Die Urlaubsabgeltung ist kein Einkommen, von dem Freibeträge bei Erwerbstätigkeit abzusetzen sind
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- Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 2. November 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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- Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen für den Rechtsstreit zu 1/20 zu erstatten.
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- Die Revision wird zugelassen.
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T a t b e s t a n d
Die Beteiligten streiten für September 2016 bis Januar 2017 um Absetzbeträge von einer Urlaubsabgeltung. Für Oktober 2016 bis Januar 2017 haben sie sich dem Ausgang dieses Rechtsstreits unterworfen.
Die 1968 geborene Klägerin zu 1. war vom 01.08.2014 bis 31.07.2016 beim Verkehrszentrum X.... e.V. (VSL) beschäftigt (Arbeitsvertrag v. 01.08.2014, Änderungsvertrag v. 01.08.2015). Sie hatte Anspruch auf zwei Tage Erholungsurlaub pro Monat (§ 5 Arbeitsvertrag). Ab dem 02.11.2015 war sie arbeitsunfähig und bezog ab dem 14.12.2015 von der AOK PLUS (AOK) Krankengeld (Krg). Vom 28.06. bis 19.07.2016 nahm die Klägerin zu 1. an einer stationären Reha-Maßnahme teil. Am 02.08.2016 überwies ihr der VSL insgesamt 1.218,38 € als „Urlaubsabgeltung 2015“ (443,04 €) und „Urlaubsabgeltung 2016“ (775,32 €), jeweils ohne Abzüge von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen (undatierte Entgeltbescheinigung).
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) bewilligte der Klägerin zu 1. auf Antrag vom 01.08.2016 vom 01.08.2016 bis 29.08.2017 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von 20,86 € kalendertäglich, welches für die Zeit vom 01. bis 30.08.2016 aufgrund der Urlaubsabgeltung nicht ausgezahlt, vom 31.08. bis 31.10.2016 einbehalten und ab dem 01.11.2016 an sie ausgezahlt wurde (BA, Schreiben v. 22.09.2016). Am 17.11.2016 erhielt die Klägerin zu 1. für 01. bis 08.11.2016 Alg in Höhe von 166,88 € überwiesen. Für September und Oktober 2016 machte der Beklagte einen Erstattungsanspruch von insgesamt 1.251,60 € (monatlich 625,80 €) geltend (Schreiben v. 26.09.2016), den die BA anerkannte (Schreiben v. 07.10.2016). Ab dem 09.11.2016 hob die BA die Bewilligung des Alg auf (Bescheid v. 11.11.2016), da die Klägerin zu 1. - nach einem weiteren stationären Aufenthalt ab dem 03.11.2016 - vom 09.11.2016 bis 27.06.2017 erneut Krg von 20,86 € kalendertäglich bezog, im November 2016 in Höhe von 208,60 €, im Dezember 2016 insgesamt 584,08 € (2 x 292,04 €) und im Januar 2017 insgesamt 396,34 € (250,32 € + 146,02 €). Der Beklagte machte gegen die AOK dem Grunde nach Erstattungsansprüche, auch ab dem 09.11.2016, geltend, die die AOK anerkannte und der Beklagte für Zeiten vom 06. bis 27.01.2017 auf 458,92 € und vom 28.01. bis 10.02.2017 auf 271,18 € bezifferte. Ab dem 28.06.2017 bezog die Klägerin zu 1. erneut Alg, da der Rentenversicherungsträger noch nicht über ihre Erwerbsminderung entschieden hatte. Ab dem 07.09.2017 befand sie sich in einer (weiteren) stationären Reha-Maßnahme.
Für die Haftpflicht ihres Kraftfahrzeugs (Kfz; amtliches Kennzeichen: .....) zahlte die Klägerin zu 1. vierteljährlich 47,04 € bis Dezember 2016 und 48,98 € ab Januar 2017 (W..... Versicherung, Beitragsrechnungen ab 01.01.2016 / 01.01.2017). Die im Januar 2005 geborene Klägerin zu 2., eine Tochter der Klägerin zu 1., bezog Kindergeld.
Die Klägerin zu 1. war Mieterin einer Wohnung in V..... (Mietvertrag v. 01.04.2008), für die ab August 2015 weiterhin insgesamt 322,87 € (247,80 € Grundmiete + 75,07 € Nebenkostenvorauszahlung) monatlich Miete zu zahlen waren (Schreiben des Vermieters v. 13.07.2015 über die unveränderte Höhe der Vorauszahlungen trotz Betriebskostenabrechnung v. 07.07.2015). Für den Bezug von Gas zahlte die Klägerin zu 1. ab September 2016 monatlich 76,- € (U..... GmbH, Abrechnung v. 15.08.2016).
Auf Fortzahlungsantrag der Klägerin zu 1. vom 22.06.2016 (Schreiben v. 21.06.2016 unter Mitteilung des endenden Arbeitsvertrags und der voraussichtlichen Reha-Maßnahme) bewilligte der Beklagte den Klägerinnen für August 2016 bis Januar 2017 vorläufig insgesamt 855,35 € (1.045,35 € Gesamtbedarf ohne Bedarf für Heizung - 190,- € Kindergeld) monatlich (Bescheid v. 11.07.2016). Nach Vorlage von weiteren Unterlagen - u.a. zur Urlaubsabgeltung - durch die Klägerin zu 1. (Schreiben v. 24.07.2016) änderte der Beklagte die vorläufige Bewilligung für September 2016 bis Januar 2017 auf insgesamt 659,90 € (Bescheid v. 27.07.2016), da die Urlaubsabgeltung als einmalige Einnahme (bei einmaligen Absetzbeträgen) von 195,45 € monatlich (1.218,36 € - 30,- € Versicherungspauschale - 15,68 € Kfz-Versicherungsbeitrag = 1.172,68 € / 6 Monate) zu berücksichtigen sei. Nach Vorlage einer Gasabrechnung (Schreiben der Klägerin zu 1. v. 23.08.2016) änderte der Beklagte die vorläufige Bewilligung u.a. für September 2016 bis Januar 2017 auf 735,90 € (zztl. 65,31 € Bedarf für Heizung) monatlich (Bescheid v. 25.08.2016). Widerspruch gegen die vorgenannten Bescheide erhoben die Klägerinnen nicht.
Nach Korrektur der Anrechnung der Urlaubsabgeltung (monatliche statt einmalig Absetzbeträge) auf 157,38 € monatlich (1.218,36 € / 6 Monate = 203,06 € monatlich - 30,- € - 15,68 €), änderte der Beklagte die vorläufige Bewilligung für September 2016 bis Januar 2017 auf insgesamt 773,97 € monatlich (Bescheid v. 26.09.2016). Weiterhin änderte er die Bewilligung für November 2016 bis Januar 2017 „endgültig“ auf insgesamt 148,17 € monatlich, da Alg (20,86 € täglich bzw. 625,80 € monatlich) zu berücksichtigen sei (weiterer Bescheid v. 26.09.2016).
Dagegen erhob die Klägerin zu 1. jeweils am 29.06.2016 Widerspruch (zwei Schreiben ihrer Bevollmächtigten v. selben Tag). Bei der Urlaubsabgeltung von 203,06 € sei ein Freibetrag für Erwerbseinkommen zu berücksichtigen. Der Beklagte führte hierzu ein Vorverfahren, da der Änderungsbescheid vom 26.09.2016 für November 2016 bis Januar 2017 den vorläufigen Änderungsbescheid vom selben Tag ersetzt habe.
Nach angeforderter Vorlage weiterer Unterlagen der Klägerin zu 1. über das tatsächlich zugeflossene Einkommen (Alg, Krg, Unterhalt für die Klägerin zu 2.) bewilligte der Beklagte den Klägerinnen für September und Oktober 2016 insgesamt 773,97 € (Bescheid v. 28.07.2017), da die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung nicht erfüllt gewesen seien. Für November 2016 änderte der Beklagte die Bewilligung auf insgesamt 398,49 €, für Dezember 2016 auf 189,89 € und für Januar 2017 auf 402,23 € ab, da Alg und Krg entsprechend des Zuflusses zu berücksichtigen seien (weiterer Bescheid v. 28.07.2017). Danach wies der Beklagte den Widerspruch bei Kostenerstattung zu drei Vierteln zurück (Widerspruchsbescheid v. 03.08.2017, W 2016/2793). Der monatliche Gesamtbedarf der Klägerinnen betrage 1.121,35 € bis Dezember 2016 und 1.147,95 € im Januar 2017. Als Einkommen seien die Urlaubsabgeltung (203,06 € monatlich) sowie Alg (im November 2016) und Krg (ab November 2016) in Höhe des tatsächlichen Zuflusses zu berücksichtigen. Absetzungen von der Urlaubsabgeltung seien nicht vorzunehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten, auch zur Ermittlung der individuellen Ansprüche, wird auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen (a.a.O., S. 4 ff.).
Dagegen haben die Klägerinnen am 30.08.2017 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) Klage erhoben (Schreiben ihrer Bevollmächtigten v. selben Tag). Das SG hat einen Erörterungstermin durchgeführt (Niederschrift v. 24.08.2018) und ohne mündliche Verhandlung den Beklagten unter „Abänderung der Bescheide vom 26.09.2016 in der Fassung der Bescheide vom 28.07.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2017“ für September 2016 bis Januar 2017 verurteilt, der Klägerin zu 1. weitere Leistungen von 116,32 € und der Klägerin zu 2. von 50,43 € zu zahlen (Urteil v. 02.11.2018). Streitgegenstand seien die Bescheide vom 28.07.2017. Der Bedarf der Klägerinnen sowie die Anrechnung des Alg, Krg und Kindergelds seien unstreitig. Die Urlaubsabgeltung sei als einmalige Einnahme in Höhe von 169,73 € (1.218,36 € - 200,- € = 1.018,36 € / 6 Monate) monatlich anzurechnen. Vor deren Verteilung sei ein Erwerbstätigenfreibetrag abzuziehen, da die Urlaubsabgeltung Erwerbseinkommen sei. Sinn und Zweck dieses Freibetrags werde weiterhin erfüllt, insbesondere bei befristeten Arbeitsverhältnissen. Die Urlaubsabgeltung könne auch nicht mit echten Lohnersatzleistungen gleichgestellt werden. Erwerbseinkommen liege auch nicht nur dann vor, wenn es als Gegenwert für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt werde. Die Urlaubsabgeltung sei von Abfindungen abzugrenzen. Die Bewertung als Erwerbseinkommen könne nicht vom Zufall abhängen, ob der Urlaub während der Arbeitszeit genommen werde oder nicht. Aus der arbeitsrechtlichen Neubewertung der Urlaubsabgeltung als reiner Geldanspruch (Hinweis auf BAG v. 19.06.2012 - 9 AZR 652/10) folge hier unmittelbar nichts. Der Freibetrag von 100,- € sei aufgrund einer Sonderregelung für einmalige Einnahmen nicht abzusetzen. Vom monatlichen Gesamteinkommen seien die Versicherungspauschale (30,- €) und Kfz-Haftpflichtversicherung (15,68 €) abzusetzen. Die Klägerin zu 1. habe Anspruch auf höhere Leistungen von 23,34 € monatlich für September bis Dezember 2016 und 22,96 € für Januar 2017 sowie die Klägerin zu 2. auf 10,- € monatlich für September bis Dezember 2016 und 10,43 € für Januar 2017. Das SG hat die Berufung zugelassen, da es von einer obergerichtlichen Entscheidung (LSG Hamburg v. 29.06.2017 - L 4 AS 468/15 - juris) abweiche.
Gegen das - ihm am 12.11.2018 zugestellte - Urteil hat der Beklagte am 15.11.2018 beim erkennenden Gericht Berufung eingelegt (Schreiben v. selben Tag). Bei einer Urlaubsabgeltung handele es sich nicht um Erwerbseinkommen, wie er bereits erstinstanzlich unter Verweis auf vorgenannte LSG-Entscheidung ausgeführt habe und im Einzelnen bekräftige.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 02.11.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen die erstinstanzliche Entscheidung.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt (Schreiben v. 31.05./03.06.2022, aufrechterhalten durch Schreiben v. 18./29.08.2022) und sich für Oktober 2016 bis Januar 2017 dem Ausgang dieses Rechtsstreits unterworfen (vgl. Senatsbeschluss v. 24.08.2022 über die Feststellung des Zustandekommens und Inhalts des Vergleichs der Beteiligten).
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet, da die Klägerinnen für die streitgegenständliche Zeit keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts haben. Insbesondere sind von der Urlaubsabgeltung keine Freibeträge für Erwerbstätige abzusetzen. Darüber konnte der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Gegenstand des Verfahrens ist nach dem sog. Unterwerfungsvergleich der Beteiligten für Oktober 2016 bis Januar 2017 neben der vorinstanzlichen Entscheidung nur noch der Bescheid vom 28.07.2017 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 03.08.2017 (W 2016/2793) für September 2016. Damit hat der Beklagte abschließend über die Ansprüche der Klägerinnen auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entschieden (zu den - hier erfüllten - Anforderungen an die Auslegung eines Bescheids als eine abschließende Entscheidung vgl. z.B. BSG v. 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R - Rn. 21 ff., BSG v. 05.07.2017 - B 14 AS 36/16 R - Rn. 14, BSG v. 12.09.2018 - B 4 AS 34/17 R - Rn. 13 f.). Dieser Bescheid vom 28.07.2017 ersetzte und erledigte (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 39 Abs. 2 SGB X) den Bescheid vom 26.09.2016 über die vorläufige Bewilligung für September 2016, womit er Gegenstand des Vorverfahrens wurde (§ 86 Halbsatz 1 SGG; zur Ersetzung als Änderung vgl. z.B. BSG v. 05.07.2017 - B 14 AS 36/16 R - Rn. 19 ff.). Nicht Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 11.07.2016, 27.07.2016 und 25.08.2016, da die Klägerinnen dagegen jeweils keinen Widerspruch erhoben haben.
Streitgegenstand sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für September 2016 unter Berücksichtigung von (weiteren) Absetzbeträgen von der im August 2016 der Klägerin zu 1. zugeflossenen Urlaubsabgeltung von 1.218,38 € für 2015 und 2016 nach Beendigung deren Arbeitsverhältnisses mit dem VSL zum 31.07.2016. Die Beschränkung des Streitgegenstands auf einen Monat (September 2016) des Bewilligungszeitraums (August 2016 bis Januar 2017) durch die Beteiligten ist zulässig (vgl. z.B. BSG v. 12.05.2021 - B 4 AS 88/20 R - Rn. 11, BSG v. 29.03.2022 - B 4 AS 24/21 R - Rn. 14).
Die Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), da der Senat an deren Zulassung durch das SG gebunden ist (§ 144 Abs. 3 SGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist begründet, da die Klägerinnen für September 2016 keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als ihnen vom Beklagten bereits bewilligt haben. Insbesondere sind von der Urlaubsabgeltung entgegen der Auffassung des SG keine Freibeträge für Erwerbstätige abzusetzen. Daher ist die vorinstanzliche Entscheidung aufzuheben sowie die statthafte (zur statthaften Klageart vgl. z.B. BSG v. 11.11.2021 - B 14 AS 41/20 R - Rn. 11) und auch im Übrigen zulässige Klage abzuweisen.
Rechtsgrundlage der von den Klägerinnen geltend gemachten Ansprüche sind die §§ 19 ff. i.V.m. §§ 7 ff. SGB II (i.d.F. des Gesetzes v. 26.07.2016, BGBl. I S. 1824; zum sog. Geltungszeitraumprinzip vgl. BSG v. 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - Rn. 14 f.).
Der abschließenden Entscheidung über Ansprüche der Klägerinnen von insgesamt 773,93 € steht die ursprüngliche Bewilligung von insgesamt 855,35 € (Bescheid v. 11.07.2016) nicht entgegen, da sie vorläufig erfolgte, ohne dass es auf deren Rechtmäßigkeit ankommt.
Die Klägerinnen erhalten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 19 Abs. 1 Satz 1 f., § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, 4 SGB II). Tatsachen für ein aufgehobenes, d.h. unter drei Stunden tägliches (§ 8 Abs. 1 SGB II), Leistungsvermögen der Klägerin zu 1. (zur Zuordnung von Personen zum „Rechtskreis des SGB II“ trotz Zweifel an deren Erwerbsfähigkeit vgl. z.B. BSG v. 17.09.2020 - B 4 AS 3/20 R - Rn. 15) und einen Erstattungsanspruch des Beklagten (§ 40a Satz 2 Alt. 1 SGB II, § 104 SGB X; § 44a Abs. 3 SGB II, § 103 SGB X; vgl. hierzu z.B. Pattar in: jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 40a Rn. 35 ff.) bestanden für die gegenständliche Zeit nicht (zur späteren Abklärung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin zu 1. vgl. insb. BA, Schreiben v. 19.06.2017 über die Einladung zur ärztlichen Untersuchung am 30.06.2017 und Bescheid v. 21.07.2017 über die Aufforderung zur Stellung eines Antrags auf Leistungen zur Rehabilitation, der ggf. als Rentenantrag gelte).
Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts umfassen einen Gesamtbedarf (§ 19 Abs. 1 Satz 3, § 20, § 21 Abs. 3 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) der Klägerinnen von 1.121,35 € (vgl. im Einzelnen z.B. Widerspruchsbescheid v. 03.08.2017, S. 7 f.; SG-Urteil v. 02.11.2018, S. 4). Darüber streiten die Beteiligten zu Recht nicht.
Dieser Bedarf ist durch das Kindergeld von 190,- € als der Klägerin zu 2. zuzurechnendes Einkommen gedeckt (§ 19 Abs. 3 Satz 1 f., § 11 Abs. 1 Satz 1, 5 SGB II), ohne dass dadurch deren Leistungsanspruch nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II entfiel.
Bei der Klägerin zu 1. ist als einmalige Einnahme die ihr im August 2016 zugeflossene Urlaubsabgeltung von 1.218,38 € mit einem Teilbetrag von 203,06 € zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II). Bei dieser Urlaubsgeltung handelt es sich um eine einmalige Einnahme, da sie der Klägerin zu 1. nicht regelmäßig, sondern nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 7 Abs. 4 BUrlG i.d.F. des Gesetzes v. 29.10.1974, BGBl. I S. 2879) einmalig gezahlt wurde, auch wenn sie sich nicht nur auf ein Kalenderjahr (§ 1 BUrlG) bezieht (zur Abgrenzung einmaliger und laufender Einnahmen vgl. z.B. BSG v. 24.04.2015 - B 4 AS 32/14 R - Rn. 16 ff., BSG v. 15.06.2016 - B 4 AS 41/15 R - Rn. 34 f., BSG v. 29.03.2022 - B 4 AS 24/21 R - Rn. 20; s. weiterhin z.B. BSG v. 18.05.2022 - B 7/14 AS 9/21 R - Rn. 26, auch zu § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II als Reaktion auf die zuvor genannte Rechtsprechung des BSG zu Nachzahlungen laufend fällig gewesener Einnahmen). Einmalige Einnahmen sind grundsätzlich im Zuflussmonat zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II; zur zeitlichen Zuordnung auch von Nachzahlungen vgl. z.B. BSG v. 29.08.2019 - B 14 AS 42/18 R - Rn. 26 ff.). Hiervon abweichend ist die Urlaubsabgeltung gleichmäßig auf sechs Monate aufzuteilen (für Februar 2017 vgl. Bescheid v. 31.01.2017), da sonst der Leistungsanspruch der Klägerinnen für August 2016 entfiele (§ 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II). Tatsachen für einen vorzeitigen Verbrauch der Urlaubsabgeltung durch die Klägerinnen sind weder vorgetragen noch ersichtlich (zu den Grundsätzen zu den bereiten Mitteln bei Verwendung einer einmaligen Einnahme zu anderen Zwecken als zur Bestreitung einer aktuellen Notlage vgl. z.B. BSG v. 24.06.2020 - B 4 AS 9/20 R - Rn. 27 ff.).
Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Berücksichtigung der Urlaubsabgeltung als Einkommen (§ 11a SGB II) sind nicht gegeben (ebenso z.B. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen v. 06.10.2014 - L 2 AS 1112/14 B - juris Rn. 4; vgl. entsprechend zu einem auf arbeitsvertraglicher Abrede gezahlten Fahrkostenersatz z.B. BSG v. 11.11.2021 - B 14 AS 41/20 R - Rn. 22). Insbesondere ist sie keine Leistung, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht wurde (§ 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II in der seit dem 01.04.2011 geltenden Fassung des Gesetzes v. 09.12.2010, BGBl. I S. 2855; vgl. ausführlich hierzu BSG v. 11.11.2021 - B 14 AS 15/20 R - Rn. 19 ff.; zur weitergehenden Vorgängerregelung in § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II in der bis zum 31.03.2011 geltenden Fassung vgl. bereits z.B. LSG Niedersachsen-Bremen v. 27.04.2016 - L 13 AS 172/13 - juris Rn. 20, LSG Hamburg v. 29.06.2017 - L 4 AS 468/15 - juris Rn. 29), sowie keine Zuwendung i.S.d. § 11a Abs. 5 SGB II (vgl. hierzu letztens BSG v. 13.07.2022 - B 7/14 AS 75/20 R - Terminbericht Nr. 27/22), da sie der VSL rechtlich verpflichtet (§ 7 Abs. 4 BUrlG) erbracht hat. Darüber streiten die Beteiligten ebenso zu Recht nicht.
Bei der Verteilung der Urlaubsabgeltung sind vorweg keine Beträge abzusetzen (§ 11b Abs. 1 Satz 2 SGB II; vgl. hierzu z.B. BSG v. 18.05.2022 - B 7/14 AS 9/21 R - Rn. 27, 30). Tatsachen für Absetzbeträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 5 SGB II (zu den Voraussetzungen für Absetzungen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II a.F. - seit 01.04.2011 § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II - vgl. z.B. BSG v. 19.03.2020 - B 4 AS 1/20 R - Rn. 33 ff.) sind weder vorgebracht noch erkennbar. Ein Absetzbetrag nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II scheidet aus, da die Urlaubsabgeltung kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist. Gleiches gilt für den Absetzbetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II. Daher kann dessen Verhältnis zu § 11b Abs. 1 Satz 2 SGB II dahinstehen (vgl. hierzu z.B. Söhngen in: jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 11b Rn. 49; differenzierend hingegen z.B. Geiger in: Münder, SGB II, 7. Aufl., § 11b Rn. 36).
Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist vom Einkommen anstelle der Beträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II ein Betrag von insgesamt 100,- € (§ 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II: Grundfreibetrag; teils auch Erwerbstätigenpauschale genannt, so z.B. BSG v. 11.02.2015 - B 4 AS 29/14 R - Rn. 20, BSG v. 16.06.2015 - B 4 AS 37/14 R - Rn. 30, BSG v. 17.09.2020 - B 4 AS 3/20 R - Rn. 17, 21, 24), soweit bei einem Einkommen von mehr als 400,- € monatlich nicht höhere Beträge nachgewiesen sind (§ 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II), und ferner ein weiterer Betrag „von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit“ (Erwerbstätigenfreibetrag, ebenso z.B. BSG v. 11.11.2021 - B 14 AS 41/20 R - Rn. 23, BSG v. 29.03.2022 - B 4 AS 24/21 R - Rn. 22; teils auch Zusatzfreibetrag für Erwerbstätige, so z.B. BSG v. 12.09.2018 - B 14 AS 36/17 R - Rn. 35, BSG v. 24.06.2020 - B 4 AS 8/20 R - Rn. 26, BSG v. 21.07.2021 - B 14 AS 29/20 R - Rn. 32, bzw. erhöhter Erwerbstätigenfreibetrag genannt, so z.B. BSG v. 18.05.2022 - B 7/14 AS 9/21 R - Rn. 30) abzusetzen (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 Satz 1 SGB II), dessen Höhe näher bestimmt wird (§ 11b Abs. 3 Satz 2 f. SGB II).
Diese Absetzbeträge entsprechen - abgesehen von ersetzten Begriffen (vgl. Art. 2 Nr. 15 des Gesetzes v. 24.03.2011, BGBl. I S. 453, 461 f.) - § 11 Abs. 2 Satz 2 f. SGB II (Grundfreibetrag) und § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6, § 30 Satz 1 SGB II (Erwerbstätigenfreibetrag) in der vom 01.10.2005 bis 31.03.2011 geltenden bzw. anzuwendenden (vgl. § 77 Abs. 3 SGB II) Fassung (des Gesetzes zur Neufassung der Freibetragsregelungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige - Freibetragsneuregelungsgesetz - v. 14.08.2005, BGBl. I S. 2407; nachfolgend §§ 11, 30 SGB II a.F.).
Sinn und Zweck des Erwerbstätigenfreibetrags nach § 30 SGB II in seiner ursprünglich, ab dem 01.10.2005, geltenden Fassung (Gesetz v. 24.12.2003, BGBl. I S. 2954) war zunächst, einen Anreiz zur Aufnahme oder Aufrechterhaltung einer Erwerbstätigkeit zu bieten (vgl. BT-Drucks. 15/1516 S. 59). In Verbindung mit der Einführung des Grundfreibetrags (§ 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F.) durch das Freibetragsneuregelungsgesetz zum 01.10.2005 sollten durch § 30 SGB II a.F. deutlich verbesserte Hinzuverdienstmöglichkeiten und damit stärkere Arbeitsanreize bewirkt werden (vgl. BT-Drucks. 15/5446 S. 4). Die Neuregelung des Erwerbstätigenfreibetrags für Einkommen zwischen 800,- € und 1000,- € zum 01.04.2011 in § 11b Abs. 3 Satz 2 SGB II sollte einen Anreiz schaffen, die Arbeitszeit auszudehnen und in eine Vollzeitbeschäftigung zu wechseln (vgl. BT-Drucks. 17/3404 S. 95). Damit sollen die Freibeträge für Erwerbstätige dem pauschalierten Ausgleich für arbeitsbedingte Mehraufwendungen sowie der Stärkung des Arbeits- und Selbsthilfewillens dienen (stRspr., vgl. z.B. BSG v. 29.03.2022 - B 4 AS 24/21 R - Rn. 25 m.w.N.; zur Anreizfunktion s. weiterhin z.B. BSG v. 18.05.2022 - B 7/14 AS 9/21 R - Rn. 30).
Erwerbstätig i.S.d. § 11b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB II ist jemand, der eine wirtschaftlich verwertbare Leistung gegen Entgelt erbringt, um damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen (so bereits zu § 11 Abs. 2 Satz 2, § 30 SGB II a.F. z.B. BSG v. 27.09.2011 - B 4 AS 180/10 R - Rn. 21, BSG v. 16.06.2015 - B 4 AS 37/14 R - Rn. 31; daran zu § 11b Abs. 2 f. SGB II anknüpfend z.B. BSG v. 05.07.2017 - B 14 AS 27/16 R - Rn. 25, BSG v. 17.09.2020 - B 4 AS 3/20 R - Rn. 17).
Die Freibeträge für Erwerbstätige sind nur vom Erwerbseinkommen (im engeren Sinne) und nicht vom Erwerbsersatzeinkommen abzusetzen (so bereits zu § 11 Abs. 2 Satz 2, § 30 SGB II a.F. z.B. BSG v. 27.09.2011 - B 4 AS 180/10 R - Rn. 16 ff., BSG v. 24.11.2011 - B 14 AS 201/10 R - Rn. 15, BSG v. 14.03.2012 - B 14 AS 18/11 R - Rn. 14, BSG v. 05.06.2014 - B 4 AS 49/13 R - Rn. 22).
Erwerbseinkommen sind Arbeitsentgelt (vgl. z.B. BSG v. 27.09.2011 - B 4 AS 180/10 R - Rn. 23 f., BSG v. 24.06.2020 - B 4 AS 8/20 R - Rn. 26, BSG v. 21.07.2021 - B 14 AS 29/20 R - Rn. 32, BSG v. 11.11.2021 - B 14 AS 41/20 R - Rn. 18, 20, 24; auch Vorabzahlungen auf Arbeitsentgelt, vgl. BSG v. 18.05.2022 - B 4 AS 24/21 R - Rn. 19, 21 ff.), Einnahmen, die rechtlich und wirtschaftlich an die Stelle des Anspruchs auf Arbeitsentgelt treten (vgl. z.B. BSG v. 13.05.2009 - B 4 AS 29/08 R - Rn. 17 ff.) und Einnahmen mit Entgeltcharakter (vgl. z.B. BSG v. 26.05.2011 - B 14 AS 93/10 R - Rn. 26, BSG v. 12.09.2018 - B 14 AS 36/17 R - Rn. 35) bzw. mit einem Schwerpunkt auf einer Entgeltkomponente bzw. Funktion als Arbeitsentgelt (BSG v. 14.03.2012 - B 14 AS 18/11 R - Rn. 14 ff.). Entsprechend zu berücksichtigen sind bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten längerfristig erbrachte Zuwendungen in Form von regelmäßigen, nicht unerheblichen monatlichen Geldbeträgen aus einem Zuverdienstprojekt (BSG v. 17.09.2020 - B 4 AS 3/20 R - insb. Rn. 21 f.).
Kein Erwerbseinkommen sind Einnahmen aus anderen Einkommensarten (vgl. z.B. BSG v. 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R - Rn. 33, BSG v. 27.09.2011 - B 4 AS 180/10 R - Rn. 15 ff., BSG v. 05.06.2014 - B 4 AS 49/13 R - Rn. 22, BSG v. 11.02.2015 - B 4 AS 29/14 R - Rn. 20 f., BSG v. 17.02.2015 - B 14 AS 1/14 R - Rn. 17, BSG v. 16.06.2015 - B 4 AS 37/14 R - Rn. 30 ff., BSG v. 26.07.2016 - B 4 AS 54/15 R - Rn. 26, BSG v. 05.07.2017 - B 14 AS 27/16 R - Rn. 23 ff.).
Die Urlaubsabgeltung ist kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit i.S.d. § 11b Abs. 2 Satz 1 f., Abs. 3 Satz 1 SGB II.
Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann. Diese Bestimmung knüpft allein an die durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verursachte Unmöglichkeit an, den noch bestehenden Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers durch bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht zu realisieren, ohne bestimmte Beendigungstatbestände auszunehmen oder zwischen ihnen zu unterscheiden. Während der Freistellungsanspruch infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses untergeht, erhält § 7 Abs. 4 BUrlG die Vergütungskomponente des Urlaubsanspruchs als Abgeltungsanspruch selbstständig aufrecht. Der aus Freistellung von der Arbeitspflicht und Bezahlung zusammengesetzte Urlaubsanspruch wandelt sich in einen Anspruch auf Abgeltung des noch nicht erfüllten Urlaubs, der mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht und gleichzeitig fällig wird (vgl. zum Vorstehenden z.B. BAG v. 22.01.2019 - 9 AZR 10/17 - Rn. 23 f., 35).
Die Erwerbstätigenfreibeträge setzen bereits nach dem Wortlaut der § 11b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB II eine bestehende Erwerbstätigkeit voraus („erwerbstätig sind“). Daran mangelt es bei Einkommen aus Anlass der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses (vgl. bereits - zumindest im Ergebnis - zu Abfindungsteilzahlungen z.B. BSG v. 03.03.2009 - B 4 AS 47/08 R - Rn. 26 sowie zu Abfindungs- und Zahlungen rückständigen Arbeitsentgelts z.B. BSG v. 18.02.2010 - B 14 AS 86/08 R - Rn. 14; ausdrücklich ebenso z.B. Hengelhaupt in: Hauck/Noftz SGB II, § 11b Rn. 470, Stand: September 2021). Dem entsprechend ist bei der Bewertung von Einnahmen als Erwerbseinkommen danach zu unterscheiden, ob diese erbracht werden, weil eine Erwerbstätigkeit gerade nicht (mehr) verrichtet wird, oder sie an ein bestehendes Arbeitsverhältnis anknüpfen oder Entgeltansprüche aus einem solchen voraussetzen (so zu Differenzierung zwischen Lohnersatzleistungen wie Arbeits- und Krankengeld einerseits sowie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Kurzarbeiter- und Insolvenzgeld andererseits z.B. BSG v. 16.06.2015 - B 4 AS 37/14 R - Rn. 31).
Anders als bei Zahlungen von Arbeitsentgelt nach „Schlussabrechnung … nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses“, von denen die Erwerbstätigenfreibeträge abzusetzen sind (so z.B. BSG v. 24.04.2015 - B 4 AS 32/14 R - Rn, 18, 20 unter Annahme einer laufenden Einnahme; vgl. hierzu nunmehr indes § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II), entsteht der Anspruch auf Urlaubsabgeltung erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (zum Urlaubsanspruch nach § 1 BUrlG als "eigner" Anspruch und nicht als Teil des Entgeltanspruchs vgl. z.B. Neumann in: Neumann / Fenski / Kühn, BUrlG, 12. Aufl., § 1 Rn. 63 ff. u.a. unter Bezug auf BAG v. 20.08.2019 - 9 AZR 468/18 - Rn. 12). Dadurch unterscheidet sich die Urlaubsabgeltung auch vom Urlaubsentgelt (§ 11 BUrlG), da dieses vor Antritt des Urlaubs (§ 11 Abs. 2 BUrlG), mithin während des Arbeitsverhältnisses und nicht erst nach dessen Beendigung auszuzahlen ist.
Schließlich wäre die Absetzung der Freibeträge für Erwerbstätige ebenso mit deren Sinn und Zweck nicht vereinbar, da die Urlaubsgeltung "wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses" (§ 7 Abs. 4 BUrlG) weder einem pauschalierten Ausgleich für arbeitsbedingte Mehraufwendungen noch einen Anreiz zur Aufnahme oder Aufrechterhaltung bzw. Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit dient (vgl. zu diesem Aspekt weiterhin z.B. BSG v. 11.02.2015 - B 4 AS 29/14 R - Rn. 21), für die sie gezahlt wird. Darüber hinaus könnte dies zur Beeinträchtigung des durch § 1 BUrlG beabsichtigten Zwecks der Sicherstellung, dass der Arbeitnehmer in regelmäßigem Rhythmus eine gewisse Zeit der Erholung erhält (vgl. z.B. BAG v. 20.08.2019 - 9 AZR 468/18 - Rn. 13), führen, da sonst insbesondere in den vorinstanzlich besonders hervorgehobenen befristeten Arbeitsverhältnissen Anreiz bestünde, während des Arbeitsverhältnisses keinen bezahlten Erholungsurlaub in Anspruch zu nehmen.
Die Gründe für die nicht mehr mögliche Gewährung des Urlaubs vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind - wie bei § 7 Abs. 4 BUrlG - auch bei § 11b SGB II nicht entscheidungserheblich. Eine Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte erfolgt nicht (zur Berücksichtigung des Art. 3 Abs. 1 GG bei Fragen zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen vgl. z.B. BSG v. 29.03.2022 - B 4 AS 2/21 R - Rn. 44 unter Abgrenzung von Art. 3 Abs. 1 GG als Maßstab für die gesetzgeberische Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums).
Dahinstehen kann, ob vom monatlichen Teilbetrag der einmaligen Einnahme der Klägerin weitere Beträge monatlich abzusetzen sind, wie vom Beklagten berücksichtigt, (Versicherungspauschale und Kfz-Haftpflichtversicherung, trotz vierteljährlicher Zahlung), da insoweit eine Änderung zu Ungunsten der Klägerinnen auch im Berufungsverfahren ausgeschlossen ist.
Die für den gesamten Rechtsstreit, einschließlich des Vorverfahrens, einheitliche Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG (zum Grundsatz deren Einheitlichkeit vgl. nur Schmidt in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl., § 193 Rn. 2, 5a, 12d). Die teilweise Kostenerstattung berücksichtigt die Kostenentscheidung des Beklagten für das Vorverfahren und dessen gebührenrechtliche Wertigkeit.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG, da - soweit ersichtlich - eine ausdrückliche Entscheidung des BSG zur Urlaubsabgeltung als Einkommen aus Erwerbstätigkeit im vorgenannten Sinne noch nicht ergangen ist.