1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.338,16 € festgesetzt.
T a t b e s t a n d
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Honoraranspruch für die Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Beklagten in Höhe von 2.338,16 € für das Quartal III/18 wegen verspäteter Einreichung der Abrechnungsunterlagen verwirkt ist und zurückgefordert werden kann.
Die Klägerin ist Fachärztin für Innere Medizin. Sie ist nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seit dem Quartal I/18 nimmt sie am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Beklagten (ÄBD) teil. Im streitbefangenen Quartal nahm sie am ÄBD Offenbach Land (Standort C-Stadt) mit der BSNR XXX1 teil.
Die Beklagte erinnerte die Klägerin unter Datum vom 06.11.2018 und 20.11.2018 nach Eingang der Abrechnungsunterlagen an die fehlende Erklärung zur Quartalsabrechnung für das streitbefangene Quartal.
Bei der Beklagten ging am 24.11.2018 per Fax eine Erklärung zur Quartalsabrechnung für das streitbefangene Quartal ein.
Die Beklagte wies die Klägerin unter Datum vom 19.12.2018 darauf hin, dass ihr weiterhin keine gültige Quartalserklärung vorliegt. Sie habe die Klägerin bereits darauf hingewiesen, dass die Abrechnung ohne die vom verantwortlichen Arzt bzw. psychologischen Psychotherapeut persönlich unterzeichnete Quartalserklärung nicht vollständig sei. Dies gelte auch für die Unterschrift des Trägers.
Die Beklagte schloss mit Bescheid vom 18.11.2019 die Abrechnungsunterlagen für das streitbefangene Quartal III/18 für die Betriebsstättennummer XXX1 von der Abrechnung aus. Die hierauf beruhenden Honoraransprüche seien verwirkt. Der späteste Abgabetermin für die Abrechnungsunterlagen sei der 10.10.2019 gewesen. Die Klägerin habe für die Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst die Stundenpauschalen in Höhe von 2.408,00 € erhalten. Sie fordere daher den Betrag in Höhe von 2.338,16 € (gezahlte Stundenpauschale nach Abzug der Verwaltungskosten) zurück.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 18.12.2019 am 23.12.2019 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, sie habe bisher nicht gewusst, dass die Quartalserklärung fehle. Nach telefonischer Auskunft solle sie anscheinend im November und Dezember ein Schreiben über die Forderung erhalten haben. Im November fehle ihr ein Brief. Sie wohne in einem Hochhaus, wo regelmäßig Pakete verschwänden und sie sich schon mehrfach darüber beschwert habe. Hauptberuflich arbeite sie als Internistin in der Klinik. Nebenbei mache sie maximal drei Dienste im Monat im ÄBD, das seien ausschließlich „Sitz-Dienste“. Das heiße sie behandele jeden Patienten und gebe diese in den Computer mit dem zuständigen Abrechnungsprogramm von der KV ein. Sie mache keine eigene Abrechnung für einen Fahrdienst oder eigene Praxis. Sie habe diesen Fehler bestimmt nicht absichtlich begangen und habe auch persönlich finanziell keinen Nutzen davon, dass sie etwas nicht einschicke. Ihre späte Antwort sei der Tatsache von Krankheit und einer Facharztprüfung am 11.12.2019 geschuldet. Für sie sei diese Summe sehr schmerzlich, da sie seit Jahren ihre Studienkredite abzahlen müsse. Der Bescheid vom 18.11.2019 sei ihr nicht zugegangen. Sie habe hiervon erstmals mit der Zahlungserinnerung der Beklagten vom 09.12.2019 erfahren. Sie wohne in einem Hochhaus mit 16 Stockwerken und mehreren hundert Wohnparteien. In der Vergangenheit sei es bereits häufiger zu einem Postverlust gekommen. Sie könne sich noch sehr genau erinnern, die ausgefüllte Quartalsbescheinigung für das Quartal III/18 zur Post gegeben zu haben. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb sie nicht auf das Fehlen der Quartalsbescheinigung hingewiesen worden sei.
Die Beklagte übersandte der Klägerin am 12.05.2020 erneut den Bescheid, jetzt mit Datum vom 04.02.2020, wogegen die Klägerin am 11.02.2020 und 18.05.2020 Widerspruch einlegte.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2020 (Aktenzeichen: XXX2) die Widersprüche vom 18.12.2019 und 11.02.2020 gegen die Bescheide vom 18.11.2019 und 04.02.2020 als unzulässig zurück. Zur Begründung führte sie aus, der per Einschreiben an die Klägerin versandte Bescheid vom 04.02.2020 sei nicht abgeholt worden. Ein zulässiger Widerspruch könne nur innerhalb der Frist von einem Monat erhoben werden, nachdem der entsprechende Verwaltungsakt, also der Rückforderungsbescheid, bekannt gegeben worden sei. Ein vorsorglich eingelegter Widerspruch werde auch dann nicht zulässig, wenn ein Verwaltungsakt später ergehe, weil der Widerspruch eine Beschwer voraussetze, die zum Zeitpunkt der Einlegung vorliegen müsse. Zum Zeitpunkt der Einlegung der Widersprüche am 18.12.2019 und 11.02.2020 hätten der Klägerin aber die Bescheide vom 18.11.2019 und 04.02.2020 nicht vorgelegen.
Die Beklagte wies mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 29.07.2020 (Aktenzeichen: XXX3) den Widerspruch vom 18.05.2020 gegen den Bescheid vom 04.02.2020 als unbegründet zurück. Darin führte sie aus, die Rückforderung der Stundenpauschalen für das Quartal III/18 sei rechtmäßig, weil die Klägerin die Quartalserklärung für das Quartal III/18 nicht ordnungsgemäß eingereicht habe und kein Grund für eine Ausnahmeregelung ersichtlich sei. Gemäß § 7 Abs. 3 der BDO sei jeder ÄBD-Arzt dazu verpflichtet, seine erbrachten Leistungen vollständig und ordnungsgemäß nach dem jeweils geltenden EBM und den sonstigen jeweils geltenden Vorschriften (z. B. der Abrechnungsrichtlinie der KVH) gegenüber der KV abzurechnen. Hierzu gehöre auch die Einreichung der Quartalserklärung nach § 3 Nr. 1 der Abrechnungsrichtlinie. Eine Quartalserklärung für das Quartal III/18 sei lediglich per Fax am 24.11.2018 bei ihr eingegangen. Ein Eingang des Originals sei hingegen nicht erfolgt. Ohne Quartalserklärung seien die Abrechnungsunterlagen nicht vollständig. Auf den vollständigen Abrechnungsunterlagen beruhe nicht nur der Honoraranspruch für die erbrachten Leistungen nach EBM (§ 7 Abs. 1 b und c BDO), sondern auch der Honoraranspruch auf die Stundenpauschalen gemäß § 7 Abs. 1 a BDO. Nach § 2 Nr. 6 der Abrechnungsrichtlinien der KVH seien Abrechnungsunterlagen, die nicht innerhalb von 12 Monaten nach dem in § 2 Nr. 3 vorgeschriebenen Abgabetermin eingereicht würden, von der Abrechnung ausgeschlossen. Hierauf beruhende Honoraransprüche seien verwirkt. Die vollständigen Abrechnungsunterlagen hätten spätestens bis zum 10.10.2019 eingereicht werden müssen. Die notwendige Einreichung der Quartalserklärung für das Quartal III/18 in Papierform habe gefehlt, obwohl der Klägerin mit Schreiben vom 05.09.2018 die personalisierte Quartalserklärung für das Quartal III/18 mit der Bitte zugesandt worden sei, die im Original unterschriebene Quartalserklärung in Papierform bei der KVH einzureichen. Auch auf ihre drei Erinnerungsschreiben mit der Aufforderung, die gültige Quartalserklärung für das Quartal III/18 nachzureichen, habe die Klägerin keine ordnungsgemäße Quartalserklärung für dieses Quartal eingereicht. Die Unterschriftspflicht für die Quartalserklärung ergebe sich aus § 35 Abs. 2 Satz 3 Bundesmantelvertrag-Ärzte. Dieser regele, dass die Unterschrift des abrechnenden Arztes auf dem einzelnen der KV zu übermittelnden Abrechnungsschein entfallen könne, wenn er stattdessen eine Sammelerklärung abgebe, deren Wortlaut im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen von der Kassenärztlichen Vereinigung festgelegt werde. Da es sich bei der Sammelerklärung um eine Urkunde handele, müsse diese in Papierform bei der KVH eingereicht werden. Da die Übermittlung der Quartalserklärung per Fax am 24.11.2018 keine ordnungsgemäße Einreichung sei und daher weiterhin keine gültige Quartalserklärung vorgelegen habe, sei die Klägerin mit Schreiben vom 19.12.2018 letztmalig gebeten worden, eine gültige Quartalserklärung einzureichen. Ein Eingang der Quartalserklärung im Original liege nicht vor. Es liege im Verantwortungsbereich der Klägerin, sicherzustellen, dass diese bei ihr eingehe. Anhaltspunkte für eine Ausnahme lägen nicht vor. Die Klägerin sei mit drei Erinnerungsschreiben vom 06.11.2018, 20.11.2018 und 19.12.2018 auf das Fehlen einer (ordnungsgemäßen) Quartalserklärung für das Quartal III/18 aufmerksam gemacht worden. Es sei im Übrigen nicht entscheidend, ob ihre Erinnerungsschreiben zugegangen seien. Hierbei handelt es sich um einen reinen Service, der den Arzt jedoch nicht von der eigenen Verantwortlichkeit für seine Abrechnung entbinde.
Hiergegen hat die Klägerin am 18.08.2020 zum Az.: S 12 KA 375/20, zunächst beschränkt auf den Widerspruchsbescheid vom 29.07.2020 mit dem Aktenzeichen: XXX3, die Klage erhoben. Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 19.08.2020 klargestellt, dass sich die Klage auch gegen den Widerspruchsbescheid vom 29.07.2020 mit dem Aktenzeichen: XXX2 richtet. Die Kammer hat mit Beschluss vom 09.09.2020 das Verfahren hinsichtlich des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2020 (Az.: XXX3) unter dem Az: S 12 KA 422/20 abgetrennt. Die Klägerin hat am 14.04.2021 die Klage zum Az.: S 12 KA 375/20 zurückgenommen.
Die Klägerin trägt vor, sie habe die Quartalserklärung für das Quartal III/18 ordnungsgemäß eingereicht. Dass diese der Beklagten nicht zugegangen sei, habe die Klägerin nicht zu verantworten. Unabhängig hiervon wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, sie sowohl auf den Umstand, dass die Quartalsabrechnung - anders als in den vorangegangenen Quartalen - nicht fristgerecht eingegangen sei, hinzuweisen ebenso wie auf den Umstand, dass vorliegend eine Nachfrist gesetzt worden sei, binnen derer die Quartalsabrechnung hätte nachgereicht werden können. Es bestehe daher ein Anspruch auf sozialrechtliche Herstellung, hilfsweise aus Amtshaftung. Jedenfalls aber hätte die Beklagte nach § 2 Nr. 6 Satz 3 der Abrechnungsrichtlinie vorliegend als Einzelfallentscheidung eine Ausnahme zulassen und eine Rückforderung der Stundenpauschalen sowie einen Ausschluss der Abrechnungsunterlagen verhindern müssen. Der Vorstand der Beklagten habe dies nicht getan. Es sei nicht ersichtlich, dass der Vorstand der Beklagten hier ein Ermessen tatsächlich ausgeübt haben sollte. Von einem vollständigen Ermessensausfall, zumindest aber von einem Ermessensfehlgebrauch sei hier auszugehen. Die drei Erinnerungsschreiben habe sie nicht erhalten.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 04.02.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2020 (Az. XXX3) aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt unter teilweiser Wiederholung ihrer Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vor, sie habe den Bescheid vom 04.02.2020 zunächst an die Klägerin selbst versandt, da eine Vollmacht des Prozessbevollmächtigten noch nicht vorgelegen habe. Mit Schreiben vom 05.09.2018 habe sie auf die Einreichung der Quartalserklärung in Papierform im Original und unterschrieben hingewiesen. Ein Adressblatt sei mitgeschickt worden. Den Schreiben vom 06.11.2018, 20.11.2018 und 19.12.2018 sei ein adressierter Briefumschlag beigefügt gewesen. Sie habe mehrfach auf die notwendige Einreichung der Quartalserklärung hingewiesen. Aus der Faxübersendung folge, dass eines ihrer Schreiben die Klägerin überreicht haben müsse. Der Bescheid vom 04.02.2020 sei zunächst an die Klägerin selbst übersandt worden, da bis dahin eine Vollmacht ihres Prozessbevollmächtigten nicht vorgelegen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 Sozialgerichtsgesetz - SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 26.03.2021 angehört.
Die Klage ist zulässig, da sie form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden ist.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 04.02.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2020 (Az. XXX3) ist rechtmäßig und war nicht aufzuheben. Die Klage war daher abzuweisen.
Nachdem die Beklagte den Bescheid vom 04.02.2020 mit Schreiben vom 12.05.2020 an den Prozessbevollmächtigte der Klägerin übersandt hatte, legte dieser für die Klägerin am 18.05.2020 Widerspruch ein. Dieser Widerspruch ist Gegenstand des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2020 (Az. XXX2).
Der Bescheid der Beklagten vom 04.02.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2020 (Az. XXX2) ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht die Abrechnungsunterlagen für das streitbefangene Quartal III/18 für die Betriebsstättennummer XXX1 von der Abrechnung ausgeschlossen und die Stundenpauschalen in Höhe von 2.408,00 € bzw. in Höhe von 2.338,16 € netto für die Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst zurückgefordert.
Die Abrechnungsunterlagen für das streitbefangene Quartal III/18 sind nicht innerhalb der maßgeblichen Frist vollständig bei der Beklagten eingegangen. Die Erklärung zur Quartalsabrechnung (Abrechnungs-Sammelerklärung) ist Teil der einzureichenden Abrechnungsunterlagen. Die Erklärung zur Quartalsabrechnung ist im Original, d. h. in Papierform einzureichen. Eine Einreichung per Telefax reicht nicht aus. Dies gilt auch für die Tätigkeit im Ärztlichen Bereitschaftsdienst, da es sich hierbei um eine vertragsärztliche Tätigkeit handelt und die Klägerin als Nichtvertragsärztin sich mit der Geltung dieser Regelungen einverstanden erklärt hat.
Nach dem ab 01.07.2018 Bundesmantelvertrag – Ärzte (im Folgenden: BMV-Ä) hat der Vertragsarzt bei der Ausstellung von Vordrucken die dazu gegebenen Erläuterungen zur Vordruckvereinbarung zu beachten. Vordrucke und Bescheinigungen sind vollständig und leserlich auszufüllen, mit dem Vertragsarztstempel zu versehen und vom Arzt persönlich zu unterzeichnen. Die Unterschrift des abrechnenden Arztes auf dem einzelnen der Kassenärztlichen Vereinigung zu übermittelnden Abrechnungsschein kann entfallen, wenn er stattdessen eine Sammelerklärung abgibt, deren Wortlaut im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen von der Kassenärztlichen Vereinigung festgelegt wird (§ 35 Abs. 2 BMV-Ä)
Für die Frage, ob eine Honorarabrechnung unrichtig erstellt und abgegeben und der auf ihr beruhende Honorarbescheid deshalb ebenfalls unrichtig, d. h. rechtswidrig ist, hat die Erklärung des Vertragsarztes über die ordnungsgemäße Erbringung und Abrechnung der geltend gemachten Leistungen eine grundlegende Bedeutung. Nach § 35 Abs. 2 Satz 3 BMV-Ä ist die Abgabe einer - ordnungsgemäßen - Abrechnungs-Sammelerklärung eine eigenständige Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs eines Vertragsarztes auf Vergütung der von ihm erbrachten Leistungen. Mit ihr garantiert der Vertragsarzt, dass die Angaben auf den von ihm eingereichten Behandlungsausweisen (bzw. - heute -: Datenträgern) zutreffen. Diese Garantiefunktion ist gerade wegen der aufgrund des Sachleistungsprinzips im Vertragsarztrecht auseinanderfallenden Beziehungen bei der Leistungserbringung (Verhältnis Arzt zum Patienten) und der Vergütung (Verhältnis Arzt zur Kassenärztlichen Vereinigung) und den damit verbundenen Kontrolldefiziten unverzichtbar. Die Richtigkeit der Angaben auf den Behandlungsausweisen kann nur in engen Grenzen überprüft werden, und Kontrollen sind mit erheblichem Aufwand und unsicheren Ergebnissen verbunden. Das System der Abrechnung beruht deshalb in weitem Maße auf dem Vertrauen, dass der Arzt die Behandlungsausweise zutreffend ausfüllt bzw. durch sein Personal ausfüllen lässt. Insoweit kommt der Abrechnungs-Sammelerklärung als Korrelat für das Recht des Arztes, allein aufgrund eigener Erklärungen über Inhalt und Umfang der von ihm erbrachten Leistungen einen Honoraranspruch zu erwerben, eine entscheidende Funktion bei der Überprüfung der Abrechnung zu. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn in den Bundesmantelverträgen die ordnungsgemäß - d. h. jedenfalls aus der subjektiven Perspektive eines redlichen Teilnehmers am Rechtsverkehr, also nach bestem Wissen und Gewissen - erstellte Abrechnungs-Sammelerklärung als eigenständige Voraussetzung für das Entstehen des Honoraranspruchs bestimmt worden ist (vgl. BSG, Urt. v. 17.09.1997 - 6 RKa 86/95 - SozR 3-5550 § 35 Nr. 1, juris Rdnr. 19).
In den Abrechnungsrichtlinien der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, gültig ab dem 3. Quartal 2016 (im Folgenden: ARL), werden die Einzelheiten der Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen geregelt. Sie sind für alle im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zugelassenen Vertragsärzte, psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Medizinischen Versorgungszentren, angestellten Ärzte sowie die ermächtigten Ärzte, psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen und die in Notfällen in Anspruch genommenen Ärzte, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, sowie die Laborgemeinschaften verbindlich (Präambel Satz 2 ARL). Im Übrigen folgt die Verbindlichkeit bereits aus dem Rechtscharakter der ARL als Satzung der Beklagten.
Im Rahmen der Abgabe der Abrechnung bestätigt der Arzt bzw. Psychotherapeut mit der Erklärung zur Quartalsabrechnung, dass die zur Abrechnung eingereichten Leistungen nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen erbracht worden sind, notwendig waren und die eingereichte Abrechnung sachlich richtig und vollständig ist (§ 3 Nr. 1 ARL).
Die Abrechnungsunterlagen sind vollständig, spätestens 10 Tage nach Ende des Abrechnungsquartals bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen einzureichen. Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen kann gestatten, dass ein Arzt bzw. Psychotherapeut innerhalb der ersten 6 Wochen nach Ende eines Abrechnungsquartals seine bereits eingereichten Abrechnungsunterlagen berichtigt. Die Berichtigung ist schriftlich zu beantragen. In begründeten Einzelfällen kann die Kassenärztliche Vereinigung Hessen auf Antrag, soweit die Bearbeitung der Abrechnung nicht beeinträchtigt wird, eine nachträgliche Berichtigung der Abrechnungsunterlagen über den Zeitraum von 6 Wochen hinaus gestatten (§ 2 Nr. 3 ARL).
Abrechnungsunterlagen, die nicht innerhalb von 12 Monaten nach dem in § 2 Nr. 3 vorgeschriebenen Abgabetermin eingereicht werden, sind von der Abrechnung ausgeschlossen. Hierauf beruhende Honoraransprüche sind verwirkt. In begründeten, nicht vom Arzt bzw. Psychotherapeuten zu vertretenden Einzelfällen kann der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen Ausnahmen zulassen. Abrechnungsunterlagen, die nicht den gesetzlichen oder vertraglichen Grundlagen sowie den Abrechnungsvorgaben der Kassenärztliche Vereinigung Hessen entsprechen, sind von der laufenden Abrechnung ausgeschlossen. Sie werden zur Korrektur an die Praxis zurückgereicht. Hierdurch werden keine neuen Fristen nach § 2 in Gang gesetzt (§ 2 Nr. 6 ARL).
Diese Regelungen hat die Beklagte zutreffend angewandt, was im Übrigen auch zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist.
Ein Anspruch auf eine Ausnahmeregelung besteht nicht.
In begründeten, nicht vom Arzt bzw. Psychotherapeuten zu vertretenden Einzelfällen kann der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen Ausnahmen zulassen (§ 2 Nr. 6 Satz 3 ARL). Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen. Gründe hierfür sind nicht ersichtlich. Ein begründeter Einzelfall könnte nur aus Billigkeitsgründen angenommen werden. Es müssten dann Gründe im Sinne eines Härtefalls vorliegen, wenn der Klägerin die verspätete Einreichung nicht zuzurechnen wäre oder der Ausschluss von der Abrechnung zu einer unzumutbaren Härte führen würde. Die Einreichung per Telefax zeigt, dass der Klägerin die Nachreichung innerhalb der Jahresfrist jedenfalls möglich war. Soweit sie die Übersendung im Original unterlassen hat, kann dies darauf hindeuten, dass sie die Abrechnungsvorgaben missachtet oder sich mit diesen nicht hinreichend vertraut gemacht hat. Soweit sie das Original an die Beklagte versandt hat, fehlt hierfür ein Nachweis für den Zugang der Beklagten. Insofern hätte die Klägerin jedenfalls Nachfrage bei der Beklagten nach dem Honorarbescheid halten können. Dies muss sie sich selbst zurechnen lassen. Von daher liegt auch weder ein Ermessensnichtgebrauch noch ein Ermessensfehlgebrauch vor. Mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen war die Ausübung von Ermessen schon nicht eröffnet.
Das Bundessozialgericht hat bereits wiederholt entschieden, dass Abrechnungsfristen grundsätzlich und die Sanktionierung von Fristüberschreitungen durch Honorarabzüge rechtmäßig sind. Die Aufnahme solcher Bestimmungen in den Honorarverteilungsmaßstab sind von der Rechtsgrundlage des § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V gedeckt. Solche Regelungen sind deshalb gerechtfertigt, weil die Honorierung der in einem Quartal erbrachten Leistungen möglichst aus dem für dieses Quartal zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungsvolumen zu erfolgen hat, nachträgliche Honorierungen dem Ziel zügiger und zeitgerechter Honorierung zuwiderlaufen sowie zusätzlichen Verwaltungsaufwand erfordern. Durch diese Ziele ist der mit dem Abrechnungsausschluss verbundene Eingriff grundsätzlich verhältnismäßig und stellt eine rechtmäßige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 29/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 37, juris Rdnr. 11 m.w.N.; BSG, Beschl. v. 19.02.2014 - B 6 KA 42/13 B - juris Rdnr. 9; BSG, Beschl. v. 12.12.2018 - B 6 KA 38/18 B - juris Rdnr. 12 f.). Lediglich sehr kurze Fristen sind von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Vertragsärzte, die auf Grund eines Versehens oder einer möglicherweise nicht sofort erkennbaren Störung im elektronischen Übermittlungssystem oder in der praxiseigenen Software einen größeren Teil ihrer Abrechnungen nicht zu dem von der Kassenärztlichen Vereinigung gesetzten Termin innerhalb der ersten zwei Wochen des neuen Quartals vorlegen, laufen Gefahr, keinerlei Vergütung ihrer vertragsärztlichen Leistungen zu erhalten. Solche Auswirkungen einer nicht weiter differenzierten und abgestuften Ausschlussfrist sind durch die Ermächtigungsgrundlage des § 85 Abs. 4 SGB V nicht gedeckt und stellen zugleich eine unverhältnismäßige Einschränkung des durch Art 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Rechts der Vertragsärzte auf eine Honorierung ihrer Leistungen dar (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.2005 - B 6 KA 19/04 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 19, juris Rdnr. 25). Ein endgültiger Honorarausschluss steht aber nicht stets unter dem Vorbehalt lediglich geringer wirtschaftlicher Auswirkungen, sondern bei ausreichend langen Fristen kann er trotz im Einzelfall möglicherweise gravierender Folgen als noch verhältnismäßige Ausgestaltung bewertet werden (vgl. BSG, Beschl. v. 29.08.2007 - B 6 KA 48/06 B - juris Rdnr. 13). Eine neunmonatige Ausschlussfrist ist nicht unverhältnismäßig kurz (vgl. BSG, Beschl. v. 12.12.2018 - B 6 KA 38/18 B - juris Rdnr. 13), ebenso wenig eine Frist von einem Jahr (vgl. BSG, Beschl. v. 29.08.2007 - B 6 KA 48/06 B - juris Rdnr. 13) oder eine längste Abrechnungsfrist auf den Ablauf des achten Quartals nach dem Leistungsquartal (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 29/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 37, juris Rdnr. 12).
Solche Regelungen können auch von der Vertreterversammlung der Beklagten als Satzung beschlossen werden (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 08.06.2011 - L 4 KA 75/10 - juris Rdnr. 25 ff.). Die Beklagte, insb. ihre Vertreterversammlung ist nach § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB V zum Erlass der ARL als Satzung berechtigt. Mit der Zuständigkeit für die sonstige autonome Rechtsetzung steht der Vertreterversammlung neben dem Erlass der Satzung im formellen Sinn auch die Befugnis zur autonomen Rechtsetzung mit Verbindlichkeit für ihre Mitglieder zu (vgl. Steinmann-Munzinger, jurisPK-SGB V, 4. Auflage 2020, Stand: 15.06.2020, § 79 SGB V, Rdnr. 28). Die ARL regelt die Modalitäten der Abrechnung, die in das Aufgabengebiet der Beklagten gehört (§ 85 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V).
Die Klägerin hat die Erklärung zur Quartalsabrechnung nur per Telefax eingereicht. Das reicht nicht aus. Die Erklärung zur Quartalsabrechnung ist im Original, d. h. in Papierform einzureichen.
Aus § § 35 Abs. 2 Satz 3 BMV-Ä folgt, dass die Erklärung in Schriftform abzugeben ist. Dies folgt auch aus dem Formular selbst, das die Unterschrift des Vertragsarztes erfordert. Die Festlegung des Wortlauts der Abrechnungssammelerklärung durch die Kassenärztliche Vereinigung nach § 35 Abs. 2 Satz 3 BMV-Ä hat normativen Charakter (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 28.10.2020 - L 5 KA 2789/17 - juris Rdnr. 37). Es ist nicht ersichtlich, dass es am Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen fehlen sollte.
Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden (§ 126 BGB). § 126 BGB ist über § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechend anwendbar.
Soweit im Zivilrecht für die Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB die Übermittlung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung per Telegramm oder Telefax nicht ausreichend ist, denn die eigenhändige Unterschrift befindet sich lediglich auf dem Original des Absenders, nicht aber - wie bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen erforderlich - auf der dem Empfänger zugegangenen Kopie (vgl. BAG, Urt. v. 17.12.2015 - 6 AZR 709/14 - BAGE 154, 40, juris Rdnr. 47 f.; Junker in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 126 BGB <Stand: 01.05.2020>, Rn. 38), gilt dies nicht zwangsläufig für den übrigen Rechtsverkehr.
Wenn eine verwaltungsrechtliche Vorschrift vorsieht, dass eine Erklärung der Schriftform bedarf, hat dies allerdings nicht ohne weiteres zur Folge, dass § 126 Abs. 1 BGB entsprechend heranzuziehen ist. Soweit es sich um Erklärungen in einem Verwaltungsverfahren handelt, sind grundsätzlich die im Vergleich zu § 126 BGB in vielen Beziehungen großzügigeren Anforderungen maßgeblich, die sich in der Rechtsprechung für schriftliche Erklärungen innerhalb eines Gerichtsverfahrens entwickelt haben (vgl. § 130 Nr. 6 ZPO).
Danach ist eine Übermittlung per Telefax zur Wahrung der Schriftform jedenfalls dann ausreichend, wenn als Vorlage für den Versand ein unterschriebenes Original eingesetzt wird (vgl. nur GmS-OGB, Beschl. v. 05.04.2000 - GmS-OGB 1/98 - SozR 3-1750 § 130 Nr. 1). Auch soweit es sich um Erklärungen materiellrechtlichen Charakters handelt, ist § 126 Abs. 1 BGB nicht ohne weiteres entsprechend anwendbar. Für öffentlich-rechtliche Verträge, die gemäß § 56 SGB X der Schriftform unterliegen, ist die Vorschrift kraft der generellen Verweisung auf die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs in § 61 Satz 2 SGB X zwar grundsätzlich heranzuziehen. Für einseitige Erklärungen richten sich die Formerfordernisse hingegen grundsätzlich nach dem Sinn und Zweck der jeweiligen Vorschrift. Für Erklärungen, die auf die Begründung, Änderung oder Beendigung eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses gerichtet sind, und für geschäftsähnliche Handlungen, die eine solche Rechtsfolge auslösen, gelten die Anforderungen des § 126 BGB indes auch dann, wenn das Schriftformerfordernis in einer verwaltungsrechtlichen Regelung enthalten ist (vgl. BGH, Beschl. v. 12.11.2019 - EnVR 108/18 - juris Rdnr. 18 m.w.N.). Soweit das in § 126 BGB vorgesehene Formerfordernis auf Willenserklärungen beschränkt ist, zielen diese auf die Begründung, inhaltliche Änderung oder Beendigung von Rechtsverhältnissen (BVerwG, Beschl. v. 18.08.2010 - 6 P 15/09 - BVerwGE 137, 346, juris Rdnr. 26; für den Verzicht auf die Zulassung vgl. LSG Hamburg, Urt. v. 20.05.2015 - L 5 KA 50/13 - juris Rdnr. 33).
Bei der Abrechnungs-Sammelerklärung handelt es sich um eine Willenserklärung des Vertragsarztes, mit der er die Richtigkeit seiner Abrechnung bestätigt. Diese Willenserklärung ist eine eigenständige Voraussetzung für den Vergütungsanspruch, es handelt sich nicht um eine bloße Obliegenheit. Sie hat unmittelbare Auswirkungen auf das materiellrechtliche Verhältnis zwischen dem Vertragsarzt bzw. dem hier gleichgestellten, lediglich am Ärztlichen Bereitschaftsdienst teilnehmenden Arzt und der Kassenärztlichen Vereinigung.
Von daher reichte die Übersendung der Abrechnungs-Sammelerklärung per Telefax innerhalb der Abrechnungsfristen nicht aus. Das Original der Abrechnungs-Sammelerklärung hat die Klägerin aber innerhalb der Fristen nicht eingereicht.
Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, die Klägerin an die Abgabe zu erinnern. Die Verpflichtung zur Abgabe der Abrechnungs-Sammelerklärung folgt bereits aus den genannten Vorschriften. Zudem übersendet die Beklagte den Vertragsärzten und den Ärzten im Ärztlichen Bereitschaftsdienst quartalsweise ein Formular der Abrechnungs-Sammelerklärung mit einem Adressfeld zur Rückgabe. Weitere Erinnerungen, wenn auch sinnvoll, sind rechtsverbindlich nicht vorgegeben. Von daher kann dahinstehen, ob die Erinnerungsschreiben der Beklagten die Klägerin erreicht haben.
Besondere Hinweispflichten bestanden nicht. Solche sind gesetzlich nicht normiert. Entsprechende Regelungen nach dem Sozialgesetzbuch (§§ 13, 14 SGB I) gelten nur für Sozialrechtsträger, zu denen die Beklagte nicht zählt. Insofern gelten nicht die Regeln für Sozialrechtsträger und besteht kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch.
Nach der Rechtsprechung des LSG Hessen, von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung hat, gehört eine Kassenärztliche Vereinigung nicht zu den Leistungsträgern nach § 12 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) und dienen die Honoraransprüche der Kassen- bzw. Vertragsärzte nicht der Verwirklichung ihrer sozialen Rechte im Sinne des § 11 SGB I. Vielmehr handelt es sich insoweit um Vergütungsansprüche für erbrachte Leistungen. Das auf mitgliedschaftlicher Beziehung beruhende Verhältnis des Vertragsarztes zu seiner Kassenärztlichen Vereinigung unterscheidet sich wesentlich von dem Rechtsverhältnis eines möglichen Leistungsempfängers gegenüber einem Sozialleistungsträger i. S. des § 12 SGB I (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 14.12.2005 - L 4 KA 41/05 - juris Rdnr. 20; im Anschluss hieran SG Marburg, Gerichtsb. v. 02.11.2020 - S 12 KA 252/19 - juris Rdnr. 27; SG Marburg, Urt. v. 05.10.2011 - S 12 KA 403/11 - juris Rdnr. 24; SG Marburg, Urt. v. 05.10.2011 - S 12 KA 397/11 - juris Rdnr. 24; SG Marburg, Urt. v. 07.03.2007 - S 12 KA 36/06 - juris Rdnr. 20). Dies gilt im Grundsatz auch für das Verhältnis zwischen nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, die am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Beklagten teilnehmen.
Die Beklagte hat daher zu Recht die Abrechnungsunterlagen für das streitbefangene Quartal III/18 für die Betriebsstättennummer XXX1 von der Abrechnung ausgeschlossen.
Die Beklagte hat einen öffentlich-rechtlichen Rückforderungsanspruch bzgl. der geleisteten Stundenpauschalen in Höhe von 2.338,16 €, wobei die Höhe selbst zwischen den Beteiligten unstrittig ist.
Für einen Anspruch der Klägerin auf die Stundenpauschalen für das Quartal III/18 fehlt es an einem Honorarbescheid und damit an einem Honoraranspruch. Insofern besteht ein öffentlich-rechtlicher Rückforderungsanspruch der Beklagten. Diese hat die Stundenpauschalen für das Quartal III/18 ohne Rechtsgrund geleistet. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf nachträgliche Abrechnung der von ihr im Quartal III/18 erbrachten Leistungen im Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Beklagten.
Der Anspruch eines Arztes, der am Notdienst der Beklagten teilnimmt, auf die Stundenpauschalen setzt die Abrechnung des Arztes und den Erlass eines Honorarbescheids voraus. Die Vergütung erfolgt auf der Grundlage der Honorarabrechnung des Arztes, wobei die Stundenpauschale eine Mindest- bzw. Garantievergütung darstellt (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 06.11.2019 - S 12 KA 319/18 -, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 58/19 -).
Rechtsgrundlage für den Rückzahlungsanspruch der Beklagten wegen der Zahlung von Honorar für die Teilnahme des Klägers am Notdienst ist ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Ein solcher Anspruch setzt - in Anlehnung an § 812 Abs. 1 und § 818 Abs. 2 BGB - voraus, dass im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen wurden. Dieser öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist als eigenständiges Rechtsinstitut gewohnheitsrechtlich anerkannt (vgl. BSG, Urt. v. 11.09.2019 - B 6 KA 13/18 R - SozR 4-7610 § 812 Nr. 9, juris Rdnr. 18 f.).
Die Zahlung der Garantiepauschale ist jedenfalls seit dem Zeitpunkt ohne Rechtsgrund geleistet, zu dem die Klägerin ihren Honoraranspruch nach Nr. 3.1 ARL verwirkt hatte.
Denn die Zahlung der Garantiepauschale setzt eine Abrechnung voraus.
An der Festsetzung eines Honoraranspruchs fehlt es bisher. Soweit im Kontoauszug eine Festsetzung der Stundenpauschale zu sehen sein sollte, handelt es sich um die Festsetzung einer Vorauszahlung, die nach Erlass eines Honorarbescheids oder nach Unterlassen der Honorarabrechnung aufgehoben werden kann. Insofern bedarf es für das Behaltendürfen der Vorauszahlung bzw. der Stundenpauschale des Erlasses eines Honorarbescheids.
Ein Honoraranspruch und damit ein Anspruch auf die Stundenpauschalen setzt den Erlass eines Honorarbescheids voraus, woran es bisher fehlt.
Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Zahlung der Stundenpauschalen für das Quartal III/18 ist die Notdienstordnung der Beklagten.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht (§ 75 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, V. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V i. d. F. des Versorgungsstärkungsgesetzes -GKV-VSG - v. 16.07.2015, BGBl. I, S. 1211). Der Sicherstellungsauftrag umfasst auch die vertragsärztliche Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt (§ 75 Abs. 1b Satz 1 SGB V). Zur Erfüllung ihrer Pflichten hat die Beklagte die ab 01.10.2013 geltende Bereitschaftsdienstordnung, beschlossen von der Vertreterversammlung am 25.05.2013, veröffentlicht im Mitgliedermagazin der Beklagten „Auf den Punkt“, Nr. 3, Juni 2013, Teil info.service, S. 8 ff., geändert durch die Beschlüsse der Vertreterversammlung vom 14.12.2013, 17.05.2014, 11.10.2014, 13.12.2014 und 10.10.2015 (im Folgenden: BDO) erlassen. Diese Notdienstordnung hat Satzungsqualität.
Nach der BDO nehmen am organisierten allgemeinen Notdienst grundsätzlich alle Arztsitze im Umfang ihres Versorgungsauftrags teil (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BDO). Privat niedergelassene Ärzte nehmen analog der Regelungen zu Vertragsarztsitzen auf der Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung zwischen der Landesärztekammer Hessen und der KVH am ÄBD teil. Näheres regeln die Vertragspartner (§ 3 Abs. 3 BDO). Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte können im ÄBD mitwirken, sofern die KVH einen entsprechenden Mitwirkungsbedarf sieht und diese bestimmte Anforderungen erfüllen (§ 3 Abs. 4 BDO).
Für die nachgewiesene Übernahme von Diensten im Rahmen des ÄBD und im gebietsärztlichen Bereitschaftsdienst, sofern dieser in von der KVH betriebenen ÄBD-Zentralen durchgeführt wird, und zu den Zeiten nach § 5 Abs. 2 BDO, was bei den hier streitbefangenen Diensten der Klägerin unbestritten der Fall war, erhält jeder ÄBD-Arzt
a. eine Pauschale i. H. v. € 43,- je Dienststunde (Stundenpauschale) sowie
b. den Anteil des ordnungsgemäß abgerechneten, anerkannten und beregelten Honorars, der pro „Diensteinheit“ die Summe der Stundenpauschalen gemäß Buchstabe a. übersteigt, vermindert um den einheitlichen Betriebskostenabzug nach § 8 Abs. 1 BDO; diese Berechnung erfolgt für jeden ÄBD-Bezirk bzw. jeden HBD (Hausbesuchsdienst) getrennt. Dabei gelten die tagesbezogenen Dienstzeiten in § 5 Abs. 2 BDO.
c. im Rahmen des ÄBD eine Wegepauschale ausgezahlt soweit er keinen Fahrdienst in Anspruch nimmt. Die Vergütung der Wegepauschalen im ÄBD ist nach der Entfernung gestaffelt und richtet sich nach dem Zeitpunkt der Erbringung (§ 7 Abs. 1 BDO).
Jeder ÄBD-Arzt ist verpflichtet, seine erbrachten Leistungen vollständig und ordnungsgemäß nach dem jeweils geltenden EBM und den sonstigen jeweils geltenden Vorschriften gegenüber der KVH abzurechnen (§ 7 Abs. 3 BDO).
Die Finanzierung des ÄBD erfolgt auf der Grundlage der im ÄBD abgerechneten Leistungen nach § 7 Abs. 3, mit Ausnahme der Wegepauschalen im ÄBD. Im ÄBD und im gebietsärztlichen Bereitschaftsdienst, sofern dieser in ÄBD-Zentralen durchgeführt wird, erhebt die KVH einen allgemeinen einheitlichen Abzug (Betriebskostenabzug) von 35 % des Anteils des ordnungsgemäß abgerechneten, anerkannten und beregelten Honorars, der in der Diensteinheit die Summe der Stundenpauschalen gemäß § 7 Abs. 1 BDO Buchstabe a. übersteigt (§ 8 Abs. 1 BDO). Reichen die Erträge nach § 8 Abs. 1 BDO nicht zur Deckung des Gesamtaufwandes aus, wird zusätzlich eine einheitliche Umlage (Mitgliederumlage) unter allen abrechnenden Ärzten und Psychotherapeuten auf der Grundlage eines prozentualen Honorarumsatzes erhoben (§ 8 Abs. 1 BDO). Die KVH finanziert aus den Erträgen der Umlagen nach den Absätzen 1 und 2 sowie des pauschalierten Aufwendungsersatzes nach § 4 Abs. 5 BDO - bei verschuldetem Nichtantritt des Dienstes und wenn ein Vertreter nicht bestellt wird, wird ein Pauschalbetrag von 500,00 € fällig - den gesamten Aufwand des ÄBD, einschließlich der Zahlungen an ÄBD-Ärzte gemäß § 7 BDO. In diesem Zusammenhang stellt die KVH jeder ÄBD-Gemeinschaft zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben Mittel zur Verfügung (Regionalbudget), soweit der Betrieb der ÄBD-Zentrale dies erfordert, insbesondere zur eigenständigen Beschaffung von Dienstleistungen und Material unterhalb der Abschreibungsgrenze des Schwellenwertes für den Direktkauf nach der Beschaffungsrichtlinie der KVH. Näheres regeln die §§ 5 und 6. Der Vorstand kann ergänzende Regelungen treffen (§ 8 Abs. 3 BDO).
Nach der BDO wird der Ärztliche Bereitschaftsdienst durch den 35%igen Betriebskostenabzug von den abgerechneten Leistungen, der Mitgliederumlage sowie dem pauschalierten Aufwendungsersatz finanziert. Bereits für den Einzug des Betriebskostenabzugs bedarf es der Honorarabrechnung des Arztes. Die Vergütung erfolgt auf der Grundlage der Honorarabrechnung des Arztes, wobei die Stundenpauschale eine Mindest- bzw. Garantievergütung darstellt. Erst wenn der Honoraranspruch (nach Abzug der Betriebskosten) die Mindest- bzw. Garantievergütung übersteigt, wird der überschießende Honoraranteil ausgekehrt. Von daher wird der Arzt zur Honorarabrechnung ausdrücklich nach § 7 Abs. 3 BDO verpflichtet. Dies folgt im Übrigen auch aus den allgemeinen Regelungen, dass es sich beim Notdienst (Ärztlichen Bereitschaftsdienst) um einen Teil der vertragsärztlichen Versorgung handelt. Die in Notfällen von Nichtvertragsärzten und Krankenhäusern erbrachten Notfallleistungen gelten, was das Bundessozialgericht aus dem Zusammenhang der Vorschriften über die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung auch außerhalb der Sprechstundenzeiten (vgl. jetzt § 75 Abs. 1b SGB V) und des erweiterten Wahlrechts des Versicherten (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) herleitet, als im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt (vgl. BSG, Urt. v. 03.04.2019 - B 6 KA 67/17 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 21, juris Rdnr. 16; BSG, Beschl. v. 12.12.2018 - B 6 KA 38/18 B - juris Rdnr. 10; BSG, Urt. v. 08.02.2012 - B 6 KA 12/11 R - SozR 4-2500 § 43b Nr. 1, juris Rdnr. 23; BSG, Urt. v. 10.12.2008 - B 6 KA 37/07 R - BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr. 2, juris Rdnr. 14; BSG, Urt. v. 24.09.2003 - B 6 KA 51/02 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 2, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 19.08.1992 - 6 RKa 6/91 - BSGE 71, 117 = SozR 3-2500 § 120 Nr. 2, juris Rdnr. 14 ff.; BSG, Urt. v. 13.09.2011 - B 1 KR 4/11 R - BSGE 109, 133 = SozR 4-1750 § 68 Nr. 1, juris Rdnr. 22; zur Gleichstellung mit Vertragsärzten s. auch BSG, Urt. v. 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 13, juris Rdnr. 12). Die Teilnahme an der Versorgung berechtigt aber nur zur Teilnahme an der Honorarverteilung (§ 87b Abs. 1 Satz 1 SGB V). Ein „konkreter“ Honoraranspruch des Vertragsarztes entsteht regelmäßig erst nach Prüfung sämtlicher von den Vertragsärzten eingereichter Abrechnungen und der darauf basierenden Errechnung der Verteilungspunktwerte. Die Honorarforderung des einzelnen Arztes wird als Anteil an der begrenzten Gesamtvergütung, die die Krankenkassen gemäß § 85 Abs. 1 SGB V mit befreiender Wirkung an die Kassenärztliche Vereinigung zahlen, ermittelt. Erst mit Erlass des Honorarbescheides konkretisiert sich letztlich der bis dahin nur allgemeine Anspruch des Vertragsarztes auf Teilhabe an der Honorarverteilung zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch. Anders als bei der privatärztlichen Vergütung tritt die Fälligkeit in der vertragsärztlichen Versorgung erst im Zeitpunkt des Erlasses des Honorarbescheides ein (vgl. BSG, Urt. v. 10.12.2014 - B 6 KA 45/13 R - BSGE 118, 30 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 81, juris Rdnr. 31 m.w.N.).
Die Regelungen der BDO und des Vertragsarztrechts gelten auch für die Klägerin als nicht niedergelassene Ärztin. Für die Klägerin als Nichtvertragsärztin ist die BDO der Beklagten verbindlich. Ein Nichtvertragsarzt muss vor Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst die Erklärung über die Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst abgegeben. Mit Abgabe dieser Erklärung wird die Notdienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen sowie die hierzu ergänzenden Beschlüsse des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen oder eines von ihm beauftragten Gremiums anerkannt. Mit der allgemeinen Bezugnahme werden auch die jeweils geltenden Regelungen zur Finanzierung des ärztlichen Notdienstes durch die am Notfalldienst teilnehmenden Ärzte und zu deren Vergütung akzeptiert. Die Erklärung bringt hinreichend zum Ausdruck, dass der Arzt unter denselben Bedingungen wie ein Vertragsarzt am ärztlichen Notdienst teilnehmen soll und will (vgl. BSG, Urt. v. 17.07.2013 - B 6 KA 34/12 R - SozR 4-2500 § 81 Nr. 6, juris Rdnr. 12). Ohne Geltung der BDO bestünde im Übrigen schon kein Anspruch nach der BDO.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erlass eines Honorarbescheids für das Quartal III/18. Hierfür sind, wie bereits ausgeführt, die Fristen in den Abrechnungsrichtlinien zwischenzeitlich abgelaufen.
Nach allem war der angefochtene Bescheid rechtmäßig und hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Stundenpauschale und war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Der wirtschaftliche Wert folgt aus dem strittigen Rückforderungsbetrag. Dies ergab den festgesetzten Wert.