L 18 R 164/21

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 25 R 352/19
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 R 164/21
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 11/22 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung

Das Urteil ist rechtskräftig. Die Revision ist am 30.08.2022 zurück genommen worden. 

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 25.01.2021 geändert. Der Bescheid vom 26.02.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2019 wird aufgehoben, soweit für das Jahr 2018 ein kalenderjährlicher Hinzuverdienst (Arbeitsentgelt) von mehr als 27.846,50 € berücksichtigt worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind die teilweise Aufhebung der Rente des Klägers wegen Erwerbsminderung aufgrund Hinzuverdienstes sowie die Erstattung der dadurch entstandenen Überzahlung streitig.

Der im Jahr 1962 geborene Kläger war seit dem 05.12.1994 bei der X GmbH beschäftigt. Ab dem 29.11.2016 erkrankte er arbeitsunfähig. Die Entgeltfortzahlung durch seinen Arbeitgeber endete am 09.01.2017. Im Zeitraum vom 10.01.2017 bis 22.04.2018 bezog er Krankengeld, anschließend auf seinen Antrag vom 23.04.2018 für die Zeit vom 23.04.2018 bis 31.10.2018 Arbeitslosengeld (Alg).

Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 08.10.2018 rückwirkend ab dem 01.12.2016 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Ab dem 01.11.2018 stehe die Rente wegen der Höhe des Hinzuverdienstes zu drei Vierteln zu. Die Rente werde ab dem 01.11.2018 laufend in Höhe von monatlich 1.267,40 € (Zahlbetrag) gewährt. Für die Zeit ab dem 01.07.2017 erhalte er einen weiteren Bescheid. Mit Rentenbescheid vom 22.10.2018 erfolgte ab dem 01.07.2017 eine Neuberechnung der Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Der monatliche Zahlbetrag belief sich ab 01.12.2018 auf 1.689,88 €. Als Gründe für die Neuberechnung gab die Beklagte an, dass für das Jahr 2017 der tatsächliche Hinzuverdienst und für die Zeit ab dem 01.01.2018 kein Hinzuverdienst mehr zu berücksichtigen sei, eine Rentenanpassung durchzuführen gewesen sei und sich die mit der Rente zusammentreffenden anderen Ansprüche geändert hätten. Für die Zeit vom 01.07.2017 bis 31.12.2017 legte die Beklagte als kalenderjährlichen Hinzuverdienst ein Arbeitsentgelt in Höhe von 11.804,78 € zugrunde. Nach Rentengewährung führte die Beklagte gegenüber der Krankenkasse des Klägers und der Bundesagentur für Arbeit ein Erstattungsverfahren durch.

Mit Schreiben vom 29.11.2018 teilte der Arbeitgeber (X GmbH) dem Kläger mit, dass aufgrund des vorliegenden Rentenbescheides das Arbeitsverhältnis am 30.11.2018 ende. Am 03.12.2018 wies der Kläger die Beklagte telefonisch darauf hin, dass er von seinem früheren Arbeitgeber überraschend aktuell Nachzahlungen bzw. Einmalzahlungen erhalten habe. Er legte ein Schreiben seines früheren Arbeitgebers vom 14.12.2018 vor. Darin heißt es in Auszügen:

„…wir bestätigten Ihnen hiermit folgende Zahlungen, die im Rahmen Ihres Austritts am 30.11.2018 geleistet wurden:

Gleitzeitguthaben von 4,18 Stunden                               = EUR                        195,50 brutto

Mehrarbeitskonto 22,80 Stunden                                    = EUR                     1.066,36 brutto

Urlaubsabgeltung 2017 und 2018 70 Tage                     = EUR                   23.929,50 brutto

Weihnachtsgratifikation                                                   = EUR                     3.917,00 brutto

Beiträge Rückabwicklung (…) Pensionskasse               = EUR                     1.560,00   (…)“

Die entsprechenden Auszahlungen aus dem Gleitzeitguthaben und dem Mehrarbeitskonto gingen am 27.11.2018 auf dem Konto des Klägers ein, die Urlaubsabgeltung, die Weihnachtsgratifikation und die Beträge aus Rückabwicklung am 27.12.2018.

Daraufhin berechnete die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Bescheid vom 26.02.2019 ab 01.01.2018 neu und hob den Bescheid vom 22.10.2018 hinsichtlich der Rentenhöhe für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.12.2018 nach § 96a Abs. 5 in Verbindung mit § 34 Abs. 3f Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) auf. Infolgedessen forderte sie eine Erstattung in Höhe von 8.087,88 €. Der Kläger habe im Jahr 2018 Einkommen erzielt, welches als Hinzuverdienst zu berücksichtigen sei. Das erzielte Arbeitsentgelt in Höhe von 29.108,36 € überschreite die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300,00 €. Ein monatlicher Betrag in Höhe von 760,28 € sei anzurechnen. Ferner sei eine Rentenanpassung durchzuführen.

Mit Bescheid vom 01.03.2019 erfolgte eine Neuberechnung der Rente ab dem 01.12.2016. Der monatliche Zahlbetrag ab dem 01.03.2019 belief sich nunmehr auf 1.694,65 €. Für die Zeit vom 01.12.2016 bis zum 28.02.2019 ermittelte die Beklagte eine Nachzahlung in Höhe von 4.091,96 €. Für das Jahr 2018 berücksichtigte die Beklagte weiterhin als Hinzuverdienst einen monatlichen Betrag in Höhe von 760,28 €.

Gegen den Bescheid vom 26.02.2019 legte der Kläger mit Schreiben vom 14.03.2019 Widerspruch ein. Der Hinzuverdienst sei auf die Rente wegen Erwerbsminderung nicht anzurechnen. Die Voraussetzungen für die Anrechnung der Zahlungen aus Mehrarbeit und Gleitzeitguthaben lägen nicht vor, da es um Arbeitsentgelte handele, die vor Rentenbeginn erworben worden seien. Es fehle an der zeitlich-rechtlichen Kongruenz der beiden Geldleistungen (Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG) Urteil vom 06.09.2017 - B 13 R 21/15 R). Bezüglich der Anrechnung der Auszahlung auf Grund der Urlaubsabgeltung und der Weihnachtsgratifikation sei zu beachten, dass er im Zeitpunkt der Auszahlung nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Er habe Alg ab dem 23.04.2018 bezogen. Auch hinsichtlich dieser Geldleistungen fehle es an der erforderlichen zeitlich-rechtlichen Kongruenz.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2019 zurück. Unter Bezugnahme auf die Regelung des § 96a Abs. 2 SGB VI führte sie aus, es habe eine Anrechnung der Einnahmen aus Gleitzeitguthaben, Mehrarbeitsvergütung, Weihnachtsgratifikation und Urlaubsabgeltung zu erfolgen, da diese Einnahmen aus einem noch während des Bezugs von Sozialleistungen bestehenden Arbeitsverhältnis entstammten, welches am 30.11.2018 geendet habe. Zahlungen, welche aus der Rückabwicklung von Einzahlungen in die Pensionskasse herrührten (1.560,00 €), seien nicht angerechnet worden.

Der Kläger hat am 10.07.2019 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Aachen erhoben. Zur Begründung hat er auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren verwiesen und unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 26.04.2018 (B 5 R 26/16 R) ergänzend ausgeführt, sein Arbeitsverhältnis bei der X GmbH sei einvernehmlich zum 30.11.2018 aufgelöst worden. Tatsächlich habe er nur bis zum 28.11.2016 gearbeitet und sei im Anschluss arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Hinsichtlich der Auszahlungen sei eine Anrechnung seiner Ansicht nach nicht möglich, da das Entgelt nicht einem laufenden Beschäftigungsverhältnis zugeordnet werden könne. Damit fehle der Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis.

Die Beklagte hat auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen und betont, dass die ausgezahlten Überstunden, die Leistungen aus dem Mehrarbeitskonto, die Urlaubsabgeltungen für die Jahre 2017 und 2018 sowie die Weihnachtsgratifikation Einmalzahlungen darstellten, die nach § 96a Abs. 2 SGB VI als Hinzuverdienst zu berücksichtigen seien.

Das SG hat Auskünfte des früheren Arbeitgebers des Klägers eingeholt. Dieser hat mit Schreiben vom 18.01.2020 unter Vorlage der Betriebsvereinbarung 2/2002 vom 23.09.2002 und des einheitlichen Tarifvertrags über die tarifliche Absicherung eines 13. Monatseinkommens in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 18.12.2003 (ETV 13. ME) die tariflichen und arbeitsvertraglichen Grundlagen der Einmalzahlungen an den Kläger erläutert. Danach erfolgte die Zahlung der Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2018 im November 2018. Die Urlaubsabgeltung belaufe sich für das Jahr 2017 auf 11.473,50 € und für das Jahr 2018 auf 12.456,00 €. Das Gleitzeitguthaben und das Mehrarbeitsguthaben stammten aus dem Jahre 2012. Ergänzend hat er ausgeführt, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf ausdrücklich vereinbarter tarifvertraglicher oder arbeitsvertraglicher Grundlage geruht habe.

Weiterhin hat das SG Auszüge des Verwaltungsvorgangs der Bundesagentur für Arbeit M zum Antrag des Klägers auf Gewährung von Alg vom 23.04.2018 beigezogen.

Mit Urteil vom 25.01.2021, das im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das SG den Bescheid vom 26.02.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.07.2019 insoweit aufgehoben, als er die nach dem Bescheid vom 22.10.2018 gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung für den Zeitraum 01.01.2018 bis 31.12.2018 in Höhe von 8.087,88 € auf Grund der Erzielung von Hinzuverdienst aufhebt und dieser Betrag zur Erstattung festgesetzt wird. Die Beklagte sei nicht zur Aufhebung der mit Bescheid vom 22.08.2018 gewährten Rente wegen voller Erwerbsminderung wegen Anrechnung von Hinzuverdienst in Höhe von 8.087,88 € für den Zeitraum 01.01.2018 bis 31.12.2018 berechtigt. Eine Änderung des Rentenanspruchs auf Grund der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen nach § 34 Abs. 3c bis 3e SGB VI läge nicht vor. Die dem Kläger im Jahr 2018 zugeflossenen Einkünfte, bei denen es sich um Arbeitsentgelte handele, könnten bei einer rechtlich wertenden Betrachtung nicht der Zeit des Rentenbezugs zugeordnet werden. Es fehle an der für die Einordnung als Hinzuverdienst im Sinne des § 96a Abs. 1, Abs. 2 SGB VI erforderlichen zeitlich-rechtlichen Kongruenz. Eine Abkehr vom verfassungsrechtlich bedingten Erfordernis der rechtlichen und zeitlichen Kongruenz sei durch die Neufassung der Norm zum 01.07.2017 nicht beabsichtigt gewesen. Die Auszahlung des Gleitzeitguthabens und des Ausgleichs des Mehrarbeitskontos seien zeitlich dem Jahr 2012 und damit einer Zeit vor Beginn des Rentenbezugs zuzuordnen. Hinsichtlich des Anspruchs auf Auszahlung der Weihnachtsgratifikation und der Urlaubsabgeltung fehle es ebenfalls an einer zeitlich-rechtlichen Kongruenz, da dieser erst nach Beendigung (Ruhen) des Beschäftigungsverhältnisses entstanden sei.

Gegen das der Beklagten am 01.02.2021 zugestellte Urteil hat diese am 22.02.2021 Berufung eingelegt. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben (Flexirentengesetz) zum 01.07.2017 komme es für die Beurteilung der Frage, ob Arbeitsentgelt als Hinzuverdienst zu berücksichtigen sei, anders als in den vom BSG entschiedenen Fällen zur Anwendung des § 96a SGB VI in der Fassung bis 30.06.2017 gerade nicht mehr darauf an, dass ein Beschäftigungsverhältnis tatsächlich noch bestanden habe. Auch ein Ruhen des Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses sei nicht mehr von Bedeutung. Bereits dem Gesetzeswortlaut sei zu entnehmen, dass die bisherige Formulierung „aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit“ nicht mehr enthalten sei. Vielmehr sei nur noch (ganz allgemein) Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen als Hinzuverdienst zu berücksichtigen. Das Arbeitsentgelt müsse daher lediglich aus einem Arbeitsverhältnis stammen, das über den Rentenbeginn hinaus (noch) bestanden habe (Hinweis auf Bundestagsdrucksache 18/9787). Diese Voraussetzungen seien bei den von ihr berücksichtigten Arbeitsentgelten erfüllt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 25.01.2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,                                                                                     

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Zwar sei mit Wirkung zum 01.07.2017 die Formulierung „aus einer Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit“ in § 34 Abs. 2 SGB VI nicht mehr enthalten. Eine Änderung der bisher geltenden Grundsätze und damit eine Verschlechterung der Rechtsposition der Versicherten folgten, anders als die Beklagte meine, aus der Gesetzesänderung nicht. Die Gesetzesbegründung mache deutlich, dass die Beurteilung „wie bisher“ erfolgen solle. Der geänderte Gesetzestext solle lediglich einer Klarstellung dienen. Die Begründung verweise ausdrücklich auf die bisherige Rechtsauslegung. Es habe nur klargestellt werden sollen, dass es nicht auf das tatsächliche Ausüben einer Beschäftigung ankomme. Schon nach altem Recht habe die rechtliche Zuordnung des Arbeitsentgelts zum Zeitraum der Rentenleistung nicht vorausgesetzt, dass dieses auf einer tatsächlichen Arbeit während des Rentenbezuges beruhe (Hinweis auf BSG Urteil vom 06.09.2017 – B 13 R 21/15 R – juris Rdn. 50). Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass an diesen Grundsätzen etwas geändert werden sollte. Im Wortlaut sei nur eine ersichtlich überflüssige Formulierung gestrichen worden. Dass mit dem Flexirentengesetz durch den Verzicht auf das Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses beim Hinzuverdienst eine Verschlechterung einhergehen sollte, sei nicht ersichtlich. Es gelte auch weiterhin, dass Sinn und Zweck des Kongruenzprinzips es erforderten, dass das während des Rentenbezugs erzielte Arbeitsentgelt noch dem laufenden Beschäftigungsverhältnis zugerechnet werden könne. Dieser Zusammenhang sei aufgehoben, wenn für die Beendigung bzw. Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses klare und eindeutige Anhaltspunkte bestünden, die eine Zurechenbarkeit des Hinzuverdienstes zu dieser Grundlage ausschlössen.

Nach Anhörung der Beteiligten hat der Vorsitzende des erkennenden Senats mit Berichtigungsbeschluss vom 21.04.2022 den Tenor des im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.03.2022 verkündeten Urteils berichtigt und, wie dem Tenor zu entnehmen ist, mit dem Zusatz: „Im Übrigen wird die Klage abgewiesen“, neu gefasst.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist überwiegend begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der mit der Anfechtungsklage angegriffene Bescheid vom 26.02.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.07.2019 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte den Rentenbewilligungsbescheid vom 22.10.2018 hinsichtlich der Rentenhöhe teilweise mit Wirkung ab 01.01.2018 aufgehoben hat und die Erstattung der entstandenen Überzahlung für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2018 in Höhe von 8.087,88 € geltend macht. Der Bescheid vom 01.03.2019 ist nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, weil er für das hier maßgebliche Kalenderjahr 2018 keine abweichende Regelung trifft und insoweit lediglich eine nicht anfechtbare wiederholende Verfügung darstellt (vgl. Bundesverwaltungsgericht Beschluss vom 25.02.2016 – 1 WB 33/15 – juris Rdn. 35).

Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet, in geringerem Umfang begründet.

Das SG hat die angegriffene Verwaltungsentscheidung zu Unrecht aufgehoben, soweit sich der Kläger gegen die Berücksichtigung der Urlaubsabgeltung und der Weihnachtsgratifikation wendet. Bezogen hierauf ist der Bescheid rechtmäßig. Begründet ist die Klage lediglich bezogen auf die Anrechnung der Auszahlung des Gleitzeitguthabens und des Ausgleichs des Mehrarbeitskontos.

Nach § 96a Abs. 1 SGB VI wird eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur in voller Höhe geleistet, wenn die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 1c nicht überschritten wird. Gemäß § 96a Abs. 1a SGB VI wird die Rente bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze nur teilweise geleistet. Die Verfahrensgrundsätze ergeben sich über § 96a Abs. 5 SGB VI dabei sinngemäß aus § 34 Abs. 3c bis 3g SGB VI.

Grundlage für die Aufhebung des Bescheides vom 22.10.2018 ist daher § 34 Abs. 3f SGB VI. Danach sind die bisherigen Bescheide von dem sich nach den jeweiligen Absätzen ergebenden Zeitpunkt an aufzuheben, soweit sich nach den Abs. 3c bis 3e eine Änderung ergibt, die den Rentenanspruch betrifft. Dabei sind gemäß § 34 Abs. 3f Satz 3 SGB VI die Vorschriften zur Anhörung Beteiligter (§ 24 des Zehnten Buches), zur Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes (§ 45 des Zehnten Buches) und zur Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse (§ 48 des Zehnten Buches) nicht anzuwenden.

Eine den Rentenanspruch betreffende Änderung ergab sich durch die Auszahlung der Weihnachtgratifikation und der Urlaubsabgeltung im Dezember 2018. Beide Zahlungen in Höhe von insgesamt 27.846,50 EUR bewirken ein Überschreiten der in § 96a Abs. 1c Nr. 2 SGB VI für Renten wegen voller Erwerbsminderung bestimmten Hinzuverdienstgrenze von 6.300 EUR. Sie sind als Arbeitsentgelt nach § 96a Abs. 2 SGB VI anzusehen, das als Hinzuverdienst aus einem Beschäftigungsverhältnis während des Rentenbezugs zu berücksichtigen ist.

Was Arbeitsentgelt nach dieser Vorschrift darstellt, bestimmt sich nach den Regelungen des § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) (vgl. BSG Urteil vom 10.07.2012 - B 13 R 85/11 R - SozR 4-2600 § 96a Nr. 14 Rdn. 30). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Hiervon ausgehend sind sämtliche von der Beklagten als Hinzuverdienst berücksichtigte Zahlungen als Arbeitsentgelt im Sinne des § 96a Abs. 2 SGB VI zu betrachten. Sämtliche Zahlungen sind zumindest im Zusammenhang mit der Beschäftigung bei der X GmbH erzielt worden (vgl. für die Urlaubsabgeltung ausführlich BSG Urteil vom 06.09.2017 – B 13 R 21/15 R – juris Rdn. 22ff).

Eine Anrechnung von Hinzuverdiensten ist jedoch nur gerechtfertigt, wenn das Arbeitsentgelt nicht nur während des Rentenbezugs tatsächlich zugeflossen ist, sondern dieser Zeit auch rechtlich zugeordnet werden kann – zeitlich-rechtliche Kongruenz – (BSG a.a.O. Rdn. 39). Nur in diesem Fall kann die Rente ihrer Funktion als Kompensation für auf gesundheitlichen Einschränkungen beruhenden wirtschaftlichen Nachteilen gerecht werden (vgl. zur bis zum 30.06.2017 geltenden Rechtslage BSG Urteil vom 10.07.2012 - B 13 R 85/11 R; Urteil vom 06.09.2017 - B 13 R 21/15 R; Urteil vom 26.04.2018 - B 5 R 26/17 R; Urteil vom 12.03.2019 - B 13 R 35/17 R). Das Erfordernis einer zeitlich-rechtlichen Kongruenz ergibt sich auch nach Neufassung der §§ 96a und 34 SGB VI durch das Flexirentengesetz weiterhin aus dem Willen des Gesetzgebers, der Systematik sowie aus Sinn und Zweck des § 96a SGB VI i.V.m. § 34 Abs. 3c bis 3g SGB VI in der ab 01.07.2017 geltenden Fassung. Eine Änderung der bisher geltenden Grundsätze und damit eine Verschlechterung der Rechtsposition der Versicherten folgen aus der Gesetzesänderung nicht.

Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, dass es seit Inkrafttreten des Flexirentengesetzes zum 01.07.2017 anders als nach dem „alten“ Recht nicht mehr darauf ankommt, ob eine Einmalzahlung einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis zugeordnet werden kann, wird diese Auffassung vom Senat nicht geteilt. Der Beurteilung des Senats steht nicht entgegen, dass zunächst der Wortlaut des § 96a SGB VI und des § 34 SGB VI eher dafür spricht, dass die Zuordnung zu einem Beschäftigungsverhältnis nicht mehr erforderlich ist. Danach ist die bisherige Formulierung „aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit“ in § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI und § 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der ab dem 01.07.2017 geltenden Fassung nicht mehr enthalten. Vielmehr sind nur noch (ganz allgemein) Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbare Einkommen als Hinzuverdienst zu berücksichtigen (§ 96a Abs. 2 Satz 1 SGB VI; § 34 Abs. 3b SGB IV). Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9787 Seite 39 zu Buchstabe b zu Abs. 3b) ergibt sich jedoch, dass an der bisherigen Rechtsauslegung festgehalten werden soll. Sie macht deutlich, dass die Beurteilung „wie bisher“ erfolgen soll. Sie verweist ausdrücklich auf die bisherige Rechtsauslegung. Mit dem Entfallen der Formulierung „aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit“ wird (lediglich) klargestellt, dass es für die Frage, ob Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen als rentenrechtlicher Hinzuverdienst zu berücksichtigen ist, nicht darauf ankommt, ob eine Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Schon nach altem Recht hat die rechtliche Zuordnung des Arbeitsentgelts zum Zeitraum der Rentenleistung nicht vorausgesetzt, dass dieses auf einer tatsächlichen Arbeit während des Rentenbezuges beruht (BSG Urteil vom 06.09.2017 - B 13 R 21/15 R - juris Rdn. 50).

Auch die systematische Einordnung des § 96a SGB VI im Unterabschnitt „Zusammentreffen von Renten und Einkünften“ spricht weiterhin für eine zeitlich-rechtliche Kongruenz. Diese ist insbesondere unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 96a SGB VI weiterhin geboten. Durch die monatliche Hinzuverdienstgrenze sollte verhindert werden, dass der Versicherte durch Rente und Hinzuverdienst ein höheres Gesamteinkommen erzielen kann als vor dem Rentenbezug. Wird die Rente als Kompensation für die mit den gesundheitlichen Leistungseinschränkungen verbundenen wirtschaftlichen Nachteile verstanden, ist eine Minderung der Rente aber nur durch einen solchen Hinzuverdienst gerechtfertigt, den der Versicherte trotz bzw. mit der geminderten Erwerbsfähigkeit im jeweiligen Zahlungsmonat der Rente “gleichzeitig“ erwirtschaften kann. Das von der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgedeckte Risiko hat sich dann in dem jeweiligen Bezugszeitraum nicht voll verwirklicht. Eine hiervon abweichende Auslegung ist auch nicht nach der Ersetzung der bislang geltenden monatlichen Hinzuverdienstgrenze durch eine kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze in der ab dem 01.07.2017 geltenden Fassung des § 34 Abs. 2 SGB VI bzw. des § 96a Abs. 1 SGB VI geboten. Dass mit diesem Gesetzesvorhaben durch den Verzicht auf das Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses beim Hinzuverdienst eine Verschlechterung einhergehen sollte, ist nicht ersichtlich. Gesetzeszweck des Flexirentengesetzes ist es gewesen, ältere Beschäftigte zur Bekämpfung des Fachkräftemangels möglichst lange im Erwerbsleben zu halten und den Übergang in den Ruhestand zu verbessern. Hierzu sollte die Möglichkeit verbessert werden, vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Teilzeitarbeit durch eine Teilrente zu ergänzen. Der Hinzuverdienst sollte im Rahmen einer Jahresbetrachtung stufenlos bei der Rente berücksichtigt werden.

Entgegen der Ansicht des SG lag hier während der Rentenbezuges jedoch eine Beschäftigung vor, der die Urlaubsabgeltung und die Weihnachtsgratifikation grundsätzlich zuzuordnen sind. Eine zeitliche Kongruenz wäre nur dann ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis bereits vor dem Beginn der Rente beendet gewesen wäre. Das ist hier nicht der Fall.

Dass ein Ausscheiden aus der Beschäftigung auch vor dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses möglich ist (BSG Urteil vom 26.04.2018 - B 5 R 26/16 R - juris, Rn. 17/18), führt im vorliegenden Fall zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Zum Zeitpunkt des Rentenbezugs am 01.12.2016 bestand neben dem erst zum 30.11.2018 endenden Arbeitsverhältnis auch das Beschäftigungsverhältnis noch fort. Das Beschäftigungsverhältnis endete frühestens am 23.04.2018. Erst ab diesem Zeitpunkt kann von einem Verzicht auf die Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers des Klägers ausgegangen werden.

Der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses erlangt je nach Sinnzusammenhang, in den die einzelne Norm gestellt ist, unterschiedliche Bedeutung. Vor dem Hintergrund der jeweiligen Norm kann insbesondere die Auslegung dazu differieren, welche Bedeutung die reale Arbeitsleistung für die Beschäftigung hat. Sinn und Zweck des Kongruenzprinzips erfordern, dass während des Rentenbezugs erzieltes Arbeitsentgelt noch dem laufenden Beschäftigungsverhältnis als einer der in § 96a SGB VI i.V.m. § 14 SGB IV genannten Quellen des Hinzuverdienstes zugerechnet werden kann. Allerdings ist dieser Zusammenhang erst dann aufgehoben, wenn für die Beendigung bzw. Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses klare und eindeutige Anhaltspunkte bestehen, die eine Zurechenbarkeit des Hinzuverdienstes zu dieser Grundlage ausschließen (BSG Urteil vom 06.09.2017, a.a.O., juris Rdn. 62). Dabei ist von einem leistungsrechtlichen Verständnis der Beschäftigung im Gegensatz zur Verwendung im Beitragsrecht auszugehen. Ein Beschäftigungsverhältnis endet trotz eines rechtlich fortbestehenden Arbeitsverhältnisses bereits dann, wenn der Arbeitgeber auf seine Verfügungsbefugnis verzichtet bzw. der Arbeitnehmer seine Dienstbereitschaft endgültig einstellt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Beschäftigungsverhältnis wegen des Bezugs einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung nach tarifrechtlichen Regeln oder aber vertraglichen Absprachen ruht. Eine solche Fallkonstellation liegt nicht vor. Denkbar ist aber auch eine (konkludente) Vereinbarung etwa im Zusammenhang mit einer Kündigung oder mit dem Bezug von Arbeitslosengeld bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit, wenn die Arbeitsvertragsparteien mit ihren Handlungen und Erklärungen nach außen zu erkennen gegeben haben, dass sie ihre Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis als beendet ansehen; dies geschieht im letzteren Fall etwa durch den Arbeitslosengeldantrag und die Erklärung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitsamt auf die Verfügungsmacht über die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu verzichten (BSG Urteil vom 06.09.2017, a.a.O., juris Rdn. 63).

Vergleichbare Anhaltspunkte für eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers sind gegeben. Dabei führt die länger andauernde Arbeitsunfähigkeit des Klägers allein noch nicht zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses bzw. zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Ein „faktisches Ruhen“ des Arbeitsverhältnisses ist nicht ausreichend (BSG Urteil vom 26.04.2018 - B 5 R 26/16 R - juris Rdn. 18). Während der Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug bestand das Beschäftigungsverhältnis weiterhin fort. Mit der Vorlage der Antragsunterlagen bei der Bundesagentur für Arbeit und des am 23.04.2018 beginnenden Alg-Bezuges ist bei umfassender Würdigung des Akteninhalts von einem ruhenden Beschäftigungsverhältnis kraft konkludenter Vereinbarung auszugehen. Durch Beantragung von Alg gegenüber der Bundesagentur für Arbeit, mit welcher der Kläger seine Verfügbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und seine aktuelle Beschäftigungslosigkeit angibt, bringt er nach außen gegenüber einem Dritten klar zum Ausdruck, dass er gegenüber seinem Arbeitgeber keine Arbeitsleistung mehr erbringen wird. Weiterhin hat der Arbeitgeber des Klägers mit Ausfüllen der Arbeitsbescheinigung nach § 312 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) am 23.04.2018 und Weiterleitung an die Bundesagentur für Arbeit auf sein Direktionsrecht gegenüber dem Kläger verzichtet, da dieser nur so Arbeitslosengeld erhalten konnte. Diese Auslegung steht im Einklang mit den Ausführungen des Arbeitgebers im Schreiben vom 18.01.2020. Danach hat dieser das Beschäftigungsverhältnis bis zu seiner Beendigung während des Alg-Bezuges als ruhend betrachtet.

Die Urlaubsabgeltung und die Weihnachtsgratifikation sind dem während des Rentenbezugs fortbestehenden Beschäftigungsverhältnis auch rechtlich zuzuordnen.

Ob eine Einmalzahlung dem während des Rentenbezugs bestehenden Beschäftigungsverhältnis rechtlich zugeordnet werden kann, erfordert eine wertende Betrachtung von Art und Charakter der einmaligen Leistung. Einmalige Einnahmen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie in der Regel nicht für einen bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden (vgl. Definition des § 23a Abs. 1 S. 1 SGB IV). Für die Urlaubsabgeltung hat das BSG bereits entschieden, dass diese aufgrund ihres engen inneren Zusammenhangs mit dem Beschäftigungsverhältnis diesem rechtlich zuzuordnen ist (BSG Urteil vom 06.09.2017 – B 13 R 21/15 R – juris Rdn. 45ff.; selbst dann wenn die Auszahlung der Urlaubsabgeltung weit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt ist: BSG Urteil vom 12.03.2019 – B 13 R 35/17 R – juris Rdn. 19ff.). Erfolgt eine rechtliche Zuordnung der Urlaubsabgeltung aufgrund des engen inneren Zusammenhangs mit dem Urlaubsanspruch zum Beschäftigungsverhältnis, so muss dies erst Recht für die Weihnachtsgratifikation gelten, die – anders als der Anspruch auf Urlaubsabgeltung – nicht erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern bereits während des noch laufenden Arbeitsverhältnisses entsteht.

Zutreffend hat die Beklagte die Urlaubsabgeltung und die Weihnachtsgratifikation bei der Jahresarbeitshinzuverdienstgrenze 2018 berücksichtigt. Neben der Zuordnung zu einem Beschäftigungsverhältnis hat eine Zuordnung des Hinzuverdienstes zu einem konkreten Anrechnungszeitraum zu erfolgen (vgl. BSG Urteil vom 12.03.2019 – B 13 R 35/17 R – juris Rdn. 21ff).

§ 96a Abs. 1 SGB VI in der ab 01.07.2017 geltenden Fassung geht von einer Gegenüberstellung des Hinzuverdienstes und der jeweiligen Hinzuverdienstgrenze pro Kalenderjahr aus. Maßgeblich für dies Zuordnung ist nicht – wie die Beklagte meint – der Zeitpunkt des Zuflusses, sondern der Zeitpunkt des rechtlichen Entstehens des Anspruchs auf Zahlung des Entgelts (vgl. BSG a.a.O.). In Anknüpfung an das Erfordernis der zeitlich-rechtlichen Kongruenz ist dieser Betrachtungsweise gegenüber dem Blick auf den tatsächlichen Zufluss der Vorzug zu geben, um Zufälligkeiten und Manipulationsmöglichkeiten zu vermeiden.

Diesen Vorgaben folgend erfolgte die Anrechnung der Urlaubsabgeltung und der Weihnachtsgratifikation im Kalenderjahr 2018 zu Recht.

Für die im Dezember 2018 ausgezahlte Weihnachtsgratifikation ist diese Zuordnung unproblematisch, da es sich nach den Angaben des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers um die Zahlung für das Jahr 2018 handelte. Dieser Anspruch ist im November 2018 entstanden.

Der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs entsteht nach § 7 Abs. 4 BUrlG zwingend mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BSG a.a.O), hier am 30.11.2018. Auch der Anspruch auf Abgeltung des Mehrurlaubs ist am 30.11.2018 entstanden. Dieser kann, so wie der Urlaubsanspruch selbst, von den Arbeitsvertragsparteien zwar frei vereinbart werden. Fehlt es allerdings an einer abweichenden arbeits- oder tarifvertraglichen Regelung, ist von einem Gleichlauf von gesetzlichem Mindesturlaub und Mehrurlaub auszugehen (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 12.04.2011 – 9 AZR 80/10). Eine diesen Gleichlauf abändernde Regelung besteht nicht, sie ergibt sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus tarifvertraglichen Vereinbarungen.

Hingegen hat das SG den angefochtene Bescheid zu Recht aufgehoben, soweit die Beklagte die Anrechnung des Gleitzeitguthabens i.H.v. 195,50 € und des Ausgleichs des Mehrarbeitskontos i.H.v. 1.066,36 € vorgenommen hat. Insoweit ist die Berufung zurückzuweisen. Bezogen auf diese Zahlungen fehlt es zwar nicht an einer zeitlichen-rechtlichen Kongruenz zwischen Beschäftigungsverhältnis und Rentenbezug, da hierfür – wie oben dargestellt – lediglich die Gleichzeitigkeit des Beschäftigungsverhältnisses und des Rentenbezugs erforderlich ist. Da jedoch auch in Bezug auf diese Entgeltbestandteile maßgeblich für die zeitliche Zuordnung der Zeitpunkt des Entstehens des Zahlungsanspruchs ist, sind die Vergütung geleisteter Mehrarbeit und des Gleitzeitguthabens nicht im Kalenderjahr 2018 als Hinzuverdienst auf die Rente des Klägers anzurechnen. Diesen Zahlungen liegt eine konkrete Arbeitsleistung zugrunde, die der Arbeitnehmer zu einem früheren Zeitpunkt vor Rentenbezug erbracht hat. Die Zahlungen aufgrund der Anrechnung des Gleitzeitkontos und des Ausgleichs des Mehrarbeitskontos sind dem Jahr 2012 zuzuordnen, da der Anspruch auf diese Zahlungen bereits in diesem Zeitpunkt entstanden ist. Dieser Zuordnung steht nicht entgegen, dass die Entgelte aufgrund der Betriebsvereinbarung 02/2002 zur Gleitzeit verspätet ausgezahlt worden sind. Die Auszahlung ist lediglich durch den vorrangigen Freizeitausgleich aufgeschoben gewesen. Scheitert dieser jedoch, so kommt wieder die Vergütungspflicht des Arbeitgebers zum Tragen. Es liegt kein Fall der Leistungsstörung vor. Die Erfüllung einer Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers ist durch den vorrangig zu nehmenden Freizeitausgleich suspendiert (vgl. SG Landshut Urteil vom 13.07.2018  - S 2 R 1024/16).

Die gemäß § 34 Abs. 3f Satz 2 SGB VI geltend gemachte Erstattungsforderung für das Kalenderjahr 2018 hat die Beklagte dementsprechend zu reduzieren. Im Jahr 2018 hat der Kläger anstelle des von der Beklagten berücksichtigten Arbeitsentgelt von 29.108,36 € ein zu berücksichtigendes Arbeitsentgelt in Höhe von 27.846,50 € (29.108,36 € - 195,50 € - 1.066,36 €) erzielt, welches die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von 6.300,00 € überschreitet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das geringe Obsiegen des Klägers fällt kostenrechtlich nicht ins Gewicht.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Eine höchstrichterliche Klärung der Frage, ob seit dem Inkrafttreten des Flexirentengesetzes zum 01.07.2017 das Erfordernis einer zeitlich-rechtlichen Kongruenz zwischen Arbeitsentgelt und Rentenbezug entfallen ist und in der Folge für die zeitliche Zuordnung allein der Zufluss maßgeblich ist, liegt im allgemeinen Interesse und ist bisher - soweit ersichtlich - bislang nicht erfolgt.

 

Rechtskraft
Aus
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