L 13 SB 162/18

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SB 1587/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 SB 162/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 09.12.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,00 Euro auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Grad der Behinderung (GdB) des Klägers ab dem Änderungsantrag vom 15.12.2009 mit mindestens 80 zu bewerten ist und ab diesem Zeitpunkt auch die Voraussetzungen für das Merkzeichen B festzustellen sind.

Bei dem 1943 geborenen Kläger ist der GdB mit 70 bemessen (Abhilfebescheid vom 24.08.2005). Dem lag eine gutachterliche Stellungnahme zugrunde, die von folgenden Funktionsbeeinträchtigungen ausging: degenerative Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen mit anhaltenden Nervenwurzelreizerscheinungen und Funktionseinschränkung, Ischialgie links (Einzel-GdB 40), Funktionseinschränkung der Hüft- und Kniegelenke, Polyneuropathie (Einzel-GdB 40), Diabetes mellitus (Einzel-GdB 20), Sehbehinderung beidseits, Kunstlinsen beidseits (Einzel-GdB 10), Schulter-Arm-Syndrom (Einzel-GdB 10), chronische Kieferhöhlenentzündung links bei Zustand nach Kieferhöhlenoperation (Einzel-GdB 10). Während das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen G bereits zuvor festgestellt worden war, verneinte der Beklagte die Voraussetzungen für das Merkzeichen B.

Mit Neufeststellungsantrag vom 15.12.2009 beantragte der Kläger die Feststellung eines höheren GdB sowie der Voraussetzungen für die Erteilung des Merkzeichens B. Zur Begründung führte er insbesondere aus, er leide unter Prolapsen der HWS, unter einer Lähmung im linken Arm und Schulter sowie zeitweilig in beiden Beinen. Außerdem komme es zu Schwindelattacken und Stürzen infolge von Versagen des linken Beines. Weiterhin leide er unter Schwerhörigkeit und Neuropathie wegen eines Diabetes mellitus. Zur Unterstützung seines Vorbringens legte er einen Arztbericht von dem Arzt für Radiologische Diagnostik Dr. G (vom 03.09.2009) vor.

Der Beklagte zog Befundberichte von dem HNO-Arzt Dr. E (vom 22.12.2009) sowie von dem Arzt für Innere Medizin und Diabetologie Dr. N (vom 22.12.2009) bei, denen weitere medizinische Unterlagen beigefügt waren.

Die zum Inhalt dieser medizinischen Unterlagen veranlasste gutachterliche Stellungnahme kam zu dem Ergebnis, dass der Gesamt-GdB des Klägers weiterhin mit 70 zu bewerten sei. Dabei wurden folgende Funktionsbeeinträchtigungen berücksichtigt:

  1. Degeneratives HWS- und LWS-Syndrom mit anhaltenden Nervenwurzelreizerscheinungen und Funktionseinschränkungen, Ischialgie links, Schwindel (Einzel-GdB 40),
  2. Diabetes mellitus (Einzel-GdB 20),
  3. Funktionseinschränkung der Hüft- und Kniegelenke, Polyneuropathie (Einzel-GdB 20),
  4. Sehbehinderung, Kunstlinsen beiderseits (Einzel-GdB 10),
  5. Schwerhörigkeit, Tinnitus (Einzel-GdB 30).

 

Dem Ergebnis dieser Stellungnahme entsprechend lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 25.01.2010 die Erhöhung des GdB sowie die Feststellung der Voraussetzungen für das Merkzeichen B ab. Zur Begründung führte er aus, zwar sei seit der letzten Feststellung eine Schwerhörigkeit mit Tinnitus hinzugetreten. Insgesamt sei ein höherer GdB als 70 jedoch nicht anzunehmen.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass derzeit eine sachliche Begründung unmöglich sei. Der Beklagte habe die vorgeschriebene Beratungs-, Aufklärungs- und Anhörungspflicht verletzt. Zum einen seien Berichte unterschlagen worden. Zum anderen sei nicht nachvollziehbar, inwieweit eine Coxarthrose sich bessern könne.

Die Beratungsärztin Dr. P vertrat unter dem 08.04.2010 die Auffassung, dass auch unter Berücksichtigung des Widerspruchsvorbringens des Klägers ein Gesamt-GdB von mehr als 70 nicht in Betracht komme.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2010 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch als unbegründet zurück.

Zur Begründung seiner hiergegen am 17.05.2010 beim Sozialgericht (SG) Dortmund erhobenen hat der Kläger u.a. auf eine ihm bewilligte Erwerbsunfähigkeitsrente hingewiesen. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, dass der Gesamt-GdB sich trotz der hinzugekommenen Schwerhörigkeit nicht erhöht habe. Eine Besserung der Funktionseinschränkungen der Hüft- und Kniegelenke sowie der Polyneuropathie sei unerklärlich. Im Jahre 2008 habe er wegen akuter Schmerzen im linken Knie einen Sturz erlitten, wobei die vorgenommene Untersuchung eine mäßige Verschmälerung des Gelenkspaltes sowie eine vermehrte Sklerose des Tibiaplateaus und der Patellarückfläche ergeben habe. Im Sommer 2010 habe er abermals an akuten Knieschmerzen gelitten. Solche auf altersgemäße Abnutzung zurückzuführenden Krankheitsbilder könnten sich nicht bessern. Dies gelte auch für Polyneuropathien. Im Übrigen seien auch seine Wirbelsäulenbeschwerden unterbewertet. Er leide schon seit 1993 unter einem Bandscheibenschaden der Lendenwirbelsäule und Arthrose der Halswirbelsäule. Außerdem benötige er eine Begleitung bei der Benutzung öffentlicher Nahverkehrsmittel.

Das SG hat Beweis erheben und gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zunächst medizinische Befund- und Behandlungsberichte beiziehen wollen. Der Kläger hat hierzu jedoch mitteilen lassen, er sei nicht bereit, den Fragebogen über die ärztlichen Behandlungen und Untersuchungen auszufüllen sowie eine Schweigepflichtentbindungserklärung abzugeben. Das SG hat den Kläger auf seine Mitwirkungspflichten sowie auf die Folgen einer etwaigen fehlenden Mitwirkung hingewiesen. Dieser hat daraufhin lediglich Auszüge aus einem Gutachten und weitere medizinische Dokumente vorgelegt, ohne den Gutachter namentlich zu benennen.

Nach Auswertung durch den Beratungsarzt hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass es keine Veranlassung gebe, den Gesamt-GdB abzuändern.

Nachdem durch den Kläger mitgeteilt worden war, er habe einen Herzinfarkt erlitten, hat der Beklagte sich bereit erklärt, den GdB ab dem 03.05.2011 mit 80 festzustellen. Dieses Regelungsangebot hat der Kläger nicht angenommen.

Im November 2011 hat das SG den Kläger erneut erfolglos gebeten, eine Schweigepflichtentbindungserklärung bezüglich der ihn behandelnden Ärzte abzugeben. Sodann hat das SG den Orthopäden R in H sowie den Sozialmediziner T, SMD der Bundesknappschaft in L beauftragt, Sachverständigengutachten zu erstatten (Beweisanordnung vom 21.05.2014). Daraufhin hat der Kläger erklärt, der Beweisanordnung in keinem Fall Folge leisten zu wollen. Er hat vorgeschlagen, der Beklagte möge einen GdB von 90 feststellen sowie befristet die Voraussetzungen für das Merkzeichen B. Der Beklagte hat dem Vorschlag nicht zugestimmt und weiterhin sein Regelungsangebot aufrechterhalten. Eine vom Kläger gegen die Beweisanordnung erhobene Beschwerde hat dieser nachfolgend wieder zurückgenommen.

Schließlich hat das Gericht die Sachverständigen befragt, ob sie bei Weigerung des Klägers, sich körperlich untersuchen zu lassen, eine Begutachtung nach Aktenlage für sinnvoll und aussagekräftig halten. Beide Sachverständige haben dazu ausgeführt, dass sie im Hinblick auf die vorliegenden knappen Auszüge älterer Gutachten und die wenigen medizinischen Unterlagen aus älterer Zeit es nicht für möglich hielten, ein Gutachten nach Aktenlage zu erstellen.

Das SG hat die Klage sodann mit Gerichtsbescheid vom 09.12.2017 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

„Die Voraussetzungen für eine Entscheidung gemäß § 105 Abs. 1 SGG liegen vor. Der Sachverhalt ist in tatsächlicher Hinsicht nicht geklärt, aber auch nicht aufklärbar. Er weist ebenso wenig wie die rechtliche Bewertung des Klagebegehrens besondere Schwierigkeiten auf. Den Beteiligten ist im Übrigen eine Anhörung zur beabsichtigten Entscheidung per Gerichtsbescheid mit Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden.

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 25.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2010 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil diese Verwaltungsentscheidung rechtmäßig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 70.

Der angefochtene Bescheid ist nicht schon wegen einer unterlassenen Anhörung fehlerhaft und stellt nicht deswegen einen wesentlichen Mangel des Verfahrens dar. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Verwaltungsakt in Rechte des Klägers eingegriffen hätte, d.h. wenn eine bestehende Rechtsposition geschmälert oder entzogen worden wäre. Dies ist hier nicht der Fall. Denn die vorherige Feststellung eines GdB von 70 ist weiterhin bestätigt worden. Die Feststellung des GdB ist nicht herabgesetzt worden. Zwar ist dem Kläger darüber hinaus die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „B“ verwehrt worden. Ihm ist dabei nichts entzogen worden. Es ist vielmehr bei der alten Rechtsposition in dieser Hinsicht geblieben. Damit bedurfte es keiner Anhörung.

Gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines solchen Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Wesentlich ist im Schwerbehindertenrecht eine Änderung, wenn der GdB gegenüber dem Vergleichsbescheid um wenigstens 10 höher oder niedriger zu bewerten ist.

Der Bescheid vom 24.08.2005 stellt einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung dar. Der Beklagte hat mit diesem Bescheid die Behinderungen des Klägers und den sich daraus ergebenden GdB mit 70 für die Folgezeit festgestellt. Dass sich die dieser Entscheidung zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse in der Weise geändert haben, als dass der GdB ab Antragstellung mit 80 oder mehr zu bewerten ist, ist jedoch nicht nachgewiesen. Es lässt sich zwar nicht ausschließen, dass sich dieser Zustand möglicherweise zwischenzeitlich beim Kläger geändert hat. Es ist auch nicht zwingend anzunehmen, dass sich im Hinblick auf die geänderte Schwerhörigkeit insgesamt ein höherer Gesamt-GdB ergeben müsse. Denn auch wenn Verschleißerscheinungen sich nicht wieder bessern, kann daraus kein zwingender Schluss dahingehend gezogen werden, dass auch die Beeinträchtigungen durch den Verschleiß durchgehend gleich sind. Eine weitere medizinische Sachaufklärung, die darüber Aufschluss hätte geben können, ist dem Gericht aber nicht möglich, wenn der Kläger die angeordnete und zur Klärung dieser Frage notwendige Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen bzw. die erforderliche Schweigepflichtentbindungserklärung für die Beiziehung von Befundberichten beharrlich ablehnt und damit seine Mitwirkungspflicht im vorliegenden Streitverfahren gröblich verletzt hat. Die dadurch bedingte Nichtaufklärbarkeit des medizinischen Sachverhaltes geht aber nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren herrschenden Grundsatz der objektiven Beweislast prozessual zu Lasten des Klägers, so dass er diese gegen sich gelten lassen muss. Ein Nachweis derart, dass ein GdB von 80 oder 90 oder sogar 100 angebracht ist, lässt sich aus den medizinischen Unterlagen, die sich in den Akten befinden, jedenfalls nicht entnehmen. So haben beide benannten Sachverständigen mitgeteilt, dass ein Gutachten nach Aktenlage nicht in Betracht kommt. Nach alledem ist der Nachweis einer erheblichen Verschlechterung damit nicht erbracht ist, so dass die Klage erfolglos bleiben musste.

Darüber hinaus sind auch die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens „B“ nicht nachzuweisen.

Das Merkzeichen „B“ steht gemäß § 146 Abs. 2 SGB IX Schwerbehinderten zu, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind. Ob ein solcher Fall gegeben ist, kann bei der Weigerung des Klägers, sich untersuchen zu lassen oder einen behandelnden Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden, nicht nachgewiesen werden. Die Folge dieser Beweislosigkeit hat der Kläger zu tragen.“

Zur Begründung der dagegen gerichteten Berufung vom 07.06.2018 hat der Kläger ausgeführt,  er habe zu keinem Zeitpunkt Mitwirkungspflichten verletzt, das Sozialgericht habe von ihm vorgelegte Befunde missachtet und den Prozess verschleppt und dabei u.a. seine Ansprüche auf Gewährung rechtlichen Gehörs und ein faires Verfahren verletzt. Eine Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes sei ebenso nachgewiesen wie die Voraussetzungen für das Merkzeichen B. Eine Besserung bereits berücksichtigter Gesundheitsstörungen sei nicht eingetreten. Er hat insoweit u.a. ein Attest des behandelnden Arztes Dr. Scheer vom 08.10.2018 vorgelegt. Einen GdB von 80 habe der Beklagte im Gerichtsverfahren zwar bereits anerkannt, verweigere aber nach wie vor einen entsprechenden Schwerbehindertenausweis.

Er hat zuletzt schriftsätzlich beantragt,

  1. den Beklagten ggfs. per „einstweiliger Anordnung/Verfügung, zur unverzüglichen Ausstellung des „verlängerten“ Schwerbehindertenausweis (G) Gdb 80 % zu verpflichten,
  2. hilfsweise ansonsten i. S. V. §§ 148, 149 ZPO das Verfahren auszusetzen, sodann der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft zu übergeben, da nicht bloßer Verdacht auf strafbare Handlungen gegen Person und Gesundheit sowie Persönlichkeitsrechte des Klägers hier vorliegen sind. Wozu Prozessbetrug u. a. zählen.

 

Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

Mehrere Versuche den Kläger in einem Erörterungstermin zu hören, sind ohne Erfolg geblieben – auch nach Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen unentschuldigten Nichterscheinens zum Termin und gerichtlichem Hinweis, dass zur Entschuldigung der Nachweis der Verhandlungsunfähigkeit durch ein amtsärztliches Gutachten erforderlich ist (Hinweis vom 11.11.2018, Beschluss vom 18.02.2019, Beschluss vom 05.07.2019 unter Bezugnahme auf das Urteil des BVerwG vom 28.11.2007 – 2 WD 28.66 – Rn. 43 und Beschluss vom 11.02.2022).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs des Beklagten sowie der Gerichtsakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte die Sache verhandeln und entscheiden, obwohl die Beteiligten nicht zum Termin erschienen sind (124 Abs. 1, 153 Abs. 1 SGG). Diese sind ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 05.05.2022 (Kläger) und des Empfangsbekenntnisses vom 10.05.2022 (Beklagte) ordnungsgemäß über den Verhandlungstermin und die Möglichkeit einer Entscheidung bei Nichterscheinen benachrichtigt worden. Dass auch die Voraussetzungen des § 126 SGG vorgelegen haben, steht einer Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung nicht entgegen (Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl. 2020, § 126 Rn. 4).

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthafte Klage (vgl. etwa BSG, Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 3/12 R –, Rn. 24, juris), jedenfalls erstinstanzlich gerichtet auf Feststellung eines höheren GdB als 70 sowie Feststellung der Voraussetzungen für die Erteilung des Merkzeichens B, zu Recht und mit zutreffender Begründung, die sich der erkennende Senat gemäß § 153 Abs.2 SGG nach eigener Überprüfung in vollem Umfang zu eigen macht, abgewiesen.

Der Kläger hat dem SG und dem Senat eine weitere Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts mangels ihm obliegender und auch zumutbarer Mitwirkung (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 14.11.2013 – B 9 SB 5/13 B –, Rn. 13, juris) unmöglich gemacht. Das Sozialgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass eine Entscheidung aufgrund der vom Kläger (selektiv) vorgelegten Unterlagen ebenso ausschied wie eine Entscheidung aufgrund einer Begutachtung nach Aktenlage. Die erstinstanzlich zu dieser Möglichkeit befragten Sachverständigen haben überzeugend dargelegt, dass die aktenkundigen Befunde eine aussagekräftige Begutachtung, auf die eine Entscheidung hätte gestützt werden können, nicht ermöglichen.

Soweit der Kläger sich hinsichtlich der Feststellung eines GdB von 80 auf ein Anerkenntnis des Beklagten beruft, verkennt er, dass ein solches nicht vorliegt, sondern lediglich die Bereitschaft erklärt worden ist, den Rechtsstreit auf der Basis eines GdB in dieser Höhe zu erledigen. Der Kläger hat diesen Regelungsvorschlag des Beklagten, den dieser im Berufungsverfahren explizit wiederholt hat, nicht angenommen. Schon aus diesem Grund konnte der Antrag des Klägers auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung eines Schwerbehindertenausweises mit einem GdB in entsprechender Höhe – ungeachtet der Frage seiner Zulässigkeit im Allgemeinen und fehlender Eilbedürftigkeit – keinen Erfolg haben.

Die Voraussetzung für eine – vom Kläger sinngemäß begehrte – Aussetzung nach § 114 Abs. 3 SGG, der eine mit § 149 ZPO identische Regelung enthält, liegen ersichtlich nicht vor. Der Senat ist nach Abwägung aller Umstände nicht davon überzeugt, dass strafprozessual erhebliche Verdachtsgründe (und nicht nur eine haltlose Verdächtigung durch den Kläger) vorliegen, die eine Aussetzung des Verfahrens und eine Abgabe des Vorgangs an die zuständige Staatsanwaltschaft rechtfertigen (vgl. auch BSG, Urteil vom 03.12.1996 – 10 RKg 12/94 –, Rn. 29, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 und § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Dem Kläger waren Verschuldenskosten nach dem Ermessen des erkennenden Senats aufzuerlegen, weil er den Rechtsstreit fortgeführt hat, auch nachdem ihm die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung unter Hinweis auf die Kostenfolge schriftlich vom erkennenden Gericht (Sitzungsniederschrift betreffend die nichtöffentliche Sitzung vom 18.02.2019, dem Kläger laut Postzustellungsurkunde zugestellt am 27.02.2019, und Sitzungsniederschrift betreffend die nichtöffentliche Sitzung vom 31.01.2020, dem Kläger laut Postzustellungsurkunde zugestellt am 05.03.2020) dargelegt worden ist.

Die (weitere) Rechtsverfolgung durch den Kläger ist missbräuchlich. Ein Missbrauch ist dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder (wie hier) unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. auch § 34 Abs. 2 BVerfGG und hierzu BVerfG NJW 1996 S. 1273, 1274). Für jeden verständigen Beteiligten ist offensichtlich, dass Feststellungen im Zusammenhang mit einem Verschlimmerungsantrag betreffend die Höhe des GdB sowie einem Antrag auf Nachteilsausgleiche – hier Merkzeichen B – nur auf der Grundlage aussagekräftiger medizinischer Befunde und diese auswertende sachverständiger Feststellungen möglich sind. Das Aufrechterhalten der Berufung in Kenntnis dieser Umstände und stellt nach Auffassung des Senats einen gravierenden Fall des Missbrauchs verfahrensrechtlicher und prozessualer Rechte dar. Der Senat hält im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens deshalb die Auferlegung einer Verschuldensgebühr für geboten. Die Höhe der auferlegten Kosten entspricht – zugunsten des Klägers – der gesetzlichen Mindestgebühr (§ 192 Abs. 1 Satz 3 SGG in Verbindung mit § 184 Abs. 2 SGG).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
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