkommen auf Altersrenten (§ 34 Abs. 3b SGB VI) abgestellt worden. Als Hinzuverdienst berücksichtigt werden danach wie bisher Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen. Mit dem Entfallen der bisherigen Formulierung "aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit" sollte klargestellt werden, dass es für die Frage, ob Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen als rentenrechtlicher Hinzuverdienst zu berücksichtigen ist, nicht darauf ankommt, ob eine Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Entscheidend ist - wie schon nach der bisherigen Rechtsauslegung - ausschließlich, dass Einkünfte im Sinne von § 14 oder § 15 SGB IV beziehungsweise vergleichbares Einkommen nach Rentenbeginn vorliegen (a.a.O., S. 39).

Nach Auffassung des Senats wird demnach in § 96a Abs. 1 SGB VI neu insbesondere die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze geregelt, nicht aber gleichzeitig die Anrechnung eines Hinzuverdienstes aus dem Kalenderjahr auf jede, in diesem Kalenderjahr erhaltene Rente. Vielmehr bedarf es einer differenzierenden Betrachtung insofern, als auf eine, im Kalenderjahr unter bestimmten Voraussetzungen zuvor, zeitlich begrenzt gewährte Rente, (deren Bewilligungszeitraum abgeschlossen ist), nicht jeder nachfolgend - (ggf. unter neuen Voraussetzungen des Leistungsvermögens) - in demselben Kalenderjahr erzielte Verdienst angerechnet werden kann. Hierfür würde diesem Verdienst der für die Anrechnung gemäß § 96a Abs. 1 SGB VI erforderliche zeitliche und inhaltliche Zusammenhang mit der gewährten Rente fehlen (vgl. auch Kreikebohm/Jassat in: BeckOK Sozialrecht Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Meßling/Udsching, 63. Edition Stand: 01.12.2021, § 96 a SGB VI vor Rn. 1, wonach § 96a Abs. 1 SGB VI bestimmt, dass bei gleichzeitigem Bezug einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und der Ausübung einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit das daraus erzielte bzw. vergleichbares Einkommen grundsätzlich auf diese Rente anzurechnen ist, soweit es die bestimmten jährlichen Hinzuverdienstgrenzen übersteigt).

Dafür spricht auch die Gesetzesbegründung, wonach der Hinzuverdienst grundsätzlich innerhalb des verbliebenen Restleistungsvermögens, also bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in einer Beschäftigung oder Tätigkeit von unter drei Stunden täglich und bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung von unter sechs Stunden täglich erzielt werden muss. Werden die zeitlichen Grenzen für das Vorliegen der verminderten Erwerbsfähigkeit überschritten, liegt diese in der Regel dem Grunde nach nicht mehr vor und die Rente fällt weg. Die neuen Regelungen führen daher nur dann zu höheren Hinzuverdienstmöglichkeiten, wenn z.B. bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe aus einer Beschäftigung in weniger als drei Stunden täglich mehr als ein Zwölftel von 6.300 € monatlich erzielt wird (vgl. BT-Drs. 18/9787, S. 43).

Daraus folgt, dass der Hinzuverdienst nur unter den Bedingungen der gewährten Rente erzielt werden kann bzw. darf und daher auch nicht jeder Hinzuverdienst im Jahr auf jede, ebenfalls in diesem Jahr gewährte Rente anzurechnen ist. Vielmehr müssen Änderungen im Erwerbsstatus, die zur Beendigung einer Rente bzw. zur Gewährung einer Rente führen, zeitlich bei der Frage, ob es sich um Hinzuverdienst handelt, bzw. unter welchen Bedingungen der Verdienst anzurechnen ist, berücksichtigt werden. Denn anderenfalls würde auf die Rente eines vermindert Erwerbsfähigen, dessen Erwerbsfähigkeit im laufenden Jahr wiederhergestellt wird, sein dann, unter den neuen Voraussetzungen des wieder hergestellten Leistungsvermögens erzielter Verdienst auf die (zurückliegende) Rente aus demselben Kalenderjahr angerechnet werden können. Dieses Ergebnis wäre mit dem Wortsinn "Hinzu"-Verdienst, Sinn und Zweck der Vorschrift, dem gesetzessystematischen Zusammenhang, den durch die Neufassung des § 96a SGB VI intendierten Änderungen und der Gesetzesbegründung nicht vereinbar.

c. Vorliegend wurde die Rente der Klägerin wegen voller Erwerbsminderung befristet bis zum 30.04.2019 mit Bescheid vom 13.06.2016 gewährt. Diese Rente wurde der Klägerin zunächst nicht mehr weitergewährt. Vielmehr wurde ihr Weitergewährungsantrag mit Bescheid vom 26.03.2019 abgelehnt mit der Begründung, dass die Klägerin ab dem 01.05.2019 die medizinischen Voraussetzungen für die Rente nicht mehr erfülle. Die Beklagte habe sich eingehend mit dem Gesundheitszustand der Klägerin befasst und geprüft, wie sich dieser auf ihre Erwerbsfähigkeit auswirke. Es seien hierbei sowohl die Angaben der Klägerin in ihrem Rentenantrag als auch die Ergebnisse der Beklagten ihrer medizinischen Ermittlungen berücksichtigt worden. Die gesundheitlichen Einschränkungen würden aber nicht mehr zu einem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung führen, da sie nach der medizinischen Beurteilung wieder mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts tätig sein könne. In der Folge hat die Klägerin zum 01.06.2019 eine sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung aufgenommen und das hier angerechnete Einkommen erzielt. Dieses steht nach Auffassung des Senats nicht in dem für die Anrechenbarkeit nach § 96a SGB VI erforderlichen Zusammenhang mit der Rente aus dem Bescheid vom 13.06.2016 für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 30.04.2019.

d. Zwar kann eine befristete Rente gemäß § 102 Abs. 2 S. 3 SGB VI verlängert werden und dabei bleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn, womit die Frage der Neufeststellung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anlässlich der Weitergewährung einer bisher befristet bewilligten Rente geklärt und der Rechtsprechung des BSG durch Urteil vom 24.10.1996 (4 RA 31/96) die Grundlage entzogen sein dürfte (so die einhellige Auffassung; vgl. Brähler in: GK-SGB VI, Stand Dezember 2015, § 102 Rn. 22 ff., 33, 61; Dankelmann in: jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, Stand 17. Dezember 2015, § 300 Rn. 49; Fichte in: Hauck/Noftz, Stand Juni 2016, § 102 Rn. 4; Jung in: Eichenhofer/Wenner, SGB VI, 1. Aufl. 2014, § 102 Rn. 4; Kater in: Kasseler Kommentar, Stand Mai 2017, § 102 SGB VI Rn. 9, 16; Kreikebohm/Kuszynski in: BeckOK Sozialrecht, Stand 1. Juni 2017, § 102 SGB VI Rn. 4.1; Schmidt in: jurisPK-SGB VI, a.a.O., Stand: 16. Juni 2015, § 102 Rn. 6; Stock in: LPK-SGB VI, 3. Aufl. 2014, § 102 Rn. 7 und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.08.2017 - L 7 R 825/17, Rn. 5). Das BSG hatte durch dieses Urteil vom 24.10.1996 (4 RA 31/96) entschieden, dass der Rentenversicherungsträger durch eine vorangegangene Zeitrentengewährung weder formell noch materiell gehindert, sondern verpflichtet sei, für die Zeit nach Ablauf des festgesetzten Zeitraums zukunftsgerichtet über die sog. "Weiter"-Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu entscheiden und dabei eine eigenständige und volle inhaltliche Prüfung nach den dann maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen habe und die Weitergewährung einer Rente im Anschluss an eine zunächst befristet bewilligte Rente einen neuen Leistungsfall mit neuem Rentenbeginn darstelle. Diese Rechtsprechung hatte zur Konsequenz, dass neben der Prüfung der versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen auch eine Neuberechnung der Rente auf der Grundlage des zum Weitergewährungszeitpunkt geltenden Rechts erforderlich war. Auf diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber reagiert und durch das Gesetz vom 20.04.2007 (BGBl. I, S. 554) § 102 Abs. 2 Satz 3 und Satz 6 SGB VI eingeführt, wonach es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn verbleibt, wenn unmittelbar im Anschluss an eine auf Zeit geleistete Rente diese Rente befristet weiter- bzw. unbefristet geleistet wird. Mit der neuen Formulierung wird bestimmt, dass lediglich eine Verlängerung der anfänglichen Befristung erfolgt und es beim ursprünglichen Rentenbeginn verbleibt mit der Folge, dass eine erneut befristete oder eine Dauerrente ohne Neuberechnung im Umfang der bisherigen Rente weiterzuzahlen ist (BR-Drs. 2/07, S. 95; BT-Drs. 16/3794, S. 37). Neuberechnungen führen zwar in den meisten Fällen ohnehin nicht zur Änderung des Rentenzahlbetrages und Rentenminderungen sind aufgrund des durch § 88 SGB VI vermittelten Besitzschutzes ausgeschlossen. Das Gesetz stellt jetzt aber sicher, dass nur die Verlängerung der ursprünglichen Rente erfolgt und deshalb auch keine Neuberechnung der Rente zu erfolgen hat. Damit wollte der Gesetzgeber Bezieher unbefristeter und befristeter Renten gleichbehandeln und den mit einer Neufeststellung für den Rentenversicherungsträger verbundenen Verwaltungsaufwand verhindern.

e. Der Senat geht aber, obwohl die mit Bescheid vom 13.06.2016 bis zum 30.04.2019 befristet gewährte Rente vorliegend auf den Widerspruch der Klägerin hin, den sie eingelegt hatte, weil noch nicht klar war, ob es zu der Wiederaufnahme der beabsichtigten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung kommen würde, mit Bescheid vom 30.07.2019 weitergewährt und damit gemäß § 102 Abs. 2 S. 3 SGB VI verlängert wurde, nicht davon aus, dass damit alleine der für die Anrechenbarkeit des mit der am 01.06.2019 begonnen Vollzeittätigkeit erzielten Verdienstes auf die mit Bescheid vom 13.06.2016 befristet bis zum 30.04.2019 gewährte Rente erforderliche Zusammenhang hergestellt wird.

Zwar stellt die Weitergewährung einer Rente im Anschluss an eine zunächst bewilligte befristete Erwerbsminderungsrente nach der (Neu-)Regelung des § 102 Abs. 2 S. 3 SGB VI keinen neuen Leistungsfall mit neuem Rentenbeginn dar. Vielmehr steht aufgrund der Formulierung des § 102 Abs. 2 S. 3 SGB VI fest, dass lediglich eine Verlängerung der anfänglichen Befristung erfolgt und es beim ursprünglichen Rentenbeginn verbleibt., d.h. eine Folgerente ohne Neuberechnung im Umfang der bisherigen Rente weiterzuzahlen ist.

Gleichwohl ist - wie die Beklagte es vorliegend auch vorgenommen hat - weiterhin eine Prüfung der versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen zum Weitergewährungszeitpunkt erforderlich. Der sodann von der Rentenversicherung zu erlassende Bescheid enthält daher im Ergebnis auch zwingend eine neue Regelung, nämlich die Feststellung, dass diese Voraussetzungen (weiterhin) über die bisherige zeitliche Befristung hinaus vorliegen mit der Folge, dass die Rente (weiter) zu gewähren ist bzw. für den Fall, dass die Prüfung ergibt, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen, die Regelung der Ablehnung der Weitergewährung.

Vorliegend ist die Beklagte, wie sie in ihrem, die Weitergewährung der Rente ablehnenden Bescheid vom 26.03.2019 ausgeführt hat, nach eingehender Prüfung des Gesundheitszustandes der Klägerin (zunächst) zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen für die Rentengewährung nicht mehr vorlagen, was zu der Regelung führte, dass die Rente nicht mehr gewährt wurde. Erst in der Folge hat sie ihre Ansicht geändert, woraufhin sie mit Bescheid vom 30.07.2019, d.h. einem (weiteren) Verwaltungsakt mit eigenständiger Regelungswirkung, festgestellt hat, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung der Rente seit dem 01.05.2019 weiterhin vorliegen würden. Zwar wurde mit diesem Bescheid im Ergebnis die mit Bescheid vom 13.06.2019 gewährte Rente gemäß § 102 Abs. 2 S. 3 SGB VI formalrechtlich verlängert, jedoch fehlt der bis zum 30.04.2019 gewährten Rente aufgrund der Zäsur, die durch die (erforderliche) Prüfung der Beklagten mit dem Ergebnis einer Ablehnung der Weitergewährung erfolgt ist, der erforderliche Zusammenhang mit dem ab dem 01.06.2019 erzielten Verdienst.

Hinzutritt, dass nach den unter 2.b. gemachten Ausführungen die Anrechnung des Verdienstes der Klägerin aus der ab dem 01.06.2019 aufgenommenen Tätigkeit auf die bis zum 30.04.2019 erhaltene Rente gemäß § 96a SGB VI nicht hätte vorgenommen werden dürfen und (vermutlich) von der Beklagte auch nicht erwogen worden wäre, wäre es nicht zu einer Weitergewährung der Rente mit Bescheid vom 30.07.2019 gekommen (sei es, weil die Klägerin keine Weitergewährung beantragt oder keinen Widerspruch eingelegt hätte bzw. die Beklagte bei der ursprünglichen Ablehnung geblieben wäre). Die Anrechenbarkeit dieses Verdienstes auf eine, für einen vorangegangenen und abgelaufenen Zeitraum gewährte Rente kann durch eine gemäß § 102 Abs. 2 S. 3 SGB VI formalrechtliche Verlängerung dieser Rente aber nicht ermöglicht werden.

Demnach liegt kein rentenschädlicher Hinzuverdienst durch die Arbeitsentgelte ab Juni 2019 vor, so dass die Aufhebung des Rentenbescheides vom 13.06.2016 für die Zeit von Januar bis April 2019 und die entsprechende Rückforderung nicht auf §§ 96a Abs. 1, Abs. 5, 34 Abs. 3c-g SGB VI gestützt werden kann.

3. Andere Rechtsgrundlagen für die Aufhebung des Rentenbescheides vom 13.06.2016 für die Zeit von Januar bis April 2019 und die Festsetzung der streitigen Rückforderung sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Aufhebung auch nicht auf § 48 Abs. 1 SGB X gestützt werden, da die vorliegende Änderung erst nach dem Ende der durch Bescheid vom 13.06.2016 bis zum 30.04.2019 erfolgten Rentengewährung eingetreten ist und das ab Juni 2019 von der Klägerin erzielte Einkommen nach den unter 2. gemachten Ausführungen auch nicht gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 SGB X zum Wegfall ihres Rentenanspruchs bis zum 30.04.2019 geführt hat.  

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13.09.2021 war daher ebenso wie der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 25.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2021 aufzuheben.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) berücksichtigt, dass die Klägerin im Berufungsverfahren erfolgreich gewesen ist.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.

 

 

 

 

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