L 3 AS 3959/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 358/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 3959/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte dem Kläger Akteneinsicht zu gewähren sowie diverse Fragen im Zusammenhang mit einer ärztlichen Begutachtung durch den sozialmedizinischen Dienst zu beantworten hat.

Der Kläger bezieht von dem Beklagten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben vom 24.01.2017 bestellte der Beklagte den Kläger zu einer medizinischen Untersuchung ein. Mit Schreiben vom 30.01.2017 wandte sich der Kläger an den Beklagten und beantragte „zum Zwecke der Verfolgung meines rechtlichen Interesses die Übersendung der dienstlichen Weisung zu diesem neuerlichen Vorgehen sowie den vollständigen Schriftverkehr, welchen Sie mit dem von Ihnen beauftragten ärztlichen Dienst / Arzt im Zusammenhang mit dem vorliegenden Untersuchungsauftrag getätigt haben einher mit der Ausgestaltung eben des Untersuchungsauftrags einschließlich der Zielfragen“ bis zum 09.02.2017. Mit Schreiben vom 15.02.2017 erinnerte der Kläger an die von ihm beantragte Akteneinsicht und bat um Übersendung des noch zu erstellenden Gutachtens. Die Begutachtung fand am 16.02.2017 statt. Unter dem 28.02.2017 bat der Kläger erneut um Übersendung des Gutachtens und um Information „über alle Unterlagen, welche dem ärztlichen Dienst (ÄD) der Agentur für Arbeit Karlsruhe-Rastatt zu meiner Person vorliegen“ beziehungsweise um Aushändigung dieser Unterlagen. Erneute schriftliche Erinnerungen erfolgten unter dem 31.03.2017 und 19.04.2017. Sodann übersandte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 05.05.2017 Kopien der dem Ärztlichen Dienst vorliegenden Unterlagen.

Am 29.01.2018 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben. Der Beklagte sei zu verurteilen, „seinen Informations- und Auskunftspflichten Genüge zu tun und hierbei insbesondere dem Kläger dessen mit schriftlicher Antragstellung vom Montag, 30. Januar 2017 gestellten Fragen in umfassender sachdienlicher und transparenter Weise zu beantworten“. Der Beklagte hat die Verwaltungsakten sowie einzelne den Umgang mit dem ärztlichen Dienst betreffende Unterlagen vorgelegt und ausgeführt, sämtlicher Schriftverkehr befinde sich in den Verwaltungsakten, die dem Kläger mehrfach im Rahmen zahlreicher Gerichtsverfahren zur Einsichtnahme vorgelegt worden seien. Sodann hat der Kläger ausgeführt, er bitte „um Anforderung des vollständigen Aktenmaterials, welches beim Beklagten zu meiner Person geführt worden ist und geführt wird, d. h. vor allem auch der vollständigen Akte betreffend die Handlungsvornahmen des Bereichs Vermittlung / Arbeitsvermittlung“. Hierüber sei ihm keine Akteneinsicht oder -auskunft zugestanden worden. Er hat ferner ausgeführt, er begehre „die Auskunftserteilung und Beantwortung meiner am 30.01.2017 und am 13.02.2017 dem Beklagten gestellten Fragen, die auf unmittelbar meine personenbezogenen (rechtlichen und sachlichen) Belange abzielen“. Daraufhin hat der Beklagte die den Sachverhalt betreffenden Vermerke im Bereich „Markt und Integration“ übersandt und ausgeführt, daneben existierten auch Schreiben des ärztlichen Dienstes. Das SG Karlsruhe hat diese Vermerke dem Kläger und die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie die einzelnen den Umgang mit dem ärztlichen Dienst betreffenden Unterlagen an das Amtsgericht Baden-Baden zur Einsicht durch den Kläger übersandt. Der Kläger hat dort am 27.06.2018 Akteneinsicht genommen. Nach erfolgter Akteneinsicht hat der Kläger ausgeführt, „dass bei mehreren hundert Blattseiten, die ich habe einsehen dürfen, ganze drei Blattseiten aus der Abteilung Arbeitsvermittlung (od. ‚Markt und Integration‘) darin aufzufinden waren“. Der Beklagte werde weiterhin gebeten, „eine lückenlose Offenlegung der Aktenführung zur Person des Klägers einbegriffen sämtlicher Unterlagen, welche unter Umständen bislang oder gegenwärtig nicht in der Vermittlungsakte und/oder der Leistungsakte abgelegt sind, zu ermöglichen“. Ferner hat der Kläger diverse Fragen, insbesondere wem „meine besonders schützenswerten persönlichen Daten – Privatgeheimnisse in Gestalt von Gesundheitsinformationen – offenbart wurde“, aufgeworfen. Der Beklagte hat dargelegt, die Verwaltungsakten lägen dem SG Karlsruhe vor, weitere schriftliche Korrespondenz mit dem ärztlichen Dienst liege bei ihm nicht vor.

Das SG Karlsruhe hat mit Gerichtsbescheid vom 01.10.2018 die Klage abgewiesen. Die als echte Leistungsklage statthafte Klage sei unzulässig. Soweit der Kläger Akteneinsicht in den Schriftverkehr des Beklagten mit dem ärztlichen Dienst begehre, sei die Klage zwischenzeitlich mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden. Das Rechtschutzbedürfnis entfalle, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers nicht verbessern würde, beispielsweise wenn der Kläger bereits klaglos gestellt sei. Der Kläger habe vorliegend am 27.06.2018 Einsicht in die Akten des Beklagten genommen. Weitere Unterlagen existierten zu dem Vorgang nicht. Der Kläger sei daher nach erfolgter Akteneinsicht diesbezüglich klaglos gestellt. Soweit der Kläger zudem Einsicht in die Vermittlungsakten des Beklagten begehre, sei die Klage mangels Beschwer und mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Auch bei der Leistungsklage müsse eine Beschwer vorhanden und der Kläger zur Klage befugt sein. Der Kläger sei beschwert, wenn der Beklagte sein Leistungsbegehren zu Unrecht, also rechtswidrig, abgelehnt habe. Bei der echten Leistungsklage genüge ein einfaches Verweigern der Leistung. Aus den vorliegenden Verwaltungsakten und insbesondere aus dem Schreiben des Klägers vom 30.01.2017 sei nicht ersichtlich, dass der Kläger bei dem Beklagten bereits Einsicht in die Vermittlungsakten beantragt habe. Insofern fehle es bereits an einem vor Klageerhebung gerichteten Leistungsbegehren des Klägers an den Beklagten und damit an einer Beschwer. Darüber hinaus gelte auch für echte Leistungsklagen der Grundsatz, dass ein Rechtsschutzbedürfnis nicht vorliege, wenn sich der Kläger mit seinem Begehren noch nicht an die zuständige Behörde gewandt habe. Sofern der Kläger nach erfolgter Akteneinsicht nun diverse Fragen an den Beklagten gerichtet habe, deren Beantwortung er begehre, sei die Klage ebenfalls mangels Beschwer beziehungsweise mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn aus den vorliegenden Verwaltungsakten ergebe sich nicht, dass der Kläger diese Fragen vor Klageerhebung bereits an den Beklagten gestellt habe, was jedoch notwendig gewesen wäre, um eine entsprechende Beschwer beziehungsweise ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis zu begründen. Sofern der Kläger von dem Beklagten Auskünfte nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) begehre, sei vorliegend eine Teilverweisung nicht in Betracht gekommen, weil das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) keine Teilverweisung kenne und der Verweisung des gesamten Rechtsstreits der Grundsatz entgegenstehe, dass eine solche nicht erfolgen dürfe, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig sei.

Gegen den ihm am 04.10.2018 zugestellten Gerichtsbescheid des SG Karlsruhe hat der Kläger am Montag, den 05.11.2018 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Insbesondere die Fragen nach der „Weitergabe meiner besonders schützenswerten Daten – Gesundheitsinformation – und den (fortbestehenden) Zugriffsmöglichkeiten möglicherweise unbefugter Personen in der Folge Datenschutz vernachlässigendem Verwaltungshandel der beklagten Behörde“ seien weiterhin unbeantwortet.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 1. Oktober 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, seinen Informations- und Auskunftspflichten Genüge zu tun und hierbei insbesondere die von ihm mit schriftlicher Antragstellung vom 30.01.2017 gestellten Fragen in umfassender, sachdienlicher und transparenter Weise zu beantworten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufungsbegründung enthalte keine Ausführungen, die nicht schon vom SG Karlsruhe Berücksichtigung gefunden hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 151 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Senat konnte trotz Abwesenheit des ausweislich der aktenkundigen Postzustellungsurkunde zur mündlichen Verhandlung geladenen Klägers entscheiden. Er hat seine Abwesenheit lediglich damit begründet, aufgrund seiner „derzeitigen gesundheitlichen Verfassung ... die Reise mit Verkehrsmitteln des ÖPNV nach S heute früh“ nicht antreten zu können. Einen Verlegungsantrag hat er aber nicht gestellt. Ein solcher ist auch nicht in seinem Begehren auf ein erweitertes Schriftsatzrecht zu der – nach seinen Ausführungen ihm nicht zur Kenntnis gebrachten – Berufungserwiderung des Beklagten zu erblicken. Eine Vertagung der mündlichen Verhandlung zu diesem Zwecke war nicht erforderlich, da die Berufungserwiderung des Beklagten weder einen für den Kläger neuen Sachverhalt noch eine ihm unbekannte neue rechtliche Beurteilung, sondern lediglich die übliche bausteinmäßige auf die aus Sicht des Beklagten gegebene Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung verweisende Berufungsabweisungsbegründung enthielt.     

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG Karlsruhe vom 01.10.2018, mit dem die Klage des Klägers abgewiesen worden ist. Der Kläger erstrebt die Verurteilung des Beklagten, seinen Informations- und Auskunftspflichten Genüge zu tun und hierbei insbesondere die von ihm mit Schreiben vom 30.01.2017 gestellten Fragen in umfassender sachdienlicher und transparenter Weise zu beantworten. Diese prozessualen Ziele verfolgt der Kläger gemäß § 54 Abs. 5 Satz 1 SGG mit der echten Leistungsklage.

Die Berufung ist unbegründet, da die Klage unzulässig ist.

Das SG Karlsruhe hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, dass die Klage des Klägers auf Einsicht in den Schriftverkehr des Beklagten mit dem ärztlichen Dienst mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden ist, da dem Kläger inzwischen Einsicht in die Akten des Beklagten gewährt worden ist und darüberhinausgehende Unterlagen nicht existieren. Der Senat folgt dem SG Karlsruhe auch dahingehend, dass die Klage des Klägers auf Einsicht in die Vermittlungsakten des Beklagten und auf Beantwortung diverser Fragen mangels Beschwer und mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist, da der Kläger bei dem Beklagten vorgerichtlich eine solche Akteneinsicht und die Beantwortung solcher Fragen nicht beantragt hat. Auch trifft es zu, dass die Sozialgerichtsbarkeit für Begehren auf Auskünfte nach dem IFG nicht zuständig ist und eine Teilverweisung nicht in Betracht kommt, weil das GVG keine Teilverweisung kennt und der Verweisung des gesamten Rechtsstreits der Grundsatz entgegensteht, dass eine solche nicht erfolgen darf, wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig ist. Der Senat folgt den Ausführungen des SG Karlsruhe und sieht daher gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.

 

Rechtskraft
Aus
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