1. Die Voraussetzungen der Schlüssigkeit eines Konzepts im Rahmen der Angemessenheitsprüfung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind aufgrund der dazu vorhandenen umfangreichen Rechtsprechung des BSG nicht mehr klärungsbedürftig. Es handelt sich nicht um eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
2. Die Frage des Beklagten, ob das von ihm verwendete Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft nach der Rechtsprechung des BSG schlüssig ist, zielt auf die Klärung eines Einzelfalls ab, die in keinem allgemeinen Interesse liegt.
3. Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt nicht vor, wenn Entscheidungen derselbe rechtliche Maßstab zugrundeliegt und das angefochtene Urteil nicht bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufstellt, selbst wenn die Rechtsanwendung im Einzelfall zu einem abweichenden Ergebnis geführt hat.
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14.04.2021 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdegegners.
Gründe
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts (SG) Heilbronn vom 14.04.2021, über die der Senat nach § 145 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 SGG statthaft.
1. Denn die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig und das SG Heilbronn hat in der angefochtenen Entscheidung die Berufung nicht zugelassen.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 € oder 2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 € nicht übersteigt. Das gilt nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Der Beschwerdegegenstand richtet sich danach, was durch das angefochtene Urteil des SG versagt, also abgelehnt worden ist, und mit der Berufung weiterverfolgt wird. Dies ist durch Vergleich des vor dem SG beantragten Gegenstandes mit dem ausgeurteilten Gegenstand und dem in der Berufung weiterverfolgten Begehr zu bestimmen (Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, Stand 05.11.2021, § 144 Rn. 19; MKLS/Keller, SGG, 13. Auflage 2020, § 144 Rn. 14).
Vorliegend hat der Kläger mit seiner erfolgreichen Klage zum SG Heilbronn die Gewährung seiner tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von monatlich 495 € für den Zeitraum vom 01.08.2018 bis 31.07.2019 erreicht, nachdem ihm der Beklagte für August 2018 KdU in Höhe von monatlich (nur) 434 € (Bescheid vom 03.08.2018: Heizkosten 70 €, Grundmiete 310,45 €, kalte Nebenkosten 53,55 €) und für September 2018 bis einschließlich Juli 2019 KdU in Höhe von monatlich (nur) 446 € (Bescheid vom 05.10.2018: Heizkosten 70 €, Grundmiete 322,45 €, kalte Nebenkosten 53,55 €) gewährt hat. Der Beklagte ist mit Urteil vom 14.04.2021 zur Gewährung von monatlich 495 € und damit einer noch ausstehenden Differenz in Höhe von 600 € für den streitigen Jahreszeitraum verurteilt worden und geht gegen diese Beschwer vor. Der Beschwerdewert im Hauptsacheverfahren übersteigt deshalb nicht 750 € und die Berufung in der Hauptsache bedurfte der Zulassung, weil auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit stehen und kein Fall des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG gegeben ist.
Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 2 SGG bei dem zuständigen LSG Baden-Württemberg eingelegt worden.
2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet, da keiner der in § 144 Abs. 2 SGG genannten Gründe für die Zulassung der Berufung vorliegt.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des LSG, des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn die zu treffende Entscheidung sich über den Einzelfall hinaus auswirkt (Breitenwirkung) und von der Antwort auf eine klärungsbedürftige Rechtsfrage abhängt (Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 144 SGG, Stand: 05.11.2021, Rn. 31). Die hier relevante Rechtsfrage nach der Schlüssigkeit eines Konzepts im Rahmen der Angemessenheitsprüfung gem. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II zur Ermittlung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft ist aber nicht klärungsbedürftig, da umfangreiche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Angemessenheit der Kosten der Unterkunft besteht (BSG, Beschluss vom 21.01.2022 – B 4 AS 272/21 B, juris Rn. 4 m.w.N). Eine schon geklärte Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung mehr (Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 144 SGG, Stand: 05.11.2021, Rn. 32). Die Klärung der konkreten Frage des Beklagten, ob das von ihm verwendete Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft nach der Rechtsprechung des BSG schlüssig ist, stellt einen Einzelfall dar und liegt nicht in einem über das Individualinteresse des Beklagten hinausgehenden, dem Erhalt der Einheit des Rechts sowie der Förderung der Weiterentwicklung des Rechts liegenden Interesse und damit in keinem allgemeinen Interesse.
Ferner weicht das angegriffene Urteil des SG Heilbronn vom 14.04.2021 nicht im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG von einer Entscheidung des LSG Baden-Württemberg, des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab. Der Beschwerdegrund der Divergenz dient vor allem der Wahrung der Rechtseinheit und setzt dementsprechend voraus, dass das Sozialgericht bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufstellt, wohingegen die mögliche Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht ausreicht, um eine auf eine Divergenzrüge gestützte Berufungszulassung zu begründen. Vorliegend haben sowohl das SG Heilbronn als auch das LSG Baden-Württemberg (Urteile vom 21.07.2021 – L 3 AS 2813/19 und L 3 AS 1027/19, juris) ihren Entscheidungen zur Angemessenheitsprüfung der KdU gem. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II die Rechtsprechung des BSG zum schlüssigen Konzept zugrunde gelegt und damit denselben rechtlichen Maßstab gewählt. Dass das SG Heilbronn nach seiner Würdigung des Sachverhalts zu einer anderen Bewertung der Schlüssigkeit des Konzepts des Beklagten gelangt ist, ist Folge der Rechtsanwendung durch das SG Heilbronn im vorliegenden Einzelfall, welches damit aber keinen abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat. Soweit sich die Beschwerde auf die behauptete Unrichtigkeit der Bewertung der Schlüssigkeit des Konzepts der Beklagten durch das SG Heilbronn im vorliegenden Einzelfall stützt, können mögliche Fehler der Rechtsanwendung im Einzelfall die Zulassung der Berufung nicht rechtfertigen (vgl. BSG, Beschluss vom 21.01.2022 – B 4 AS 272/21 B, juris Rn. 6 m.w.N.). Denn Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung, sondern lediglich die Prüfung der in § 144 Abs. 2 SGG abschließend geregelten Berufungszulassungsgründe. Nur ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 21.07.2021 (Az. L 3 AS 2813/19 und L 3 AS 1027/19) mehrere Monate nach Verkündung des Urteils des SG am 14.04.2021 ergangen sind, so dass dieses die genannten Urteile des LSG Baden-Württemberg bei seinen Entscheidungen naturgemäß nicht berücksichtigen konnte (vgl. BSG, Beschluss vom 08.09.2015 – B 1 KR 34/15 B, juris Rn. 4; Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 144 SGG, Stand: 05.11.2021, Rn. 34, 35).
Soweit die Rechtsprechung des BSG auch eine nachträgliche Divergenz zulässt, wenn eine – die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache klärende – obergerichtliche (abweichende) Rechtsprechung erst nach Erlass der angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung aber noch vor Ablauf der Rechtsmittel- bzw. Rechtsmittelbegründungsfrist ergangen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 08.09.2015 – B 1 KR 34/15 B, juris Rn. 4-7; BeckOK SozR/Jungeblut, 63. Ed. 1.12.2021, SGG § 144 Rn. 41) liegen diese Voraussetzungen nach dem soeben Dargelegten hier gerade nicht vor. Zudem sind die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 21.07.2021 (Az. L 3 AS 2813/19 und L 3 AS 1027/19, juris) auch außerhalb der nur bis zum 20.05.2021 laufenden Rechtsmittelfrist ergangen.
Es liegt ferner kein im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen könnte. Ein solcher wurde auch nicht geltend gemacht.
Nach alledem war die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
4. Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar. Mit seinem Erlass wird die angegriffene Entscheidung gemäß § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG rechtskräftig.