Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.11.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Versorgung des Klägers mit Hörgeräten streitig.
Der 1973 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert und bei der Beigeladenen rentenversichert. Er ist als Service-Techniker in dem Bereich Automatiktüren versicherungspflichtig beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehört die Wartung, Reparatur und Neumontage von Automatiktüren. Er ist überwiegend im Kundendienst tätig.
Der Kläger leidet unter einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Unter dem 17.04.2018 unterbreitete die E GmbH S (zukünftig Hörgeräteakustiker) dem Kläger für eine beidseitige Versorgung mit dem Hörgerätesystem Oticon Opn 1 Ex-Hörer Mini 85 (Hilfsmittelnummer 13.20.12.3413) ein Angebot zu einem Gesamtpreis in Höhe von 6.228,00 €.
Am 02.05.2018 verordnete der W (erneut) eine beidseitige Hörhilfe. Am 15.08.2018 zeigte der Hörgeräteakustiker der Beklagten die Versorgung des Klägers mit einer Hörhilfe an.
Mit Bescheid vom 16.08.2018 sagte die Beklagte zu, sich an den Kosten der Hörgeräteversorgung mit dem Festbetrag zu beteiligen. Sie wies den Kläger darauf hin, dass dessen Akustiker vertraglich verpflichtet sei, ihm individuell geeignete Systeme ohne eigenen Kostenanteil anzubieten, die seinen Hörverlust bestmöglich ausglichen. Dies beinhalte auch, dass er bei Umgebungsgeräuschen sowie in größeren Personengruppen Gespräche verstehe. Entscheide sich der Kläger aus persönlichen Gründen für ein Hörsystem mit Eigenanteil, trage er die Mehrkosten allein.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 21.08.2018 Widerspruch ein. Er sei auf das von ihm ausgewählte und getestete Hörgerät angewiesen. Andere Geräte erfüllten in seinem Einzelfall keine ausreichende Versorgung. Im Störgeräusch, in größeren Gruppen und vielen anderen Situationen des täglichen Lebens sowohl im Privat- als auch im Berufsleben sei ihm anders kein ausreichendes Sprachverstehen möglich. Dies habe eine vergleichende Anpassung unter Einbeziehung mehrerer aufzahlungsfreier Hörgeräte-Modelle gezeigt. Für die Auswahl seiner neuen Hörgeräte habe er in den vergangenen Monaten mehrere unterschiedliche Geräte ausprobiert, ua auch aufzahlungsfreie Modelle. Im Rahmen einer mehrwöchigen vergleichenden Anpassung habe er festgestellt, dass ihm keines der getesteten aufzahlungsfreien Geräte ein ausreichendes Sprachverstehen in Gruppen und in größeren Räumen oder auch im Berufsleben, zB bei Telefonkonferenzen, ermögliche. Nur das ausgewählte Modell habe den geforderten bestmöglichen Ausgleich seines Hörverlustes erbracht.
In dem daraufhin von der Beklagten bei dem Hörgeräteakustiker angeforderten Anpassungs- und Abschlussbericht vom 12.09.2018 wurden betreffend das Hörsystem Oticon Opn 1 Freifeldmessungen bei einer beidseitigen Versorgung mit Hörsystemen ein Sprachverstehen bei Nutzschall von 65 dB in Höhe von 45% sowie bei Nutzschall von 65 dB und Störschall von 60 dB von 40% dokumentiert. Die Freifeldmessung im Freiburger Sprachtest ergab bei dem aufzahlungsfreien Hörsystem Mezzo 4 duo (Hilfsmittelnummer 13.20.12.0156) die gleichen Ergebnisse. Die Beklagte veranlasste eine Stellungnahme eines Akustikspezialisten. Dieser gelangte zu der Einschätzung, dass aufgrund der vorliegenden Hörkurve eine vierkanalige Signalverarbeitung mit Richtmikrofontechnik, Rückkopplungs- und Störgeräuschunterdrückung und einer Verstärkungsleistung inklusive 10 dB Reserve von 40 dB empfehlenswert sei. Das eigenanteilsfreie Audioservice Mezzo 4 duo verfüge über eine vierkanalige Signalverarbeitung mit adaptivem Rückkopplungsmanagement, adaptiver Störgeräuschunterdrückung, ausreichender Verstärkungsleistung und einer dualen Richtmikrofontechnik. Im Rahmen der vergleichenden Anpassung sei im Freifeld 45% und im Störgeräusch 40% erreicht worden. Das gewählte System Oticon Opn 1 mini 85 verfüge über eine 16-kanalige Signalverarbeitung, ausreichende Verstärkungsleistung, adaptive Rückkopplungsunterdrückung, adaptive Störgeräuschunterdrückung, duale adaptive Richtmikrofontechnik und weitere Komfortmodi wie zB Impulsschall-Management LX (Impulsschallunterdrückung, unterdrückt Türknallen, Besteckklappern etc), Spatial Sound LX (Hörkomfort, Priorisierung von Geräuschen), YouMatic LX (Klangvorlieben und Hörgeschmack), binaurale Signalverarbeitung (Synchronisation/Koordination, steuert beide Hörsysteme per Funk), Auto Phono (Hörsysteme schalten automatisch in ein Telefonprogramm), 3D Lärmmanagement LX (Gerät schaltet automatisch in die Einstellung mit dem größten Hörkomfort), 10 kHz Bandbreite (Klangkomfort), Windgeräusch-Management LX (Windgeräuschunterdrückung), Stereo Streaming (Funkverbindung von Zubehör), Oticon on App (Smartphone-App zur Steuerung des Hörsystems). Im Rahmen der vergleichenden Anpassung seien im Freifeld 45% und im Störgeräusch 40% erreicht worden. Nach Auswertung der vergleichenden Anpassung könne eindeutig belegt werden, dass mit dem eigenanteilsfreien Hörsystem Audioservice Mezzo 4 duo (vierkanalige Signalverarbeitung, duale Richtmikrofontechnik, adaptives Rückkopplungsmanagement, adaptive Störgeräuschunterdrückung, ausreichende Verstärkungsleistung) objektiv ein bestmögliches Sprachverstehen erzielt werden könne. Als Versorgungsziel aus den Messwerten des normierten Freiburger Sprachtests sei abzuleiten, dass die Signalverarbeitung grundsätzlich für den objektiven Ausgleich, auch im Alltag bzw im Störgeräusch und bei Gesprächen in Gruppen, geeignet sei. Wenn die Signalverarbeitung nicht passend bzw geeignet sei, spiegle sich dies in den Messwerten wieder. Aufgrund von anderen Regelungszeiten und Komfortmodi in der Störgeräuschunterdrückung, einer kosmetisch kleinen Bauform sowie einer Steuerung der Geräte via Smartphone-App sei es nachvollziehbar, dass das Oticon Opn 1 mini 85 subjektiv angenehmer erscheine. Jedoch seien dies Funktionen, die dem Komfort zuzuschreiben seien und nicht für einen objektiven Ausgleich erforderlich seien.
Auf Anfrage der Beklagten vom 05.10.2018 zu einem berufsbedingten Mehraufwand beim Hören teilte die Beigeladene mit Schreiben vom 16.11.2018 mit, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Kläger nicht in Betracht kämen, da die Höranforderungen in dessen Beruf als Techniker keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit für höherwertige Hörgeräte beinhalteten. Persönliche und telefonische Kommunikationen im Zweier- oder Gruppengespräch, auch bei ungünstigen akustischen Bedingungen mit hohen Anforderungen an das Verstehen sowie störende Umgebungsgeräusche am Arbeitsplatz stellten Anforderungen an das Hörvermögen dar, die auch im täglichen Leben sowie nahezu bei jeder Berufsausübung bestünden. Ein über die Hörgeräteversorgung hinausgehender Rehabilitationsbedarf im Sinne der Leistung zur Teilhabe habe durch den Rentenversicherungsträger nicht festgestellt werden können.
Der Kläger reichte im Widerspruchsverfahren eine Bescheinigung seines Arztes W vom 05.02.2019, ein Schreiben seiner Arbeitgeberin vom 26.02.2009 sowie seiner Ehefrau vom 10.03.2019 ein. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 09.07.2019 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 01.08.2019 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er sei infolge einer als Kleinkind erlittenen Mittelohrentzündung bereits seit seinem dritten Lebensjahr schwer hörgeschädigt. Er habe deshalb eine Hörbehindertenschule besucht und sei als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Mit den Hörgeräten, mit denen er bisher versorgt worden sei, habe er seine Hörschwierigkeiten nicht vollständig ausgleichen können. Dies habe sowohl im Alltag mit seiner Familie als auch im beruflichen Bereich zu Problemen geführt. In Gesprächen mit Kunden habe er - der Kläger - diese häufig erst beim zweiten oder dritten Mal verstanden. Das Führen von Telefonaten sei generell sehr schwierig, Telefonkonferenzen seien unmöglich gewesen. Aufgrund seines mangelnden Hörvermögens sei er einmal fast von einem Staplerfahrer angefahren worden, da er nicht richtig habe orten können, aus welcher Richtung der Staplerfahrer gekommen sei. Auch im familiären Umfeld sei die Verständigung aufgrund des unzureichenden Ausgleichs der Hörbeeinträchtigung schwierig gewesen. Aufgrund der Probleme im beruflichen Bereich habe er 2016 ein Gespräch mit seinem Meister geführt. Dabei habe ihm sein Vorgesetzter mitgeteilt, dass er ihn als Techniker schätze, aber er etwas gegen seine Hörprobleme unternehmen solle. Daraufhin habe er seine Hörgeräteakustikerin aufgesucht und diese um eine bessere Anpassung seiner bisherigen Hörgeräte gebeten. Dies sei nicht möglich gewesen. Er habe daraufhin über mehrere Monate unterschiedliche Modelle getestet, darunter solche zum Festpreis, Mittelklassehörgeräte und hochpreisige Hörgeräte. Im Alltagstest habe er letztlich mit dem Hörgerät Oticon Opn 1 mini 85 das beste Ergebnis erzielt. Nun habe er auf der Arbeit ohne größere Probleme Telefonate führen und an Telefonkonferenzen teilnehmen können. Auch habe er bemerkt, wenn die von ihm reparierten Türen zB noch quietschende oder seltsame Geräusche von sich gegeben hätten. Auch im familiären Bereich habe sich der bessere Ausgleich der Hörbeeinträchtigung deutlich bemerkbar gemacht. Es sei zu weniger Missverständnissen gekommen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits mit Urteil vom 17.12.2009 (B 3 KR 20/08 R) festgestellt, dass Versicherte Anspruch auf die Hörgeräteversorgung hätten, die nach dem Stand der Medizintechnik bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlaube, soweit diese im Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil biete. Selbst wenn ein Eigenanteilspreisgerät gute Ergebnisse erziele, schließe ein über dem Festbetrag liegendes Gerät, welches eine noch bessere Anpassung an den Zustand einer gesunden Person ermögliche, eine Kostenübernahme nicht aus (Hinweis auf SG Hamburg 17.05.2016, S 8 KR 1568/15). Dies sei bei ihm der Fall. Das von ihm testweise genutzte Gerät Oticon Opn 1 mini 85 biete im Alltag erhebliche Gebrauchsvorteile gegenüber den Geräten zum Festpreis.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Auf Anfrage des SG hat der Hörgeräteakustiker mitgeteilt, dass er vier eigenanteilsfreie Hörgeräte von unterschiedlichen Herstellern anböte und zwar für jeden Grad der Schwerhörigkeit. Die angebotenen hochwertigsten eigenanteilsfreien Hörgeräte seien in der Lage, jede Form einer Schwerhörigkeit nahezu vollständig auszugleichen. Die eigenanteilsfreien Hörgeräte unterschieden sich von den zuzahlungspflichtigen Hörgeräten vor allem im Herausfiltern von Nebengeräuschen. In der Messumgebung würden aus einer festen Richtung Nebengeräusche dargeboten, aus einer anderen Richtung komme der Nutzschall. In dieser Umgebung arbeiteten auch technisch einfachere Geräte sehr gut. Alle eigenanteilsfreien Hörgeräte seien nach gesetzlichen Mindestanforderungen ausgestaltet. Diese hätten mehrere Frequenzkanäle, ein Richtmikrofon sowie eine Störgeräuschreduzierung. Darüberhinausgehende Technik werde ausschließlich mit Zuzahlung angeboten, da kostendeckend gearbeitet werden müsse. Um den Kläger mit einem eigenanteilsfreien Gerät zu versorgen, seien verschiedene Modelle getestet worden. Die Ergebnisse in der Testumgebung seien vergleichbar gewesen, das subjektive Empfinden stark unterschiedlich. Die Frage, ob die von dem Kläger begehrten Hörgeräte Oticon Opn 1 mini 85 erforderlich seien, um nach dem Stand der Medizintechnik die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder zu erlangen, hat die Hörgeräteakustikerin nach dem „subjektiven Empfinden des Klägers“ bejaht. Kostengünstigere und eigenanteilsfreie Hörgeräte seien vom Kläger getestet und als deutlich schlechter empfunden worden. W hat mit Schreiben vom 11.11.2019 mitgeteilt, dass ein beidseitiger Steigabfall der Innenohrleistung links bis 100 dB bei 4 kHz, rechtsseitig eine kombinierte Schwerhörigkeit mit einem Innenohrabfall bei 60 dB bei 4 kHz und in den höheren Frequenzen Taubheit bestehe. Durch das bestehende Hörsystem auch mit Kompensation durch die akustischen Hörhilfen bestünden sowohl im Alltagsleben als auch bei beruflicher Tätigkeit eine deutliche Einschränkung, die vor allem in Situationen mit Störgeräuschen sich verschärfe.
Zum Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Beklagte dahingehend Stellung genommen, dass es auf das subjektive Empfinden des Klägers nicht ankomme. Im Rahmen des Freiburger Sprachtests seien sowohl mit dem eigenanteilsfreien Hörsystem als auch mit der gewünschten höherpreisigen Technik absolut identische Messwerte erzielt worden. Zwischen der Beklagten und der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker bestünden Verträge über die Versorgung mit Hörgeräten. Darin seien technische Mindestvoraussetzungen für aufzahlungsfrei angebotene Geräte enthalten (zB volldigitale Technik, mindestens vier Kanäle, Störgeräusch- und Rückkopplungsunterdrückung etc) sowie Einzelheiten zum Testverfahren im Rahmen der Hörgeräteerprobung festgestellt. Diese Mindestvorgaben basierten auf audiologischen Erkenntnissen und seien Folge der Rechtsprechung des BSG (zB Urteil 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R). Im verwendeten Freiburger Sprachtest, in dem einsilbigen oder ähnlich klingenden Worte in Gruppen zu je 20 Wörtern geprüft würden, komme jedem Wort eine Wertigkeit von 5% zu. Ein Unterschied von 5% bedeute, dass ein Wort weniger verstanden worden sei. Darüber hinaus bestehe die Schwierigkeit darin, ähnliche Worte wie Maus, Laus oder raus richtig zu verstehen. Diese Worte unterschieden sich nur um einen Konsonanten am Wortanfang. Das Verstehen erfordere starke Konzentration und Mitarbeit des Schwerhörigen. Das Verstehen einsilbiger Worte stelle einen sehr hohen Schwierigkeitsgrad dar und komme im täglichen Leben so kaum vor. Allgemein würden im täglichen Leben Sätze gesprochen, deren Sinn man auch verstehe, wenn einzelne Worte nicht eindeutig verstanden würden. In den Vorgaben an die Hörgeräteerprobung und -versorgung sei eine maximale Messtoleranz von 5% der eigenanteilsfreien Geräte zum Mehrkostengerät festgelegt. Werde diese überschritten, fordere die Krankenkasse den Akustiker zur Nachbesserung durch erneute Testung auf. Bei dieser würden in der Regel Einstellungen am Gerät verändert, um ein besseres Sprachverstehen zu erzielen. Es sei völlig ausgeschlossen, den Alltag eines jeden Schwerhörigen nachzubilden und im Rahmen eines Testverfahrens festzuhalten. Dies sei von Person zu Person unterschiedlich und werde stets subjektiv wiedergegeben. Entsprechende subjektive Angaben könnten nicht einmal ansatzweise überprüft werden. Dies würde dazu führen, dass Aspekte der Hörgeräteversorgung, die dem Komfort zuzuordnen seien, nicht nachvollzogen werden könnten. Komfortaspekte seien jedoch dem Leistungsspektrum der Krankenkassen nicht unterstellt. Zum Hinweis des Akustikers, dass eigenanteilsfreie Geräte sich vor allem durch das Herausfiltern von Nebengeräuschen deutlich von höherpreisigen Geräten unterschieden, hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass es sich bei der Unterdrückung von Störgeräuschen um reine Komfortaspekte handle. Der Akustiker verweise auf die Situation eines Restaurantbesuchs. Sicherlich sei es angenehm, wenn in einem gut gefüllten Restaurant mit entsprechendem Geräuschpegel die Unterhaltungen der Nachbartische ausgeblendet würden. Einem Gast ohne Schwerhörigkeit und ohne Hörgerät sei die Möglichkeit des Ausblendens der Störgeräusche jedoch nicht gegeben. Er müsse sich damit arrangieren. Im Ergebnis wäre damit eine Person mit entsprechenden Hörgerätefunktionen bessergestellt als ein Hörgesunder. Eine solche Besserstellung sei nicht gewollt.
Das SG hat die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg durch Beschluss vom 09.03.2020 beigeladen. Die Beigeladene hat dahingehend Stellung genommen, dass eine Kostenübernahme für ein spezielles Hörgerät durch die Rentenversicherung als Leistung zur Teilhabe nur dann möglich sei, wenn bei dem ausgeübten Beruf besondere Anforderungen an das Hörvermögen des Versicherten gestellt würden und somit ein solches Hörgerät für die Berufsausübung unabdingbar sei. Dies sei in der Regel nur dann der Fall, wenn das Berufsbild oder die für die Berufsausübung prägende Arbeitsplatzumgebung besondere Bedingungen an das Hörvermögen stelle. Der berufsspezifische Bedarf umfasse besondere Ansprüche an das Hörvermögen bei der Ausübung der Berufstätigkeit, die ausschließlich im Rahmen der Berufsausübung erforderlich seien, zB besonders genaues Unterscheiden von Klängen oder Tönen (zB Logopäden, Hörgeräteakustiker, Musiker, Toningenieure, Fluglotsen, Audio-Techniker). Ein berufsspezifischer Bedarf ergebe sich nicht durch normale persönliche oder telefonische Kommunikation am Arbeitsplatz. Dies stelle auch bei ungünstigen akustischen Bedingungen (zB Sitzungen, Telefonkonferenzen) keine besondere berufliche Anforderung an das Hörvermögen dar, weil sie auch im täglichen Leben bzw bei nahezu jeder Berufsausübung entstünden. Im vorliegenden Fall sei ein berufsbedingter Mehrbedarf nicht ersichtlich.
Der Kläger hat eine Aufstellung vom 20.08.2020 über die von ihm getesteten Hörgeräte vorgelegt, wonach er zuerst in der Zeit vom 19.02.2018 bis zum 24.04.2018 das von ihm gewählte Hörgerät und im Sommer 2018 zwei zuzahlungsfreie Hörsysteme getestet habe.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12.11.2020 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Mehrkosten für das begehrte Hörgerät Oticon Opn 1 und zwar weder auf krankenversicherungsrechtlicher noch auf rentenrechtlicher Grundlage.
Gegen den seinen Bevollmächtigten am 18.11.2020 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 18.12.2020 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt. Er hat sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Klageverfahren wiederholt und vertieft.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.11.2020 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 16.08.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.07.2019 zu verurteilen, ihn mit Hörgeräten der Markt Oticon Opn 1 Ex-Hörer mini 85 ohne Begrenzung auf den Festbetrag zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 07.12.2021 einen Erörterungstermin durchgeführt und den Kläger persönlich angehört. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 07.12.2021 Bezug genommen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>), hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG). Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildet der Bescheid vom 16.08.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.07.2019 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte dem Kläger für die beidseitige Versorgung mit Hörgeräten die Festbeträge iSd § 36 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bewilligt und eine darüberhinausgehende Versorgung abgelehnt hat. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs 1 und 4, 56 SGG) und begehrt die beidseitige Versorgung mit den Hörgeräten Oticon Opn 1 Ex-Hörer Mini 85 als Sachleistung entweder durch die beklagte Krankenkasse oder den beigeladenen Rentenversicherungsträger. Der Kläger hat die Hörgeräte sich bisher nicht selbst verschafft, sondern diese derzeit lediglich zur Ausprobung erhalten, wie er im Rahmen des Erörterungstermins vor dem Berichterstatter erläutert hat.
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die begehrten Hörgeräte nach den Vorschriften des SGB V noch einen Anspruch nach den für die Beigeladene geltenden Rechtsvorschriften. Es besteht materiell-rechtlich kein Anspruch auf Versorgung mit den vom Kläger ausgewählten Hörgeräten.
Rechtsgrundlage des krankenversicherungsrechtlichen Sachleistungsanspruchs, für den die beklagte Krankenkasse zuständig ist, ist § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte ua Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln wie Hörhilfen, die im Einzelfall erforderlich sind, um ua die hier allein in Betracht zu ziehende Behinderung nach § 33 Abs 1 Satz 1, 3. Alt SGB V und damit die beeinträchtigte Körperfunktion (hier: das eingeschränkte Hören) auszugleichen. Der Kläger ist aufgrund seiner beidseitigen Innenohrschwerhörigkeit auf eine Hörgeräteversorgung angewiesen. Dass er zum Ausgleich seiner Schwerhörigkeit einen Anspruch auf eine Versorgung mit Hörgeräten hat, die nach § 34 Abs 4 SGB V nicht aus der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, wird von der Beklagten auch nicht in Frage gestellt.
Ein Sachleistungsanspruch auf die hier begehrten Hörgeräte besteht jedoch nicht, weil der Kläger mit diesen Hörgeräten eine Hilfsmittelversorgung gewählt hat, die über das Maß des Notwendigen hinausgeht. Die Beklagte hat ihre (originäre, dh krankenversicherungsrechtliche) Leistungspflicht mit der Bewilligung des Festbetrages erfüllt (§ 12 Abs 2 SGB V). Beim Einsatz von Hilfsmitteln des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V ist nach deren Funktionalität und schwerpunktmäßiger Zielrichtung bzw Zwecksetzung zu differenzieren (vgl nur BSG 15.03.2018, B 3 KR 18/17 R, BSGE 125, 189 = SozR 4-2500 § 13 Nr 41, Rn 23 ff). Ein Hilfsmittel dient als Leistung zur medizinischen Rehabilitation dem „Ausgleich einer Behinderung“, wenn es seinem Zweck entsprechend die Auswirkungen der Behinderung beseitigt oder mindert und damit der Befriedigung eines Grundbedürfnisses dient. Für den Versorgungsumfang, insbesondere Qualität, Quantität und Diversität, kommt es entscheidend auf den Umfang der mit dem begehrten Hilfsmittel zu erreichenden Gebrauchsvorteile im Hinblick auf das zu befriedigende Grundbedürfnis an, ohne dass hierfür maßgeblich die Unterscheidung zwischen unmittelbarem und mittelbarem Behinderungsausgleich heranzuziehen wäre (BSG 07.05.2020, B 3 KR 7/19 R, juris Rn 27 mwN). Hörbehinderten Menschen ist im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen sind die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, SozR 4-2500 § 36 Nr 2, SozR 4-2500 § 33 Nr 28, Rn 19 ff und 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 19, Rn 31). Der Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V wird jedoch durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V begrenzt. Die Leistungen müssen danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürfen „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwändige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, SozR 4-2500 § 36 Nr 2, SozR 4-2500 § 33 Nr 28, Rn 19 ff und 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, SozR 4-3250 § 14 Nr 19, Rn 31).
Gemessen an diesen Maßstäben geht die Versorgung des Klägers mit den begehrten Hörgeräten über das Maß des Notwendigen hinaus.
Der Kläger leidet unter einer hochgradigen Innenohrschwerhörigkeit (WHO 3) beidseits und hat daher Anspruch auf Versorgung mit Hörgeräten. Dies wird von der Beklagte auch nicht bezweifelt. Allerdings reichen die vom Akustiker angebotenen Festbetragsgeräte aus, um den Hörverlust auszugleichen. Der Kläger erreichte mit den zuzahlungsfreien Hörgeräten Mezzo 4 Duo ausweislich des Anpass- und Abschlussberichts des Hörgeräte-Akustikers im Freifeld mit 65 dB Nutzschall ein Sprachverstehen von 45 % und im Freifeld mit 65 dB Nutzschall und 60 dB Störschall ein Sprachverstehen von 40 %. Für das von ihm ausgewählte Hörsystem Oticon Opn 1 Ex-Hörer Mini 85 ergab sich im Freifeld mit 65 dB Nutzschall ein Sprachverstehen von ebenfalls 45 % und im Freifeld mit 65 dB Nutzschall und 60 dB Störschall ein Sprachverstehen von 40 %. Das aufzahlungsfreie und das hochpreise Hörsystem haben also identische Ergebnisse im Sprachverstehen erbracht. Dies hat die Hörgeräteakustikerin ausdrücklich bestätigt. Selbst ein Unterschied von 5%-Punkten bei Störschall wird nicht als wesentlich eingestuft, denn im Freiburger Sprachtest hat ein Wort bei der Austestung eine Wertigkeit von 5%. Ein Unterschied von 5% bzw einem Wort kann jedoch auch von Zufälligkeiten und der jeweiligen Tagesform abhängen (zB LSG Baden-Württemberg 30.11.2021, L 11 R 3540/20; LSG Baden-Württemberg 02.02.2021, L 11 KR 2192/19, Rn 29, juris). Dabei hat der Senat keine Zweifel, dass der Freiburger Sprachtest ein geeignetes Mittel ist, um die Güte eines Hörsystems bewerten zu können (zB zuletzt LSG Baden-Württemberg 30.11.2021, L 11 R 3540/20; ferner LSG Baden-Württemberg 22.01.2020, L 5 KR 241/18, Rn 42, juris; vgl auch LSG Berlin-Brandenburg 13.07.2017, L 9 KR 60/17 B ER, Rn 8, juris). Der Freiburger Sprachtest ist nach § 21 Abs 2 ff Hilfsmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses ein normiertes Verfahren und ermöglicht einen objektiven Vergleich zwischen den getesteten Hörgeräten, und dies auch im Störschall (vgl § 21 Abs 3 sowie § 22 Abs 3 der Hilfsmittel-Richtlinie). Die Hilfsmittel-Richtlinie wurde mit Beschluss vom 24.11.2016 geändert, und es wurde eine Testung mit dem Freiburger Einsilbertest auch im Störgeräusch eingeführt. In den „Tragenden Gründen zum Beschluss“ (vgl https://www.g-ba.de/downloads/40-268-4059/2016-11-24_HilfsM-RL_Freiburger-Einsilbertest_TrG.pdf) wird ausgeführt, es handele sich bei dem Freiburger Einsilbertest um ein Testverfahren zur Überprüfung der Sprachverständlichkeit. Er stelle im deutschen Sprachraum die am häufigsten verwendete Hörprüfung mit Sprache dar. Da der Nachweis einer Gleichwertigkeit des Freiburger Einsilbertests im Störgeräusch mit den bisher beispielhaft aufgezählten Testverfahren nur anhand der vorhandenen Literatur nicht möglich gewesen sei, sei eine Expertenanhörung auf niedrigerer Evidenzstufe durchgeführt worden mit dem Ergebnis, dass der Freiburger Einsilbertest im Störgeräusch prinzipiell als geeignet angesehen werden könne (vgl Ziffer 2 Eckpunkte der Entscheidung, zu § 21 Abs 3 [neu]). Insofern mag es zwar verschiedene Verfahren auf dem Markt geben, um insbesondere im Störschall das Hörvermögen zu prüfen, doch folgt aus den zitierten „Tragenden Gründen“, dass bisher kein anderes Verfahren den Freiburger Sprachtest wegen besserer Qualität/Geeignetheit abgelöst hat. Vor diesem Hintergrund sieht auch der Senat keine Veranlassung, das Ergebnis des Freiburger Sprachtests im Falle des Klägers in Zweifel zu ziehen und noch weitere Ermittlungen durchzuführen. Entgegen dem Vortrag des Klägers ist das rein subjektive Hörverstehen nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Rein subjektive Schilderungen des Hörgeräteträgers sind durch die Krankenkassen und durch die Gerichte nicht überprüfbar und können deshalb nicht Grundlage für die Beurteilung sein, welches Hörgerät ausreicht, um die Behinderung auszugleichen (so auch LSG Mecklenburg-Vorpommern 19.08.2020, L 6 KR 36/16, Rn 48 ff, juris). Auch besteht die Gefahr, dass der subjektive Eindruck nicht unwesentlich durch Komfortausstattungen des teureren Gerätes beeinflusst wird, die nicht von der Krankenkasse zu tragen sind, aber subjektiv das Hörvermögen erleichtern (zB hier zB Impulsschall-Management LX, Spatial Sound LX, YouMatic LX, binaurale Signalverarbeitung, Auto Phono, 3D Lärmmanagement LX, 10 kHz Bandbreite, Windgeräusch-Management LX, Stereo Streaming, Oticon on App). Es liegt auf der Hand, dass etliche dieser Komfortfunktionen, vor allem solche, die einer automatischen Anpassung dienen und kein manuelles Eingreifen des Hörgeräteträgers erfordern, subjektiv das Hören wesentlich erleichtern. Einen Vorteil im Hinblick auf das zu befriedigende Grundbedürfnis Hören bieten diese Komfortausstattungen indes nicht. Gerade weil der Kläger schon frühzeitig mit höherpreisen Hörgeräten zu Demonstrationszwecken (vgl die vom Kläger eingereichte Übersicht vom 20.08.2020) versorgt wurde, war daher kaum zu erwarten, dass ein Hörsystem mit weniger Komfort als ernsthafte Alternative in Betracht gezogen wurde.
Aber auch die Voraussetzungen des §§ 9, 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), § 49 Abs 1, 3 Nr 7 SGB IX sind nicht erfüllt. Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt nach § 9 Abs 1 Satz 1 SGB VI ua Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um (1.) den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und (2.) dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Nach § 9 Abs 2 SGB VI können diese Leistungen erbracht werden, wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen dafür erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Dabei setzt ein Anspruch auf eine Hörgeräteversorgung gegen den Rentenversicherungsträger stets das Erfordernis besonderer beruflicher und/oder arbeitsplatzspezifischer Gebrauchsvorteile (BSG 30.10.2014, B 5 R 8/14 R, Rn 47, juris) und damit eine besondere berufliche Betroffenheit voraus (LSG Sachsen 25.06.2013, L 5 R 515/12, Rn 23, juris; vgl auch LSG Baden-Württemberg 13.12.2011, L 11 R 5774/09, Rn 21, juris). Vorliegend erfüllt der Kläger zwar die Voraussetzungen des § 10 Abs 1 Ziff 1 SGB VI, weil seine Erwerbsfähigkeit wegen seiner körperlichen Behinderung (Schwerhörigkeit) gemindert oder jedenfalls erheblich gefährdet ist. Es fehlt aber an der besonderen beruflichen Betroffenheit. Die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit kann auch durch ein Festbetragshörgerät abgewendet werden, das hier streitige Hörgerätesystem ist nicht notwendig und kann daher auch nicht beansprucht werden. Der Kläger ist im Rahmen seiner Beschäftigung zuständig für die Wartung, Reparatur und Neumontage von Automatiktüren. Er ist dabei überwiegend im Kundendienst tätig. Auch wenn diese Tätigkeit nach seinem Vortrag im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren in unterschiedlichen Umgebungsbedingungen (insbesondere Umgebungsgeräusche) stattfindet, ist für den Senat nicht ersichtlich, dass er hierbei auf eine besondere bzw spezielle Hörfähigkeit - wie etwa bei akustischen Kontroll- oder Überwachungsarbeiten oder beim feinsinnigen Unterscheiden zwischen bestimmten Tönen und Klängen wie beispielsweise bei der Tätigkeit eines Klavierstimmers - angewiesen wäre. Die Funktionsprüfung der montierten, reparierten und gewarteten Automatiktüren findet nicht akustisch statt, sondern eine akustische „Prüfung“ dient allenfalls der Lokalisierung offenkundiger Mängel. Telefonate, Mehrpersonengespräche und Verständigungen unter Störgeräuschen gehören nahezu zu jedem privaten und beruflichen Alltag. Ebenso prägen Verkehrssituationen mit den entsprechenden Geräuschen (Verkehrsgeräusche, Warnsignale etc) den Alltag, sodass die akustische Wahrnehmung eines Gabelstaplers sowie entsprechende Gefahrsignale nicht einen besonderen beruflichen Bedarf begründen. Störschall tritt auch in vielen Bereichen des täglichen Lebens, sei es im Straßenverkehr, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Einkaufs- und kulturellen Einrichtungen auf (LSG Baden-Württemberg 30.11.2021, L 11 KR 265/21; LSG Baden-Württemberg 30.11.2021, L 11 KR 3540/20; LSG Baden-Württemberg 22.01.2020, L 5 KR 241/18, Rn 47, juris; Sächsisches LSG 07.02.2012, L 5 R 286/11, Rn 23, juris). Schließlich hat der Kläger auch die beruflichen Gebrauchsvorteile des von ihm gewählten Hörsystems, das er über mehrere Monate getestet hat, mit subjektiven Eindrücken und aus dem Vergleich mit seinen vorangegangenen Hörgeräten begründet. Zunächst sind - wie im privaten Bereich - subjektive empfundene Gebrauchsvorteile nicht maßgeblich. Weiterhin beruhen diese aus einem Vergleich mit den vorangegangenen Hörgeräten, nicht jedoch mit den aufzahlungsfreien Hörgeräten, die der Kläger nach seiner Aufstellung lediglich ca eine Woche getestet hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da ein Grund hierfür (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) nicht vorliegt.