L 12 SF 298/18 E

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 28 SF 602/17 E
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 SF 298/18 E
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze

1. Eine Verwirkung des Erinnerungsrechtes nach § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG tritt nicht regelmäßig schon nach Ablauf eines Jahres nach Wirksamwerden der Gebührenfestsetzungsentscheidung ein (Abkehr von BayLSG, Beschluss vom 04.10.2012, L 15 SF 131/11 B E).

2. Unabhängig vom zeitlichen Moment bedarf die Annahme einer Verwirkung auch im Kostenrecht noch eines Umstandsmoments. Allein ein Zeitablauf bewirkt auch hier keine Verwirkung.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 2. Juli 2018, S 28 SF 602/17 E, wird zurückgewiesen.


G r ü n d e :

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH), hier der Höhe der Verfahrensgebühr, sowie darüber, ob das Erinnerungsrecht des Beschwerdeführers (Bf.) verwirkt ist.

Der Beschwerdegegner (Bg.) wurde in einem auf die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter dem Aktenzeichen S 32 AS 96/15 gerichteten Klageverfahren dem dortigen Kläger als Prozessbevollmächtigter mit Beschluss des Sozialgerichts München (SG) vom 20.05.2015 ab Antragstellung beigeordnet. In dem Verfahren S 32 AS 96/15 hatte der Kläger persönlich am 15.01.2015 Klage erhoben und PKH beantragt.

Nach der Beiordnung nahm der Bg. Akteneinsicht und bat auf ein gerichtliches Schreiben, mit dem er aufgefordert wurde, die Klage zu begründen und zum Rechtsschutzziel Stellung zu nehmen, um Fristverlängerung. Zur Begründung hierfür wurde ausgeführt, im Rahmen der Akteneinsicht gefundene Unterlagen machten es notwendig, mit dem Kläger die Fortführung des Verfahrens eingehend zu besprechen. Am 28.10.2015 nahm der Bg. nach Rücksprache mit dem Kläger die Klage zurück.
Mit Schriftsatz vom 23.09.2016 beantragte der Bg. beim SG die Erstattung der Gebühren und Auslagen für seine Tätigkeit in dem Klageverfahren. Abgerechnet wurden dabei nach dem Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 250,00 Euro, die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 Euro sowie 51,30 Euro Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG, insgesamt also 321,30 Euro. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle stellte am 25.10.2016 den dem Bg. zu erstattenden Betrag in beantragter Höhe fest und wies ihn zur Auszahlung an.
Gegen diese Vergütungsfeststellung hat der Bf. am 15.12.2017 Erinnerung eingelegt und beantragt, die Verfahrensgebühr auf 100,00 Euro festzusetzen. Einzig messbare Tätigkeit des Rechtsanwalts im Klageverfahren sei die Klagerücknahme und die Einsicht in die Verwaltungsakte gewesen. Synergieeffekte aus anderen Klageverfahren, in denen der Bg. den Kläger ebenfalls vertreten habe, seien zu berücksichtigen, sodass die doppelte Mindestgebühr angemessen sei. Die Erinnerung sei auch rechtzeitig erhoben worden, insbesondere nicht verwirkt. Um von einer Verwirkung des Erinnerungsrechts auszugehen, müsse zu einem Zeitmoment noch ein Umstandsmoment hinzutreten. Allein der Zeitablauf von rund 13 Monaten seit Festsetzung könne kein Umstandsmoment darstellen oder ersetzen (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.09.2017, L 5 AS 585/15 B). Auch das OLG Celle (Az.: 1 Ws 245/16) und das OLG Düsseldorf (Az.: I - 10 W 35 - 37/17) stünden auf dem Standpunkt, dass alleine der genannte Zeitablauf das Umstandsmoment nicht darstelle oder ersetze.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 02.07.2018 die Erinnerung als unzulässig verworfen. Das Erinnerungsrecht der Staatskasse sei verwirkt. Bei Einlegung der Erinnerung am 15.12.2017 sei bereits mehr als ein Jahr seit formloser Festsetzung der streitgegenständlichen Gebühren am 25.10.2016 vergangen. Nach der Rechtsprechung des BayLSG sei das Erinnerungsrecht der Staatskasse spätestens nach einem Jahr nach dem Wirksamwerden der Kostenfestsetzungsentscheidung verwirkt, sofern nicht besonders missbilligenswerte Umstände in der Sphäre des Anwalts vorlägen (BayLSG, Beschluss vom 4.10.2012, Az. L 15 SF 131/11 B E, Rn. 22; Beschluss vom 29.11.2016, L 15 SF 97/16 E, Rn. 28). Das Gericht schließe sich den überzeugenden Ausführungen des BayLSG insbesondere zum verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzprinzip, auf das sich vorliegend der Bg. berufen könne, an. Besonders missbilligenswerte Umstände aus der Sphäre des Bg. seien nicht ersichtlich und von der Staatskasse auch nicht geltend gemacht.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Staatskasse. Zur Begründung wurde auf den bisherigen Vortrag verwiesen.
Der Bg. hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.
Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahrens (S 28 SF 602/17 E) und des Klageverfahrens (Az.: S 32 AS 96/15) verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist erfolglos.

1. Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerden ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier vorliegenden Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper. Die Entscheidung ergeht ohne die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).
2. Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in der ab dem 01.08.2013 bis 31.12.2020 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.), denn der unbedingte Auftrag i.S.v. § 60 Abs. 1 RVG (idF des KostRÄG 2021, BGBl 2020 I S. 3229) ist der Bg nach dem 31.07.2013, aber vor dem 01.01.2021 erteilt worden.
3. Die Beschwerde zulässig, weil sie vom Sozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen wurde (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG). Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.
4. Die Beschwerde ist aber nicht begründet, denn die angegriffene Vergütungsfeststellung bedarf keiner Korrektur.
a) Die Erinnerung des Bf. gegen die Vergütungsfeststellung vom 25.10.2016 war zulässig.

Die Erinnerung ist nach der gesetzgeberischen Wertung des § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG, der für die Erinnerung gerade nicht auf die Fristbestimmung des § 33 Abs. 3 RVG verweist, unbefristet. Nach den Gesetzesmotiven zur Änderung des § 56 RVG im Jahr 2005 sollte durch die Gesetzesänderung klargestellt werden, dass die Erinnerung gegen die Festsetzung der Vergütung gerade nicht befristet ist (vgl. BT-Drucks. 15/4952, Seite 51). Die Regelung des § 56 Abs. 2 S. 1 RVG ist auch verfassungskonform. Dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzprinzip, welches gebietet, dass das Erinnerungsrecht der Staatskasse trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Befristung nicht "bis in alle Ewigkeit" besteht, wird durch das Rechtsinstitut der Verwirkung Rechnung getragen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. März 2017 - I-10 W 35 - 37/17; ausführlich Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 04. Oktober 2012 - L 15 SF 131/111 B E -, juris Rn. 20).

Eine Verwirkung kommt hier jedoch ebenfalls nicht in Betracht. Die Verwirkung ist ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens. Sie setzt voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes die verspätete Geltendmachung des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 81. Auflage 2022, § 242 Rdnr. 87). Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 1 KR 40/15 R m.w.N., Rn. 10, nach juris). Verwirkt werden können alle subjektiven Rechte und Rechtspositionen, die gegenüber einem anderen geltend gemacht werden können (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 75. Auflage 2016, § 242 Rdnr. 88), auch Rechtsbehelfe. Die Verwirkung gilt in allen Rechtsgebieten, auch im Kostenrecht. Allerdings findet sie nur in besonderen engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 26. September 2018 - L 1 SF 803/16 B -, juris). Die Verwirkung trägt daher ein Umstands- und ein Zeitmoment in sich.
Das BayLSG hatte bisher die Auffassung vertreten, dass eine Verwirkung regelmäßig schon nach Ablauf eines Jahres nach Wirksamwerden der Gebührenfestsetzungsentscheidung (grundlegend Bayerisches LSG, Beschluss vom 04.10.2012 - L 15 SF 131/11 B E, juris Rn. 18 ff.) eintritt. Demgegenüber nehmen andere Gerichte in Entsprechung zu § 20 GKG/ § 19 Abs. 1 FamGKG eine Verwirkung mit Ablauf des auf die Gebührenfestsetzung folgenden Kalenderjahres an (OLG Brandenburg RVGreport 2010, 218; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.08.2019 - II-1 WF 128/19, 1 WF 128/19, juris Rn. 8 ff.; gegen eine analoge Anwendung von § 20 GKG OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.03.2017 - I-10 W 35 et al., juris Rn. 5, offengelassen LSG NRW, Beschluss vom 02. Oktober 2020, L 13 SB195/20 B). Die hier zugrundeliegende Erinnerung des Bf. ging zwar noch in dem auf die Festsetzung am 25.10.2016 folgenden Kalenderjahr, nämlich am 15.12.2017, beim Sozialgericht ein, jedoch nicht mehr binnen eines Jahres nach Gebührenfestsetzung.

Unabhängig vom zeitlichen Moment bedarf die Annahme einer Verwirkung auch im Kostenrecht aber noch eines Umstandsmoments (vgl. Keller, in: jurisPR-SozR 8/2019, Anm. 3, E.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.12.2018 - L 7 AS 4/17 B, juris Rn. 17; Thüringer LSG, Beschluss vom 23.07.2018 - L 1 SF 497/16 B, juris Rn. 18 ff.; LSG NRW, Beschluss vom 30.04.2018 - L 9 AL 223/16 B, juris Rn. 35 f.). Soweit sich das BayLSG in der Vergangenheit darauf festgelegt hat, dass im Rahmen einer Gesamtbetrachtung eine Verwirkung zumindest der Staatskasse regelmäßig schon nach Ablauf eines Jahres nach Wirksamwerden der Gebührenfestsetzungsentscheidung eintritt (grundlegend Bayerisches LSG, Beschluss vom 04.10.2012 - L 15 SF 131/11 B E, juris Rn. 18 ff.), ohne zwischen Zeit- und Umstandsmoment zu unterscheiden, hält der Senat hieran nicht mehr fest. Denn allein der Zeitablauf begründet keine Verwirkung. Zwar kann das Erinnerungsrecht der Staatskasse nicht "bis in alle Ewigkeit" bestehen bleiben. Dies ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzprinzip, wonach Entscheidungen von Behörden und Gerichten innerhalb angemessener Zeit bestandskräftig bzw. rechtskräftig werden können und diejenigen Entscheidungen, die bestands- bzw. rechtskräftig geworden sind, grundsätzlich nicht mehr abgeändert werden; dabei hat letztendlich eine Abwägung gegen das Prinzip der materiellen Richtigkeit zu erfolgen (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 4. Oktober 2012 - L 15 SF 131/11 B E, nach juris). Dem wird durch das Rechtsinstitut von Treu und Glauben nach § 242 das Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Gestalt des Rechtsinstituts der Verwirkung Rechnung getragen. Anhaltspunkte für eine absolute Obergrenze bereits nach einem Jahr sind aber nicht ersichtlich und können auch nicht mit entsprechenden Anfechtungsfristen bei falscher oder unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung begründet werden (Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 26. September 2018 - L 1 SF 803/16 B -, juris).

Der Senat kann dahingestellt lassen, ob das Zeitmoment regelmäßig in entsprechender Anwendung des § 20 GKG mit Ablauf des auf die Festsetzung folgenden Kalenderjahres erfüllt ist, denn die Erinnerung des Bf. ist am 15.12.2017 und damit noch vor Ablauf der in § 20 GKG normierten Frist beim SG eingegangen.

Zudem fehlt es vorliegend an einem Umstandsmoment. Allein aufgrund der vollständigen Zahlung der beantragten Vergütung an den Bg. durfte sich dieser nicht darauf einrichten, der Bf. werde sein Recht auf Erinnerung nicht mehr geltend machen. Andere Umstände, aus denen dem Bg. ein Vertrauensschutz erwachsen könnte, liegen nicht vor. Diese könnten z.B. darin liegen, dass die Staatskasse trotz Erinnerung des Rechtsanwalts selbst keine Erinnerung gegen die Vergütungsfestsetzung erhebt.
b) Die Beschwerde ist aber nicht begründet, weil die Verfahrensgebühr zutreffend auf 250,00 Euro festgesetzt wurde.
Die Verfahrensgebühr fällt an für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Sie bemisst sich in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen, nach Nr. 3102 VV RVG mit einem Betragsrahmen von 50,00 bis 550,00 Euro. Die Mittelgebühr beträgt 300,00 Euro. Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers und des Haftungsrisikos des Rechtsanwalts nach billigem Ermessen. Zu berücksichtigen ist beim Umfang der anwaltlichen Tätigkeit auch der sonstige Aufwand, z. B. für Besprechung, Beratung, Aktenstudium, Anfertigung von Notizen, Anfordern und Sichten von Unterlagen, ggf. Rechtsprechungs- und Literaturrecherche, Schriftverkehr mit dem Auftraggeber und dem Gericht sowie alle Tätigkeiten, die mangels entsprechender Gebührenvorschriften nicht durch eine besondere Gebühr vergütet werden (vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R -, BSGE 104, 30-41, SozR 4-1935 § 14 Nr. 2). Dem Rechtsanwalt ist ein Beurteilungs- und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, das mit der Pflicht zur Berücksichtigung jedenfalls der in § 14 RVG genannten Kriterien verbunden ist. Das Leistungsbestimmungsrecht des Rechtsanwalts gehört in seiner Ausübung zum Entstehungstatbestand des Vergütungsanspruchs (vgl. den Beschluss des BayLSG vom 21.03.2011, L 15 SF 204/09 B E, m.w.N.). Dies gilt auch, wenn der Rechtsanwalt einen Anspruch auf die Vergütung nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von PKH geltend macht (a.a.O.).

Die Mittelgebühr, also die Mitte des Gebührenrahmens, ist für "Normalfälle" bzw. "Durchschnittsfälle", in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt, zu Grunde zu legen (vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl., § 14, Rn. 10; Toussaint, Kostenrecht, 51. Aufl., § 14, Rn. 24; BSG vom 01.07.2009, Az.: B 4 AS 21/09 R).

Die vorliegend von dem Bg. vorgenommene Bestimmung der angefallenen Verfahrensgebühr in Höhe von 250,00 Euro ist angemessen und damit verbindlich.

Der Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit stellen sich nach Auffassung des Senats als leicht unterdurchschnittlich dar. Zwar hat der Bg. die Klage nicht begründet, da die Begründung durch den Kläger erfolgte und auch ansonsten keine Schriftsätze mit Rechtsausführungen eingereicht. Die eingereichten Schriftsätze beinhalteten vielmehr nur einen Antrag auf Akteneinsicht, ein Fristverlängerungsgesuch sowie die Klagerücknahme. Dies bedeutet aber nicht, dass sich die anwaltliche Tätigkeit allein auf der Fertigung dieser kurzen Schriftsätze beschränkte. Neben der erfolgten Akteneinsicht, deren Studium offensichtlich zu der Erkenntnis führte, dass eine Klagerücknahme sinnvoll sei, war ein Gespräch mit dem - ausweislich der Akten im Umgang nicht einfachen - Kläger erforderlich, um mit diesem die Sinnhaftigkeit der Fortführung des Klageverfahrens zu besprechen. Dies rechtfertigt auch bei der Einreichung nur kurzer Schriftsätze hier eine Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit als nur leicht unterdurchschnittlich.
Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger war überdurchschnittlich, während dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse wegen des Bezuges von Grundsicherungsleistungen als unterdurchschnittlich zu bewerten sind. Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich. Zusammenfassend ist festzustellen, dass von einer leicht unterdurchschnittlichen Angelegenheit auszugehen ist, die nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung der Toleranzgrenze von 20 % den Ansatz einer Verfahrensgebühr von 250,00 Euro rechtfertigt.

Die Auslagenpauschale steht nicht im Streit.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG).     
             
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).

 

Rechtskraft
Aus
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