Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16.10.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger für die Zeit vom 18.03.2019 bis 31.05.2019 einen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld hat.
Der 1966 geborene, in A wohnhafte, damals als Fahrer tätige Kläger war zunächst als Beschäftigter bei der Beklagten versichert. Das Arbeitsverhältnis wurde durch seinen Arbeitgeber zum 18.03.2019 wegen Veruntreuung von Firmengeldern fristlos gekündigt; der Kläger hat gegen die Kündigung keine Klage erhoben. Der Arbeitgeber meldete den Kläger zum 18.03.2019 bei der Beklagten ab. Ab dem 19.03.2019 führte die Beklagte die Versicherung als freiwillige Versicherung ohne Krankengeldanspruch fort. Seit dem 07.06.2019 besteht eine versicherungspflichtige Mitgliedschaft aufgrund eines neuen Beschäftigungsverhältnisses.
Am 18.03.2019 suchte der Kläger die Praxis der R in V auf und wurde an diesem Tag von der Ärztin auch untersucht. Am 19.03.2019 stellte R eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Erstbescheinigung aus. Arbeitsunfähigkeit bestehe seit dem 18.03.2019 bis voraussichtlich 29.03.2019. Als Diagnose wurde M53.1 (Zervikobrachialsyndrom) angegeben. Als Tag der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wurde angegeben: 19.03.2019. Die Bescheinigung ging am 20.03.2019 bei der Beklagten ein. Am 01.04.2019, 15.04.2019 und 06.05.2019 stellte R jeweils Folgebescheinigungen aus. Der Kläger sei voraussichtlich bis 15.04.2019, 06.05.2019 bzw 31.05.2019 weiter arbeitsunfähig. Diese Bescheinigungen gingen jeweils am Ausstellungstag oder am nächsten Tag bei der Beklagten ein.
Mit Schreiben vom 15.04.2019 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er durch die Abmeldung des Arbeitgebers zum 18.03.2019 ab dem 19.03.2019 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert sei. Bezüglich der weiteren Versicherung und finanzieller Ansprüche solle er sich an das zuständige Arbeitsamt wenden.
Am 03.05.2019 schrieb die Beklagte R an. Der Kläger habe eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 19.03.2019 vorgelegt und behaupte, am 18.03.2019 bei der Ärztin gewesen zu sein und sich vorgestellt zu haben. Die Beklagte bat um Übersendung eines Auszugs aus der Patientendatei, aus der ersichtlich sei, dass am 18.03.2019 ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt bestanden habe. Am 07.05.2019 ging der angeforderte Auszug per Fax ein. Arbeitsunfähigkeit wurde dort nicht thematisiert, sondern ein stattgehabter Unfall auf dem Weg zur Arbeit, die Reaktion der Berufsgenossenschaft und die weitere Therapie. Außerdem gingen am 07.05.2019 die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 06.05.2019 ein sowie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung datierend vom 18.03.2019 ausgestellt durch R mit der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit am 19.03.2019 für die Zeit ab 18.03.2019. Aus der Akte der Beklagten ergibt sich nicht, wer diese beiden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht hat bzw wie diese zur Beklagten gelangt sind. Die typische Faxzeile mit Angabe des Absenders ist nicht vorhanden. In der mündlichen Verhandlung am 25.01.2022 hat der Beklagtenvertreter mitgeteilt, dass diese in der Geschäftsstelle abgegeben worden seien, da ein Posteingangsstempel vorhanden sei.
Mit Schreiben vom 16.05.2019 fragte die Beklagte bei R an, ob sie bereits am 18.03.2019 Arbeitsunfähigkeit festgestellt und der Kläger um eine Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gebeten habe. R antwortete unter dem 24.05.2019, der Kläger sei am 18.03.2019 in der Praxis gewesen und habe verbal nie eine Krankmeldung geäußert. Er habe sich nach Entlassung aus einer Rehaklinik vorgestellt. Es sei zur Diskussion gekommen, ob die Beschwerden mit einem alten BG-Unfall zusammenhingen. Er habe Beschwerden der Schulter geäußert, sie habe daraufhin eine MRT-Untersuchung veranlasst. Objektiv habe sie nicht so viel feststellen können und sei davon ausgegangen, dass der Kläger arbeiten gehe. Spezifisch nachgefragt habe sie aber nicht. Am nächsten Tag sei der Kläger dann nochmals gekommen und habe sehr nachdrücklich nach einer Krankmeldung verlangt.
Mit Bescheid vom 29.05.2019 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld ab. Eine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld habe zum 18.03.2019 geendet. Arbeitsunfähigkeit habe erst ab dem 19.03.2019 bestanden.
Hiergegen legte der Kläger am 03.06.2019 Widerspruch ein. Da er vier Wochen auf den Arzttermin habe warten müssen, habe er vorab kurz nach Erhalt des Termins seinen Chef darüber informiert, dass er an diesem Tag Urlaub für die Wahrnehmung des Arzttermins benötige. Dieser sei ihm auch gewährt worden. Er habe den Arbeitgeber am 18.03.2019 um 10:30 Uhr über seine Arbeitsunfähigkeit informiert. Beim Durchschauen seiner ärztlichen Unterlagen sei ihm dann aufgefallen, dass keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beigelegen habe. Im Zuge dessen habe er sofort bei R angerufen. Ihm sei mitgeteilt worden, dass gerne ab 18.03.2019 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt werde, er diese aber aufgrund des Datenschutzes abholen müsse. Da V ein ganzes Stück entfernt sei, sei ein Abholungstermin für den 19.03.2019 vereinbart worden. Bei einem Termin um 18:00 Uhr habe er dann die Kündigung vom Arbeitgeber erhalten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 23.08.2019 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Die Anbringung der Angabe von R auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung „festgestellt am 190319" erweise sich als zu korrigierendes Büroversehen. Am 19.03.2019 habe er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lediglich an der Rezeption abgeholt. Die bescheinigte Feststellung habe R daher an diesem Tage gar nicht treffen können.
Mit Urteil vom 16.10.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei ab dem 19.03.2019 nicht mehr beruhend auf seiner bis 18.03.2019 ausgeübten Beschäftigung mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs aus der Beschäftigtenversicherung sei es erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit am 18.03.2019 festgestellt worden sei. Dies sei nicht der Fall. R habe die Feststellung erst am 19.03.2019 getroffen, auf nachdrücklichen Wunsch des Klägers. Aufgrund der am Abend des 18.03.2019 vom Arbeitgeber ausgesprochenen fristlosen Kündigung liege die Vermutung nahe, dass der Kläger in Kenntnis dieser Tatsache auf eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gedrängt habe, um eine Lohnersatzleistung zu erhalten. Am 19.03.2019 sei der Kläger nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen, sondern als freiwilliges Mitglied ohne Anspruch auf Krankengeld. Darüber hinaus sei der Kläger zur Überzeugung des SG im fraglichen Zeitraum nicht arbeitsunfähig gewesen.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 01.12.2020 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil richtet sich die am 16.12.2020 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegte Berufung des Klägers. Der Kläger wiederholt und vertieft den bisherigen Vortrag. Das SG habe den Zeugenbeweis dafür, dass er seinen Arbeitgeber bereits vor dessen Kündigung über die morgens festgestellte Arbeitsunfähigkeit informiert hatte, nicht erhoben. Nachdem er aus V zurückgekehrt sei, wo er morgens ca um 8 Uhr behandelt worden sei, habe er gegen 16 Uhr die Geschäftsstelle der Beklagten aufgesucht, wo er festgestellt habe, dass unter den ihn übergebenen Unterlagen keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gewesen sei. Er habe sich daher telefonisch mit der Praxis von R in Verbindung gesetzt und darum gebeten, die offensichtlich nicht ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf dem Postweg zu übersenden, was aus Datenschutzgründen abgelehnt worden sei. R habe die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zweimal bescheinigt. Dem Kläger dürfte der Anspruch im Übrigen gemäß § 19 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zustehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16.10.2020 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.05.2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2019 zu verurteilen, ihm Krankengeld vom 18.03.2019 bis 31.05.2019 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Die Berichterstatterin hat am 28.09.2021 einen Erörterungstermin durchgeführt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll des Termins verwiesen.
Anschließend ist R schriftlich als sachverständige Zeugin befragt worden. Sie hat mit Schreiben vom 08.10.2021 und 11.10.2021 ausgeführt, der Kläger sei zu Beginn der Behandlung sofort mit dem Anliegen aufgetreten, er habe einen Arbeitsunfall gehabt, den die Berufsgenossenschaft nun erst einmal abgelehnt habe. Den genauen Besuch von A zu ihr nach V habe sie nicht persönlich nachvollziehen können. Nach durchgeführter Untersuchung habe sie eine weitere Diagnostik eingeleitet. Sie habe dem Kläger an diesem Tag keine Krankmeldung mitgegeben. Der Kläger habe starke Verspannungen der Hals-Nacken-Region ohne neurologische Ausfälle beklagt (Diagnose Cervicobrachialgie). Sie habe den Kläger primär nicht für arbeitsunfähig gehalten. Der Kläger sei erst einen Tag später an den Schalter gekommen und habe die Herausgabe einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangt. Er könne so nicht arbeiten gehen. Die Krankmeldung sei dann um einen Tag rückdatiert worden, zulässig sei dies genau drei Tage. Auf die Frage zu einem telefonischen Kontakt mit dem Kläger am 18.03.2019 hat R keine Angaben machen können. Auf die Bitte zur Erläuterung der Gründe, warum für denselben Zeitraum (Arbeitsunfähigkeit vom 18.03.2019 bis 29.03.2019) zwei unterschiedliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit unterschiedlichem Ausstellungsdatum (18.03.2019 und 19.03.2019) existierten, hat die Ärztin mitgeteilt, in ihrer Akte sei nur die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 19.03.2019, eine andere Krankmeldung sei nicht dokumentiert. Auf die Nachfrage, ob bei der Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung das Textfeld des Ausstellungsdatums und das Textfeld des Feststellungsdatums händisch beeinflussbar seien oder ob die Felder maschinell ohne manuelle Abänderungsmöglichkeit vorgegeben seien, hat R ausgeführt, bei der Ausstellung könnten im Verwaltungsprogramm genaue Daten eingetragen werden.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die statthafte (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) sowie form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 18.03.2019 bis 31.05.2019, den die Beklagte mit Bescheid vom 29.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2019 abgelehnt hat. Richtige Klageart ist die mit der Anfechtungsklage verbundene Leistungsklage (§ 54 Abs 1, Abs 4 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Krankengeld vom 18.03.2019 bis 31.05.2019 nicht zu.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Krankengeld sind die §§ 44 ff SGB V. Nach § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs 4, §§ 24, 40 Abs 2 und § 41 SGB V) behandelt werden. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an (§ 46 Satz 1 Nr 2 SGB V).
Wird der Krankengeldanspruch mit einer Arbeitsunfähigkeit begründet, ist zwischen dem Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit, der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt, der Bescheinigung der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit und der Meldung der Arbeitsunfähigkeit zu unterscheiden (vgl Bundessozialgericht < BSG > 10.05.2012, B 1 KR 20/11 R, BSGE 111, 18). Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist ebenso wie das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit eine materielle Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Krankengeld. Der Bescheinigung des behandelnden Arztes mit der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit kommt lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krankengeldbezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass Krankenkasse und Gerichte an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden sind (BSG 08.11.2005, B 1 KR 18/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 7). Die Voraussetzungen eines Krankengeldanspruchs, also nicht nur die Arbeitsunfähigkeit, sondern auch die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, müssen bei zeitlich befristeter Feststellung und dementsprechender Krankengeldgewährung für jeden Bewilligungsabschnitt jeweils erneut vorliegen (st Rspr BSG 26.06.2007, B 1 KR 8/07 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 12; BSG 16.12.2014, B 1 KR 19/14 R, B 1 KR 25/14 R und B 1 KR 37/14 R). Zudem muss der Versicherte die Arbeitsunfähigkeit und deren Fortdauer grundsätzlich rechtzeitig ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse gemäß § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V melden (BSG 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 § 46 Nr 1).
Für den 18.03.2019 hatte der Kläger keinen Anspruch auf Krankengeld, da an diesem Tag (oder vorher) keine ärztliche Feststellung von Arbeitsunfähigkeit erfolgt ist. Eine rückwirkende Bestätigung von Arbeitsunfähigkeit ist nicht ausreichend. Die ärztliche Feststellung ist ein Akt mit Außenwirkung, der über eine lediglich irgendwie geäußerte innere Überzeugungsbildung des Arztes hinausgeht und in Form eines entsprechenden Schriftstücks („Bescheinigung“) nach außen hin beweissicher zu dokumentieren ist (BSG 11.5.2017, B 3 KR 22/15 R, BSGE 123, 134 = NZS 2018, 19). An einer solchen beweissicheren Dokumentation der Arbeitsunfähigkeit am 18.03.2019 fehlt es. Sowohl auf der bei der Beklagten am 20.03.2019 eingegangenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 19.03.2019 als auch auf der bei der Beklagten am 07.05.2019 eingegangenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 18.03.2019 ist das Datum der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit jeweils mit dem 19.03.2019 angegeben. Hiermit übereinstimmend hat R sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber dem Senat mitgeteilt, am 18.03.2019 keine Arbeitsunfähigkeit festgestellt zu haben. Dafür dass es sich bei dem angegebenen Feststellungsdatum 19.03.2019 um ein Büroversehen der Ärztin gehandelt haben könnte, ist nichts ersichtlich. Aus welchen Gründen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 18.03.2019 existiert und vom wem sie vorgelegt worden ist, kann dahingestellt bleiben. Ob am 19.03.2019 eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit aufgrund des fehlenden Arzt-Patienten-Kontakt überhaupt möglich gewesen ist, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung, denn dies ändert nichts an einer fehlenden Feststellung am 18.03.2019.
Zudem bestehen aber auch Zweifel, ob der Kläger überhaupt am 18.03.2019 für die Tätigkeit als Fahrer arbeitsunfähig erkrankt war. Die Ausführungen der R sprechen bereits gegen die Annahme einer Arbeitsunfähigkeit. Sie hielt den Kläger nicht für arbeitsunfähig. Zwar können die vom Kläger beklagten und von R dokumentierten starken Verspannungen der Hals-Nacken-Region möglicherweise zu einer Arbeitsunfähigkeit als Fahrer führen. Allerdings war der Kläger am 18.03.2019 in der Lage, die Strecke von ca 200 km (einfacher Weg) von seinem Wohnort A zur Praxis von R in V zurückzulegen. Am nächsten Vormittag war er erneut hierzu in der Lage. Hinzu kommt, dass der Kläger nach dem Arbeitsunfall am 10.09.2017 und einer stattgehabten Reha im März 2018 bereits mehrere Monate gearbeitet hat, sodass unklar bleibt, warum die Arbeitsunfähigkeit gerade ab dem 18.03.2019 eingetreten sein soll. In der Zeit vor dem 18.03.2019 hat der Kläger wohl gearbeitet, für den 18.03.2019 hat er Urlaub genommen. Wenn der Kläger tatsächlich arbeitsunfähig gewesen sein sollte, hätte es nahegelegen, an den Tagen vor dem Termin bei R oder eben am 18.03.2019 von einem anderen, näher gelegenen Arzt wie zB dem Hausarzt Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen anstatt diese Fahrt auf sich zunehmen. Letztlich bedarf die Frage der Arbeitsunfähigkeit am 18.03.2019 jedoch keiner Entscheidung, da es bereits an der Feststellung fehlt.
Ab dem 19.03.2019 konnte kein Anspruch auf Krankengeld entstehen, da der Kläger nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert war. Er war freiwillig ohne Anspruch auf Krankengeld versichert. Dies folgt aus § 188 Abs 4 Satz 1 SGB V (in der bis zum 10.05.2019 geltenden Fassung). Diese sog obligatorische Anschlussversicherung nach Ende der Versicherungspflicht gilt zwar nach § 188 Abs 4 Satz 3 SGB V nicht für Personen, deren Versicherungspflicht endet, wenn ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs 2 SGB V besteht, sofern im Anschluss daran das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen wird. Ein nachgehender Leistungsanspruch für die Dauer von einem Monat aus § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V bestand hier jedoch nicht. Dafür ist erforderlich, dass am Ende der bisherigen Pflichtversicherung, hier also am 18./19.03.2019, die Prognose hätte getroffen werden können, dass spätestens nach Ablauf eines Monats eine anderweitige Pflichtversicherung begründet werden wird (LSG Baden-Württemberg, 19.11.2021, L 4 KR 4148/20, juris Rn 56). Eine solche Prognose war jedoch nicht möglich. Daher blieb es ab dem 19.03.2019 bei der sich aus § 188 Abs 4 Satz 1 SGB V ergebenden obligatorischen Anschlussversicherung, die keinen Anspruch auf Krankengeld beinhaltete.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG:
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nr 1, 2 SGG) liegen nicht vor.
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 3069/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3999/20
Datum
3. Instanz
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Aktenzeichen
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Datum
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Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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