L 2 SO 1926/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 128/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 1926/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Mai 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.


Tatbestand


Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der Kläger ist 1953 geboren. Zuletzt wurde ihm vom Beklagten mit Bescheid vom 23. September 2019 Leistungen der Grundsicherung im Alter für die Zeit vom 1. September 2019 bis 31. August 2020 bewilligt. Berücksichtigt wurde dabei u.a. ein Mehrbedarf für Alleinerziehung.

Im Juli 2020 gingen beim Beklagten Unterlagen für eine Weitergewährung ab 1. September 2020 ein. Am 1. September 2020 ging ein „Kurzantrag“ auf Weiterbewilligung beim Beklagten ein. Aus Sicht des Beklagten fehlten jedoch wichtige Unterlagen und Angaben.

Am 14. September 2020 beantragte der Kläger beim Sozialgericht Reutlingen (SG) im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung. Zur Begründung führte er aus, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein Weiterbewilligungsantrag bei der Grundsicherung nicht nötig. Unter Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung fordere der Beklagte Angaben zu im Hause wohnenden Personen, obschon keine Bedarfsgemeinschaft bestehe. Kontoauszüge und Rentenbescheide habe er vorgelegt.

Mit Beschluss vom 22. September 2020 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab (S 4 SO 2022/20 ER). Dass die Weitergewährung der Grundsicherung nach der Rechtsprechung des BSG und aufgrund pandemiebedingter Sonderregelungen keinen Antrag voraussetze, bedeute nicht, dass die Leistungsvoraussetzungen blind zugrunde zu legen seien. Die Vorlage lückenloser Kontoauszüge sei eine Selbstverständlichkeit. Der Kläger habe die Auszüge nur lückenhaft vorgelegt. Auch eine Vermögenserklärung sei vom Kläger auszufüllen. Die Nachfrage des Beklagten zur Anzahl der Personen im Haushalt sei gesetzlich gerechtfertigt. Nach den eigenen Angaben des Klägers hätte sich ein Hinweis auf eine Änderung der Verhältnisse ergeben, die einer Fortbewilligung unter Vermutung unveränderter Verhältnisse entgegenstehe. Die gegen den Beschluss vom Kläger erhobene Beschwerde wurde vom Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) mit Beschluss vom 19. Oktober 2020 zurückgewiesen (L 2 SO 3158/20 ER-B).

Ende November 2020 reichte der Kläger die fehlenden Kontoauszüge nach.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2020 lehnte der Beklagte die Gewährung von Grundsicherung dennoch ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Kläger habe nicht alle notwendigen Angaben gemacht und die angeforderten Unterlagen nicht vollständig vorgelegt. Es fehlten eine vollständig ausgefüllte und unterschriebene Vermögenserklärung, Angaben zur Zahl der Personen in der Wohnung, Angaben zum Kindergeldbezug, zu den Kosten der Unterkunft, ein vollständiger Rentenerstbescheid mit allen Anlagen und Versicherungsverlauf sowie das Formular zu ausländischen Rentenansprüchen. Damit könne der Hilfebedarf nicht festgestellt werden.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.

Am 7. Januar 2020 beantragte der Kläger erneut die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im einstweiligen Rechtsschutz. Diesen Antrag lehnte das SG mit Beschluss vom 19. Januar 2021 ab (S 4 SO 49/21 ER). Die vom Kläger hiergegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos (Beschluss des LSG vom 15. Februar 2021, L 2 SO 334/21 ER-B). Das LSG führte in seiner Entscheidung aus, der Kläger wiederhole nur seine unzutreffenden Ansichten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2021 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 10. Dezember 2020 zurück. Ohne die angeforderten Unterlagen habe der Kläger seine Bedürftigkeit nicht nachgewiesen. Die Anforderung von Angaben verstoße nicht gegen die Datenschutzgrundverordnung, den Versicherungsverlauf der Rentenversicherung habe der Kläger nicht vorgelegt.

Am 18. Januar 2021 hat der Kläger beim SG Klage erhoben. Er hat seine bekannten Argumente wiederholt und ausgeführt, die Einstellung der Leistungen sei rechtswidrig und aus Schikane erfolgt. Auch wenn Kosten der Unterkunft nicht durch Unterlagen nachgewiesen seien, seien diese glaubhaft versichert und in der Vergangenheit schon bewiesen worden.

Am 15. März 2021 hat der Kläger nochmals einen Antrag auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Das SG hat diesen Antrag mit Beschluss vom 19. März 2021 unter Bezugnahme auf die bereits ergangenen gerichtlichen Entscheidungen abgelehnt (S 4 SO 581/21 ER). Die Beschwerde des Klägers hiergegen ist erfolglos geblieben (Beschluss des LSG vom 8. April 2021, L 2 SO 1114/21 ER-B).

Den vom Kläger zur Klage vom 18. Januar 2021 gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) hat das SG mit Beschluss vom 19. März 2021 wegen Mutwilligkeit der Prozessführung abgelehnt. Zu der angefochtenen Entscheidung sei es gekommen, weil der Kläger wichtige Unterlagen nicht vorgelegt habe, obwohl er dies müsse. Die hiergegen vom Kläger erhobene Beschwerde blieb erfolglos (Beschluss des LSG vom 12. April 2021, L 2 SO 1133/21 B).

Am 7. April 2021 hat der Kläger wieder die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im einstweiligen Rechtsschutz beantragt, was das SG mit Beschluss vom 13. April 2021 abgelehnt hat (S 4 SO 795/21 ER). Auch hier ist die Beschwerde des Klägers erfolglos geblieben (Beschluss des LSG vom 26. April 2021, L 2 SO 1366/21 ER-B).

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Mit Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte dürfe die Gewährung von Grundsicherungsleistungen ab 1. September 2020 aufgrund der hartnäckigen und unbegründeten Weigerung des Klägers, wichtige Unterlagen vorzulegen, ohne Angaben zu machen, ablehnen. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen sei nicht nachgewiesen. Es gehe nicht um eine Einstellung oder eine Aufhebung der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen, sondern um eine Weitergewährung von Grundsicherungsleistungen. Die zuletzt im Jahre 2019 erfolgte Bewilligung von Grundsicherungsleistungen sei eindeutig bis 31. August 2020 befristet gewesen. Mit Ablauf des 31. August 2020 habe sie keine Wirkung mehr gehabt. Der Umstand, dass die Weitergewährung der Grundsicherungsleistungen keinen förmlichen Neuantrag voraussetze, ändere nichts an der Notwendigkeit einer Entscheidung über die Weiterbewilligung. Die Weitergewährung setze den Nachweis der Hilfebedürftigkeit voraus. Dieser Nachweis sei nicht geführt. Der Beklagte müsse die Leistung konkret berechnen können. Dies sei hier nicht der Fall. Zur Vermeidung von Wiederholungen nehme das Gericht im Übrigen gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid und die Ausführungen in den Beschlüssen des Gerichts im PKH-Verfahren und in den genannten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nebst den hierzu ergangenen Beschwerdeentscheidungen des LSG Bezug.

Der Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2021 wurde dem Bevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwalt A, gegen Empfangsbekenntnis am 19. Mai 2021 zugestellt. Dazu hatte der Kläger mit Schreiben vom 23. April 2021 nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrages mit Beschluss vom 19. März 2021 mitgeteilt, „in der Sache fordere er das Gericht auf, weiterhin nur mit dem Kläger zu kommunizieren; eine Mandatierung der Kanzlei A sei vorbehaltlich der Gewährung von PKH erfolgt. Es gäbe daher keine anwaltliche Vertretung. Gegebenenfalls kostenverursachende Korrespondenzen durch das Gericht mit der Kanzlei A hätten daher zu unterbleiben“.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 10. Juni 2021 ist die (nochmalige) Zustellung des Gerichtsbescheids vom 18. Mai 2021 an die Beteiligten veranlasst worden, weil dem bereits verakteten Gerichtsbescheid die Namensnennung am Ende des Dokuments gemäß § 65a Abs. 7 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gefehlt habe, was nachgeholt worden sei. Der mit nachgeholter Namensnennung signierte Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2021 sei in die Hauptakte genommen worden. Im Weiteren ist mit Postzustellungsurkunde der Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2021 an den Kläger selbst (und auch an den Beklagten) zugestellt worden. Dem Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2021 war ein gerichtliches (Begleit)-Schreiben vom 14. Juni 2021 beigefügt, wonach ein Abdruck des Gerichtsbescheids vom 18. Mai 2021 zugestellt werde. Aufgrund eines Fehlers bei der elektronischen Signatur erhalten Sie den Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2021 aus formalen Gründen erneut zugestellt“.

Am 2. Juni 2021 hat der Kläger mit Fax beim LSG Berufung erhoben. Zur Begründung führt er aus, entgegen der Zusage des SG sei das hier angegriffene Urteil über das elektronische Postfach an die Kanzlei A übermittelt worden, dem Kläger jedoch bis zum heutigen Tag nicht zugestellt worden. Es werde der Behauptung widersprochen, dass der Kläger verpflichtet sei, die vom Beklagten geforderten Angaben u.a. zu Einkünften der Kinder des Klägers zu machen. Der Erstantrag auf Grundsicherungsleistungen sei nicht durch Zeitablauf verbraucht. Die Behauptung des Gerichts, die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen sei bis 31. August 2020 befristet gewesen, entbehre jeder Grundlage. Eine Befristung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII existiere nicht. Es gäbe bezüglich Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII keinen Kurzantrag.

Der Kläger beantragt, sinngemäß ausgelegt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. Mai 2021 sowie den Bescheid des Beklagten vom 10. Dezember 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2021 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab 1. September 2020 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Das Urteil ist durch die zuständigen Richter ergangen. Der Senat war ordnungsgemäß besetzt.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2021 (Eingang bei Gericht am 7. Dezember 2021 um 16:10 Uhr) hat der Kläger einen Befangenheitsantrag gegen alle Richter des 2. Senats gestellt mit der Begründung, der Senat habe über ein Jahr lang in mehreren Verfahren die verfassungswidrige Zahlungsverweigerung des Sozialamts unterstützt und mutmaßlich rechtsbeugende Urteile des SG in mehreren Verfahren nicht korrigiert. Der Senat habe keine Anstalten gemacht, die notwendige Alimentierung des Klägers sicherzustellen.
 
Dieses Ablehnungsgesuch des Klägers ist unzulässig, da es rechtsmissbräuchlich ist. Es hindert deshalb den Senat nicht daran, über die Berufung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter zu entscheiden (vgl. Bundesfinanzhof – BFH – NJW 2009, 3806 ff.).

Nach § 42 Abs. 1 ZPO kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die hier allein in Betracht zu ziehende Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach § 42 Abs. 2 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine Besorgnis der Befangenheit liegt nur dann vor, wenn ein objektiv vernünftiger Grund gegeben ist, der den am Verfahren Beteiligten auch von seinem Standpunkt aus befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch und sachlich entscheiden. Eine rein subjektive, unvernünftige Vorstellung ist unerheblich. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist ausschließlich, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 73, 330, 335; 82, 30, 38; Bundessozialgericht - BSG - SozR 3-1500 § 60 Nr. 1). Ein im Rahmen gebotener richterlicher Verfahrensweise liegendes Verhalten kann kein Ablehnungsgesuch begründen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 60 Rn. 8g mwN). Danach ist hier nicht von einer Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter auszugehen.

Nach § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 45 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) entscheidet zwar das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Es ist allerdings anerkannt, dass abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO der Spruchkörper ausnahmsweise in alter Besetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über unzulässige Ablehnungsgesuche in bestimmten Fallgruppen entscheidet. Hierzu zählt die pauschale Ablehnung des gesamten Spruchkörpers (vgl. z. B. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 60 Rn. 10d).

Dieser Fall liegt hier vor. Der Kläger hat pauschal „das Gericht“ – also alle Richter - abgelehnt, ohne konkrete Anhaltspunkte vorzubringen, die bei vernünftiger objektiver Betrachtung auf eine Befangenheit der Mitglieder des Senats hindeuten. Dass der Kläger inhaltliche Fehlentscheidungen des Senats rügt, ist schon im Ansatz ungeeignet, einen Anhaltspunkt für die Voreingenommenheit der Richter zu begründen und führt zur Rechtsmißbräulichkeit des Ablehnungsgesuchs (vgl. BVerfG vom 12. Juli 2006 - 2 BvR 513/06 -, juris Rn. 26 und BSG vom 19. Januar 2010 – B 11 AL 13/09 C -, juris Rn. 12,13).

Der Senat war durch den Terminverlegungsantrag vom 7. Dezember 2021 nicht daran gehindert, über die Berufung am 8. Dezember 2021 zu verhandeln und zu entscheiden. Ein Anspruch auf Terminverlegung besteht nur bei erheblichen Gründen. Vorliegend hat der Kläger seinen Antrag ausschließlich auf die von ihm angenommene Befangenheit der Richter des 2. Senats gestützt. Diese aber ist – wie bereits ausgeführt – nicht ansatzweise begründet und deshalb auch kein erheblicher Grund für eine Terminverlegung.

Soweit der Kläger schließlich in seinem Schreiben vom 7. Dezember 2021 geltend macht, das Gericht habe ihm die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung unmöglich gemacht, weil ihm – einem mittellosen Kläger – die Kostenerstattung der erheblichen Reisekosten verweigert werde, trifft dies nicht zu. Der Kläger war in der Ladung lediglich darauf hingewiesen worden, dass ihm eine Teilnahme freistehe; Reisekosten, sonstige Auslagen und Verdienstausfall nicht vergütet würden, es sei denn, dass das Gericht das Erscheinen nachträglich für geboten halte. Ein ausdrücklicher Antrag auf Übernahme von Reisekosten unter Hinweis auf seine (behauptete) Mittellosigkeit wurde vom Kläger jedoch nicht gestellt.

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2021 verhandeln und entscheiden, da der Kläger ordnungsgemäß mit Postzustellungsurkunde vom 26. Oktober 2021 zum Termin geladen und in der Ladung darauf hingewiesen wurde, dass auch im Fall seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann.

Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG. Der Kläger begehrt ab 1. September 2020 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, sodass der Beschwerdewert von 750,00 € (vgl. § 144 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten ist.

Über das Leistungsbegehren des Klägers kann der Senat in der Sache entscheiden, denn bei dem Gerichtsbescheid vom 18. Mai 2021 handelt es sich nicht um ein „Scheinurteil“; der Gerichtsbescheid ist durch die Zustellung, nachdem die Namensangabe des die Entscheidung verantwortenden Richters nachgeholt war, rechtswirksam geworden.

Gemäß § 133 SGG i.V.m. § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG wird bei Urteilen – hier der Gerichtsbescheid -, die nicht aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen, die Verkündung durch Zustellung ersetzt. Gemäß § 132 Abs. 1 Satz 2 SGG wird das Urteil grundsätzlich in dem Termin verkündet, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird. Durch die Verkündung wird das Urteil, das aufgrund mündlicher Verhandlung ergeht, existent, d.h. wirksam. Somit wird vorliegend der Gerichtsbescheid gemäß § 133 SGG durch die Zustellung wirksam. Die Zustellung an den Kläger ist jedoch (ordnungsgemäß) erfolgt. In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob die Wirksamkeit des Gerichtsbescheids schon durch die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis an Rechtsanwalt A am 19. Mai 2021 erfolgte; diesbezüglich hat der Kläger nämlich schon davor im Klageverfahren dem SG gegenüber darauf hingewiesen, dass das SG „mit Rechtsanwalt A nicht mehr zu kommunizieren habe. Eine Mandatierung der Kanzlei A sei vorbehaltlich der Gewährung von PKH erfolgt“. Denn mit Verfügung vom 10. Juni 2021 hat das SG die (nochmalige) Zustellung des Gerichtsbescheids vom 18. Mai 2021 an die Beteiligten veranlasst; diese wurde dem Kläger direkt gegenüber mit Postzustellungsurkunde vorgenommen. Dies erfolgte, nachdem die gem. § 65a Abs. 7 S. 1 SGG vorgeschriebene Namenshinzufügung der verantwortenden Person – hier des Richters – nachgeholt war. Dabei kann dieser Formmangel, an dem der Gerichtsbescheid, der an Rechtsanwalt A zugestellt wurde, gelitten hat, durch Zuleitung (Zustellung) des fehlerfreien Dokuments – wie hier an den Kläger geschehen – ex nunc beseitigt werden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 13. Aufl. 2020, § 65a Rdnr. 18). 

Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Das SG hat zutreffend unter Darstellung der hier maßgeblichen gesetzlichen Normen in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab 1. September 2020 hat. Hierauf nimmt der Senat Bezug und sieht von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Berufungsverfahren war mangels Erfolgsaussicht der Berufung abzulehnen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Übrigen wird auf den in dieser Sache bereits ergangenen die Gewährung von PKH ablehnenden Beschluss des Senates vom 24. Juni 2021 verwiesen.

Rechtskraft
Aus
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