Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.03.2019 geändert und festgestellt, dass die Durchführung des Vergabeverfahrens 16/10-2015-0123 und die Zuschlagserteilung durch die Beklagte rechtswidrig waren.
Die Beklagte trägt von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen drei Viertel, die Kläger ein Viertel.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Vergabeverfahrens für den Einsatz von Integrationshelfern an Schulen in E für Kinder mit Behinderung im Rahmen der Eingliederungshilfe.
Der Kläger zu 1) ist ein ortsgebundener Verband der freien Wohlfahrtspflege und gehört zu dem als Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege anerkannten Diakonischen Werk der evangelischen Kirche im Rheinland und dadurch dem Diakonischen Werk der evangelischen Kirche in Deutschland an. Der Kläger zu 1) ist auf vielfältigen Gebieten der freien Wohlfahrtspflege in E tätig. Satzungsmäßige Zwecke sind u.a. die Erziehung von Kindern und Jugendlichen und deren heilpädagogische und jugendpsychiatrische Betreuung (§ 2 der Satzung des Klägers zu 1)). In diesem Rahmen erbringt der Kläger zu 1) auch Schulbegleitung („TANDEM-Assistenzdienste“).
Der Kläger zu 2) ist ebenfalls ein Verband der freien Wohlfahrtspflege, auf Stadtebene angesiedelt und dem Spitzenverband des N-Caritasverbandes e.V. zugehörig. Der Kläger zu 2) widmet sich satzungsmäßig „Aufgaben sozialer und caritativer Hilfe“. Dazu wirkt er in der „öffentlichen Sozial-, Jugend- und Gesundheitshilfe“ mit, wozu auch die Erbringung von Leistungen zur Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderung gehört.
Die Kläger sind Mitglieder der „A Wohlfahrt E“ (nachfolgend: A), einer Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände E, welche die Kläger in den Verhandlungen gegenüber der Beklagten regelmäßig vertritt. Nach einer Erhöhung der Stundensätze durch die A im September 2011 (von rund 12,45 Euro auf 20,35 Euro) kam es zu (Preis-)Verhandlungen zwischen der A und der Beklagten, welche ergebnislos verliefen. Im November 2013 schrieb die Beklagte die Leistung des Einsatzes von Integrationshelfern an Schulen in E erstmals öffentlich aus (nationale Ausschreibung nach VOL/A <Vergabe- und Vertragsordnung>). Beide Kläger wandten sich daraufhin mittels eines Nachprüfungsantrages Ende Dezember 2013 an die Vergabekammer Rheinland, Spruchkörper E, um den Fortgang des Ausschreibungsverfahrens zu unterbinden (Az.: VK 1/2014 – L). Nachdem der Kläger zu 1) das Verfahren für erledigt erklärt hatte, wies die Vergabekammer Rheinland mit Beschluss vom 17.11.2014 den Antrag des Klägers zu 2) zurück und gab der Beklagten lediglich auf, kleinere inhaltliche Änderungen vor Wiederaufnahme des Ausschreibungsverfahrens vorzunehmen. Die Vergabekammer vertrat die Auffassung, dass sozialhilferechtliche Bestimmungen der Durchführung des Vergabeverfahrens nicht entgegenstünden. Die vom Kläger zu 2) gegen den Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde wies das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf durch Beschluss vom 13.05.2015 zurück (Az.: VII Verg 38/14). Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Vergaberechts lägen aufgrund der Eigenschaft der Beklagten als öffentlicher Auftraggeberin sowie der geplanten Vergabe des Vertrages über den Einsatz von Integrationshelfern als öffentlichem Auftrag unter gleichzeitiger Erreichung des Schwellenwertes vor. Es könne dahinstehen, ob die sozialrechtlichen Bestimmungen der Durchführung eines Vergabeverfahrens entgegenstünden. Es sei allein entscheidend, dass die §§ 97 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) umgesetztes Gemeinschaftsrecht seien, die europarechtskonform auszulegen und damit vorrangig anzuwenden seien. Dieser Vorrang gelte auch gegenüber den nationalen Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII).
Der Kläger zu 2) machte unter dem 18.03.2015 ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Az.: S 17 SO 137/15) mit dem Antrag auf Unterlassung der öffentlichen Ausschreibung anhängig. Die Beklagte nahm das Ausschreibungsverfahren aus dem Jahr 2013 zurück. Infolgedessen wurde auch das anhängige Klageverfahren durch Erledigungserklärung beendet.
Anfang des Jahres 2016 führte die Beklagte unter der Vergabenummer 16/10-2015-0123 ein zweites – hier streitgegenständliches – Ausschreibungsverfahren durch, das der ersten Ausschreibung in ihren wesentlichen Zügen unter Beachtung der Anmerkungen der Vergabekammer Rheinland sowie unter Anpassung auf den aktuellen Zeitraum nachgebildet war. Aus dem Ausschreibungstext ging u.a. hervor, dass die Art der Leistung der „Einsatz von Integrationshelfern an Schulen in E für Kinder mit Behinderung im Rahmen der Eingliederungshilfe“ sein sollte. Hinsichtlich der Parameter Menge, Umfang und Einsatzort fanden sich die Angaben „ca. 380 Integrationshelfer an ca. 85 Schulen“ sowie eine „Verteilung der Dienststellen über das gesamte Stadtgebiet“. Der Ablauf der Frist zur Einreichung der Angebote war datiert auf den 22.02.2016 um 10 Uhr, der Ablauf der Bindefrist auf den 29.04.2016. Beginn der vertraglichen Leistung sollte der 01.08.2016 sein; der Vertrag sollte für das gesamte Schuljahr 2016/2017, mithin bis zum 31.07.2017, gelten. Optional war vorgesehen, dass der Vertrag sukzessive für bis zu vier weitere Schuljahre, jeweils in Schritten von einem Schuljahr, verlängert werden konnte. Die Bieter konnten Angebote für ein oder mehrere Lose abgeben. Dabei fand sich für die einzelnen Lose eine Unterteilung der gewünschten Integrationshelfer entsprechend der bei den Schülern jeweils vorhandenen Behinderungen nach den folgenden drei Loskategorien: Los 1 „Förderschwerpunkt geistige Entwicklung und Kommunikation mit und ohne Verhaltensauffälligkeiten“, Los 2 „Autismus mit geistiger Behinderung“, Los 3 „körperliche bzw. multiple Behinderung“. Der Zuschlag sollte für das wirtschaftlichste Angebot erteilt werden, wobei sich dieses aus den Kriterien „Preis“ mit einem gewichteten Anteil von 70 % und „Erfahrung in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung“ mit einem gewichteten Anteil von 30 % ableiten lassen sollte.
Vor der zweiten Ausschreibung erbrachte der Kläger zu 1) durch 23 Mitarbeiter im Freiwilligen Dienst, 23 Nichtfachkräfte sowie eine Fachkraft Integrationsleistungen für die Beklagte. Diese 47 Integrationshelfer betreuten im Schuljahr 2015/2016 insgesamt 60 Kinder an 22 Schulen und 5 Kindertagesstätten, wovon die Beklagte für 47 Kinder (42 in Schulen und 5 in Kindertagesstätten) zuständig war. Im Jahr 2015 betrug der dadurch entstandene Umsatz des Klägers zu 1) gegenüber der Beklagten nach eigenen Angaben rund 715.000 Euro. Zur gleichen Zeit betreute der Kläger zu 2) an 27 Schulen und Kindergärten insgesamt 41 Kinder, für die die Beklagte in 39 Fällen zuständig war. Der Kläger zu 2) setzte dafür 16 Mitarbeiter im Freiwilligen Dienst und 24 Nichtfachkräfte ein. Im Jahr 2015 betrug der dadurch entstandene Umsatz des Klägers zu 2) gegenüber der Beklagten nach eigenen Angaben rund 730.000 Euro.
Gegen das zweite Vergabeverfahren haben die Kläger vor dem SG Düsseldorf am 17.02.2016 Klage erhoben. Einen zeitgleich gestellten Antrag im einstweiligen Rechtsschutz auf Unterbindung des weiteren Vergabeverfahrens und der Zuschlagserteilung hat das SG Düsseldorf mit Beschluss vom 29.04.2016 abgelehnt (Az.: S 42 SO 73/16 ER). Rechtsmittel sind dagegen nicht eingelegt worden.
Während des laufenden Klageverfahrens hat die Beklagte das zweite Vergabeverfahren beendet; die Kläger hatten sich daran nicht als Mitbieter beteiligt. Den Zuschlag für die Lose 1 und 3 hat die K-Stiftung mit Sitz in D den Zuschlag für das Los 2 die Initiative U e.V. aus S erhalten. Mit beiden Anbietern ist es in der Folgezeit zur Ausübung der Verlängerungsoption gekommen, sodass auch in den Schuljahren 2017/2018 bis 2020/2021 nahezu alle Schüler an Schulen in E, für welche die Beklagte zuständig ist, über das eingerichtete Pooling-Verfahren seitens der Los-Gewinner betreut worden sind. Lediglich im Schuljahr 2020/2021 erhielten nach Angaben der Kläger sieben Kinder eine Schulbegleitung außerhalb des Pools. Bei diesem Pool-Modell wird innerhalb einer Schule ein festes Team von Schulbegleitungen eingerichtet. Die Schulbegleitungen unterstützen die Hilfeempfänger individuell, sind aber nicht zwingend nur einer Person zugeordnet. Bei Bedarf findet eine Einzelbetreuung statt (vgl. die Beschreibung der Beklagten zu dem praktizierten Pool-Modell unter https://www.e.de/schulen/zentrale-themen/inklusion/monitoring-analyse-kommunaler-handlungsfelder-und-massnahmenplanung/schulbegleitung.html).
Die Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen zwischen den Beteiligten waren weiterhin gültig, mit dem Kläger zu 1) mindestens für die Zeiträume vom 01.09.2015 bis 31.08.2016 und vom 01.01.2018 bis 31.12.2019, mit dem Kläger zu 2) mindestens für die Zeiträume vom 01.04.2016 bis 31.12.2017 und vom 01.01.2018 bis 31.12.2019. Seit dem Schuljahr 2016/2017 haben die Kläger jedoch tatsächlich keine Kinder an Schulen in E im Rahmen der Integrationshilfe betreut.
Die Kläger haben ihr Begehren im Klageverfahren auch nach Beendigung des Vergabeverfahrens weiterverfolgt und zur Begründung ausgeführt, dass die Ausschreibung samt Zuschlagserteilung rechtswidrig gewesen sei und ihre subjektiven Rechte aus den §§ 75 ff. SGB XII verletze. Die Beklagte sei aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes (§ 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil <SGB I>) verpflichtet, Verträge über den Einsatz von Integrationshelfern im Rahmen der Eingliederungshilfe zwingend unter Beachtung der §§ 75 ff. SGB XII abzuschließen. § 75 Abs. 3 SGB XII normiere den Anspruch der Kläger auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Frage eines Vertragsabschlusses. Sofern der Leistungserbringer die Voraussetzungen der Eignung erfülle, sei das Ermessen der Beklagten deutlich Richtung Null reduziert. Dies werde bestätigt durch § 75 Abs. 4 S. 1 SGB XII, wonach der Sozialhilfeträger Leistungen durch eine Einrichtung, mit der keine Vereinbarung nach Abs. 3 abgeschlossen wurde, nur erbringen darf, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls geboten ist. Darüber hinaus liege auch ein Verstoß gegen § 75 Abs. 2 S. 1 SGB XII vor. Danach sollen die Träger der Sozialhilfe geeignete Einrichtungen anderer Träger nutzen, soweit diese vorhanden sind, ausgebaut oder geschaffen werden können. Die vorhandene Praxis im Rahmen des nunmehr stattfindenden Pool-Modells zeige, dass es sich um eine verdeckte eigene Einrichtung der Beklagten handele. Die Tatsache, dass die Schulen die Helfer koordinierten, sei als Arbeitnehmerüberlassung auszulegen und komme einer Eingliederung in den eigenen Betrieb gleich. Die Integrationshelfer seien dergestalt in den Schulbetrieb überführt, dass es sich um Personalleihe handele, wofür auch spreche, dass entsprechende Weisungsrechte der Schulen gegenüber den Integrationshelfern bestünden. Ferner werde das Gebot der Trägervielfalt durch das Vergabeverfahren in unzulässiger Weise ausgehebelt. Es dürften grundsätzlich nicht die Leistungsträger den Wettbewerb machen, dieser habe sich vielmehr zwischen den Leistungserbringern zu entfalten. Das Rechtsregime des Vergaberechts sei nicht betroffen, weil die §§ 75 ff. SGB XII sich als abschließende Regelung für die Vergabe von Sozialleistungen darstellten. Die Anwendbarkeit des Vergaberechts scheitere auch am fehlenden „öffentlichen Auftrag“. EU-Recht erkenne ausdrücklich an, dass das Vergaberecht bei sozialen Leistungen und Sachverhalten nicht immer passend und angemessen sei. Die Tatsache, dass § 45 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) die Möglichkeit der Anwendung von Vergaberecht vorsehe, belege im Umkehrschluss wegen des Fehlens einer vergleichbaren Regelung im SGB XII, dass eine Ausschreibung und die Anwendung von Vergaberecht hier gerade nicht zulässig seien. Sie, die Kläger, hätten auch ein Feststellungsinteresse nach dem Ende des Vergabeverfahrens. Einerseits bestehe die begründete Annahme der Wiederholungsgefahr, da davon auszugehen sei, dass die Beklagte auch zukünftig das Pooling-Verfahren weiterbetreiben und über Ausschreibungsverfahren fortführen wolle. Daneben sei aber auch die Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen laufend, da sämtliche Schulhelfer von den beiden Losgewinnern gestellt würden und sie, die Kläger, finanzielle Einbußen erlitten hätten. Schließlich hätten sie auch analog § 1004 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch, der sich gegen den faktischen Ausschluss von der Leistungserbringung richte.
Die Kläger haben beantragt,
1.
a) festzustellen, dass es der Beklagten untersagt war, die nationale Ausschreibung nach VOL/A Öffentliche Ausschreibung mit der Vergabenummer 16/10-2015-0123, Art der Leistung: Einsatz von Integrationshelfern an Schulen in E für Kinder mit Behinderung im Rahmen der Eingliederungshilfe durchzuführen,
b) hilfsweise festzustellen, dass es der Beklagten untersagt war, den Zuschlag in dem Verfahren gemäß Ziffer 1a zu erteilen,
2. der Beklagten zu untersagen,
a) möglichen Leistungsempfängern nur die Möglichkeit einzuräumen, die Leistung der Integrationshilfe von den Leistungserbringern in Anspruch zu nehmen, die in dem Vergabeverfahren gemäß Ziffer 1 den Zuschlag erhalten haben,
b) jede Form der selektiven Beratung möglicher Leistungsempfänger dahingehend, dass die Leistungserbringer, die in dem Vergabeverfahren gemäß Ziffer 1 den Zuschlag erhalten haben, vorgeschrieben oder empfohlen werden,
c) jede Form des aktiven, unmittelbaren oder mittelbaren, Hinwirkens darauf, dass die Leistungsberechtigten die Leistungserbringer auswählen, die in dem Vergabeverfahren gemäß Ziffer 1 den Zuschlag erhalten haben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist dem Klagevorbringen entgegengetreten. Wegen des Vorrangs des Vergaberegimes in den §§ 97 ff. GWB sei die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit in Frage gestellt. Den Anträgen fehle zudem das Rechtsschutzbedürfnis, da die Klage in der Hauptsache unzulässig sei. Es sei bereits das Verfahren S 17 SO 137/15 vor dem SG Düsseldorf anhängig, in welchem die vorhergehende Ausschreibung angefochten wurde. Dies begründe eine Identität des Streitgegenstandes und mithin eine doppelte Rechtshängigkeit. Die Beklagte sei zur Anwendung des Vergaberechts und mithin zu der angegriffenen Ausschreibung verpflichtet. Es handele sich bei ihr um einen öffentlichen Auftraggeber, welcher einen öffentlichen Auftrag zu vergeben beabsichtige. Der zu beachtende Schwellenwert von 209.000 Euro sei deutlich überschritten. § 75 SGB XII begründe auch kein Ausschließlichkeitsverhältnis, nach welchem keine anderen Vergütungsgrundlagen zulässig wären. Gerade aus § 75 Abs. 4 SGB XII ergebe sich bereits, dass auch andere Vertragsbeziehungen Grundlage von Vergütungspflichten sein könnten. Vorliegend seien die Vertragsverhandlungen zwischen den Beteiligten gescheitert, sodass ein entsprechender Einzelfall im Sinne des § 75 Abs. 4 SGB XII vorliege. Es liege überdies ohnehin immer dann ein Einzelfall vor, wenn ein Vergabeverfahren ordnungsgemäß und erfolgreich durchgeführt worden sei. Des Weiteren werde auch keine eigene Einrichtung geschaffen, vielmehr stelle sie lediglich eine Art Organisationsmodell zur Koordination der verschiedenen Helfer zur Verfügung. Überdies seien mehrere Lose ausgeschrieben worden, sodass durchaus verschiedene Anbieter die Aufgabenerfüllung wahrnehmen könnten und tatsächlich seien auch zwei verschiedene Anbieter ausgewählt worden. Es habe die Möglichkeit gegeben, in Bietergemeinschaften aufzutreten und an dem Ausschreibungsverfahren teilzunehmen. Darüber hinaus wäre die Beklagte, wie auch tatsächlich geschehen, bereit, weitere Verträge nach § 75 SGB XII abzuschließen. Es sei darauf hinzuweisen, dass der dem Vergabeverfahren folgende Vertrag eine Ausschließlichkeit hinsichtlich des Pool-Modells bedinge, nicht hingegen in Bezug auf abzuschließende Vereinbarungen nach § 75 SGB XII. Das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten sei auch nicht unzumutbar eingeschränkt, wobei die Erfahrung gezeigt habe, dass Eltern von anspruchsberechtigten Kindern regelmäßig der Anbieter gleichgültig, der jeweilige Integrationshelfer indes sehr wichtig sei. Das Pooling sei aus dem Umstand erwachsen, dass die Beklagte sich einer steigenden Zahl an Integrationshelfern gegenübersehe. Die nunmehrige Lösung bringe den Vorteil, dass Kinder auch gemeinsam betreut werden könnten und so größere Flexibilität entstehe und weniger Erwachsene in einer Klasse seien, was den Unterrichtsverlauf deutlich vereinfache. Bei dem Pooling-Konstrukt handele es sich auch nicht um die Schaffung einer eigenen Einrichtung im Sinne des § 75 Abs. 2 SGB XII. Das Weisungsrecht für die beschäftigten Integrationshelfer liege bei den Ausschreibungsgewinnern und nicht bei ihr. Schließlich könne durch das praktizierte Verfahren das Ziel der §§ 75 ff. SGB XII, das in der Sicherung der Qualität bestehe, erreicht werden. In der Vergangenheit habe das aufgrund der fehlenden Vereinbarungen (mit der A und ihren Mitgliedern) gerade nicht erfolgen können.
Das SG Düsseldorf hat die Klage durch Urteil vom 20.03.2019 abgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig. Das besondere Feststellungsinteresse bestehe in einer Wiederholungsgefahr und in einem Präjudizinteresse. Die Klage sei nicht wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig, weil das unter dem Aktenzeichen S 17 SO 137/15 geführte Verfahren, das zum Zeitpunkt der hiesigen Klageerhebung noch anhängig gewesen sei, das vorliegende Verfahren nicht berühre, da es sich um ein anderes Ausschreibungsverfahren gehandelt habe. Die Ausschreibung sei dagegen zulässig gewesen, sodass die Feststellungsanträge zu 1) unbegründet seien. Das Regelungssystem der §§ 75 ff. SGB XII stehe dem nicht entgegen. Dies ergebe sich einerseits bereits aus der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG) in der Ausprägung des Beschaffungsermessens sowie demzufolge aus den sich auf das nationale Recht auswirkenden bzw. diesem vorgehenden europarechtlichen Vorschriften und eines fehlenden Ausschließlichkeitsanspruches des Systems der §§ 75 ff. SGB XII. Das sozialrechtliche Dreiecksverhältnis stelle zwar eine Besonderheit dar. Es lasse sich jedoch aus dem Gesetz nicht ableiten, dass die Finanzierung der Leistungserbringung nur im Wege des dreiseitigen Rechtsverhältnisses und mithin unter Abschluss von Verträgen nach den §§ 75 ff. SGB XII vorgenommen werden könne. Die §§ 75 ff. SGB XII sollen sicherstellen, dass bei Auswahl des Leistungserbringers durch den Leistungsberechtigten bestimmte Qualitätsanforderungen und -aspekte eingehalten würden und auf Seiten der Behörden eine gewisse Kostenübersicht behalten werden könne. Diese Qualitätssicherung und Kostenkontrolle erfolgten aber bei einer Ausschreibung und dem Pooling durch die Beklagte direkt, da Qualitätsstandards bzw. Qualitätssicherung und auch Preisbildung Bestandteil der dem öffentlichen Auftrag zugrunde liegenden Verträge seien. Es sei trotz der vorhandenen Ausschreibung für die Kläger (und andere Anbieter) auch weiterhin möglich, mit der Beklagten Verträge nach den §§ 75 ff. SGB XII zu schließen. Bei der nach § 75 SGB XII vorzunehmenden Ermessensentscheidung dürften Bedarfsgesichtspunkte gerade keine Rolle spielen. Durch den Abschluss eines Vertrages nach § 75 SGB XII entstehe noch keine konkrete Vergütungsverpflichtung, vielmehr begründe eine Vereinbarung nach § 75 SGB XII lediglich den Rahmen bzw. die Grundlage der Vergütung eines möglichen Vertragsverhältnisses. Die Kläger hätten auch ohne Ausschreibungsverfahren keinen Anspruch darauf gehabt, dass sie als Leistungserbringer ausgewählt werden bzw. dass sie eine bestimmte Fallzahl an Betreuungen übernehmen könnten. Richtig sei in diesem Zusammenhang, dass die Anspruchsinhaber sich mit der Beklagten auseinandersetzen müssten hinsichtlich der Problematik, ob sie einen Integrationshelfer aus dem Pooling zu akzeptieren verpflichtet seien oder aber einen „externen“ Integrationshelfer ihrer Wahl beschäftigen dürfen. Die Kläger könnten vorliegend auch nicht die Verletzung des Wunsch- und Wahlrechts rügen. Aus diesem Grundsatz erwachse den Klägern als Leistungserbringer kein subjektives Recht. Etwaige Verstöße gegen das Wunsch- und Wahlrecht seien vielmehr von den Leistungsberechtigten selbst zu rügen. Eine Verletzung der Berufsfreiheit der Kläger läge nicht vor, denn Abschlüsse von Verträgen nach §§ 75 ff. SGB XII seien weiterhin möglich. Darüber hinaus hätten beide Kläger sich an dem Ausschreibungsverfahren beteiligen können. Schließlich schütze die Berufsfreiheit keine zukünftigen Erwerbsmöglichkeiten bzw. sichere nicht bestehende oder zukünftige Erwerbsmöglichkeiten und könne auch keinen Schutz vor Wettbewerbssituationen begründen. Aus denselben Erwägungen lasse sich auch keine Verletzung des Grundsatzes der Trägervielfalt herleiten. Ferner sei ein (vollständiger) Ausschluss des Vergaberechts nicht mit dem Anwendungsvorrang europäischen Gemeinschaftsrechts vereinbar. Dies gelte jedenfalls dann, wenn wie im vorliegenden Fall, ein öffentlicher Auftraggeber einen öffentlichen Auftrag vergeben wolle und dabei der maßgebliche Schwellenwert überschritten werde. Die seitens der Kläger gerügte fehlende Öffnung des SGB XII zugunsten des GWB greife aufgrund des fehlenden Ausschließlichkeitsverhältnisses des Regelungsgefüges der §§ 75 ff. SGB XII nicht durch. Die Unterlassungsanträge seien infolgedessen ebenfalls unbegründet.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 27.05.2019 zugestellte Urteil haben die Kläger am 24.06.2019 Berufung eingelegt und ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Die Beklagte habe den Gewinnern der Ausschreibung ein ausschließliches Recht eingeräumt, die an den Schulen in E benötigten Integrationshelfer zu stellen. Dies habe die Beklagte in einem Schreiben an den Kläger zu 1) vom 07.07.2016 so ausdrücklich erklärt. Die Beklagte habe zwar mit ihnen Leistungsvereinbarungen geschlossen, die jedoch faktisch seit 2016 nicht erfüllt würden, weil sie – außerhalb des Poolings mit den Ausschreibungsgewinnern – keine Helfer in Schulen in E einsetzen könnten. Durch den Zuschlag hätten sie alle zuvor von ihnen betreute Schüler verloren. Ihnen, den Klägern, und den Leistungsberechtigten gegenüber habe die Beklagte deutlich gemacht, dass die Integrationskräfte von den Ausschreibungsgewinnern gestellt würden. Die Beklagte habe mit der Ausschreibung gegen die §§ 75 ff. SGB XII, das Prinzip der Trägervielfalt und das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten verstoßen. Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie sei in verfassungskonformer Weise durch § 75 SGB XII eingeschränkt. Daraus ergebe sich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung beim Abschluss von Vereinbarungen. Dieser Anspruch sei durch die Ausschreibung und den faktischen Ausschluss aller anderen Anbieter, die nicht den Zuschlag erhalten haben, verletzt. Aus Wortlaut, Sinn und Zweck und Historie des § 75 SGB XII folge, dass die subjektiven Rechte der anderen Anbieter verletzt seien, wenn einem einzelnen Leistungserbringer eine bestimmte Auslastung zugesichert werde. Auch aus dem durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) eingeführten § 123 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (SGB IX) ergebe sich, dass das sozialrechtliche Dreiecksverhältnis beibehalten werden sollte (BT-Drucks. 18/9522, S. 290 ff.). Ferner verstoße die Beklagte gegen § 75 Abs. 2 S. 1 SGB XII, weil sie eigene Dienste denen von Drittanbietern vorzöge. Die Integrationshelfer würden eng in den Schulbetrieb integriert und unterlägen der unmittelbaren Weisungsbefugnis der Beklagten bzw. der Schulleitung. Dies ergäbe sich aus dem Vertragsinhalt und der Vertragsabwicklung. Eine Ausnahme nach § 75 Abs. 4 SGB XII läge nicht vor, weil die Norm einengend auszulegen sei. Sie seien daher auch in ihrer Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Hinsichtlich des Feststellungsinteresses bestehe ein Präjudizinteresse zur Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses. Ferner liege eine Wiederholungsgefahr vor, weil die Beklagte ein neues Vergabeverfahren plane. Die Verträge mit den Ausschreibungsgewinnern seien aufgrund des streitigen Zuschlags zum Schuljahr 2020/2021 ausgelaufen. Die Beklagte habe jedoch mit diesen einen im Wesentlichen gleichlautenden Interimsvertrag für das Schuljahr 2021/2022 geschlossen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.03.2019 zu ändern und festzustellen, dass es der Beklagten untersagt war, die nationale Ausschreibung nach VOL/A Öffentliche Ausschreibung der Vergabenummer 16/10-2015-0123, Art der Leistung: Einsatz von Integrationshelfern an Schulen in E für Kinder mit Behinderung im Rahmen der Eingliederungshilfe, durchzuführen und den Zuschlag in diesem Vergabeverfahren zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ebenfalls ihren bisherigen Vortrag. Es sei nicht richtig, dass andere Anbieter außerhalb des Pools (faktisch) ausgeschlossen seien. Außerhalb des Poolings existiere keine Exklusivität. Seit Einführung dieses Systems seien kaum Anträge von anderen Anbietern eingegangen; dies liege daran, dass die Leistungsempfänger mit der Leistungserbringung zufrieden seien. Entgegen der Darstellung der Kläger habe sie auf Leistungsempfänger keinen Einfluss genommen. Zudem führe sie keinen eigenen verdeckten Betrieb, weil die Integrationshelfer notgedrungen in die Abläufe des Schulbetriebs eingegliedert werden müssten; dies sei auch schon vor dem Pooling so praktiziert worden. Weder die Schule noch sie, die Beklagte, dürften dem Integrationshelfer Weisungen erteilen, sondern allein die Leistungserbringer. Die Leistungsvereinbarungen mit den Klägern seien nach wie vor gültig. Das Schreiben vom 07.07.2016 stelle keine Ablehnung einer Vereinbarung dar, sondern enthalte nur den Hinweis auf die Einführung des Poolings. Sie habe die Kläger auch nicht faktisch ausgeschlossen, da bei einem Bedarf außerhalb des Poolings Kosten für erbrachte Leistungen erstattet würden. Die Kläger hätten aber keinen Belegungsanspruch aus dem Abschluss der Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen. § 75 SGB XII enthalte keine Ausschließlichkeitsklausel, wonach keine anderen Vergütungsgrundlagen zulässig wären. Die Voraussetzungen nach § 75 Abs. 4 SGB XII lägen vor, weil die Kläger sich auf Vertragsverhandlungen nicht eingelassen hätten. Daher habe sie auf eine Ausschreibung zurückgreifen dürfen. Die Trägervielfalt sei nicht tangiert, da ein Einsatz außerhalb des Poolings zulässig sei. Die Kläger hätten nach dem Ende jedes Schuljahres die Möglichkeit gehabt, Verträge mit den Leistungsberechtigten abzuschließen, weil den Hilfeempfängern grundsätzlich Leistungen für ein Schuljahr gewährt würden. Sie habe den Marktzugang für die Kläger weder erschwert noch verhindert. Schutzansprüche gegen ein hoheitlich veranlasstes Tätigwerden auf dem Markt kämen nur in Betracht, wenn der Hoheitsträger in unerträglicher Weise auf Verdrängung der Wettbewerber oder die Einrichtung eines Monopols abziele. Da das sozialhilferechtliche Leistungssystem das hoheitliche Tätigwerden aber nicht schlechthin verbiete, stelle auch ihre eigenständige Wettbewerbsteilnahme eine durch Art. 12 Abs. 1 GG vorabgewogene Wettbewerbsfolge dar. Hierbei sei auch zu beachten, dass sie keinen Einfluss auf die Entscheidungen der Leistungsberechtigten habe und diese ihr daher nicht zuzurechnen seien. Es sei von den Klägern daher hinzunehmen, dass für die Vertragslaufzeit des Poolings ein nur marginaler Einsatzbereich verbleibe. Weder aus § 75 SGB XII noch aus § 123 Abs. 1 SGB IX ergebe sich ein Verbot für Ausschreibungsverfahren. Mehrere Preisverhandlungsrunden mit der A seien ergebnislos verlaufen, es sei daher ein weiteres Vergabeverfahren geplant.
Die Beklagte hat Ende des Jahres 2021 ein weiteres Ausschreibungsverfahren unter der Vergabenummer 2021/S-16-425172 eingeleitet. Der Vergabeauftrag sollte für die Schuljahre 2022/2023 und 2023/2024 erfolgen, eine Verlängerung um weitere zwei Jahre sollte möglich sein. Einen dagegen gestellten Antrag des Klägers zu 1) im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat das SG Düsseldorf mit Beschluss vom 22.12.2021 (Az.: S 42 SO 356/21 ER) abgelehnt. Auf die dagegen eingelegte Beschwerde des Klägers zu 1) hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) in einem Beschluss vom 26.01.2022 (Az.: L 9 SO 12/22 B ER) der Beklagten einstweilen bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens untersagt, in dem begonnenen Vergabeverfahren einen Zuschlag zu erteilen. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten zum einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 42 SO 73/16 ER Bezug genommen. Diese Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger hat Erfolg.
A. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Vergabeverfahren 16/10-2015-0123 und die in diesem Zusammenhang von den Klägern geltend gemachten Leistungs- und Abwehransprüche in den Schuljahren von 2016/2017 bis 2020/2021, weil die Ausschreibung sich längstens auf diesen Zeitraum bezogen hat. Soweit die Beklagte und die Ausschreibungsgewinner für das Schuljahr 2021/2022 eine Interimsvereinbarung mit im Wesentlichen inhaltsgleichen Vertragsinhalten abgeschlossen haben, betrifft das nicht das streitgegenständliche Vergabeverfahren und damit nicht den Zeitraum, über den der Senat zu entscheiden hat. Dem entspricht die übereinstimmende Erklärung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung, dass der Streitzeitraum vom 01.08.2016 bis 31.07.2021 verläuft und die Interimsvereinbarung damit außer Betracht bleibt. Wegen des Zeitablaufs haben die Kläger die noch im Klageverfahren gestellten Unterlassungsanträge nicht mehr aufrechterhalten. Auch der schriftsätzlich angekündigte Hilfs-Feststellungsantrag, der sich auf eine ordnungsgemäße Erfüllung der gemäß §§ 75 ff. SGB XII (in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung, a.F.) getroffenen Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen bezog, wurde von den Klägern nicht mehr aufrechterhalten.
B. Die Berufung ist zulässig.
I. Insbesondere ist der Senat sachlich für die Entscheidung über die Berufung zuständig. Gemäß § 202 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Diese Voraussetzung liegt hier vor. Das SG Düsseldorf hat seine Zuständigkeit (unausgesprochen) angenommen. Der Senat ist hieran gebunden (vgl. BGH Beschluss vom 18.09.2008, V ZB 40/08, Rn. 10 m.w.N., juris). Eine Bindungswirkung tritt zwar dann nicht ein, wenn die Vorinstanz bei ihrer Rechtswegentscheidung gegen § 17a Abs. 3 S. 2 GVG verstoßen hat (vgl. BSG Beschlüsse vom 03.08.2011, B 11 SF 1/10 R, Rn. 14, juris; und vom 20.10.2010, B 13 R 63/10 B, Rn. 26, juris; vgl. auch BGH Urteil vom 09.05.2019, III ZR 388/17, Rn. 11, juris; BVerwG Beschluss vom 28.01.1994, 7 B 198/93, Rn. 5, juris). Danach hat das Gericht vorab zu entscheiden, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, weil keiner der Beteiligten die Zulässigkeit des Rechtswegs gerügt hat. Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 07.04.2016 ausgeführt hat, wegen des Vorrangs der §§ 97 ff. GWB sei die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit in Frage gestellt, hat sie den beschrittenen Rechtsweg nicht gerügt, sondern lediglich rechtliche Zweifel anbringen wollen. Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren auch nicht auf den Standpunkt gestellt, dass sie im Klageverfahren die Unzulässigkeit des Rechtswegs gerügt habe.
Dessen ungeachtet ist der beschrittene Sozialrechtsweg auch zulässig. Die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit ergibt sich aus § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des SGB IX und des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Angelegenheiten der Sozialhilfe sind Rechtsstreite, die ihre rechtliche Grundlage in Vorschriften des SGB XII haben oder in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der Verwaltungstätigkeit nach dem SGB XII stehen (BSG Beschluss vom 25.09.2013, B 8 SF 1/13 R, Rn. 9, juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 51 Rn. 33b m.w.N.). Dies ist hier der Fall, weil die Kläger sich auf ein aus den Vorschriften des SGB XII (in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung, a.F.) abzuleitendes generelles Ausschreibungsverbot stützen. Sie berufen sich damit auf ein Recht, das ausschließlich aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Sozialrechts resultiert (vgl. LSG NRW Beschluss vom 26.01.2022, L 9 SO 12/22 B ER, Rn. 12, juris). Wegen dieser Spezialzuweisung an das SG als besonderes Verwaltungsgericht entfällt gleichsam eine Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte nach § 40 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Eine Sonderzuweisung an ein anderes Gericht existiert nicht, insbesondere nicht aus § 156 Abs. 2 GWB, wonach Rechte aus § 97 Abs. 6 GWB sowie sonstige Ansprüche gegen Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden können. Ein Recht aus § 97 Abs. 6 GWB machen die Kläger nicht geltend. Nach dieser Norm haben Unternehmen Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden. Zu diesen Bestimmungen gehören neben den Regelungen des GWB auch die unionsrechtlichen Vergaberichtlinien sowie auf nationaler Ebene die Verordnungs- und Verdingungsordnungen, soweit auf diese Bezug genommen wird (Bungenberg/Schelhaas in BeckOK Vergaberecht, 23. Edition, Stand: 31.01.2022, § 97 Abs. 6 GWB Rn. 11; vgl. auch Horn/Hofmann in Beck VergabeR, Bd. 1, 4. Auflage 2022, § 156 GWB Rn. 8). Die Kläger wenden sich mit ihrer Berufung jedoch nicht gegen die Verletzung etwaiger Bestimmungen über das Vergabeverfahren, sondern machen die Unzulässigkeit der Durchführung eines entsprechenden Verfahrens als solche geltend. Ein derartiger Einwand ist auch nicht auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren i.S.d. § 156 Abs. 2 GWB gerichtet. Ferner ist das Tatbestandsmerkmal „in einem Vergabeverfahren“ dahin auszulegen, dass ein Vergabeverfahren nicht durch Zuschlag oder in sonstiger Weise beendet sein darf (Horn/Hofmann in Beck VergabeR, 4. Auflage 2022, § 156 GWB Rn. 12; Fett in BeckOK VergabeR, 23. Edition, Stand: 31.01.2022, § 156 GWB Rn. 12), was aber hier der Fall ist. Fragen, die einem Vergabeverfahren vor- oder nachgelagert sind, werden von § 156 Abs. 2 GWB daher nicht erfasst (BKartA Bonn Beschluss vom 15.08.2018, VK 1 - 69/18, Rn. 56, juris). Auch wenn § 156 Abs. 2 GWB eine Zuständigkeitskonzentration auf die Vergabenachprüfungsorgane bewirken soll, folgt daraus nicht die Sperre des Sozialrechtswegs. Eine Sonderzuweisung an die Vergabekammern und -senate ist nur gegeben, wenn für die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten deutsches oder europäisches Kartell- oder Wettbewerbsrecht maßgeblich ist. Nur dann ist eine fachliche Konzentration der Streitverfahren bei den nach dem GWB zuständigen Spruchkörpern geboten. Soweit der Vergabesenat des OLG Düsseldorf in einem Beschluss vom 21.12.2016 (VII-Verg 26/16, Rn. 40, juris) ausgeführt hat, dass auch die Frage, ob Vorschriften des SGB (dort des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung <SGB V>) einer Ausschreibung widersprechen und diese zu verhindern geeignet sind, ausnahmslos von den Vergabenachprüfungsinstanzen zu überprüfen und zu entscheiden sei, folgt der erkennende Senat dem nicht (so auch schon LSG NRW Beschluss vom 26.01.2022, L 9 SO 12/22 B ER, Rn. 12, juris). Vielmehr hat der Vergabesenat des OLG Düsseldorf in einer späteren Entscheidung seine voranstehende Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben und nunmehr zutreffend ausgeführt, ein Vergabeverfahren, das zu einem Zuschlag führen solle und in dem bieterschützende Vorschriften nicht verletzt werden dürften, beginne erst, wenn nach – der Ausschreibung vorgelagerte – Zweckmäßigkeitsüberlegungen der interne Beschaffungsbeschluss getroffen sei und nach außen Maßnahmen zu seiner Umsetzung getroffen würden (OLG Düsseldorf Beschluss vom 27.06.2018, VII-Verg 59/17, Rn. 57, 63, juris). Diese Erwägungen schließen eine ausschließliche Zuständigkeit der Vergabeinstanzen über die Frage, ob eine Ausschreibung erfolgen darf, aus (vgl. LSG NRW Beschluss vom 26.01.2022, L 9 SO 12/22 B ER, Rn. 12, juris). Für Leistungserbringer ergibt sich daraus ein zweigleisiger Rechtsschutz: Da das Vergaberecht erst eingreift, wenn der öffentliche Auftraggeber seinen Beschaffungsbeschluss getroffen hat und zu dessen Realisierung ansetzt und alle zu dem Beschaffungsbeschluss führende sozialrechtlich determinierte Überlegungen nicht der Prüfung der Vergabenachprüfungsinstanzen unterliegen, sind, soweit es um die grundsätzliche Zulässigkeit der Durchführung des Vergabeverfahrens geht, nicht die Vergabenachprüfungsinstanzen zuständig, sondern die Fachgerichte, also im Bereich des SGB (mit Ausnahme des Sozialgesetzbuchs Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe <SGB VIII>) die Sozialgerichte. Soweit es dagegen um die Art und Weise der Durchführung des mit der Ausschreibung eröffneten Vergabeverfahrens geht, besteht die Zuständigkeit von Vergabekammer und OLG, wobei in diesem Verfahren dann alle die (behauptete) Unzulässigkeit eines Vergabeverfahrens betreffenden Einwände irrelevant sind. Die Einheit der Rechtsordnung ist durch diese zweigleisige Rechtswegzuweisung nicht gefährdet. § 156 Abs. 2 GWB bestimmt nur, dass Ansprüche, die auf Vornahme oder Unterlassung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden können. Der auf die Unzweckmäßigkeit der Vertragsanbahnung durch Ausschreibung gestützte Anspruch auf Unterlassung dieser Ausschreibung verfolgt demgegenüber keine Rechte im Vergabeverfahren, sondern zielt allein auf die Verhinderung eines Vergabeverfahrens (Knispel, NZS 2019, 6, 9). Insofern handelt es sich um zwei unterschiedliche Prüfgegenstände.
II. Dem Rechtsstreit steht nicht das Verbot der doppelten Rechtshängigkeit gemäß § 202 S. 1 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 S. 2 GVG entgegen, weil das unter dem Aktenzeichen S 17 SO 137/15 geführte Verfahren beim SG Düsseldorf nicht mehr anhängig ist. Ferner ist mangels ergangenen Urteils auch keine entgegenstehende Rechtskraft (vgl. § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zu beachten.
C. Die Berufung ist begründet. Das SG Düsseldorf hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig (dazu I.) und begründet (dazu II.)
I. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig. Mit ihrem Fortsetzungsfeststellungsantrag begehren die Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchführung des Vergabeverfahrens samt Zuschlagserteilung an die Ausschreibungsgewinner, nachdem der durch den Zuschlag gesetzte Rechtsrahmen mit dem Ende des Schuljahres 2020/2021 (und damit die Grundlage der ursprünglichen Unterlassungsklage) entfallen ist. Der Wechsel von der ursprünglichen Unterlassungsklage als Unterfall der echten Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) in die Fortsetzungsfeststellungsklage ist nach § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG zulässig (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 131 Rn. 8a m.w.N.). Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft (dazu 1.); die Kläger sind klagebefugt (dazu 2.); es besteht auch das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse (dazu 3.).
1. Die Statthaftigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage richtet sich nach § 131 Abs. 1 S. 3 SGG. Diese Norm bestimmt, dass das Gericht auf Antrag durch Urteil ausspricht, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn er sich vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. § 131 Abs. 1 S. 3 SGG betrifft in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich zwar nur unzulässig gewordene Anfechtungsklagen, ist aber auf andere Klagearten analog anzuwenden, unter anderem auf allgemeine Leistungsklagen (vgl. BSG Urteile vom 18.05.2011, B 3 P 5/10 R, Rn. 33, juris; und vom 16.05.2013, B 3 P 5/12 R, Rn. 13, juris; vgl. auch Urteil vom 13.09.2005, B 2 U 21/04 R, Rn. 16, juris). Die vorrangig auf erledigte Verwaltungsakte zugeschnittenen Regelungen zur Fortsetzungsfeststellungsklage sind für die Leistungsklage entsprechend anzuwenden, weil es sich um eine vergleichbare Prozesssituation handelt und die Kläger auch nach der Erledigung des ursprünglichen Ausschreibungsverfahrens ein Interesse an einer bestimmten Feststellung hinsichtlich der angefochtenen Ausschreibung haben können. Das gegenteilige Ergebnis wäre mit dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar. Die für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke und gleichgelagerte Interessenlage (vgl. dazu BVerfG Beschluss vom 03.04.1990, 1 BvR 1186/89, Rn. 23 f., juris; BSG Urteil vom 23.11.1995, 1 RK 11/95, Rn. 16, juris) liegen insoweit vor.
2. Die Kläger sind klagebefugt (§ 54 Abs. 1 S. 2 SGG analog). Erforderlich ist insoweit die Möglichkeit, dass die Kläger einen Anspruch auf Unterlassung der Durchführung des Vergabeverfahrens gehabt haben. Das ist hier der Fall. Die Kläger sind als Erbringer der ausgeschriebenen Leistungen im Gebiet der Beklagten tätig. Bemühen sich mehrere freie Träger um die Durchführung von Eingliederungshilfemaßnahmen, so steht ihnen auf der Grundlage der aus Art. 12 Abs. 1 GG abzuleitenden Berufsausübungsfreiheit ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung und chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren zu (BVerwG Urteil vom 13.05.2004, 3 C 2/04, Rn. 19, juris; OVG NRW Beschluss vom 27.09.2004, 12 B 1390/04, Rn. 2 f., juris; Bayerischer VGH Beschluss vom 06.12.2021, 12 CE 21.2846, Rn. 4, juris; LSG NRW Beschluss vom 26.01.2022, L 9 SO 12/22 B ER, Rn. 13, juris). Ob dem Grundsatz der Trägervielfalt (vgl. z.B. § 5 SGB XII) und dem Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten (§ 9 Abs. 2 S. 1 SGB XII) drittschützender Charakter zukommt und die Kläger sich insoweit auf sie als subjektiv-öffentliche Rechte berufen können, bedarf dagegen keiner Entscheidung, da die Klagebefugnis bereits aus Art. 12 Abs. 1 GG folgt.
3. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse als Sonderform des Rechtsschutzbedürfnisses analog § 131 Abs. 1 S. 3 SGG liegt ebenfalls vor. Es ist regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger nicht ohne Not um die „Früchte“ des bisherigen Prozesses gebracht werden darf, wenn das Verfahren einen bestimmten Stand erreicht hat. Es genügt insoweit ein durch die Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein kann. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (vgl. BSG Urteil vom 10.07.1996, 3 RK 27/95, Rn. 15, juris; BVerwG Urteil vom 16.05.2013, 8 C 14/12, Rn. 20, juris). Vorliegend haben die Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des durchgeführten Vergabeverfahrens. Dieses folgt aus einer tatsächlichen Präjudizialität (dazu a.). Ob daneben auch eine Präjudizialität zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen (dazu b.) oder eine Wiederholungsgefahr (dazu c.) besteht, kann dagegen dahinstehen.
a. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Kläger besteht aufgrund einer Präjudizialität. Auf eine solche Präjudizialität, d.h. eine Vorgreiflichkeit der Entscheidung im Berufungsverfahren für ein anderes Verfahren, kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse gestützt werden, wenn die begehrte Feststellung unmittelbar bindend für ein anderes gerichtliches oder behördliches Verfahren ist (sog. rechtliche Präjudizialität) oder ihr eine natürliche Autorität für ein anderes Rechtsverhältnis zukommt (sog. tatsächliche Präjudizialität). Dadurch sollen erreichte Verfahrensergebnisse gesichert und Folgeprozesse vermieden werden (vgl. BSG Urteile vom 18.05.2011, B 3 KR 7/10 R, Rn. 22 m.w.N., juris; und vom 28.01.2021, B 8 SO 9/19 R, Rn. 20, juris). Im Einzelfall kann deshalb der Gesichtspunkt, dass ein erneutes Verfahren unter Gesichtspunkten der Prozessökonomie nicht zumutbar erscheint, ein Feststellungsinteresse auch dann begründen, wenn nicht zu erwarten ist, dass der künftig zuständige Träger nach Klärung der Fragen, die das Feststellungsinteresse ursprünglich begründet haben, abweichend entscheidet. Dieser Gedanke führt zwar nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (BTHG vom 23.12.2016, BGBl I., 3234) und dem damit bewirkten Zuständigkeitswechsel im Recht der Eingliederungshilfe zum 01.01.2020 (vgl. dazu BSG, a.a.O., Rn. 19, juris, und Punkt C. I. 3. c.) nicht ohne weiteres zur Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage. Regelmäßig fehlt bei einer Feststellung bezogen auf einen Zeitraum in der Vergangenheit die anhaltende Wirkung für die Folgezeit, weil das künftige Rechtsverhältnis bezogen auf den Anspruch dem Grunde oder der Höhe nach nicht ausreichend konkretisiert ist (BSG, a.a.O., Rn. 21, juris). Anders liegt es aber beim vorliegenden Fall um die Zulässigkeit eines Vergabeverfahrens unter Beachtung des sozial(hilfe)rechtlichen Dreiecksverhältnisses. Im Streit steht ausschließlich die abstrakte Rechtsfrage, ob ein Vergabeverfahren durch sozial(hilfe)rechtliches Vertragsrecht ausgeschlossen ist. Die Klärung dieser Frage wird auch den Streit gegenüber dem nunmehr für die Eingliederungshilfe zuständigen Träger erledigen. Die maßgebliche Rechtslage hat sich in den für die vorliegende Entscheidung wesentlichen Punkten nicht geändert und in NRW sind die Kreise und kreisfreien Städte, die auch für die Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel des SGB XII zuständig waren, zum 01.01.2020 für die – hier relevante – Eingliederungshilfe an Personen bis zur Beendigung der Schulausbildung zuständig geworden (vgl. § 94 Abs. 1 SGB IX i.V.m. § 1 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes zum Neunten Buch Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen <AG-SGB IX NRW> vom 21.07.2018 <GV. NRW. S. 414>).
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass mit der Neufassung des Vertragsrechts durch das BTHG in § 75 Abs. 6 SGB XII (und entsprechend auch in § 123 Abs. 6 SGB IX für die Eingliederungshilfe ab dem 01.01.2020) ein eigener gesetzlicher Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen den Leistungsträger eingeführt wurde. In der Gesetzesbegründung wird dazu ausgeführt, dass lediglich ein klarstellender Regelungsbedarf bestehe, der die bisherige Praxis der Direktzahlung vom Leistungsträger an den Leistungserbringer widerspiegeln solle; es wird dabei betont, dass der Zahlungsanspruch nur die vom Träger der Eingliederungshilfe zu erbringenden Leistungen umfasse (vgl. BT-Drucks. 18/9954, S. 67; BT-Drucks. 18/9522, S. 294, 340). Damit wird deutlich, dass auch die Regelung des § 75 Abs. 6 SGB XII bzw. des § 123 Abs. 6 SGB IX nichts daran ändert, dass erst die Inanspruchnahme der bewilligten Leistung durch den Leistungsberechtigten zum Anspruch des Leistungserbringers gegen den Leistungsträger auf Vergütung der gegenüber dem Leistungsberechtigten erbrachten Leistungen führt. Die leistungsberechtigte Person hat daher trotz der Neuregelung weiterhin einen Rechtsanspruch gegen den Leistungsträger auf Übernahme der Vergütung aus dem zivilrechtlichen Dienstvertrag mit dem Leistungserbringer. Dementsprechend ist in der Bewilligung der Leistungen gegenüber der leistungsberechtigten Person auch weiterhin ein Schuldbeitritt des Trägers zur privatrechtlichen Zahlungsverpflichtung der leistungsberechtigten Person zu sehen. Während es nach der Rechtslage bis zum 31.12.2019 nur den zivilrechtlichen Anspruch gab, dem der Sozialhilfeträger durch Erklärung beigetreten ist und der mit Zahlung der Vergütung insoweit unterging, bestehen seit dem 01.01.2020 zwei separate Ansprüche des Leistungserbringers auf Zahlung. Diese Gesetzesergänzung hat jedoch das sozial(hilfe)rechtliche Dreiecksverhältnis nicht wesentlich verändert und berührt daher auch nicht die grundsätzliche Frage, ob aus den §§ 75 ff. SGB XII a.F. bzw. den §§ 123 ff. SGB IX ein Verbot der Durchführung von Vergabeverfahren im Bereich der Eingliederungshilfe abzuleiten ist.
b. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob daneben auch ein Präjudizinteresse aufgrund der Möglichkeit eines Amtshaftungsprozesses nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG anzunehmen ist, um etwaige Gewinnverluste durch den faktischen Ausschluss von der Leistungserbringung bei der Schulbegleitung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten erstattet zu verlangen. Zur Vorbereitung eines Amtshaftungsverfahrens ist ein Feststellungsinteresse nur zu bejahen, wenn ein Amtshaftungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 13. Auflage 2020, § 131 Rn. 10e m.w.N.). Die Kläger haben weder vor dem SG Düsseldorf noch vor dem Senat vorgetragen, dass sie gegen die Beklagte bereits eine Amtshaftungsklage vor dem zuständigen Landgericht (vgl. Art. 34 S. 3 GG, § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG) erhoben hätten oder eine solche Klage ernsthaft beabsichtigen. Sie haben lediglich auf Nachfrage des Senats erklärt, dass das Verfahren der Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses diene. Die Kläger haben auch einen denkbaren Schaden nicht konkret beziffert oder die Parameter dargestellt, nach denen sich der Schaden aus ihrer Sicht bemessen könnte. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass ein Amtshaftungsprozess mit hinreichender Sicherheit bereits zu erwarten ist, wenn der Kläger konkret vorträgt, er beabsichtige, eine Amtshaftungsklage zu erheben, oder seinem Gegner einen Amtshaftungsprozess angekündigt hat (BSG Urteil vom 21.03.2018, B 6 KA 44/16 R, Rn. 32, juris).
c. Der Senat kann ferner offen lassen, ob das Feststellungsinteresse zugleich auf eine Wiederholungsgefahr gestützt werden kann. Dies ist dann möglich, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (vgl. BSG Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R, Rn. 16 m.w.N., juris; Hübschmann in BeckOGK, SGG, Stand: 01.02.2022, § 131 Rn. 46 m.w.N.). In diesem Zusammenhang sind die Grundsätze, die das BSG in seinem o.g. Urteil vom 28.01.2021 (B 8 SO 9/19 R, Rn. 16 ff., juris) aufgestellt und durch Beschluss vom 24.06.2021 (B 8 SO 19/20 B, Rn. 4, juris) bekräftigt hat, zu beachten. Das BSG hat ausgeführt, dass sich Klagen (von Hilfebedürftigen) auf Gewährung von Eingliederungshilfeleistungen gegen den Sozialhilfeträger durch das Inkrafttreten des BTHG zum 01.01.2020 erledigt haben, weil das auf den Regelungen des 6. Kapitels des SGB XII begründete Rechtsverhältnis zwischen den Anspruchstellern (d.h. den Leistungsberechtigten) und dem Sozialhilfeträger zum 31.12.2019 geendet hat. Der Träger der Sozialhilfe ist kein Rehabilitationsträger mehr und für die Erbringung von Eingliederungshilfe nicht mehr zuständig. Es ist insoweit ein vollständiger Systemwechsel erfolgt. Übergangsregelungen für die Zeit ab dem 01.01.2020, aus denen sich schließen ließe, dass der Eingliederungshilfeträger Funktionsnachfolger des Sozialhilfeträgers im bis zum 31.12.2019 begründeten Rechtsverhältnis geworden ist und die unter altem Recht begründeten Leistungsfälle unter Geltung des neuen Rechts nur fortgeführt werden, bestehen nicht. Der Gesetzgeber hat eine Übergangsregelung nur mit Blick auf das Vertragsrecht für die Zeit vom 01.01.2018 bis zum 31.12.2019 getroffen (vgl. § 139 SGB XII in der Fassung vom 01.01.2018 bis 31.12.2019, a.F.). Nicht entscheidend ist, ob sich die „Rechtswirklichkeit“ für die Betroffenen nach der Rechtsänderung verändert darstellt; ob dies der Fall ist, hängt – neben den landesrechtlichen Bestimmungen zur Zuständigkeit – von der Lebenslage des Einzelnen im Übrigen ab und kann als generelles Kriterium für die Frage, ob ein Systemwechsel stattgefunden hat, nicht herangezogen werden (BSG Urteil vom 28.01.2021, a.a.O., Rn. 19, juris). Das BSG hat ferner ausgeführt, dass eine Wiederholungsgefahr in dieser Konstellation nicht mehr besteht, weil das auf den Regelungen des 6. Kapitels des SGB XII begründete Rechtsverhältnis zwischen den Leistungsberechtigten als Anspruchsteller und dem beklagten Sozialhilfeträger zum 31.12.2019 geendet hat (BSG, a.a.O.). Diese Rechtsprechung, der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, ist zwar im Zusammenhang mit Klagen von Leistungsberechtigten ergangen. Es spricht aber einiges dafür, sie wegen der Sachnähe zum sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen. Dem steht nicht entgegen, dass das BSG in erster Linie auf das durch das 6. Kapitel des SGB XII beruhende Rechtsverhältnis (§§ 53-60a SGB XII in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung, a.F.) abgestellt und das 10. Kapitel (Vertragsrecht, §§ 75-81 SGB XII a.F.) mit dem hier relevanten § 75 SGB XII a.F. nicht erwähnt hat. Denn der Gesetzgeber hat im Zuge des Inkrafttretens des BTHG auch das Vertragsrecht bzgl. der Eingliederungshilfe ab dem 01.01.2020 in die §§ 123-134 SGB IX überführt und angepasst. Allein diese Anpassungen und die vom BSG erwähnte Übergangsregelung in § 139 SGB XII a.F. zeigen, dass auch das Leistungsverschaffungsverhältnis zwischen dem Leistungsträger und dem Leistungserbringer von der durch das BTHG begründeten Zäsur zum 01.01.2020 erfasst wird. Ob dieses Ergebnis, das nach den oben dargelegten Grundsätzen regelhaft zu einem Entfallen der Wiederholungsgefahr führt, in diesem Fall eine Ausnahme erfahren muss, weil die Beklagte im Jahr 2021 unter Geltung des neuen Rechts ein weiteres, im Wesentlichen inhaltsgleiches Vergabeverfahren durchführen wollte und insoweit durchaus von einer Konkretisierung der Wiederholungsgefahr kraft tatsächlicher Umstände gesprochen werden kann, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
II. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Die Durchführung und Zuschlagserteilung im Vergabeverfahren 16/10-2015-0123 waren rechtswidrig, § 131 Abs. 1 S. 3 SGG analog. Aus den §§ 75 ff. SGB XII a.F. folgt ein Verbot zur Durchführung eines solchen Vergabeverfahrens (dazu 1.). Die Kläger sind auch in eigenen Rechten verletzt (dazu 2.).
1. Zentral für die Leistungsgewährung nach den §§ 75 ff. SGB XII a.F. ist das sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis, bestehend aus Leistungsempfänger, Leistungserbringer und Leistungsträger. Zwischen dem Leistungsempfänger und dem Leistungserbringer besteht im Regelfall eine privatrechtliche Vereinbarung (Erfüllungsverhältnis). Zwischen dem Träger der Leistungen und dem Leistungsempfänger besteht ein öffentlich-rechtliches Leistungsverhältnis (Grundverhältnis). Die Rechtsbeziehungen zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer werden geprägt durch die Vereinbarungen i.S.d. § 75 Abs. 1 S. 1 SGB XII a.F., die die Sozialhilfeträger mit geeigneten Leistungserbringern abschließen sollen, anstatt eigene Angebote zur Leistungserbringung zu schaffen (§ 75 Abs. 2 S. 1 SGB XII a.F.). Mittels der zwischen Sozialhilfeträger und Leistungserbringer zu schließenden Vereinbarungen wird dem Leistungsberechtigten letztlich die ihm zustehende Sozialhilfe verschafft (Sachleistungsverschaffungsverhältnis, zum Ganzen BSG Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R, Rn. 15 ff., juris; vgl. ferner Lange in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 75 SGB XII (Stand: 01.09.2021), Rn. 24 ff.). Aus dieser grundsätzlichen Ausgestaltung der Leistungserbringung folgt ein Vorrang des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses und damit ein Verbot der Durchführung von Vergabeverfahren (so auch im Ergebnis BVerwG Urteil vom 13.05.2004, 3 C 2/04, Rn. 22 ff., juris, zu Exklusivverträgen für ambulante Pflegedienste; LSG NRW Beschluss vom 26.01.2022, L 9 SO 12/22 B ER, Rn. 17 ff., juris, zu §§ 123 ff. SGB IX; Bayerischer VGH Beschluss vom 06.12.2021, 12 CE 21.2846, Rn. 1 ff., juris, zu §§ 13, 13a, 77 ff. SGB VIII; OVG NRW Beschlüsse vom 27.09.2004, 12 B 1390/04, Rn. 4 ff., juris, zu §§ 93 ff. Bundessozialhilfegesetz <BSHG>; und vom 18.03.2005, 12 B 1931/04, Rn. 2 ff., juris, zu §§ 31, 77 ff. SGB VIII; OVG Berlin Beschluss vom 04.04.2005, 6 S 415.04, Rn. 18 ff., juris, zu §§ 27 ff. 35a, 41, 75 ff. SGB VIII; VG Darmstadt Beschluss vom 29.02.2016, 5 L 652/15.DA, Rn. 50 ff., juris, zu §§ 77 ff. SGB VIII; Krohn in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 11/2020, § 75 Rn. 37 ff.; Streichsbier in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Auflage 2020, § 75 Rn. 18 ff.; ders. in Grube/Wahrendorf/Flint, 7. Auflage 2020, SGB IX, § 123 Rn. 16 ff.; Mußgnug in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Auflage 2019, § 130 GWB Rn. 27; Glahs/Rafii, SRa 2016, 169, 175 ff.; Sen, SRa 2017, 90; Bieback NZS 2007, 505, 508; Welti, SGb 2009, 330, 335 f.; a.A. OLG Hamburg Beschluss vom 07.12.2007, 1 Verg 4/07, Rn. 39 ff., juris, zu §§ 75 ff. SGB XII a.F.; Kingreen, VSSR 2006, 379, 381 ff.; Luthe, ZfF 2015, 80, 81 f.; Ziegler, ASR 2009, 208, 211 f.).
Dies folgt zwar nicht aus dem Wortlaut der §§ 75 ff. SGB XII a.F., der sich zu dieser streitigen Rechtsfrage nicht verhält, aber aus der Systematik des Gesetzes (dazu a.), seinem Sinn und Zweck (dazu b.) sowie einer historischen Auslegung der streitentscheidenden Normen (dazu c.). Das Recht der Beklagten auf Selbstverwaltung (dazu d.), der Grundsatz des Anwendungsvorrangs des europäischen Gemeinschaftsrechts (dazu e.) und die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13.05.2015 im Nachprüfungsverfahren VII Verg 38/14 (dazu f.) stehen diesem Ergebnis nicht entgegen.
a. Im Hinblick auf die Gesetzessystematik lässt sich ein Ausschreibungsverbot anhand des differenzierten sozialhilferechtlichen Vertragsrechts nach §§ 75 ff. SGB XII a.F. (dazu aa.), des Grundsatzes der Angebots- und Trägervielfalt (dazu bb.) und des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten (dazu cc.) begründen.
aa. § 75 SGB XII a.F. verpflichtet den Träger der Sozialhilfe dazu, bei der Schaffung von eigenen Einrichtungen Zurückhaltung zu üben (Abs. 2 S. 1). Ferner beschreibt die Norm die notwendigen Vereinbarungsinhalte zwischen Leistungsanbietern und dem Träger der Sozialhilfe. Die Leistung darf regelmäßig nur erbracht werden, wenn Vereinbarungen über die Leistung, Vergütung und Prüfung der Qualität der Einrichtung vorliegen (Abs. 3). Gibt es für die benötigte Leistung keinen Anbieter mit Vereinbarungen oder ist es definitiv nicht möglich, dass der Leistungsberechtigte bei einem Vertragsanbieter die Leistung in Anspruch nimmt, kann ausnahmsweise eine Einzelfallvereinbarung die Grundlage für die Erbringung der Leistungen sein (Abs. 4). Die Folge von geschlossenen Vereinbarungen ist, dass der Anbieter Leistungsberechtigte nicht zurückweisen kann. Es besteht ein faktischer Kontrahierungszwang. Kann eine Einrichtung die erforderliche Leistung unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erbringen, so kann ein Abschluss der Vereinbarungen nicht mit der Begründung versagt werden, es gebe vor Ort genügend Kapazitäten (vgl. Pattar, SRa 2012, 85, 89 m.w.N.). Vielmehr erfolgt – bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung – eine Reihung nach dem Preis (vgl. § 75 Abs. 2 S. 10 SGB XII a.F.). Die Einzelheiten zu den Vertragsinhalten ergeben sich aus § 76 SGB XII a.F. § 77 SGB XII a.F. befasst sich mit verfahrensrechtlichen Fragen zum Abschluss von Vereinbarungen, § 78 SGB XII a.F. mit der außerordentlichen Kündigung der Vereinbarungen. Die Regelung in § 79 SGB XII a.F. erlaubt den Abschluss von Rahmenverträgen zwischen den Trägern der Sozialhilfe und den Landesverbänden der Leistungserbringer. § 80 SGB XII a.F. regelt schließlich das Tätigwerden der Schiedsstelle. Dieses detaillierte Vertrags- und Verfahrensrecht der §§ 75 ff. SGB XII a.F. würde völlig außer Kraft gesetzt werden, könnte die Berechtigung zur Leistungserbringung über das Ausschreibungsverfahren vergeben und so der Zugang aller anderen Mitbewerber ausgeschlossen werden (Bieback NZS 2007, 505, 508; Streichsbier in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Auflage 2020, § 75, Rn. 20). Zudem würde die Bildung und Ausschreibung von Leistungskontingenten auf eine Umgehung des Verbots der Einbeziehung von Bedarfsgesichtspunkten in das Abschlussermessen hinauslaufen (Krohn in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 11/2020, § 75, Rn. 40).
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sie die Berechtigung zur Durchführung des Vergabeverfahrens auch nicht auf die Öffnungsklausel des § 75 Abs. 4 S. 1 SGB XII a.F. stützen. Danach darf der Träger der Sozialhilfe Leistungen durch eine Einrichtung nur erbringen, wenn eine der in § 75 Abs. 3 SGB XII a.F. genannten Vereinbarungen nicht abgeschlossen wurde und dies nach der Besonderheit des Einzelfalls geboten ist. Diese Norm ist aber eine Ausnahme zu der grundsätzlich vorrangigen Vergütungsübernahme nach § 75 Abs. 1 SGB XII a.F. (BVerwG Urteil vom 04.08.2006, 5 C 13/05, Rn. 3 ff., juris, zur Vorgängerregelung des § 93 Abs. 3 S. 1 BSHG) und daher eng auszulegen (Krohn in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 11/2020, § 75 Rn. 58; Jaritz SRa 2012, 105, 116). § 75 Abs. 4 S. 1 SGB XII a.F. ist eine leistungsrechtliche Regelung, d. h. der „Einzelfall“ meint den einzelnen Hilfesuchenden und nicht etwa den Leistungserbringer (Krohn in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 11/2020, § 75 Rn. 59, 62 m.w.N.). Die Besonderheit des Einzelfalls muss daher in der Person des Leistungsberechtigten bestehen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der individuelle Bedarf des Leistungsberechtigten nicht durch eine vereinbarungsgebundene Einrichtung gedeckt werden kann (objektive Unmöglichkeit) oder dem Leistungsberechtigten die Inanspruchnahme der Leistungen einer vereinbarungsgebundenen Einrichtung im konkreten Einzelfall nicht zumutbar ist (subjektive Unmöglichkeit, vgl. Jaritz, SRa 2012, 105, 116). Derartige Besonderheiten, die ihren Grund in der Person der Leistungsberechtigten gehabt hätten, lagen indes nicht vor. Das Scheitern der Verhandlungen zwischen den Beteiligten über Folgevereinbarungen stand daher nicht mit dem individuellen Bedarf (einzelner) Leistungsberechtigter im Zusammenhang. Ungeachtet dessen enthält § 75 Abs. 4 S. 1 SGB XII a.F. keine Hinweise, die auf eine Berechtigung zur Durchführung von Vergabeverfahren nach Scheitern von Vertragsverhandlungen hindeuten würden. Angesichts der gebotenen restriktiven Auslegung der Norm ist eine derart weite Auslegung abzulehnen. Ob die Anwendung der Norm daneben auch an der Fortgeltungsklausel des § 75 Abs. 2 S. 4 SGB XII a.F. scheitert, kann dahinstehen.
Anders als die Beklagte meint, kann der relative Subsidiaritätsgrundsatz nach § 75 Abs. 2 S. 1 SGB XII a.F. auch dann nicht überwunden werden, wenn die Beklagte – wie sie argumentiert – mittels Vergabeverfahren mit geringerem Aufwand eine bessere Qualität der Leistungserbringung bereitstellen kann. Nach der Norm sollen die Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung der Aufgaben der Sozialhilfe eigene Einrichtungen nicht neu schaffen, soweit geeignete Einrichtungen anderer Träger vorhanden sind, ausgebaut oder geschaffen werden können. Die Vorschrift formuliert sowohl bei der Schaffung als auch bei der Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen einen Vorrang der geeigneten Leistungsträger, also der Träger der freien Wohlfahrtspflege und der gewerblichen Träger gegenüber Angeboten des Trägers der Sozialhilfe. Die Leistungserbringung durch eigene Einrichtungen des Leistungsträgers ist demgegenüber nachrangig (Streichsbier in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Auflage 2020, § 75 Rn. 30). Einrichtungen und Dienste sind geeignet, wenn sie dem Zweck der jeweiligen Hilfe entsprechen und Gewähr dafür bieten, dass der gegenüber dem Träger der Sozialhilfe bestehende Individualanspruch des Leistungsberechtigten erfüllt wird (Streichsbier, a.a.O., Rn. 29). Es liegen keine Hinweise vor, die auf eine etwaige Ungeeignetheit der Kläger oder anderer Anbieter schließen lassen würden. Die Beauftragung eines Leistungserbringers nach Zuschlagserteilung in einem Vergabeverfahren kann in einem weiteren Sinne wie eine eigene Einrichtung eingestuft werden, weil der Leistungsträger als Auftraggeber im Einzelnen vorgeben kann, wie die Leistung zu erbringen ist. Dies legen auch die vorliegenden Rahmenverträge mit den Ausschreibungsgewinnern nahe.
bb. Unvereinbar ist die Vergabepraxis der Beklagten auch mit dem Prinzip der Angebots- und Trägervielfalt (vgl. OVG NRW Beschluss vom 27.09.2004, 12 B 1390/04, Rn. 9 ff., juris). Das SGB XII enthält zwar keine ausdrückliche Regelung zu diesem Prinzip. Aus einer Reihe von Bestimmungen wird aber deutlich, dass der Grundsatz der Angebots- und Trägervielfalt vom Gesetz vorausgesetzt und damit anerkannt wird, wie etwa die §§ 4, 5, 11 Abs. 5, 75 Abs. 2 S. 1 SGB XII zeigen. Der Gesetzgeber beabsichtigt mit diesem Prinzip, einen Wettbewerb verschiedener Träger um die Leistungsberechtigten als Nachfrager zu schaffen. Ein solcher Wettbewerb kann aber nur gewährleistet werden, wenn verschiedene Leistungserbringer ihre Leistungen anbieten dürfen. Dies war für die Kläger und die anderen Anbieter, die den Zuschlag im Vergabeverfahren nicht erhalten haben, trotz des Vorhandenseins von Leistungsvereinbarungen faktisch so gut wie ausgeschlossen. Lediglich in marginalem Umfang und auf wenige Einzelfälle beschränkt konnten Leistungserbringer außerhalb des Pool-Modells Eingliederungshilfeleistungen erbringen und abrechnen.
Das Prinzip der Angebots- und Trägervielfalt läuft leer, wenn der Leistungsträger mit dem Zuschlag ein exklusives Leistungserbringungsrecht zuspricht. Selbst wenn der Leistungsträger – wie hier – Lose bildet und so die Chance auf einen Zuschlag erhöht, legt er sich regelmäßig darauf fest, keine anderen als die mit dem Zuschlag ausgewählten Anbieter zur Leistungserbringung zuzulassen und beschneidet damit das nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht weiterer Interessenten auf ergebnisoffene Verhandlungen über den Zugang zum Markt (Mußgnug in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Auflage 2019, § 130 GWB Rn. 27 m.w.N.).
cc. In gesetzessystematischer Hinsicht und im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Angebots- und Trägervielfalt ist auch das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten zu beachten (§ 9 Abs. 2 S. 1 SGB XII). Das Recht soll dem Leistungsberechtigten die Teilhabe an der Ausgestaltung der Leistungserbringung ermöglichen und verhindern, dass der Einzelne zum bloßen Objekt staatlichen Handelns reduziert wird (vgl. Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 06/2020, § 9 Rn. 36 ff.). Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII a.F. für rechtsanspruchsgesicherte Leistungen – wie hier nach §§ 53, 54 SGB XII a.F. – können deshalb nicht exklusiv nur mit einem oder einer begrenzten Anzahl von Leistungserbringern abgeschlossen werden; sie sind vielmehr mit jedem Leistungserbringer einzugehen, der geeignet und zur Durchführung willens ist. Für eine selektive Auswahlentscheidung nach vergaberechtlichen Grundsätzen ist aufgrund der Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Wahrung eines pluralen Angebots und der Achtung des Wunsch- und Wahlrechts daher kein Raum (vgl. Bayerischer VGH Beschluss vom 06.12.2021, 12 CE 21.2846, Rn. 5, juris).
Das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten ist bei der Prüfung eines sich aus den §§ 75 ff. SGB XII a.F. ergebenden Vergabedurchführungsverbots nicht deshalb unbeachtlich, weil es grundsätzlich nur dem Leistungsberechtigten als subjektiv-öffentliches Recht zusteht (vgl. dazu Groth in BeckOK Sozialrecht, 64. Edition, Stand: 01.12.2021, § 9 SGB XII Rn. 9). Denn insofern übersieht die Beklagte, dass sich die Begrenzung des Wunsch- und Wahlrechts durch die Zuschlagserteilung am Ende eines Vergabeverfahrens auch und gerade auf die durch die Berufsausübungsfreiheit geschützten Interessen der anderen Anbieter auswirkt und daher im Zusammenhang mit den §§ 75 ff. SGB XII a.F. bewertet werden muss. Diese Normen ermöglichen durch die Zulassung einer Vielzahl von Anbietern einen Wettbewerb zwischen den einzelnen Leistungserbringern im Verhältnis zum Leistungsempfänger. Die Anbietervielfalt schlägt sich unmittelbar im Verhältnis zum Leistungsempfänger nieder, dem so für die Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts nach § 9 Abs. 2 S. 1 SGB XII ein großer Spielraum verbleibt. Im Vergabeverfahren nach den §§ 97 ff. GWB dagegen findet der Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern im Verhältnis zum Leistungsträger statt. Dieser trifft eine Vorauswahl unter den Leistungserbringern. Dem Leistungsempfänger verbleibt für die Ausübung seines Wunsch- und Wahlrechts nur ein eingeschränkter oder – bei Auswahl nur eines Leistungserbringers durch den Leistungsträger – gar kein Spielraum. Auf lange Sicht droht auf diese Weise eine unzulässige Marktbereinigung zugunsten weniger Anbieter (vgl. Sen, SRa 2017, 90, 91 f.).
Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang meint, dass ihr Tätigwerden als im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG zulässige eigenständige Wettbewerbsteilnahme und nicht als unzulässige Marktverdrängung einzustufen sei, kann sie damit nicht überzeugen. Sie verkennt, dass sie bereits mit der Ausschreibung die Verdrängung aller anderen Wettbewerber als systemimmanente Folge mindestens billigend in Kauf genommen und die anschließende Umsetzung durch das Pool-Modell dies bestätigt hat, weil es tatsächlich zu einer fast vollständigen Verdrängung aller Wettbewerber auf dem Markt gekommen war. Marktsteuerndes Verhalten soll aber gerade durch das sozialrechtliche Dreieckverhältnis verhindert werden. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass marktsteuerndes Verhalten deshalb zu verneinen sei, weil sie keinen Einfluss auf die Entscheidungen der Leistungsberechtigten bei der Auswahl der Leistungserbringer gehabt habe. Entscheidend ist insoweit allein, dass die Beklagte durch das Vergabeverfahren eine auf Konzentration der Leistungen und damit auf Marktverdrängung aller anderen Marktwettbewerber ausgerichtete Weichenstellung und nicht bloß eine möglicherweise zulässige Kontingentierung vorgenommen hat. Der wiederholte Verweis der Beklagten darauf, dass eine Leistungserbringung neben dem Pooling-Verfahren möglich gewesen sei, geht insoweit an den Tatsachen vorbei. Den Hilfeempfängern standen gerade nicht in gleichem Maße verschiedene, bedarfsorientierte Möglichkeiten und Anbieter für die Hilfeleistung zur Verfügung.
Durch die Verträge mit den Ausschreibungsgewinnern wurden alle anderen Anbieter im Streitzeitraum (Schuljahre 2016/2017 bis 2020/2021) – nahezu vollständig – faktisch an der Leistungserbringung gehindert. Dies ergibt sich zunächst aus dem Umstand, dass der in der Leistungsbeschreibung zum Vergabeverfahren hergeleitete Bedarf der vollständigen Abdeckung der Integrationshilfe im Zuständigkeitsbereich der Beklagten entsprach und bereits aus diesem Grund kaum Möglichkeiten der Leistungserbringung für andere Anbieter verblieben. Dies wird ferner anhand der verschwindend geringen Zahl der außerhalb des Pools betreuen Kinder deutlich. Lediglich im Schuljahr 2020/2021 erhielten nach den Angaben der Kläger sieben Kinder eine Schulbegleitung außerhalb des Pools. Zwar hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bestritten, dass insgesamt – wie von Klägerseite behauptet – 850 Kinder in diesem Schuljahr betreut worden seien. Doch selbst, wenn man auf die von der Beklagten für das Schuljahr 2016/2017 mitgeteilten Zahlen der leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen (415) oder die von der Beklagten für das Schuljahr 2018/2019 angegebenen Zahlen (482, vgl. https://www.e.de/schulen/zentrale-themen/inklusion/monitoring-analyse-kommunaler-handlungsfelder-und-massnahmenplanung/schulbegleitung.html) abstellen würde, ergäbe sich eine sehr kleine Zahl an Schülern, die außerhalb des Pools von anderen Leistungserbringern betreut wurden. Dieser weitgehende Ausschluss der anderen Anbieter geht kausal auf die Bereitstellung der Poollösung durch die Beklagte zurück. Anders als die Beklagte meint, müssen die Kläger es auch nicht hinnehmen, dass für die Vertragslaufzeit des Poolings ein nur marginaler Einsatzbereich verbleibt. Auch der Beklagteneinwand, dass die Kläger ohnehin keinen Belegungsanspruch aus dem Abschluss der Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen hätten ableiten können, geht fehl. Diese Argumentation ist bereits mit dem Anspruch der Leistungserbringer auf fehlerfreie Ermessensausübung und chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren nicht in Einklang zu bringen. Dieser Anspruch wäre sinnentleert, wenn man allein auf die theoretische Möglichkeit der Auswahl anderer Anbieter durch die Leistungsberechtigten verweisen würde. Der theoretisch durchsetzbare Anspruch der anderen Anbieter würde wegen der (fast) ausschließlichen Bedarfsdeckung durch Exklusivvereinbarungen mit den Ausschreibungsgewinnern – wie hier – regelmäßig wirkungslos bleiben. Es ist daher unbeachtlich, ob die anderen Anbieter frei darin waren, ihre Leistungen in Konkurrenz anzubieten. Maßgebend ist, dass die streitgegenständliche Ausschreibung darauf zielte, im Bereich der Integrationshilfe an Grundschulen in E „offizielle“ Anbieter zu institutionalisieren, die mit öffentlicher Unterstützung der Beklagten ihre Leistungen vorrangig anbieten konnten als andere mit ihnen konkurrierende Anbieter (wie die Kläger). Diese bewirkte im Ergebnis eine Verdrängung der nicht ausgewählten Anbieter. Damit widerspricht die Vergabe aber dem Ziel des Gesetzes, eine die Qualitätssicherung realisierende und das Wunsch- und Wahlrecht sowie die Angebots- und Trägervielfalt berücksichtigende Versorgungsstruktur sicherzustellen (vgl. auch BVerwG Urteil vom 13.05.2004, 3 C 2/04, Rn. 23 f., juris; vgl. dazu auch die Ausführungen unter Punkt C. II. 1. b.). Es ist hierbei zu betonen, dass die Gewinnerwartungen und Erwerbsmöglichkeiten der Kläger und anderer freier Träger keinen höheren Stellenwert besitzen als das Wohl der betroffenen Kinder und Jugendlichen, dem ihr Wunsch- und Wahlrecht letztlich dient. Vielmehr ist unabhängig von den Gewinnerwartungen allein im Sinne der Hilfesuchenden von Fall zu Fall unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts zu prüfen, welcher Träger für die erforderlichen Hilfen besonders geeignet ist und freie Kapazitäten für eine zügige Aufnahme der erforderlichen Eingliederungshilfemaßnahmen hat (vgl. OVG Berlin Beschluss vom 04.04.2005, 6 S 415.04, Rn. 25, juris).
Ohne dass es darauf entscheidungserheblich ankäme, hat die Beklagte zur Überzeugung des Senats den Marktzugang der anderen Anbieter nicht nur durch die Ausschreibung und Erteilung des Zuschlags, sondern auch durch die anschließende Umsetzung des Pool-Verfahrens aktiv und in rechtswidriger Weise beschnitten. Anders wäre der fast vollständige De-facto-Ausschluss der anderen Anbieter, der anhand der oben genannten Zahlen verdeutlicht wird, nicht zu erklären. Vieles spricht dafür, dass die Beklagte entgegen ihrer Behauptung erheblichen Einfluss auf die Inanspruchnahme der Ausschreibungsgewinner durch die Leistungsberechtigten nahm. Exemplarisch sei zunächst auf das Schreiben der Beklagten an den Kläger zu 1) vom 07.07.2016 verwiesen, in welchem unmissverständlich ausgeführt wurde, dass ab dem Schuljahr 2016/2017 an „allen <Hervorhebung im Original> Schulen in E ausschließlich“ die Ausschreibungsgewinner die Schulbegleitung für Kinder und Jugendliche sicherstellen würden; dies gelte für Einzel- und Mehrfachbetreuungen. Ferner ist ein Schreiben der Beklagten vom 04.08.2016 an Eltern eines betroffenen Kindes dokumentiert, die eine Integrationskraft einsetzen wollten, welche keinen Arbeitsvertrag mit den Ausschreibungsgewinnern abzuschließen gedachte. In diesem Schreiben heißt es, dass die Beklagte die Integrationskräfte selbst zur Verfügung stelle und sich dazu zweier den Eltern bekannter Anbieter bediene. Die Eltern wurden dabei mit einer Reihe von Fragen konfrontiert, so u.a. warum die Integrationskraft den Arbeitgeber nicht wechseln wolle. Die Beklagte hat des Weiteren in einem von ihr erstellten und beworbenen Flyer („Hilfe für Kinder mit Behinderung – Schulbegleitung“) darauf hingewiesen, dass die Schulbegleitung durch zwei Anbieter (die Ausschreibungsgewinner) zur Verfügung gestellt werde. In einer E-Mail vom 28.07.2021 hat die Beklagte Eltern eines betroffenen Kindes darauf hingewiesen, dass die Schulbegleitung lediglich durch die Ausschreibungsgewinner erfolge, mit denen eine Vereinbarung existiere und der Kläger zu 1) nicht dazu gehöre, weshalb von dort keine Schulbegleitung in Anspruch genommen werden könne. Schließlich führt die Beklagte auch auf ihrer Homepage unter dem Stichpunkt „Schulbegleitung“ aus, dass „alle Schulbegleitungen … von zwei Anbietern zur Verfügung gestellt“ würden, nämlich der K-Stiftung Erziehung und Bildung und der Initiative U e.V. (Stand: Juli 2019, abrufbar unter: https://www.e.de/schulen/zentrale-themen/inklusion/monitoring-analyse-kommunaler-handlungsfelder-und-massnahmenplanung/schulbegleitung.html). Vor diesem Hintergrund kann bereits kaum angenommen werden, dass die Beklagte – wie sie sagt – ihre Ausführungen ausdrücklich nur auf die Pool-Konstruktion bezogen verstanden wissen wollte. Entsprechend differenzierte Erläuterungen enthalten ihre Schreiben, der Flyer und die Hinweise auf der Homepage jedenfalls nicht. Dessen ungeachtet wird bereits anhand der alleinigen Ausrichtung der Schulbegleitung am Pool-Verfahren deutlich, dass Eltern eines Schülers gezwungen waren, substanzielle Einwände gegen die von der Beklagten favorisierten Leistungserbringer zu artikulieren. Das freie Wahlrecht, unter dem gesamten Spektrum vorhandener Angebote auszuwählen, wird auf diese Weise in ein Abwehrrecht gegen die Vorauswahl der Beklagten umgekehrt, wobei die Eltern eines betroffenen Kindes unter Umständen unter Erklärungs- und Begründungszwang gestellt wurden (vgl. VG Darmstadt Beschluss vom 29.02.2016, 5 L 652/15.DA, Rn. 57, juris). Soweit Eltern nicht die Ausschreibungsgewinner, sondern einen anderen Leistungserbringer wünschten, dürften sie sich in ihrem Wunsch- und Wahlrecht beeinträchtigt gesehen haben. Selbst wenn ihnen bekannt gewesen sein sollte, dass sie ein Wahlrecht besitzen und eine Betreuung außerhalb des Pools möglich gewesen wäre, hätten sie, wenn sie der Vorauswahl widersprochen hätten, zumindest mit Unannehmlichkeiten rechnen müssen. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass Eltern unter diesen Voraussetzungen von vornherein keine Einwände artikuliert und sich mit der getroffenen Vorauswahl der Beklagten arrangiert haben. Da allein das Vergabeverfahren und die fast ausschließliche Durchführung der Leistungserbringung durch die Ausschreibungsgewinner das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten zu beschränken geeignet war, kommt es nicht darauf an, dass – wie die Beklagte behauptet – die Eltern mit der Form der Leistungserbringung zufrieden waren oder das Modell im Streitzeitraum insgesamt von den Leistungsberechtigten gut angenommen wurde.
Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, dass das Vergabeverfahren Garant für die Einhaltung des Qualitätsgebots sei und dass die Qualität der Leistungserbringung ohne Ausschreibung wieder abnehmen werde. Dem steht bereits entgegen, dass die Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII a.F. die Qualität der Leistungen sicherstellen. Gegenstand der Vereinbarungen ist ausdrücklich die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistung. Der Träger der Sozialhilfe kann diese auch prüfen (§ 75 Abs. 3 S. 3 SGB XII a.F.). Die Qualität der Leistung beschreibt dabei den notwendigen Leistungsstandard, der von den Leistungserbringern gewährleistet werden muss, um eine bedarfsgerechte Leistungserbringung sicherzustellen. Damit kann der Leistungsträger auf die Einhaltung dieser Standards beim Abschluss der Vereinbarungen achten. Im Übrigen war nicht die mangelnde Qualität der Leistungen der Kläger wesentlicher Grund für die Ausschreibung, sondern der Umstand, dass sich die Beteiligten nicht auf einen Preis für die zukünftige Leistungserbringung einigen konnten.
b. Auch der Sinn und Zweck der Regelungen in §§ 75 ff. SGB IX a.F. spricht für die Annahme eines Ausschreibungsverbots. Die Regelungen dienen allgemein dem öffentlichen Interesse an einer wirksamen Erfüllung sozialstaatlicher Aufgaben (vgl. OLG Düsseldorf Beschluss vom 08.09.2004, VII Verg 35/04, Rn. 36, juris). Der Sinn und Zweck der Normen besteht ferner konkret in der Gewährleistung von Trägervielfalt, die im Interesse der Qualitätssicherung und der Realisierung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten bestehen soll (vgl. LSG NRW Beschluss vom 26.01.2022, L 9 SO 12/22 B ER, Rn. 18, juris; OVG NRW Beschluss vom 27.09.2004, 12 B 1390/04, Rn. 9, juris; Bayerischer VGH Beschluss vom 06.12.2021, 12 CE 21.2846, Rn. 4, juris). Sinn und Zweck der Durchführung eines Vergabeverfahrens ist demgegenüber die regelmäßige Beschränkung der Leistungserbringung auf wenige Leistungserbringer, was dieser Fall auch exemplarisch zeigt. Zwar steht das Vergabeverfahren dem Abschluss von Vereinbarungen mit weiteren Leistungserbringern nicht zwingend entgegen und ist auch die Beauftragung weiterer Anbieter durch den Leistungsberechtigten bei Bewilligung eines persönlichen Budgets (§ 29 SGB IX) nicht ausgeschlossen, jedoch hat die Vergabe von Leistungen dennoch eine jedenfalls faktisch marktsteuernde Wirkung, die zum De-facto-Ausschluss von Anbietern führt, die im Vergabeverfahren keinen Zuschlag erhalten haben. Eine solche auf Verdrängung der Mitbewerber ausgerichtete Verwaltungspraxis steht der oben dargelegten gesetzlichen Intention jedoch entgegen.
c. Dieses Auslegungsergebnis wird durch die Gesetzesbegründung zum BTHG (BT-Drucks. 18/9522, S. 290 f.) bestätigt. Darin führt der Gesetzgeber aus, das Vertragsrecht der Sozialhilfe unterliege auch nach Verabschiedung der europäischen Richtlinien 2014/23/EU („Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die Konzessionsvergabe“, ABl. L 094 vom 28.03.2014, S. 1-64) und 2014/24/EU („Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG“, ABl. L 094 vom 28.03.2014, S. 65-242) nicht dem Anwendungsbereich des europäischen Vergaberechts; die Träger der Eingliederungshilfe vergäben weder öffentliche Aufträge im Sinne der RL 2014/24/EU noch Konzessionen im Sinne der RL 2014/23/EU. Im Hinblick auf das auch im künftigen Eingliederungshilferecht bestehende sozialrechtliche Dreiecksverhältnis sowie die insoweit deckungsgleichen Vorschriften des Vertragsrechts der Eingliederungshilfe im Teil 2 des SGB IX gälten die Feststellungen zur Nichtanwendbarkeit der EU-Vergaberichtlinien auch im künftigen Recht der Eingliederungshilfe. Aus dieser Gesetzesbegründung folgt zwar kein ausdrückliches Verbot der Durchführung von Ausschreibungen im Geltungsbereich der §§ 75 ff. SGB XII a.F. bzw. §§ 123 ff. SGB IX. Gleichwohl macht der Gesetzgeber sehr deutlich, dass er von einer Nichtanwendung des Vergaberegimes im Geltungsbereich der §§ 123 ff. SGB IX und damit auch der §§ 75 ff. SGB XII a.F. ausgeht.
Für die im Kontext des Sozialhilferechts abgeschlossenen Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII a.F. hat der nationale Gesetzgeber auch in der Begründung zum GWB-Modernisierungs-Gesetz anerkannt, dass insoweit kein Auftrag und keine Dienstleistungskonzession im Sinne des Vergaberechts vorliegen (vgl. BT-Drucks. 18/6281, S. 73, 76, 114; 18/7318, S. 146 f.; 18/7086, S. 13).
d. Das von der Beklagten und dem SG Düsseldorf in Bezug genommene kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG wird durch ein Ausschreibungsverbot nicht verletzt. Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet die Selbstverwaltung der Kommunen als weiterer Verwaltungsebene in den Ländern. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistet dabei das Recht der Gemeinde auf eigenverantwortliche Regelung aller Angelegenheiten ihrer örtlichen Gemeinschaft. Eigenverantwortlichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang allgemein die Freiheit von staatlicher Reglementierung in Bezug auf die Art und Weise der Aufgabenerledigung und die Organisation der Gemeindeverwaltung einschließlich der Entscheidungen über die Aufstellung des Gemeindehaushalts und die Auswahl und Verwendung des Personals (vgl. BVerfG Beschlüsse vom 26.10.1994, 2 BvR 445/91, Rn. 26, juris; vom 19.11.2002, 2 BvR 329/97, Rn. 42 ff., juris; und vom 07.07.2020, 2 BvR 696/12, Rn. 51 ff., juris). Die von der gemeindlichen Selbstverwaltung umfasste Organisationshoheit gewährleistet den Gemeinden prinzipiell das Recht, die Wahrnehmung der eigenen Aufgaben, Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten im Einzelnen festzulegen und damit über Gewichtung, Qualität und Inhalt der Entscheidungen zu befinden (vgl. BVerfG Beschluss vom 07.07.2020, 2 BvR 696/12, Rn. 52, juris). Die Entscheidung zur Durchführung eines Vergabeverfahrens zwecks Erfüllung der der Beklagten übertragenen gemeindlichen Aufgaben im Rahmen der Eingliederungshilfe wäre daher grundsätzlich von der Organisationshoheit der Beklagten umfasst. Allerdings steht die kommunale Selbstverwaltung ihrerseits unter einem Gesetzesvorbehalt. Dieser Vorbehalt erfasst sowohl die Eigenverantwortlichkeit wie auch die Universalität des gemeindlichen Aufgabenkreises (BVerfG Beschlüsse vom 07.10.1980, 2 BvR 584/76, Rn. 43, juris; und vom 23.11.1988, 2 BvR 1619/83, Rn. 40 ff., juris). Der Gesetzgeber darf also grundsätzlich sowohl den gemeindlichen Aufgabenkreis wie auch die Eigenverantwortlichkeit beschränkend regeln. Wenn – wie voranstehend erörtert – aus der Ausgestaltung des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses nach den §§ 75 ff. SGB XII a.F. ein Ausschreibungsverbot abzuleiten ist, wird die gemeindliche Selbstverwaltung insoweit in zulässiger Weise durch das Gesetz begrenzt. Diese Begrenzung berührt auch nicht den sog. Kernbereich der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie, der gesetzlich nicht beschränkt werden darf. Als Kernbereich gilt allgemein das Essentiale einer geschützten Institution, das man aus ihr nicht entfernen kann, ohne Struktur und Typus zu verändern (Hellermann in BeckOK GG, 50. Edition, Stand: 15.02.2022, Art. 28 Rn. 47). Für den Bereich der gemeindlichen Organisationshoheit ist der Kernbereich erst verletzt, wenn eine eigenständige organisatorische Gestaltungsfähigkeit erstickt würde (BVerfG Beschlüsse vom 26.10.1994, 2 BvR 445/91, Rn. 33, juris; und vom 07.07.2020, 2 BvR 696/12, Rn. 52, juris). Ein solcher Effekt tritt durch ein Ausschreibungsverbot indes nicht ein, weil den Leistungsträgern über das Vertragsrecht der §§ 75 ff. SGB XII a.F. ausreichende Möglichkeiten verbleiben, die Leistungserbringung flexibel zu gestalten. Der Gesetzgeber hat die berechtigten Belange der Leistungsträger insbesondere hinsichtlich der Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung gerade in der Ausgestaltung der Vorgaben für die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung berücksichtigt (§§ 75 Abs. 3, 76 SGB XII a.F.). Ferner sieht das Gesetz Regelungen für den Fall vor, dass keine Vereinbarung zwischen den Verhandlungspartnern erzielt werden konnte (Schiedsstellenverfahren, §§ 77, 80 SGB XII a.F.). Auch ein Recht zur außerordentlichen Kündigung ist zur Wahrung der Rechte des Leistungsträgers gesondert aufgenommen worden (§ 78 SGB XII a.F.). Insoweit kann der Einwand der Beklagten, dass die A einseitig den Preis für die Leistungserbringung diktiert habe, nicht überzeugen. Vielmehr stellt die Entscheidung zur Durchführung des Vergabeverfahrens eine Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Konfliktregelungsmechanismen dar.
e. Dieses Ergebnis verstößt nicht gegen den Anwendungsvorrang des europäischen Vergaberechts (so auch im Ergebnis Bayerischer VGH Beschluss vom 06.12.2021, 12 CE 21.2846, Rn. 6 ff., juris; von Boetticher in LPK-SGB XII, 12. Auflage 2020, § 75 Rn. 48; Streichsbier in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Auflage 2020, § 75 Rn. 18 ff.; Mußgnug in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Auflage 2019, § 130 GWB Rn. 28; Höfer/Nolte, NZS 2015, 441, 443 f.). Es liegt weder ein öffentlicher Auftrag (dazu aa.) noch eine Dienstleistungskonzession (dazu bb.) im Sinne des Vergaberechts vor, sodass eine Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung (dazu cc.) entbehrlich ist.
aa. Anders als die Beklagte meint, liegt ein „öffentlicher Auftrag“ i.S.d. § 103 Abs. 1 GWB, der die Anwendbarkeit des Vergaberechts (§§ 97 ff. GWB) erst eröffnen würde, nicht vor. § 103 Abs. 1 GWB beschreibt den öffentlichen Auftrag als entgeltlichen Vertrag zwischen einem öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen (Lieferung von Waren, Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen). Von einem entgeltlichen Beschaffungsvertrag im Sinne des Vergaberechts ist aber dann nicht auszugehen, wenn bei der Zulassung von Leistungserbringern gar keine Auswahlentscheidung getroffen wird, sondern jeder Leistungserbringer zuzulassen ist, der die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt (vgl. Höfer/Nolte, NZS 2015, 441, 443 m.w.N.). Dies trifft auf Verträge nach den §§ 75 ff. SGB XII a.F. zu. Anders als in § 72 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) und §§ 78 a ff. SGB VIII enthalten die §§ 75 ff. SGB XII a.F. zwar keine ausdrückliche Regelung, mit allen qualifizierten Anbietern verpflichtend Leistungserbringungsverträge abzuschließen. Liegen die Voraussetzungen nach § 75 Abs. 2 S. 2 ff. SGB XII a.F. jedoch vor, ist regelmäßig eine Ermessenreduzierung auf Null gegeben, es besteht dann ein Anspruch auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung. Insgesamt kommt die Regelung damit einem Rechtsanspruch auf Zulassung sehr nahe. Der Zulassungsanspruch kann auch nicht unter Hinweis auf die Bedarfsplanung des Sozialhilfeträgers verneint werden; diesem ist eine Angebotssteuerung durch Bedarfsplanung vielmehr untersagt (vgl. BVerwG Urteil vom 30.09.1993, 5 C 41/91, Rn. 15, juris).
Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Leistungsaustausch nach dem sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis zwischen dem Leistungserbringer und dem Leistungsberechtigten stattfindet. Die Inanspruchnahme der Leistungserbringer erfolgt dabei durch die Leistungsberechtigten unmittelbar, nicht aber durch eine „Auftragsvergabe“ durch die Sozialhilfeträger (von Boetticher in LPK-SGB XII, 12. Auflage 2020, § 75 Rn. 48; vgl. auch Jaritz, SRa 2012, 105, 113). Gegenstand der Vereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII a.F. ist daher nicht die Beschaffung von Dienstleistungen gegen ein Entgelt, sondern die Festlegung der Bedingungen für die Leistungsabwicklung im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis (Streichsbier in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Auflage 2020, § 75 Rn. 19).
Soweit das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 13.05.2015 (VII Verg 38/14, Rn. 34 f., juris) unter Hinweis auf eine synallagmatische Verbindung zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer eine Entgeltlichkeit und damit einen öffentlichen Auftrag im Sinne des Vergaberechts angenommen hat, folgt der Senat dem nicht. Diese Ansicht ist bereits mit dem sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis nicht in Einklang zu bringen. Der Leistungsträger zahlt das Entgelt an den Leistungsberechtigten nicht auf Grundlage der Leistungsvereinbarung. Der Leistungserbringer hat vielmehr einen Entgeltanspruch gegen den Leistungsberechtigten, nur aufgrund des Schuldbeitritts wird der Leistungsträger Mitschuldner des zivilrechtlichen Entgelts. Durch den Schuldbeitritt wandelt sich die Forderung nicht in eine öffentlich-rechtliche Schuld (vgl. BSG Urteile vom 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R, Rn. 25 ff.; und vom 18.11.2014, B 8 SO 23/13 R, Rn. 14, juris; BGH Urteile vom 07.05.2015, III ZR 304/14, Rn. 22, juris; und vom 31.03.2016, III ZR 267/15, Rn. 20 ff., juris). Zahlt der Leistungsträger das Entgelt an den Leistungserbringer allein aufgrund des Schuldbeitritts, kann ein direkter synallagmatischer Leistungsaustausch zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer durch den Abschluss der Leistungsvereinbarung nicht angenommen werden. Beim sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis handelt es sich um ein differenziertes Rechtsinstitut, das nicht zu einem lediglich zweiseitigen Auftragsverhältnis „uminterpretiert“ werden kann (vgl. Mußgnug in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Auflage 2019, § 130 GWB Rn. 20 ff.).
Dass Verträge nach den §§ 75 ff. SGB XII keine vergaberechtlich relevanten Beschaffungsverträge sind, ergibt sich auch aus Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU. Danach liegt eine Auftragsvergabe nur vor, wenn die beauftragten Wirtschaftsteilnehmer „von öffentlichen Auftraggebern ausgewählt werden“. Im Erwägungsgrund Nr. 4 der Richtlinie ist dazu konkretisierend ausgeführt, dass solche „Fälle, in denen alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, zur Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe – ohne irgendeine Selektivität – berechtigt sind, wie beispielsweise bei einer Auswahl durch den Kunden- und bei Dienstleistungsgutscheinsystemen, nicht als Auftragsvergabe verstanden werden, sondern als einfache Zulassungssysteme (z. B. Zulassungen für Arzneimittel oder ärztliche Dienstleistungen)“. Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 2014/24/EU weist ferner ausdrücklich darauf hin, dass die Richtlinie nicht die Art und Weise berührt, in der die Mitgliedstaaten ihre Systeme der sozialen Sicherheit gestalten. Daher fällt die Leistungserbringung in einem offen gestalteten sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis mangels eines öffentlichen Auftrags nicht in den Anwendungsbereich des europäischen Vergaberechts (Höfer/Nolte, NZS 2015, 441, 443; vgl. auch Hauck, SRa 2017, 231, 240).
bb. Die Vereinbarungen nach §§ 75, 76 SGB XII a.F. sind ferner keine ausschreibungspflichtigen Dienstleistungskonzessionen. Eine Dienstleistungskonzession ist gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 2 GWB die Beauftragung von einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern durch einen öffentlichen Auftraggeber mit der Erbringung einer Dienstleistung, wobei die Gegenleistung entweder nur in der Erhebung von Entgelten für die Inanspruchnahme oder aber in Kombination mit einer Zahlung durch den Auftraggeber besteht. Die Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII a.F. sind jedoch nicht selektiv nur mit einem oder einer begrenzten Anzahl von Leistungserbringern abzuschließen, sondern – wie erwähnt – mit jedem geeigneten Leistungserbringer ohne rechtliche Handhabe zur Angebotssteuerung unter Bedarfsgesichtspunkten. Die Sozialhilfeträger dürfen den Markt der Leistungserbringung nur über die Prüfung der Einhaltung von Fachlichkeit, Wirtschaftlichkeit und Qualität regulieren (vgl. von Boetticher in LPK-SGB XII, 12. Auflage 2020, § 75 Rn. 29 f., 48).
Die Richtlinie 2014/23/EU sieht vor, dass eine Zulassung zur Leistungserbringung ohne Auswahlentscheidung nicht als Konzession gilt und damit nicht in den Anwendungsbereich der Konzessionsrichtlinie fällt. Dies ergibt sich aus dem Erwägungsgrund 13 der Richtlinie. Danach sollten Regelungen, nach denen ohne gezielte Auswahl alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, berechtigt sind, eine bestimmte Aufgabe, wie beispielsweise Kundenwahl- und Dienstleistungsgutscheinsysteme, wahrzunehmen, nicht als Konzessionen gelten (S. 1). Derartige Systeme beruhen typischerweise auf der Entscheidung einer Behörde, mit der transparente und nichtdiskriminierende Voraussetzungen für den kontinuierlichen Zugang von Wirtschaftsteilnehmern zur Erbringung bestimmter Dienstleistungen, wie soziale Dienstleistungen, festgelegt werden, wobei den Kunden die Wahl zwischen den Anbietern freisteht (S. 2). Die Freiheit der Mitgliedsstaaten zur Gestaltung ihrer sozialen Sicherungssysteme findet sich ausdrücklich auch in dieser Richtlinie (Art. 4 Abs. 1 S. 2).
cc. Eine Vorlage an den EuGH nach § 267 Abs. 1 Buchst. a des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) kommt aus den voranstehenden Gründen nicht in Betracht. Nach dieser Bestimmung entscheidet der EuGH im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Verträge. Bestehen jedoch – wie hier – keine vernünftigen Auslegungszweifel, scheidet ein Vorabentscheidungsersuchen durch das nationale Gericht aus (vgl. EuGH Urteil vom 06.10.1982, 283/81, Rn. 16, 21, juris; BSG Urteil vom 17.10.1990, 2 RU 8/90, Rn. 17, juris).
f. Der Beschluss des OLG Düsseldorf vom 13.05.2015 (Az.: VII Verg 38/14), der im Nachprüfungsverfahren zur ersten Ausschreibung verkündet wurde, steht dem voranstehenden Ergebnis nicht entgegen. Zum einen handelt es sich um eine Entscheidung, die nicht das streitgegenständliche Vergabeverfahren betrifft. Zum anderen beschränkt sich die Prüfung der Vergabeinstanzen grundsätzlich auf die Feststellung, ob die konkret gewählte Form der Leistungserbringung als vergabepflichtiger Vorgang einzustufen ist und die vergaberechtlichen Bestimmungen beachtet worden sind (OLG Düsseldorf Beschluss vom 08.09.2004, VII-Verg 35/04, Rn. 36, juris; vgl. auch OVG NRW Beschluss vom 27.09.2004, 12 B 1390/04, Rn. 14, juris). Die Vergabeinstanzen prüfen dagegen nicht, ob sozialrechtliche Regelungen dem Leistungsträger untersagen, diese Form der Beschaffung zu wählen. Diese Kompetenz liegt allein bei den Sozialgerichten, wenn – wie hier – Regelungen des SGB betroffen sind (siehe dazu auch oben unter Punkt B. I.).
2. Die Kläger sind durch die Vergabe und Zuschlagserteilung auch in eigenen Rechten verletzt worden, nämlich in ihrer Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG (§ 131 Abs. 1 S. 3 SGG analog; zur Notwendigkeit einer subjektiven Rechtsverletzung bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 131 Rn. 9). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass als Einschränkung der Berufsfreiheit nicht allein Gebote und Verbote in Betracht kommen; es genügt, dass durch staatliche Maßnahmen der Wettbewerb beeinflusst und Konkurrenten deutlich benachteiligt werden (BVerfG Beschluss vom 25.03.1992, 1 BvR 298/86, Rn. 37, juris; BVerwG Urteil vom 13.05.2004, 3 C 45.03, Rn. 22, juris). So liegt der Fall hier. Denn den Klägern wurde es nahezu unmöglich gemacht, ihre Leistungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten im Streitzeitraum anzubieten, da die Erbringung von Integrationshilfe grundsätzlich den beiden Ausschreibungsgewinnern vorbehalten und es der Beklagten gelungen war, nahezu alle Kinder im Rahmen des eingerichteten Pool-Modells betreuen zu lassen. Dies wird belegt durch die Tatsache, dass die Kläger vor der Ausschreibung einen hohen Umsatz mit der streitgegenständlichen Eingliederungshilfe in Form der Schulbegleitung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten generieren konnten, nach der Zuschlagserteilung aber faktisch keinen Marktzugang hatten. Für den durch das Vergabeverfahren ausgelösten Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Kläger sind weder vernünftige Gründe des Gemeinwohls noch eine nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG erforderliche Rechtsgrundlage ersichtlich.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt, dass die Kläger mit ihren Unterlassungsanträgen bereits im Klageverfahren unterlegen waren und diese Anträge im Berufungsverfahren nicht mehr aufrechterhalten haben. Der Senat hat dem erfolgreichen Fortsetzungsfeststellungsantrag mehr Gewicht beigemessen, sodass die überwiegenden Kosten des Verfahrens von der Beklagten zu tragen sind.
E. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.