L 3 SB 3339/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 SB 513/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 3339/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.07.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.

Die 1956 geborene Klägerin stellte am 18.03.2015 beim Beklagten erstmals einen Antrag auf Feststellung des GdB. Nach Einholung eines Befundberichts des S vom April 2013 sowie von Stellungnahmen des W von Mai 2015 und des B vom August 2015 lehnte dieser mit Bescheid vom 13.08.2015, gestützt auf zwei versorgungsärztliche Stellungnahmen, die übereinstimmend unter Berücksichtigung einer depressiven Verstimmung mit Somatisierungsstörung und Migräne von einem Einzel- und Gesamt-GdB von 10 ausgingen, den Antrag auf Feststellung eines GdB ab. Mit Teilabhilfebescheid vom 17.11.2015 half der Beklagte dem Widerspruch gegen diesen Bescheid insoweit teilweise ab, als der Gesamt-GdB, gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme der D vom November 2015 (depressive Verstimmung, psychovegetative Störungen, Migräne, Schmerzstörung: Einzel-GdB 20, muskuläre Verspannungen, Schulter-Arm-Syndrom: Einzel-GdB 20, Refluxkrankheit der Speiseröhre, Divertikulose: Einzel-GdB 10, insgesamt GdB 30) seit 18.03.2015 mit 30 festgestellt wurde. Der Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2016 den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Auf die hiergegen am 16.02.2016 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage hin hat das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen und Entlassungsberichte über Reha-Aufenthalte der Klägerin in der Z-Klinik und der d-Fachklinik beigezogen. Während W in seiner schriftlichen Zeugenaussage vom April 2016 den Einschätzungen des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten im Wesentlichen zugestimmt hat, hat B im Mai 2016 über eine mittel- bis schwergradige depressive Erkrankung, eine mittel- bis schwergradige somatoforme Schmerzstörung, eine mittelgradige Anpassungsstörung und eine mittelgradige Zwangsstörung berichtet und den GdB allein auf seinem Fachgebiet auf mindestens 50 geschätzt. Im Entlassungsbericht der Z-Klinik vom November 2015 über den stationären Aufenthalt der Klägerin dort im Herbst 2015 ist über eine rezidivierende depressive Störung, über ein degeneratives Halswirbelsäulen (HWS)- und Lumbalsyndrom mit rezidivierenden Belastungsschmerzen ohne Funktionseinschränkung, über episodische Spannungskopfschmerzen, eine zervikale Migräne und ein metabolisches Syndrom mit Adipositas berichtet worden. Im Entlassungsbericht der d-Fachklinik vom November 2016 über den dortigen viertätigen stationären Aufenthalt der Klägerin im Herbst 2016 ist u.a. eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelschwer, ferner ein chronischer Kopfschmerz, eine Migräne mit Aura und eine Gefügestörung der unteren HWS diagnostiziert worden.

Das SG hat weiterhin von Amts wegen eine Begutachtung auf nervenärztlichem Gebiet durch N veranlasst. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 15.12.2016, beruhend auf ambulanter Untersuchung am 28.11.2016, bei der Klägerin rezidivierende Depressionen, derzeit leichtgradige depressive Episode, im Ausprägungsgrad leicht bis mittelschwer (Einzel-GdB 20), einen Kopfschmerz vom Migränetyp vom Ausprägungsgrad mittelschwer (Einzel-GdB 30), einen leichtgradigen Kopfschmerz vom Spannungstyp (Einzel-GdB 20) sowie leichtgradige Funktionsstörungen der HWS und der Lendenwirbelsäule (LWS) mit einem jeweiligen Einzel-GdB von 10 diagnostiziert und, nachdem sowohl die depressive Störung wie auch der Migränekopfschmerz jeweils für sich die Erlebnisfähigkeit einschränken würden, einen Gesamt-GdB von 40 empfohlen. Gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des K vom Februar 2015, in welcher dieser sich der Einschätzung des Sachverständigen in wesentlichen Punkten angeschlossen hat, hat der Beklagte vergleichsweise die Festsetzung eines GdB von 40 ab Antragstellung angeboten. Dieses Vergleichsangebot hat die Klägerin nicht angenommen.

In seiner sachverständigen Zeugenaussage vom März 2017 hat G unter anderem über chronisches Lumbago sowie über myofasziale Schmerzsyndrome lumbal und gluteal links sowie thorakal berichtet.

Mit Urteil vom 27.07.2017 hat das SG den Bescheid vom 13.08.2015 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 17.11.2015, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2016, abgeändert, den Beklagten verurteilt, bei der Klägerin einen GdB von 40 seit dem 18.03.2015 festzustellen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Es hat die psychischen Beschwerden mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet und sich hierzu auf die Einschätzung des Sachverständigen gestützt. Die dem Funktionssystem „Kopf“ zuzuordnenden Beschwerden seien angesichts der Häufigkeit und Dauer der Migräne- bzw. der Spannungskopfschmerzen mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten. Die Funktionsbeeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet würden keinen GdB von mehr als 10 rechtfertigen, so dass insgesamt ein GdB von 40 zu bilden sei.

Gegen das der Klägerin am 31.07.2017 zugestellte Urteil hat diese am 25.08.2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Bewertungsspielraum für den Einzel-GdB für die Migräne von 20 bis 40 sei auszuschöpfen. Über die Häufigkeit der Migräne- und Kopfschmerzattacken hinaus spreche hierfür die fast tägliche Einnahme von Schmerzmitteln. Soweit das SG auf Grund ihrer weiterhin ausgeübten vollschichtigen beruflichen Tätigkeit eine höhere GdB-Bewertung abgelehnt habe, habe es verkannt, dass sie allein im Jahr 2016 ca. fünf Monate und im ersten Halbjahr 2017 fast durchgängig arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen sei. Die Einschätzung im Entlassungsbericht der d-Fachklinik, dass eine nachhaltige Gefährdung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit bestehe, sei plausibel. Die Verneinung einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im Hinblick auf die rezidivierende Depression durch den Sachverständigen sei nicht haltbar und mit den im Rahmen des Aufenthalts in der d-Fachklinik erhobenen psychischen Befunde nicht vereinbar. Auch sei zu berücksichtigen, dass sie sich seit 2011 in wöchentlicher psychiatrischer Behandlung befinde und täglich Antidepressiva einnehme. Insgesamt sei von einer rezidivierenden depressiven Störung mit mittelgradiger Episode auszugehen, welche mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten sei. Ausgehend vom führenden Leiden (Migräne/Kopfschmerz) mit einem Einzel-GdB von 40 führe dies zu einem Gesamt-GdB von 50.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.07.2017 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 13.08.2015 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 17.11.2015, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2016 zu verpflichten, bei ihr einen Grad der Behinderung von 50 ab 18.03.2015 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

In zwei vom Senat veranlassten ergänzenden Stellungnahmen vom 14.11.2017 und 30.01.2018 hat N an seiner Einschätzung im Gutachten vom 15.12.2016 festgehalten. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die ergänzenden Stellungnahmen des Sachverständigen verwiesen.

Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat der Senat H mit einer Begutachtung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragt. H hat in ihrem Gutachten vom 15.10.2018, beruhend auf einer Untersuchung am 20.09.2018, eine seit der Jugend bestehende klassische Migräneerkrankung,  weiterhin einen Spannungskopfschmerz, also ein Mischkopfschmerz, diagnostiziert, der in seinem Schweregrad unter Einbeziehung sämtlicher Aspekte als überwiegend mittelschwer einzustufen sei und mit einem Einzel-GdB von 30 angemessen gewürdigt werde. Dabei sei angesichts der starken Überlappungen zwischen der Migräne einerseits und dem Spannungskopfschmerz andererseits eine gesamtheitliche Bewertung dieser Kopfschmerzerkrankung geboten. Bezüglich der weiterhin zu diagnostizierenden depressiven Erkrankung sehe sie entgegen der vorherigen Bewertung deutliche Einbußen an Lebensqualität, nachdem die Störung auf seelischem Gebiet inzwischen erhebliche Chronifizierungstendenzen zeige und außerhäusliche Aktivitäten praktisch nicht mehr stattfinden würden. Angesichts der von ihr angenommenen mittelschweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten schätze sie den GdB auf 30, sehe hierauf gestützt ab dem aktuellen Gutachtenzeitpunkt die Kriterien für die Anerkennung einer Schwerbehinderung für erfüllt an und schätze den Gesamt-GdB ab diesem Zeitpunkt auf 50.

Der Beklagte hat hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme des W1 vom November 2018 vorgelegt, in welcher sich dieser der Bewertung der depressiven Erkrankung mit einem Einzel-GdB von 30 unter Annahme einer stärker behindernden seelischen Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sowie der unveränderten Bewertung der Migräne sowie der Kopfschmerzen vom Spannungstyp mit einem weiteren Einzel-GdB von 30 angeschlossen hat, in Abweichung von der Sachverständigen aber an einem Gesamt-GdB von 40 festgehalten hat; dies unter Verweis auf die deutlichen gegenseitigen Überschneidungen.

Die Klägerin hat gegen die Bewertung ihrer Kopfschmerzsymptomatik mit einem Einzel-GdB von 30 durch H eingewandt, dass angesichts der Häufigkeit der Anfälle und der zum Teil erheblichen Intensität des Spannungskopfschmerzes der Bewertungsrahmen einer mittelgradigen Verlaufsform mit einem Einzel-GdB von 40 auszuschöpfen sei. W1 ist in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom Januar 2015 bei seiner Beurteilung geblieben. In ihrer von der Klägerin beantragten ergänzenden sachverständigen Stellungnahme vom 09.04.2019 hat H an ihrer Einschätzung festgehalten.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte und die Gerichtsakten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist nach § 143 SGG statthaft; insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Sie ist aber unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, soweit diese über die Feststellung eines GdB von 40 hinausgeht. Denn bei der Klägerin liegen keine Gesundheitsstörungen vor, die einen Gesamt-GdB von wenigstens 50 begründen könnten.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines höheren GdB ist § 2 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in den bis zum 31.12.2017 und ab dem 01.01.2018 geltenden Fassungen in Verbindung mit § 69 SGB IX in den bis zum 14.01.2015, 29.12.2016 und 31.12.2017 geltenden Fassungen beziehungsweise in Verbindung mit § 152 Abs. 1 und 3 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung. Im Hinblick auf die den vorliegend zu beurteilenden Zeitraum betreffenden unterschiedlichen Gesetzesfassungen sind diese - da Übergangsregelungen fehlen - nach dem Grundsatz anzuwenden, dass die Entstehung und der Fortbestand des sozialrechtlichen Anspruchs auf Leistungen nach dem Recht zu beurteilen ist, welches zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände jeweils gegolten hat (BSG, Urteil vom 16.12.2014, B 9 SB 2/13 R, juris; BSG, Urteil vom 04.09.2013, B 10 EG 6/12 R, juris; vergleiche Stölting/Greiser in SGb 2015, 135-143).

Nach § 2 Abs. 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 2 Abs. 1 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung sind Menschen mit Behinderungen Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können, wobei eine Beeinträchtigung in diesem Sinne vorliegt, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. 

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in den bis zum 14.01.2015 und 29.12.2016 geltenden Fassungen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung beziehungsweise nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung gilt ergänzend, dass der GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung festgestellt wird. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX in den bis zum 14.01.2015 und 29.12.2016 geltenden Fassungen, nach § 69 Abs. 1 Satz 5 und 6 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung beziehungsweise nach § 152 Abs. 1 Satz 5 und 6 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung hierbei nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt.

Nach § 70 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 29.12.2016 geltenden Fassung wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Nach § 70 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung beziehungsweise nach § 153 Abs. 2 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung gilt diese Ermächtigung für die allgemeine - also nicht nur für die medizinische - Bewertung des GdB und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen sowie auch für die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit. Zwar ist von dieser Ermächtigung noch kein Gebrauch gemacht worden. Indes bestimmt § 159 Abs. 7 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung beziehungsweise § 241 Abs. 5 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung, dass - soweit eine solche Verordnung nicht erlassen ist - die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG in der ab 01.07.2011 geltenden Fassung (vormals § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend gelten. Mithin ist für die konkrete Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen die ab dem 01.01.2009 an die Stelle der „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ (AHP) getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ zu § 2 Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersMedV) vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412), die durch die Verordnungen vom 01.03.2010 (BGBl. I S. 249), 14.07.2010 (BGBl. I S. 928), 17.12.2010 (BGBl. I S. 2124), 28.10.2011 (BGBl. I S. 2153) und 11.10.2012 (BGBl. I S. 2122) sowie das Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) geändert worden ist, heranzuziehen. In den VG sind unter anderem die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG festgelegt worden. Diese sind nach den VG, Teil A Nr. 2 auch für die Feststellung des GdB maßgebend. Die VG stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar. Dabei beruht das für die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die Bewertung des GdB auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstandes anderer Wissenszweige zu entwickeln (BSG, Urteil vom 17.04.2013, B 9 SB 3/12 R, juris).

Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX in den bis zum 14.01.2015, 29.12.2016 und 31.12.2017 geltenden Fassungen beziehungsweise nach § 152 Abs. 3 Satz 1 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen nach § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem zweiten Schritt sind diese dann den in den VG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinanderstehen (BSG, Urteil vom 17.04.2013, B 9 SB 3/12 R, juris). Nach den VG, Teil A Nr. 3 Buchst. c ist bei der Bildung des Gesamt-GdB in der Regel von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und sodann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob der Ausgangswert also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen um 10, 20 oder mehr Punkte zu erhöhen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Insoweit führen nach den VG, Teil A Nr. 3 Buchst. d, von Ausnahmefällen abgesehen, zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es danach vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Außerdem sind nach den VG, Teil A Nr. 3 Buchst. b bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der VG feste Grade angegeben sind.

Die Bemessung des GdB ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe. Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen (BSG, Urteil vom 17.04.2013, B 9 SB 3/12 R, juris).

Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist der Senat überzeugt, dass die bei der Klägerin vorliegenden Behinderungen mit einem Gesamt-GdB von 40 zutreffend bewertet sind, weshalb die Berufung der Klägerin ohne Erfolg bleibt.

Dabei liegen bei der Klägerin an maßgeblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen zum einen eine Migräne sowie Kopfschmerzen vom Spannungstyp und zum anderen eine depressive Erkrankung vor. Dies entnimmt der Senat den übereinstimmenden Bekundungen der beiden Sachverständigen in ihren jeweiligen Gutachten und in ihren hierzu ergangenen ergänzenden Stellungnahmen sowie den im Laufe des Klage- und Berufungsverfahrens vorgelegten Stellungnahmen des versorgungsärztlichen Dienstes.

Gemäß den VG, Teil B Nr. 2.3 ist eine echte Migräne nach Häufigkeit und Dauer der Anfälle und Ausprägung der Begleiterscheinungen zu bewerten, wobei bei einer leichten Verlaufsform (Anfälle durchschnittlich einmal monatlich) ein Bewertungsrahmen von 0 bis 10, bei einer mittelgradigen Verlaufsform (häufigere Anfälle, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend) ein Bewertungsrahmen von 20 bis 40 und bei einer schweren Verlaufsform (lang andauernde Anfälle mit stark ausgeprägten Begleiterscheinungen, Anfallspausen von nur wenigen Tagen) ein Bewertungsrahmen von 50 bis 60 eröffnet ist.

Angesichts der konsistenten Angaben der Klägerin sowohl gegenüber N, wie auch gegenüber H, wonach bei ihr die Beschwerden 2- bis 3-mal monatlich für 2 bis 3 Tage auftreten würden, sind beide Sachver­ständigen wie auch die Beratungsärzte des Beklagten zutreffend von einer mittelgradigen Verlaufsform ausgegangen und haben dabei auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Kopfschmerzsymptomatik zu einem Vermeidungsverhalten bei der Klägerin geführt hat. Diese hat gegenüber H eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit in Bezug auf Geräusche und generell gegenüber „überhöhter Stressbelastung“ beschrieben, derentwegen sie Partys und Feiern vermeide und generell nicht mehr ins Kino gehe. Diese Einordnung gilt auch in Ansehung der von der Klägerin beklagten, häufig auftretenden Spannungs­kopfschmerzen, die angesichts der starken Überlappung in ihren funktionellen Auswirkungen gesamtheitlich im Rahmen eines zusammenfassenden Einzel-GdB für die Kopfschmerzsym­p­to­matik zu berücksichtigen sind, so zutreffend N (in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14.11.2017) und H; ebenso W1 in seinen versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom November 2018 und Januar 2019. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass bezüglich der Kopfschmerzen vom Spannungstyp aufgrund der typischerweise insgesamt geringeren Schmerzintensität und Ausprägung der Begleiter­scheinungen und andererseits ihrer psychischen Genese  - sie beruhen letztlich, wie bereits der Name sagt, auf einer erhöhten psychischen Anspannung, so W1 - nicht ohne weiteres eine Analogie zur echten Migräne gezogen werden kann, sondern diese viel eher in Analogie zu den VG, Teil B Nr. 3.7 „Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen“ zu bewerten sind, so zutreffend N und W1. Ungeachtet dessen stellen beide Sachverständige zu Recht sowohl im Hinblick auf die echte Migräne wie auch auf die Spannungskopfschmerzen auf die Beeinträchtigung der Klägerin in der Alltagsgestaltung, sei es als „Ausprägung der Begleiterscheinungen“ (vergleiche VG, Teil B Nr. 2.3), sei es als Ausdruck der „Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit“ (so VG, Teil B Nr. 3.7), ab. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Bewertung der Kopfschmerzen insgesamt mit einem GdB von 30 durch N, ihm folgend H als Ärztin des Vertrauens der Klägerin sowie den Beratungsarzt W1 für den Beklagten, nicht zu beanstanden. Zu würdigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin mit Blick auf die Migränekopfschmerzen durch die Einnahme von Sumatriptan und mit Blick auf die Spannungskopfschmerzen durch die Einnahme von Ibuprofen Linderung erfährt und sie im Übrigen trotz morgendlicher Kopfschmerzen dennoch zur Arbeit geht, was mittlerweile Routine für sie sei, so ihre Angaben gegenüber N. Die Klägerin ist trotz ihrer körperlichen (und psychischen) Beeinträchtigungen in der Lage, nach wie vor ihrer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, versorgt (allein) den Haushalt und verfügt auch noch über soziale Kontakte. Auch H hat - auch unter Berücksichtigung des von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgetragenen, fast täglich auftretenden Spannungskopfschmerzes, der „Akutmedikation“ mit Sumatriptan und Ibuprofen und der krankheitsbedingten Ausfallzeiten - eine Bewertung mit einem höheren Einzel-GdB als 30 verneint. Sie hat dies aus Sicht des Senats schlüssig und nachvollziehbar gleichfalls mit Blick auf die von ihr ebenso gesehene, ausreichend gute Organisation und Versorgung des Haushaltes durch die Klägerin, deren Freizeitaktivitäten und deren reduzierten, gleichwohl noch vorhandenen sozialen Kontakte, die der Klägerin eröffneten therapeutischen Möglichkeiten und deren Nutzen und mit Blick auf die von der Klägerin angegebene Menge der eingenommenen Kopfschmerzmedikation (Sumatriptan bei Bedarf, durchschnittlich 4 Tabletten im Monat, Ibuprofen 800 mg, ca. einmal wöchentlich), die nicht außergewöhnlich ist und deshalb gegen eine besonders schwere Form von Kopfschmerzen spricht, begründet. Dabei ist in diesem Zusammenhang auf den zuletzt geäußerten Einwand der Klägerin, das Ausmaß der Behandlungsbedürftigkeit einer Erkrankung dürfe im Regelfall nicht zur Bestimmung des GdB herangezogen werden, darauf hinzuweisen, dass das Ausmaß der Behandlungsbedürftigkeit zumindest indiziell Rückschlüsse auf das Ausmaß der Gesundheitsbeeinträchtigungen zulässt und im Übrigen nur eines von mehreren Kriterien darstellt, welche die Sachverständige für die Einschätzung des GdB herangezogen hat.

Weiterhin liegt bei der Klägerin eine Depression mit zwischenzeitlich mittelgradigem Ausprägungsgrad vor, die der Senat in Übereinstimmung mit H und dem Versorgungsarzt W1 bei einer angenommenen Verschlechterung gegenüber der Begutachtung durch N mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet. Zwar ist N, gestützt auf den von ihm erhobenen psychischen Befund durchaus nachvollziehbar, noch von einer leichtgradigen depressiven Episode ausgegangen. Allerdings rechtfertigen die mittlerweile eingetretenen erheblichen Chronifi­zierungs­tendenzen der depressiven Störung und ein weiterer sozialer Rückzug der Klägerin - außerhäusliche Aktivitäten finden nur noch reduziert statt - die Annahme einer stärker behin­dern­den Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im Sinne der VG, Teil B Nr. 3.7, so der Versorgungsarzt W1, gestützt auf das Gutachten der H, womit ein Bewertungsrahmen von 30 bis 40 eröffnet ist. In der Begutachtung durch H zeigte sich eine deutlicher beeinträchtigte Klägerin mit spürbarem Leidens­druck, die sich in ihrer gesamten Lebensführung letztlich nach ihren Erkrankungen richten muss. Andererseits ist die Klägerin auch ausweislich dem Ergebnis der Begutachtung durch H noch durchaus in der Lage, den Haushalt, bestehend aus ihr und ihrem Mann, der seinerseits nichts hierzu beiträgt, zu organisieren und den wesentlichen Anforderungen nachzukommen, und werden noch Hobbys wie Nähen und Lesen gepflegt, so zurecht W1. Auch gibt es noch regelmäßigen Kontakt zu den beiden Söhnen und den Enkelkindern und wird ebenso ein regelmäßiger Kontakt zur Nachbarin gepflegt. Ungeachtet ihrer beschränkten Teilhabe ist die Klägerin prinzipiell in der Lage, innerhalb der Familie auch freudige Momente zu erleben und wahrzunehmen, und liegt eine Aufhebung der Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit nicht vor, so ausdrücklich H. Zu berücksichtigen ist weiterhin auch der von den beiden Sachverständigen erhobene psychisch-psychiatrische Befund. Danach zeigte sich im Rahmen der Begutachtung durch N die Klägerin ernst, in sich gekehrt und etwas leidend, wobei kognitiv keine Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Auffassungsstörungen festgestellt wurden. Bei geordnetem formalen Gedankengang traten inhaltlich keine Denk­störungen auf. Affektiv hat der Sachverständige eine depressive Herabstimmung mit freudloser und teilweise eingeschränkter Schwingungsfähigkeit festgestellt, wobei die Klägerin nur selten ablenkbar war, dann aber auch zeitweise lächeln konnte. Zusammenfassend hat N eine depressive Herabstimmung mit Antriebsdefizit, Freudlosigkeit und vermehrter Ängstlich­keit festgestellt. Auch bei H war die Klägerin in allen Qualitäten normal orientiert und ließ keine kognitiven Defizite erkennen. Sie war durchgehend konzentriert. Störungen des Kurzzeit- oder Langzeitgedächtnisses sowie Auffassungsstörungen konnten nicht festgestellt werden. Dabei wirkte die Stimmung niedergedrückt und zeigte sich die emotionale Schwingungs­fähigkeit wie auch der Antrieb reduziert. Insgesamt haben die Sachverständigen in der jeweiligen gutachtlichen Untersuchung (nur) ein leichtgradiges (N) bzw. ein leichtes bis mittelschweres (H) depressives Syndrom festgestellt. Insbesondere aber die Tagesbewältigung und die darin geschilderten Aktivitäten als Ausdruck eines bei alledem weiterhin aktiv gestalteten Tagesablaufs, so bereits N, mit nachgewiesener Aufrechterhaltung eines strukturierten Tagesablaufs, Durch­führung der notwendigen häuslichen Pflichten, der Aufrechterhaltung von Freizeitaktivitäten und sozialen Kontakten lässt auch in Ansehung der von der Klägerin geltend gemachten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit in 2016 und 2017 und unter Berücksichtigung von anankastisch-dependenten Persönlichkeitszügen  (N), aufgrund derer das alltägliche Funktionieren für die Klägerin einen hohen Stellenwert besitzt und die nach Auffassung der H bei der Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeit berücksichtigt werden müssen, keine Bewertung mit einem Einzel-GdB von wenigstens 40 und damit die Zugrundelegung des oberen Rahmenwerts für stärker behindernde Störungen zu, so übereinstimmend N in seinen ergänzenden Stellungnahmen, H sowie der Versorgungsarzt W1.

Soweit der Facharzt für Psychiatrie Bauer in seiner sachverständigen Zeugenaussage weiterhin noch eine Zwangsstörung und eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert hat, wurden diese Diagnosen weder im Entlassungsbericht der Ziegelfeld-Klinik noch der d-Fachklinik geteilt. Auch die beiden Sachverständigen haben keinen entsprechenden Befund festgestellt und auch keine entsprechenden Diagnosen gestellt.

Bei der Klägerin liegt darüber hinaus eine Gesundheitsstörung im Bereich der Wirbelsäule vor. Im Entlassungsbericht der Z-Klinik ist ein belastungsabhängiges HWS- und LWS-Syndrom diagnostiziert worden, wobei allerdings bereits dort festgestellt worden ist, dass die Wirbelsäulenbeschwerden nicht mit einer Funktionseinschränkung einhergehen. Auch N hat im Rahmen seiner Begutachtung im Hinblick auf die Wirbelsäulenbeschwerden keine sensomotorischen Funktionsstörungen oder radikulären Reizerscheinungen festgestellt und die HWS- und LWS- Beschwerden als leichtgradig eingeordnet. Zuletzt hat auch H über nur unterlagernd vorliegende Rückenbeschwerden berichtet, die lediglich Verspannungen und hiermit korrelierende Schmerzen von untergeordneter Bedeutung auslösen würden, ohne dass sie eine relevante Funktionsbeeinträchtigung feststellen konnte. Eine abweichende Beurteilung lässt sich auch der sachverständigen Zeugenaussage des G nicht entnehmen. Im Anschluss an die beiden Sachverständigen und deren Bewertung der durch die Wirbelsäulenbeschwerden hervorgerufenen Funktionsbeeinträchtigungen können auch aus Sicht des Senats die bei der Klägerin vorliegenden Wirbelsäulenschäden mit Blick auf die VG, Teil B Nr. 18.9, allenfalls als solche mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Insta­bi­lität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulen­syndrome) eingestuft und dementsprechend mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet werden.

Zutreffend hat bereits das SG im Hinblick auf die ursprünglich vom Beklagten angenommenen Bewegungseinschränkungen an Schultern und Armen unter Bezugnahme auf den Entlassungsbericht der Z-Klinik und die sachverständige Zeugenaussage des G, worin jeweils von einer freien Schultergelenksbeweglichkeit berichtet wird, eine Erkrankung der Schulter-Arm-Region, welche einen Einzel-GdB von wenigstens 10 rechtfertigen könnte, mangels einer feststellbaren Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (vergleiche hierzu VG, Teil B Nr. 18.13) verneint.

Weitere Gesundheitsstörungen, die zumindest einen Einzel-GdB von 10 bedingen könnten, liegen bei der Klägerin nicht vor.

Ausgangspunkt für die Bewertung des Gesamt-GdB ist der Einzel-GdB von 30 für die Kopfschmerzsymptomatik, der sich durch das Hinzutreten der gleichfalls mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewertenden Funktionsbeeinträchtigungen auf seelischem Gebiet auf 40 erhöht.

Dieses Ergebnis ergibt sich auf Grund einer konkreten, auf den Einzelfall bezogenen Würdigung anhand der VG, Teil A Nr. 3 und nicht etwa aufgrund eines Grundsatzes, wonach 2 Einzel-GdB von 30 regelmäßig nur einen Gesamt-GdB von 40 rechtfertigen könnten. Der Senat weist neuerlich darauf hin, dass dem regelmäßig vom Beklagten angeführten Urteil des erkennenden Senats vom 18.08.2015 (L 3 SB 1182/14) keine hiervon abweichende Beurteilung entnommen werden kann. Dort heißt es wörtlich, dass ein weiterer GdB von 30 zu einer Erhöhung um 20 und nicht nur um 10 Punkte nur dann führen kann, wenn eine wesentliche Zunahme der Behinderung vorliegt. Unter Hinweis auf die starke Überschneidung der Behinderungen wurde in der zitierten Entscheidung eine solche Zunahme dann auch verneint. Diesen Ausführungen lässt sich weder ein Grundsatz für die Bildung des Gesamt-GdB dahingehend, dass ein weiterer Einzel-GdB von 30 grundsätzlich nur zu einer Erhöhung um 10 Punkte und nur ausnahmsweise zu einer solchen um 20 Punkte führe, entnehmen, noch sollte mit dieser Entscheidung ein solcher Grundsatz aufgestellt werden, noch entspricht ein solcher Grundsatz der Rechtsprechung des Senats. Im Übrigen würde ein solcher Grundsatz den zuvor dargelegten, in den VG, Teil A Nr. 3 aufgestellten und vom BSG in ständiger Rechtsprechung gebilligten (vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2013, a.a.O.) Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB widersprechen, wonach ausschließlich die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander im konkreten Einzelfall maßgebend sind (VG, Teil A Nr. 3 Buchst. a) und zur Beurteilung der Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit im konkreten Fall aus der ärztlichen Gesamtschau heraus betrachtet werden muss, ob die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen voneinander unabhängig sind und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder sich auf andere besonders nachteilig auswirken, sich überschneiden oder durch ein Hinzutreten der Gesundheitsstörungen nicht verstärkt werden (vgl. VG, Teil A Nr. 3 Buchst. d dd). Mit diesen Vorgaben stünde eine schematische, regelhafte Bewertung dahingehend, dass bei einem Einzel-GdB von 30 ein weiterer Einzel-GdB von 30 regelmäßig nur zu einer Erhöhung um 10 Punkte und nur ausnahmsweise zu einer Erhöhung um 20 Punkte führt, nicht im Einklang.

In Anwendung dieser Grundsätze führt vorliegend der Einzel-GdB von 30 auch für die seelische Erkrankung in Anwendung der vorgenannten Bestimmungen der VG zur Bildung des Gesamt-GdB nur zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB um 10 Punkte. Denn zwischen den beiden Gesundheitsstörungen liegen erhebliche Überschneidungen vor (vgl. hierzu VG, Teil A, Nr. 3 Buchst. d cc), so N und W1, da sich die beiden Gesundheitsstörungen in ihren Auswirkungen überschneiden, nachdem die Kopfschmerzsymptomatik das depressive Erleben beeinflusst und umgekehrt die depressive Stimmung auch zur Schmerzsymptomatik beiträgt (so N in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14.11.2017). Zu berück­sichtigen ist insbesondere, dass bei dem Einzel-GdB von 30 für das Kopfschmerzsyndrom seelische Beeinträchtigungen bereits mitberücksichtigt sind und insgesamt bei beiden Gesundheit­­­störungen auf die Auswirkungen auf die Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit abzustellen ist, so zurecht N. Denn wie oben bereits dargelegt, sind insbesondere die Spannungs­kopf­schmerzen in Analogie zu den VG, Teil B Nr. 3.7, zu bewerten, so dass letztlich die bei der Klägerin vorliegenden Funktionseinschränkungen mit Ausnahme der Wirbelsäulen­beschwerden insgesamt im Wesentlichen unter den VG, Teil B Nr. 3.7 „Neurosen, Persönlich­keits­störungen, Folgen psychischer Traumen“ zu subsumieren und damit maßgeblich anhand der Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zu bewerten sind. Angesichts der hieraus resultierenden erheblichen Überschneidungen ist eine Bildung eines Gesamt-GdB von 50 aufgrund der beiden Einzel-GdB von 30 nicht gerechtfertigt. Der Einzel-GdB von 10 für die Wirbelsäulenbeschwerden trägt zum Gesamt-GdB nicht bei (vergleiche VG, Teil A Nr. 3 Buchst. d ee).

Der angestrebte Gesamt-GdB von 50 ist damit nicht zu begründen. Die Berufung bleibt nach alledem ohne Erfolg.

Die Entscheidung der Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
Saved