Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 3.9.2021 geändert.
Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der beim Sozialgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen S 44 BA 155/19 anhängigen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24.5.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.8.2019 wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 379.237,58 Euro festgesetzt.
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin M bewilligt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf unter dem Aktenzeichen S 44 BA 155/19 anhängigen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24.5.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.8.2019 ist nicht begründet.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine – wie hier erfolgte – Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung.
Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 21.10.2020 – L 8 BA 143/19 B ER – juris Rn. 3). Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).
1. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 21.10.2020 – L 8 BA 143/19 B ER – juris Rn. 4; Beschl. v. 12.2.2020 – L 8 BA 157/19 B ER – juris Rn. 5 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen, da deren Erfolg nicht wahrscheinlich ist. Es spricht nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung derzeit nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der von der Antragsgegnerin erlassene Bescheid vom 24.5.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.5.2019, mit dem die Antragsgegnerin vom Antragsteller für den Zeitraum vom 1.1.2011 bis 2.3.2016 für diverse, einzeln benannte Personen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie Umlagen und Säumniszuschläge fordert, im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird.
Rechtsgrundlage des aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheides und der darin festgesetzten Beitragsnachforderung einschließlich der Säumniszuschläge ist § 28p Abs. 1 S. 1 und S. 5 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch (SGB IV). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV). Im Rahmen der Prüfung werden gegenüber den Arbeitgebern Verwaltungsakte (sog. Prüfbescheide) zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide erlassen. § 10 Aufwendungsausgleichsgesetz stellt die Umlagen zum Ausgleichsverfahren insoweit den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung gleich (vgl. BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 R 9/18 R – juris Rn. 12).
a) Der Bescheid vom 24.5.2019 ist formell rechtmäßig ergangen; insbesondere ist der Antragsteller vor dessen Erlass mit Schreiben vom 8.1.2019 gemäß § 24 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X) angehört worden.
b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sind Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung in einem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigenden Umfang nicht gegeben.
Gemäß § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für diese zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d S. 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber voraus. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – insbesondere bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr., vgl. z.B. BSG, Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 14 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.5.1996 – 1 BvR 21/96 – juris Rn. 6 ff.).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe und Abgrenzungskriterien ist nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung davon auszugehen, dass die im streitigen Zeitraum festgesetzten Beiträge zu entrichten sind, da die im Bescheid bezeichneten Personen beim Antragsteller gegen Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) abhängig beschäftigt waren. Dies ergibt sich aus den Ermittlungen des Hauptzollamts (HZA) Köln und insbesondere den Aussagen der dort sowie auch im Strafverfahren vernommenen Zeugen. Danach waren die auf den Baustellen für den Antragsteller in der Regel bei der Verlegung von Kabeln tätigen Personen diesem gegenüber weisungsgebunden und eingegliedert tätig. Weder verfügten diese über eine eigene Betriebsstätte noch setzten sie im Hinblick auf die stets zur Verfügung gestellten Betriebsmittel eigenes Kapital oder auch die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes ein. Auf die Begründung der angefochtenen Bescheide bzw. des Beschlusses des SG wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (§§ 142 Abs. 1, 136 Abs. 3, 142 Abs. 2 S. 3 SGG).
Soweit eine Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Urlaub nicht gewährt worden ist, hat dieser Umstand statusrechtlich keine eigenständige Bedeutung. Vertragsklauseln bzw. vertragliche Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden, lassen, auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zu. Darüber hinaus haben sie bei der im Rahmen des § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung. Vielmehr setzen derartige Regelungen bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw. Beschäftigter voraus und sind daher eher Folge einer rechtsirrigen Statuseinschätzung als Indiz für eine solche. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (vgl. z.B. BSG, Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 27; Senatsurt. v. 29.1.2020 – L 8 BA 153/19 – juris Rn. 68; Urt. v. 14.8.2019 – L 8 R 456/17 – juris Rn. 84).
Die erfolgten und zudem vom Antragsteller selbst geforderten Gewerbeanmeldungen sprechen gleichfalls nicht für eine selbstständige Tätigkeit, da dieses formale Kriterium für die Beurteilung der tatsächlichen Ausgestaltung der zu beurteilenden Tätigkeit ohne Aussagekraft ist. Der sozialversicherungsrechtliche Status eines Betriebsinhabers wird seitens der Gewerbeaufsicht nicht geprüft (vgl. Senatsurt. v. 17.12.2014 – L 8 R 463/11 – juris Rn. 113 m.w.N.). Sozialversicherungsrechtliche Statusfeststellungen können vielmehr ausschließlich in den Verfahren nach §§ 7a, 28h Abs. 2, 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV erfolgen (vgl. Senatsurt. v. 22.6.2020 – L 8 BA 78/18 – juris Rn. 65).
Einer Tätigkeit für weitere Auftraggeber sind die von der Antragsgegnerin als Beschäftigte angesehenen Personen bei den überwiegend mitgeteilten 10-Stunden-Arbeitstagen regelhaft überhaupt nicht, jedenfalls nicht in relevantem Umfang, nachgegangen. Im Übrigen könnte auch hieraus nicht ohne weiteres auf das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit für den Antragsteller geschlossen werden. Grundsätzlich sind die einzelnen Rechtsbeziehungen isoliert zu betrachten. Nach den gesetzlichen Regelungen ist die Ausübung einer abhängigen Beschäftigung ohne weiteres neben einer selbstständigen Tätigkeit möglich (vgl. z.B. § 5 Abs. 5 SGB V). Gewicht erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber daher erst, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet (vgl. BSG, Urt. v. 4.9.2018 – B 12 KR 11/17 R – juris Rn. 23) und sich in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit, wie z.B. einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen, ergibt (vgl. BSG, Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 35 m.w.N.). Letzteres ist hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Soweit das SG die Erkenntnisdichte bezüglich einiger einzelner Personen für dünn erachtet hat, rechtfertigt sich hieraus – wie auch von ihm selbst angenommen – eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers im Eilverfahren nicht. Im Hinblick darauf, dass für die „Subunternehmer“ weitgehend gleichartige Unterlagen vorliegen und auch die Verhältnisse auf den Baustellen von den Zeugen als für die meisten tätigen Personen gleich geschildert worden sind, ist bei summarischer Prüfung nicht erkennbar, dass bei einer Befragung weiterer Zeugen in relevantem Umfang andere Beurteilungen zu erwarten wären. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass sich die Vorgehensweise des Antragstellers bei der Beauftragung, dem Einsatz und der Abrechnung der Arbeitskräfte nach diversen Zeugenaussagen als – im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung – weitestgehend ähnlich darstellt. Vor diesem Hintergrund hätte es dem Antragsteller oblegen, andere Umstände in Einzelfällen konkret darzulegen und glaubhaft zu machen. Etwaige weitere Ermittlungen bleiben dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Anhaltspunkte für Versicherungsfreiheitstatbestände sind nicht erkennbar. Die Beschäftigung erfolgte unstreitig gegen Entgelt, so dass grundsätzlich eine Versicherungspflicht nach §§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB XI bestanden hat.
Soweit der Antragsteller geltend macht, dass er im Hinblick auf die fehlende Beitragszahlung nicht vorsätzlich gehandelt habe, was hinsichtlich der Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV), der Erhebung von Säumniszuschlägen (§ 24 Abs. 2 SGB IV) und der Annahme einer Nettolohnfiktion (§ 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV) berücksichtigt werden müsse, vermag diese bloße Behauptung im Eilverfahren nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen.
In diesem Zusammenhang ist sein zunächst erfolgter Hinweis auf die Einstellung des gegen ihn geführten strafgerichtlichen Verfahrens vor dem Amtsgericht Leverkusen (Az. 56 Ls-110 Js 895/15-8/19) unbeachtlich, weil weder der Ausgang eines strafrechtlichen Verfahrens noch die juristische Beurteilung beitragsrechtlicher Sachverhalte durch die Strafgerichte für die Sozialgerichte bindend sind (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 16.3.2022 – L 8 BA 2/22 B ER; Beschl. v. 25.10.2021 – L 8 BA 77/21 B ER – juris Rn. 9; Senatsurt. v. 19.12.2018 – L 8 R 335/14 – juris Rn. 127 m.w.N.).
Auch in der Sache genügt die Behauptung, ihm habe der Vorsatz hinsichtlich einer Beitragshinterziehung gefehlt, nicht, um zu einem anderen Ergebnis zu führen. Vielmehr erachtet der Senat die Angabe des Antragstellers, er habe eine Beitragspflicht nicht billigend in Kauf genommen, als bloße Schutzbehauptung.
Dahingestellt bleiben kann dabei, ob der Vortrag des Antragstellers, er sei im Jahr 2009 als einfacher Bauarbeiter nach Deutschland gekommen und ihm – als juristischem Laien – die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht möglich gewesen, zutrifft. Spätestens ab Gründung seines Einzelunternehmens und Akquise eigener „Nachunternehmer“ liegen erhebliche Anhaltspunkte dafür vor, dass er eine notwendige Beitragsentrichtung mindestens im Sinne bedingten Vorsatzes für möglich gehalten und die Verletzung dieser Pflicht billigend in Kauf genommen hat. So ist regelmäßig davon auszugehen, dass sich auch – und sogar gerade – ein juristischer Laie, der eine Firma gründet, um mit dieser am kaufmännischen Verkehr teilzunehmen, spätestens dann, wenn er zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten weitere (Hilfs-)Personen heranziehen will, mit den hierfür erforderlichen arbeitsrechtlichen, steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen ebenso vertraut macht wie (zuvor) mit den Erfordernissen einer Firmengründung. Tut er dies nicht, liegt die Möglichkeit von Pflichtverletzungen und deren billigende Inkaufnahme zwingend auf der Hand, da Säumnisse und Fehler evident umso häufiger auftreten, je höher der Grad der Unkenntnis des Unternehmers ist. Dies gilt jedenfalls in ganz besonderer Ausprägung für eine Tätigkeit in wirtschaftlichen Zweigen wie – hier – dem Baugewerbe, in denen bekanntermaßen häufig wiederkehrende Durchsuchungen der Hauptzollämter im Hinblick auf etwaige Schwarzarbeit sowie Nachverbeitragungen und schließlich sogar strafrechtliche Ahndungen stattfinden. Werden für arbeitnehmerübliche Tätigkeiten in solchen Bereichen gleichwohl Einzelpersonen als „Subunternehmer“ beauftragt, ist entsprechend regelmäßig darauf zu schließen, dass der Firmeninhaber eine Verletzung möglicher Melde- und Beitragspflichten zur Sozialversicherung billigend in Kauf nimmt. Eine andere Beurteilung kann nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn konkrete, belastbare Umstände vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die ausnahmsweise eine abweichende Einschätzung nahelegen, so z.B. wenn der Unternehmer auf die eingeholte Auskunft eines Steuerberaters vertraut hat, an deren Richtigkeit er nicht zweifeln musste und zudem in anderen rechtlichen Bereichen „Wohlverhalten“ bestand (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 10.7.2013 – L 8 R 205/13 B ER – juris Rn. 17).
Vertrauensbegründende besondere Umstände hat der Antragstellers weder substantiiert vorgetragen noch erst recht nicht – wie erforderlich – gem. §§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO hinreichend glaubhaft gemacht (vgl. zu diesem Erfordernis zB. Senatsbeschl. v. 2.3.2022 – L 8 BA 16/22 B ER – juris Rn. 5 m.w.N.). Im Gegenteil hat er selbst zahlreiche Gespräche mit Kollegen zur Frage der eigenen Selbstständigkeit und der von ihm akquirierten „Nachunternehmern“ geschildert. Schließlich legt auch der zeugenschaftlich dargestellte Umgang mit einzelnen, insbesondere der deutschen Sprache zunächst unkundigen Hilfskräften sowie die Gründung der wirtschaftlich inaktiven Firma in Rumänien nach bisheriger Aktenlage eher den Willen zu einem planvollen Umgehen deutscher sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften nahe.
Bedenken gegen die grundsätzliche Berechnung der Beiträge hat der Antragsteller im Übrigen nicht geltend gemacht; diese sind im Eilverfahren auch nicht ersichtlich. Gleiches gilt für die Erhebung der Umlagen und Säumniszuschläge.
2. Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für den Antragsteller durch die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides liegt nicht vor.
Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für ihn verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 7.3.2019 – L 8 BA 75/18 B ER – juris Rn. 17).
Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelingt darzustellen und glaubhaft zu machen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 22.4.2020 – L 8 BA 266/19 B ER – juris Rn. 27). Dabei ist vom Beitragsschuldner auch darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er bei Fortsetzung seines Geschäftsbetriebs und Einhaltung aller rechtlichen Bestimmungen in der Lage ist, derart rentabel zu wirtschaften, dass die noch offene Beitragsforderung in überschaubarer Zeit beglichen werden kann (st. Rspr. des Senats, z.B. Beschl. v. 15.6.2020 – L 8 BA 139/18 B ER – juris Rn. 15, Beschl. v. 21.10.2020 – L 8 BA 143/19 B ER – juris Rn. 22). Entsprechender Vortrag des Antragstellers ist nicht erfolgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache einschließlich etwaiger Säumniszuschläge als Streitwert anzusetzen ist (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 22.4.2020 – L 8 BA 266/19 B ER – juris Rn. 30 m.w.N.).
Prozesskostenhilfe war gem. § 73a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114 Abs. 1, 119 Abs. 1 S. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) ohne Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zu bewilligen, da die Antragsgegnerin das Rechtsmittel eingelegt hat.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).