Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19.10.2021 wird zurückgewiesen.
Die auf die Verurteilung des Beklagten zu 1 gerichtete Klage, eine Heizkostennachzahlung in Höhe von 1.432,80 € zu übernehmen, die auf die Verurteilung des Beklagten zu 1 gerichtete Klage, den wegen eines gegen das Land Baden-Württemberg bestandenen Anspruchs auf Ausgleichsrente in Höhe von 4.690,00 € vom 01.06.2021 bis zum 31.03.2022 geltend gemachten Ersatzanspruch rückgängig zu machen, die auf die Verurteilung des Landes Baden-Württemberg gerichtete Klage, diese Ausgleichsrente zur Auszahlung zu bringen, und die auf die Verurteilung des Landes Baden-Württemberg gerichtete Klage, ihm Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz seit Inkrafttreten dieses Gesetzes zu gewähren, werden abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt insbesondere weitere Leistungen nach dem SGB II und dem OEG.
Der Kläger stand zunächst vom 01.01.2005 bis zum 30.09.2013 beim Jobcenter Landkreis T im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Gegen die Bewilligungs-, Änderungs-, Sanktions-, Aufhebungs-, Erstattungs- und Ablehnungsbescheide des Jobcenters Landkreis T legte der Kläger nie Widersprüche ein. Nachdem das Landratsamt T dem Jobcenter Landkreis T mit Schreiben vom 15.10.2012 mitgeteilt hatte, der Kläger habe vom 01.12.2010 bis zum 31.10.2012 einen Anspruch auf eine Ausgleichsrente, es bestehe die Gelegenheit zur Anmeldung eines Erstattungsanspruchs, derzeit würden 9.208,00 € einbehalten und ab dem 01.11.2012 werde eine monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 409,00 € an den Kläger ausgezahlt, prüfte das Jobcenter Landkreis T in der Folge die Anrechnung und meldete mit Telefax vom 05.11.2012 sowie mit Schreiben vom 21.11.2012 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 8.901,33 € an, woraufhin er am 12.12.2012 einen Betrag in eben dieser Höhe erhielt. Mit Beschluss vom 21.11.2017 wurde das Jobcenter Landkreis T zu dem beim Sozialgericht (SG) Konstanz zunächst unter dem Aktenzeichen S 9 VG 1220/17 und nach zwischenzeitlichem Ruhen des Verfahrens sodann unter dem Aktenzeichen S 9 VG 99/20 geführten Rechtsstreit, in dem sich der Kläger gegen das Land Baden-Württemberg und den Einbehalt der Ausgleichsrente für den Zeitraum vom 01.12.2010 bis zum 31.10.2012 in Höhe von 8.901,33 € sowie die damit verbundene Erstattung wandte, beigeladen. Diese Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 25.01.2021 abgewiesen. Das SG Konstanz entschied, dass die Entscheidung des Landes Baden-Württemberg, die einbehaltene Ausgleichsrente in Höhe von 8.901,33 € an das Jobcenter Landkreis T zu erstatten, rechtmäßig gewesen sei.
Der Kläger stand vom 01.10.2013 bis zum 11.04.2017 beim Landratsamt B im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Gegen die Bewilligungs-, Änderungs- und Einstellungsbescheide des Landratsamts B legte der Kläger nie Widersprüche ein. Die gegen den Bescheid des Landratsamts B vom 08.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2017 zum SG Konstanz erhobene und unter dem Aktenzeichen S 9 AS 106/17 geführte Klage nahm der Kläger am 14.07.2017 zurück.
Der Kläger steht seit 18.04.2017 beim Jobcenter Landkreis Konstanz im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Kläger legte zuletzt gegen den Bescheid des Jobcenters Landkreis K vom 25.10.2017 am 13.11.2017 den mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2017 als unbegründet zurückgewiesen Widerspruch ein. Gegen die nachfolgenden in den Jahren 2018 und 2019 ergangenen Bescheide des Jobcenters Landkreis K legte der Kläger keine Rechtsbehelfe ein. Ferner ist ein vor dem SG Konstanz in den unter den Aktenzeichen S 11 AS 2223/17 und S 11 AS 2560/17 geschlossener Vergleich vom 22.02.2018 aktenkundig, wonach das Jobcenter Landkreis K dem Kläger für die Kosten der Unterkunft und Heizung im April 2017 weitere 100,00 € gewähre, damit alle etwaigen Leistungen für die Zeit vor Juni 2017 abgegolten seien und damit auch das unter dem Aktenzeichen S 11 AS 2223/17 geführte Verfahren in der Hauptsache erledigt sei. Im Erörterungstermin vom 17.10.2019 nahm der Kläger seine zunächst unter dem Aktenzeichen S 11 AS 2560/17 und sodann unter dem Aktenzeichen S 9 AS 2560/17 geführte Klage zurück.
Der Kläger hat am 06.12.2019 Klage zum SG Konstanz erhoben.
Der Kläger hat beantragt:
„1. Das Jobcenter Landkreis K wird verpflichtet, die im Jahr 2012 durchgeführte Anrechnung meiner Opferentschädigung in Höhe von 9.600,00 € Rückgängig zu machen und den Betrag an mich zurückzuzahlen.
2. Das Landratsamt B – Jobcenter F wird verpflichtet die im Jahr 2014 vom Februar - August verhängte Sanktion rückgängig zu machen und die Leistung für diesen Zeitraum zu gewähren.
3. Das Jobcenter Landkreis K wird verpflichtet die abgelehnten Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom März - August 2017 zu gewähren.
4 das Jobcenter Landkreis K wird verpflichtet die Anrechnung im April/Mai 2019 des vom Arbeitgeber im August 2018 gewährten Darlehen von 300,00 € zurückzunehmen und die Leistung zu gewähren.
5. Das Jobcenter Landkreis K wird verpflichtet nachzuweisen, warum immer wieder eine Anrechnung von ca. 100,00 - 150,00 € meiner Leistung vorgenommen wurde, nur weil ich mit Frau D in einer Wohnung lebe.“
Das SG Konstanz hat sodann das Jobcenter Landkreis K als Beklagten geführt. Dieser hat beantragt, die Klage als unzulässig zu verwerfen und zur Begründung ausgeführt, vor Erhebung der Klage seien Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Der Klage des Klägers könne nicht entnommen werden, welcher konkrete Verwaltungsakt Gegenstand der Klage sein solle. Ferner gebe es aktuell auch keine Vorverfahren, über die vor kurzem entschieden worden sei. Vielmehr datiere der zuletzt ergangene Widerspruchsbescheid vom 30.11.2017.
Das SG Konstanz hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19.10.2021 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, vor Erhebung der Anfechtungsklage seien im Grundsatz Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Dies gelte entsprechend für die Verpflichtungsklage, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes abgelehnt worden sei. Die Klage sei unzulässig. Hinsichtlich des Klageantrages Nr. 1 sei der Beklagte noch gar nicht zuständig, im Übrigen sei kein konkreter Bescheid genannt. Hinsichtlich des Klageantrages Nr. 2 sei kein Bescheid genannt. Im Übrigen wäre selbst im Rahmen eines Überprüfungsantrages von einem Fristablauf auszugehen. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Leistungen nach den Klageanträgen Nrn. 3-5 sei vor Erhebung der Klage nicht – wie es im Grundsatz regelmäßig erforderlich sei – ein Verwaltungsverfahren mit Bescheiderteilung und anschließendem Widerspruchsverfahren durchgeführt worden. Zwar seien ausgehend von der vorliegenden Verwaltungsakte Bescheide gegenüber dem Kläger ergangen. Der Kläger habe jedoch nicht konkretisiert, gegen welchen Bescheid er sich wende. Auch die vereinzelten Monatsangaben würden insoweit nicht darüber hinweghelfen. Ein konkretes zulässiges Klagebegehren vermöge das Gericht vor diesem Hintergrund deshalb letztlich nicht zu erkennen. Vielmehr sei in den vorliegenden Verwaltungsakten eine Anrechnung eines Darlehens im August 2018 nicht ersichtlich. Auch eine Anrechnung von 100,00 bis 150,00 € monatlich sei in den vorliegenden Bescheiden nicht erkennbar. Für den Zeitraum vor Juni 2017 stehe einem Klagebegehren überdies der Vergleich vom 22.02.2018 entgegen.
Hiergegen hat der Kläger am 19.11.2021 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Seine Berufung richte sich gegen das Jobcenter T sowie das Jobcenter K. Das Jobcenter T habe ihm „von meinen Opferentschädigungsgeld über 9.600 Euro ... gestohlen“. Seine Berufung richte sich insoweit gegen „das Landratsamt K ( R )“, da sich sein Gesundheitszustand um ein Vielfaches verschlechtert habe. Ferner sei ihm „illegal ohne ein Gerichtliches verfahren meine zugesprochene Angleichung einer Ausgleichsrente ab anerkannt“ worden. „Dann wurden mir vom Gericht K und meinen Anwälten Herr F1 aus U so wie Herr Rechtsanwalt S ein Vergleich in den Mund gelegt obwohl ich tausend mal gesagt habe ich möchte keinen Vergleich, weil ich doch im Recht bin also warum soll ich auf ein Vergleich eingehen, man hat mich so in allen Verfahren mit einen Vergleich bedrängt obwohl ich nie von Anfang an keinen wollte. ... alle haben es gewusst wie die Richterin und die Anwälte das der Vergleich zu meinen Nachteil ist, und so ist es auch. Mir wurden dadurch alle zugesprochene Opferentschädigungszahlungen komplett eingestellt.“ „Also ich möchte die ganzen Verfahren von T Jobcenter die mir willkürlich unrechtens die über 9.600 Euro gestohlen haben mit Zinseszins zurück haben. Dann möchte meine Ausgleichsrente mit all den fehlenden Leistungen mit Zinseszins vom Landratsamt K zurück haben. Und einen höheren Behinderungsgrad der mir durch die Misshandlungen im Elternhaus von Staat und den Ärzten von 60% auf 100% zugesprochen werden. Denn meine Körperlichen Gebrechen wie die Psyche sind nicht mehr reparabel und es ist eine Qual damit zu leben. Und die Anwälte musste ich noch sehr..sehr teuer bezahlen das war ein Betrag über 10 000Euro insgesamt. Auf deutsch es war eine Sauerei und ein jämmerliches Versagen der Anwälte. Und ich bin und war immer Unschuldig.“ Im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens hat der Kläger die Heizkosten-Abrechnung der W GmbH für den Abrechnungszeitraum des Jahres 2020 über eine geforderte Nachzahlung in Höhe von 1.432,80 € vorgelegt und ausgeführt, dass diese anscheinend verjährt sei, aber die „unerklärbaren Rechnungen von Jobcenter T und K wie F ... entrichtet werden“ sollten. Er hat ferner das Schreiben des Landratsamts K über eine wegen eventueller Ersatzansprüche vorsorgliche Zurückbehaltung von Ausgleichsrentenzahlungen in Höhe von 4.690,00 € vorgelegt und ausgeführt, die Opferentschädigungsrente in Höhe von 4.690,00 € werde ihm „unterschlagen ... im Namen des Staates legal gestohlen“.
Der Senat hat sodann das Jobcenter Landkreis K als Beklagten zu 1, das Jobcenter Landkreis T als Beklagten zu 2 und das Landratsamt B als Beklagten zu 3 geführt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19.10.2021 aufzuheben und
den Beklagten zu 2 (Jobcenter Landkreis T) zu verurteilen, den wegen seines gegen das Land Baden-Württemberg bestandenen Anspruchs auf Ausgleichsrente in Höhe von 9.600,00 € im Jahr 2012 geltend gemachten Ersatzanspruch rückgängig zu machen, und das Land Baden-Württemberg zu verurteilen, diese Ausgleichsrente zur Auszahlung zu bringen,
den Beklagten zu 3 (Landratsamt B – Jobcenter F) zu verurteilen, die für die Zeit vom 01.02.2014 bis zum 31.08.2014 verhängte Sanktion rückgängig zu machen und Leistungen für diesen Zeitraum in voller Höhe zu gewähren,
den Beklagten zu 1 (Jobcenter Landkreis K) zu verurteilen, Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.03.2017 bis zum 31.08.2017 zu gewähren,
den Beklagten zu 1 (Jobcenter Landkreis K) zu verurteilen, Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2019 bis zum 31.05.2019 ohne Anrechnung des von seinem Arbeitgeber im August 2018 in Höhe von 300,00 € gewährten Darlehens zu gewähren,
den Beklagten zu 1 (Jobcenter Landkreis K) zu verurteilen, nachzuweisen, warum immer wieder eine Anrechnung von circa 100,00 bis 150,00 € seiner Leistung vorgenommen wird, nur weil er mit Frau D in einer Wohnung lebt,
den Beklagten zu 1 (Jobcenter Landkreis K) zu verurteilen, die Heizkostennachzahlung in Höhe von 1.432,80 € zu übernehmen,
den Beklagten zu 1 (Jobcenter Landkreis K) zu verurteilen, den wegen seines gegen das Land Baden-Württemberg bestandenen Anspruchs auf Ausgleichsrente in Höhe von 4.690,00 € vom 01.06.2021 bis zum 31.03.2022 geltend gemachten Ersatzanspruch rückgängig zu machen, und das Land Baden-Württemberg zu verurteilen, diese Ausgleichsrente zur Auszahlung zu bringen,
das Land Baden-Württemberg zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz seit Inkrafttreten dieses Gesetzes zu gewähren.
Der Beklagte zu 1 beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Gerichtsbescheid des SG Konstanz sei nicht zu beanstanden.
Der Beklagte zu 2 beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger habe von ihm in dem Zeitraum vom 01.10.2013 bis zum 11.04.2017 Leistungen nach dem SGB II bezogen, wobei die Leistungen in diesem Zeitraum weder nach §§ 31 ff. SGB II gemindert, noch aus anderen Gründen zurückbehalten oder verrechnet worden seien. Der Kläger benenne keine konkreten von ihm erlassenen Bescheide, die seiner Meinung nach rechtswidrig sein sollten. Auch aus seinem Vortrag lasse sich kein konkreter Vorgang entnehmen, der theoretisch überprüft werden könnte. Ferner werde darauf hingewiesen, dass sämtliche von ihm erlassenen und den Kläger betreffenden Bescheide bestandskräftig seien. Der Kläger habe während seines Leistungsbezugs ein Verfahren gegen ihn geführt, das er letztendlich vor dem SG Konstanz unter dem Aktenzeichen S 9 AS 106/17 zurückgenommen habe. Weitere Widerspruchs- oder Überprüfungsverfahren gegen ihn habe der Kläger nicht geführt. Selbst wenn die Klageerhebung vor dem SG Konstanz im Jahr 2019 wohlwollend in einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X umgedeutet werden würde, käme aufgrund des Fristablaufs nach § 44 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 1 SGB II eine Überprüfung und gegebenenfalls eine Nachzahlung von Leistungen nicht in Betracht.
Der Beklagte zu 3 beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger habe von ihm in dem Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 30.09.2013 Leistungen nach dem SGB II bezogen. Klarzustellen sei zunächst, dass sämtliche von ihm erlassenen Bewilligungsbescheide bestandskräftig geworden seien, nachdem nie Widerspruch gegen einen Bescheid erhoben worden sei. Die beiden aus der Akte ersichtlichen Sanktionsbescheide beträfen die Zeiträume Juli 2006 bis September 2006 und Januar 2007 bis März 2007. Auch diese Bescheide seien bestandskräftig geworden. Vorverfahren seien auch hier nicht durchgeführt worden. Ferner hat der Beklagte zu 3 Angaben zu dem den Einbehalt der Ausgleichsrente und die damit verbundene Erstattung betreffenden Verfahren gemacht.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben der Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG Konstanz vom 19.10.2021 die Verurteilung der Beklagten zu 1, 2 und 3 sowie des Landes Baden-Württemberg zu diversen Leistungen.
Die auf die Verurteilung des Beklagten zu 1 erhobenen Klagen mit dem Klageantrag Nr. 3, die abgelehnten Kosten der Unterkunft für den Zeitraum von März bis August 2017 zu gewähren, dem Klageantrag Nr. 4, eine im April/Mai 2019 erfolgte Anrechnung des vom Arbeitgeber im August 2018 gewährten Darlehens in Höhe von 300,00 € zurückzunehmen und die Leistung zu gewähren sowie dem Klageantrag Nr. 5, nachzuweisen, warum immer wieder eine Anrechnung von circa 100,00 bis 150,00 € seiner Leistung vorgenommen worden sei, die auf die Verurteilung des Beklagten zu 2 (insoweit hat der Kläger in seinem in der ersten Instanz gestellten Antrag versehentlich auf den Beklagten zu 1 abgestellt) erhobene Klage mit dem Klageantrag Nr. 1, den am 12.12.2012 vom Landratsamt T erhaltenen Erstattungsbetrag in Höhe von 8.901,33 € an ihn auszuzahlen, die auf die Verurteilung des Beklagten zu 3 erhobene Klage mit dem Klageantrag Nr. 2, die für die Zeit vom 01.02.2014 bis zum 31.08.2014 verhängte Sanktion rückgängig zu machen und Leistungen für diesen Zeitraum in voller Höhe zu gewähren, sowie die auf die Verurteilung des Landes Baden-Württemberg mit dem Klageantrag Nr. 1, die Ausgleichsrente in Höhe von 9.600,00 € zur Auszahlung zu bringen, sind unzulässig, die Berufung insoweit daher unbegründet.
Die Klageanträge Nrn. 1 bis 5 sind schon deshalb unzulässig, weil es dem Kläger insoweit an der Klagebefugnis fehlt. Die Klageanträge Nrn. 1 bis 4 sind darüber hinaus unzulässig, weil es am erforderlichen Vorverfahren fehlt.
Bei den Klageanträgen Nrn. 1 bis 4 handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1, Alternative 1, Abs. 4 SGG, auf die § 78 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGG Anwendung findet. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 SGG kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung begehrt werden. Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein. Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann nach § 54 Abs. 4 SGG mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden. Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG sind – abgesehen von den hier nicht einschlägigen Fällen des § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG – vor Erhebung der Anfechtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Nach § 78 Abs. 3 SGG gilt für die Verpflichtungsklage § 78 Abs. 1 SGG entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist. Richtige Klageart für den Klageantrag Nr. 5 ist die allgemeine (echte) Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG, wonach mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden kann, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Es handelt sich dabei um eine auf Verurteilung des Hoheitsträgers zur Vornahme einer (schlichten) Amtshandlung gerichteten Klage.
Eine Klagebefugnis ist nicht gegeben, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt, weil hinsichtlich des Klagebegehrens eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung nicht vorliegt. Solange die zuständige Behörde über die Begehren nicht oder mit bereits bestandskräftigen Bescheiden entschieden hat, kann der Leistungsbezieher, außer bei rechtswidriger Untätigkeit der Behörde, kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Verurteilung zur Leistung im Sinne des § 54 Abs. 4 SGG haben. Die unechte Leistungsklage setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger das Begehren nicht bindend abgelehnt hat und kommt daher vor dem Erlass einer solchen Verwaltungsentscheidung nicht in Betracht. Eine (isolierte) Leistungsklage ohne vorherige nicht bindende Ablehnung ist mithin nicht zulässig (BSG, Urteil vom 17.12.2015 – B 2 U 17/14 R, juris Rn. 13; ebenfalls BSG, Urteil vom 17.12.2015 – B 2 U 2/14 R, juris Rn. 11; BSG, Urteil vom 21.09.2010 – B 2 U 25/09 R, juris Rn. 12, 17; BSG, Urteil vom 28.10.2008 – B 8 SO 33/07 R, juris Rn. 13; BSG vom 14.11.2002 – B 13 RJ 19/01 R, juris Rn. 19-21). Auch die Zulässigkeit der allgemeinen (echten) Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG setzt in analoger Anwendung eine Klagebefugnis im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG – also die mögliche Verletzung in gerade eigenen Rechten – voraus (BSG, Urteil vom 20.12.2001 – B 4 RA 6/01 R, juris Rn. 47).
Für die Anträge Nrn. 1 bis 5 fehlt es an der Erfüllung dieser Voraussetzungen für eine Klagebefugnis. Über die vom Kläger mit diesen Klageanträgen verfolgten Begehren liegen keine nicht-bestandskräftigen Verwaltungsentscheidungen vor, die der Kläger mit seiner zum SG Konstanz erhobenen Klage zulässigerweise hätte anfechten können. Ferner fehlt es, worauf indes nur ergänzend hinzuweisen ist, im Hinblick auf die Klageanträge Nrn. 1 bis 4 auch am erforderlichen Vorverfahren.
Im Übrigen steht in Bezug auf die vom Kläger mit dem Klageantrag Nr. 1 geltend gemachte Gewährung von Ausgleichsrente in Höhe von 9.600,00 € die Rechtskraft des in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen S 9 VG 99/20 ergangenen Gerichtsbescheides des SG Konstanz vom 25.01.2021 entgegen.
Bei den erstmals im Berufungsverfahren auf die Verurteilung des Beklagten zu 1 erhobenen Klagen mit dem Klageantrag Nr. 6, die Heizkostennachzahlung in Höhe von 1.432,80 € zu übernehmen, und dem Klageantrag Nr. 7, den wegen eines gegen das Land Baden-Württemberg bestandenen Anspruchs des Klägers auf Ausgleichsrente in Höhe von 4.690,00 € vom 01.06.2021 bis zum 31.03.2022 geltend gemachten Ersatzanspruch rückgängig zu machen, sowie bei den auf die Verurteilung des Landes Baden-Württemberg erhobenen Klagen mit dem Klageantrag Nr. 7, die Ausgleichsrente in Höhe von 4.690,00 € zur Auszahlung zu bringen, und dem Klageantrag Nr. 8, Leistungen nach dem OEG seit Inkrafttreten dieses Gesetzes zu gewähren, handelt es sich um eine unzulässige Klageänderung.
Nach § 99 Abs. 1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Nach § 99 Abs. 2 SGG ist die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben. Vorliegend haben sich aber der Beklagte zu 1 und das Land Baden-Württemberg nicht auf diese Klageänderungen eingelassen. Eine Sachdienlichkeit der Klageänderung ist nicht gegeben. Im Übrigen wären auch die im Wege der Klageänderung erhobenen Klage unzulässig und die Berufung insoweit daher unbegründet, da über die hiermit vom Kläger verfolgten Begehren keine nicht-bestandkräftigen, mit einer Klage angreifbaren Verwaltungsentscheidungen vorliegen und es mithin nach dem oben Gesagten an der Klagebefugnis und am Vorverfahren fehlt.
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen und sind die erstmals im Berufungsverfahren erhobenen Klagen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der hierfür in § 160 SGG genannten Gründe vorliegt.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 2322/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 3749/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
Saved