L 7 AS 952/22 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 53 SF 8/22 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 952/22 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde des Erinnerungsführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 20.05.2022 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe:

Streitig ist die Höhe der im Rahmen von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Landeskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – RVG) für ein Klageverfahren bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen.

Der Senat entscheidet gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 1 RVG in der alleinigen Besetzung durch den Berichterstatter.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft, wenn der Wert der Beschwerde 200 € übersteigt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Beschwerdewerts ist der Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 144 Rn. 19). Die Beschwer beträgt vorliegend 523,60 €, da der Erinnerungsführer eine Festsetzung von insgesamt 740,30 € begehrt, wovon lediglich 216,70 € zugesprochen wurden. Die zweiwöchige Beschwerdefrist nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 Satz 3 RVG hat der Erinnerungsführer, trotz - soweit ersichtlich - fehlender Rechtsmittelbelehrung, eingehalten, da der gegenständliche Beschluss am 30.05.2022 zugestellt wurde und der Erinnerungsführer bereits am 03.06.2022 beim Sozialgericht Beschwerde eingelegt hat. Von einer Übersendung der Akten an das Sozialgericht zur Durchführung eines Nichtabhilfeverfahrens nach §§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG, 33 Abs. 4 Satz 1 RVG sieht der Senat ab. Die Durchführung eines Abhilfeverfahrens ist keine Zulässigkeitsvoraussetzung für das Beschwerdeverfahren (vgl. Beschlüsse des Senats vom 29.07.2019 – L 7 AS 1127/19 B und vom 18.05.2021 – L 7 AS 678/21 B).

Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht haben der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle und das Sozialgericht die Gebühren und Auslagen des Erinnerungsführers auf 216,70 € herabgesetzt. Der Senat verweist nach eigener Prüfung auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Senat bereits für die vorliegende Konstellation (mehrere Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft wenden sich individuell gegen denselben Gegenstand betreffende Aufhebungs- und Erstattungsbescheide) entschieden hat, dass von derselben Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne auszugehen ist (Beschluss des Senats vom 11.04.2022 – L 7 AS 379/22 B unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 27/13 R und BGH, Urteil vom 21.06.2011 – VI ZR 73/10).

Dem steht das Beschwerdevorbringen des Erinnerungsführers nicht entgegen. Es ist unerheblich, dass bezüglich der Bedarfsgemeinschaft des Klägers formell zwei Bescheide erlassen wurden, kein Verbindungsbeschluss erging und dass der Kläger des Ausgangsverfahrens und dessen Lebensgefährtin theoretisch unterschiedliche Rechtsanwälte hätten nehmen können, wobei letzteres wohl mutwillig iSv §§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewesen wäre. Das BSG hat in dem von den Beteiligten in Bezug genommenen Urteil vom 02.04.2014 (B 4 AS 27/13 R) bereits klargestellt, „dieselbe Angelegenheit“ liege vor, wenn zwischen den weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen, also den verschiedenen Gegenständen, ein innerer Zusammenhang gegeben ist, also ein einheitlicher Auftrag und ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit bestehe. Dies könne grundsätzlich auch bei Individualansprüchen von Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft der Fall sein, wobei diese Konstellation eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG auslöse. Daher könnten auch im SGB II mehrere Aufträge verschiedener Auftraggeber „dieselbe Angelegenheit" sein, selbst wenn die Angelegenheit verschiedene Gegenstände und teilweise getrennte Prüfaufgaben betreffe. Unschädlich sei, wenn getrennte Bescheide und Widersprüche vorlägen oder wenn gesonderte Vollmachten erteilt worden seien, soweit ein einheitlicher Lebenssachverhalt zu bejahen sei, z.B. die zeitgleiche Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für sämtliche Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft aus einem identischen „Rechtswidrigkeitsgrund" ohne die Erforderlichkeit einer gesonderten Prüfung subjektiver Aufhebungsvoraussetzungen (vgl. zu alledem: Senatsbeschluss vom 08.07.2022 – L 7 AS 1924/21 NZB). So verhält es sich hier. Da die Aufhebungsentscheidungen in beiden Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 06.07.2020 u.a. auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt wurden, waren subjektive Aufhebungsgründe nicht zu prüfen (vgl. hierzu: Senatsurteil vom 01.07.2021 – L 7 AS 1322/20).

Die Reduzierung der Terminsgebühr um die Hälfte (ausgehend von der Mittelgebühr) bei einem 10-minütigen Verhandlungstermin und gleichgelagerter Problematik wie im Parallelverfahren der Lebensgefährtin S 36 AS 2613/20, ist angesichts des geringen Aufwandes und des erheblichen Rationalisierungseffektes nicht zu beanstanden.

Soweit der Erinnerungsführer beanstandet, dass hier keine Erhöhungsgebühr nach Ziffer 1008 VV RVG angesetzt wurde, beschwert dies den Erinnerungsführer ebenfalls nicht. Dem Senat ist nicht bekannt, ob in dem Parallelverfahren der Lebensgefährtin Sabrina Koch (S 36 AS 2613/20) eine Erhöhungsgebühr beantragt und festgesetzt wurde. Eine Beiziehung dieser Akten war auch nicht erforderlich. Jedenfalls im vorliegenden Verfahren ist die Ansetzung einer Erhöhungsgebühr nicht möglich, da eine Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG (nur diese Gebühr wird erhöht) denknotwendig voraussetzt, dass eine Verfahrensgebühr anfällt, was hier – wie bereits dargelegt – nicht der Fall ist. Eine Erhöhungsgebühr kann daher – soweit nicht bereits geschehen – allenfalls im Parallelverfahren S 36 AS 2613/20 beantragt und festgesetzt werden.

Mit dem Wegfall der Verfahrensgebühr und der Reduzierung der Terminsgebühr ging zwingend eine Kürzung der Umsatzsteuer einher, da diese (prozentual) von der Höhe der Gesamtnettovergütung abhängt. Dies wird vom Erinnerungsführer auch nicht angegriffen.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet
(§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

 

Rechtskraft
Aus
Saved