L 10 R 100/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2574/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 100/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12.12.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.


Tatbestand


Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung im Streit.

Der 1961 geborene Kläger absolvierte vom 08.08.1977 bis 20.06.1980 erfolgreich eine Berufsausbildung als Glaser (Bl. 6 f. VA) und war anschließend - unterbrochen u.a. von Zeiten der Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit und selbstständiger Tätigkeit - bis Dezember 1982 in diesem Beruf, von Dezember 1983 bis Januar 2006 als Kraftfahrer und ab Juni 2014 mit Unterbrechung bis zum (Wieder-)Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 30.05.2017 als Lagerarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seinen eigenen Angaben nach war er im Jahr 2020 „im Arbeitseinsatz“ im Umfang von 3,7 Stunden täglich (vgl. Bl. 20 Senatsakte); insoweit sind im Versicherungsverlauf vom 11.01.2022 Pflichtbeitragszeiten vom 01.01. bis 26.04.2020 und vom 12.10. bis 31.12.2020 hinterlegt (Bl. 35 Senatsakte). Hinsichtlich der Einzelheiten der zurückgelegten rentenversicherungsrechtlichen Zeiten wird insgesamt auf den Versicherungsverlauf (Bl. 31 ff. Senatsakte) verwiesen. Seit dem 06.10.2015 ist beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt.

Der Kläger leidet u.a. an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), derentwegen er sich von 2015 bis 2017 insgesamt dreimal in stationärer medizinischer Rehabilitation befand. Vom 12.08.2015 bis 09.09.2015 und vom 09.03.2016 bis 30.03.2016 befand er sich in stationärer medizinsicher Rehabilitation in den St. Georg Vorsorge- und Rehabilitationskliniken in Höchenschwand (Diagnosen u.a.: COPD GOLD II, Mischformen des Asthma bronchiale, Angststörung), aus denen er jeweils mit einem Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich als Lagerarbeiter und mindestens sechs Stunden täglich für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen wurde. Vom 28.11.2017 bis 19.12.2017 befand er sich in stationärer medizinischer Rehabilitation in der E-Klinik in B (Diagnosen: COPD GOLD III-IV <Gruppe D>, Asthma bronchiale, allergische Rhinokonjunktivitis, depressive Störung, arterielle Hypertonie). Hieraus wurde er mit einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich sowohl für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als auch für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen.

Am 29.01.2018 beantragte der Kläger (erneut) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ ihn daraufhin durch den Internisten und Rheumatologen sowie Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin J medizinisch begutachten (Untersuchungstag: 16.04.2018). J diagnostizierte u.a. eine chronisch obstruktive Lungenkrankheit GOLD II D (Asthma-COPD-Overlap-Syndrom), Angst und Depression gemischt (DD: Anpassungsstörung), Belastungsschmerzen im Bereich der rechten Schulter, der rechten Hüfte und des linken Knies mit geringer Funktionseinschränkung der rechten Schulter. Er schätzte das quantitative Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lagerarbeiter auf unter drei Stunden täglich, für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedoch - unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (keine Tätigkeiten mit inhalativen Belastungen, Zugluft, Nässe, extrem schwankenden Temperaturen, häufigen Überkopfarbeiten rechts und häufigen Wirbelsäulenzwangshaltungen) - auf arbeitstäglich mindestens sechs Stunden ein. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit sah er nicht.

Mit Bescheid vom 23.04.2018 lehnte die Beklagte die Gewährung vom Rente ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2018 zurück.

Hiergegen hat der Kläger - vertreten durch seinen damaligen Prozessbevollmächtigten - am 17.08.2018 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und neben der Lungenerkrankung u.a. auf eine Erkrankung im Bereich der linken Schulter hingewiesen, weshalb im Juli 2018 eine diagnostische Arthroskopie des linken Glenohumeralgelenks durchgeführt wurde (Bl. 5 ff. SG-Akte; Diagnosen im Entlassungsbericht: diskrete SSC-Oberrandlängsläsion links, Pulleyläsion und Partialruptur der LBS links, SSP-Ruptur links <Typ Bateman II>, Outlet-Impingement). Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers (schriftlich) als sachverständige Zeugen befragt. Der S hat mitgeteilt (Bl. 42 ff. SG-Akte), dass eine Aussage über die Leistungsfähigkeit des Klägers erst nach weiteren Untersuchungen (Oxyergometrie/Ergometrie/Spiroergometrie sowie eine Echokardiographie zum Ausschluss einer pulmonalarteriellen Hypertonie) getroffen werden könne. Für die zuletzt ausgeübte körperlich schwere Arbeit sei der Kläger dauerhaft arbeitsunfähig. Der Facharzt u.a. für K hat mitgeteilt (Bl. 49 ff. SG-Akte), der Kläger leide an Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule (HWS), der Lendenwirbelsäule (LWS), beider Schultern, der Hüfte und der Knie und könne eine Tätigkeit als Lagerist nicht mehr ausüben. Leichte körperliche Tätigkeiten seien ihm nach weiterer Ausheilung und Besserung der Beschwerden im Bereich der Schulter und der HWS bis zu vier bis sechs Stunden möglich. Die Fachärztin für Innere Medizin und Hausärztin des Klägers V hat die quantitative Leistungsfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lagerist auf ca. vier Stunden täglich eingeschätzt und ihn in der Lage gesehen, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auszuüben. Für die genaue Beurteilung der Leistungsfähigkeit hat sie auf die behandelnden Fachärzte verwiesen (Bl. 110 f. SG-Akte).

Das SG hat von Amts wegen ein lungenfachärztliches Gutachten bei B1 eingeholt (Bl. 146 ff. SG-Akte, Untersuchungstag: 28.03.2019). Der Sachverständige hat eine COPD und ein Asthma bronchiale mit einer leichten Einschränkung der Lungenfunktion unter Ruhebedingungen diagnostiziert. Eine wesentliche körperliche Einschränkung unter Belastungsbedingungen hat er nicht zu objektiveren vermocht. Der Sachverständige hat die quantitative Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (keine Tätigkeiten mit Exposition von Hitze, Kälte sowie keine Exposition mit sämtlichen atemwegsirritierenden Substanzen inklusive Zigarettenrauch) auf mindestens sechs Stunden täglich - und ohne Einschränkung der Wegefähigkeit - eingeschätzt.

Außerdem hat das SG von Amts wegen ein Sachverständigengutachten bei dem T eingeholt (Bl. 182 ff., Untersuchungstag: 13.09.2019). Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet eine beginnende degenerative Verschleißerkrankung der HWS mit endgradiger Funktionseinschränkung ohne radikuläre Ausfallsymptomatik, eine beginnende degenerative Verschleißerkrankung der LWS ohne aktuelle Funktionsbeeinträchtigung und ohne radikuläre Ausfallsymptomatik sowie eine Funktionseinschränkung beider Schultergelenke, rechts geringgradig, links mittelgradig ausgeprägt nach Rotatorenmanschettenrekonstruktion rechts 2006 und links 2018 bei radiologisch altersentsprechendem Befund diagnostiziert und die Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen - Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Zwangshaltungen wie ständiges Bücken oder Knien, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg ohne technische Hilfsmittel, ohne permanente Überkopfarbeiten, ohne permanente Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder Arbeiten in ständigem Gehen und Stehen oder mit ständigem Treppensteigen, ohne ständige Exposition von Hitze, Kälte, Nässe, Zugluft, Temperaturschwankungen und Dämpfen, ohne Nachtschicht - auf mindestens sechs Stunden täglich eingeschätzt. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit hat der Sachverständige verneint.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.12.2019 hat das SG die Klage gestützt auf die Sachverständigengutachten der B1 und T abgewiesen. Im Vordergrund der klägerischen Leiden bestünden Erkrankungen auf lungenfachärztlichem und orthopädischem Fachgebiet. Eine rentenrechtlich relevante Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet sei mangels fachärztlicher Behandlung und dem gegenüber dem Sachverständigen T berichteten gut strukturierten Tagesablauf ohne wesentliche Einschränkung der Gestaltungsfähigkeit oder Anzeichen für eine soziale Isolierung nicht ersichtlich. Jedoch führten auch die Erkrankungen auf lungenfachärztlichen und orthopädischem Fachgebiet nicht zu einer rentenrechtlich relevanten zeitlichen Leistungseinschränkung. Im Rahmen der vom Sachverständigen B1 durchgeführten Untersuchung seien beim Kläger keine Anzeichen einer Ruhedyspnoe zu erkennen gewesen. Im Zuge einer Ergospirometrie auf dem Laufband habe der Kläger 15 Minuten belastet werden können, ohne die Atemreserven zu erschöpfen. Die Analyse der Blutgase habe unter Belastung einen adäquaten Anstieg des Sauerstoffpartialdrucks und unter Ruhebedingungen keine Auffälligkeiten gezeigt. Insbesondere hätten sich keine Hinweise auf eine respiratorische Partial- und/oder Globalinsuffizienz ergeben. Die krankheitsbedingte Einschränkung der Lungenfunktion unter Ruhebedingungen habe sich als allenfalls minimal dargestellt. Vor diesem Hintergrund sei auch die Auffassung des B1, wonach der Kläger noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen ausüben könne, schlüssig und nachvollziehbar. Demgegenüber überzeuge die Leistungseinschätzung der Ärzte der E-Klinik nicht, da diese nicht auf einer Beschwerdeobjektivierung mittels Ergospirometrie beruhe. Auch habe die orthopädische Begutachtung durch T keine rentenrechtlich relevanten Einschränkungen ergeben. Der Kläger habe zügig mit raumgreifendem und flüssigem Gangbild das Untersuchungszimmer betreten und keine Schwierigkeiten beim Entkleiden gehabt. Rumpfbeugen und das Aufrichten aus dem Langsitz seien ihm problemlos möglich gewesen. Die Beweglichkeit der HWS sei lediglich endgradig eingeschränkt gewesen. Weitere Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule hätten nicht bestanden. Die Beweglichkeit beider Hüftgelenke habe sich als altersentsprechend normal dargestellt und im Bereich der Schultern hätte sich rechts lediglich eine endgradige, links eine mittelgradige Einschränkung gezeigt. Eine quantitative Leistungseinschränkung ergebe sich hieraus nicht. Der abweichenden Einschätzung des K könne nicht gefolgt werden, da er diese nicht begründet habe. Außerdem sei weder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen ersichtlich, noch hätten die Sachverständigen eine Einschränkung der Wegefähigkeit erkennen können.

Gegen den - seinen Prozessbevollmächtigten am 17.12.2019 zugestellten - Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.01.2020 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Im Vordergrund seiner Leiden stünden Gesundheitsstörungen auf lungenärztlichem Fachgebiet. Die COPD und das Asthma bronchiale führten dazu, dass seine gesundheitlichen Einschränkungen immer größer würden. Außerdem leide er an massiven Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet, nämlich im Bereich des Rückens und der Schultern. Die massiven gesundheitlichen Einschränkungen sowie die Tatsache, dass er gerne arbeiten würde, hierzu jedoch nicht in der Lage sei, hätten zu einer depressiven Erkrankung geführt. Diesbezüglich nehme er jedoch keine umfangreiche fachärztliche Behandlung in Anspruch. Er befinde sich seit September 2020 in psychologischer Behandlung, was ihm zwar guttäte, jedoch (bislang) zu keiner Änderung seines gesundheitlichen Zustandes geführt habe (Bl. 20 der Senatsakte). Er hat ein Schreiben seines behandelnden R von Oktober 2021 vorgelegt (Bl. 26 Senatsakte), wonach bei ihm eine rezidivierende depressive Störung mit teilweise verbundenen Angst- und Panikattacken bestehe und eine enorme Leistungs- und Funktionsstörung vorliege. Hinzu käme eine Schlafapnoe, eine COPD, ein Asthma bronchiale und eine arterielle Hypertonie. Trotz mehrerer Klinikaufenthalte sei keine Besserung eingetreten und prognostisch auch nicht zu erwarten. Auf Grund der Komorbidität sei der Kläger - so der psychologische Psychotherapeut - nicht mehr in der Lage eine Arbeit von wirtschaftlichem Wert auszuüben.

Der Kläger beantragt (teilweise sachdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12.12.2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.04.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124
Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 23.04.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.08.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihm steht daher weder eine Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) zutreffend dargelegt und gestützt auf die Sachverständigengutachten der B1 und T mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten bei Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Einschränkungen zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten, und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Ebenso zutreffend hat es dargelegt, dass und warum der entgegenstehenden Einschätzung der Ärzte der E-Klinik und des K - der im Übrigen die quantitative Leistungsfähigkeit des Klägers auf vier bis sechs Stunden und gerade nicht auf unter sechs Stunden eingeschätzt hat - nicht gefolgt werden kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren. Seine Selbsteinschätzung, täglich nur 3,7 Stunden tätig sein zu können, ist durch die seitens der Sachverständigen B1 und T erhobenen objektiv-klinischen Befunde und deren überzeugende Leistungsbeurteilungen widerlegt.

Soweit der Kläger auf eine bestehende arterielle Hypertonie hingewiesen hat, merkt der Senat an, dass unabhängig davon, dass der Sachverständige B1 weder einen auffälligen Befund bei der physikalischen Untersuchung des Herzens, noch eine Abweichung des Blutdrucks sowohl unter Ruhe- als auch Belastungsbedingungen gefunden hat (Bl. 162 f. SG-Akte), der Gutachter J (dessen Gutachten urkundbeweislich verwertbar ist) im Rahmen seiner Beurteilung einen Hypertonus berücksichtigte und daraus keine zusätzlichen Leistungseinschränkungen ableitete. Nämliches gilt hinsichtlich des Schlafapnoesyndroms.

Ohnehin kommt es im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung nicht auf eine bestimmte Diagnosestellung, die Art oder Anzahl von Diagnosen oder auf die Bezeichnung von Befunden an, sondern auf die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen (Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 28.02.2017, B 13 R 37/16 BH, in juris), also auf die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen, so dass auch die Ursachen der Gesundheitsstörung nicht maßgeblich sind (BSG, a.a.O.). Derartige Funktionsbeeinträchtigungen mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen haben indes weder J noch die gerichtlichen Sachverständigen zu objektivieren vermocht, sondern sie haben lediglich qualitative Einschränkungen (s.o.) beschrieben.

Schließlich rechtfertigt auch der zuletzt vorgelegte Brief des R keine andere Bewertung, weil er schon keinen klinischen Befund beinhaltet und damit nicht nachvollziehbar ist. Soweit der Therapeut meint, der Kläger könne keine Arbeit von wirtschaftlichem Wert mehr ausüben und dazu (u.a.) auf die internistischen bzw. lungenärztlichen Erkrankungen verwiesen hat, ist dies durch das Gutachten des J und das Sachverständigengutachten des B1 widerlegt. Hinsichtlich der angegebenen psychiatrischen Diagnosen mangelt es - wie dargelegt - an einem klinischen Befund. Unabhängig davon, dass es sich beim R schon um keinen Facharzt für Psychiatrie handelt, findet eine entsprechende fachärztliche Behandlung des Klägers gerade nicht statt und sowohl J als auch T haben im Rahmen ihrer jeweiligen Untersuchung auch keine wesentlichen psychischen Auffälligkeiten beschrieben und auch aus dem vom Kläger gegenüber T geschilderten Alltagsaktivitäten (s. im Einzelnen Bl. 187 SG-Akte) lässt sich Derartiges gerade nicht herleiten.

Dass sich der Gesundheitszustand des Klägers im Laufe der Zeit nicht gebessert hat und er weiterhin wegen Krankheit oder Behinderung behandlungsbedürftig oder - auch häufig - arbeitsunfähig ist, ist für den erhobenen Anspruch nicht maßgeblich (vgl. nur BSG, Beschluss vom 31.10.2002, B 13 R 107/12 B, in juris). Ebenso ist unerheblich, dass beim Kläger die Schwerbehinderteneigenschaft anerkannt ist. Denn der Schwerbehinderteneigenschaft eines Versicherten kommt hinsichtlich seiner zumutbaren beruflichen Einsetzbarkeit keinerlei Aussagekraft zu (BSG, Beschluss vom 19.09.2015, B 13 R 290/15 B, in juris).

Damit steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, jedenfalls leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der oben genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, sodass er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI). Ob er seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Lagerist noch ausüben kann - wovon auch die Beklagte nicht ausgegangen ist -, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) hat der Kläger zu recht nicht geltend gemacht, denn ein solcher Anspruch käme bereits deshalb nicht in Betracht, weil er erst nach dem gesetzlichen Stichtag (02.01.1961, § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) geboren ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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