Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. April 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung sowie eine Erstausstattung an Winterbekleidung beziehungsweise Kostenerstattung hierfür. Streitig ist hierbei insbesondere, ob die Klage zulässig ist.
Der im Jahr 1962 geborene Kläger befand sich bis zum 01.09.2016 in der LWL-M-Klinik R. Er wurde gemäß §§ 1 und 3 des Polizeigesetzes für Baden-Württemberg ab 07.09.2016 in die Obdachlosenunterkunft H-Straße in K eingewiesen.
Auf den am 07.09.2016 gestellten Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 12.09.2016 80,80 Euro für die Zeit vom 07.09.2016 bis 12.09.2016.
Mit Schreiben vom 13.09.2016 teilte der Kläger dem Beklagten unter anderem mit, dass bei der Leistungsberechnung Mehrkosten für Verpflegung zu berücksichtigen seien, da es innerhalb des Hotels S keine Möglichkeit zur Zubereitung von Speisen gebe und somit eine aufwändigere Verpflegung über einen Imbiss usw. erforderlich sei.
Nachdem der Beklagte die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 13.09.2016 zunächst versagt hatte, bewilligte er dem Kläger schließlich mit Änderungsbescheid vom 07.12.2016 für die Zeit vom 07.09.2016 bis 12.09.2016 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 125,80 Euro sowie mit Bewilligungsbescheid vom 07.12.2016 für die Zeit vom 13.09.2016 bis 30.09.2016 in Höhe von 377,40 Euro, für Oktober bis Dezember 2016 in Höhe von monatlich 629,- Euro und für Januar bis August 2017 in Höhe von monatlich 634,- Euro.
Mit Schreiben vom 10.12.2016 erinnerte der Kläger den Beklagten an die Gewährung des bereits geltend gemachten Verpflegungsmehrbedarfs und wies diesbezüglich erneut darauf hin, dass er warme Mahlzeiten nur außer Haus einnehmen könne, was mit beträchtlichen Mehrkosten verbunden sei. Außerdem beantragte er die Gewährung einer Erstausstattung an Winterbekleidung (1 Paar Übergangshandschuhe, 1 Paar Winterhandschuhe, 2 Paar Winterschuhe, 1 Paar Winterstiefel, 3 Satz Thermounterwäsche, 2 Winterhosen, 2 Jacken zum Unterziehen, 1 Winterjacke, 1 Winterregenjacke, 1 Schal). Er verfüge nicht über entsprechende Bekleidung, da er am 01.09.2016 aus einer längeren psychiatrischen Unterbringung entlassen worden sei, wo diese nicht erforderlich gewesen sei.
Unter dem 19.12.2016 erließ der Beklagte zwei Ablehnungsbescheide: Zum einen lehnte er den geltend gemachten Mehrbedarf für Ernährung ab, weil ein solcher nach § 21 Abs. 5 SGB II nur bei Leistungsberechtigten anzuerkennen sei, die aus medizinischen Gründen nachweislich eine spezielle kostenaufwändige Ernährung benötigten, die Einnahme von warmen Mahlzeiten außerhalb der obdachlosenrechtlichen Unterbringung aber keinen medizinischen Grund darstelle. Zum anderen lehnte der Beklagte die Erstausstattung für Winterbekleidung ab, weil diese bereits durch den gewährten Regelbedarf abgedeckt sei.
Mit seinem gegen die Bescheide vom 19.12.2016 erhobenen Widerspruch hielt der Kläger an den von ihm geltend gemachten Begehren fest. Hinsichtlich des Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung führte er unter anderem aus, dass es in der Tat keinen medizinischen Grund gebe. Aufgrund der fehlenden Möglichkeit der Selbstversorgung im Hotel S müsse er sich jedoch warme Mahlzeiten in Gastronomiebetrieben besorgen, wodurch sicher Mehrkosten in Höhe von 5,- Euro pro Tag, also 150,- Euro im Monat, entstünden. Da er über keine Winterbekleidung verfüge, habe er diesbezüglich einen Anspruch gemäß § 24 Abs. 3 SGB II.
Unter dem 17.01.2017 erließ der Beklagte sodann zwei Widerspruchsbescheide: Zum einen wies er den Widerspruch wegen eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung und zum anderen den Widerspruch wegen einer Erstausstattung an Winterbekleidung jeweils als unbegründet zurück. Die jeweils mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Widerspruchsbescheide wurden gemäß den in den Aktenexemplaren enthaltenen Vermerken jeweils am 17.01.2017 abgesandt.
Mit am 14.03.2017 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) eingegangenem Schreiben vom 10.02.2017 hat der Kläger Klage gegen die Widerspruchsbescheide vom 17.01.2017 erhoben und einen Antrag auf Erlas einer einstweiligen Anordnung gestellt, womit er die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von monatlich 150,- Euro und die Gewährung einer Erstausstattung an Winterbekleidung weiterverfolgt hat. Dieses Schreiben ist handschriftlich mit „Zweitschrift Sachstandsanfrage“ überschrieben. Das SG hat sodann ein Klageverfahren (Aktenzeichen S 8 AS 821/17) und ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Aktenzeichen S 8 AS 822/17 ER) angelegt.
Am 21.03.2017 hat der Kläger einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das SG am 14.03.2017 eine Sachstandsanfrage zu seinem Antrag vom 10.02.2017 erhalten habe. Da das SG dann am 15.03.2017 mitgeteilt habe, dass der Antrag vom 10.02.2017 am 14.03.2017 eingegangen sei, sei der ursprüngliche Antrag anscheinend verloren gegangen.
Das SG hat den Kläger unter dem 23.03.2017 unter anderem darauf hingewiesen, dass die Klage verfristet sein dürfte. Hinsichtlich des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das SG darauf hingewiesen, dass ein Vortrag, warum der Kläger ohne Verschulden verhindert gewesen sei, die Klagefrist einzuhalten, bislang nicht erfolgt sei. Zugleich ist der Kläger um Mitteilung gebeten worden, wann und wie er die „Erstschrift“ seines Antrags/Klageschreibens vom 10.02.2017 an das SG übermittelt habe, sowie – falls möglich – Mittel zur Glaubhaftmachung anzugeben. Der Kläger hat hierzu erklärt, dass seine Klageschrift nach Erstellung am 02.02.2017 und nochmaligen Überarbeitungen am 10.02.2017/11.02.2017 am 11.02.2017 ausgedruckt und auf den Postweg gebracht worden sei. Anhand des Dateiverzeichnisses sei nachweisbar, dass die letzte Änderung der Klageschrift am 11.02.2017 und damit fristgerecht erfolgt sei. Eine nachträgliche Erstellung sei nicht erfolgt. Es gebe auch keinen Grund, zu seinen eigenen Lasten eine fristgerecht gefertigte Klageschrift zurückzuhalten.
Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das SG mit Beschluss vom 05.04.2017 abgelehnt.
Hinsichtlich der begehrten Winterbekleidung hat der Kläger sodann noch vorgetragen, dass er sich für den Winter bereits Jacken für 191,40 Euro, eine Hose für 99,95 Euro sowie Handschuhe für 49,- Euro angeschafft gehabt habe (insgesamt 340,35 Euro), und entsprechende Kassenbelege vom Dezember 2016 und Januar 2017 vorgelegt.
Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 28.04.2017 die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, weil die Frist zur Erhebung der Klage, die am 20.02.2017 abgelaufen sei, mit der erst am 14.03.2017 eingegangenen Klageschrift nicht gewahrt worden sei. Der beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht stattzugeben, weil der Kläger trotz Nachfrage nicht vorgetragen habe, warum er ohne Verschulden verhindert gewesen sei, die Klagefrist einzuhalten, und dafür auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich seien.
Gegen den ihm am 03.05.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29.05.2017 beim SG die vorliegende Berufung eingelegt, die sodann dem Landessozialgericht Baden-Württemberg vorgelegt worden ist. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, dass das SG davon ausgehe, dass die am 17.01.2017 abgesandten Widerspruchsbescheide am 20.01.2017 zugestellt worden seien. Im Hinblick auf die Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 Grundgesetz <GG>) wäre dann auch sein Schreiben nach Versand am 11.02.2017 am 13.02.2017 als zugestellt zu werten. Auch ein Anwalt könne anhand eines Postversandbuches nachweisen, dass ein Schreiben versandt worden sei und so im Falle des Verlusts der Postsendung eine Wiedereinsetzung beantragen. Dies belege die Unzuverlässigkeit der privatisierten Post und dieses Vorgehen müsse auch Privatpersonen im Rahmen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand offenstehen, da ansonsten ein Verstoß gegen die Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 GG) vorliege. Auf Nachfrage des Senats hat der Kläger erklärt, dass er den Verpflegungsmehrbedarf in Höhe von monatlich 150,- Euro seit Antragstellung begehre. Den geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von Winterbekleidung hat er auf 400,- Euro beziffert.
Der Kläger beantragt (sein Begehren sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. April 2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 19. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2017 sowie unter Abänderung des Änderungsbescheids vom 7. Dezember 2016 und des Bewilligungsbescheids vom 7. Dezember 2016 zu verurteilen, ihm ab dem 7. September 2016 einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 150,- Euro zu gewähren, sowie den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 19. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2017 zu verurteilen, ihm für eine Erstausstattung an Winterbekleidung einen Betrag in Höhe von insgesamt 400,- Euro zu gewähren beziehungsweise die hierfür bereits entstandenen Kosten in Höhe von 340,35 Euro zu erstatten.
Der Beklagte bezieht sich auf seine Widerspruchsbescheide vom 17.01.2017 sowie den angefochtenen Gerichtsbescheid und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Einen Antrag des Klägers gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Überprüfung der Bescheide vom 19.12.2016 und Gewährung des begehrten Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung sowie Erstausstattung für Winterbekleidung hat der Beklagte mit Bescheid vom 13.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.07.2017 abgelehnt.
Der Kläger hat sich unter dem 14.01.2019, der Beklagte mit Schriftsatz vom 17.01.2019 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten sowie der Prozessakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet, ist gemäß §§ 143 und 144 SGG statthaft, nach § 151 SGG form- und fristgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig.
Soweit der Kläger einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung geltend macht, ist zu beachten, dass die Gewährung eines solchen Mehrbedarfs allein nicht zulässiger Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein kann (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteile vom 24.02.2011, B 14 AS 49/10 R, und 22.11.2011, B 4 AS 138/10 R, beide in juris, auch zum Nachfolgenden). Ist keine gänzliche Ablehnung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erfolgt, sondern – wie hier – lediglich deren Höhe streitig, kann einer Entscheidung des Trägers der Grundsicherung wegen der vorgesehenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen (vgl. § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II in der bis zum 31.07.2016 gültigen Fassung beziehungsweise § 41 Abs. 3 SGB II in der ab dem 01.08.2016 gültigen Fassung) grundsätzlich keine Bindungswirkung für zukünftige Bewilligungsabschnitte zukommen. Lässt der Bescheid, mit welchem die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung abgelehnt worden ist, eine ausdrückliche Bezugnahme auf einen bestimmten Bewilligungsabschnitt nicht erkennen, lässt dies – aus der insoweit für die Auslegung maßgeblichen Sicht eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann – nicht den Schluss zu, der Beklagte habe abschließend für die Zukunft über den geltend gemachten Mehrbedarf entscheiden wollen. Vernünftigerweise ergibt sich für den Bescheidempfänger in diesem Fall vielmehr die Auslegung, die rechtlich die einzig zulässige ist, mithin eine (ablehnende) Regelung der Beklagten über eine höhere Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung des geltend gemachten Mehrbedarfs nur für solche Bewilligungsabschnitte, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung in der Vergangenheit beziehungsweise der Gegenwart lagen (BSG, Urteil vom 24.02.2011, a.a.O.). Im Hinblick auf die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung sind damit vorliegend neben dem diesbezüglichen Ablehnungsbescheid vom 19.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.01.2017 auch der Änderungsbescheid vom 07.12.2016, welcher den Bewilligungsbescheid vom 12.09.2016 hinsichtlich des Bewilligungsabschnitts vom 07.09.2016 bis zum 12.09.2016 ersetzt hat, und der Bewilligungsbescheid vom 07.12.2016 betreffend den Bewilligungsabschnitt vom 13.09.2016 bis zum 31.08.2017 Gegenstand des Verfahrens. Die Bescheide, welche die anschließenden Bewilligungszeiträume regeln, sind nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. BSG, Urteil vom 24.02.2011, a.a.O.). Soweit der Kläger eine Erstausstattung an (Winter-) Bekleidung begehrt, gilt folgendes: Bei dem Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 64/07 R, juris). Beschafft sich der Hilfebedürftige die im Streit stehenden Gegenstände endgültig selbst, richtet sich sein Begehren ausschließlich auf eine Geldleistung (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2010, B 14 AS 36/09 R, juris). Der hinsichtlich der Ablehnungsbescheide vom 19.12.2016 ergangene negative Überprüfungsbescheid gemäß § 44 SGB X vom 13.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.07.2017 ist nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. BSG, Beschluss vom 30.09.2009, B 9 SB 19/09 B, juris). Aufgrund des Vorstehenden war der Antrag des Klägers wie aus dem Tatbestand ersichtlich sachdienlich zu fassen.
Die Berufung ist unbegründet, denn die zugrundeliegende, gegen die vorgenannten Bescheide gerichtete Klage ist bereits wegen Verfristung unzulässig.
Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Hat – wie hier – ein Vorverfahren stattgefunden, beginnt die Frist nach § 87 Abs. 2 SGG mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Nach § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tage nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung. Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG endet eine nach Tagen bestimmte Frist mit dem Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben begann vorliegend die Klagefrist gegen die auch an diesem Tag abgesandten und mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Widerspruchsbescheide vom 17.01.2017, die mangels Anhaltspunkten für einen späteren Zugang gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X am Freitag, den 20.01.2017, als bekannt gegeben galten, nach § 64 Abs. 1 SGG am 21.01.2017 und endete gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG am Montag, den 20.02.2017, um 24:00 Uhr. Innerhalb dieser Klagefrist hat der Kläger keine Klage erhoben. Bei schriftlicher Klageerhebung muss die Klage fristgemäß bei Gericht oder bei einer der in § 91 Abs. 1 SGG genannten Stellen eingegangen sein, wobei die objektive Beweislast für den Eingang der Klage innerhalb der offenen Frist der Kläger trägt (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 12. Auflage 2017, § 87 Rn. 6a). Gemäß dem vorliegenden Akteninhalt ist vor dem 14.03.2017, als die mit „Zweitschrift Sachstandsanfrage“ überschriebene Klageschrift vom 10.02.2017 beim SG eingegangen ist, keine Klage erhoben worden. Soweit der Kläger vorträgt, er habe diese Klageschrift am 11.02.2017 ausgedruckt und auf den Postweg gebracht und diese sei entsprechend der bei den Widerspruchsbescheiden des Beklagten vom 17.01.2017 angewandten Bekanntgabefiktion als am 13.02.2017 beim SG eingegangen zu werten, verkennt der Kläger, dass die Bekanntgabefiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X nur bei Verwaltungsakten Anwendung findet und die Klageschrift keinen Verwaltungsakt darstellt. Die Klagefrist ist somit nicht gewahrt.
Das SG hat im Ergebnis zu Recht auch den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Nach § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG sollen die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft gemacht werden. Der Kläger trägt vor, dass er seine Klageschrift vom 10.02.2017 am 11.02.2017 auf den Postweg gebracht habe. Da ein Eingang dieser Klageschrift jedoch zu keinem Zeitpunkt festgestellt werden kann (erstmals am 14.03.2017 ist die mit „Zweitschrift Sachstandsanfrage“ überschriebene Klageschrift vom 10.02.2017 beim SG eingegangen), stützt der Kläger seinen Wiedereinsetzungsantrag letztlich auf den Verlust der nach seinen Angaben am 11.02.2017 abgesandten Klageschrift auf dem Postweg. Wird ein Wiedereinsetzungsantrag auf den Verlust eines Schreibens bei der Postbeförderung gestützt, sind die Tatsachen, aus denen sich die rechtzeitige Absendung bzw. Aufgabe zur Post ergibt, detailliert anzugeben. Dazu gehört nicht nur die Bezeichnung der Versendungsart, sondern auch die Darlegung, zu welchem Zeitpunkt (Tag und Uhrzeit) der Briefumschlag mit dem betreffenden Schriftsatz von welcher Person und auf welche Weise (Abgabe beim Postamt oder Einwurf in einen bestimmten Postbriefkasten) zur Post aufgegeben worden ist (vgl. Bundesfinanzhof <BFH>, Beschluss vom 13.01.2004, VIII B 127/03, und BSG, Beschluss vom 13.09.2004, B 11 AL 153/04 B, beide in juris). Diesen Anforderungen ist vorliegend nicht genügt. Dem Kläger ist bereits mit Hinweis des SG vom 23.03.2017 mitgeteilt worden, dass ein Vortrag, warum er ohne Verschulden verhindert gewesen sei, die Klagefrist einzuhalten, bislang nicht erfolgt sei. Zugleich ist der Kläger um Mitteilung gebeten worden, wann und wie er die „Erstschrift“ seines Antrags/Klageschreibens vom 10.02.2017 an das SG übermittelt habe, sowie – falls möglich – Mittel zur Glaubhaftmachung anzugeben. Der Kläger hat hierzu erklärt, dass seine Klageschrift nach Erstellung am 02.02.2017 und nochmaligen Überarbeitungen am 10.02.2017/11.02.2017 am 11.02.2017 ausgedruckt und auf den Postweg gebracht worden sei. Anhand des Dateiverzeichnisses sei nachweisbar, dass die letzte Änderung der Klageschrift am 11.02.2017 und damit fristgerecht erfolgt sei. Diese Ausführungen, die keinerlei nähere Angaben über die Umstände der behaupteten Aufgabe der Klageschrift zur Post enthalten, reichen für eine Wiedereinsetzung nicht aus (vgl. auch Beschluss des erkennenden Senats vom 08.06.2018, L 3 AS 1482/18 ER-B [nicht veröffentlicht]). Auch einen Nachweis für die behauptete Aufgabe zur Post am 11.02.2017 hat der Kläger nicht vorgelegt. Wann die Computerdatei zuletzt geändert worden ist, sagt nichts darüber aus, ob überhaupt – und geschweige denn, wann – ein Ausdruck erstellt und zur Post gegeben worden ist. Ist – wie somit hier – die Möglichkeit der verschuldeten Fristversäumung gegeben, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden (vgl. Bundesgerichtshof <BGH>, Beschluss vom 26.09.1991, I ZB 12/91, juris).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 821/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 2159/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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