L 11 BA 2492/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 BA 649/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 BA 2492/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Eine Rechtsanwältin ist nicht versicherungspflichtig beschäftigt, wenn ihre Vergütung ausschließlich über eine Beteiligung am monatlichen Nettoumsatz der von ihr bearbeiteten Mandate erfolgt und sie vom Kanzleiinhaber nicht mit der Erstellung von Entwürfen oder gutachtlichen Stellungnahmen beauftragt wird.

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.07.2020 sowie der Bescheid der Beklagten vom 29.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2018 aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Rechtsanwältin in der Kanzlei des Klägers in der Zeit vom 01.01.2010 bis 31.03.2016 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Kosten des Rechtsstreits im Klage- und im Berufungsverfahren trägt die Beklagte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beigeladene ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin in der Kanzlei des Klägers in der Zeit vom 01.01.2010 bis zum 31.03.2016 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat und deshalb der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Der Kläger ist als Rechtsanwalt zugelassen. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Familienrecht und Mediator. Im streitigen Zeitraum betrieb er die „Anwalts- & Mediationskanzlei B“. Die Beigeladene war nach ihrer Zulassung als Rechtsanwältin im Jahre 2003 bis Februar 2005 als angestellte Rechtsanwältin in einer anderen Kanzlei tätig; bis Februar 2008 befand sie sich in Elternzeit. Im Oktober 2009 richtete die Beigeladene (auf ein entsprechendes Inserat des Klägers) an den Kläger eine „Bewerbung als freie Mitarbeiterin bei der Kanzlei B-S“. Schriftliche Vereinbarungen über die Tätigkeit der Beigeladenen in der Kanzlei des Klägers wurden nicht getroffen. Die Vergütung erfolgte ausschließlich über eine Beteiligung am Umsatz der von der Beigeladenen bearbeiteten Mandate; die Beigeladene rechnete 40 % ihres monatlichen Nettoumsatzes ab. Ob sie darüber hinaus - wie vom Kläger angegeben - Anspruch auf 50 % ab einem monatlichen Nettoumsatz von mehr als 6.000 € gehabt hätte, ist zwischen dem Kläger und der Beigeladenen streitig. Einen höheren Anteil am Honorarumsatz machte die Beigeladene jedenfalls zu keinem Zeitpunkt geltend. Gebühren und Auslagen für ihre anwaltliche Tätigkeit forderte die Beigeladene selbst von den Mandanten an. Die von ihr unterschriebenen Rechnungen an die Mandanten erfolgten unter dem Briefkopf der Kanzlei des Klägers. Darauf war die Beigeladene als Rechtsanwältin ohne Hinweis auf ein Anstellungsverhältnis aufgeführt; auf die in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen (anonymisierten) Schreiben der Beigeladenen (Bl 215/244) wird Bezug genommen. Die Mandanten zahlten die von ihnen geschuldeten Kosten auf das Kanzleikonto des Klägers ein. Für die Auszahlung des ihr zustehenden Honorars stellte die Beigeladene dem Kläger monatlich Honorarrechnungen; auf die in der Verwaltungsakte der Beklagten (Bl 62/214 sowie Bl 293/365) enthaltenen Rechnungen der Beigeladenen und die dazu gehörenden Buchungsvorgänge wird verwiesen. Der Kläger stellte der Beigeladenen in seiner Kanzlei ein eigenes Zimmer mit einer vom ihm gestellten Ausstattung, darunter ua auch Lizenzen für die Nutzung juristischer Datenbanken, zur Verfügung. Die Kosten der erforderlichen Berufshaftpflichtversicherung sowie die Kosten der beruflichen Fort- und Weiterbildungen trug die Beigeladene. Die Aktenführung erfolgte über das Sekretariat der Kanzlei (vgl ua Schreiben der Beigeladenen vom 30.06.2017, Bl 280 f der Verwaltungsakte der Beklagten).

Zum 31.03.2016 endete die Tätigkeit der Beigeladenen für den Kläger. Über die konkreten Einzelheiten der Trennung und über (möglicherweise) wechselseitig bestehende Ansprüche herrschte zwischen der Beigeladenen und dem Kläger Streit. Deswegen richtete der Kläger am 25.10.2016 an die Rechtsanwaltskammer F ein Vermittlungsersuchen, in dem sich der Kläger als Antragsteller und die Beigeladene als Antragsgegnerin gegenüberstanden (VM/66/2016) und das vom Kläger geltend gemachte offene Gehaltsforderungen sowie die Abwehr - aus seiner Sicht - unberechtigter Forderungen der Beigeladenen zum Gegenstand hatte. Die Beigeladene hatte sich im Dezember 2015 bei der Universität K für eine juristische Tätigkeit beworben. Da sie die verbindliche Zusage der Universität erst am 26.03.2016 erhielt, konnte sie nach eigenen Angaben „Herrn Rechtsanwalt B auch erst am nächsten Werktag, dem 29.03.2016 mitteilen […], dass ich aus wirtschaftlichen Gründen eine Nebenbeschäftigung im Umfang von 50 % als Volljuristin im Justiziariat der Universität K aufnehmen werde“ (Schreiben der Beigeladenen vom 09.01.2017 an die Rechtsanwaltskammer F). Sie habe, so die Beigeladene weiter, ihre Tätigkeit beim Kläger keineswegs beenden wollen, sondern insbesondere im Hinblick auf die Verbundenheit mit den Mandanten fortführen wollen. Da sie im April 2016 vorübergehend Vollzeit habe arbeiten müssen, habe sie in dieser Zeit vertreten werden und ab Mai ihrer Tätigkeit für den Kläger neben der Anstellung bei der Universität K wieder voll nachgehen wollen (Schreiben der Beigeladenen vom 09.01.2017 an die Rechtsanwaltskammer F). Demgegenüber zeigte sich der Kläger vollkommen überrascht („fiel aus allen Wolken“), als er am frühen Nachmittag des 29.03.2016 von der Beigeladenen erfahren habe, dass diese ihre Tätigkeit am 31.03.2016 einstellen werde. Er habe die Beigeladene gebeten, ihre Tätigkeit über den 31.03.2016 hinaus fortzuführen, da er sich nicht der Lage gesehen habe, auch noch das gesamte Referat der Beigeladenen - über 200 Akten - zusätzlich zu übernehmen. Dies habe die Beigeladene jedoch abgelehnt (Schreiben des Klägers vom 31.01.2017 an die Rechtsanwaltskammer F). Die Rechtsanwaltskammer F stellte ihre Vermittlungsbemühungen im Juli 2017 ein. In einem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 11.07.2017 (Bl 278 der Verwaltungsakte der Beklagten) führte die Rechtsanwaltskammer aus, die Beigeladene habe sich zu dem Vermittlungsvorschlag der Rechtsanwaltskammer vom 09.06.2017 trotz mehrmaliger Erinnerung nicht geäußert. Mangels jeglicher Mitwirkung der Beigeladenen werde keine sinnvolle Veranlassung gesehen, weitere Vermittlungsbemühungen zu unternehmen.

In einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Ulm (6 Ca 4/18) schlossen der Kläger und die Beigeladene den Vergleich vom 27.07.2018. Darin waren sich der Kläger und die Beigeladene einig, dass das zwischen ihnen bestehende Vertragsverhältnis mit Ablauf des 31.03.2016 geendet hat. Der Kläger verpflichtete sich, an die Beigeladene als Entschädigung eine Abfindung in Höhe von 11.000 € brutto zu zahlen. Das statusrechtliche Verfahren sollte durch diesen Vergleich nicht berührt werden.

Bereits am 17.05.2017 hatte die Beigeladene bei der Clearingstelle für sozialversicherungsrechtliche Statusfragen der Deutschen Rentenversicherung Bund (Beklagte) einen Antrag auf Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status in ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin für den Kläger gestellt. Auf dem Antragsformular der Beklagten gab sie ua an, sie habe für den Kläger eine Vollzeittätigkeit mit verantwortlicher vollumfänglicher Mandatsbearbeitung ausgeübt. Die Mandate seien ihr vom Kläger zugewiesen und ggf wieder entzogen worden. Sie habe zahlreiche detaillierte Weisungen zu Art und Weise der Mandatsbearbeitung und Abrechnung erhalten. Der Kläger habe durch jederzeitige Zugriffsmöglichkeiten auf sämtliche Schriftsätze und Daten über die obligatorisch zu nutzende Software die Kontrolle über ihre Tätigkeit gehabt. Eine Kontrolle sei auch durch das Sekretariat erfolgt. Auch ihr persönlicher Kalender sei vom Kläger kontrolliert worden. Ihre Anwesenheit während der Bürozeiten sei vorausgesetzt worden, auch sei sie zur Teilnahme an regelmäßigen Bürobesprechungen verpflichtet gewesen.

Der Kläger gab im Verwaltungsverfahren ua an, die Beigeladene sei von ihren Mandanten beauftragt und bevollmächtigt worden. Er habe ihr keine Aufträge erteilt. Sie habe also nicht für ihn Vorträge, Voten, Aktenspiegel oder Schriftsätze anfertigen müssen. In jedem einzelnen von ihr bearbeiteten Fall sei von den Mandanten nur ihr Vollmacht erteilt worden. Sie habe auch selbst entscheiden können, welche Mandate sie annehme und welche nicht. Zu Beginn ihrer Tätigkeit habe er zB der Beigeladenen angetragen, ein bislang von ihm bearbeitetes Mandat zu übernehmen, dies habe die Beigeladene jedoch abgelehnt, weil ihr der Mandant zu schwierig gewesen sei. Die Beigeladene sei in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit sowie des Tätigkeitsortes frei gewesen. Sie sei berechtigt gewesen, anderen Rechtsanwälten Untervollmacht zu erteilen und habe ihre Leistungen gegenüber den Mandanten abgerechnet (Schreiben des Klägers vom 13.07.2017, Bl 34 ff der Verwaltungsakte der Beklagten).

Die Beigeladene nahm hierzu mit Schreiben vom 30.06.2017 Stellung (Bl 280/288 der Verwaltungsakte der Beklagten) und führte ua aus, Abwesenheitszeiten während der üblichen Bürostunden habe sie dem Sekretariat mitteilen müssen, wo diese in dem dort geführten zentralen Fristenkalender in einer ihr zugeordneten Spalte mit der genauen Uhrzeit eingetragen worden seien. Abwesenheiten hätten zudem abgesprochen werden müssen, da immer mindestens ein Anwalt habe anwesend sein sollen. Einige Akten seien ihr vom Kläger mit der Weisung übergeben worden, die Akten vollumfänglich weiterzubearbeiten. Daneben habe das Sekretariat neu eingehende Mandate auf Weisung des Klägers verteilt. Dabei habe sie kein Mitspracherecht gehabt, welches Mandat sie habe übernehmen wollen. Ihre Anwesenheit sei auch gewünscht gewesen, um die kostenlosen telefonischen Beratungen für die Kunden einer Rechtsschutzversicherung zu leisten, mit der der Kläger eine Kooperationsvereinbarung gehabt habe. Sie habe für die Kanzlei auch Telefondienst leisten müssen. Beratungstermine seien ohne Rücksprache mit ihr vom Sekretariat für sie vereinbart worden.

Mit formal getrennten, aber inhaltlich identischen an den Kläger und die Beigeladene gerichteten Bescheiden vom 29.09.2017 führte die Beklagte aus, die Prüfung habe ergeben, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Rechtsanwältin in der Anwaltskanzlei des Klägers vom 01.10.2009 bis zum 31.03.2016 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe vom 01.01.2010 bis 31.03.2016 Versicherungsplicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht beginne am 01.01.2010. Vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 bestehe in dem Beschäftigungsverhältnis in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 05.10.2017 Widerspruch ein. Er ließ ua vortragen (Bl 382/416 der Verwaltungsakte der Beklagten), die Klägerin sei weiterhin als Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei in M bei der Rechtsanwaltskammer in F eingetragen. Die Ausführungen der Beigeladenen gegenüber der Beklagten seien in hohem Maße interessengerichtet. Es sei nicht richtig, dass auf Wunsch des Klägers kein schriftlicher Vertrag mit der Beigeladenen geschlossen worden sei. Der Kläger habe dies angeboten, die Beigeladene habe hierauf jedoch keinen Wert gelegt. Es sei mit der Beigeladenen vereinbart worden, dass diese ihren eigenen Mandantenstamm aufbaue und hieraus Erlöse erziele. Sie habe ihre Tätigkeit auch nicht in der Kanzlei ausüben müssen, sondern habe auch von zu Hause aus arbeiten können. Auch die juristischen Datenbanken habe sie von zu Hause aus nutzen können. Sie habe auch nicht dem Sekretariat ihre Abwesenheitszeiten mitteilen müssen, dies habe sie von sich aus getan, oft aber auch nicht, weshalb das Sekretariat oft nicht gewusst habe, was den Mandanten mitgeteilt werden solle. Es sei zwar hilfreich für neue Mandate gewesen, wenn ein Anwalt im Büro anwesend gewesen sei, doch habe eine Pflicht hierzu nicht bestanden. Eine Pflicht zur kostenlosen Erstberatung aufgrund der mit einer Rechtsschutzversicherung geschlossenen Kooperationsvereinbarung habe es nicht gegeben. Eine solche Beratung sei in jedem Fall pauschal vergütet worden. Die vorhandene Kanzleisoftware diene nicht der Kontrolle, sondern einer effizienten Arbeitsweise. Die Eintragungen im Fristenkalender habe die Beigeladene selbst vorgenommen. Der Beigeladenen seien auch keine Akten übergeben worden mit der Weisung, diese vollumfänglich zu bearbeiten. Da die Beigeladene bei einem Aktenbestand „null“ angefangen habe, habe ihr der Kläger angeboten, einige Akten weiterzubearbeiten. Die Bearbeitung sei jedoch nicht für den Kläger erfolgt, sondern für die Mandanten, denen die Beigeladene als nunmehr verantwortliche Anwältin vorgestellt worden sei. Das Sekretariat habe auch nicht auf Weisung des Klägers neu eingegangene Mandate verteilt, selbstverständlich habe die Beigeladene hierüber ein Mitspracherecht gehabt. Der Beigeladenen habe es freigestanden, Mandate anzunehmen oder nicht. Eine Verpflichtung, jedes Mandat anzunehmen, habe es nicht gegeben. Die Beigeladene habe auch Mandate ohne Vergütung betreut. Der Kläger habe erst nach dem Weggang der Beigeladenen erkannt, dass bestimmte Tätigkeiten bei ihr nichts gekostet hätten. Urlaub habe die Beigeladene genommen, wie sie gewollt habe. Bürobesprechungen seien für sie freiwillig gewesen. Der Kläger habe der Beigeladenen kein einziges Mal eine Weisung erteilt. Was die Zusammenarbeit der Beigeladenen mit dem Sekretariat betreffe, werde auf die schriftliche Stellungnahme der Mitarbeiterinnen R, R1 und K1 (Bl 417/430 der Verwaltungsakte der Beklagten) verwiesen.

Zu diesem Schreiben und den vorgelegten Stellungnahmen äußerte sich die Beigeladene mit Schreiben vom 10.11.2017 (Bl 433/436 der Verwaltungsakte der Beklagten). Sie bleibe bei ihren bisherigen Angaben und wolle nicht zu jedem Punkt der Widerspruchsbegründung Stellung nehmen. Vertragliche Beziehungen hätten nur zwischen Mandant und Kanzlei bestanden. Demzufolge hätten auch Vollstreckungstitel zB für vom Gericht festgesetzte Vergütungen immer auf die Kanzlei B gelautet. Sie habe während ihrer Tätigkeit für den Kläger keine eigene Kanzlei in M betrieben. Sie habe auch keinen eigenen Mandantenstamm gehabt und keine Akquise betrieben. Sämtliche Mandate seien ihr vom Kläger zugeteilt worden. Sie habe keine Mandate abgelehnt.

Die Widerspruchsstelle der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 16.03.2018 als unbegründet zurück. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung überwögen die Kriterien, die für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sprächen. Dabei seien besonders die Umstände der festen Vergütung, des fehlenden unternehmerischen Risikos und der Eingliederung in den Betrieb der Kanzlei mit Weisungsabhängigkeit entscheidend. Die Verantwortung für das Qualitätsmanagement liege beim Kläger als Auftraggeber. Die zugesicherten Abläufe gegenüber den Mandanten könnten nur erfüllt werden, wenn der Kläger diese Arbeitsabläufe durch eine einheitliche Büroinfrastruktur und Bürohandlungsanweisungen verantwortlich steuere und die Umsetzung beaufsichtige, was denknotwendig Weisungen gegenüber der Auftragnehmerin voraussetze. Die Beigeladene habe auch inhaltlichen und fachlichen Weisungen unterlegen, wie sie allenfalls bei einer angestellten Assessorin und Rechtsanwältin denkbar seien. Ein nennenswerter Kapitaleinsatz der Beigeladenen, der auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt werde, habe nicht vorgelegen. Räume, Arbeitsmittel und Personal hätte der Beigeladenen unentgeltlich zur Verfügung gestanden. Die Beigeladene habe folglich kein nennenswertes unternehmerisches Risiko getragen.

Am 19.03.2018 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er und die Beigeladene haben ihr Vorbringen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Die Beklagte hat auf ihre Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid verwiesen.

Das SG hat den Sachverhalt mit dem Kläger und der Beigeladenen am 19.05.2020 in nichtöffentlicher Sitzung erörtert. Die Beigeladene hat ua angegeben, sie habe im Prinzip durchgängig von 08:30 Uhr und 09:00 Uhr bis ungefähr 16:45 Uhr in der Kanzlei des Klägers gearbeitet. Insoweit sei sie von einer Vollzeitstelle ausgegangen. Eine Absprache bezüglich der zeitlichen Regelung habe es insoweit nicht gegeben. Habe sie einmal die Kanzlei früher als die genannten Zeiten verlassen müssen oder habe sie dies auch aus sonstigen Gründen getan, so habe sie diese frühere Abwesenheit in einen entsprechenden Kalender selbst eingetragen oder durch das Sekretariat eintragen lassen, da sie ansonsten immer habe erreichbar sein wollen. Auf den Hinweis des Klägers, die Beigeladene habe selbständig darüber entscheiden können, wann sie komme und wann sie gehe, hat die Beigeladene erwidert, dass zwar im Aufnahmegespräch über keine konkrete Arbeitszeit gesprochen worden sei, jedoch habe die Kanzlei des Klägers über feste Bürozeiten verfügt, in denen eine Erreichbarkeit habe gewährleistet werden sollen. Man habe ihr gesagt, dass sie, sollte sie nicht im Büro anwesend sein, sich entsprechend in einen Kalender einzutragen habe.

Mit Urteil vom 27.07.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes könne sowohl in Form einer selbständigen Tätigkeit als auch im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werden. Soweit der Kläger vortrage, für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen spreche, dass diese bei der Ausübung ihrer Tätigkeit keinen Weisungen (seinerseits) - in örtlicher oder fachlicher Hinsicht - unterlegen gewesen sei, so führe dies nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Dies vor dem Hintergrund, dass das Merkmal der Weisungsgebundenheit bei der Tätigkeit eines Rechtsanwaltes im Hinblick auf die vorzunehmende Gewichtung der Umstände des Einzelfalles relativiert werden müsse. Beim Berufsbild eines Rechtsanwaltes handele es sich um eine Tätigkeit höherer Art. Diese Eigenart der anwaltlichen Berufstätigkeit als Dienstleistung höherer Art, der Status des Rechtsanwaltes als Organ der Rechtspflege und der weitgehend durch Sachzwänge (Gerichtstermine, mit den Mandanten abzusprechende Beratungstermine, Umfang der Praxis) bestimmte zeitliche und örtliche Arbeitsablauf vermindere die Trennschärfe des Merkmals der äußeren Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Dauer des Arbeitseinsatzes. Auch messe das Gericht dem Vortrag des Klägers, die Beigeladene habe ihre Akten an jedem beliebigen Ort bearbeiten können, für die hier vorzunehmende sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nur eine untergeordnete Rolle bei. Dies vor dem Hintergrund, dass es auch abhängig beschäftigten Rechtsanwälten möglich sei, ihre Mandatsarbeit außerhalb der Kanzleiräume des Arbeitgebers auszuführen.

Ein (allenfalls geringes) unternehmerisches Risiko sei kein ins Gewicht fallendes Indiz (für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung), wenn es sich bei der zu beurteilenden Tätigkeit um reine Dienstleistungen handele, die im Wesentlichen Know-how sowie Arbeitszeit und Arbeitsaufwand voraussetze. Insoweit sei dem Kläger noch zuzugeben, dass die Tätigkeit des Rechtsanwaltes sich als betriebsmittelarm dergestalt darstelle, dass zunächst der Rechtsanwalt mit seinem (Fach-)Wissen das „Hauptarbeitsmittel" sei. Daneben dürfte zur ordnungsgemäßen Durchführung der Anwaltstätigkeit das Vorhandensein eines Computers sowie eines Telefons (zur erforderlichen Erreichbarkeit) geboten sein. Da Computer und Telefon allerdings heutzutage in den meisten Privathaushalten auch abhängiger Beschäftigter ebenfalls anzutreffen seien - mithin (auch) einer privaten Nutzung zugänglich seien - könne von der Beschaffung und Instandhaltung dieser Gerätschaften kein nennenswertes Unternehmerrisiko ausgehen. Und selbst diesbezüglich sei das Vorhandensein eines unternehmerischen Risikos bei der Beigeladenen fraglich. Dies vor dem Hintergrund, dass sie innerhalb der Kanzleiräume des Klägers ein Büro samt Ausstattung inklusive Zugang zur Fachliteratur und juristischen Datenbanken gestellt bekommen habe. Ein Unternehmerrisiko diesbezüglich wäre nach Auffassung des Gerichts dann anzunehmen gewesen, wenn die Klägerin für die Nutzung dieser Infrastruktur regelmäßig einen festen Betrag (im Monat) hätte einsetzen müssen, der für die Zurverfügungstellung dieser Infrastruktur zunächst beim Kläger angefallen ist. Stattdessen sei der „Ausgleich" für die Zurverfügungstellung der vorbeschriebenen Infrastruktur über eine prozentuale Größe bezogen auf das durch die Beigeladene in einem Monat erwirtschaftete Honorar erfolgt, was in seiner Höhe für keinen der Beteiligten im Vorfeld abzusehen gewesen sei. Mit dieser Konstruktion verlagere sich allerdings das Ausfallrisiko für die Infrastruktur auf den Kläger und sei gerade nicht bei der Beigeladenen verblieben. Dies vor dem Hintergrund, dass in einem Monat, in dem die Beigeladene keine Honorare erwirtschaftet hätte, sie dementsprechend auch keinen prozentualen Anteil hieran an den Kläger als Kanzleiinhaber hätte abgeben können, um damit die Kosten der von ihm zur Verfügung gestellten Infrastruktur zu decken. Das Gericht habe keinen Zweifel daran, dass auch in einem Monat ohne Honorareinnahmen der Beigeladenen diese Zurverfügungstellung an sich finanzielle Mittel des Klägers erforderlich gemacht hätte, die er in einem solchen Monat nicht zurückerhalten hätte (also das Ausfallrisiko somit bei ihm gelegen habe). Diesem hätte man damit begegnen können, in dem man - unabhängig von der prozentualen Abgabe der monatlichen Honorareinnahmen der Beigeladenen - einen festen Betrag hierfür vereinbart hätte, der durch die Beigeladene gleichfalls unabhängig vom erwirtschafteten Honorar zu zahlen gewesen wäre. Dann wäre das Ausfallrisiko für die Inanspruchnahme der Infrastruktur bei der Beigeladenen verblieben. Derartige Absprachen seien jedoch vorliegend weder ersichtlich, noch seien sie von den Beteiligten substantiiert vorgetragen worden. Das Gericht verkenne nicht, dass die Ausgestaltung der Vergütung der Beigeladenen - ausschließlich basierend auf einem prozentualen Anteil an dem von ihr in einem Monat erwirtschafteten Honorar - untypisch für einen abhängigen Beschäftigten sei und so ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit darstelle. Dies insoweit, als dass die eigene Arbeitskraft mit der Chance auf Gewinn aber auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt worden sei. Der Erfolg des Einsatzes der sachlichen und/oder persönlichen Mittel sei dementsprechend ungewiss gewesen.

Der Umstand, dass die Beigeladene dem Kläger Rechnungen gestellt habe, stehe der Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Insoweit betreffe die Rechnungsstellung allein einen formalen Aspekt der Abrechnung und sei für die Statusfeststellung - im Sinne einer selbständigen Tätigkeit - nicht konstitutiv. Für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung in diesem Kontext spreche allerdings die Abrechnungsmodalität. So habe die Beigeladene ihr Honorar nicht direkt über die Abrechnung gegenüber der Mandantschaft (beziehungsweise deren prozessualer Gegenpartei, soweit diese zur Zahlung verpflichtet gewesen sei) generiert, sondern habe das ihr hieraus zustehende Honorar zunächst auf das Kanzleikonto des Klägers überweisen lassen. Die finale Abrechnung ihres ausgehandelten prozentualen Anteils am monatlich erwirtschafteten Honorar sei - arbeitnehmertypisch - nicht bei der Mandantschaft, sondern beim Kläger als permanent zuständigen Rechnungsadressat (unabhängig von der Mandantschaft, von der originär die Honorare zunächst bezahlt worden seien) erfolgt. Insoweit enthielten die Rechnungen auch Briefköpfe der gesamten Kanzlei - und gerade nicht der Beigeladenen solitär - wodurch die Beigeladene auch diese Infrastruktur genutzt habe (respektive habe nutzen müssen), um später gegenüber dem Kläger ihre Honorarforderungen abrechnen zu können. Möge diese Konstruktion - so wie der Kläger vortrage - aus Praktikabilitätsgründen gewählt worden sein, um so auch zum Beispiel Fremdgelder an Gerichte oder Gegenparteien einheitlich und zeiteffizienter verteilen und auszahlen zu können; mit der Annahme einer selbständigen Tätigkeit sei dieses Modell so nicht zur Gänze kompatibel. Allein der Faktor der Praktikabilität vermöge die Qualifizierung dieses Merkmals für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht im Sinne eines Merkmals für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit umzuqualifizieren.

Im Lichte der vorstehenden Ausführungen messe das Gericht - nach Prüfung und Gewichtung einer etwaigen Weisungsgebundenheit und eines möglichen Unternehmerrisikos - der Frage nach der Eingliederung der Beigeladenen in die Arbeitsorganisation des Klägers und dessen Kanzlei entscheidendes Gewicht bei. In Auswertung der vorliegenden Unterlagen und vor allem den Einlassungen der beiden Vertragsparteien im Rahmen des Erörterungstermins am 19.05.2020 gehe das Gericht von einer statusbegründenden relevanten Eingliederung der Beigeladenen in die Arbeitsabläufe der klägerischen Kanzlei aus. Zunächst spreche der Umstand, dass die Beigeladene an Bürobesprechungen des Klägers teilgenommen habe, für die Annahme einer Eingliederung in seinen Arbeits- und Organisationsablauf. Dies vor dem Hintergrund, dass an diesen Bürobesprechungen ebenfalls die durch den Kläger festangestellten Sekretariatsmitarbeiterinnen teilgenommen hätten. Hierbei komme der Frage, in welchem Umfang die Beigeladene tatsächlich hieran teilgenommen habe und ob sie daran habe teilnehmen müssen oder ihre Teilnahme auf freiwilliger Basis stattgefunden habe, nur eine untergeordnete Rolle zu. Insoweit bestehe zwischen den Vertragsparteien jedenfalls soweit Übereinstimmung, dass die Beigeladene jederzeit an den Bürobesprechungen habe teilnehmen dürfen und es - in einem gewissen Umfang - auch getan habe. Bereits durch die Option, an entsprechenden Bürobesprechungen teilnehmen zu dürfen, manifestiere sich die Eingliederung der Beigeladenen in die Arbeits- und Betriebsorganisation in der Kanzlei des Klägers. Entsprechend wäre selbst dann, wenn die Beigeladene nicht (regelmäßig) an den Bürobesprechungen teilgenommen hätte, der Umstand, dass sie hieran jederzeit hat teilnehmen dürfen, bereits als Indiz für eine statusrelevante Eingliederung der Beigeladenen. Insofern sei es dem Kläger verwehrt, seinen Vortrag, dass es keine Verpflichtung der Beigeladenen gegeben habe, an Bürobesprechungen teilzunehmen, als Indiz für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen im streitgegenständlichen Zeitraum zu werten.

Weitergehend spreche für die Annahme einer Eingliederung der Beigeladenen in den Arbeits- und Organisationsablauf der Kanzlei des Klägers der Umstand, dass praktisch die Beigeladene das für die Bearbeitung von Akten (in Papier- und elektronischer Form) in der Kanzlei allgemein angewendete System benutzt habe. Auch hier verfange die Argumentation des Klägers nicht, soweit er - wie bereits in Bezug auf die Teilnahme an Bürobesprechungen - darauf abzustellen versuche, dass es der Beigeladenen freigestanden habe, dieses System zu verwenden. Wie bereits einleitend ausgeführt komme der praktischen Ausführung der Vorrang gegenüber vereinbarten (Vertrags-)Regelungen zu. Unabhängig davon, ob es zur Frage der Aktenführung durch die Beigeladene eine explizite (mündliche) Absprache gegeben habe, sei zu konstatieren, dass faktisch eine einheitliche Aktenführung auch durch die Beigeladene betrieben worden sei. Dass dies aus Praktikabilitätsgründen - insbesondere im Hinblick auf die (Zu-)Arbeit durch die seitens des Klägers festangestellten Sekretariatsmitarbeiterinnen - sachdienlich erscheine, werde durch das erkennende Gericht nicht in Frage gestellt. Es zeige jedoch erneut den dahinterstehenden Aspekt der Eingliederung der Klägerin in die Arbeits- und Organisationsabläufe des Klägers innerhalb seiner Kanzlei. Hierfür sei eine entsprechende (vertragliche) Vorgabe nicht zwingend geboten. Die Eingliederung könne sich - wie vorliegend - auch ohne vertragliche Zwänge aus Praktikabilitätserwägungen begründen, wenn Arbeitsabläufe so ausgerichtet würden, dass (mitunter) auch andere Personen (hier vor allem die festangestellten Sekretariatsmitarbeiterinnen des Klägers) aufgrund einer einheitlichen Aktenführung in ihrer eigenen Arbeit eine Erleichterung erführen, sodass hierdurch für die gesamte Kanzlei Synergieeffekte erzielt werden könnten, die als Eingliederungsmerkmal zu werten seien.

Ergänzend in Kontext des Zusammenwirkens zwischen Beigeladener und den festangestellten Sekretariatsmitarbeiterinnen des Klägers spreche weitergehend für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses der Beigeladenen der Umstand, dass sie den festangestellten Sekretariatsmitarbeiterinnen (arbeitsrechtliche) Weisungen habe erteilen können, so unter anderem für Diktate oder Fristsachen. Die Rechtsmacht, festangestellten Personen Weisungen zu erteilen, ergebe sich aus der Natur der Sache grundsätzlich im Rahmen einer (betrieblichen) Organisation. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger die Sekretariatsmitarbeiterinnen eingestellt habe, das Vertragsverhältnis mithin zu ihm - und nicht zur Beigeladenen - bestehe. Es sei untypisch für Selbständige, arbeitsrechtliche Weisungen gegenüber Personen aussprechen zu dürfen, die nicht mit einem selbst in einem (abhängigen) Vertragsverhältnis stünden. Dabei sei das Weisungsrecht der Beigeladenen nicht nur projektbezogen auf die (von ihr) zu erbringende Dienst- beziehungsweise Werkleistung begrenzt gewesen. Es sei (auch) personenbezogen sowie ablauf- und verfahrensorientiert. Die Beigeladene habe sich mithin zur Erfüllung/Erreichung ihrer Aufgaben nicht eigenen Personals bedient, was charakteristisch für einen Selbständigen gewesen wäre, sondern habe sich auch hier die Infrastruktur der Kanzlei des Klägers zunutze gemacht. Das Gericht gehe davon aus, dass zur ordnungsgemäßen Bearbeitungen ihrer Mandate die Beigeladene maßgeblich auf die Zusammenarbeit mit den festangestellten Sekretariatsmitarbeiterinnen angewiesen gewesen sei. Das „Hand-in-Hand"-Arbeiten mit festangestellten Mitarbeitern sei ebenfalls als Merkmal eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zu werten. Dabei könne im Lichte der vorstehenden Ausführungen offenbleiben, ob durch den prozentualen Anteil, den der Kläger vom monatlich durch die Beigeladene erwirtschafteten Honorars als Ausgleich der „Bürokosten" gewollt habe, auch (und gerade) tatsächlich der Lohn der Sekretariatsmitarbeiterrinnen abgedeckt worden sei. Dadurch, dass - wie zuvor beschrieben - letztendlich das Ausfallrisiko beim Kläger gelegen hat, könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Sekretariatsmitarbeiterrinnen (faktisch auch) um weisungsbefugtes Personal der Beigeladenen gehandelt habe. Soweit der Kläger vortrage, die Beigeladene sei auf dem Briefbogen als selbständig haftende Rechtsanwältin ausgewiesen gewesen (so vorgetragen im Schriftsatz vom 04.05.2020; Blatt 255 der Gerichtsakte, Punkt 7. „Briefbogen"), so vermöge das Gericht dem nicht zu folgen. Aus dem Briefkopf der Kanzlei des Klägers (siehe hierzu exemplarisch das Schreiben an die Staatsanwaltschaft K vom 22.06.2015 [Blatt 92 ff der Gerichtsakte] sowie die Rechnung vom 04.09.2013 [Blatt 72 f der Gerichtsakte] lasse sich eine entsprechende Deklarierung nicht entnehmen.

Die Annahme einer selbständigen Tätigkeit könnte insoweit nur noch aus der Berufsstellung des Anwalts selbst heraus begründet werden. Diese Argumentation würde jedoch verkennen, dass die Tätigkeit eines Rechtsanwalts - wie zuvor bereits festgestellt - sowohl in Form einer selbständigen Tätigkeit als auch im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werden könne. Für diese statusrechtliche Abgrenzung sei es folglich nicht von Belang, ob die betroffenen (Vertrags-)Parteien ihr Rechtsverhältnis als „Angestelltenverhältnis" oder „freie Mitarbeit bzw selbständiger Anwalt" auch nach außen deutlich erkennbar machten. Vielmehr entscheide allein die Abwägung aller Umstände des Einzelfalles über die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung. Diese sei einer Disposition der Beteiligten etwaig durch Deklarierung als „Angestelltenverhältnis" (im Sinne einer abhängigen Beschäftigung) respektive „freies Mitarbeiterverhältnis" oder auch ohne weitergehende Bezeichnung (im Sinne einer selbständigen Tätigkeit) nicht zugänglich. Entsprechend ergebe sich keine Änderung des rechtlichen Ergebnisses dadurch, dass der Kläger - nach eigener Angabe - damals nach einem Anwalt/ einer Anwältin „in freier Mitarbeit" gesucht habe.

Überdies sei vorliegend zu konstatieren, dass die Beigeladene keine eigene Mandantenakquise betrieben habe. Selbst nach den Ausführungen des Klägers im Rahmen des Erörterungstermins habe sich die Beigeladene ihre Mandate nicht selbst ausgesucht. Vielmehr sei es so gewesen, dass neue Mandanten zentral in der Kanzlei des Klägers angerufen hätten. Die Verteilung der Mandate auf die in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälte - insbesondere im Verhältnis zur Beigeladenen - sei danach nicht durch eine eigene (Akquise-)Tätigkeit der Beigeladenen erfolgt, sondern habe maßgeblich davon abgehangen, ob die seitens des Klägers festangestellten Sekretariatsmitarbeiterinnen der Beigeladenen einen Fall zugewiesen hätten. Etwaige Möglichkeiten, bereits bei diesem Vergabevorgang maßgeblichen Einfluss zu nehmen, der als Ausfluss einer selbständigen Tätigkeit hätte gewertet werden können, seien selbst seitens des Klägers nicht vorgetragen worden. Dabei bedürfe es in diesem Kontext keiner vertieften Auseinandersetzung mit der Frage, ob es der Beigeladenen im Nachgang zum vorbeschriebenen Vergabeverfahren eröffnet gewesen sei, ihr zugewiesene Mandate abzulehnen. Allein die Möglichkeit, Mandate abzulehnen, sei dem Berufsbild eines Rechtsanwaltes als solchem immanent und führe allein nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit.

Abschließend zum Punkt der (statusrelevanten) Eingliederung der Beigeladenen in die Arbeits- und Organisationsstruktur der klägerischen Kanzlei sei festzuhalten, dass hierfür auch der Umstand spreche, dass ein Kalender geführt worden sei, in dem die Abwesenheiten der Beigeladenen erfasst worden seien. In diesem Kontext sei noch zu konstatieren, dass im Falle der (urlaubsbedingten) Abwesenheit der Beigeladenen selbst nach dem Vortrag des Klägers im Rahmen des Erörterungstermins die Fristen durch das Sekretariat überwacht worden seien. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beigeladene im Falle ihrer (urlaubsbedingten) Abwesenheit gezielt um eine Vertretung habe kümmern müssen, seien weder substantiiert vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr sei es selbst nach Vortrag des Klägers im Erörterungstermin so gewesen, dass im abwesenheitsbedingten Bedarfsfall das Sekretariat auf einen gerade verfügbaren Anwalt in der Kanzlei zugegangen sei. Damit werde wiederholt deutlich, dass die Beigeladene die ihr gebotene Infrastruktur (in sachlicher und personeller Hinsicht) in Anspruch genommen habe und damit letztendlich Bestandteil der Arbeits- und Organisationsabläufe innerhalb der Kanzlei des Klägers geworden sei.

Soweit der Kläger seinen Vortrag noch dahingehend verstanden wissen möchte, dass die Beigeladene habe Urlaub nehmen können, wann sie gewollt habe, mithin nicht - wie ein Angestellter - Urlaub zunächst habe beantragen müssen, so führe dies im Ergebnis zu keiner abweichenden Entscheidung. Das Vorenthalten (wie auch die fehlende Inanspruchnahme) von gesetzlichen Arbeitnehmerrechten - wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaub - mache einen Arbeitnehmer nicht zu einem selbständig erwerbstätigen Unternehmer. Insoweit ergäben sich die Rechtsfolgen einer Beschäftigung aus dem Gesetz und seien nicht abdingbar.

Vor dem Hintergrund der vorstehenden rechtlichen Erwägungen sei eine weitergehende Auseinandersetzung mit den noch streitig gebliebenen Fragen, ob die Beigeladene verpflichtet gewesen sei, Erstberatungen für A-Mandanten zu übernehmen und ob die Beigeladene darüber hinaus auch „Telefondienst" beziehungsweise „Türdienst" habe übernehmen müssen, nach Dafürhalten des Gerichts nicht mehr geboten. Dies vor dem Hintergrund, dass selbst bei Unterstellung, die Beigeladene habe in dieser Hinsicht keine Verpflichtungen gehabt, der Gesamteindruck einer abhängigen Beschäftigung unter besonderer Würdigung und Gewichtung der belegten Eingliederung der Beigeladenen in den Arbeits- und Organisationsablauf der klägerischen Kanzlei dadurch nicht mehr nachhaltig verändert werden könne. Die fehlende Verpflichtung zur Übernahme der vorstehenden Dienste wäre dann höchstens als statusneutral zu bewerten. Die fehlende Verpflichtung im vorstehenden Sinn begründe jedoch - entgegen der Auffassung des Klägers - kein Indiz für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen.

Am 08.08.2020 hat der Kläger gegen das Urteil des SG Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und diese mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 06.01.2021 ausführlich begründet. Er verfolge in der zweiten Instanz weiter das Klageziel, welches er in der ersten Instanz verfolgt habe. Das die Klage abweisende Urteil des SG sei unrichtig. Tatsächlich sei die Beigeladene als selbständige Rechtsanwältin tätig gewesen.

Der Stand der Begründungssuche nach Ergebnissen in der Unterscheidung abhängige Beschäftigung einerseits und Selbständigkeit andererseits habe einen Zustand erreicht, der nicht mehr tragbar erscheine. Das gelte schon generell; das gelte aber erst recht für die Berufsausübung im freien Beruf. Die Begründungen orientierten sich an § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Bekanntermaßen drücke sich der Gesetzgeber aber vor einer Entscheidung und überlasse die Überprüfung dem Einzelfall. Das sei zwar in einem dynamischen Wirtschaftsgeschehen sicher verständlich; der Rechtsprechung sei es bisher aber nicht gelungen, hier zu einer klaren Linie zu gelangen. Das vorliegend angefochtene Urteil sei ein deutliches Beispiel dafür. Die übliche Prüfung bediene sich des immer gleichbleibenden Musters. Es würden Kriterien aufgeführt, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen; danach folge eine Aufzählung der Kriterien für eine Selbständigkeit. Am Ende stehe eine „Gesamtschau“. Sie sei willkürlich. Weder erfolge eine arithmetische Zusammenrechnung der Kriterien beider Seiten, noch erfolge eine Bewertung des Gewichts des einen oder anderen Arguments. Stattdessen werde am Ende ein Ergebnis statuiert, welches sich einer logischen Nachprüfung entziehe und letztlich als gerichtlicher Ukas empfunden werden müsse. Es sei üblich geworden, diese Gesamtschau damit zu untermauern, dass von dem Vorliegen oder Fehlen einer „Eingliederung“ gesprochen werde. Damit werde nur die nichtssagende Vorgabe des § 7 SGB IV durch eine neue Leerformel ersetzt. Denn auch dieses Schlagwort entbehre jeglicher Präzision. Eine Tätigkeit ohne Eingliederung in irgendeinen Zusammenhang sei gar nicht möglich; sie möge allenfalls einem Einsiedler vorbehalten bleiben. Jedwede Tätigkeit müsse auf Vorgaben und Belange von mit anderen Betroffenen Rücksicht nehmen. Es helfe auch nichts, nach der Eingliederung in den Betrieb eines Anderen zu fragen. Jede Tätigkeit, die nicht ausschließlich dem eigenen Belang diene, werde für und mit anderen ausgeübt. Deswegen werde in Wahrheit gar nicht nach der Eingliederung gefragt, sondern nur nach dem Grad und der Intensität derselben. Und hier werde dann das oben beschriebene Verfahren wieder neu angewandt, das Für und Wider diskutiert und an das Ende eine Gesamtschau gesetzt. Letztlich drehe sich die Argumentation im Kreis. Das erstinstanzliche Urteil habe mit ihr viele Seiten befüllt. Dieses Verfahren werde noch dadurch ins Unklare geführt, als Einzelkriterien positiv wie negativ einmal auf der einen, das andere Mal auf der anderen Seite aufgeführt werden könnten. Ob zB nach Stunden bezahlt oder ein pauschales Entgelt gewährt werde, könne je nach Belieben für die eine oder andere Position eingesetzt werden.

Sinn der Versicherungspflicht in der abhängigen Beschäftigung sei gewesen und sei der Schutz der Betroffenen. Sie sollten zu ihrem Vorteil dazu gezwungen werden, Beiträge in das Versicherungssystem der Grundversorgung zu bezahlen, um im Falle des Alters, der Invalidität und für Hinterbliebene abgesichert zu sein. Dieses Argument entfalle aber für einen Personenkreis, der genau demselben Schutz bereits unterliege, wie das in der gesetzlichen Rentenversicherung der Fall ist. Dazu gehöre nicht, was zum Beispiel in der zweiten Säule durch betriebliche Altersversorgung oder gar privat, zum Beispiel durch Lebensversicherung, in der dritten Säule vorhanden sei. Dazu gehörten aber die beiden anderen in der ersten Säule angesiedelten Versorgungssysteme, nämlich die Beamtenversorgung einerseits und die Versorgung in den berufsständischen Versorgungseinrichtungen andererseits. Der Standard dieser Versorgungswerke sei in § 6 SGB VI ausdrücklich festgeschrieben worden. Im vorliegenden Fall sei dieses Argument des sozialen Schutzes also obsolet: Die Beigeladene sei als Rechtsanwältin Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg. Also bedürfe es nicht des Mittels, ihr durch die Zuerkennung eines abhängigen Beschäftigungsstatus den entsprechenden Schutz angedeihen zu lassen. Denn sie sei dort genauso geschützt wie bei der Beklagten. Der Kläger könne nicht bereit sein, an der so beschriebenen Ergebnislotterie teilzunehmen, die in der Konsequenz nur dazu führe, dass er an die Beklagte verlorene Beiträge bezahle.

Seien schon zur allgemeinen Methodik schwerwiegende Bedenken angebracht, so habe das erstinstanzliche Gericht daher konkret die Wahrung der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht nicht beachtet. Wer nach einer „Gesamtschau“ urteilen wolle, werde alle in Betracht kommenden Aspekte genau prüfen müssen. Denn es münde in einen unzulässigen Zirkelschluss, wenn zwar jede Einzelheit als eher unwichtig angesehen, aus zahllosen Einzelheiten aber ein Gesamtbild gemalt werde. Das Gewicht der einzelnen Aspekte einerseits und des gesamthaften Bildes andererseits werde erst beurteilt werden können, wenn alle Erkenntnismöglichkeiten genutzt und zur Erzielung eines Ergebnisses herangezogen worden sind. Das sei ersichtlich nicht geschehen. Denn das erstinstanzliche Urteil führe zwar zahlreiche Gesichtspunkte an. Sie seien aber nur aus den vorgelegten Schreiben und Schriftsätzen entnommen. Damit ergebe sich möglicherweise ein Gesamtbild in der im vorliegenden Rechtsstreit angesammelten Texte. Darüber zu urteilen sei aber nicht Aufgabe des Gerichts gewesen. Es hätte ein Gesamtbild der praktizierten Wirklichkeit ermittelt werden müssen, nicht jedoch ein solches des Akteninhalts.

Der Kläger habe zu jeder der zahlreichen Einzelheiten der praktizierten Wirklichkeit Beweis durch Zeugnis von Personen angeboten, die diese Wirklichkeit selbst erlebt hätten. Zudem habe er Beweis durch Vorlage von schriftlichen Erklärungen sowie etlichen weiteren Unterlagen angeboten. Das Gericht sei diesen Beweisangeboten aber nicht nachgekommen. Das allerdings müsse als schwerer Verfahrensfehler beanstandet werden. Es nütze dem Gerichtsverfahren wenig, wenn das Gericht eine Zusammenstellung des Sachvertrags der Prozessparteien dazu nütze, ein virtuelles „Ergebnis“ zu präsentieren. Wie der wirkliche Sachverhalt gewesen sei, sei damit in keiner Weise zutage gefördert worden. Diese Verfahrensweise sei vor allem dann zu beanstanden, wenn - wie hier - erhebliche Interessengegensätze zwischen den Beteiligten zu bedenken sind: Natürlich werde der Kläger nicht gern doppelte Beitragsleistungen vornehmen müssen. Das wäre aber die Folge, wenn es bei dem angefochtenen Urteil bleibe. Denn die Beigeladene - dann ungerechtfertigt bereichert – werde ihm § 28g SGB IV entgegenhalten wollen. Die Beklagte sei als Umlagesystem dringend auf Beiträge angewiesen. Da die Beigeladene ihren Versicherungsverlauf im Versorgungswerk aufbaue, würden diese Beiträge - wenn überhaupt - nicht zu nennenswerten Leistungsansprüchen der Beigeladenen gegenüber der Beklagten führen. Da die Beklagte als Beitragsgläubigerin selbst über den Beschäftigtenstatus entscheide, sei ihre Entscheidung von vornherein interessengeleitet und nicht -  wie sonst in der öffentlichen Verwaltung -  objektiv fundiert. Die Beigeladene habe ein dringendes Interesse daran, dass der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit unterliege. Es sei deswegen nicht sachgerecht, einen Rechtsstreit der vorliegenden Art zu entscheiden, ohne zum Sachverhalt Grund zu machen. Die notwendige Beweisaufnahme werde deswegen nachzuholen sein.

Lediglich beispielhaft werde deswegen nachfolgend auf folgende Einzelkomplexe Bezug genommen:

Die Beigeladene habe ihr eigenes unternehmerisches Risiko getragen: Es habe kein monatliches Festeinkommen gegeben. Die Beigeladene habe durch ihre Tätigkeit und die Art der Ausführung ihr Einkommen selbst bestimmt. Hierauf habe der Kläger keinerlei Einfluss gehabt. Damit habe die Beigeladene selbständig entscheiden können, ob und inwieweit sie einem Mandanten finanziell entgegenkommt. Auch habe die Beigeladene jederzeit die Gefahr getragen, dass Mandanten nicht zahlten oder dass Mandanten sie nicht mehr empfahlen. Diese Umstände habe die Beigeladene durch ihr Verhalten völlig selbständig beeinflusst. Sie habe die Höhe ihres Honorars bestimmt, welches sich gegenüber dem Kläger auch nicht etwa nach Stunden gerichtet habe, sondern der aufgezeigte Anteil von 40% bzw 50% ihrer erzielten Umsätze beinhaltet habe. Mit dem auf den Kläger entfallenen Teil seien die Kosten des Sekretariats, Räumlichkeiten, Büromaterial etc abgedeckt worden. Insbesondere habe ein Wagnis bestanden, das über dasjenige hinausgeht, kein Entgelt zu erzielen: Die Beigeladene sei persönlich haftbar für die Entscheidungen gewesen, die sie in jedem einzelnen Mandat getroffen habe, sowie für jede einzelne Frist, die sie verabsäumt habe. Möge hierfür die von ihr abgeschlossene Haftpflichtversicherung zur Seite stehen, habe zwischen den Parteien eine Freistellungsvereinbarung dergestalt bestanden, dass, sollte es zum Haftungsfall kommen, letztlich die Beigeladene die von ihr verursachten Kosten einer Inanspruchnahme zahle. Daher gehe der Vortrag der Beigeladenen zur Haftungsfreistellung im Innenverhältnis an der Wahrheit vorbei, die Beklagte könne sich auf anders lautenden Vortrag nicht stützen. Möge auch ein Honorarausfall sich nicht nur bei der Beigeladenen, sondern auch beim Kläger ausgewirkt haben, habe es zum einen nie völligen Honorarausfall gegeben, zum anderen habe die Beigeladene keine gesonderten Kosten verursacht. Wenn die Beigeladene somit Umsatz erzielt habe, sei das für den Kläger, dessen Umsätze aufgrund seines persönlichen Engagements deutlich höher gelegen hätten, eine nette Kostenbeteiligung gewesen. Ernsthaft benötigte der Kläger die mangels persönlichen Einsatzes geringen Umsätze der Beigeladenen jedoch nicht. In jedem Fall habe die Beigeladene bei geringen Umsätzen auch nur ein geringes Einkommen gehabt. Damit habe sie die Hauptlast des Umsatzrisikos getragen, woraus ihr unternehmerisches Risiko resultiere.

Es habe insbesondere kein Weisungsrecht - weder in zeitlicher, örtlicher oder fachlicher Hinsicht - vorgelegen und sei auch nicht ausgeübt worden. Die Beigeladene habe die Tätigkeit von jedem Ort dieser Erde ausüben können, sie habe über die Gestaltung des Mandats, die Honorargestaltung, die Entscheidung darüber, ob gerichtlich oder nur außergerichtlich vorgegangen werde und insbesondere, welches gerichtliche Verfahren durchgeführt werde, vollständig selbst entschieden. Aufträge habe sie auch nicht vom Kläger erhalten, sondern direkt von den Mandanten, die die Beigeladene direkt bevollmächtigt hätten. Anderslautende Angaben seien unzutreffend. Im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Güteverhandlung vom 06.02.2018 habe die dortige Vorsitzende gefragt, ob es Weisungen des Klägers gegenüber der Beigeladenen gegeben habe, wonach diese bestimmte Ergebnisse in einer gerichtlichen Verhandlung oder einem sonstigen Verfahren hätte erzielen sollen, wie beispielsweise einen Vergleich nicht unter einem Betrag von 5.000 € abzuschließen oder Ähnliches. Die Beigeladene habe auf diese Frage geantwortet, dass es solche Weisungen nie gegeben habe. Die Beigeladene habe damit selbst entschieden, in welcher Weise die Mandanten betreut würden. Sie habe ohne jegliche Rücksprache mit dem Kläger entschieden, ob oder mit welchen Anträgen sie Klage erhebt, ob sie Vergleiche abschließt, ob sie Ansprüche verjähren lässt oder für die Mandanten auf solche verzichtet. Wenn das Gericht erster Instanz noch nicht einmal positiv festgestellt habe, ob die Beigeladene eine Pflicht zur Teilnahme an Bürobesprechungen gehabt habe, dann selbst davon ausgehe, dass diese Frage nur von untergeordneter Bedeutung sei, stelle sich die Frage, warum es dieses Kriterium überhaupt nutze?

Der Beigeladenen habe es jederzeit freigestanden, Mandate anzunehmen oder abzulehnen. Auch habe die Beigeladene Untervollmachten erteilt; sie habe somit jederzeit eigenständig und eigenmächtig Dritte mit der Wahrnehmung von Gerichtsterminen etc beauftragen können. Die Beigeladene habe jederzeit von zu Hause arbeiten können und dort über einen PC sowie über einen PKW verfügt. Es gebe in der Kanzlei keine geregelten Geschäftszeiten für die Anwälte, es gebe lediglich Zeiten der Anwesenheit für das Sekretariat. So habe die Beigeladene selbst entschieden, wann sie zugegen gewesen sei und wann nicht.

Habe die Beigeladene vollumfänglich über Arbeitszeit und -ort, die Lage etwaiger Anwesenheitszeiten oder Abwesenheiten entscheiden können, habe keinerlei Eingliederung vorgelegen. Das im Büro verwendete Anwaltsprogramm sei letztlich eine Ablage, die Nutzung sei nicht Voraussetzung. Die Software sei nicht für die Bearbeitung der Mandate maßgeblich oder erforderlich. Die Beigeladene habe damit selbständig entscheiden können, wie sie ihre Schriftsätze kreiere. Sie habe entscheiden können, ob sie selbst schreibe oder diktiere. Hierbei habe es ihr auch freigestanden, wie sie dies mache. Auch habe keine Pflicht zur telefonischen Erreichbarkeit im Büro bestanden. Die Ausführungen des Gerichts erster Instanz zu dem Termins- und Fristenkalender seien lebensfremd. Möge sich die Beigeladene wohl an einigen Tagen selbst gestrichen haben - wobei sich die Frage stelle, warum dies in einem Fristenkalender sein müsse -, sei es auch bei einer sozietär geführten Kanzlei Usus, dass die Sozien ihre jeweilige Abwesenheit zur Vereinfachung der Abläufe mitteilten. Dies führe sicherlich nicht zu irgendeiner Eingliederung.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.07.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2018 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Rechtsanwältin in der Kanzlei des Klägers in der Zeit vom 01.01.2010 bis 31.03.2016 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte beantragt

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 27.07.2020 zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Vor dem 10. Senat, bei dem das Berufungsverfahren zunächst anhängig war, ist am 19.07.2021 ein Erörterungstermin durchgeführt worden. In diesem Termin hat die Beigeladene ua erklärt, die Vollmachten, die sie verwendet habe, seien ihr so vorgegeben und von mir übernommen worden. Sie habe auf deren Gestaltung keinen Einfluss gehabt. Zu Einzelheiten über die Mandate könne sie nicht vortragen, denn die Unterlagen seien weiterhin in der Kanzlei B. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten in diesem Termin wird auf den Inhalt des hierüber gefertigten Protokolls (Bl 94 ff der Senatsakte) verweisen. Zu diesem Protokoll hat die Beigeladene mit Schreiben vom 31.08.2021 Stellung genommen und ausgeführt, die Behauptung des Klägers, er habe sie im März 2016 förmlich „bekniet", dass sie die Mandate weiterführe, und sie habe dies abgelehnt, sei falsch und stehe auch im Gegensatz zu früheren Aussagen des Klägers. Gegenüber der Rechtsanwaltskammer habe der Kläger damals nämlich Folgendes behauptet: „Eine anwaltliche Mitarbeiterin habe seine Kanzlei mit einer Frist von 2 Tagen für eine Kündigung verlassen, um eine Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber aufzunehmen, der ihr keine Freistellung für die Erledigung der durch sie bearbeiteten Mandate erteile". Er habe sie dabei gegenüber der Rechtsanwaltskammer nicht als selbständige freiberufliche Rechtsanwältin beschrieben, die ihre eigenen Mandate eigenverantwortlich geführt habe, sondern als seine anwaltliche Mitarbeiterin. Dieser Umstand spreche für ihre Eingliederung in die Anwaltskanzlei B. Für ihre Eingliederung in die Kanzlei des Klägers spreche auch, dass dieser die kurze Frist ihres Wegganges als vertragswidrig empfunden habe. Im Falle einer echten freien Mitarbeit wäre nur für den Fall, dass die Vergütung in Monaten bemessen sei, eine Kündigung bis zum 15. eines Monats zum Monatsende gemäß § 621 Nr 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) üblich gewesen, bei einer andern Vergütungsweise als in Monaten gäbe es gar keine Kündigunsfrist. Hinzu kämen dann noch Urlaubsansprüche, die auch einem freien Mitarbeiter zustünden. Mit dem Weggang eines echten freien Mitarbeiters habe daher sofort oder binnen weniger Tage gerechnet werden müssen. Wäre der Kläger in ihrem Fall von echter freier Mitarbeit ausgegangen, so hätte er mit dem kurzfristigen Weggang einer freien Mitarbeiterin gerechnet und sich hierüber nicht bei der Anwaltskammer beschwert. Nur dann, wenn auch der Kläger selbst von einem Arbeitsverhältnis bzw Scheinselbständigkeit ausgegangen sei und ausgehe, seien die Klagen des Klägers und seine eindrücklich geschilderte Überraschung bzw Enttäuschung und Überforderung angesichts ihres kurzfristigen Wegganges nachvollziehbar. Der Kläger verhalte sich widersprüchlich, wenn er einerseits die Rechte eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses in Anspruch nehmen wolle, wie vertragliche Bindung des Mitarbeiters an arbeitsvertragliche Kündigungspflichten, aber eigene Pflichten als Arbeitgeber negiere. Die Behauptung, die Universität habe ihr die anwaltliche Tätigkeit untersagt, sei im Übrigen falsch. Diese unwahre Behauptung habe der Kläger dann noch ein zweites Mal im November 2016 gegenüber der Anwaltskammer wiederholt, nachdem die Kammer nach dem ersten Mal nicht wie vom Kläger gewünscht tätig geworden sei. Hintergrund dieser unwahren Einlassung des Klägers sei vermutlich gewesen, zu erreichen, dass die Kammer einen Entzug ihrer anwaltlichen Zulassung in die Wege leite. Die Anwaltskammer habe erkannt, dass die Behauptung des Klägers falsch sei, und habe von einem Entzug der Anwaltszulassung abgesehen. Die Frage, wer Vertragspartner der Mandanten wurde, sei nicht allein anhand der Vollmachten zu beurteilen, entscheidend seien auch die Gestaltung des Briefkopfes und des Kanzleischildes. Nach außen sei der Kläger als Inhaber einer Anwaltskanzlei mit mehreren Anwälten aufgetreten. Vertragspartner der Mandanten seien stets die Anwaltskanzlei B sowie sämtliche dort tätigen Anwälte geworden. Dies habe auch für von ihr bearbeitete Mandate gegolten. Der Kläger habe durch seine Gestaltung des Kanzleibriefkopfes, in welchem die Namensnennung sämtlicher Anwälte ohne Einschränkungen erfolgt sei sowie durch das Kanzleischild, auf welchem ebenfalls sämtliche Anwälte aufgeführt gewesen seien, für Außenstehende bzw Mandanten den Eindruck einer umfassenden Sozietät erweckt. Ein solcher Anschein ergebe sich regelmäßig bereits aus dem Briefkopf einer Kanzlei, wenn dort die Namensnennung - auch angestellter Anwälte - ohne jeden Zusatz erfolge. Denn für einen Außenstehenden müsse so der Eindruck entstehen, dass es sich bei allen im Briefkopf aufgeführten Rechtsanwälten um Mitglieder der Sozietät Anwaltskanzlei B handele, so die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), in BGH NJW 2001, 156/166, NJW 1986, 1490/1491, NJW 1991, 1225, NJW 1994, 257/258 und NJW 1999, 3040. Vertragspartner der Mandanten sei die Anwaltskanzlei B als Scheinsozietät. Auch nach ihrem Ausscheiden hätte es daher keinesfalls einer Vollmacht ihrerseits für den Kläger bedurft, um Mandate fortzuführen, der Kläger sei von Beginn an einbezogen und stets Vertragspartner der Mandanten in sämtlichen von ihr bearbeiteten Mandaten geworden. Auch die Gestaltung des Briefkopfes und des Kanzleischildes, über deren Gestaltung allein der Kläger entschieden habe, seien Indizien ihrer Eingliederung in die Anwaltskanzlei B.

Durch Beschluss des Präsidiums des LSG Baden-Württemberg ist das Verfahren zum 01.01.2022 an den 11. Senat abgegeben worden.

Mit Verfügung vom 11.03.2022 hat der Senatsvorsitzende die Beteiligten darauf hingewiesen, von welchen Sachverhalt der Senat derzeit ausgeht. Hierzu hat sich zunächst der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 11.03.2022 geäußert; hierauf wird verwiesen. Mit Schreiben vom 28.07.2022 (Bl 181/184 der Senatsakte) hat auch die Beigeladene zu der Verfügung des Gerichts Stellung genommen und erläutert, welche Vorgaben ihr gemacht worden seien. Der Kläger habe ihr gegenüber klar und deutlich kommuniziert, dass während der Bürostunden stets ihre Erreichbarkeit für die Mandanten gewährleistet sein müsse und daher ihre Anwesenheit zu den üblichen Bürozeiten erwartet werde. Sie habe ihre Anwesenheit zu den üblichen Bürozeiten als verbindliche Anweisung und ausdrückliche Anordnung verstanden und dementsprechend neben allen beruflichen Terminen auch alle notwendigen privaten Abwesenheiten wegen Arztterminen etc dem Vorzimmer mitgeteilt und in den Bürokalender eintragen lassen. Der Kläger habe ihr zu keinem Zeitpunkt mehr als einen Anteil von 40 % ausbezahlt. Es habe keinerlei schriftliche Abmachungen gegeben. Hierauf hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 01.08.2022 erwidert (Bl 185 f der Senatsakte). Er hat ua daran festgehalten, dass die Beigeladene ab einem Nettoumsatz von monatlich mehr als 6.000 € einen Anspruch auf 50% gehabt habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs 1 Satz 1 SGG, denn die Klage betrifft weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 29.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2018 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen festgestellt hat, dass für die Tätigkeit der Beigeladenen als Rechtsanwältin in der Anwaltskanzlei des Klägers in der Zeit vom 01.01.2010 bis zum 31.03.2016 Versicherungsplicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Zulässige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs 1, 55 Abs 1 Nr 1, 56 SGG). Da von der Beklagten ausdrücklich verfügt wurde, dass die festgestellte Versicherungspflicht am 01.01.2010 beginnt, wäre die Zeit davor nicht zulässiger Streitgegenstand einer Feststellungsklage. Gegenstand einer Statusfeststellung nach § 7a SGB IV ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) allein das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Versicherungspflicht. Das Vorliegen einer Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV ist, neben der Entgeltlichkeit, lediglich eine von mehreren Voraussetzungen für die Versicherungspflicht und damit nur ein Element der mit unmittelbaren Rechtsfolgen verbundenen Feststellung von Versicherungspflicht. Demzufolge sind weder die Deutsche Rentenversicherung Bund als "Clearingstelle" noch die Gerichte befugt, im Rahmen von § 7a SGB IV isoliert das Vorliegen von Beschäftigung festzustellen. Zwar räumt auch das BSG ein, dass für ein zulässiges Begehren auf Feststellung von Beschäftigung ein Bedürfnis besteht, dem aber erst durch die ab 01.04.2022 geltende Neuregelung des § 7a SGB IV Rechnung getragen wurde (BSG 27.04.2021, B 12 KR 27/19 R, Rn 12, juris). Ob für die Zeit vom. 01.10.2009 bis 31.12.2009 in dem (von der Beklagten angenommenen) Beschäftigungsverhältnis in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit bestand, bedarf daher keiner Entscheidung.

Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beigeladene unterlag in ihrer Tätigkeit für den Kläger nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV in der bis zum 31.03.2022 geltenden Fassung können die Beteiligten schriftlich (und seit dem 05.04.2017 auch elektronisch) eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten (Clearingstelle) beantragen, ob Versicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hat im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Inhaltlich entscheidet die Clearingstelle gemäß § 7a Abs 2 SGB IV aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Das Verwaltungsverfahren ist in den Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. Die Bekanntgabe der Statusfeststellung gegenüber den Beteiligten erfolgt seitens der Beklagten durch einen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung.

Im streitigen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB V>), der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs 1 Satz 1 und 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB XI>), der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch <SGB III>). Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden.

Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen (stRspr; vgl zum Ganzen BSG 4.6.2019, B 12 R 11/18 R, BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, RdNr 14 f mwN). Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie zB vereinbaren, eine selbständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person - als selbständig oder beschäftigt - allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (BSG 19.10.2021, B 12 R 10/20 R, Rn 21 - 22 juris).

Diese gesetzlichen Regelungen und die vom BSG in ständiger Rechtsprechung festgehaltenen Grundsätze, von denen auch der Senat in ständiger Rechtsprechung ausgeht, gelten auch für die hier vorzunehmende Beurteilung, ob die Tätigkeit einer Rechtsanwältin in der Kanzlei eines anderen Rechtsanwalts als abhängige Beschäftigung oder als selbständige Tätigkeit (im Rahmen einer sog freien Mitarbeiter) zu werten ist.

Da schriftliche Vereinbarungen nicht bestehen, ist von dem auszugehen, was zwischen dem Kläger und der Beigeladenen mündlich vereinbart wurde, soweit dies rückwirkend nach fast 12 Jahren überhaupt noch mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag des Klägers und der Beigeladenen sollte die Beigeladene nicht als angestellte Anwältin tätig werden, sondern als freie Mitarbeiterin. Diesem erkennbaren Willen der Beteiligten kommt jedoch - wie bereits dargelegt - keine oder allenfalls eine sehr untergeordnete Bedeutung zu, da die Versicherungspflicht in den Systemen der sozialen Sicherheit weder vertraglich vereinbart noch ausgeschlossen werden kann. Übereinstimmend haben der Kläger und die Beigeladene ferner angegeben, dass damals für die Beigeladene keine festen Arbeitszeiten vereinbart wurden. Im Erörterungstermin vor dem SG am 19.05.2020 hat die Beigeladene auf den Hinweis des Klägers, die Beigeladene habe selbständig darüber entscheiden können, wann sie komme und wann sie gehe, erwidert, dass zwar im Aufnahmegespräch über keine konkrete Arbeitszeit gesprochen worden sei. Jedoch habe die Kanzlei des Klägers über feste Bürozeiten verfügt, in denen eine Erreichbarkeit habe gewährleistet werden sollen. Man habe ihr gesagt, dass sie, sollte sie nicht im Büro anwesend sein, sich entsprechend in einen Kalender einzutragen habe. Ausgehend von diesen Angaben der Beigeladenen lässt sich eine vertragliche Vereinbarung über bestimmte tägliche oder wöchentliche Arbeitszeiten nicht feststellen. Die vom Kläger ausgesprochene Bitte, Abwesenheitszeiten in einem Kalender festzuhalten, ist noch keine verbindliche Regelung über eine konkrete Arbeitszeit. Für die vertragliche Vereinbarung einer festen (zB wöchentlichen) Arbeitszeit gab es im Übrigen auch gar keinen Grund, da die Vergütung der Beigeladenen hiervon nicht abhing. Mündlich vereinbart wurde ferner, dass die Vergütung ausschließlich über eine Beteiligung am Umsatz der von der Beigeladenen bearbeiteten Mandate erfolgt; die Beigeladene sollte (mindestens) 40 % ihres monatlichen Nettoumsatzes erhalten. Dies wurde während des gesamten hier streitbefangenen Zeitraums auch so praktiziert. Die Beigeladene erhielt vereinbarungsgemäß also weder einen festen Stundenlohn noch ein festes Monatsgehalt.

Damit bleibt als Zwischenergebnis festzuhalten, dass keine einzige der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu Beginn der Tätigkeit der Beigeladenen mündlich vereinbarten Regelung für eine abhängige Beschäftigung spricht. Die Auffassung des SG, wonach der Umstand, dass die Beigeladene Urlaub nehmen konnte, wann sie wollte, mithin nicht - wie ein Angestellter - Urlaub zunächst beantragen musste, als „Vorenthalten“ gesetzlicher Arbeitnehmerrechte zu werten sei, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Es handelt sich dabei vielmehr um ein Privileg, das im Allgemeinen nur dem Kanzleiinhaber bzw den Partnern einer Anwaltssozietät zusteht, ganz sicher aber nicht einer angestellten Anwältin. Dass die Beigeladene auf Bitten des Klägers auf Urlaub verzichtet hat, hat sie selbst nicht behauptet.

Sprechen - wie im vorliegenden Fall - die (noch zuverlässig feststellbaren) vertraglichen Vereinbarungen nicht für eine abhängige Beschäftigung, kann sich eine solche dennoch aus den tatsächlichen Umständen ergeben. Die Subsumtion des konkret feststellbaren Sachverhalts unter den (unbestimmten) Rechtsbegriff der Beschäftigung iSd § 7 SGB IV beschränkt sich nicht auf die Bewertung der vertraglichen Vereinbarungen, sondern muss sämtliche Umstände, unter denen eine Tätigkeit verrichtet wird, berücksichtigen. Den sich aus den tatsächlichen Verhältnissen ergebenden Schlussfolgerungen kommt im Zweifel Vorrang vor einer Bewertung (nur) der vertraglichen Vereinbarungen zu. Auch die tatsächlichen Umstände, unter denen die Beigeladene ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin in der Kanzlei des Klägers ausübte, erlauben jedoch nur den Schluss auf das Vorliegen einer nicht versicherungspflichtigen, selbständigen Tätigkeit.

Bei der Bearbeitung der von der Beigeladenen übernommenen Mandate bestand kein Weisungsrecht des Klägers, ein solches Weisungsrecht wurde vom Kläger auch nicht wahrgenommen. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob und inwiefern eine solches Weisungsrecht mit dem anwaltlichen Berufsrecht vereinbar wäre. Die Beigeladene war nicht verpflichtet, dem Kläger zuzuarbeiten, sie musste für ihn keine Entwürfe oder Gutachten fertigen. Der Senat geht auch nicht von einer für die Beigeladenen verbindlichen Zuteilung der Verfahren an die Beigeladene durch das Sekretariat der Anwaltskanzlei aus. Für die Wahrnehmung eines anwaltlichen Mandats bedarf es einer Vollmachtserteilung durch die Mandanten, und die notwendige Vollmacht wurde ausschließlich der Beigeladenen und nicht auch dem Kläger erteilt. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers, denen die Beigeladene nicht widersprochen hat. In dem Erörterungstermin vor dem 10. Senat am 19.07.2021 hat die Beigeladene hierzu lediglich erklärt, die Vollmachten, die sie verwendet habe, seien ihr so vorgegeben und von ihr übernommen worden. Sie habe auf deren Gestaltung keinen Einfluss gehabt.

Die Beigeladene war auch nicht in einer ihre Tätigkeit prägenden Weise in den Betriebsablauf der Kanzlei des Klägers eingegliedert. Die in § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten (sog Diensten höherer Art) kann das Weisungsrecht aufs Stärkste eingeschränkt sein. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit der Arbeitnehmerin verfeinert sich in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" (BSG 04.06.2019, B 12 R 11/18 R, BSGE 128, 191 = SozR 4-2400 § 7 Nr 42, Rn 29 mwN). Dabei kann jedoch nicht jede Anpassung an eine vorgefundene Organisation als eine die Tätigkeit prägende Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation gewertet werden (vgl bereits BSG 14.05.1981, 12 RK 11/80, BB 1981, 1581 zu den „Sachgegebenheiten“ einer anwaltlichen Tätigkeit in einer Kanzlei). Eine solche fremdbestimmte Eingliederung hat das BSG zB angenommen, wenn bei einer arbeitsteiligen Zusammenarbeit mit dem Personal des Auftraggebers dessen Organisationstrukturen sowie dessen personelle und sächliche Betriebsmittel unentgeltlich genutzt werden (BSG 19.10.2021, B 12 R 10/20 R, Rn 28-31 zum Notarzt im Rettungsdienst). Eine solche arbeitsteilige Zusammenarbeit, die einer Tätigkeit ihr Gepräge geben kann, liegt nicht allein deshalb vor, weil die Beigeladene für die Bearbeitung ihrer Mandate auch das Sekretariat der Anwaltskanzlei eingesetzt hat. Die Tätigkeit einer Rechtsanwältin erhält ihr Gepräge nicht dadurch, dass sie eine bestimmte Software verwendet, ihre Diktate durch das Sekretariat schreiben lässt und Termine durch das Sekretariat der Kanzlei vereinbaren oder in Kalender eintragen lässt. Auch Richter sind zwar auf eine funktionierende Geschäftsstelle bzw Serviceeinheit und eine funktionierende Software angewiesen, ihre Tätigkeit wird dadurch jedoch (hoffentlich!) nicht maßgeblich geprägt. Nichts anderes kann für die Tätigkeit einer Rechtsanwältin gelten. Im Übrigen hat die Beigeladene die Büroorganisation des Klägers auch nicht unentgeltlich genutzt, sondern hierfür bezahlt, indem sie 60 vH des von ihr erzielten monatlichen Nettoumsatzes dem Kläger überlassen hat. Die Auffassung des SG, bereits durch die Option, an Bürobesprechungen in der Kanzlei teilnehmen zu dürfen, manifestiere sich die Eingliederung der Beigeladenen in die Arbeits- und Betriebsorganisation in der Kanzlei des Klägers, teilt der Senat nicht.

Bei der Prüfung, ob eine Rechtsanwältin abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, kommt nach Auffassung des Senats angesichts der berufsrechtlichen Vorgaben für die Tätigkeit einer Rechtsanwältin der Art der Vergütung iR der vorzunehmenden Gesamtabwägung eine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl zur Bedeutung einer Vergütung nur in Form einer Umsatzbeteiligung Urteil des Senats vom 13.12.2016, L 11 R 391/15, juris Rn 49 sowie Urteil vom 25.01.2022, L 11 BA 1015/20, Rn 37, juris). Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang davon ausgeht, dass die Beigeladene kein unternehmerisches Risiko zu tragen hatte, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Festangestellte Rechtsanwälte haben im Gegensatz zu freien Mitarbeitern bereits dann einen Anspruch auf Vergütung, wenn sie arbeitsbereit sind, dh sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort (innerhalb oder außerhalb des Betriebs) bereithalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen. Die Arbeitsbereitschaft eines Arbeitnehmers ist vergütungspflichtige Arbeit. Denn dazu zählt nicht nur jede Tätigkeit, die als solche der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient, sondern auch eine vom Arbeitgeber veranlasste Untätigkeit, während derer der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz oder an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle anwesend sein muss und nicht frei über die Nutzung des Zeitraums bestimmen kann, er also weder eine Pause noch Freizeit hat (BAG 19.11.2014, 5 AZR 1101/12, BAGE 150, 82 Rn 16). Der Umstand, dass die Beigeladene nicht schon für eine bloße Arbeitsbereitschaft, sondern nur dann einen Anspruch auf eine Vergütung hatte, wenn sie durch die Bearbeitung von Mandaten einen Honorarumsatz erzielte, ist nicht nur für eine abhängige Beschäftigung untypisch. Dies begründet auch ein gewisses unternehmerisches Risiko. So trug die Beigeladene das Risiko, die Kosten für ihre Berufshaftpflichtversicherung auch dann tragen zu müssen, wenn sie keinen Umsatz erzielt. Auch bestand die Gefahr, dass sie viel Arbeitszeit für wenig lukrative Mandate aufwenden muss, außerdem trug sie das Risiko einer mangelnden Zahlungsbereitschaft der Mandanten, wenn sie auf Vorschusszahlungen verzichtet. Soweit bei reinen Dienstleistungen wie sie hier zu beurteilen sind für die Annahme von Selbständigkeit überhaupt ein unternehmerisches Risiko verlangt wird, wäre ein solches Risiko auch in diesem Fall zwar nur dann ein Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (BSG 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, BSGE 120, 99-113). Genau dies war hier aber in geradezu klassischer Weise der Fall: Der Beigeladenen stand es frei, so viele Mandate zu bearbeiten wie sie wollte. Die mit dem Kläger vereinbarte Vergütungsregelung war sogar darauf angelegt, die Beigeladene zur Erreichung eines möglichst großen Umsatzes anzuhalten. Je höher der Umsatz der Beigeladenen war, desto höher war auch der dem Kläger zustehend Betrag. Dass die Beigeladene aus eigenem Entschluss auf eine Mandantenakquise verzichtete, kann nicht dem Kläger angelastet werden. Die Beigeladene stellte zudem die von ihren Mandanten geschuldete Vergütung diesen selbst in Rechnung, konnte als zumindest in gewissen Umfang darüber befinden, ob sie alle erbrachten Leistungen von den Mandanten tatsächlich einforderte. Soweit der Kläger die Abrechnungspraxis der Beigeladenen kritisiert haben sollte, vermag dies eine prägende Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Klägers nicht zu begründen. Mit kritischen Anmerkungen durch Kollegen müssen auch Partner einer Kanzlei rechnen, wenn sie keine oder zu geringe Vorschusszahlungen verlangen oder angefallene Honorare nicht abrechnen.

Die Auffassung der Beigeladenen, der Kläger habe durch seine Gestaltung des Kanzleibriefkopfes, in welchem die Namensnennung sämtlicher Anwälte ohne Einschränkungen erfolgt sei sowie durch das Kanzleischild, auf welchem ebenfalls sämtliche Anwälte aufgeführt gewesen seien, für Außenstehende bzw Mandanten den Eindruck einer umfassenden Sozietät erweckt, trifft zu. Die Beigeladene hat ihre Tätigkeit im Rechtsverkehr (Außenverhältnis) als gleichberechtigtes Mitglied (Sozia) der Anwaltssozietät des Klägers wahrgenommen. Bei der Erteilung eines Anwaltsmandats handelt es sich in der Regel um ein sog unternehmensbezogenes Geschäft. Demnach kommt zwar ein Anwaltsvertrag, zumal wenn er in einer Kanzlei geschlossen wurde, grundsätzlich nur mit demjenigen Berufsträger zustande, der die Stellung des Kanzleiinhabers nach außen hin einnimmt (OLG Bamberg Hinweisbeschluss vom 13.2.2012, 4 U 205/11, BeckRS 2013, 5452). Der Mandatsvertrag kommt jedoch nach Rechtsscheingrundsätzen mit allen Sozien und Scheinsozien zustande. Selbst der angestellte Anwalt, der nach außen wie ein Sozius agiert, gilt haftungsrechtlich als Sozius (BGH 21.07.2011, IV ZR 43/10, AnwBl 2011, 783). Diese Gestaltung des Kanzleibriefkopfes ist aber kein Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung mit dem Kläger (Innenverhältnis). Ohne Erteilung einer Vollmacht, wäre die Bearbeitung eines von der Beigeladenen übernommenen Mandats durch den Kläger nicht möglich gewesen. Eine Haftung nach Rechtsscheingrundsätzen ersetzt nicht die Erteilung einer Vollmacht durch den Mandanten. Die Beigeladene hat zu keinem Zeitpunkt darauf hingewirkt, auf dem Briefkopf als angestellte Anwältin gekennzeichnet zu werden. Daraus könnte allenfalls der Schluss gezogen werden, dass sie selbst von Anfang an - und für die gesamte Dauer ihrer Tätigkeit beim Kläger - davon ausgegangen ist, eine selbständige Tätigkeit auszuüben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden der Beklagten nicht auferlegt, da die Beigeladene im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt und damit auch kein Prozessrisiko auf sich genommen hat (§ 197a Abs 1 SGG iVm §§ 154 Abs 3, 162 Abs 3 VwGO), im Klageverfahren ist sie mit dem von ihr gestellten Antrag - ebenso wie die Beklagte - letztendlich unterlegen, so dass aus diesem Grund eine Kostenerstattung ausscheidet.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 2, 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Regelstreitwert von 5.000,00 €, da lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde.



 

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