L 8 BA 213/19 NZB

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 34 BA 103/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 BA 213/19 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.08.2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

Der Streitwert wird endgültig auf 251,21 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund – S 34 BA 103/18 – hinsichtlich der Recht­mäßigkeit eines Beitragsbescheides nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV).

Die Beklagte führte bei der Klägerin, einer Gemeinschaftspraxis in der Form einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts, am 25.9.2017 eine Betriebsprüfung für die Jahre 2013 bis 2016 durch. Nach der Schlussbesprechung am selben Tag erhob sie mit Bescheid vom 30.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2018 eine Nachforderung von 913,71 Euro einschließlich Säumniszuschlägen von 245,50 Euro. In dieser Forderung enthalten ist  - neben einer Nachforderung für die ehemalige Beigeladene zu 2) – ein Betrag von 127,24 Euro an Arbeitgeberanteilen zur Arbeitslosen- und Pflegeversicherung in den Monaten November und Dezember 2016 für die bei der Klägerin beschäftigte Beigeladene zu 1), M (im Folgenden: M).

Zur Begründung ihrer am 6.8.2018 gegen die Bescheide erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, sie sei nicht ordnungsgemäß i.S.d. § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) angehört worden, da die Schlussbesprechung hierfür nicht genüge. Sie habe die Beitragsnachweise für M nach der Betriebsprüfung im Übrigen storniert und korrigiert. Anstelle der Nachforderung der Beklagten ergebe sich zu ihren Gunsten ein Erstattungsanspruch in Höhe von 123,97 Euro.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30.11.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6.7.2018 zu verurteilen, hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) anstatt einer Nachzahlung von 127,24 Euro einen Erstattungsanspruch gegenüber der Beigeladenen zu 1) in Höhe von 123,94 Euro festzustellen, hinsichtlich der Beigeladenen zu 2) die Beitragsdifferenz von 69,18 Euro festzustellen und hinsichtlich beider Beigeladenen auf die Erhebung von Säumniszuschlägen zu verzichten.

Die Beklagte, die ihre Bescheide für rechtmäßig gehalten hat, hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 20.8.2019 insoweit stattgegeben, als es die Säumniszuschläge aufgehoben hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Schlussbesprechung genüge den Anforderungen an eine Anhörung gem. § 24 Abs. 1 SGB X, da die Klägerin Gelegenheit gehabt habe, sich im Rahmen dieses Gesprächs zu den für die Entscheidung wesentlichen Tatsachen zu äußern. Darüber hinaus sei dies auch im Widerspruchs- und Klageverfahren der Fall gewesen, so dass ein etwaiger Anhörungsmangel jedenfalls als geheilt gelte (§ 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X). Die Bescheide seien auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte die Forderung der Klägerin, die sich aus den korrigierten Beitragsnachweisen gegenüber der Beigeladenen zu 3) ergebe, nicht berücksichtigt habe. Vielmehr weise die Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Einzugsstelle (hier die Beigeladene zu 3) nach Bestandskraft des Betriebsprüfungsbescheides etwaige überschüssige Zahlungen der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum zu verrechnen oder zu erstatten habe. Dies betreffe aber nicht die Rechtmäßigkeit der Feststellungen des Betriebsprüfungsbescheides. In der Rechtsmittelbelehrung hat das SG ausgeführt, dass die Berufung gegen das Urteil nicht zulässig sei, da die Berufungssumme nicht erreicht werde. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung und liege keine Divergenz vor.

Gegen das ihr 28.8.2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.9.2019 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und ihr Vorbringen wiederholt. Die Zulassung der Berufung sei zum einen durch die nicht ordnungsgemäße Anhörung als wesentlichen Rechtsverstoß im Verfahren gerechtfertigt. Zum anderen habe die Angelegenheit grundsätzliche Bedeutung. So sei zu klären, ob die Beklagte zu geringe Beitragsmeldungen in einer oder mehreren Versicherungsarten monieren dürfe, ohne die für denselben Zeitraum und für dieselbe Arbeitnehmerin entrichteten höheren Beiträge für eine oder mehrere andere Versicherungsarten zu berücksichtigen. Dies gelte insbesondere dann, wenn die insgesamt zu hohe Beitragszahlung wie hier offensichtlich sei. Sofern dem Antrag auf Zulassung der Berufung nicht stattgegeben würde, sehe sie sich in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Grundgesetz (GG) erheblich verletzt, denn andere Unternehmen hätten bei gleich hohem Bruttoeinkommen für ihre Arbeitnehmerin geringere Beiträge zur Sozialversicherung zu leisten.

Der Senat hat das Verfahren hinsichtlich der Beitragsforderungen der Beigeladenen zu 1.) vom übrigen Verfahren abgetrennt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Akten der Beklagten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.

 

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 Sozialgerichtsgesetz – SGG) ist statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt und keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dies ist vorliegend der Fall, da die Beteiligten um einen Differenzbetrag der Beitragszahlung in Höhe von 127,24 Euro zuzüglich der von der Klägerin gewünschten Erstattung in Höhe von 124,97 Euro streiten.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Berufung ist nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 144 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SGG erfüllt ist.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine solche ist anzunehmen, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den konkreten Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich ist (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung auch durch das Berufungsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit) (vgl. z.B. LSG NRW Beschl. v. 22.11.2021 – L 6 AS 76/21 NZB – juris Rn. 20 m.w.N.; Beschl. v. 29.4.2021 – L 19 AS 419/21 NZB – juris Rn. 20).

Vorliegend hat die Klägerin weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt noch ist eine solche ersichtlich. Das SG hat vielmehr konkret in ihrem Einzelfall geprüft, ob die von der Beklagten erhobene Nachforderung zu Recht erfolgt ist. Zu beurteilen war unter Anwendung der maßgeblichen Rechtsnormen ein tatsächlicher individueller Sachverhalt. In diese Prüfung einbezogen hat das SG ausweislich seiner Urteilsbegründung auch die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob von der Beitragsnachforderung zu den Zweigen der Pflege- und Arbeitslosenversicherung etwaige Erstattungsansprüche aus den Beiträgen in anderen Zweigen der Sozialversicherung in Abzug gebracht werden müssen. Soweit die Klägerin diese Würdigung in Frage stellt, ergibt sich hieraus nicht eine verallgemeinerungsfähige grundsätzlich vom Landessozialgericht zu klärende Rechtsfrage.

Auch die von der Klägerin behauptete Verletzung des Gleichheitsrechts ist weder hinreichend konkretisiert noch sonst erkennbar. Bereits das SG hat darauf hingewiesen, dass eine etwaige Zuvielzahlung (in anderen Versicherungszweigen) nach Bestandskraft des Bescheides von der Einzugsstelle verrechnet bzw. erstattet wird. Aus welchem Grund die Klägerin daher gegenüber anderen Unternehmen benachteiligt sein sollte, erschließt sich vor diesem Hintergrund in keiner Weise und wird von ihr auch nicht dargelegt.

Der Berufungszulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG (Divergenz) ist weder vorgetragen noch in irgendeiner Weise ersichtlich. Ebenso wenig liegt der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG vor. Die Klägerin hat keine der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmängel geltend gemacht, die vorliegen und auf denen das Urteil beruhen kann. In Betracht kommen nur Verstöße gegen das Prozessrecht im Verfahren vor dem SG, nicht auch (etwaige) Mängel des Verwaltungsverfahrens (vgl. z.B. Schreiber in: Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl. 2020, § 144 SGG Rn. 39).

Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil – im hier streitigen Verfahrensgegenstand – rechtskräftig, § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1, 52, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) und entspricht dem Wert des klägerischen Begehrens.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG; § 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

 

Rechtskraft
Aus
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