L 6 P 10/20

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 4 P 14/18
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 P 10/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 P 4/22 R
Datum
-
Kategorie
Urteil

I.    Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 14. Februar 2020 wird zurückgewiesen. 

II.    Die Beteiligte haben Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten  

III.    Die Revision wird nicht zugelassen. 


Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Anspruch des Klägers auf Zahlung des Entlastungsbetrags für Angebote zur Entlastung im Haushalt aufgrund der zwischen ihnen vereinbarten versicherungsrechtlichen Bestimmungen i.V.m. § 45b Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und § 45a Abs. 1 Satz 2 Nr.  3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI).

Der 1946 geborene Kläger lebt in häuslicher Gemeinschaft in einem Einfamilienhaus. Dort arbeitet seit etwa eineinhalb Jahrzehnten Frau D. als Haushaltshilfe. Der Kläger ist in der privaten Pflegeversicherung bei dem Beklagten versichert. Auf seinen Antrag vom 29. März 2017 erfolgte am 1. August 2017 die Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch die Firma E. GmbH, medizinischer Dienst der privaten Pflegeversicherungen (BI. 17-31 der von dem Beklagten vorgelegten Aktenbestandteile - VA). Als private Pflegeperson wurde Frau H. M. angegeben (VA Bl. 25). Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die Summe der gewichteten Punkte 18,75 betrage (VA BI. 27). Mit Schreiben vom 12. September 2017 gab der Beklagte eine Leistungszusage ab für die ambulante Pflege u.a. „der für nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a SGB XI“, beginnend am 24. März 2017 und bewilligte den Pflegegrad 1 (VA BI. 10).

Der Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 6. Dezember 2017 zudem Folgendes mit (BI. 8 VA):
„Obwohl uns keine landesrechtliche Regelung für die Anerkennung einer privaten Pflegeperson hinsichtlich Betreuungsleistungen vorliegt, werden wir entgegenkommend eine private Pflegeperson anerkennen, sofern diese einen Kurs für pflegende Angehörige absolviert hat.
Kosten für diese Betreuungsleistungen können über den Entlastungsbetrag nach § 45b SGB XI erstattet werden. Erbringt die private Pflegeperson Entlastungsleistungen, d.h., Leistungen, die der Entlastung im Alltag dienten, wie Hilfen bei der Haushaltsführung (s.§ 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XI), ist dafür eine Anerkennung als Nachbarschaftshelfer nicht möglich, es sei denn, die landesrechtliche Verordnung regelt etwas anderes.
Wir bieten Ihnen für die Pflegeperson eine Schulung und Beratung an. Entsprechend der individuellen Pflegesituation würden spezielle theoretische und praktische Abläufe vermittelt, um eine bestmögliche Versorgungsform zu erreichen.“

Auf die von dem Kläger vorgelegten Abrechnungsquittungen seiner „Putzhilfe Frau D.“ über jeweils 62,50 Euro vom 26. Januar, 31. Januar, 2. Februar, 7. Februar, 9. Februar und 14. Februar 2018 teilte der Beklagte dem Kläger in einer Abrechnung vom 19. März 2018 (BI. 1 VA) mit, dass Aufwendungen für Putzhilfen nicht erstattungsfähig seien. Mit Schreiben vom 18. April 2018 (Gerichtsakte Bl. 4) teilte der Beklagte nochmals mit, dass die vorgelegten Abrechnungsquittungen Leistungen zur Hilfe bei der Haushaltsführung beträfen und dem Beklagten landesrechtliche Verordnungen, nach denen diese zu erstatten wären, nicht bekannt seien.

Am 7. Mai 2018 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Marburg Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er würde eine Nachbarin als hauswirtschaftliche Hilfskraft engagieren wollen für die ihm von dem Beklagten zugebilligten 125,00 Euro monatlich. Er habe dem Beklagten mitgeteilt, dass es in B-Stadt keinen Pflegedienst gebe, der im Rahmen des Pflegegrades 1 die hauswirtschaftliche Versorgung vornehme, da keine Kapazitäten vorhanden seien. Der Beklagte könne nicht Versicherungsbeiträge von dem Kläger kassieren, ihm den Pflegegrad 1 bewilligen und ihm dann erklären, dass er die Leistungen nicht in Anspruch nehmen könne. Etwa im Januar 2018 habe eine Schulung von Frau Engel-Berger, teilweise in Anwesenheit des Klägers, stattgefunden.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Rechnungen der Haushaltshilfe des Klägers bis zu einer Höhe von 125,00 Euro monatlich zu übernehmen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat auf die Leistungszusage vom 12. September 2017 Bezug genommen, mit der er, obwohl keine landesrechtliche Regelung für die Anerkennung einer privaten Pflegeperson hinsichtlich Betreuungsleistungen vorliege, entgegenkommend die Anerkennung einer privaten Pflegeperson zugesichert habe, sofern diese einen Kurs für pflegende Angehörige absolviert habe. Der Beklagte hat weiter auf das Schreiben vom 6. Dezember 2017 Bezug genommen, wonach die Anerkennung als Nachbarschaftshilfe nicht möglich sei, sofern Leistung erbracht würden, die der Entlastung im Alltag dienten (Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 45a Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB XI), es sei denn, die landesrechtliche Verordnung regele etwas anderes. Die vorgelegten Abrechnungsquittungen, auf die sich die Klage beziehe, beträfen solche Leistungen zur Hilfe bei der Haushaltsführung. Landesrechtliche Verordnungen, nach denen solche Kosten zu erstatten wären, lägen nicht vor und würden von dem Kläger auch nicht genannt. Überdies hat der Beklagte sowohl bestritten, dass die Reinigungskraft Frau D. zur Entlastungspflegekraft geschult worden sei, als auch, dass es in B-Stadt keinen Pflegedienst gebe, der eine hauswirtschaftliche Entlastungspflege anbiete.

Das Sozialgericht hat die Klage, nach vorheriger Anhörung zu dieser Verfahrensweise, mit Gerichtsbescheid vom 14. Februar 2020 abgewiesen. Die Klage sei als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach § 45a Abs. 1 Satz 1 SGB XI trügen Angebote zur Unterstützung im Alltag dazu bei, Pflegepersonen zu entlasten, und hülfen Pflegebedürftigen, möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung zu bleiben, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten und ihren Alltag weiterhin möglichst selbstständig bewältigen zu können.

Nach Satz 2 dieser Vorschrift seien Angebote zur Unterstützung im Alltag (Nr. 3) Angebote, die dazu dienten, die Pflegebedürftigen bei der Bewältigung von allgemeinen oder pflegebedingten Anforderungen des Alltags oder im Haushalt, insbesondere bei der Haushaltsführung, oder bei der eigenverantwortlichen Organisation individuell benötigter Hilfeleistungen zu unterstützen (Angebote zur Entlastung im Alltag). Nach § 45a Abs. 1 Satz 3 SGB XI benötigten die Angebote eine Anerkennung durch die zuständige Behörde nach Maßgabe des gemäß Abs. 3 erlassenen Landesrechts. Die „zusätzlichen Betreuungsleistungen" hätten ursprünglich bei ihrer Einführung eine Gerechtigkeitslücke der Pflegeversicherung schließen sollen, die ihren Grund darin gehabt habe, dass der alte Pflegebedürftigkeitsbegriff des SGB XI einseitig auf die Bedürfnisse körperlich beeinträchtigter Menschen ausgerichtet gewesen sei. Der für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit nach altem Recht maßgebende Katalog von Verrichtungen (§ 14 Abs. 4 SGB XI alter Fassung bis 31. Dezember 2016) habe vor allem den Bedarf von Menschen mit kognitiven und psychischen Störungen an Betreuung und Anleitung ohne Bezug zu einzelnen Verrichtungen nicht erfasst. Ohne Änderung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit habe der Gesetzgeber mit dem PflegeWEG zum 1. Juli 2008 im Leistungsrecht eine Kompensation zu Gunsten dieser Gruppe von Hilfebedürftigen eingeführt, die auf ersten Ansätzen aufgebaut habe, die bereits im Pflegeentlastungsgesetz enthalten, allerdings nur sehr bescheiden ausgestattet gewesen seien (vgl. Udsching/Schütze, Kommentar zum SGB XI, 5. Auflage 2018, § 45a Anm. 3).

§ 45a Abs. 1 SGB XI definiere Angebote zur Unterstützung im Alltag, in dem diese in drei Fallgruppen näher beschrieben würden: Betreuungsangebote (Nr. 1), Angebote zur Entlastung von Pflegenden (Nr. 2) und Angebote zur Entlastung im Alltag (Nr. 3). Vorliegend sei strittig, ob dem Kläger der monatliche Entlastungsbetrag von monatlich 125,00 Euro für eine Putzhilfe (Reinigungskraft) zustehe. Diesbezüglich habe der Beklagte zu Recht darauf verwiesen, dass die von dem Kläger beschäftigte Reinigungskraft über keine Schulung verfüge, die zwingend erforderlich sei, um den Entlastungsbetrag erhalten zu können. Von Klägerseite sei zwar u.a. im Schriftsatz vom 8. Januar 2019 vorgetragen worden, die Pflegekraft habe eine Schulung im Rahmen der Leistungen nach dem Pflegegrad 1 bekommen. Dies sei jedoch von Beklagtenseite bestritten und von Klägerseite nicht nachgewiesen worden. Daher seien die Voraussetzungen für die Auszahlung des monatlichen Entlastungsbetrages nicht gegeben und der Antrag sei von Beklagtenseite zu Recht abgelehnt worden.

Der Kläger hat gegen den ihm am 14. Februar 2020 zugestellten Gerichtsbescheid am 20.  Februar 2020 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Er hat seinen Vortrag wiederholt und vertieft und insbesondere erneut vorgetragen, es habe eine Schulung der Reinigungskraft Frau D. im Haushalt des Klägers stattgefunden, und hat diese als Zeugin angeboten. Diese sei zwar nicht ausgebildete Hauswirtschafterin, arbeite aber seit eineinhalb Jahrzehnten in seinem Haushalt und habe Erfahrung. 

Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 14. Februar 2020 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Rechnungen der Haushaltshilfe des Klägers bis zu einer Höhe von 125,00 Euro monatlich zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt, 
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag bezogen und zunächst mehrfach daran festgehalten, dass keine Schulung von Frau D. auf ihre Veranlassung stattgefunden habe. Einer Vernehmung der Zeugin bedürfe es nicht. 

Das Gericht hat die angebotene Zeugin, Frau D., schriftlich befragt. Die Zeugin hat am 17. März 2021 ihre Antworten erstellt, die am 22. März 2021 bei Gericht eingegangen sind. Die Zeugin hat bestätigt, dass eine Schulung im Haushalt des Klägers stattgefunden habe. Auf den Inhalt der schriftlichen Zeugenaussage im Einzelnen (Gerichtsakte Bl. 86, 87) wird verwiesen. 

Auf die weiteren Ermittlungen des Gerichts hat die E. GmbH, der medizinische Dienst der privaten Pflegeversicherung, mit Schreiben vom 25. Juni 2021 mitgeteilt, dass er am 19. Dezember 2017 von dem Beklagten beauftragt worden sei, eine Schulung pflegender Angehöriger („Pflegeschulung“) durchzuführen. Die Schulung sei am 24. Januar 2018 durch ihren pflegefachlichen Gutachter, Herrn K. P., von 9:00 Uhr bis 9:30 Uhr an der im Auftrag benannten Adresse (A-Stadt in A-Stadt) durchgeführt worden. Frau D., die im Auftrag benannte Pflegeperson, sei geschult worden zu den Themen Umgang mit affektiven Störungen und Kommunikation mit Dritten, deeskalierende Verhaltensweisen bei Auftreten von affektiven Verhaltensweisen. Diese Pflegeschulung sei dem Beklagten mit dem üblichen Pauschalhonorar in Rechnung gestellt worden. Auf Nachfrage des Gerichts hat die E. GmbH diese Darstellung erneut bestätigt und mitgeteilt, wie lange eine Pflegeschulung dauere, hänge von den jeweiligen Themen ab (Gerichtsakte Bl. 132, 152).

Nachdem die Schulung durch die E. GmbH bestätigt worden war, hat der Beklagte bestritten, dass diese nach Inhalt und Umfang geeignet gewesen sei, um Entlastungsleistungen nach § 45b SGB XI erhalten zu können. Dieser Vortrag wurde mit Schriftsatz vom 26. August 2021 aufgegeben (Gerichtsakte Blatt 146).

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Gerichtsakte Bl.149, 151).

Das Gericht hat Verwaltungsvorgänge des Beklagten, soweit dieser zur Vorlage bereit war, zu dem Rechtsstreit beigezogen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.


Entscheidungsgründe

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und insgesamt zulässig. Der Wert der Beschwer wird erreicht, weil es dem Kläger ersichtlich nicht nur um die Erstattung der bereits eingereichten Rechnungen für die Haushaltsdienstleistungen von Frau D. geht, sondern um eine Entscheidung über die laufende, zeitlich nicht begrenzte Übernahme solcher nachgewiesener Aufwendungen der bei ihm seit langer Zeit beschäftigten Haushaltshilfe bis zur einem Betrag von 125,- Euro monatlich ab Feststellung des Pflegegrades 1.

Die Berufung ist aber nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung des Entlastungsbetrags in Höhe von 125,- Euro monatlich für Angebote zur Entlastung im Haushalt gemäß den Tarifbedingungen des Beklagten (Tarif PV mit Tarifstufen PVN und PVB) Nr. 11. Die Voraussetzungen der dort vorgesehenen, nach Art und Umfang den Leistungen nach § 45b Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 i.V.m. § 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XI gleichwertigen Leistungen (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB XI) liegen nicht vor.

Der Kläger konnte zwar im Berufungsverfahren nachweisen, dass die Zeugin Frau D. an einem Schulungskurs entsprechend § 45 Abs. 1 SGB XI teilgenommen hat. 

Nach § 45 SGB XI haben die Pflegekassen für Angehörige und sonstige an einer ehrenamtlichen Pflegetätigkeit interessierte Personen unentgeltlich Schulungskurse durchzuführen, um soziales Engagement im Bereich der Pflege zu fördern und zu stärken, Pflege und Betreuung zu erleichtern und zu verbessern sowie pflegebedingte körperliche und seelische Belastungen zu mindern und ihrer Entstehung vorzubeugen. Die Kurse sollen Fertigkeiten für eine eigenständige Durchführung der Pflege vermitteln. Auf Wunsch der Pflegeperson und der pflegebedürftigen Person findet die Schulung auch in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen statt. § 114a Absatz 3a gilt entsprechend.

Die Zeugin hat über ein etwa einstündiges Gespräch mit einem Mann unbekannten Namens, der sich als im Auftrag der „Krankenkasse“ kommend vorgestellt habe, berichtet. Die Ermittlungen des Gerichts haben ergeben, dass die E. GmbH am 19.  Dezember 2017 von dem Beklagten beauftragt worden ist, eine Schulung pflegender Angehöriger („Pflegeschulung“) durchzuführen. Diese Schulung wurde nach den Angaben der E. GmbH am 24. Januar 2018 von 9:00 Uhr bis 9:30 Uhr in der Wohnung des Klägers durchgeführt. Frau D., die im Auftrag benannte Pflegeperson (in der Pflegebegutachtung war noch Frau H. M. als Pflegeperson angegeben worden), ist geschult worden. Diese Pflegeschulung ist dem Beklagten mit dem üblichen Pauschalhonorar in Rechnung gestellt worden. 

Ob diese Pflegeschulung den Anforderungen des § 45 Abs. 3 SGB XI über die einheitliche Durchführung sowie über die inhaltliche Ausgestaltung der Kurse entsprochen hat, kann hier dahinstehen. Denn der Anspruch des Klägers richtet sich nicht auf einen Entlastungsbetrag wegen pflegerischer Leistungen von Frau D., die unstreitig keine Pflegeleistungen erbringt, sondern auf Entlastung wegen ihrer Tätigkeit im Haushalt des Klägers. 

Der Beklagte hatte in seinem Schreiben vom 6. Dezember 2017 dem Kläger mitgeteilt, für Hilfen bei der Haushaltsführung (§ 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XI) sei eine Anerkennung nicht möglich, es sei denn, die landesrechtliche Verordnung regele etwas anderes. Diese Auskunft entspricht der Rechtslage: 
Nach § 45a Abs. 1 SGB XI in der bis zum 31. Dezember 2018 geltenden Fassung tragen Angebote zur Unterstützung im Alltag dazu bei, Pflegepersonen zu entlasten, und helfen Pflegebedürftigen, möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung zu bleiben, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten und ihren Alltag weiterhin möglichst selbständig bewältigen zu können. Angebote zur Unterstützung im Alltag sind 
1.    Angebote, in denen insbesondere ehrenamtliche Helferinnen und Helfer unter pflegefachlicher Anleitung die Betreuung von Pflegebedürftigen mit allgemeinem oder mit besonderem Betreuungsbedarf in Gruppen oder im häuslichen Bereich übernehmen (Betreuungsangebote),
2.    Angebote, die der gezielten Entlastung und beratenden Unterstützung von pflegenden Angehörigen und vergleichbar nahestehenden Pflegepersonen in ihrer Eigenschaft als Pflegende dienen (Angebote zur Entlastung von Pflegenden),
3.    Angebote, die dazu dienen, die Pflegebedürftigen bei der Bewältigung von allgemeinen oder pflegebedingten Anforderungen des Alltags oder im Haushalt, insbesondere bei der Haushaltsführung, oder bei der eigenverantwortlichen Organisation individuell benötigter Hilfeleistungen zu unterstützen (Angebote zur Entlastung im Alltag).
Die Angebote benötigen eine Anerkennung durch die zuständige Behörde nach Maßgabe des gemäß Absatz 3 erlassenen Landesrechts. Durch ein Angebot zur Unterstützung im Alltag können auch mehrere der in Satz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Bereiche abgedeckt werden. In Betracht kommen als Angebote zur Unterstützung im Alltag insbesondere Betreuungsgruppen für an Demenz erkrankte Menschen, Helferinnen- und Helferkreise zur stundenweisen Entlastung pflegender Angehöriger im häuslichen Bereich, die Tagesbetreuung in Kleingruppen oder Einzelbetreuung durch anerkannte Helferinnen oder Helfer, Agenturen zur Vermittlung von Betreuungs- und Entlastungsleistungen für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige sowie vergleichbar nahestehende Pflegepersonen, familienentlastende Dienste, Alltagsbegleiter, Pflegebegleiter und Serviceangebote für haushaltsnahe Dienstleistungen.

Die ab 1. Januar 2019 geltende Gesetzesfassung hat das Angebot neben der Entlastung pflegender Angehöriger erweitert auf die Entlastung vergleichbar nahestehender Pflegepersonen. 

Die etwas über vier Monate nach diesem Schreiben in Kraft getretene Hessische Verordnung über die Anerkennung von Angeboten zur Unterstützung im Alltag nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (Pflegeunterstützungsverordnung - PfluV) vom 25. April 2018 regelt in § 3 den Inhalt von Angeboten zur Entlastung im Alltag wie folgt:
„Die Angebote zur Unterstützung im Haushalt nach § 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch müssen der Versorgung der Pflegebedürftigen mit den zum täglichen Leben in einem Privathaushalt erforderlichen hauswirtschaftlichen Hilfen, insbesondere der Zubereitung von Mahlzeiten, dem Einkauf von Waren des täglichen Lebens, der üblichen Reinigung der Wohnräume und dem sich Kümmern um die anfallende Wäsche dienen. Dazu gehören nicht Leistungen wie zum Beispiel die Instandhaltung von Gebäuden, die Pflege von Außenanlagen und Handwerkerleistungen.“ 
In § 4 Abs. 1 Nr. 4 heißt es zu Anbieterinnen und Anbietern: „Anbieterinnen und Anbieter können sein: […] 4. für Angebote nach § 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch auch qualifizierte Einzelpersonen, die ihre Leistungen im Rahmen eines unmittelbaren Beschäftigungsverhältnisses bei der leistungsempfangenden Person im häuslichen Bereich anbieten.“
§ 5 Leistungserbringende Personen regelt in Absatz 1 Satz 1: „(1) Leistungen im Rahmen eines Angebots zur Unterstützung im Alltag können durch Fachkräfte nach Abs. 2 und Personen mit einer Basisqualifikation, die mindestens den Anforderungen nach Abs. 3 entspricht, erbracht werden (leistungserbringende Person).“ 
§ 5 Absatz 2 Nr. 10 bestimmt: „Fachkräfte sind insbesondere […] 10. bei Angeboten zur Entlastung im Alltag nach § 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch auch Familienpflegerinnen und Familienpfleger, Sozialassistentinnen und Sozialassistenten sowie Hauswirtschafterinnen und Hauswirtschafter.“

Ob Frau D., wie vom Kläger angegeben, in einem unmittelbaren abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu diesem steht (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 PfluV), ist nicht ausermittelt worden, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankommt. Denn jedenfalls ist sie selbst nach dem Vortrag des Klägers weder ausgebildete Hauswirtschafterin noch Familienpflegerin noch Sozialassistentin und damit keine Fachkraft im Sinne des § 5 Absatz 2 Nr. 10 PfluV. Dass sie seit Jahren den Haushalt des Klägers führt und aufgrund jahrelanger Tätigkeit mutmaßlich über die Kenntnisse einer ausgebildeten Hauswirtschafterin verfügt, ersetzt nicht die formale, in der Verordnung zur Gewährleistung eines Qualitätsstandards vorgesehene Qualifikation. 

Damit könnte der Kläger nur dann Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Haushaltsführung in Höhe eines Entlastungsbetrags von 125,- Euro monatlich für die Aufwendungen für Frau D. haben, wenn der Beklagte dem Kläger über die gesetzlichen Regelungen des SGB XI hinaus rechtlich verbindlich zugesagt hätte, solche Kosten zu übernehmen. Das ist indessen nicht der Fall, weil der Beklagte in seinem Schreiben vom 6. Dezember 2017 ausdrücklich mitgeteilt hat, dass Entlastungsleistungen, die der Entlastung im Alltag dienten, wie Hilfen bei der Haushaltsführung (§ 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XI), nicht anerkannt werden könnten, es sei denn, die landesrechtliche Verordnung regele etwas anderes.

Rechtlich kam es nach dem Gesagten nicht darauf an, ob Frau D. an einer Pflegeschulung teilgenommen hat, weil von Seiten des Klägers allein ein Anspruch zur Entlastung im Alltag geltend gemacht worden ist. Da aber das erstinstanzliche Urteil tragend darauf abgestellt hat, dass die Pflegeschulung von Beklagtenseite bestritten und von Klägerseite nicht nachgewiesen worden sei, und der Beklagte auch in der Berufungsinstanz mehrfach bestritten hat, dass eine Pflegeschulung in seinem Auftrag stattgefunden habe, sah der Senat sich schon zur Herstellung von Rechtsfrieden zu Ermittlungen hierzu veranlasst. Diese haben ergeben, dass der Beklagte die Schulung in Auftrag gegeben hat, dass sie stattgefunden hat und dass diese dem Beklagten gegenüber abgerechnet worden ist. Dies ist bemerkenswert, weil Beteiligte im sozialgerichtlichen Verfahren, in dem Amtsermittlungspflicht besteht, eine Mitwirkungslast trifft (B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 103 Rn. 13) und sie der Wahrheitspflicht unterliegen (§ 202 SGG i.V.m. § 138 Abs. 1 Zivilprozessordnung). 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. 

Rechtskraft
Aus
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