Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Antragstellers,
Es wird angeordnet, dass die Beschlüsse des Antragsgegners vom 19. September 2019 und vom 19. August 2021 zur Änderung der Mutterschaftsrichtlinie in der Zusammenschau gegenüber dem Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache insoweit nicht zur Anwendung kommen, als dass der Antragsteller die Abrechnung von NIPT-Testungen ab dem 1. Juli 2022 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) über den EBM vornehmen kann, so lange aus medizinischer Sicht ein Risiko für Schwangere besteht, dass bei ihrem Kind Trisomie 21, 18 oder 13 vorliegt.
hat keinen Erfolg.
A. Für die Streitigkeit ist der Senat erstinstanzlich zuständig. Der Eilantrag richtet sich unmittelbar gegen eine Richtlinie des Antragsgegners i.S. des § 29 Abs. 4 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG), nämlich gegen die Richtlinien über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien (Mu-RL), in der Fassung des Beschlusses über eine Änderung vom 19. September 2019 („Nicht-invasive Pränataldiagnostik zur Bestimmung des Risikos autosomaler Trisomien 13, 18 und 21 mittels eines molekulargenetischen Tests [NIPT] für die Anwendung bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken“) und des Beschlusses vom 19. August 2021 („Aufnahme einer Versicherteninformation zur Durchführung der Nichtinvasiven Pränataldiagnostik zur Bestimmung des Risikos autosomaler Trisomien 13, 18 und 21 mittels eines molekulargenetischen Tests für die Anwendung bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken“). Die Beschlüsse vom 19. September 2019 und 19. August 2021 sind jeweils am 9. November 2021 in Kraft getreten.
Zur Entscheidung ist der für das Vertragsarztrecht zuständige Senat berufen. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGG in der ab dem 1. Januar 2012 geltenden Fassung gehören zu den Streitigkeiten, die den Spruchkörpern für Vertragsarztrecht zugewiesen sind, Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), soweit diese Entscheidungen und die streitgegenständlichen Regelungen der Richtlinien die vertragsärztliche Versorgung betreffen. Für Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Sozialgerichtsgesetz (SGG) betreffend die genannten Entscheidungen gilt nichts anderes. Die näheren Einzelheiten zur vertragsärztlichen Versorgung werden gemäß § 92 Abs. 1 SGB V durch Richtlinien des GBA konkretisiert, was nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB V die ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft umfasst. Die Beschlüsse des GBA sind gemäß § 91 Abs. 6 SGB V u.a. für Vertragsärzte als Leistungserbringer unmittelbar verbindlich.
B. Der Antrag ist zulässig. Er ist auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 SGG gerichtet und statthaft. Der Senat hat bereits entschieden, dass vorläufiger Rechtsschutz gegenüber den Richtlinien des Antragsgegners zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes eröffnet ist, wenn das durch den Eilrechtsschutz zu sichernde Hauptsacheverfahren auf Überprüfung einer Norm in Gestalt der Feststellungsklage gerichtet ist (Beschluss vom 26. Januar 2011, L 7 KA 79/10 KL ER). Die Zulässigkeit des Antrags setzt nicht voraus, dass die in der Hauptsache statthafte Feststellungsklage bereits erhoben worden ist (§ 86b Abs. 3 SGG, vgl. Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, juris-PK-SGG, § 86b Rdnr. 351 f.). Dies gilt jedenfalls solange, wie das Klagerecht in der Hauptsache nicht verwirkt ist. Ausgehend vom Erlass und dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der angegriffenen Regelung des Antragsgegners (9. November 2021) liegt (noch) keine Verwirkung vor. Eine Antragsbefugnis des Antragstellers als Leistungserbringer besteht grundsätzlich.
C. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen für die nach § 86b Abs. 2 SGG zu treffende einstweilige Anordnung liegen nicht vor. Der Antragsteller hat jedenfalls kein eiliges Regelungsinteresse (Anordnungsgrund, II.) glaubhaft gemacht. Ob ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht ist, kann offen bleiben (III.).
I. Der Antragsteller begehrt die Erweiterung seines eigenen Rechtskreises durch eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG.
Der Antrag ist darauf gerichtet, dass Teile der Regelungen der Beschlüsse des Antragsgegners zur Änderung der Mutterschaftsrichtlinie (Mutterschafts-RL), die ab dem 9. November 2021 bereits gelten, für den Antragsteller vorläufig nicht bzw. nur modifiziert zur Anwendung kommen. Der Antragsgegner hat mit dem Beschluss vom 19. September 2019 für die Nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) den Nutzen dieser Methode sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit für die Versorgung gesetzlich Versicherter anerkannt (Abschnitt B Ziff. 3 Abs. 1 lit. e der Mu-RL). Mit dem Pränataltest (NIPT) soll, basierend auf einer Blutprobe der Schwangeren, das Risiko für Trisomie 13, 18 und 21 für den Fötus bestimmt werden. Dazu werden mittels molekulargenetischer Analyse die im Blut der Schwangeren nachweisbaren freien fetalen DNA-Bestandteile der Chromosomen 13, 18, und 21 gezählt.
Die Änderungen der Mu-RL, die mit Blick auf die für den NIPT zum 1. Juli 2022 neu geschaffenen EBM-Ziffern erst zu diesem Zeitpunkt praktisch zur Anwendung gelangen, führen dazu, dass der genannte Test (NIPT) als neue Methode der vertragsärztlichen Leistung für die Versicherten ab diesem Zeitpunkt als Sachleistung nach dem EBM abgerechnet werden kann. Bis dahin ist er nur als individuelle Gesundheitsleistung (IGEL-Leistung) abrechnungsfähig.
Als Voraussetzung für bestimmte Untersuchungen, wozu auch der NIPT gehört, bestimmte die Mu-RL bereits in der Fassung 2019, dass diese bei „besonderen Risiken oder zur Abklärung im Einzelfall“ in Frage kommen könnten (Abschnitt B Ziff. 3 Abs. 1 Satz 1 vor lit. a des Beschlusses des Antragsgegners vom 19. September 2019). Der NIPT diene dem Ziel der Vermeidung von näher bezeichneten invasiven Maßnahmen, nämlich der Fruchtwasseruntersuchung nach Gewinnung des Fruchtwassers durch Amniozentese, der Transzervikalen Gewinnung von Chorionzottengewebe oder der transabdominalen Gewinnung von Plazentagewebe. Der Test mittels NIPT könne dann durchgeführt werden, „wenn er geboten ist, um der Schwangeren eine Auseinandersetzung mit ihrer individuellen Situation hinsichtlich des Vorliegens einer Trisomie im Rahmen der ärztlichen Begleitung zu ermöglichen“ (Abschnitt B Ziff. 3 Abs. 1 Satz 1 lit. e Satz 2).
Abschnitt B Ziff. 3 Abs. 1 lit. e Satz 3 bestimmte ergänzend:
„Ein statistisch erhöhtes Risiko für eine Trisomie allein reicht für die Anwendung dieses Tests nicht aus.“ (Abschnitt B. Ziff. 3 Abs. 1 lit. e Satz 3 in der Fassung vom 19. September 2019).
Mit Beschluss vom 19. August 2021 änderte der Beklagte Abschnitt B Ziff. 3. Abs. 1 lit. e Satz 3 der Mu-RL. Dieser lautet seither:
„Eine statistisch erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Trisomie allein reicht für die Anwendung dieses Tests nicht aus.“
Außerdem bestimmte dieser Beschluss als Anlage 8 der Mutterschafts-RL den Text der Versicherteninformation, die von den Ärztinnen und Ärzten im Rahmen ihrer begleitenden Beratung zwingend zu verwenden ist (Abschnitt B Ziff. 3 Abs. 3 Satz 6 der Mu-RL).
Ausgehend davon begehrt der Antragsteller mit seinem am 9. Mai 2022 gestellten Eilantrag ausdrücklich, „die Abrechnung von NIPT-Testungen ab dem 1. Juli 2022 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) über den EBM vornehmen (zu können), so lange aus medizinischer Sicht ein Risiko für Schwangere besteht, dass bei ihrem Kind Trisomie 21, 18 oder 13 vorliegt“.
II. Für dieses Begehren ist ein eiliges Regelungsbedürfnis im Sinne eines Anordnungsgrundes nicht im Ansatz hinreichend glaubhaft gemacht.
Ein eiliges Regelungsbedürfnis für eine Regelungsanordnung besteht dann, wenn eine gerichtliche Regelung „zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint“ (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Es muss daher zumindest glaubhaft sein, dass dem Antragsteller ohne die begehrte einstweilige Anordnung bei Abwarten eines Hauptsacheverfahrens wesentliche, i.d.R. unzumutbare Nachteile entstehen. Ein solcher wesentlicher Nachteil liegt insbesondere vor, wenn der Antragsteller konkret in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht ist oder ihm sogar die Vernichtung der Lebensgrundlage droht. Auch erhebliche wirtschaftliche Nachteile, die entstehen, wenn das Ergebnis eines langwierigen Verfahrens abgewartet werden müsste, können ausreichen (vgl. Burkiczak, a.a.O., Rdnr. 412).
Für Nachteile dieses Grades ist indessen nichts ersichtlich. Dabei ist zu betonen, dass der Antragsteller sich auf die Rechte und Interessen seiner Patientinnen von vornherein nicht berufen kann, denn darin läge eine unstatthafte Popularklage. Es ist dem Antragsteller damit zumutbar, den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Der Antragsteller begründet seinen Antrag damit, dass die Anwendungsvoraussetzungen für den NIPT bereits in den Mu-RL selbst, insbesondere aber unter Heranziehung der von ihm verpflichtend zu nutzenden Versicherteninformation nicht hinreichend klar und sogar widersprüchlich seien und damit medizinisch nicht umsetzbar. Er benennt als wesentliche Nachteile, die ihm durch die Regelung ab dem 1. Juli 2022 drohten, weil er nicht klar ersehen könne, ob (im Einzelfall) ein Sachleistungsanspruch gegen die GKV bestehe,
1. eine für ihn unkalkulierbare Regressgefahr bei Anwendung der neu eingeführten EBM-Gebührenposition,
2. eine Einschränkung seiner ärztlichen Tätigkeit und Behandlung von Schwangeren, weil nicht klar sei, ob und wann er eine Vergütung für die Vornahme der NIPT-Testungen als GKV-Leistung erhalten könne sowie
3. das Risiko, entgegen § 18 Abs. 6 BMV-Ä eine Leistung, die Bestandteil der vertragsärztlichen Leistung ist, als privatärztliche (IGEL-)Leistung abzurechnen, (Disziplinar- und Strafverfahren seien möglich).
Zu 1.: Eine für den Antragsteller unkalkulierbare Regressgefahr ist nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat selbst auf die Anfrage des Senats, gerichtet auf Angaben zur Bemessung des Streitwerts, vorgetragen, dass die für ihn ab dem 1. Juli 2022 drohenden finanziellen Nachteile in dem Fall, in dem er den NIPT anwende, obwohl die in Abschnitt B. Ziff. 3 Abs. 1 lit. e genannten besonderen Voraussetzungen im Einzelfall nicht gegeben seien, nicht annähernd prognostizierbar seien. Demgegenüber dürfte das der Leistung zuzuordnende vertragsärztliche Honorar aber grundsätzlich bezifferbar sein. Denn für den NIPT hat der Bewertungsausschuss bereits im Mai 2022 zum 1. Juli 2022 drei Gebührenordnungspositionen in den Abschnitt 1.7.4 (Mutterschaftsvorsorge) des EBM aufgenommen. Mit der GOP 01789 (84 Punkte/9,46 Euro) wird die Beratung nach dem Gendiagnostikgesetz vor Durchführung des Tests vergütet, die GOP 01790 (166 Punkte/18,70 Euro) vergütet die ärztliche Beratung bei Vorliegen eines positiven Tests hinsichtlich eines Risikos. Die pränatale Untersuchung fetaler DNA aus mütterlichem Blut selbst wird über die GOP 01870 (1642 Punkte / 184,99 Euro) abgerechnet.
Es ist dem Antragsteller zuzumuten, sich gegen einen möglichen, aber nicht ansatzweise absehbaren Regress, der wegen der etwaigen Nichtbeachtung der obigen Anwendungsregelung der Mu-RL bei der Behandlung Versicherter erfolgt, ggf. auch mittels einstweiligen Rechtsschutzes, zur Wehr zu setzen. Bei honorarrelevanten Maßnahmen liegt ein ausreichender Anordnungsgrund in der Regel nur vor, wenn ohne vorläufigen Rechtsschutz der notwendige Lebensunterhalt des antragstellenden Arztes oder die Existenz seiner Praxis gefährdet wäre (Hessisches LSG, Beschluss vom 21. Dezember 2009, L 4 KA 77/09 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. Juni 2016, L 11 KA 76/15 B ER sowie Beschluss vom 1. April 2019 L 11 KA 11/18 B ER; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/B. Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b Rdnr. 33). Eine die vertragsärztliche Praxis bzw. das MVZ des Antragstellers substanziell treffende, existenzgefährdende Regressgefahr ist vor diesem Hintergrund nicht im Ansatz glaubhaft gemacht.
Zu 2.: Eine seine Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzende Einschränkung seiner ärztlichen Tätigkeit droht dem Antragsteller bereits deshalb nicht, weil mit den Vorgaben der Mu-RL kein Leistungserbringungsverbot für den NIPT verbunden ist, denn die Leistung ist jenseits der Anwendungsvorgaben der Richtlinie – wie bereits vor ihrem Inkrafttreten – weiter als IGEL-Leistung abrechenbar.
Zu 3.: Soweit der Antragsteller geltend macht, eine – aus seiner Sicht bestehende – Unbestimmtheit bzw. Widersprüchlichkeit der durch den Antragsgegner bestimmten Anwendungsvoraussetzungen (Abschnitt B, Ziff. 3 Abs. 1 Satz 1 lit. e, insbesondere Satz 3 der Beschlüsse vom 19. September 2019 und vom 19. August 2021) berge die Gefahr, dass er im Einzelfall gegen § 18 Abs. 8 Satz 2 BMV-Ä (2022) bzw. gleichlautend auch § 128 Abs. 5a, 2. Alt. Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) verstoße, weil er die Versichertenleistung nicht klar erkennen könne, ist ihm zuzumuten, sich gegen etwaige, ebenfalls nicht ansatzweise absehbare disziplinarische Maßnahmen zu wehren. Im Rahmen der dann erfolgenden Prüfung sind u.a. auch die Beschlüsse des Antragsgegners inzident zu prüfen.
Soweit der Antragsteller u.a. speziell die Widersprüchlichkeit der Versicherteninformation (Anlage 8 zur Mutterschafts-Richtlinie) zu den Anwendungsvoraussetzungen für den NIPT in den Beschlüssen des Antragsgegners rügt, kann er darauf einen Eilbedarf nicht stützen. Denn er ist nicht befugt (materielle) Rechte der Versicherten (in eigenem Namen) geltend machen. Auch kann das Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes nicht primär dazu dienen, etwaige Normenunklarheiten durch gerichtliche Auslegung zu beseitigen; umgekehrt kann es nur um die Abwehr zu befürchtender individueller Nachteile gehen.
Im Rahmen der Frage der Zumutbarkeit eines Abwartens bis zur Entscheidung in der (noch nicht anhängigen) Hauptsache sind schließlich die Interessen des Antragstellers sowie die öffentlichen und ggf. solche beteiligter Dritter zu berücksichtigen. Ausgehend davon erstrebt der Antragsteller nach seinem Antrag nicht nur ein reines Absehen von den spezifischen Vorgaben der Mu-RL zur Anwendung des NIPT (Abschnitt B Ziff. 3. Abs. 1 lit e der Mu-RL), sondern eine Modifizierung. Denn er begehrt eine Abrechenbarkeit des genannten Tests, „solange aus medizinischer Sicht ein begründetes Risiko für die Schwangere besteht, dass bei ihrem Kind Trisomie 21, 18 oder 13 vorliegt“. In der Praxis könnte dies dazu führen, dass sich die Anwendung des NIPT von der klaren und insoweit unzweifelhaften Zielsetzung der Mu-RL des Antragsgegners entfernt. Nach deren Zielsetzung soll der Test nicht reihenweise (standardisiert) und vor allem nicht bereits dann zur Anwendung gelangen, wenn aus statistischer Sicht die Möglichkeit einer Trisomie 13, 18 oder 21 beim Fötus besteht (z.B. wegen des Alters der Schwangeren, A-2.4 der Tragenden Gründe zum Beschluss über die Änderung der Mutterschafts-Richtlinien vom 19. August 2021, S. 13). Der Test soll aber dazu führen, auf die in Abschnitt B. Ziff. 3. Abs. 1 lit. f und g genannten invasiven und risikoreichen (anderen) Testverfahren im Einzelfall verzichten zu können (A-2.4 der Tragenden Gründe zum Beschluss über die Änderung der Mutterschafts-Richtlinien vom 19. August 2021, S. 13). Maßgebend für das Erfordernis einer diagnostischen Klärung mittels NIPT sollen die individuelle Lebenssituation sowie die Umstände der einzelnen Schwangeren und eine nicht abstrakt prospektiv bestimmbare „zumutbare Opfergrenze“, d.h. eine Beeinträchtigung ihres seelischen Gesundheitszustandes sein (Tragende Gründe, a.a.O.). Speziell diese letzte Zielsetzung wird mit der vom Antragsteller erstrebten vorläufigen Regelung, wonach es allein darauf ankommen soll, ob aus medizinischer Sicht ein Risiko für Trisomie 13, 18, 21 besteht, aber nicht hinreichend abgebildet. Damit werden öffentliche Interessen und solche Dritter berührt.
III. Fehlt bereits ein Eilbedarf (Anordnungsgrund), ist es nicht gerechtfertigt, dass die Beschlüsse des Antragsgegners gegenüber dem Antragsteller nur eingeschränkt zur Anwendung gelangen. Ob ein – hier: die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigender – Anordnungsanspruch besteht, kann der Senat danach offen lassen. Allerdings sei angemerkt, dass der Senat die vom Antragsteller behauptete Widersprüchlichkeit zwischen den Regelungen in Abschnitt B Ziff. 3. Abs. 1 lit. e Satz 3 der Mu-RL („Eine statistisch erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Trisomie allein reicht für die Anwendung dieses Tests nicht aus.“) und den Ausführungen des GBA in der „Versicherteninformation“ nicht folgen kann; für den Vertragsarzt ist allein maßgeblich, welche Vorgaben der Text der Richtlinie selbst – hier in Abschnitt B Ziff. 3. Abs. 1 lit. e Satz 3 der Mu-RL – enthält.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Der Sachverhalt bietet keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung eines Streitwerts. Der Senat hat den Auffangwert für vier Quartale angesetzt und im Hinblick auf das einstweilige Rechtsschutzverfahren halbiert.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an des Bundessozialgerichts angefochten werden (§ 177 SGG).