Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kosten für eine stationäre Krankenhausbehandlung.
Der 1957 geborene und bei der Beklagten gegen Krankheit Versicherte K S (im Folgenden: Versicherter) wurde in der Zeit vom 00.00.2016 bis 00.00.2016 vollstationär im Krankenhaus der Klägerin behandelt.
Bei dem Versicherten wurde im Februar 2016 in der Pneumologischen Klinik X in H eine Lungentuberkulose diagnostiziert. Dabei handelt es sich um eine chronische, ansteckende Erkrankung, die durch Bakterien verursacht und durch Tröpfcheninfektion übertragen wird. Während der stationären Behandlung in der Klinik in H verließ der Versicherte mehrfach unerlaubt den Isolationsbereich und kam mit anderen Patienten in Kontakt. Am 00.00.2016 beantragte das Gesundheitsamt des M-E-Kreises daher die zwangsweise Absonderung des Versicherten nach § 30 Abs. 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Mit Beschluss des Amtsgerichtes E vom 00.00.2016 wurde die einstweilige, zwangsweise Unterbringung des Versicherten in einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses für die Dauer von sechs Wochen angeordnet. Zur Begründung verwies das Gericht auf § 30 Abs. 2 IfSG, die Voraussetzungen dieser Norm seien erfüllt.
Am 00.00.2016 wurde der Versicherte zur Fortführung der antituberkulösen Therapie unter Isolationsbedingungen in die geschlossene Infektionsabteilung der Klägerin verlegt. Mit Schreiben vom 00.00.2016 teilte das Gesundheitsamt des M-E-Kreises der Klägerin mit, dass Kostenträger für die Absonderung des Versicherten der Kreisausschuss des M-E-Kreises sei. Der Unterbringungsbeschluss wurde am 00.00.2016 verlängert und am 00.00.2016 durch das Amtsgericht Q aufgehoben. Zur Begründung der Aufhebung führte das Amtsgericht Q aus, dass der Versicherte nach Mitteilung der behandelnden Ärzte nicht mehr infektiös sei. Infolgedessen wurde der Versicherte am 00.00.2016 entlassen.
Die Klägerin stellte der Beklagten für die stationäre Behandlung des Versicherten unter Zugrundelegung der DRG E76A (Tuberkulose, mehr als 14 Belegungstage) Kosten in Höhe von 27.667,42 EUR in Rechnung. Die Beklagte beglich diese zunächst vollständig, leitete jedoch ein Prüfverfahren durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 21.11.2016 durch Dr. Q zu dem Ergebnis, dass die stationäre Behandlung des Versicherten nur bis zum 00.00.2016 plausibel sei. Ab diesem Tag sei der Versicherte nicht mehr infektiös gewesen. Es habe keine medizinische Notwendigkeit der stationären weiteren Betreuung bestanden.
Die Beklagte teilte der Klägerin unter Bezugnahme auf das MDK-Gutachten mit, dass sich ihr Erstattungsanspruch auf 1.446,48 EUR belaufe. Die Beklagte nahm anschließend am 04.01.2017 eine Aufrechnung dieses Erstattungsanspruches mit einer unstreitigen Forderung der Klägerin aus dem Behandlungsfall der Versicherten B T (Behandlungszeitraum: 30.11.2016 – 06.12.2016) vor.
Dagegen richtet sich die am 28.11.2018 erhobene Klage. Die Klägerin meint, ein Erstattungsanspruch der Beklagten bestehe nicht, da ihr der Vergütungsanspruch aus dem Behandlungsfall des Versicherten S in voller Höhe zustehe. Zur Begründung führt die Klägerin aus, dass sie den Versicherten aufgrund des Unterbringungsbeschlusses nicht früher habe entlassen können oder dürfen. Bereits auf Grundlage des Beschlusses sei die gesamte Verweildauer indiziert. Darüber hinaus habe bei dem Versicherten insgesamt ein deutlich reduzierter Allgemein- und Ernährungszustand bei fortbestehender Weglauftendenz und Uneinsichtigkeit gegenüber medikamentösen und pflegerischen Maßnahmen bestanden. Auch aufgrund der Persönlichkeitsstruktur des Versicherten habe weiterhin akutstationärer Behandlungsbedarf bestanden. Der Versicherte sei außerdem obdachlos und in psychisch schlechter Verfassung gewesen. Trotz intensiver Bemühungen sei erst ab dem 01.09.2016 eine adäquate Lösung zur Unterbringung des Versicherten gefunden worden. Die Klägerin nimmt Bezug auf eine Entscheidung des Sozialgerichts (SG) Detmold vom 08.01.2017 (Aktenzeichen S 24 KR 296/16) zu einem ähnlich gelagerten Fall sowie auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.11.2015 (B 1 KR 18/15 R).
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.446,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2017 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf die Ausführungen des MDK. Es bestünde keine medizinische Notwendigkeit für eine stationäre Behandlung über den 00.00.2016 hinaus. Soweit die stationäre Behandlung ausschließlich der Einhaltung von Quarantänemaßnahmen gemäß § 30 IfSG diene, sei die Beklagte hierfür gemäß § 69 IfSG nicht Kostenträger.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines nach Aktenlage erstellten ärztlichen Gutachtens der Sachverständigen Dr. L, Klinik für Pneumologie und Beatmungsmedizin des Universitätsklinikums I. Die Sachverständige kommt in ihrem Gutachten vom 26.01.2022 zu dem Ergebnis, dass der Versicherte unabhängig von dem Unterbringungsbeschluss aus medizinischer Sicht am 24.08.2016 habe entlassen werden können. Die antituberkulöse Therapie sei am 24.08.2016 abgeschlossen und der Versicherte ab diesem Zeitpunkt nicht mehr infektiös gewesen. Eine klinische Verschlechterung des Versicherten oder weitere akute Ereignisse, die ggf. einen Aufenthalt über den 24.08.2016 medizinisch gerechtfertigt hätten, könnten nicht festgestellt werden. Über den 24.08.2016 hinaus seien auch keine konkreten Mittel des Krankenhauses angewendet worden. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Gutachtens Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die ebenfalls beigezogenen Patientenunterlagen zum Behandlungsfall des Versicherten S verwiesen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Streitgegenstand ist vorliegend nicht die Kostenübernahme für die stationäre Behandlung des Versicherten S in der Zeit vom 00.00.2016 bis 00.00.2016, weil dieser Anspruch durch Erfüllung erloschen ist. Gegenstand der Klage ist vielmehr die Frage, ob der Beklagten aus diesem Behandlungsfall ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zusteht, den sie im Wege der Aufrechnung geltend gemacht hat. Bei der zu Grunde liegenden unstreitigen Hauptforderung, mit der die Aufrechnung erklärt wurde, handelt es sich um eine Vergütung aus dem Behandlungsfall der Versicherten T vom 00.00.2016 bis 00.00.2016; um die Vergütung aus diesem Behandlungsfall bis zur Höhe der Klageforderung geht es vorliegend.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unmittelbar zulässig, denn es geht bei einer auf Zahlung von Behandlungskosten für Versicherte gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen; die Einhaltung einer Klagefrist war nicht geboten (st. Rspr., vgl. etwa BSG, Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R –, juris).
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Zahlung von 1.446,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.01.2017 verlangen.
Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch eines zugelassenen Krankenhauses gegenüber einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der sich die Kammer anschließt, § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. der Pflegesatzvereinbarung der Beteiligten. Der Behandlungspflicht des zugelassenen Krankenhauses nach § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG), des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) und der Bundespflegesatzverordnung festgelegt wird (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.2010 – B 3 KR 4/10 R –; BSG, Urteil vom 29.04.2010 – B 3 KR 11/09 R –, jeweils juris). Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht dabei unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch einen Versicherten. Da der Zahlungsanspruch des zugelassenen Krankenhauses jedoch in aller Regel mit dem Naturalleistungsanspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung korrespondiert, müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhauspflegebedürftigkeit im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V vorliegen (Landessozialgericht Niedersachsen, Urteil vom 30.01.2002 – L 4 KR 110/00 –, juris).
Die Erforderlichkeit der hier streitigen stationären Behandlung der Versicherten T und die ordnungsgemäße Abrechnung dieses Falles sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Vergütungsanspruch aus diesem Behandlungsfall ist daher entstanden.
Dieser Vergütungsanspruch ist aber in Höhe der Klageforderung von 1.446,48 EUR dadurch erloschen, dass die Beklagte wirksam mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten S analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Aufrechnung erklärte. Schulden nach dieser Norm zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann. Ferner darf die Aufrechnung nicht ausgeschlossen sein und muss wirksam erklärt werden. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Die Aufrechnung wurde wirksam erklärt. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 04.01.2017 ergibt sich eindeutig, mit welcher Forderung in welcher Höhe aufgerechnet wurde. Die Aufrechnung ist außerdem nicht durch ein gesetzliches oder vertraglich vereinbartes Verbot ausgeschlossen.
Es bestand außerdem eine Aufrechnungslage. Der Vergütungsanspruch der Klägerin (Hauptforderung) und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (Gegenforderung) erfüllen die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit analog § 387 BGB. Die Hauptforderung ist zudem erfüllbar. Die Gegenforderung der Beklagten ist schließlich auch wirksam, fällig und durchsetzbar.
Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis liegt hier vor, denn die Abrechnungsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus sind öffentlich-rechtlich geprägt. Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gelten ähnliche Grundsätze wie im bürgerlichen Recht der ungerechtfertigten Bereicherung – §§ 812 ff. BGB –, mit der der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch zumindest insoweit vergleichbar ist, als dass beide Ansprüche dem Ausgleich einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung dienen. Diesbezüglich ist allgemein anerkannt, dass Leistungen zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit, die in Wirklichkeit nicht besteht, zurückgefordert werden können (vgl. BSG, Urteil vom 22.07.2004 – B 3 KR 21/03 R –, juris). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die ihr in Rechnung gestellten und bezahlten Kosten des stationären Aufenthalts ihres Versicherten S im Krankenhaus der Klägerin teilweise – in Höhe der streitigen Klageforderung von 1.446,48 EUR – ohne Rechtsgrund geleistet.
Die stationäre Behandlung des Versicherten vom 00.00.2016 bis 00.00.2016 war nur vom 00.00.2016 bis 00.00.2016 erforderlich im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Danach umfasst der Sachleistungsanspruch des Versicherten vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Nach einem Beschluss des Großen Senats des BSG richtet sich die Entscheidung, ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, allein nach den medizinischen Erfordernissen. Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen (Großer Senat BSG, Beschluss vom 25.09.2007 – GS 1/06 –, juris).
Dass die vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten in der Zeit ab dem 00.00.2016 medizinisch nicht mehr erforderlich war, schlussfolgert die Kammer aus dem überzeugenden Gutachten der Sachverständigen Dr. L vom 26.01.2022. Demnach war der Versicherte ab dem 00.00.2016 nicht mehr infektiös und die antituberkulöse Therapie abgeschlossen. Eine klinische Verschlechterung des Versicherten oder weitere akute Ereignisse, die ggf. einen Aufenthalt über den 00.00.2016 medizinisch gerechtfertigt hätten, konnte die Sachverständige anhand der Behandlungsunterlagen nicht feststellen. Über den 00.00.2016 hinaus wurden auch keine konkreten Mittel des Krankenhauses angewendet und waren daher offensichtlich auch nicht notwendig.
Die von der Klägerin vorgetragenen Gründe für eine stationäre Behandlung über den 00.00.2016 hinaus können die Ergebnisse des Sachverständigengutachtens aus Sicht der Kammer auch nicht entkräften. Soweit die Klägerin vorträgt, dass der Versicherte obdachlos und in psychisch schlechter Verfassung war und trotz intensiver Bemühungen zunächst keine Organisation oder Einrichtung zu finden war, die sich um den Versicherten nach Entlassung kümmern konnte und eine adäquate Lösung erst am 01.09.2016 gefunden wurde, begründet dies keine medizinische Notwendigkeit für den stationären Aufenthalt über den 00.00.2016 hinaus. Die von der Klägerin vorgetragenen Gründe sind sozialer und organisatorischer Art, die eine Behandlungsnotwendigkeit im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht begründen können. Denn das BSG hat insoweit entschieden, dass es nicht zu den gesetzlichen Aufgaben der Krankenversicherung gehört, die für eine erfolgreiche Krankenbehandlung notwendigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu schaffen oder diesbezügliche Defizite durch Erweiterung des gesetzlichen Leistungsspektrums auszugleichen. Die Krankenkassen haben auch keine Möglichkeit, strukturelle Mängel außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches zu beheben, etwa eine Unterversorgung bei den Betreuungseinrichtungen für psychisch schwer kranke Patienten (vgl. BSG, Urteil vom 17.11.2015 – B 1 KR 20/15 R –, juris). Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung und der überzeugenden Begründung ausdrücklich an.
Soweit psychische Erkrankungen des Versicherten vorgelegen haben, war eine Behandlung und Versorgung dieser Erkrankungen nicht an die Mittel des Krankenhauses gebunden. Vielmehr wäre sodann ggf. eine Unterbringung und Behandlung in einer psychiatrischen Einrichtung medizinisch notwendig gewesen.
Auch der richterliche Unterbringungsbeschluss vom 10.03.2016 und dessen Verlängerung vom 21.04.2016 kann die Notwendigkeit einer stationären Behandlung über den 00.00.2016 hinaus nicht begründen. Denn der Unterbringungsbeschluss stellt keinen medizinischen Grund für eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit dar. Sofern eine stationäre Behandlung nur aufgrund eines Unterbringungsbeschlusses aus Infektionsschutzgründen und damit zur Gefahrenabwehr i.S.v. § 30 IfSG erfolgt, ist die Krankenkasse für die so entstandenen Kosten nicht der richtige Kostenschuldner, sondern gem. § 69 Nr. 8 IfSG der öffentliche Kostenträger (vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 14.03.2018 – 14 K 65.15 –, juris). Die Klägerin ist durch das Gesundheitsamt des M-E-Kreises auch – ohne dass dies entscheidungserheblich wäre – darauf hingewiesen worden, dass Kostenträger für die Absonderung des Versicherten der M-E-Kreis ist.
Die Abgrenzung, ob Kosten nach § 39 SGB V oder nach den §§ 30, 69 IfSG anfallen und damit, ob die Krankenkasse Kostenträger ist oder die Kosten aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten sind, ist davon abhängig, ob die stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen ist (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 02.03.1977 – I C 36/70 –, juris, m.w.N.). Liegen medizinische Gründe im Sinne von § 39 SGB V vor, fallen die Kosten als Heilbehandlungskosten zu Lasten der Krankenkasse an. Ist aus medizinischer Sicht eine stationäre Behandlung nicht notwendig und erfolgt die stationäre Unterbringung aus Infektionsschutzgründen im Sinne von § 30 IfSG, handelt es sich um Absonderungskosten (vgl. auch Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 14.03.2018 – 14 K 65.15 –, juris; Eckhart in Eckhart/Winkelmüller, BeckOK Infektionsschutzrecht, 12. Edition 2022, IfSG § 69 Rn. 19). Dies zugrunde gelegt, handelt es sich bei den hier noch streitigen Kosten um Absonderungskosten, die nicht zu Lasten der Krankenkasse anfallen konnten. Gemäß der vorherigen Ausführungen war eine stationäre Behandlung über den 00.00.2016 hinaus aus medizinischen Gründen nicht erforderlich. Der Unterbringungsbeschluss vom 10.03.2016 wurde ausweislich der Begründung zum Schutz von Dritten vor einer Ansteckung durch den Versicherten und gem. § 30 Abs. 2 IfSG erlassen.
Auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des SG Detmold vom 08.12.2017 (S 24 KR 296/16) und des BSG vom 17.11.2015 (B 1 KR 18/15 R) gilt hier nichts anderes. Der von der 24. Kammer des SG Detmold entschiedene Sachverhalt lag insofern anders, als dass dort auch individuell-medizinische Gründe für den stationären Aufenthalt vorlagen und durch den Sachverständigen bestätigt wurden. Es war gerade kein Fall der reinen Absonderung zur Gefahrenabwehr. Im vom BSG entschiedenen Fall war die ambulante Durchführung einer Radiojodtherapie strahlenschutzrechtlich nicht zulässig. Das BSG hat entschieden, dass die stationäre Behandlung des Versicherten erforderlich und wirtschaftlich war. Eine stationäre Krankenhausbehandlung sei aus allein medizinischen Gründen auch dann erforderlich, wenn die medizinisch notwendige Versorgung aus Gründen der Rechtsordnung nur stationär erbracht werden darf. Die GKV dürfe bei der Erfüllung ihrer Aufgabe die rechtlichen Strukturvorgaben nicht außer Acht lassen. In einem solchen Fall sei die Krankenhausbehandlung im Rechtssinne aus allein medizinischen Gründen erforderlich. Dieser Fall ist mit dem hier streitgegenständlichen Fall jedoch nicht vergleichbar. In dem vom BSG entschiedenen Fall war die Radiojodtherapie über den gesamten Zeitraum des stationären Aufenthaltes durchzuführen. Im hier streitigen Fall des Versicherten S war die Tuberkulosebehandlung jedoch am 00.00.2016 beendet. Die zwangsweise stationäre Unterbringung war aus medizinischen Gründen ab dem 00.00.2016 nicht mehr erforderlich. Infolgedessen kann die Weiterbehandlung über diesen Behandlungstag hinaus im Rechtssinne nicht als erforderlich angesehen werden.
Darüber hinaus stellt der Unterbringungsbeschluss auch keinen „Grund der Rechtsordnung“ im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des BSG dar, der die medizinische Notwendigkeit und Erforderlichkeit für den stationären Aufenthalt begründen könnte. Zwar darf die Krankenkasse bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die rechtlichen Strukturvorgaben nicht außer Acht lassen. Die rechtlichen Strukturen aus dem Infektionsschutzgesetz geben hier jedoch gerade vor, dass die Krankenkasse nicht Kostenträger für Absonderungskosten ist. Würde allein ein Unterbringungsbeschluss i.S.v. § 30 IfSG die medizinische Notwendigkeit für eine stationäre Behandlung begründen und damit die Krankenkasse als Kostenträger in die Verantwortung nehmen können, würde § 69 IfSG leer laufen. Die Heranziehung eines auf Grundlage von § 30 IfSG erlassenen Unterbringungsbeschlusses als medizinischer Grund für die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung würde damit § 69 IfSG und dem Willen des Gesetzgebers widersprechen.
Da bereits ein Anspruch auf die Hauptforderung entfällt, kommt auch ein akzessorischer Zinsanspruch nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.