L 9 R 2663/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3110/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2663/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Zur Sozialversicherungspflicht eines im Rahmen eines sog. Minijobs beschäftigten LKW-Fahrers. 2. Eine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht liegt nicht vor, wenn es der Beitragspflichtige bei Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit unterlässt, die Entscheidung einer fachkundigen Stelle einzuholen (im Anschluss an BSG, Urteil vom 24.3.2016 - B 12 KR 20/14 R -).
3. Ein Steuerberater verfügt nicht über eine vergleichbare besondere Sachkunde auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Juli 2020 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 41.178,50 € festgesetzt.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen für eine Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 im Zeitraum 01.10.2010 bis 31.12.2013 in Höhe von insgesamt  41.178,50 € streitig.

Der Kläger betreibt ein Unternehmen, das Kurierfahrten, Transporte und Speditionsdienstleistungen u. ä. anbietet. Der Beigeladene Ziff. 1 war ab 2010 als Fahrer für den Kläger tätig; für die Fahrten nutzte er die Lkw des Klägers. Für die einzelnen Fahrten wurde jeweils mündlich ein Pauschalpreis zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen Ziff. 1 vereinbart. Dieser orientierte sich an einem Stundenlohn von 8,00 €. Die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 hatte eine freie Handelsvertretung angemeldet und stellte über diese dem Kläger die Fahrten des Beigeladenen Ziff. 1 in Rechnung. Da weder die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 noch der Beigeladene Ziff. 1 über eine Lizenz nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) verfügten, beschäftigte der Kläger den Beigeladenen Ziff. 1 im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung. Für die vereinbarte geringfügige Beschäftigung erhielt der Beigeladene Ziff. 1 einen pauschalen Aushilfslohn in Höhe von 200,00 €. Dieser Betrag wurde auf die Rechnungen, die die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 dem Kläger stellte, angerechnet, dort aber nicht gesondert ausgewiesen. Ab 2013 wurde der Beigeladene Ziff. 1 bei dem Kläger abhängig beschäftigt.

Nach einem Ermittlungsverfahren des Hauptzollamtes S erließ das Amtsgericht (AG) S1 am 27.06.2013 einen Strafbefehl wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt für mehrere Arbeitnehmer des Klägers in Höhe von 76.800,00 €, der nach Einspruch des Klägers und nach Beschränkung des Einspruchs in der Hauptverhandlung auf den Rechtsfolgenausspruch auf eine Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 200,00 € abgeändert wurde. Der Beigeladene Ziff. 1 wurde im Rahmen der Hauptverhandlung vor dem AG Spaichingen (1 Cs 12 Js 6823/11) am 30.03.2015 als Zeuge vernommen.

Nach Anhörung vom 30.06.2016 forderte die Beklagte mit Bescheid vom 08.03.2017 insgesamt 41.178,50 € für den Prüfzeitraum vom 01.01.2010 bis zum 31.12.2013 nach. In der Nachforderung waren Säumniszuschläge in Höhe von 16.730,50 € enthalten. Sie begründete dies damit, dass nach Übersendung von Unterlagen durch das Hauptzollamt S festgestellt worden sei, dass für den Beigeladenen Ziff. 1 Beiträge in oben genannter Höhe nachzufordern seien. Der Beigeladene Ziff. 1 sei im Zeitraum 15.01.2010 bis 30.04.2011 als Fahrer für den Kläger tätig gewesen. Hierbei habe es sich um eine beitragspflichtige Beschäftigung gehandelt.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2017 als unbegründet zurück. Die Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 sei als abhängig beschäftigter Fahrer für die Firma des Klägers einzustufen. Der Beigeladene Ziff. 1 sei in die Betriebsorganisation des Klägers eingegliedert gewesen. So habe die Firma des Klägers die Aufträge akquiriert und diese an den Beigeladenen Ziff. 1 weitergegeben. In der Hauptverhandlung vor dem AG Spaichingen habe der Beigeladene Ziff. 1 angegeben, dass die Gespräche und Vereinbarungen zu Fahrten für die Firma des Klägers stets zwischen ihm und dem Kläger erfolgt seien. Die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 sei daran nicht beteiligt gewesen. Ab Übernahme eines Fahrauftrages sei der Beigeladene Ziff. 1 an dessen Inhalt gebunden gewesen. Weitergehende Freiheiten als ein Arbeitnehmer habe der Beigeladene Ziff. 1 in seiner Tätigkeit für die Firma des Klägers im Hinblick auf Art, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsausführung nicht gehabt. Der Beigeladene Ziff. 1 sei in die Betriebsorganisation eingebunden gewesen, weil er einerseits Weisungen erhalten habe, andererseits der Zeitraum durchaus vorgegeben gewesen sei. Er habe nur zu Zeiten arbeiten können, zu denen die Firma des Klägers ihm einen Lkw zur Verfügung gestellt habe. Weiterhin werde die Eingliederung dadurch deutlich, dass der Beigeladene Ziff. 1 nicht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegenüber den Kunden aufgetreten sei und für seine Tätigkeit ausschließlich die Lkw der Firma des Klägers kostenlos genutzt habe. Die ausschließliche Nutzung der Lkw der Firma des Klägers habe der Beigeladene Ziff. 1 in der Hauptverhandlung vor dem AG Spaichingen eingeräumt. Der Beigeladene Ziff. 1 habe für die Tätigkeit für die Firma des Klägers kostenlos Betriebsmittel, nämlich die Lkw dieser Firma, genutzt. Ohne diese Betriebsmittel hätte der Beigeladene Ziff. 1 die Aufträge als Fahrer für die Firma des Klägers nicht durchführen können, da er keinen eigenen Lkw besitze. Der Beigeladene Ziff. 1 sei mit einer Pauschale pro Fahrtätigkeit vergütet worden. Diese sei allerdings vom Kläger vorgegeben worden. Die Bezahlung einer Pauschale bedeute nicht automatisch ein Unternehmerrisiko, denn durch die kostenlose Überlassung des Lkw durch die Firma des Klägers und die nicht vorhandene eigene Betriebsstruktur oder eigene kostenbehaftete Unternehmungen der Kundenakquise seien dem Beigeladenen Ziff. 1 keine Kosten entstanden, welche bei Verdienstausfall brachliegen würden. Darüber hinaus besitze der Beigeladene Ziff. 1 keine Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr nach § 3 GüKG, obwohl er nach seinen eigenen Angaben stets Lkw mit einem zugelassenen Gesamtgewicht bis 7,5 t fahre. Diese Lizenz sei jedoch lediglich dann entbehrlich, wenn der Fahrer als Angestellter eines Unternehmers Güter befördere, das über die Erlaubnis verfüge, nicht jedoch bei Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit in dieser Branche. Würde der Beigeladene Ziff. 1 die Beförderung der Güter als selbstständiger Unternehmer mit eigenem Lkw übernehmen, brauche er die Erlaubnis nach § 3 GüKG. Dass diese Voraussetzungen dem Beigeladenen Ziff. 1 und dem Kläger bekannt gewesen seien, sei dem Protokoll über die Hauptverhandlung vor dem AG Spaichingen ebenfalls zu entnehmen und werde auch vom Bevollmächtigten des Klägers eingeräumt. Dies sei der Grund dafür, dass der Kläger den Beigeladenen Ziff. 1 als geringfügig entlohnt Beschäftigten zur Sozialversicherung angemeldet, und ihm monatlich ein Entgelt in Höhe von 200,00 € ausgezahlt habe. Somit habe der Kläger den Anschein erwecken wollen, dass der Beigeladene Ziff. 1 ordnungsgemäß als Mitarbeiter der Firma des Klägers angestellt gewesen sei und daher ohne eigene Erlaubnis nach § 3 GüKG habe fahren dürfen. Der Beigeladene Ziff. 1 sei auch nicht bei dem Unternehmen seiner Frau abhängig beschäftigt gewesen. Er sei beauftragt gewesen, bei der Firma des Klägers Fahrten mit Lkw bis 7,5 t durchzuführen. Bei der Ausführung dieser Tätigkeiten sei der Beigeladene Ziff. 1 nicht in den Betrieb seiner Ehefrau eingegliedert gewesen. Diese hatte eine Handelsvertretung und weder die Transporttätigkeiten als Gewerbe angemeldet noch hätte sie Transporttätigkeiten in der beauftragten Art und Weise tatsächlich mit entsprechenden Betriebsmitteln betreiben können, da sie einen Lkw oder die Güterkraftverkehrserlaubnis nach § 3 GüKG nicht besessen habe. Der Beigeladene Ziff. 1 habe seine Tätigkeit als Fahrer nicht mit Fahrzeugen der Firma seiner Frau ausgeübt, sondern ausschließlich mit Lkw der Firma des Klägers. Von seiner Frau habe der Beigeladene Ziff. 1 auch keine Weisungen hinsichtlich seiner Fahrtätigkeiten erhalten. Der Kontakt habe stets zwischen dem Beigeladenen Ziff. 1 und dem Kläger bestanden. Letzterer habe dem Beigeladenen Ziff. 1 unmittelbar die Aufträge und Weisungen gegeben, habe ihm angegeben, wo der jeweilige Lkw abzuholen sei, wohin die Tour zu fahren sei, in welchem Zeitraum dies zu erfolgen habe und welche Pauschale er dafür erhalte. Die Funktion der Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 habe sich darin erschöpft, Rechnungen in ihrem Namen zu schreiben, welchen die von dem Kläger vorgegebene Pauschale abzüglich der 200,00 € Minijobgehalt des Beigeladenen Ziff. 1 als Rechnungssumme zu entnehmen sein sollte. Diese Vorgabe zur Rechnungserstellung habe nach Angaben des Beigeladenen Ziff. 1 in der Hauptverhandlung vor dem AG Spaichingen ebenfalls vom Kläger gestammt. Eigene Weisungen habe die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 nicht erteilt. Ein unternehmerisches Handeln der Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 als Unternehmerin im Transportgewerbe sei nicht vorhanden, da sie am Markt in dieser Branche nie aufgetreten sei oder Werbung betrieben habe.

Hiergegen hat der Kläger am 27.12.2017 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und zur Begründung vortragen lassen, die Beklagte habe nicht erkannt, dass zwei Beschäftigungsverhältnisse vorgelegen hätten, nämlich eines zwischen dem Beigeladenen Ziff. 1 und dessen Ehefrau und das geringfügige Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Beigeladenen Ziff. 1 und dem Kläger. Der Beigeladene Ziff. 1 sei beim Kläger als geringfügig Beschäftigter angestellt, damit er neben seinem Auftragsverhältnis mit der Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 in diesem Rahmen habe Fahrten übernehmen können, die er sozusagen „auf der Lizenz nach § 3 GüKG" des Klägers habe durchführen können. Zudem seien die Beitragsforderungen verjährt, da dem Kläger kein Vorsatz vorgeworfen werden könne. Dieser habe im Rahmen der Prüfung offen die Konstellation mit dem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis und den Aufträgen an das Unternehmen der Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 dargelegt. Da die vorgelegten Rechnungen nicht durchgehend durchnummeriert gewesen seien, habe der Kläger davon ausgehen können, dass die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 noch andere Arbeitnehmer beschäftigt habe. Auch habe der Steuerberater des Klägers keine Einwendungen gegen diese Konstellation erhoben.

Mit Urteil vom 28.07.2020 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen. Ergänzend hat das SG ausgeführt, die geltend gemachten Beitragsforderungen seien nicht verjährt. Dem Kläger sei vorsätzliches Handeln vorzuwerfen. Betrachte man die Vereinbarungen und die tatsächliche Durchführung insgesamt, dränge es sich geradezu auf, dass durch das Konstrukt aus Minijob bei der Firma des Klägers und Rechnungstellung über die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 der Anschein einer selbstständigen Tätigkeit geschaffen werden sollte, um wissentlich der Beitragsabführung zu entgehen, gleichermaßen aber für Kontrollen der Anschein einer ordnungsgemäßen abhängigen Beschäftigung durch Anmeldung des Minijobs bestehen sollte, da von den beteiligten Personen nur der Kläger bzw. dessen Firma über die notwendige Güterkraftverkehrserlaubnis nach § 3 GüKG verfügt habe. Es dränge sich geradezu auf, dass es sich nicht um eine parallel vorliegende abhängige Beschäftigung und eine selbstständige Tätigkeit gehandelt habe, sondern vielmehr um dieselbe Fahrtätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1, für welche vorsätzlich alle Vorteile ausgenutzt werden sollten. Dass der Kläger das notwendige Wissen um die Voraussetzungen einer realen selbstständigen Fahrtätigkeit gehabt habe, ergebe sich bereits daraus, dass er den Beigeladenen Ziff. 1 gezielt nach der Erlaubnis nach § 3 GüKG gefragt und deswegen die Idee entwickelt habe, den Beigeladenen Ziff. 1 in seiner Firma als Minijob anzumelden, um bei Überprüfungen seines Fahrers auf seinem Lkw keine negativen Folgen befürchten zu müssen. Gleichzeitig habe ihm bewusst sein müssen, dass die Fahrtätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 mit den Fahrzeugen der Firma des Klägers nur mit abhängig Beschäftigten möglich gewesen sei. Dies habe er auch so mit seinen anderen angestellten Fahrern praktiziert. Bereits der Umstand, dass für den Kläger offenkundig erkennbar gewesen sein musste, dass der Beigeladene Ziff. 1 genau die gleichen Tätigkeiten ausführte, nämlich die Fahrten, die vom Kläger vorgegeben wurden mit den Fahrzeugen des Klägers zu den vom Kläger vorgegebenen Kunden und zu den vom Kläger vorgegebenen Pauschalen zeige, dass es dem Kläger klar gewesen sein musste, dass sich hier keine abweichende Beurteilung zu den Beschäftigungen der angestellten Fahrer ergeben konnte. Auch der Umstand, dass nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung die Vergütung des Beigeladenen Ziff. 1 mit einer Höhe von 8,00 € pro Stunde jedenfalls nicht deutlich über dem liegen könne, was die fest angestellten Fahrer verdienten, mache klar, dass dem Kläger bewusst gewesen sein musste, dass hier kein in wesentlichen Punkten abweichendes anderes Beschäftigungsverhältnis im Vergleich zu seinen abhängig beschäftigten Fahrern bestehen konnte. Insofern biete der Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte von Gewicht für das Vorliegen von Selbstständigkeit. Dies genüge bereits, bedingt vorsätzliches Handeln zu begründen (unter Hinweis auf Landessozialgericht <LSG> Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.08.2016 - L 8 R 1095/14 B ER -). Vor diesem Hintergrund gehe das SG auch davon aus, dass die von der Beklagten erhobenen Säumniszuschläge zu Recht erhoben worden seien. Da nach Auffassung des SG von bedingt vorsätzlichem Handeln auszugehen sei, seien auch die geltend gemachten Säumniszuschläge zu Recht erhoben worden.

Gegen das ihm am 10.08.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.08.2020 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt. Zur Berufungsbegründung hat der Klägervertreter vorgetragen, der durch das SG aufgeführte Tatbestand sei unstreitig. Mit der Berufung wende sich der Kläger gegen die rechtsfehlerhafte Auffassung des SG, wonach keine Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche eingetreten sei. Da das Urteil auf dieser Einschätzung beruhe, werde es vollumfänglich zur Überprüfung im Berufungsverfahren gestellt. Das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger erkannt habe, dass keine zwei Beschäftigungsverhältnisse beim Beigeladenen Ziff. 1 vorgelegen hätten. Er habe bei seinem langjährigen Steuerberater B unter Schilderung der Gesamtumstände ausdrücklich nachgefragt, ob es hinsichtlich der Anstellung des Beigeladenen Ziff. 1 Probleme gegeben könnte. Der Steuerberater habe keine Probleme gesehen, weshalb der Kläger den Beigeladenen Ziff. 1 angestellt habe. Wäre er richtig beraten worden, hätte er von einer Anstellung in dieser Form abgesehen und den Beigeladenen Ziff. 1, wie später erfolgt, von Beginn an als Vollzeitkraft eingestellt. Tatsächlich belege aber die ausdrückliche Nachfrage beim Steuerberater eindrücklich, dass dem Kläger jedenfalls kein Vorsatz vorzuwerfen sei. Dass er darüber hinaus nicht noch ein Statusfeststellungsverfahren bei der Rentenversicherung veranlasst habe, sei unschädlich. Bei dem befragten Steuerberater habe es sich um den langjährigen Berater, der u.a. auch die Löhne gemacht und das Geschäft des Klägers schon seit Jahren gekannt habe. Der Kläger hätte keinen Grund gehabt, an dessen Kompetenz zu zweifeln. Die Vorstellung, dass ein Ratsuchender immer noch eine zweite Meinung einholen solle, überspanne dessen Pflichten bei weitem. Die unterbliebene Vernehmung des Steuerberaters als Zeuge stelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Unabhängig von der Frage, ob die erhobene Nachforderung inhaltlich begründet gewesen sei, könne man dem Kläger keinen Vorsatz vorwerfen mit der Folge, dass Verjährung eingetreten sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Juli 2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Dezember 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Frage des Vorliegens eines (bedingt) vorsätzlichen Handelns des Klägers und damit zur Begründung, dass die Nachforderungen aus dem angefochtenen Bescheid nicht verjährt seien, werde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 05.12.2017 und im Urteil des SG verwiesen. Zudem ergäben sich aus dem Protokoll des AG Spaichingen vom 30.03.2015, Az. 1 Cs 12 Js 6823/11, die Initiative des Klägers, den wahren Umfang des Beschäftigungsverhältnisses zu verschleiern, sowie das bewusste Handeln hierzu, indem der Kläger den Beigeladenen Ziff. 1 als Minijobber mit einem Entgelt von 200,00 € monatlich angemeldet und vorgegeben habe, dass die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 diesen Betrag bei der Rechnungsstellung an seine Firma wiederum abziehen solle. Der Kläger habe bereits während der Anfänge der Zusammenarbeit auf die Problematik der Güterkraftverkehrslizenz aufmerksam gemacht und selbst den Vorschlag unterbreitet, dass er den Beigeladenen Ziff. 1 als geringfügig entlohnt Beschäftigten gegen ein monatliches Entgelt in Höhe von 200,00 € bei seiner Firma anmelde, um bei Kontrollen die Problematik der Lizenz zu umgehen. Der Steuerberater sei keine geeignete Institution, um rechtsverbindliche sozialversicherungsrechtliche Entscheidungen einzuholen.

Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

Der Senat hat bei der Staatsanwaltschaft Rottweil die Akten des Verfahrens 1 Cs 12 Js 6823/11 200 VRs beigezogen.

In der mündlichen Verhandlung ist der ehemalige Steuerberater des Klägers B als Zeuge gehört worden; wegen der Aussage wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.07.2022 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, der beigezogenen Strafakte sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe


Die Berufung des Klägers ist nach §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Berufungsausschließungsgründe gemäß § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die zulässige isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGG) zu Recht abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid vom 08.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.12.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht von dem Kläger Beiträge und Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 41.178,50 € gefordert. Der Beigeladene Ziff. 1 übte seine Tätigkeit bei dem Kläger im Zeitraum 01.01.2010 bis
30.04.2011 allein im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus; die Tätigkeit unterlag insgesamt der Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung (1.). Die Säumniszuschläge sind zu Recht erhoben worden (2.) und die Forderung ist insgesamt nicht verjährt (3.).

Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Die Träger der Rentenversicherung erlassen nach Satz 5 dieser Vorschrift im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte (verkörpert im sog. Prüfbescheid, Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R -, Juris) zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 i.V.m. § 89 Abs. 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht. Mit § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV ist klargestellt, dass die Zuständigkeit der Träger der Rentenversicherung unabhängig von den eigentlich nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV für solche Feststellungen zuständigen Einzugsstellen besteht.
 
Die Beklagte war als Rentenversicherungsträgerin auch zur Überwachung des Umlageverfahrens (sog. U1- und U2-Umlage) nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG -) und zum Erlass eines entsprechenden Umlagebescheids befugt. Denn § 10 AAG stellt die Beiträge zum Ausgleichsverfahren insoweit den Beiträgen zur GKV gleich, die ihrerseits Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§ 28d S 1 SGB IV) sind, der von der Beklagten im Rahmen einer Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV) geltend zu machen ist (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 26.09.2017 - B 1 KR 31/16 R -, Juris). Gleiches gilt seit dem 01.01.2009 in Bezug auf die Insolvenzgeldumlage. Nach § 359 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist die Umlage zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Nach Satz 2 finden die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Vorschriften des SGB IV entsprechende Anwendung und damit wiederum § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV mit seiner die Zuständigkeit der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung begründenden Wirkung.

Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig, insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X. Den für sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen notwendigen Angaben einer bestimmbaren Arbeit und der gerade hiermit in Zusammenhang stehenden Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG, Urteile vom 11.03.2009 - B 12 R 11/07 R - und vom 04.06.2009 - B 12 R 6/08 R -, Juris) ist die Beklagte gerecht geworden. Zudem handelt es sich nicht um die isolierte Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung (sog. unzulässige Elementenfeststellung, vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2009 - B 12 R 11/07 R -, Juris). Der Kläger ist vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides mit Schreiben vom 30.06.2016 auch ordnungsgemäß angehört worden.

Die Beklagte durfte ihrer Beurteilung auch das Ergebnis der vom Hauptzollamt durchgeführten Prüfungen zu Grunde legen, auf dieser Grundlage die Prüfung nach § 28p SGB IV durchführen und durch Verwaltungsakt abschließen (vgl. hierzu ausführlich Sächsisches LSG, Beschluss vom 12.02.2018 - L 9 KR 496/17 B ER -, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.06.2017 - L 10 R 592/17 -, jeweils Juris). Die Prüfungen des Hauptzollamts beruhten auf § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz [SchwarzArbG], BGBl. I 2004, 1842), wonach die Behörden der Zollverwaltung unter anderem prüfen (Nr. 1), ob die sich aus den Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Pflichten nach § 28a SGB IV erfüllt werden. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SchwarzArbG (in der bis zum 17.07.2019 geltenden Fassung <a.F.> und § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 SchwarzArbG in der ab dem 18.07.2019 geltenden Fassung <n.F.>) werden die Behörden der Zollverwaltung bei den Prüfungen nach Abs. 1 von den Trägern der Rentenversicherung unterstützt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 3 SchwarzArbG können die Prüfungen mit anderen Prüfungen der Träger der Rentenversicherung („der in diesem Absatz genannten Stellen") verbunden werden. Im Ergebnis ist die Beklagte somit als für die Prüfung bei den Arbeitgebern zuständige Einrichtung befugt, die von der Hauptzollverwaltung nach § 2 Abs. 1 Satz 1SchwarzArbG durchgeführten Prüfungen mit der eigenen Prüfung nach § 28p Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 SGB IV zu verbinden, was die Übernahme der Ermittlungsergebnisse der Prüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SchwarzArbG beinhaltet.

Betriebsprüfungen durch den Rentenversicherungsträger haben nach der Rechtsprechung des BSG nur eine Kontrollfunktion. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern, andererseits die Sozialversicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Die Entscheidung stellt sich vor diesem Hintergrund als kombinierte - positive oder negative - Feststellung von Versicherungspflicht und Beitragsnachentrichtung oder Beanstandung dar. Die Besonderheit eines Bescheids nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV liegt insoweit darin, dass über das Bestehen von Versicherungspflicht und die daraus resultierende Beitragsnachforderung gemeinsam zu entscheiden ist. Dies unterscheidet das Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht vom Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV (BSG, Urteil vom 14.09.2004 - B 12 KR 1/04 -, Juris). Die hier streitigen Beiträge werden als Gesamtsozialversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber gezahlt (§ 28g Satz 1 und 2, 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Die angefochtenen Bescheide sind auch inhaltlich nicht zu beanstanden.

1. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV sind in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige unter anderem Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Entsprechende Regelungen (Versicherungspflicht von Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind) finden sich für die Arbeitslosenversicherung in § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, für die gesetzliche Rentenversicherung in § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), für die Krankenversicherung in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) als akzessorische Regelung zur gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Dabei liegt der Beitragsbemessung für den vom Arbeitgeber zu zahlenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag gemäß den §§ 28d, 28e SGB IV das Arbeitsentgelt zu Grunde (§ 342 SGB III, § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V, auf die Regelung im SGB V verweisend § 57 Abs. 1 SGB XI, § 162 Nr. 1 SGB VI). Dies gilt auch in Bezug auf die Umlagen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 AAG bzw. § 358 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Arbeitsentgelt sind gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.

§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV definiert den Begriff der Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach Satz 2 der Regelung sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (hierzu und zum Nachfolgenden u.a. Urteil vom 11.11.2015 - B 12 R 2/14 R -, Juris; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.05.1996 - 1 BvR 21/96 -, Juris) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den oben genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ausgangspunkt der Prüfung sind die Vereinbarungen, die die Beteiligten - schriftlich oder gegebenenfalls auch nur mündlich - getroffen haben. Behörden und Gerichte müssen den Inhalt dieser Vereinbarungen feststellen. Sind die Vereinbarungen schriftlich getroffen worden, muss dabei auch geklärt werden, ob sie durch mündlich getroffene (Änderungs-)Vereinbarungen oder durch schlüssiges Verhalten rechtswirksam abgeändert worden sind. Steht der Inhalt der Vereinbarungen danach fest, ist zu prüfen, ob die Vereinbarungen (mit dem festgestellten Inhalt) wirksam oder wegen Verstoßes gegen zwingendes Recht unwirksam sind, wobei bei gegebenem Anlass auch die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung geklärt werden muss, um auszuschließen, dass ein „Etikettenschwindel“ bzw. ein Scheingeschäft vorliegt und die Vereinbarung deswegen gemäß § 117 BGB nichtig ist. Ist letzteres der Fall, muss der Inhalt des durch das Scheingeschäft verdeckten Rechtsgeschäfts festgestellt werden. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder zum Typus der selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen. Danach ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere tatsächliche Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. BSG, Urteile vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - und vom 29.07.2015 - B 12 R 1/15 R und B 12 KR 23/13 R -, Juris). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteile vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R - und vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R -, Juris). Fehlen zwingende gesetzliche Rahmenvorgaben und kann die zu prüfende Tätigkeit sowohl in der Form einer Beschäftigung als auch in der einer selbstständigen Tätigkeit erbracht werden, kommt den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer/Auftragnehmer und Arbeitgeber/Auftraggeber zwar keine allein ausschlaggebende, so doch eine gewichtige Rolle zu. Zwar haben es die Vertragsparteien nicht in der Hand, die kraft öffentlichen Rechts angeordnete Sozialversicherungspflicht durch bloße übereinstimmende Willenserklärung auszuschließen. Dem Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, kommt nach der Rechtsprechung des BSG aber indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung sprechen (vgl. BSG, Urteile vom 14.03.2018 - B 12 R 3/17 R -, Juris Rdnr. 13 und vom 18.11.2015, a.a.O., Juris Rdnr. 26).

Unter Abwägung aller rechtlichen und tatsächlichen Umstände gelangt der Senat in Übereinstimmung mit der Beklagten und dem SG zu dem Ergebnis, dass der Beigeladene Ziff. 1 in dem Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2013 seine Tätigkeit für den Kläger insgesamt im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt hat.

Zwar ergibt sich aus den Angaben des Klägers und des Beigeladenen Ziff. 1, dass sie zumindest teilweise eine selbstständige Tätigkeit – unter Zwischenschaltung der Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 als Vermittlerin – vereinbaren wollten. Dies genügt für die Annahme der Vereinbarung einer selbstständigen Tätigkeit nicht. Es liegen hier vielmehr tatsächliche Umstände vor, die dieser Wertung der Parteien des jeweiligen (mündlichen) Vertrages widersprechen und zu einer anderen Beurteilung führen. Es ist nicht feststellbar, dass die Beteiligten tatsächlich eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 vereinbarten. Ein schriftlicher Vertrag lag der Tätigkeit nicht zugrunde. Es lag lediglich eine mündliche Abrede zugrunde, wonach die Beigeladenen Ziff. 1 als Fahrer für den Kläger zu einem Stundenlohn von 8,00 € tätig werden sollte. Darüber hinaus war vereinbart, dass 200,00 € als Minijob deklariert werden sollten und für den darüber hinausgehenden Teil Rechnungen durch die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1, die als Gewerbe eine Handelsvertretung angemeldet hatte, unter Anrechnung der 200,00 € gestellt werden sollten. Weitere konkrete mündliche Abreden der Vertragsparteien sind nicht feststellbar. Die ihrem Verhältnis zugrundeliegenden weiteren Bedingungen ergeben sich durch die festgestellte tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse. Eine vereinbarte Selbstständigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 ist hieraus nicht abzuleiten.

Dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, käme ohnehin keine allein maßgebliche Bedeutung zu. Einem solchen Willen kommt lediglich dann indizielle Bedeutung zu, wenn dieser dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird (BSG, Urteil vom 18.11.2015, a.a.O., Juris). Nur im Zweifel, wenn ebenso viele Gründe für die Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung sprechen, ist dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Willen der Vorrang zu geben (BSG, Urteil vom 13.07.1978 - 12 RK 14/78 -, Juris). Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall, vielmehr überwiegen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände. 


Die Art der Tätigkeit lässt keine zwingenden Rückschlüsse auf den Status des Beigeladenen Ziff. 1 zu; eine Tätigkeit als Fahrer ist nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern grundsätzlich auch als freier Mitarbeiter möglich. Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG auch nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch selbstständig oder für andere Auftraggeber tätig ist bzw. war (BAG, Urteil vom 09.10.2002 - 5 AZR 405/01 -, Juris). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG, Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R -, Juris).

Die bereits im Tatbestand getroffenen Feststellungen zu den tatsächlichen Umständen der Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 stehen zur Überzeugung des Senats auf Grund der Angaben des Beigeladenen Ziff. 1 in seiner Vernehmung durch das AG Spaichingen fest. Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Angaben hat der Senat nicht. Auch der Kläger hat die Richtigkeit dieser Angaben nicht in Zweifel gezogen und im Berufungsverfahren betont, dass der durch das SG festgestellte Tatbestand zutreffend ist.

Unbestritten und anhand der vorliegenden Rechnungen nachvollziehbar, sollte der Beigeladene Ziff. 1 für seine Ehefrau und letztlich als Subunternehmer mit Fahrdiensten beauftragt werden. Die Ehefrau stellte die jeweiligen Fahrten dann dem Kläger in Rechnung. Zugleich war der Beigeladene Ziff. 1 im Rahmen eines sog. Minijobs, also einer geringfügigen Beschäftigung, im Umfang von 200,00 € monatlich für den Kläger tätig. In der konkreten Ausgestaltung der Tätigkeit, insbesondere der Eingliederung in die Arbeitsabläufe des Klägers, bestand aber zwischen dem über die Handelsvertretung abgerechneten Tätigwerden und der geringfügigen Beschäftigung – außer den Abrechnungsmodalitäten – keinerlei Unterschied. Der Senat ist daher zu der Überzeugung gelangt, dass es sich um ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat.

Der Beigeladene Ziff. 1 war in die Betriebsorganisation des Klägers eingegliedert. Die Firma des Klägers hat Aufträge akquiriert und diese an den Beigeladenen Ziff. 1 weitergegeben. Es kommt für die Beurteilung nicht entscheidend darauf an, ob der Beigeladene Ziff. 1 berechtigt war, Aufträge auch abzulehnen, denn die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, kann zwar als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen werden, weil der Beigeladenen Ziff. 1 damit über den Umfang seiner Tätigkeit selbst bestimmte. Doch sind ebenso im Rahmen abhängiger Beschäftigung Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Beschäftigten überlassen, wie er im Anforderungsfall tätig werden will oder ob er eine Anfrage ablehnt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2013 - L 11 R 1083/12 -, Juris). In Abruf- oder Aushilfsbeschäftigungsverhältnissen, in denen auf Abruf oder in Vertretungssituationen, beispielsweise bei Erkrankung und Ausfall von Mitarbeitern, lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen wird, kann die Möglichkeit eingeräumt sein, eine Anfrage abzulehnen. Eine derartige Vereinbarung kann auch arbeitsrechtlich zulässig sein. Dabei handelt es sich dann in der Regel nicht um eine Arbeit auf Abruf im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG), sondern um auf den jeweiligen Einsatz bezogene Einzelarbeitsverträge (Ein-Tages-Arbeitsverhältnisse). Nach der Rechtsprechung des BAG sind die Arbeitsvertragsparteien nicht gezwungen, statt Einzelarbeitsverträgen ein Abrufarbeitsverhältnis nach § 12 TzBfG zu begründen. Auch kann der Arbeitnehmer ein Interesse an einer solchen Vertragskonstruktion haben; denn er kann dadurch über seine Zeit frei verfügen und läuft nicht Gefahr, dass seine anderweitigen Dispositionen und Verpflichtungen mit der Verpflichtung zur Arbeitsleistung kollidieren (BAG, Urteil vom 16.05.2012 - 5 AZR 268/11 -, Juris). Derartige Einzelarbeitsverträge können auch in Kombination mit einem Rahmenvertrag vereinbart werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.01.2017 - L 11 KR 1554/16 -, Juris). Dem Umstand, dass der Beigeladene Ziff. 1 Aufträge hätten ablehnen können, kommt damit auch hier keine entscheidende Bedeutung zu. Anknüpfungstatbestand für eine mögliche die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung ist das einzelne angenommene Auftragsverhältnis (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 22.04.2016 - L 1 KR 228/11 -, Juris mit Verweis auf BSG, Urteil vom 04.06.1998 - B 12 KR 5/97 -, Juris). Daher stellte sich für den Beigeladenen Ziff. 1 die Situation vor Annahme eines Auftrags letztlich nicht anders dar als für einen Arbeitsuchenden, dem es ebenfalls freisteht, eine ihm angebotene (gegebenenfalls befristete Teil-zeit-) Arbeitsgelegenheit anzunehmen oder nicht (BSG, Urteil vom 18.11.2015 -, a.a.O., Juris).

Grundsätzlich hätte der Beigeladene Ziff. 1 auch Aufträge anderer Auftraggeber entgegennehmen können. Der Gesichtspunkt mehrerer Auftraggeber kann zwar als ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit gewertet werden (BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.11.2018 - L 8 R 702/16 -, Juris), dem hier insbesondere im Hinblick darauf, dass der Beigeladene Ziff. 1 im streitigen Zeitraum keine anderen Auftraggeber hatte, keine Bedeutung beigemessen werden kann.

Der Beigeladene Ziff. 1 war in den Betrieb des Klägers eingegliedert. Es kann dahinstehen, ob der Kläger dem Beigeladenen Ziff. 1 hinsichtlich der einzelnen Fahrten konkrete Weisungen erteilt hat. Kennzeichnend für eine
betriebliche Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines Auftraggebers ist bei Tätigkeiten, die keine fachlichen Weisungen erfordern, die Steuerung des Arbeitsablaufs durch organisatorische und koordinierende Maßnahmen durch den Auftraggeber, jedenfalls dann, wenn die zu beurteilende Tätigkeit Teil eines größeren Auftrages (Projekt) ist, den der Auftraggeber von einem Dritten (Endkunden) übernommen hat (vgl. Segebrecht in: JurisPK-SGB IV § 7 Abs. 1 Rdnr. 80 ff). Art und Umfang der auszuführenden Tätigkeit ergaben sich vorliegend aus dem übernommenen Auftrag. Eine darüber hinausgehende Weisung war nicht erforderlich. Umgekehrt beschränkte sich die Freiheit des Beigeladenen Ziff. 1 darauf, ob er den konkreten Auftrag übernimmt oder nicht. Weitergehende Freiheiten als ein Arbeitnehmer standen dem Beigeladenen Ziff. 1 im Hinblick auf Art, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsausführung nicht zu. Der Zeitraum der auszuführenden Tätigkeit war vorgegeben. Der Beigeladene Ziff.1 konnte allein dann tätig werden, wenn ihm ein Lkw des Klägers zur Verfügung gestellt wurde. Dass er in Einzelfällen Fahrten auch mit dem eigenen Pkw ausgeführt hat, fällt insgesamt nicht ins Gewicht, da die überwiegende Anzahl der Fahrten, wie der Beigeladene Ziff. 1 auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem AG Spaichingen angegeben hat, mit Lkw des Klägers ausgeführt werden mussten. Der Beigeladene Ziff. 1 ist darüber hinaus nicht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegenüber den Kunden des Klägers aufgetreten, sondern als Mitarbeiter des Klägers. Für die Fahrten hat er im Wesentlichen die Lkw des Klägers genutzt, so dass ihm auch sämtliche für die Ausführung der Arbeit benötigten Materialien von dem Kläger zur Verfügung gestellt wurden.

Damit hatte der Beigeladene Ziff. 1 aber auch keinerlei betriebliches Risiko. Maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG, Urteile vom 04.06.1998 - B 12 KR 5/97 R -; vom 25.01.2001 - B 12 KR 17/00 R -, vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R - und vom 28.09.2011 - B 12 R 17/09 R -, jeweils Juris), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. schon BSG, Urteile vom 13.07.1978 - 12 RK 14/78 -; vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R - und vom 28.09.2011 - B 12 R 17/09 R -, Juris) oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (BSG, Urteile vom 25.01.2001 - B 12 KR 17/00 R - und vom 31.03.2015 - B 12 KR 17/13 R -, Juris). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt hingegen kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen tatsächlich erbrachten Einsätze (BSG, Urteil vom 28.09.2011 - B 12 R 17/09 R -, Juris).

Vorliegend war zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen Ziff. 1 in der Regel ein Pauschalpreis vereinbart. Grundsätzlich besteht bei Pauschalpreisen für den Beigeladenen Ziff. 1 das Risiko, für die vereinbarten Tätigkeiten länger zu brauchen als vorab kalkuliert bzw. bei Nichtfertigstellung der vereinbarten Leistungen nicht bezahlt zu werden. Zugleich bietet sich aber auch die Möglichkeit, durch eine schnellere Erledigung des Auftrags den Gewinn zu erhöhen. Vorliegend war, wie der Beigeladene Ziff. 1 gegenüber dem AG Spaichingen angegeben hatte, der Pauschalpreis grundsätzlich durch den Kläger vorgegeben und nicht verhandelbar. Der Beigeladene Ziff. 1 hätte lediglich die Aufträge ablehnen können. Hierin ist ein gewisses unternehmerisches Risiko zu sehen, das aber in der Gesamtschau der Ausgestaltung der Tätigkeit nicht nennenswert ins Gewicht fällt. Wesentlich zu berücksichtigen ist, dass der Beigeladene Ziff. 1 über keinerlei eigene Betriebsmittel, insbesondere über keinen eigenen Lkw verfügte, sondern vielmehr kostenlos die Lkw des Klägers nutzte. Ein echtes Unternehmerrisiko hätte vorliegend bestanden, wenn bei Arbeitsmangel oder Arbeitsausfall nicht nur kein Einkommen oder Entgelt aus Arbeit erzielt worden wäre, sondern zusätzlich auch Kosten für betriebliche Investitionen und/oder Arbeitnehmer anfallen oder früher getätigte Investitionen brachliegen (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 22.04.2016 - L 1 KR 228/11 -, Juris m. w. N. und Beschluss vom 12.02.2018 - L 9 KR 496/17 B ER -, Juris). Zwar hätte der Beigeladene Ziff. 1 alleine das Risiko des Ausfalls seiner Arbeitskraft getragen ohne Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, auf bezahlten Urlaub oder auf Leistungen aus der Sozialversicherung. Bei diesen Tatsachen handelt es sich jedoch nicht um Umstände, die den Inhalt des Arbeitsverhältnisses und der Tätigkeit prägen, sondern um solche, die sich als Rechtsfolge ergeben, wenn keine abhängige Beschäftigung ausgeübt werden soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 25.01.2001 - B 12 KR 17/00 R - Juris Rdnr. 24; BAG, Urteil vom 19.11.1997 - 5 AZR 21/97 -, Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.01.2007 - L 11 (16) KR 16/04 -, Juris). Zudem handelt es sich bei dem danach im Vordergrund stehenden Risiko der Arbeiter, nicht arbeiten zu können, um ein Risiko, das auch jeden Arbeitnehmer trifft, der nur Zeitverträge bekommt oder auf Abruf arbeitet und nach Stunden bezahlt wird oder unständig Beschäftigter ist. Ein wesentliches unternehmerisches Risiko, das gerade einen Selbstständigen trifft, liegt darin nicht (s. auch Sächsisches LSG, Beschluss vom 12.02.2018 - L 9 KR 496/17 B ER -, Juris). Zwar bestanden durch die Bezahlung einer Pauschale ein gewisses unternehmerisches Risiko – und insbesondere auch gewisse unternehmerische Chancen –, durch die kostenlose Überlassung des Lkw durch den Kläger, die nicht vorhandene eigene Betriebsstruktur oder eigene kostenbehaftete Unternehmungen der Kundenakquise sind dem Beigeladenen Ziff. 1 aber auch keinerlei Kosten entstanden, die bei einem Betriebsausfall brachliegen würden. Ein eigenes werbendes Auftreten am Markt, das Rückschlüsse auf ein unternehmerisches Handeln zuließe (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 01.11.2017 - L 2 R 227/17 -, Juris), fehlte; der Beigeladene Ziff. 1 war auch ausschließlich für den Kläger tätig.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Beigeladene Ziff. 1 über keine Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr im Sinne des § 3 GüKG verfügte. Diese Lizenz ist, wie der Kläger selbst angibt, nur dann entbehrlich, wenn der Fahrer als Angestellter eines Unternehmens, das über die Erlaubnis verfügt, Güter transportiert, nicht jedoch bei einer Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit in dieser Branche. Im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit hätte der Beigeladene Ziff.
 1 daher selbst über diese Erlaubnis verfügen müssen. Dies war auch der Grund dafür, dass der Kläger den Beigeladenen Ziff.1 als geringfügig Beschäftigen zur Sozialversicherung angemeldet und ihm ein Entgelt in Höhe von 200,00 € gezahlt hat. Damit sollte der Anschein erweckt werden, dass der Beigeladene Ziff. 1 ordnungsgemäß als Mitarbeiter des Klägers angestellt gewesen sei und daher ohne eigene Erlaubnis nach § 3 GüKG fahren durfte. Eine Unterscheidung in der Ausgestaltung der Tätigkeit zwischen dem „Minijob“ und der weiteren Tätigkeit des Klägers war nicht möglich; es erfolgte weder eine zeitliche noch eine inhaltliche Trennung. Ein Unterschied wurde lediglich in der Art und Weise der Abrechnung vorgenommen.

Der Beigeladene Ziff. 1 war auch nicht bei dem Unternehmen seiner Ehefrau abhängig beschäftigt. Der Kläger war bei der Ausführung der Tätigkeit als Fahrer in keiner Weise in den Betrieb der Ehefrau eingegliedert. Gegenstand des Betriebs der Ehefrau war eine Handelsvertretung; sie hatte weder Transporttätigkeiten als Gewerbe angemeldet noch hätte sie Transporttätigkeiten betreiben können, da sie weder über einen Lkw noch über die Güterkraftverkehrserlaubnis nach § 3 GüKG verfügte. Der Beigeladene Ziff. 1 übte dementsprechend seine Tätigkeit als Fahrer auch nicht mit Fahrzeugen der Firma seiner Ehefrau, sondern ausschließlich mit Lkw der Firma des Klägers aus. Die darüber hinaus durchgeführten Fahrten mit dem eigenen Pkw fallen, wie bereits ausgeführt, nicht entscheidend ins Gewicht. Die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 hat diesem letztlich auch keine Weisungen erteilt. Die Verhandlungen über die einzelnen Fahrten und die vereinbarten Pauschalvergütungen wurden allein zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen Ziff. 1 geführt. Die Funktion der Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 beschränkte sich allein auf die Rechnungsstellung. Ein unternehmerisches Handeln der Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 als Unternehmerin im Transportgewerbe ist nicht gegeben, da sie am Markt in dieser Branche nicht aufgetreten ist und auch keine eigene Werbung betrieben hat.


Im Ergebnis stellt der Senat daher fest, dass der Beigeladene Ziff. 1 im gesamten Umfang seines Tätigwerdens als Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung bei dem Kläger beschäftigt war, da die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Umstände bei weitem überwiegen.

Die von der Beklagten festgesetzten Beiträge und Umlagen sind der Höhe nach nicht zu beanstanden; der Kläger hat Einwände hiergegen nicht vorgebracht, solche sind auch für den Senat nicht ersichtlich.

2. Auf die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge sind auch Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV zu erheben. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der seit 01.01.2002 unveränderten Fassung des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000 (BGBl I 1983) ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50,00 € nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Die objektiven Voraussetzungen für die Erhebung von Säumniszuschlägen, deren Vorliegen die Beklagte nachzuweisen hat, sind hier erfüllt. Der Kläger hat die von ihm geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge nicht rechtzeitig gezahlt.

Wird eine Beitragsforderung - wie hier - durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist nach § 24 Abs. 2 SGB IV ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Diese Ausnahmeregelung setzt voraus, dass der Beitragsschuldner keine Kenntnis von seiner Zahlungspflicht hat, die Unkenntnis nicht verschuldet ist, ihm auch Kenntnis oder Verschulden einer anderen Person nicht zurechenbar ist und die unverschuldete Unkenntnis ununterbrochen bis zur Festsetzung der Säumniszuschläge durch Bescheid bestanden hat.

Eine Exkulpation nach § 24 Abs. 2 SGB IV ist ausgeschlossen, wenn der säumige Beitragsschuldner Kenntnis von seiner Zahlungspflicht hatte (vgl. BSG Urteil vom 17.4.2008 - B 13 R 123/07 R -, Juris). Kenntnis von der Zahlungspflicht nach § 24 Abs. 2 SGB IV ist damit das sichere Wissen darum, rechtlich und tatsächlich zur Zahlung von Beiträgen verpflichtet zu sein (so bereits zu § 25 SGB IV BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R -, Juris). Sie liegt bei einem nach § 28e SGB IV zahlungspflichtigen Arbeitgeber vor, wenn er die seine Beitragsschuld begründenden Tatsachen kennt, weil er zumindest als Parallelwertung in der Laiensphäre nachvollzieht, dass einerseits Beschäftigung vorliegt, die andererseits die Beitragspflicht nach sich zieht. Das Wissen um die (bloße) Möglichkeit der Beitragserhebung steht dem sicheren Wissen um die rechtliche und tatsächliche Verpflichtung zur Beitragszahlung hingegen nicht gleich (BSG, Urteile vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R - und vom 12.12.2018 - B 12 R 15/18 R -, Juris). Ein Irrtum über die Arbeitgebereigenschaft schließt die Kenntnis aus (ähnlich zum Straftatbestand des § 266a StGB: BGH, Urteil vom 24.01.2018 - 1 StR 331/17 -, Juris).

Allein das Fehlen der Kenntnis von der Beitragszahlungspflicht steht der Festsetzung von Säumniszuschlägen noch nicht entgegen. Vielmehr sind Säumniszuschläge nur dann nicht zu erheben, wenn die Unkenntnis unverschuldet ist. Dieses (Un-)Verschulden bestimmt sich nicht nach § 276 BGB, sondern setzt aufgrund eines eigenständigen Verschuldensmaßstabs wenigstens bedingten Vorsatz voraus (vgl. BSG, Urteile vom 26.01.2005 - B 12 KR 3/04 R -, und vom 12.12.2018, a.a.O., Juris)

Ist eine Juristische Person des Privatrechts Beitragsschuldnerin, kommt es zunächst auf die Kenntnis oder unverschuldete Unkenntnis zumindest eines Mitglieds eines Organs von der Beitragspflicht an. Wissen und Verschulden eines vertretungsberechtigten Organmitglieds ist als dasjenige des Organs anzusehen und damit auch der Juristischen Person zuzurechnen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R -, Juris). Das gleiche gilt nach dem Rechtsgedanken der §§ 166, 278 BGB für andere zum Vertreter der Juristischen Person bestellte natürliche Personen, sofern sie eigenverantwortlich mit der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung einer Tätigkeit für die Juristische Person und der Erfüllung ihrer Zahlungspflicht betraut sind (vgl. BGH Urteil vom 28.02.2012 - VI ZR 9/11 - Juris Rdnr. 13 f). Auch die Kenntnis und das Verschulden weiterer im Rahmen einer betrieblichen Hierarchie verantwortlicher Personen kann der betroffenen Juristischen Person zuzurechnen sein, wenn keine Organisationsstrukturen geschaffen wurden, um entsprechende Informationen aufzunehmen und intern weiterzugeben (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2015 - B 12 R 11/14 R -, Juris).

Für die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht trägt der Kläger die objektive Beweislast. § 24 Abs. 2 SGB IV ist als Ausnahme von der Erhebung von Säumniszuschlägen ausgestaltet, so dass derjenige beweispflichtig ist, der sich auf die rechtsbegründenden Tatsachen der Ausnahme beruft (vgl. BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R -, Juris). Dabei genügt der abgesenkte Beweisgrad der Glaubhaftmachung (BSG, Urteil vom 12.12.2018, a.a.O., Juris).

Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass dem Kläger wenigstens bedingter Vorsatz vorgehalten werden kann. Es kann im Rahmen bedingten Vorsatzes vorwerfbar sein, wenn ein Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit darauf verzichtet, die Entscheidung einer fachkundigen Stelle herbeizuführen (vgl. BSG, Urteile vom 09.11.2011 - B 12 R 18/09 R - und vom 24.03.2016 - B 12 KR 20/14 R -, Juris). Allerdings darf nicht das gesamte Risiko der Einordnung komplexer sozialversicherungsrechtlicher Wertungsfragen den Arbeitgebern überantwortet werden (vgl. BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 R 7/14 R -, Juris), so dass sich Schematisierungen verbieten. Es bedarf deshalb der individuellen Überprüfung des bedingten Vorsatzes unter sorgfältiger Beweiswürdigung im Einzelfall (vgl. BSG, Urteil vom 04.09.2018 - B 12 KR 11/17 R -, Juris). Wie das SG geht auch der Senat davon aus, dass dem Kläger vorsätzliches Handeln vorzuwerfen ist. Betrachtet man die Vereinbarungen und die tatsächliche Durchführung insgesamt, drängt es sich geradezu auf, dass durch das Konstrukt aus Minijob bei der Firma des Klägers und Rechnungstellung über die Ehefrau des Beigeladenen Ziff. 1 der Anschein einer selbstständigen Tätigkeit geschaffen werden sollte, um wissentlich der Beitragsführung zu entgehen, gleichermaßen aber für Kontrollen hinsichtlich der Erlaubnis nach § 3 GüKG der Anschein einer ordnungsgemäßen abhängigen Beschäftigung durch Anmeldung eines sog. Minijobs bestehen sollte. Von den beteiligten Personen verfügte allein der Kläger bzw. dessen Firma über die notwendige Güterkraftverkehrserlaubnis nach § 3 GüKG. Dass der Kläger wusste, dass der Beigeladene Ziff. 1 nicht über die erforderliche Erlaubnis nach § 3 GüKG verfügte, ergibt sich bereits daraus, dass er ihn gezielt danach fragte und aufgrund der fehlenden Erlaubnis den Vorschlag machte, den Beigeladenen Ziff. 1 im Rahmen eines Minijobs zu beschäftigen. Bei einer Kontrolle hätte er dann keine negativen Folgen befürchten müssen. Ihm war daher auch bewusst, dass die Fahrtätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 nur im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung möglich war. Für den Kläger musste auch erkennbar sein, dass die Tätigkeit des Beigeladene Ziff. 1 sich in keiner Weise von der seiner abhängig beschäftigten Fahrer unterschied, außerdem zwischen der Tätigkeit im Rahmen des Minijobs als auch im Rahmen der – vermeintlichen – selbständigen Tätigkeit keinerlei Unterschiede bestanden. Der Kläger hat die dem Beigeladenen Ziff. 1 gezahlte Vergütung – für ein einheitliches Tätigwerden – gezielt sozialversicherungsrechtlich unterschiedlich behandelt. Zum einen hat er es im Rahmen des Minijobs als Arbeitsentgelt angesehen, den darüber hinausgehenden Betrag, der sozialversicherungspflichtig gewesen wäre, als Lohn für eine selbstständige Tätigkeit angesehen. Hieraus ergibt sich ein offenkundiger Wertungswiderspruch, der dem Kläger, der nach seinen Angaben im streitigen Zeitraum 35 bis 40 angestellte Fahrer beschäftigt hat, hätte auffallen müssen. Wird bei einem solch offenkundigen Wertungswiderspruch nicht die Klärung durch eine zur Entscheidung zuständigen Stelle, wie der Einzugsstelle gemäß § 28h Abs. 2 SGB IV eingeholt, folgt daraus zumindest bedingter Vorsatz. Wer Kenntnis von einer ungewöhnlichen, mit einem eklatanten Wertungswiderspruch verbundenen Handhabung hat, es aber unterlässt, diese rechtssicher abzuklären, zeigt damit, dass er mit der Möglichkeit, nicht mit der Gesetzeslage zu vereinbarenden Handelns rechnet und sich damit abgefunden hat (Bayerisches LSG, Urteil vom 05.04.2016 - L 5 KR 392/12 -, Juris). Dies gilt vorliegend umso mehr, als mit der Frage der Versicherungs- und Beitragspflicht eine in § 28e SGB IV normierte zentrale Arbeitgeberpflicht betroffen ist. Diese Pflicht darf zwar auf Mitarbeiter oder fachkundige Stellen übertragen werden. Dann aber ist dem Arbeitgeber, der diese Aufgaben delegiert hat, ein Verschulden des Beauftragten – hier ggf. des beauftragen Steuerberaters – im Rahmen der Wissensvertretung analog § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.12.2015 - L 8 R 213/13 B ER -, Juris) zuzurechnen.

Auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann nicht abschließend geklärt werden, ob der Zeuge B, der im maßgeblichen Zeitraum als Steuerberater für den Kläger tätig war, tatsächlich eine (fehlerhafte) Bewertung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen Ziff. 1 abgegeben hat. Der Zeuge hat angegeben, eine sozialversicherungsrechtliche Beratung nicht vorgenommen zu haben, sich letztlich an konkrete Gespräche hinsichtlich der Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 aber nicht erinnern zu können. Es kann dahinstehen, ob der Zeuge B auf konkrete Nachfrage des Klägers tatsächlich die Einschätzung vertreten hat, die gewählte Konstruktion (Kombination aus Rechnungstellung und Minijob) sei nicht nur steuerrechtlich, sondern auch sozialversicherungsrechtlich „in Ordnung“. Denn jedenfalls würde den Kläger der Vorwurf fehlender beitragsrechtlicher Überwachung des Steuerberaters treffen. Denn nach der Rechtsprechung des BSG bedarf es für die Frage der Versicherungspflicht typischerweise einer besonderen Sachkunde auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts (BSG, Urteil vom 05.03. 2014 - B 12 R 7/12 R -, Juris). Die Kern- und Haupttätigkeit eines Steuerberaters besteht aber in der geschäftsmäßigen „Hilfeleistung in Steuersachen" (vgl. § 2, § 3 Nr. 1, §§ 32, 33 StBerG). Gemäß § 33 S 1 StBerG haben Steuerberater die „Aufgabe, im Rahmen ihres Auftrags ihre Auftraggeber in Steuersachen zu beraten, sie zu vertreten und ihnen bei der Bearbeitung ihrer Steuerangelegenheiten und bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten Hilfe zu leisten". Die steuerliche Beratung ist danach eine auf dieses spezielle Fachgebiet beschränkte Rechtsberatung. Zwar hat die Beratung in steuerlichen Angelegenheiten häufig Bezugspunkte hin zu außersteuerrechtlichen Regelungen. Dies bedeutet indessen nicht, dass eine Tätigkeit auf außersteuerlichen Rechtsgebieten bereits deshalb dem Berufs- und Tätigkeitsbild eines Steuerberaters zuzuordnen ist, nur weil bestimmte Tatbestände überhaupt für die steuerliche Beratung relevant sind. Das Steuerrecht erfasst eine Vielzahl von Vorgängen, für welche auch Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten bedeutsam sein können. Nähme man schon allein deswegen einen Zusammenhang mit dem Berufs- und Tätigkeitsbild eines Steuerberaters an, wären Steuerberater letztlich annähernd unbeschränkt berechtigt, auf allen Rechtsgebieten berufliche Aktivitäten zu entfalten. Auch kann bei Steuerberatern - anders als bei Rechtsanwälten - nicht von einer umfassenden Eignung in juristischen Belangen ausgegangen werden, die aufgrund erworbener und unter Beweis gestellter Kenntnisse und Fähigkeiten in der spezifischen Juristischen Methodik und Arbeitsweise zurückzuführen sind. Daraus folgt Zweifaches: (1) Der Steuerberater, der eine hohe Qualifikation erfordernde sozialrechtliche Einschätzung vornimmt - wie vorliegend die Versicherungsfreiheit - handelt jedenfalls dann gegen jede Sorgfaltspflicht, wenn er bei offen zu Tage tretenden widersprüchlichen Wertungen keine klärende Entscheidung des zuständigen Sozialversicherungsträgers einholt. (2) Arbeitgeber, die es im Falle der Delegation ihrer zentralen beitragsrechtlichen Pflichten auf einen Steuerberater unterlassen, dessen Handlungsweise zu hinterfragen, handeln schuldhaft im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV (vgl. Bayerisches LSG, a.a.O.).

Da sich, wie bereits ausgeführt, die Wertungswidersprüche in der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung dem Kläger selbst hätten aufdrängen müssen, gilt dies auch für den Steuerberater, dessen ggf. falsche Beratung dem Kläger zuzurechnen wäre. Sollte der Kläger dem Steuerberater nicht alle maßgebenden Umstände mitgeteilt haben, bleibt es – erst recht – bei dem Verschuldensvorwurf gegenüber dem Kläger. Diesem ist – jedenfalls – bedingter Vorsatz vorzuwerfen.


3. Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Beitragsnachforderungen auch nicht verjährt. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die Fälligkeit bestimmt sich gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, wonach Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessen sind, in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig werden, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, mit der das Arbeitsentgelt erzielt wird. Eine Ausnahme von dem Eintritt der regelmäßigen Verjährung ergibt sich aus der Vorschrift des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Dort ist bestimmt, dass eine Verjährungsfrist von dreißig Jahren gilt, wenn Beiträge vorsätzlich vorenthalten worden sind. Bedingter Vorsatz im Hinblick auf die Vorenthaltung von Beiträgen liegt vor, wenn der Arbeitgeber trotz Kenntnis der Möglichkeit der Beitragspflicht die Beitragszahlung unterlässt und er dadurch die Nichtabführung von geschuldeten Beiträgen billigend in Kauf nimmt (BSG, Urteile vom 30.03.2000 - B 12 KR 14/99 R - und vom 12.12.2018 - B 12 R 15/18 R -, jeweils in Juris). Wie oben dargelegt, liegt ein solcher bedingter Vorsatz hier vor.

Der Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 155 Abs. 1 und 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Verhältnis von gegenseitigem Obsiegen und Unterliegen. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3, § 47 Gerichtskostengesetz (GKG) und entspricht der Summe der streitigen Gesamtforderung.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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