L 8 BA 195/20 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
8
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 24 BA 70/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 BA 195/20 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 18.11.2020 geändert. Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den zur Betriebsnummer 01 ergangenen Bescheid vom 17.9.2018 wird abgelehnt.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Antragsteller zu 35% und die Antragsgegnerin zu 65%.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 168.772,65 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Münster vom 18.11.2020 ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine – wie hier erfolgte – Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für Säumniszuschläge (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 21.10.2020 – L 8 BA 143/19 B ER – juris Rn. 2 m.w.N.).

Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs zumindest wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des erkennenden Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 21.10.2020 L 8 BA 143/19 B ER juris Rn. 4 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wie tenoriert anzuordnen, da dessen Erfolg nach dem aktenkundigen Sachstand in diesem Umfang wahrscheinlich ist. Es spricht nach der im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung derzeit (nur) hinsichtlich des Bescheides vom 17.9.2018 zur Betriebsnummer 02 (Pizzeria M.Y) mehr dafür als dagegen, dass sich dieser im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird (hierzu unter 1.). Hingegen hat der Widerspruch gegen den Bescheid vom selben Tag zur Betriebsnummer 01 (Pizzeria Q.C) voraussichtlich keinen Erfolg (hierzu unter 2.).

Rechtsgrundlage der aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheide und der darin festgesetzten Beitragsnachforderung ist § 28p Abs. 1 S. 1 i.V.m. S. 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV). Im Rahmen der Prüfung werden gegenüber den Arbeitgebern Verwaltungsakte (sog. Prüfbescheide) zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide erlassen. § 10 Aufwendungsausgleichsgesetz stellt die Umlagen zum Ausgleichsverfahren insoweit den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung gleich (vgl. BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 R 9/18 R – juris Rn. 12).

1.) Das SG Münster hat zu Recht einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich des Bescheides der Antragsgegnerin vom 17.9.2018 zur Betriebsnummer 02 (Pizzeria M.Y), mit dem diese vom Antragsteller Beiträge und Umlagen einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 437.072,75 Euro für den Zeitraum vom 1.8.2011 bis 31.8.2016 nachfordert, gewährt. Der Bescheid ist formell rechtswidrig, da es an der sachlichen Zuständigkeit der Antragsgegnerin für dessen Erlass fehlt.

a) Gem. § 28p Abs. 2 S. 2 SGB IV stimmen sich die Träger der Rentenversicherung darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist – um Mehrfachprüfungen zu vermeiden – jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen. Erfasst wird mit der Regelung des § 28p Abs. 2 S. 2 SGB VI – auch wenn nicht expressis verbis benannt – die sachliche Zuständigkeit, da die Vorgaben zur örtlichen Zuständigkeit in § 28p Abs. 2 S. 1 SGB IV niedergelegt sind (vgl. Wehrhahn in: Kasseler Kommentar-SGB IV, § 28p Rn. 38 f.; Kreikebohm in: Kreikebohm SGB IV, 3. Aufl. 2018, § 28p Rn. 23). Eine entsprechende Regelungstechnik findet sich auch in sonstigen Bestimmungen der gesetzlichen Rentenversicherung. So wird die örtliche Zuständigkeit in den §§ 128, 128a SGB VI ausdrücklich erwähnt, die sachliche in §§ 127, 129 f., 133 SGB VI jedoch nicht.

Die von den Trägern der Rentenversicherung im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Abstimmung getroffenen Regelungen sind im Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zu den Prüfungen der Rentenversicherungsträger bei den Arbeitgebern vom 3.11.2010 (im Folgenden: GR) unter Ziffer 1.2 "Ausschluss von Mehrfachprüfungen" niedergelegt (vgl. Senatsbeschl. v. 30.8.2021 – L 8 BA 28/20 B ER – juris Rn. 8).

Gem. Ziff. 1.2.1 S. 3 GR erfolgt die Aufteilung im Verhältnis zwischen den Regionalträgern und der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund anhand der Prüfziffer in der Betriebsnummer des Arbeitgebers oder der abrechnenden Stelle nach § 28p Abs. 6 SGB IV. Bei Ad-hoc-Prüfungen – wie hier – bestimmt sich die Prüfzuständigkeit grundsätzlich nach der Betriebsnummer des Arbeitgebers (Ziff. 1.2.2 S. 2 i.V.m. Ziff. 1.1.2 GR, vgl. z.B. Senatsbeschluss v. 30.8.2021 – L 8 BA 28/20 B ER – juris Rn. 9; Wagner in: BeckOK Sozialrecht, § 28p Rn. 7; Wehrhahn in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht § 28p SGB IV Rn. 39; Kreikebohm in: Kreikebohm SGB IV, 3. Aufl. 2018, § 28p Rn. 23; Hauner, Die Beiträge 2021, 437, 441).

Die DRV Bund, hier die Antragsgegnerin, prüft dabei Arbeitgeber, in deren Betriebsnummer die Prüfziffer 0 bis 4 lautet, die Regionalträger prüfen in ihrem Zuständigkeitsbereich Arbeitgeber, in deren Betriebsnummer die Prüfziffer 5 bis 9 lautet (Ziff. 1.2.1 S. 4 GR). Die Prüfziffer ist die letzte Ziffer der Betriebsnummer (vgl. z.B. Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung "Meldeverfahren zur Sozialversicherung" vom 29.6.2016 in der Fassung vom 22.9.2020, Ziff. 1.3.2.2). Diese Bestimmungen des GR stellen eine ausreichende Regelung der sachlichen Zuständigkeit dar, da es sich um abstrakt-generelle Regelungen handelt, die nach allgemeinen Grundsätzen festlegen, ob die Betriebsprüfung von der DRV Bund als Bundesträger oder von einem Regionalträger durchzuführen ist (vgl. Senatsbeschl. v. 30.8.2021 – L 8 BA 28/20 B ER – juris Rn. 10 und Beschl. v.  2.9.2020 – L 8 BA 90/19 B ER – juris Rn. 8; LSG Bayern Beschl. v. 15.1.2018 – L 14 R 5201/16 – juris Rn. 24 f.; vgl. auch Scheer in: jurisPK-SGB IV, § 28p Rn. 138).

Ausgehend von der für den Betrieb des Antragstellers in Y vergebenen Betriebsnummer 02, zu der der hier streitige Bescheid ergangen ist, lautet die Prüfziffer 9, sodass vorliegend nicht die DRV Bund als Bundesträger und damit nicht die Antragsgegnerin, sondern ein Regionalträger für den Erlass eines Prüfbescheides gem. § 28p SGB IV sachlich zuständig ist.

b) Eine (von den o.g. Grundsätzen abweichende) sachliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin für den hier im Verfahren streitigen Bescheid folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Antragsteller als Einzelunternehmer zwei Betriebe betreibt und die Antragsgegnerin für den anderen, unter der Betriebsnummer 01 geführten Betrieb (Prüfziffer 4) sachlich zuständig ist.

Die Erforderlichkeit der Vergabe von zwei Betriebsnummern ergibt sich daraus, dass sich die Betriebe des Antragstellers in zwei verschiedenen Gemeinden befinden, der Betrieb mit der Betriebsnummer 02 in Y und derjenige mit der Betriebsnummer 01 in C (vgl. hierzu auch Scheer in: jurisPK-SGB IV, § 18i Rn. 30; summa summarum 4/2016, S. 4). Für diese nicht ungewöhnliche Konstellation enthält das GR keine von der Grundregel nach Ziffer 1.2.1 abweichende Sonderregelung. Die in Ziff. 1.2.2 bis 1.2.4 GR aufgeführten und an den gesetzlichen Vorschriften der Sozialgesetzbücher ausgerichteten Sonderzuständigkeiten liegen erkennbar nicht vor. Für eine einzelfallbezogene Abweichung fehlt es damit an einer Rechtsgrundlage (vgl. Senatsbeschl. v. 30.8.2021 – L 8 BA 28/20 B ER – juris Rn. 14; Beschl. v. 2.9.2020 – L 8 BA 90/19 B ER – juris Rn. 10, Scheer in: jurisPK-SGB IV, § 28p Rn. 138).

Dass Praktikabilitätserwägungen eine Bündelung von Zuständigkeiten, namentlich in Fällen mit strafrechtlichem Hintergrund sicherlich zweckmäßig erscheinen lassen (so Diepenbrock/Neidert, jurisPR-SozR 19/2021 Anm. 4; mit wortgleichen rechtlichen Ausführungen Hauner, Die Beiträge 2021, 437, 444) rechtfertigt ein Abweichen von den (derzeit) bestehenden Bestimmungen nicht. Eine Betriebsprüfung stellt für den Arbeitgeber nicht zuletzt wegen der mit ihr verbundenen Mitwirkungspflichten (vgl. § 10 der Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages – Beitragsverfahrensordnung) einen erheblichen Grundrechtseingriff dar. Ein solcher wäre nicht zu rechtfertigen, wenn das Prüfverfahren nicht abstrakt-generellen und transparenten Grundsätzen unterläge. Zu diesen Grundsätzen gehört auch, dass die Prüfung durch denjenigen Rentenversicherungsträger erfolgt, der nachvollziehbar zuständig ist. Dem Arbeitgeber muss konkret erkennbar sein, aus welchen allgemeinen Grundsätzen und unter Zugrundelegung welcher verfahrensrechtlicher Entscheidungen sich die Zuständigkeit des ihn prüfenden Rentenversicherungsträgers begründet (vgl. Freudenberg, B+P 2021, 781, 783).

Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, warum es den Rentenversicherungsträgern nicht im Rahmen der Abstimmung gem. § 28p Abs. 2 S. 2 SGB IV möglich sein sollte, die Zuständigkeitsregelungen abstrakt-generell so auszugestalten, dass besonderen Bedürfnissen der Praxis wie z.B. der Bündelung von Prüfungen im Rahmen von Schwarzarbeit Rechnung getragen wird (vgl. Freudenberg, B+P 2021, 781, 783). Bisher ist im GR vom 3.11.2010 von der Möglichkeit einer differenzierenden Regelung im Sinne einer Zuständigkeitsbündelung bei Ad-hoc-Prüfungen gerade kein Gebrauch gemacht worden. Im Gegenteil richtet sich die Prüfzuständigkeit in diesen Fällen auch bei Entgeltabrechnungen durch eine Stelle nach § 28p Abs. 6 SGB IV (z.B. Steuerberater) ausdrücklich nach der Betriebsnummer des Arbeitgebers (GR Ziff. 1.2.2 S. 2; vgl. auch Freudenberg, B+P 2021, 781, 783). Entsprechend kann sich der Arbeitgeber in diesen Fällen den prüfenden Rentenversicherungsträger auch nicht quasi über die Wahl der Abrechnungsstelle „aussuchen“ (so Diepenbrock/Neidert, jurisPR-SozR 19/2021 Anm. 4; wortgleich Hauner, Die Beiträge 2021, 437, 444). Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass im Übrigen in der Vergangenheit auch einzelfallbezogene Zuständigkeitsbestimmungen von Rentenversicherungsträgern nicht zwingend geeignet waren, Mehrfachprüfungen wie von § 28p Abs. 2 S. 2 letzter HS SGB IV vorgesehen, auszuschließen (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 2.9.2020 – L 8 BA 90/19 B ER – juris Rn. 9).

c) Eine sachliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die durchgeführte Prüfung kann sich schließlich nicht (allein) in der allgemeinen Organisationsnorm des § 125 SGB VI begründen (wie hier Freudenberg, B+P 2021, 781, 783; aA wohl Diepenbrock/Neidert, jurisPR-SozR 19/2021 Anm. 4; wortgleich Hauner, Die Beiträge 2021, 437, 443). Für die konkrete Einzelfallanwendung sind die Zuständigkeitsbestimmungen ergänzenden spezielleren Vorschriften zu entnehmen (vgl. Hebeler in: jurisPK-SGB VI, 3. Aufl. 2021, § 125 Rn. 3; Sehnert in: Hauck/Noftz SGB IV § 28p Rn. 15). Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt die Regelung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit in den §§ 126 ff. SGB VI (vgl. Hebeler a.a.O.). Die Betriebsprüfung ist allerdings keine Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI, das seit dem 1.1.1992 für alle Versicherten einheitlich in diesem Gesetzbuch enthalten ist (vgl. Rolfs in: Hauck/Noftz SGB I, § 23 Rn. 1). Vielmehr ist sie in § 28p SGB IV (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung) normiert. Die konkretisierende Regelung für die Zuständigkeit in diesen Verfahren trifft – wie bereits dargelegt – § 28p Abs. 2 SGB IV (vgl. auch Sehnert in: Hauck/Noftz SGB IV § 28p Rn. 15).

d) Der Einwand, es sei letztlich unerheblich, welcher Rentenversicherungsträger prüfe, da alle Träger dieselben materiell-rechtlichen Grundlagen anzuwenden hätten (so Diepenbrock/Neidert, jurisPR-SozR 19/2021 Anm. 4; wortgleich Hauner, Die Beiträge 2021, 437, 443), vermag ebenfalls nicht zu überzeugen (vgl. auch Freudenberg, B+P 2021, 781, 783). Die Rentenversicherungsträger sind – auch wenn sie nach einheitlichen Grundsätzen handeln müssen – jeweils eigenständige rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 29 Abs. 1 SGB IV; vgl. Diel in: Hauck/Noftz, § 125 SGB VI, Rn. 45; Freudenberg, B+P 2021, 781, 783). Letztlich verlöre mit dieser Auffassung auch jegliche Zuständigkeitsregelung im Bereich öffentlicher Verwaltung ihre Berechtigung, da bei der staatlichen Aufgabenerfüllung jede Behörde ihre Zuständigkeit mit diesem Einwand reklamieren könnte. Im Übrigen ist es nicht ausgeschlossen, dass unterschiedliche Rentenversicherungsträger auf derselben materiell-rechtlichen Grundlage unterschiedliche rechtliche Beurteilungen treffen, insbesondere der sachlich zuständige Rentenversicherungsträger im Gegensatz zum sachlich unzuständigen Rentenversicherungsträger zu einer rechtmäßigen rechtlichen Beurteilung gelangt (vgl. Senatsbeschl. v. 2.9.2020 – L 8 BA 90/19 B ER – juris Rn. 12).

e) Die Rechtswidrigkeit des Bescheides ist auch nicht gem. §§ 41, 42 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) folgenlos. Der Mangel der sachlichen Zuständigkeit gehört nicht zu den Fehlern, die nach § 41 SGB X unbeachtlich sind, und nicht zu den Fehlern, derentwegen nach § 42 Satz 1 SGB X die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht verlangt werden kann (vgl. z.B. BSG Urt. v. 14.5.2020 – B 14 AS 28/19 R – juris Rn. 40 m.w.N.; Urt. v. 3.9.1998 – B 12 KR 23/97 R – juris Rn. 14; Senatsbeschl. v. 2.9.2020 – L 8 BA 90/19 B ER – juris Rn. 11; Heße in: BeckOK, § 42 SGB X Rn. 3; Schütze in: Schütze, SGB X, § 42 Rn. 5 m.w.N.; Leopold in: juris-PK § 42 SGB X Rn. 44 m.w.N.).

2.) Hingegen ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 17.9.2018 zur Betriebsnummer 01 (Pizzeria Q.C) nicht anzuordnen, da dessen Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Es spricht nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung derzeit nicht mehr dafür als dagegen, dass sich dieser Prüfbescheid, mit dem die Antragsgegnerin vom Antragsteller Beiträge und Umlagen einschließlich Säumniszuschläge für die Zeit vom 1.2.2013 bis 31.8.2016 in Höhe von insgesamt 238.017,88 Euro nachfordert, im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird.

a) Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Die – aufgrund der Prüfziffer 4 sachlich zuständige – Antragsgegnerin hat den Antragsteller insb. vor dessen Erlass mit Schreiben vom 10.8.2017 gem. § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) angehört.

Keinen Bedenken begegnet es, dass die Antragsgegnerin die Ergebnisse der vom Hauptzollamt (HZA) B durchgeführten Ermittlungen herangezogen, auf dieser Grundlage die eigene Prüfung nach § 28p SGB IV durchgeführt und durch Verwaltungsakt abgeschlossen hat (vgl. Senatsbeschl. v. 16.3.2020 – L 8 BA 195/19 B ER – juris Rn. 14 m.w.N.; Scheer in: jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. 2021, § 28p Rn. 129).

b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sind Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung in einem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigenden Umfang nicht gegeben. Es spricht derzeit nicht mehr dafür als dagegen, dass die Antragsgegnerin die streitigen Beträge zu Unrecht erhoben hat.

aa) Die Antragsgegnerin ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller Arbeitgeber im Sinne des § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV ist und insofern gemäß § 28e Abs. 1 S. 1 SGB IV der Pflicht zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages unterliegt.

Das Sozialgesetzbuch enthält keine Legaldefinition für den Begriff des Arbeitgebers. Dieser wird daher im Sozialversicherungsrecht mittelbar aus dem Begriff des Beschäftigten abgeleitet (vgl. Scheer in: jurisPK-SGB IV, § 28p Rn. 110 m.w.N.). Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist regelmäßig derjenige, zu dem ein anderer – der Beschäftigte – in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht. Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen (in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung) sowie eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Arbeitgeber im Sinne der §§ 28e Abs. 1 S. 1, 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV ist mithin derjenige, dem der Anspruch auf die von dem Beschäftigten nach Maßgabe des Weisungsrechts geschuldete Arbeitsleistung zusteht und der diesem dafür als Gegenleistung zur Entgeltzahlung verpflichtet ist (vgl. z.B. BSG Urt. v. 27.7.2011 – B 12 KR 10/09 R – juris Rn. 17 f. m.w.N.; Senatsbeschl. v. 6.7.2020 – L 8 BA 194/19 B ER – juris Rn. 29; Senatsurt. v. 19.12.2018 – L 8 R 335/14 – juris Rn. 146 m.w.N.; Senatsurt. v. 27.11.2013 – L 8 R 253/13 – juris Rn. 39 m.w.N.; Scheer, in: jurisPK-SGB IV, § 28p Rn. 110 f.; Sehnert, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 28p Rn. 4).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Antragsteller Arbeitgeber der bei ihm beschäftigten Personen und damit Schuldner des Gesamtsozialversicherungsbeitrags war.

Entgegen seiner Auffassung kann der Antragsteller nicht mit Erfolg geltend machen, er sei in der Pizzeria nur als „Strohmann“ aufgetreten. Vielmehr hat er seinen Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung und damit nicht wie ein Strohmann auf fremde Rechnung geführt (vgl. z.B. BGH Urt. v. 16.1.2020 – 1 StR 113/19 – juris Rn. 43 m.w.N.). Dass der zwischen ihm und Herrn AX (im Folgenden AX) geschlossene Pachtvertrag nur zum Schein abgeschlossen worden und entsprechend gem. § 117 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig ist (vgl. z.B. BFH Urt. v. 10.11.2010 – XI R 15/09 – juris Rn. 19 m.w.N.) hat der Antragsteller weder vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht (vgl. § 86a Abs. 2 S. 4 SGG iVm §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO). Nach summarischer Prüfung sprechen vielmehr sämtliche Gesichtspunkte dafür, dass der Antragsteller und AX als Vertragsparteien die Rechtsfolgen des Pachtvertrages, insbesondere die damit für sie selbst verbundenen Rechte und Pflichten verbindlich herbeiführen, also einen wirksamen Pachtvertrag abschließen und damit kein Strohmanngeschäft tätigen wollten (vgl. auch BGH Urt. v. 12.12.2012 – VIII ZR 89/12 – juris Rn. 15 f.; Urt. v. 4.4.2007 – III ZR 197/06 – juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Baden-Württemberg Urt. v. 13.3.2018 – L 11 R 609/17 – juris Rn. 21). Dies ergibt sich im Wesentlichen schon aus den eigenen Angaben des Antragstellers selbst sowie aus den aktenkundigen Unterlagen.

So ist zeitnah nach Abschluss des Pachtvertrages der Steuerberater über den Inhaberwechsel informiert und die Lohnbuchhaltung auf den Antragsteller als Betriebsinhaber umgestellt worden. Steuererklärungen hat der Antragsteller abgegeben; ebenso ist er für das Betriebskonto verfügungsberechtigt gewesen. Arbeitsverträge hat er im eigenen Namen abgeschlossen bzw. durch Kündigung beendet und Lohnzahlungen an Beschäftigte sowie Pachtzahlungen an – den von ihm zudem versicherungspflichtig beschäftigten – AX vorgenommen. Beschäftigte haben ihn im Hinblick auf Lohnerhöhungen angesprochen. Für seinen privaten Bedarf hat der Antragsteller Barentnahmen aus den Einnahmen des Betriebes getätigt. Bei seiner Vernehmung durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung B am 9.8.2017 hat er mitgeteilt, sich auf die Anfrage des AX und dessen Bruders, „ob er den Laden übernehmen wolle“, für die Pachtung entschieden zu haben. Die Herren hätten ihm dann gezeigt, wie der Laden funktioniere. Mit Abschluss des Pachtvertrages habe er auch das Personal übernommen und dies den Mitarbeitern von sich aus bzw. auf deren Nachfrage mitgeteilt. Die beiden Brüder hätten kürzer treten wollen. Für ihn sei die Betriebsübernahme zum damaligen Zeitpunkt „eine tolle Option“ gewesen, da er keine Ausbildung gefunden und so weiter einer ihm schon bekannten Tätigkeit habe nachgehen können (Vernehmung durch das HZA B am 20.12.2017).

Mit der Betriebsübernahme sind die bestehenden Arbeitsverhältnisse gem. § 613a Abs. 1 S. 1 BGB auf den Antragsteller übergegangen, sodass er Arbeitgeber der hiervon betroffenen Arbeitnehmer geworden ist. Entsprechend haben ihn damit die Rechte und Pflichten aus diesen Arbeitsverhältnissen getroffen. Es oblag seiner unternehmerischen Entscheidung, diese selbst wahrzunehmen oder durch einen leitenden Mitarbeiter, hier: AX, als Bevollmächtigten wahrnehmen zu lassen. Bei Meinungsverschiedenheiten hatte allein der Antragsteller die Rechtsmacht, zu entscheiden und seine Entscheidung, ggf. mit gerichtlichem Rechtsschutz gegen AX durchzusetzen (vgl. BGH Beschl. v. 13.10.2016 – 3 StR 352/16 - juris).

Ohne Relevanz ist in diesem Zusammenhang der Einwand des Antragstellers, er sei aufgrund seiner Kenntnisse, Fähigkeiten, Berufsausbildung und Berufserfahrung gar nicht hinreichend in der Lage gewesen, die Pizzeria als Unternehmer (selbst) zu betreiben. Vielmehr lag es in seinem eigenen Verantwortungsbereich, vor Begründung (s)einer Selbstständigkeit zu prüfen, ob das beabsichtigte Unternehmen von ihm im Einklang mit den geltenden rechtlichen Bestimmungen (zumindest) in einer für ihn tragbaren längerfristigen Perspektive wirtschaftlich vorteilhaft geführt werden konnte. Erweist sich dies bei einer Vorüberlegung und Vorkalkulation nicht als realistisch, wäre von der Betriebsübernahme abzusehen gewesen.

bb) Die Höhe der Beitragsforderung begegnet ebenso wie die Form des Summen- und Schätzbescheides gem. § 28f Abs. 2 SGB IV keinen Bedenken.

Die Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe im Prüfbescheid hat grundsätzlich personenbezogen zu erfolgen. Als Ausnahme von diesem Grundsatz kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen (sog. Summenbescheid), wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dieser Verzicht auf die grundsätzlich erforderliche Personenbezogenheit der Feststellungen ist charakteristisch für den Summenbescheid. Kann jedoch ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelte einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden können, ist der Erlass eines Summenbescheides rechtswidrig (§ 28f Abs. 2 S. 2 SGB IV). Ist die Feststellung hingegen nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Verwaltungsaufwand möglich, hat der prüfende Rentenversicherungsträger die Höhe der Arbeitsentgelte zu schätzen (§ 28f Abs. 2 S. 3 SGB IV).

Die Voraussetzungen eines Summenbescheides können im gerichtlichen Verfahren zur Wahrung der sozialen Belange der Beschäftigten voll überprüft werden, auch wenn der Arbeitgeber dessen Erlass nicht rügt (vgl. BSG Urt. v. 7.2.2002 – B 12 KR 12/01 R – juris Rn. 28; Senatsbeschl. v. 21.10.2020 – L 8 BA 143/19 B ER – juris Rn. 8 m.w.N.). Für eine Beanstandung durch das Gericht ist jedoch erforderlich, dass der Erlass eines Summenbescheides für die Antragsgegnerin bei einer Gesamtwürdigung im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens als unverhältnismäßig erscheinen musste und deshalb eine personenbezogene Feststellung der Beiträge geboten war (vgl. z.B. BSG Beschl. v. 4.4.2018 – B 12 R 38/17 B – juris Rn. 38; BSG Urt. v. 7.2.2002 – B 12 KR 12/01 R – juris Rn. 28).

Zu Recht hat die Antragsgegnerin einen Summen- und Schätzbescheid gem. § 28f Abs. 2 SGB IV erlassen. Der Antragsteller hat seine Aufzeichnungspflichten verletzt. Über die Schwarzlohnzahlungen in bar an seine Beschäftigten, die er u.a. in der Widerspruchsbegründung vom 15.2.2019 eingeräumt hat, existieren keine Aufzeichnungen, insbesondere keine personenbezogenen Aufzeichnungen, sodass aufgrund dessen personenbezogene Feststellungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht und zur Beitragshöhe nicht möglich sind. Die Höhe der Arbeitsentgelte konnte von der Antragstellerin zudem nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt werden. Es ist schon nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht umfassend vorgetragen und erst recht nicht gem. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht worden, an welche Beschäftigten in welcher Höhe Schwarzlohnzahlungen erfolgt sind. Ebenso fehlt es an sonstigen Daten, die eine geeignete Grundlage zur Bemessung oder auch nur Schätzung der gezahlten und geschuldeten Entgelte bieten könnten. Der Antragsteller hat bei seiner Vernehmung durch das HZA B am 20.12.2017 selbst eingeräumt, dass er nicht sagen könne, ob die Arbeitnehmer, denen er Lohn ausgezahlt habe, zur Sozialversicherung gemeldet gewesen seien. Soweit die spätere Widerspruchsbegründung vom 15.2.2019 wohl so verstanden werden soll, Schwarzlohn sei nur an zur Sozialversicherung gemeldete Arbeitnehmer gezahlt worden, steht dies hierzu im Widerspruch und ist deshalb unglaubhaft. 

Es bestehen auch keine überwiegenden Bedenken gegen die von der Antragsgegnerin auf der Grundlage von § 28f Abs. 2 S. 3 u. 4 SGB IV durchgeführte Schätzung. Die Schätzung soll der Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Auch wenn der Rentenversicherungsträger bei der Wahl der Schätzmethoden frei ist, muss er von sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen ausgehen und eigene, sozialversicherungsrechtliche Maßstäbe anlegen (vgl. Senatsbeschl. v. 12.3.2020 – L 8 BA 15/19 B ER – juris Rn. 8 m.w.N.).

Die von der Antragsgegnerin der Schätzung zugrunde gelegten Erwägungen sind hinreichend nachvollziehbar. Sie ergeben sich aus ihren Ausführungen im Bescheid vom 17.9.2018 einschließlich der in Tabellenform dargestellten Berechnungen, sind sachlich verständlich und begegnen in der Höhe der auf diesen Grundlagen errechneten Beiträge bei summarischer Prüfung keinen Bedenken. Der Antragsteller, dem alle herangezogenen Werte bereits im Anhörungsverfahren erläutert worden sind, hat schließlich gegen die Richtigkeit der Schätzung der Antragsgegnerin keine diesbezüglich hinreichend konkreten und gem. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemachten Einwendungen vorgebracht.

Schließlich begegnen bei summarischer Prüfung auch die Höhe der Nachforderung auf der Grundlage der Hochrechnung von Netto- auf Brutto-Entgelten gem. § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV sowie die Forderung von Säumniszuschlägen gem. § 24 SGB IV keinen Bedenken. Die unterbliebene Beitragszahlung ist zumindest bedingt vorsätzlich erfolgt. Die Schwarzlohnzahlungen waren dem Antragsteller bekannt, was dieser auch eingeräumt hat (vgl. die Angaben des Antragstellers vom 9.8.2017 bei seiner Vernehmung durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung B und in seiner Widerspruchsbegründung vom 15.2.2019). Entgegen seiner Forderung können bei der Hochrechnung von Netto- auf Bruttoentgelte individuelle Lohnsteuerklassen schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil nicht bekannt und vom Antragsteller weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden ist, an welche Beschäftigten welche Schwarzlohnzahlungen erfolgt sind (vgl. zur – von der Beklagten zutreffend vorgenommenen – Anwendung der Steuerklasse VI auch Senatsbeschl. v. 16.6.2021 – L 8 R 842/17 – juris Rn. 27 ff. m.w.N.).

c) Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides für den Antragsteller eine unbillige Härte bedeuten würde, bestehen nicht. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für ihn verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind (st. Rspr. des Senats, z. B. Beschl. v. 18.5.2020 – L 8 BA 241/19 B ER – juris Rn. 21).

Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelingt darzustellen und glaubhaft zu machen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 22.4.2020 – L 8 BA 266/19 B ER – juris Rn. 27). Dabei ist vom Beitragsschuldner auch darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er bei Fortsetzung seines Geschäftsbetriebs und Einhaltung aller rechtlichen Bestimmungen in der Lage ist, derart rentabel zu wirtschaften, dass die noch offene Beitragsforderung in überschaubarer Zeit beglichen werden kann (st. Rspr. des Senats, z.B. Beschl. v. 3.5.2021 – L 8 BA 68/20 B ER – juris Rn. 32 m.w.N.; Beschl. v. 21.10.2020 – L 8 BA 143/19 B ER – juris Rn. 22). Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Schuldner verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zur Annahme einer unbilligen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 7.3.2019 – L 8 BA 75/18 B ER – juris Rn. 17).

Vorliegend fehlt es bereits an einem umfassenden Vortrag zu den aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers, einschließlich der Möglichkeiten zur Beschaffung von liquiden Mitteln durch Darlehensaufnahme, sowie die Glaubhaftmachung der entsprechenden Tatsachen.

Hinsichtlich etwaiger mit dem Forderungseinzug verbundener wirtschaftlicher Härten hat sich der Antragsteller an die zuständige Einzugsstelle zu wenden. Diese befindet als Anspruchsinhaberin bzw. gesetzliche Prozessstandschafterin des Anspruchs auf Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (vgl. § 28h Abs. 1 S. 3 SGB IV) über Fragen des Forderungseinzugs und insoweit über eine etwaige Stundung, einen Erlass oder die Niederschlagung der Beitragsforderung (§ 76 Abs. 3 SGB IV) sowie die Einstellung bzw. Beschränkung der Zwangsvollstreckung (vgl. § 257 Abgabenordnung; vgl. zur Zuständigkeit der Einzugsstelle im Rahmen des Beitragseinzugs auch BSG Urt. v. 28.5.2015 - B 12 R 16/13 R - juris Rn. 23).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. §§ 155 Abs. 1 S. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Kostenquote entspricht dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen von Antragsteller und Antragsgegnerin.

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52, 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache einschließlich etwaiger Säumniszuschläge als Streitwert anzusetzen ist (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 22.4.2020 – L 8 BA 266/19 B ER – juris Rn. 30 m.w.N.).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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