Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung von Kindergeld im Wege der Abzweigung hat.
Die 1991 geborene Klägerin, die in einer Pflegefamilie aufwuchs, begann am 02.09.2015 eine Ausbildung als Verkäuferin. Ihre Mutter, die im Juni 2016 verstorbene französische Staatsangehörige C. F., lebte zu diesem Zeitpunkt in F.
Unter dem 24.09.2015 stellte die Klägerin einen Antrag auf Auszahlung des anteiligen Kindergeldes für über 18 Jahre alte Kinder. Dabei gab sie an, dass eine Unterhaltszahlung weder durch ihren Vater K, dessen Anschrift sie nicht kenne, noch durch C.F. erfolge. Mit den Schreiben vom 27.10.2015 forderte die Beklagte C.F. auf, die übersandten Formulare ausgefüllt vorzulegen, und hörte sie zugleich zur Auszahlung des anteiligen Kindergeldes an die Klägerin wegen Verletzung der Unterhaltspflicht ab September 2015 an. Nachdem C.F. unter dem 10.11.2015 lediglich erklärt hatte, dass sie für die Klägerin keinen Unterhalt leiste, und auf die Erinnerung der Beklagten vom 24.11.2015 keine Reaktion erfolgt war, versagte die Beklagte mit Bescheid vom 22.12.2015 gegenüber C.F. gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) wegen fehlender Mitwirkung die Gewährung von Kindergeld für die Klägerin in voller Höhe. Mit weiterem Bescheid vom 22.12.2015 entschied die Beklagte, dass dem Antrag der Klägerin auf Abzweigung gemäß § 48 Abs. 1 SGB I wegen fehlender Unterhaltsleistung nicht entsprochen werden könne, denn der Anspruch könne nicht festgestellt werden, da C.F. nicht mitwirke. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, zu dessen Begründung die Klägerin im Wesentlichen vortrug, dass sie seit über 16 Jahren von C.F. weder die üblichen elterlichen noch irgendwelche finanzielle Zuwendungen erhalten habe, wies die Beklagte, nachdem sie C.F. erneut erfolglos auf ihre Mitwirkungspflichten hingewiesen und die Klägerin unter Vorlage einer Bestallungsurkunde vorgetragen hatte, für sie sei nun ein Vormund bestellt, mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2016 als unbegründet zurück, weil die Gewährung von Kindergeld gegenüber C.F. zu Recht versagt worden und dementsprechend der Antrag der Klägerin auf Abzweigung abzulehnen gewesen sei.
Mit der hiergegen am 05.09.2016 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin die Gewährung von Kindergeld ab September 2015 im Wege der Abzweigung weiterverfolgt und die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, dass ihr nachweislich zu keiner Zeit von C.F. Kindesunterhalt geleistet worden sei, so dass dem Antrag bereits deswegen gemäß § 74 Einkommensteuergesetz (EStG) zu entsprechen gewesen sei. Außerdem seien die Voraussetzungen einer Versagung nach § 66 SGB I nicht gegeben, denn sie als Antragstellerin habe keine Mitwirkungspflichten verletzt; jedenfalls sei die Entscheidung ermessensfehlerhaft.
Mit Beschluss vom 04.11.2016 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg vorgelegt und von dem erkennenden Senat mit Beschluss vom 28.11.2018 zurückgewiesen worden (Az. L 3 KG 4765/16 B).
Bereits am 24.01.2017 hatte das SG die Klage mit Gerichtsbescheid abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte gar kein Kindergeld bewilligt habe, das an die Klägerin abgezweigt werden könnte. Gegenüber C.F. habe die Beklagte die Bewilligung vielmehr ausdrücklich versagt. Eine Abzweigung von Kindergeld nach § 48 SGB I komme daher nicht in Betracht.
Gegen den der damaligen Bevollmächtigten der Klägerin am 25.01.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 27.02.2017, einem Montag, die vorliegende Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 01.05.2017 die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Über den bereits zur Klagebegründung erfolgten Vortrag hinaus, hat sie gerügt, dass die bereits zuvor schwer erkrankte C.F. zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 17.08.2016 bereits verstorben gewesen sei. Außerdem hätten sowohl die Beklagte als auch das SG das sich aus § 62 Abs. 1 EStG ergebende Territorialprinzip verkannt. Des Weiteren hätte die Beklagte sie auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 1 Abs. 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) hinweisen müssen, so dass sie Kindergeld für sich selbst hätte erhalten können. Diese Voraussetzungen seien Ende 2015 gegeben gewesen. Jedenfalls aber sei ihr Antrag auf Abzweigung des C.F. bewilligten Kindergeldes in einen Antrag auf Gewährung von eigenem Kindergeld umzudeuten. Abgesehen davon sei die Anspruchsberechtigung der Pflegeeltern in Betracht zu ziehen und vorrangig zu prüfen gewesen.
Die Klägerin beantragt (den Antrag aus dem Schriftsatz vom 01.05.2017 sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Januar 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab September 2015 im Wege der Abzweigung Kindergeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf den angefochtenen Gerichtsbescheid und trägt ergänzend vor, dass ein eigenständiger Anspruch als Waise gemäß § 1 Abs. 2 BKGG allenfalls bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in Betracht komme und hierfür nicht sie, sondern die Familienkasse Bayern Nord zuständig sei.
Mit Beschluss vom 21.02.2019 hat der Senat die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, nach § 151 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG vom 24.01.2017, mit dem die Klage der Klägerin gegen den an sie gerichteten Bescheid der Beklagten vom 22.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2016 abgewiesen worden ist. Wie schon hinsichtlich des Klageverfahrens dargelegt (vgl. hierzu den Beschluss des erkennenden Senats vom 28.11.2018, L 3 KG 4765/16 B), gilt auch für das Berufungsverfahren, dass zulässiger Gegenstand ausschließlich ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Abzweigung von Kindergeld gemäß § 48 Abs. 1 SGB I hat. Denn nur darüber entschied die Beklagte mit dem an die Klägerin ergangenen Bescheid vom 22.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.08.2016. Nur dies ist erstinstanzlich geltend gemacht worden, so dass das SG auch nur darüber entschieden hat, und auch nur dieser Anspruch wird gemäß Antragstellung im Schriftsatz vom 01.05.2017 im Berufungsverfahren begehrt. Unerheblich ist im Rahmen des vorliegenden Verfahrens daher auch, ob die Klägerin möglicherweise einen eigenen Anspruch auf Kindergeld hatte.
Die hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung von Kindergeld im Wege der Abzweigung zulässige Klage ist unbegründet. Denn die Beklagte hat zu Recht mangels abzuzweigender Leistung dem Antrag auf Abzweigung nicht entsprochen.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB I können laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, in angemessener Höhe an den Ehegatten, den Lebenspartner oder die Kinder des Leistungsberechtigten ausgezahlt werden, wenn dieser ihnen gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Kindergeld, Kinderzuschläge und vergleichbare Rentenbestandteile (Geldleistungen für Kinder) können an Kinder, die bei der Festsetzung der Geldleistungen berücksichtigt werden, bis zur Höhe des Betrages, der sich bei entsprechender Anwendung des § 54 Abs. 5 Satz 2 SGB I ergibt, ausgezahlt werden (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Nach § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB I gilt dies für das Kindergeld auch dann, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrages zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld.
Bei der Abzweigung nach § 48 Abs. 1 SGB I handelt es sich um eine der Pfändung ähnliche, aber – durch die Verlagerung ins Verwaltungsverfahren des zuständigen Leistungsträgers – vereinfachte öffentlich-rechtliche Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen, bei der der Leistungsanspruch zwar beim Berechtigten verbleibt, die Empfangsberechtigung aber auf einen Dritten übergeht (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 18.03.1999, B 14 KG 6/97 R, juris, m.w.N.). Die abzuzweigende Leistung ist nach Grund und Höhe untrennbar mit dem – beim Berechtigten verbleibenden – Leistungsanspruch verbunden. Durch die Abzweigungsentscheidung wird kein eigenständiger, von dem bewilligten Leistungsanspruch zu unterscheidender Sozialleistungsanspruch des Abzweigungsberechtigten geschaffen. Sein Recht beschränkt sich auf die Empfangsberechtigung; sie ist in ihrem Bestand und ihrer Höhe streng akzessorisch zu dem Leistungsanspruch (BSG a.a.O.). Abzweigungsfähig sind nur Leistungen, über deren Gewährung bereits entschieden ist (Karl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 3. Aufl. 2018, § 48 SGB I Rn. 107). Der Anspruch auf laufende Geldleistungen muss entstanden und fällig sein (BeckOK SozR/Gutzler, 50. Ed. 01.09.2018, SGB I § 48 Rn. 3).
Davon ausgehend ist die Abzweigung vorliegend zu Recht abgelehnt worden, denn ein bereits verbeschiedener und fälliger Anspruch auf Kindergeld als abzuzweigende Leistung existierte nicht. Insbesondere bestand ein solcher nicht gegenüber C.F., sondern er war vielmehr mit Bescheid vom 22.12.2015 gegenüber dieser versagt worden, wobei es für das vorliegende Verfahren unerheblich ist, ob diese Versagung zu Recht erfolgte (vgl. schon Beschluss des erkennenden Senats vom 28.11.2018, L 3 KG 4765/16 B).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.