1.
Die Krankenkassen (KKen) sind nach § 106a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB V a.F. (= § 106d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB V) berechtigt und verpflichtet, vertragsärztliche Abrechnungen daraufhin zu überprüfen, ob und ggf. in welchem Umfang sie - die KKen - leistungsverpflichtet sind. Im Hinblick auf die behandelte Person ist für die Leistungspflicht dabei auf das Versichertenverzeichnis nach § 288 SGB V abzustellen. An das Ergebnis der Prüfung der KK ist die KV gebunden (BSG, Urteil vom 23. März 2016, B 6 KA 8/15 R, Rn. 24).
2.
Ergibt die Prüfung nach § 106a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB V a.F., dass einzelne Versicherte vertragsärztliche Leistungen fälschlich als Grenzgänger in Anspruch genommen haben, obgleich es sich bei ihnen im Behandlungszeitpunkt um originär bei der prüfenden inländischen KK Versicherte gehandelt hat, ist die KV verpflichtet, die Abrechnungen der behandelnden Vertragsärzte insoweit sachlich-rechnerisch zu berichtigen (BSG, Urteil vom 26. Mai 2021, B 6 KA 10/20 R, Rn. 26 f.).
3.
Die Vorlage einer Krankenversichertenkarte, die fälschlich einen Grenzgängerstatus ausweist, führt nicht dazu, dass die KK für die Behandlung der eine unzutreffende Krankenversichertenkarte vorlegenden Versicherten verpflichtet ist, das vertragsärztliche Honorar an die KV zu erstatten, obgleich die KK zuvor eine unter Berücksichtigung dieser Versicherten berechnete Gesamtvergütung im Sinne der §§ 85, 87a Abs. 3 Satz 1 SGB V an die KV entrichtet hat.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 21. August 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 230.021 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin die an Vertragsärzte im Wege der Einzelleistungsabrechnung für die Behandlung von im Ausland krankenversicherten Personen gezahlte Vergütung zu erstatten.
In den Quartalen I/2009 bis II/2016 behandelten im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Klägerin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte (auch) Patienten, die aufgrund des Umstandes, dass sie in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) – in den allermeisten Fällen: in Dänemark – erwerbstätig waren, Mitglied des Krankenversicherungssystems dieses Mitgliedstaates waren, die aber als sog Grenzgänger ihren Wohnsitz in Schleswig-Holstein behalten und die Beklagte als sog aushelfende Krankenkasse gewählt hatten (regelmäßig, weil die Grenzgänger zuvor in Zeiten, in denen sie keiner Erwerbstätigkeit in dem anderen EU-Staat nachgegangen waren, bereits bei der Beklagten in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV] pflichtversichert gewesen waren). Die aushelfende Krankenkasse – hier: die Beklagte – stellte für diese Grenzgänger sicher, dass diese in der Bundesrepublik Deutschland Krankenversicherungsleistungen, insbesondere in Gestalt ärztlicher Behandlung, erhielten. Die tatsächliche Abwicklung der Inanspruchnahme von Vertragsärzten durch Grenzgänger, deren aushelfende Krankenkasse die Beklagte war, erfolgte in den Quartalen I/2009 bis II/2016 in der Weise, dass diese Grenzgänger anlässlich des Arztbesuches eine ihnen von der Beklagten ausgestellte besondere Krankenversicherungskarte vorlegten, auf deren Chip der Status der Karteninhaber als Grenzgänger – sog Status 7 – gespeichert und für die Ärzte somit kenntlich gemacht war (im Falle der bei Grenzgängern typischen zeitnahen Änderung ihres Versichertenstatus – die zB durch Beendigung der Saisonarbeit oder projektbezogenen Tätigkeit im Ausland eintreten kann – erhalten die Grenzgänger, die dadurch wieder als Mitglied der Beklagten in der GKV versichert sind, eine „reguläre“ elektronische Gesundheitskarte, auf der insbesondere die in § 291 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V] genannten Daten gespeichert sind). Die behandelnden Ärzte rechneten ihre für Grenzgänger erbrachten Leistungen gegenüber der Klägerin im Wege des Einzelleistungsnachweises ab und diese zahlte den Ärzten das für diese Behandlungen ausgelöste Honorar aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV).
Regelmäßig nach Ablauf von drei Quartalen meldete die Klägerin gegenüber der Beklagten die in einem bestimmten Quartal vorgenommenen Behandlungen von Grenzgängern, die die Beklagte als aushelfende Krankenkasse bestimmt hatten, sowie die für diese Behandlungen an die in Anspruch genommenen Vertragsärzte gezahlten Vergütungen und forderte die Beklagte zur Erstattung dieser Vergütungsbeträge auf. Die Beklagte überprüfte den Versicherungsstatus der in der Meldung genannten Grenzgänger anhand ihres Versichertenverzeichnisses und gelangte dabei regelmäßig zu dem Ergebnis, dass ein geringer Anteil der gemeldeten Grenzgänger – in der Regel 6 bis 7 % – im Zeitpunkt der Behandlung als originäre Mitglieder in der deutschen GKV versichert gewesen waren, obgleich sie bei den in Anspruch genommenen Vertragsärzten die besondere, ihren Grenzgängerstatus ausweisende Gesundheitskarte (Status 7-Karte) vorgelegt hatten. Bezüglich der für diese Behandlungsfälle von der Klägerin gezahlten Vergütung verweigerte die Beklagte eine Erstattung.
Mit am 27. März 2017 bei dem Sozialgericht Kiel erhobener Klage hat die Klägerin den von ihr postulierten Erstattungsanspruch für die Behandlungen solcher Grenzgänger in den Quartalen I/2009 bis II/2016, für welche die Beklagte eine Erstattung verweigert hatte, geltend gemacht. Zur Begründung hat die Klägerin vorgebracht, dass die die streitigen Behandlungen durchgeführt habenden Vertragsärzte, die ihre Behandlung im Glauben erbracht hätten, dass es sich um sog. Status 7-Anspruchsberechtigte gehandelt habe, einen Anspruch auf Honorarzahlung nach den Grundsätzen der Einzelleistungsvergütung erworben hätten, der von ihr – der Klägerin – erfüllt worden sei. Weil eine solche Einzelleistungsvergütung eine Honorierung des Arztes aus der Gesamtvergütung ausschließe, sei die Beklagte verpflichtet, ihr – der Klägerin – die an die Vertragsärzte für solche Grenzgängerbehandlungen ausgekehrten Honorare auszugleichen. Mit dem Verweis darauf, dass es sich bei den behandelten Versicherten, deren Behandlungsfälle hier umstritten sind, tatsächlich gar nicht um Grenzgänger, sondern um originär bei ihr in der GKV versicherte Personen gehandelt habe, könne die Beklagte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kein Gehör finden. Denn danach könne sich der versicherungsrechtliche Status, in dem ein Patient eine Behandlung entgegengenommen habe, nicht nachträglich ändern. Dies aber mache die Beklagte geltend, wenn sie erkläre, dass sich nachträglich zB herausgestellt habe, dass die behandelte Person im Zeitpunkt der Behandlung tatsächlich als arbeitsloser Pflichtversicherter oder aufgrund sonstiger anderer Umstände Mitglied der GKV gewesen sei und dem behandelnden Arzt die „falsche“ elektronische Gesundheitskarte vorgelegt habe, nach der es sich bei dem jeweiligen Patienten um einen Grenzgänger gehandelt habe. Es komme für die Frage nach der Erstattungspflicht der Beklagten ausschließlich auf den von ihr gesetzten Rechtsschein, wonach es sich bei den behandelten Personen um Grenzgänger (Status 7) gehandelt habe, an. Diesen Rechtsschein habe die Beklagte gesetzt, weil sie es offenbar pflichtwidrig unterlassen habe, unzutreffend gewordene Status 7-Versichertenkarten einzuziehen. Daran müsse sich die Beklagte festhalten lassen, denn sie hafte für Schäden, die daraus entstehen würden, dass sie falsch gewordene Gesundheitskarten bei den Mitgliedern bzw Grenzgängern belasse. Auch die Judikatur des BSG, wonach der Vergütungsanspruch des Vertragsarztes nicht durch eine unberechtigte oder missbräuchliche Verwendung einer Krankenversichertenkarte tangiert werde, spreche für eine Erstattungspflicht der Beklagten. Aus diesem Grunde, könne ihr – der Klägerin – auch nicht angesonnen werden, die Abrechnungen der Vertragsärzte von Behandlungen vermeintlicher Grenzgänger, bei denen es sich nach Ansicht der Beklagten tatsächlich um in der GKV pflichtversicherte Personen gehandelt habe – was sie, die Klägerin, bestreite –, im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung zu korrigieren und aus der Gesamtvergütung zu honorieren. Vielmehr sei die Beklagte gehalten, sich die für die Behandlung von durch eine Status 7-Versichertenkarte ausgewiesenen (vermeintlichen) Grenzgängern gezahlte Vergütung vom Träger der ausländischen Krankenversicherung erstatten zu lassen.
Die Klägerin hat vor dem Sozialgericht beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 230.021,32 EUR nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, dass sich sämtliche Behandlungsfälle, aus denen sich die von der Klägerin eingeklagte Forderung ergebe, auf Patienten beziehen würden, die im Zeitpunkt ihrer Behandlung tatsächlich als Mitglied der IKK Nord in der GKV (pflicht-)versichert gewesen seien. Dies könne sie anhand ihres Versichertenverzeichnisses, in dem Grenzgänger nicht aufgeführt seien, auch nachweisen, sollte die Klägerin ihr die Abrechnungen für die streitigen Quartale nochmals vorlegen; denn sie – die Beklagte – habe sämtliche Rechnungen nach deren Korrektur wieder an die Klägerin zurückgereicht. Für diese pflichtversicherten Mitglieder habe sie indes gemäß den §§ 85 und 87a Abs 3 Satz 1 SGB V mit befreiender Wirkung die Gesamtvergütung an die Klägerin gezahlt, aus der die behandelnden Ärzte dementsprechend auch zu Recht vergütet worden seien. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage die Klägerin für die Vergütung der vorgenannten Behandlungsfälle nun nochmals – und außerhalb der Gesamtvergütung – eine Erstattungszahlung zu beanspruchen können meine, sei nicht ersichtlich. Der falsche Rechtsschein, nach dem es sich bei den betroffenen Versicherten um Grenzgänger bzw Status 7-Berechtigte gehandelt habe, sei wohl dadurch hervorgerufen worden, dass die – ehemaligen – Grenzgänger ihre besondere Gesundheitskarte entgegen diesbezüglicher ausdrücklicher Aufforderung durch sie, die Beklagte, nicht zurückgesandt, sondern weiterhin bei der Inanspruchnahme vertragsärztlicher Leistungen genutzt hätten; dabei habe mutmaßlich eine bloße Verwechselung der äußerlich kaum unterscheidbaren Karten stattgefunden. Eine Leistungserschleichung bzw missbräuchliche Verwendung der Gesundheitskarte sei aber erkennbar nicht intendiert gewesen, weil die Betroffenen im Zeitpunkt der Behandlung tatsächlich als ihre, der Beklagten, Mitglieder in der GKV versichert gewesen seien und deshalb in der Regel auch noch eine weitere, zutreffende Krankenversicherungskarte (durch die der Status 1 ausgewiesen worden sei) in ihrem Besitz gehabt hätten. Durch die Verwendung der falschen Gesundheitskarte sei auch kein Schaden entstanden, denn die Vergütung der Behandlungen sei – richtigerweise – aus der Gesamtvergütung erfolgt. Wie sich letztlich § 3 Abs 3 der Anlage 20 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (<BMV-Ä>; dort: Vereinbarung zur Anwendung der europäischen Krankenversicherungskarte) ergebe, wäre die Klägerin gehalten gewesen, die Abrechnung von Leistungen in Quartalsabrechnungen, die gegenüber fälschlich als Grenzgängern ausgewiesenen Patienten erbracht worden seien, im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung zu korrigieren. Der Arzt hätte sodann seine Vergütung – Zug um Zug gegen Abtretung seines Honoraranspruchs – von der Krankenkasse erhalten, die den abgetretenen Honoraranspruch sodann gegenüber dem ausländischen Krankenversicherungsträger hätte geltend machen können.
Mit Urteil vom 21. August 2019 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Dabei hat sich das Sozialgericht eine Überzeugung dahin gebildet, dass es sich bei den im Rahmen der streitigen Behandlungsfälle behandelten Patienten – wie von der Beklagten vorgetragen – tatsächlich um originär in der GKV versicherte Personen gehandelt hat, die Mitglied der Beklagten gewesen sind – und mithin nicht um Grenzgänger, die in dem System eines anderen EU-Staats krankenversichert gewesen sind. Gleichwohl hafte die Beklagte der Klägerin auf Erstattung der für die Behandlungsfälle an Vertragsärzte gezahlten Honorare aus Rechtsschein, den die Beklagte dadurch gesetzt habe, dass sie die den Grenzgängerstatus ausweisenden Gesundheitskarten nicht nachdrücklich eingezogen habe, nachdem dieser Status beendet und eine Pflichtmitgliedschaft der Betroffenen in der GKV (als Mitglieder der Beklagten) begründet worden sei. Dass die Betroffenen dadurch über zwei Krankenversicherungskarten gleichzeitig verfügt hätten – eine unzutreffende besondere Status 7-Karte und eine zutreffende elektronische Gesundheitskarte gemäß § 291 SGB V – sei Ausfluss eines Organisationsdefizits bei der Beklagten. Sowohl aus den einschlägigen Rechtsgrundlagen – insbesondere aus § 48 Abs 4 BMV-Ä – als auch aus der Rechtsprechung des BSG ergebe sich, dass der Honoraranspruch des Vertragsarztes auch im Falle der Vorlage einer falschen bzw gefälschten Krankenversicherungskarte – bei tatsächlichem Nichtbestehen des durch Mitgliedschaft in der betreffenden Krankenkasse vermittelten gesetzlichen Krankenversicherungsschutzes – bestehen bleibe bzw geschützt sei. Die Krankenkasse hafte dem Arzt in diesen Fällen dafür, dass der Honoraranspruch – so, wie er sich aus dem gegenüber dem Arzt ausgewiesenen Status ergebe – erfüllt werde. Dafür habe letztlich die Beklagte einzustehen; nicht hingegen sei die Klägerin verpflichtet, für die Einzelleistungsvergütung von als Grenzgänger ausgewiesenen Patienten nachträglich Geld aus der Gesamtvergütung einzusetzen. Zwar sei es auch denkbar, dass die Klägerin die diesbezüglichen Abrechnungspositionen in den Quartalsabrechnungen der Vertragsärzte im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung absetze, jedoch stelle dies ein aufwendiges Verfahren dar. Im Übrigen käme eine nachfolgende Abtretung des Honoraranspruchs des Arztes an die Beklagte in den hier streitbefangenen Fällen schon deshalb von vornherein nicht in Betracht, weil die Ärzte gegen die bei der Beklagten in der GKV Pflichtversicherten – und vermeintlichen Grenzgänger – überhaupt keinen eigenen Vergütungsanspruch erworben hätten.
Gegen dieses, der Beklagten am 6. September 2019 zugestellte Urteil richtet sich deren am 2. Oktober 2019 zum Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht erhobene Berufung.
Zur Begründung ihrer Berufung bringt die Beklagte vor, dass das Sozialgericht bei seiner Entscheidung unbeachtet gelassen habe, dass sie – die Beklagte – zum Zwecke der Vergütung der Vertragsärzte im Zusammenhang mit den hier relevanten Behandlungen von in der GKV Versicherten mit befreiender Wirkung gemäß den §§ 85 und 87a Abs 3 Satz 1 SGB V die Gesamtvergütung gezahlt habe. Aus eben dieser Gesamtvergütung heraus sei die Vergütung der Vertragsärzte vorliegend auch erfolgt, so dass der Klägerin bereits kein Schaden erwachsen sei, für den sie – die Beklagte – haften müsse oder auch nur haften könne. Das Sozialgericht habe offenbar verkannt, dass Vertragsärzten stets ein Einzelleistungsvergütungsanspruch für durchgeführte Behandlungsleistungen zustehe; dies verhalte sich im Zusammenhang mit der Behandlung von in der GKV Pflichtversicherten nicht anders als bei der Behandlung von Grenzgängern, die Mitglied im Krankenversicherungssystem eines anderen EU-Staates seien. Im ersten Fall werde die Vergütung lediglich aus dem Budget der geleisteten Gesamtvergütung erbracht, im zweiten nicht. Vorliegend stünden jedoch – auch nach Ansicht des Sozialgerichts – ausschließlich Vergütungen für die Behandlung von als Mitglieder der Beklagten in der GKV Versicherten in Rede, für die zweckentsprechend auf die Gesamtvergütung zurückgegriffen worden sei. Die von dem Sozialgericht angenommene nachträgliche Entnahme von Geldern aus der Gesamtvergütung zur Honorierung von Einzelleistungsansprüchen von Vertragsärzten für die Behandlung von (vermeintlichen) Grenzgängern habe daher tatsächlich nicht stattgefunden. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sie – die Beklagte – trotz der befreienden Wirkung der Zurverfügungstellung der Gesamtvergütung nun – quasi ein weiteres Mal – Vergütungsansprüchen von Vertragsärzten für die Behandlung von Versicherten, für die sie die Gesamtvergütung bereits gezahlt habe, ausgesetzt sein solle. Sollte das Sozialgericht eine solche Doppelvergütung von Behandlungsfällen gesetzlich Versicherter gleichsam als Sanktion wegen des ihr – der Beklagten – ohne nähere diesbezügliche Ermittlungen unterstellten Organisationsverschuldens als rechtens habe annehmen wollen, sei darauf zu verweisen, dass weder das SGB V noch der BMV-Ä Sanktionen für eine nicht gegenüber sämtlichen Versicherten vollzogene Einziehung einer unrichtig gewordenen Gesundheitskarte vorsehe; eine Regelungslücke vermöge sie – die Beklagte – insoweit nicht zu erkennen. Aus den vom Sozialgericht zur Stützung seiner Rechtsansicht herangezogenen Entscheidungen des BSG zum Schutz des vertragsärztlichen Vergütungsanspruchs bei einer Leistungserschleichung im Wege der Vorlage einer falschen Versicherungskarte folge richtigerweise ebenfalls kein Anspruch auf zweifache Vergütung von Behandlungsfällen im Wege einer Rechtsscheinhaftung. Denn eine Gefährdung des ärztlichen Vergütungsanspruchs sei vorliegend schlicht nicht gegeben gewesen, weil die behandelten Patienten tatsächlich in der GKV anspruchsberechtigte Mitglieder der Beklagten gewesen seien und sie – die Beklagte – eben für die Vergütung entsprechender Behandlungsleistungen zuvor die Gesamtvergütung an die Klägerin gezahlt habe. Daher verfange auch der Hinweis des Sozialgerichts auf § 48 Abs 4 BMV-Ä sowie auf den grundsätzlich gegebenen weitgehenden Schutz des ärztlichen Vergütungsanspruchs bei der unzulässigen Verwendung einer Versichertenkarte nicht. Soweit das Sozialgericht die Möglichkeit, dem durch die fälschliche Nutzung von Grenzgänger-Versichertenkarten hervorgerufenen Rechtsschein, wonach die Vergütung für solche Behandlungsfälle außerhalb der Gesamtvergütung erfolge, dadurch abzuhelfen, dass die Klägerin entsprechende Abrechnungen der Vertragsärzte im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung korrigiere, unter Hinweis auf den insoweit für die Klägerin entstehenden hohen Aufwand verworfen habe, überzeuge das nicht. Zum einen löse dies tatsächlich keinen besonders hohen Verwaltungsaufwand für die Klägerin aus, zum anderen könne ein Verwaltungsaufwand bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) nicht zur Begründung einer im Gesetz nicht vorgesehenen Rechtsscheinhaftung einer Krankenkasse dienen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 21. August 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung dieses Antrags trägt die Klägerin vor, dass sich der von ihr geltend gemachte Erstattungsanspruch bereits aus dem Umstand ergebe, dass die der Klagforderung zugrundeliegenden Vergütungsforderungen der Ärzte von ihr nicht aus der Gesamtvergütung beglichen worden seien, sondern gesondert als Vergütungen von Einzelleistungsansprüchen aus der Behandlung von Grenzgängern, als welche sich die betreffenden Patienten durch Vorlage entsprechender Status 7-Versichertenkarten, die die Beklagte ausgegeben habe, ausgewiesen hätten. Zu Recht habe das Sozialgericht aus der Ausgabe solcher Grenzgänger-Versichertenkarte und insbesondere aus der mangelnden Einziehung dieser Karten nach Beendigung des Grenzgänger-Status der Betroffenen durch die Beklagte deren Rechtsscheinhaftung für die von ihr – der Klägerin – verauslagten Vergütungszahlungen im Zusammenhang mit der Behandlung vermeintlicher Grenzgänger hergeleitet. Richtigerweise habe das Vordergericht insoweit auf die Entscheidung des BSG vom 27. Juni 2001 zum Aktenzeichen B 6 KA 50/00 R abgestellt, weil in dem dortigen Fall eine Krankenkasse Behandlungsscheine an Spätaussiedler ausgegeben hatte, deren Mitgliedschaft in der GKV später – rückwirkend – festgestellt worden sei; dort sei diese Krankenkasse auch nicht mit ihrer Auffassung durchgedrungen, dass die Honorare für die Behandlung der Spätaussiedler aus der Gesamtvergütung bestritten werden müssten. Eine Korrektur der Berechnung der Behandlungen von nur vermeintlichen Grenzgängern (die tatsächlich aber GKV-Versicherte der Beklagten sind) als Einzelleistungen durch die Vertragsärzte im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung komme unabhängig von dem diesbezüglichen eminenten Aufwand, der ihr – der Klägerin – dadurch entstehen würde, deshalb nicht in Betracht, weil der Arzt in seinem Vertrauen auf die Richtigkeit des durch die Versichertenkarte ausgewiesenen Versicherungsstatus in der Weise geschützt sei, dass er dem nachgewiesenen Status gemäß abrechnen und der entsprechende Honoraranspruch nicht nachträglich wieder in Wegfall geraten dürfe.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des von der Klägerin vorgelegten Ordners mit Abrechnungsunterlagen Bezug genommen, die Gegenstand der Berufungsverhandlung geworden sind.
Entscheidungsgründe
I.
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs 1 SGG zulässige Berufung ist begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung des Betrages zu, den sie – die Klägerin – in den Quartalen I/2009 bis II/2016 insgesamt zur Vergütung von im Wege des Einzelleistungsnachweises abgerechneten Leistungen, die Vertragsärzte gegenüber durch eine besondere Status 7-Versichertenkarten ausgewiesenen Patienten, bei denen es sich tatsächlich aber um bei der Beklagten versicherte Mitglieder der GKV gehandelt hat, erbracht hatten, aufgewendet hat. Das Sozialgericht hat die Beklagte daher zu Unrecht zur entsprechenden Zahlung verurteilt.
1.
Richtigerweise begehrt die klagende KV den Erstattungsbetrag von der beklagten Krankenkasse (KK) im Wege der echten Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs 5 SGG. Hauptanwendungsfall der allgemeinen Leistungsklage, für die weder eine Klagefrist noch das Erfordernis der Durchführung eines erfolglosen Vorverfahrens gilt, ist der so genannte Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in denen eine Leistung nicht durch Verwaltungsakt einseitig festgesetzt werden kann. Ein solcher Fall liegt bei einem von KV gegenüber KK (oder auch umgekehrt) geltend gemachten Zahlungsanspruch vor (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Dezember 2006, L 5 KA 758/06, SGb 2007, 621 ff).
2.
Im Tatsächlichen geht der Senat – mit dem Sozialgericht – davon aus, dass den Behandlungsfällen, aus denen sich der streitgegenständliche Erstattungsbetrag zusammensetzt, eine ärztliche Leistung gegenüber Patienten zugrunde liegt, die durch die vorgelegten besonderen Krankenversichertenkarten als Grenzgänger bzw Status 7-Berechtigte (also Mitglieder eines Krankenversicherungssystems eines anderen EU-Staats, die in der Bundesrepublik im Wege der Leistungsaushilfe Leistungen der GKV entgegengenommen haben) ausgewiesen wurden. Daran anknüpfend ist davon auszugehen, dass die Vertragsärzte ihre gegenüber diesen Patienten erbrachten Leistungen in Gemäßheit des nachgewiesenen Versicherungsstatus gegenüber der Klägerin durch Geltendmachung von Einzelleistungsnachweisen abgerechnet haben und die Klägerin die entsprechenden Rechnungen gemäß den gestellten Abrechnungen bezahlt hat. Schließlich geht der Senat auch davon aus, dass die Behandlungsfälle, im Hinblick auf welche die Beklagte die Kostenerstattung vorgerichtlich verweigert hat, tatsächlich keine Grenzgänger betreffen, sondern vielmehr im Wege der Arbeitslosenversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V, der Familienversicherung nach § 10 SGB V oder im Wege irgendeines anderen (Pflicht-) Versicherungstatbestandes im Zeitpunkt der Behandlung originär bei der Beklagten versichert gewesene Personen.
Zwar hat die Klägerin dies im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 3. April 2019 – einfach – bestritten und hat auf dieses Bestreiten in der Berufungserwiderung wiederholend Bezug genommen, jedoch hat die Beklagte im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 27. Mai 2019 im einzelnen die Durchführung einer – freilich sehr kleinen – Stichprobenprüfung im Hinblick auf drei Personen dargelegt, deren Behandlungen im Quartal IV/2011 von der durch die Klägerin verfolgten Erstattungsforderung gleichsam umfasst sind. Bei allen geprüften Patienten konnte die Versicherteneigenschaft im Behandlungszeitraum anhand des Versichertenverzeichnisses der Beklagten (§ 288 SGB V) bestätigt werden. Angesichts dieses substantiierten Vortrags der Beklagten ist das unsubstantiierte Bestreiten der Versicherteneigenschaft der behandelten Personen durch die Klägerin prozessual unbeachtlich (vgl zum Substantiierungsgrad eines prozessual beachtlichen Bestreitens: BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004, B 6 KA 44/03 R, zitiert nach juris, s. dort Rn 49). Es kommt hinzu, dass die Beklagte stets nur einen geringen Bruchteil der von der Klägerin quartalsweise zur Erstattung angemeldeten Fälle von Grenzgänger-Behandlungen beanstandet hat (regelmäßig 6 oder 7 % der von der Klägerin geltend gemachten Behandlungsfälle). Dies indiziert nach Ansicht des Senats, dass die Beklagte zuvor eine sorgfältige Prüfung anhand ihres Versichertenverzeichnisses durchgeführt hat, bei welchen der behandelten Patienten es sich tatsächlich um Grenzgänger und bei welchen es sich um originär in der GKV versicherte Personen handelte. Auch zeigen die von der Klägerin selbst als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 3. April 2019 erstinstanzlich vorgelegten Auflistungen das typische Bild von Grenzgängern, deren Status zwischen einer dänischen und einer deutschen Krankenversicherung ständig wechselt. Auch dies macht es wahrscheinlich, dass die streitbefangenen Fälle Behandlungen von solchen Patienten betreffen, deren tatsächlicher Versichertenstatus im Zeitpunkt der Behandlung nicht dem durch die Versichertenkarte dokumentierten Status entsprach. Schließlich ist die KV an das Ergebnis einer von einer KK nach § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V in der vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung (aF; seit dem 1. Januar 2017: § 106d Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V) durchgeführten Prüfung hinsichtlich Bestehen und Umfang ihrer Leistungspflicht rechtlich gebunden (BSG, Urteil vom 23. März 2016, B 6 KA 8/15 R, zitiert nach juris, s. dort Rn 24).
3.
Der von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsanspruch gegen die Beklagte steht der Klägerin nicht zu. Es mangelt an einer das Zahlungsverlangen tragenden Anspruchsgrundlage.
a)
Dem Erstattungsbegehren der Klägerin liegen Behandlungsfälle zugrunde, die von den behandelnden Vertragsärzten gegenüber der Klägerin im Wege der Sachleistungsaushilfe nach der VO (EG) 883/2004 abgerechnet wurden. Art. 17 bis 20 VO (EG) 883/2004 normieren die Koordinierung von Sachleistungen für Auslandskrankenbehandlungen (sog. Sachleistungsaushilfe) innerhalb der EU. Das Prinzip der Sachleistungsaushilfe trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Sachleistungsexport des zuständigen Trägers bei Leistungen für Krankheit mit einem hohen bürokratischen und logistischen Aufwand verbunden wäre und häufig zu spät käme (Schreiber, in Schreiber/Wunder/Dern, VO [EG] 883/2004, 2012, Art. 17 Rn 7). Die Sachleistungsaushilfe stellt dabei sicher, dass Eingriffe in die nationalen Systeme der sozialen Sicherheit möglichst geringgehalten werden, indem Sachleistungen gemäß den Rechtsvorschriften des aushelfenden Staates und unter Nutzung der dort vorhandenen Verwaltungsstruktur erbracht werden (Schreiber, aaO, Art. 17 Rn 2; Assenmacher, Grenzüberschreitende Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen in der Europäischen Union, 2015, S. 194 f). Nach Art. 17 VO (EG) 883/2004 erhalten Versicherte oder ihre Familienangehörigen, die in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat wohnen, Sachleistungen nach dem Recht des Wohnmitgliedstaates. Um solche Personen handelt es sich nach dem Vortrag der Beklagten bei den hier fälschlich als Grenzgänger behandelten Patienten, die – ursprünglich – aufgrund ihrer in Dänemark ausgeübten Erwerbstätigkeit Mitglieder des dortigen Krankenversicherungssystems geworden waren, ihren Wohnort jedoch in der Bundesrepublik Deutschland behalten hatten (vgl zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der dänischen Rechtsvorschriften über die Krankenversicherung in solchen Fällen: Art. 3 Abs 1 lit a), 11 Abs 3 lit a) EG [VO] 883/2004). Bei der Sachleistungsaushilfe werden die Leistungen jeweils für Rechnung des zuständigen Trägers – hier: des dänischen Krankenversicherungsträgers – erbracht; die Erstattung zwischen dem zuständigen Träger und dem aushelfenden Träger – hier: der Beklagten – erfolgt gemäß Art 35 VO (EG) 883/2004 in Verbindung mit Art 62 ff VO (EG) 987/2009 (Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO [EG] 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit).
Nach den maßgeblichen Vorgaben der VO (EG) 883/2004 werden die Leistungsberechtigten damit vollständig in das Leistungssystem des aushelfenden Trägers integriert und stehen den Versicherten in leistungsrechtlicher Hinsicht gleich (Vießmann, GuP 2011, 129, 130; Assenmacher, aaO; Bieback, in Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 7. Aufl 2018, Art 17 VO [EG] 883/2004 Rn 14; vgl auch EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2010, C-173/09 <Elchinov>, zitiert nach juris, s. dort Rn 39; BSG, Urteil vom 30. Juni 2009, B 1 KR 22/08 R, BSGE 104, 1 ff, jeweils zur Vorgängerregelung VO [EWG] 1408/71). Diese Integration bestimmt auch den Rahmen für die Leistungserbringung. Das Leistungsrecht, insbesondere die Anspruchsvoraussetzungen und die Frage, welche Sachleistung in welchem Umfang beansprucht werden kann, richtet sich alleine nach den Rechtsvorschriften des aushelfenden Trägers. Ist – wie hier (jedenfalls in dem Falle, dass es sich bei den behandelten Personen tatsächlich um Grenzgänger gehandelt hätte) – der inländische deutsche Träger der aushelfende Träger, richtet sich die Leistungserbringung nach dem SGB V, den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses und den Verträgen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern (Bieback, aaO, Rn 37). Auch Selbstbehalte, Praxisgebühren, Festbeträge sowie weitere Voraussetzungen des aushelfenden Systems für einzelne Leistungen, zB Verschreibungen oder Überweisungen, sind zu beachten (vgl Schreiber, aaO, Art 17 Rn 17; Assenmacher, aaO, S 195). Die ambulante ärztliche Behandlung der Patienten erfolgt in Deutschland damit im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne der §§ 72 ff SGB V (BSG, Urteil vom 26. Mai 2021, B 6 KA 10/20 R, zitiert nach juris, s. dort Rn 19). Davon gehen auch die Partner des Bundesmantelvertrages-Ärzte im Sinne des § 87 Abs 1 SGB V (die Kassenärztliche Bundesvereinigung [KBV] und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen) aus, indem sie in der Anlage 20 zum BMV-Ä (Vereinbarung zur Anwendung der europäischen Krankenversicherungskarte vom 1. Juli 2004, derzeit geltend in der Fassung vom 1. Oktober 2018, DÄBl 2018, A 1773; von der Klägerin in der Fassung vom 1. Januar 2015 vorgelegt als Anlage K1 zur Klageschrift [Bl 7 ff GA]) nähere Regelungen zum Umfang des Anspruchs und zum Verfahren getroffen haben, wenn eine in einem EU-Staat versicherte Person in Deutschland behandelt werden will oder muss. Nach § 3 der Anlage 20 zum BMV-Ä erfolgt die Abrechnung und Vergütung der erbrachten Leistungen zu Lasten der vom Patienten gewählten Krankenkasse mit den Preisen, die in der KV gelten, deren Mitglied der Vertragsarzt ist (§ 3 Abs 1). Dabei erfolgt die Abrechnung nach den Regelungen des Ersatzverfahrens gemäß Anhang 1 der Anlage 4a zum BMV-Ä (§ 3 Abs 2 Satz 1). Danach erfolgt die Abrechnung als Einzelleistungsvergütung außerhalb der Gesamtvergütung. Das bedeutet, dass die KK nach Abrechnung des Behandlungsfalls die Vergütung für die erbrachten Leistungen – jedenfalls soweit es um die Behandlung von Versicherten mit Wohnsitz im Inland geht – vollständig und zusätzlich zur bereits geleisteten Gesamtvergütung an die KV zu leisten hat, die ihrerseits die Vergütung an den Vertragsarzt oder sonstigen Teilnehmer an der vertragsärztlichen Versorgung auszahlt (BSG, aaO, Rn 28 aE). In dieser Weise ist auch die Klägerin in ihren Rechtsbeziehungen zu den behandelnden Vertragsärzten in den hier interessierenden Behandlungs- bzw Abrechnungsfällen verfahren.
b)
Das vorstehend dargelegte Verfahren gilt indes selbstverständlich nur für echte bzw tatsächliche Grenzgänger, mithin für Personen, die in einem anderen Staat der EU als dem Staat, dessen sozialrechtlichen Bestimmungen sie nach der VO (EG) 883/2004 unterfallen, wohnen und in diesem Wohnsitzstaat Leistungen der dortigen Krankenversicherung in Anspruch nehmen (müssen). Vorliegend bezogen sich die den relevanten Abrechnungen der Vertragsärzte zugrundeliegenden Behandlungen tatsächlich aber gar nicht auf Grenzgänger, sondern auf originär bei der Beklagten in der GKV versicherte Personen.
Dieser Einwand, auf den die Beklagte ihre Weigerung zur Kostenerstattung gegenüber der Klägerin stützt, ist auch beachtlich. Denn er dient der Vermeidung einer Doppelzahlung zu Lasten der Beklagten, die für die hier betroffenen Quartale bereits die Gesamtvergütung im Sinne der §§ 85 und 87a Abs 3 Satz 1 SGB V an die Klägerin gezahlt hatte. Beruht die Leistungspflicht der KK auf einem Versicherungsverhältnis mit dem Patienten, erfolgt die Abrechnung der Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung über die KV grundsätzlich zu Lasten der Gesamtvergütung.
Gemäß § 87a Abs 3 Satz 1 SGB V vereinbaren die Partner der Gesamtverträge bis zum 31. Oktober eines Jahres gemeinsam und einheitlich für das Folgejahr mit Wirkung für die Krankenkassen die von diesen mit befreiender Wirkung an die jeweilige KV zu zahlenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KV. Maßgebend für die Höhe der Gesamtvergütung ist gemäß § 87a Abs 3 Satz 2 SGB V – neben dem Punktwert, der gemäß § 87a Abs 2 Satz 1 SGB V auf der Grundlage des Orientierungswertes ermittelt wird – der mit der Zahl und Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundene Behandlungsbedarf, der zwischen den Partnern der Gesamtverträge zu vereinbaren ist. Die KK entrichtet nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige KV mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der KV einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen (§ 85 Abs 1 SGB V). Darüber, ob und ggf wie der Behandlungsbedarf der Versicherten mit Wohnsitz im Ausland bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung zu berücksichtigen ist, verständigen sich nach § 4 der Anlage 21 zum BMV-Ä/EKV (Vereinbarung zur Umsetzung des Wohnortprinzips gemäß § 83 in Verbindung mit § 87a Abs 3 SGB V) in der hier noch maßgebenden Fassung vom 1. Januar 2009 (DÄBl 2009, A 51 f) die Partner der Gesamtverträge im Bereich der KV, in deren Bezirk die KK ihren Sitz hat (vgl dazu BSG, Urteil vom 24. Januar 2018, B 6 KA 43/16 R, SozR 4-2500 § 82 Nr 5 Rn 24). Die Gesamtvergütung wird nach § 87b Abs 1 SGB V von der KV an die Ärzte, Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, unter Anwendung des im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzten Verteilungsmaßstabes verteilt.
c)
Höchstrichterlich ist für den Fall der fälschlichen Abrechnung einer Grenzgängerbehandlung bei einem tatsächlich originär in der GKV Versicherten anerkannt, dass der KK gegen die KV ein grundsätzlicher Anspruch auf sachlich-rechnerische Richtigstellung einer solchen Abrechnung zusteht (BSG, Urteil vom 26. Mai 2021, B 6 KA 10/20 R, aaO).
aa)
Das BSG hat in seinem vorstehend zitierten Urteil festgestellt, dass die KV verpflichtet ist, über einen Antrag der KK auf Berichtigung der Abrechnung in den Fällen, in denen diese auf der Grundlage des § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V in der vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung (aF; seit dem 1. Januar 2017: § 106d Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V) ihre Leistungspflicht als aushelfender Träger verneint hat, weil die Betroffenen bei ihr versichert waren, eine eigene Entscheidung über die sachlich-rechtliche Richtigstellung der Abrechnung gegenüber den betroffenen Vertragsärzten zu treffen. Diese eigene Entscheidung der KV bezieht sich lediglich noch darauf, zu prüfen, ob der Umsetzung des Prüfungsergebnisses der KK gegenüber dem Vertragsarzt Begrenzungen der Richtigstellungsbefugnis entgegenstehen, wie etwa eine Versäumung der Ausschlussfrist oder (andere) Vertrauensschutzgesichtspunkte (BSG, Urteil vom 23. März 2016, B 6 KA 8/15 R, zitiert nach juris, s. dort Rn 27). Hinsichtlich des Ergebnisses der vorangegangenen Prüfung der KK zu dem in der Abrechnung von vermeintlichen (tatsächlich nicht gegebenen) Grenzgänger-Behandlungsfällen zugrunde gelegten unzutreffenden Umfang ihrer Leistungspflicht ist die KV hingegen an das Ergebnis der KK-Prüfung gebunden und hat dieses nur noch im Verhältnis zu den betroffenen Vertragsärzten durch Bescheid umzusetzen; ein Recht, das Prüfungsergebnis der Krankenkassen inhaltlich zu überprüfen, steht ihr – anders als bei Prüfungen nach § 106a Abs 4 SGB V aF – nicht zu (BSG, aaO, Rn 24).
Die Abrechnungsprüfung nach § 106a Abs 3 SGB V aF ist mit Wirkung ab dem 1. Januar 2004 als eigenständige Aufgabe der KK neben die der KV nach § 106a Abs 2 SGB V aF obliegende Abrechnungsprüfung getreten. Gemäß § 106a Abs 3 Satz 1 SGB V aF prüfen die Krankenkassen die Abrechnungen der Vertragsärzte (jetzt: „der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen“) insbesondere hinsichtlich des Bestehens und des Umfangs ihrer Leistungspflicht (Nr 1), der Plausibilität von Art und Umfang der abgerechneten Leistungen in Bezug auf die angegebene Diagnose (Nr 2) sowie der Plausibilität der Zahl der in Anspruch genommenen Ärzte (Nr 3); gemäß § 106a Abs 3 Satz 2 SGB V aF haben sie die KVen unverzüglich über die Durchführung der Prüfungen und deren Ergebnisse zu unterrichten. Durch § 106a Abs 3 SGB V aF werden die Krankenkassen in die Prüfung der Abrechnungen einbezogen und ihnen eine eigenständige Überprüfungspflicht auferlegt (Hess, in Kasseler Kommentar, SGB V, Stand September 2015, § 106a Rn 11). Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, den Krankenkassen eine weitergehende Verantwortung hinsichtlich der Prüfung der ärztlichen Leistungserbringung zu übertragen (Gesetzentwurf der Fraktionen zum GMG, BT-Drucks 15/1525 S. 118).
In Bezug auf das Bestehen der Leistungspflicht im Sinne des § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V aF ist zu prüfen, ob der Versicherte, für den die Leistungen zu Lasten der KK abgerechnet werden, gegen diese dem Grunde und dem Umfang nach einen Anspruch hatte. Dies beinhaltet die Feststellung der Leistungspflicht aufgrund des Versichertenstatus und im Hinblick auf die Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers mithin auch die Frage, ob der behandelnde Vertragsarzt den zutreffenden Kostenträger angegeben hat (BSG, aaO). Die Prüfung der Abrechnungen hinsichtlich des Umfangs der Leistungspflicht der Krankenkassen präzisieren auch § 16 Abs 2 der zum 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Richtlinien der KBV und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der KVen und der Krankenkassen (DÄ 2008, A 1925) und § 15 Abs 2 der Vereinbarung über die Prüfung der Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen gemäß § 106a Abs 5 SGB V zwischen der Beklagten und den Krankenkassen vom 27. Oktober 2010 ua dahingehend, dass die Prüfungen nach § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V aF sowohl die Feststellungen der Leistungspflicht aufgrund des Versicherungsverhältnisses als auch die Feststellung der Leistungspflicht im Hinblick auf die Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers betreffen. Im hier gegeben Fall, dass ein bei der KK Versicherter fälschlich als im EU-Ausland krankenversicherter Grenzgänger angesehen und abgerechnet wird, worauf die KK fälschlich als aushelfender Träger im Sinne des Art 35 VO (EG) 883/2004 in Anspruch genommen wird, ist sowohl die fehlende bzw andersartige Leistungspflicht der KK aufgrund des Versichertenstatus als auch die Angabe eines falschen Kostenträgers betroffen; beide Fallgruppen sind von dem „Umfang der Leistungspflicht“ der KK im Sinne des § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V aF umfasst (LSG für das Saarland, Urteil vom 24. Juni 2020, L 3 KA 2/18, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 26. Mai 2021, B 6 KA 10/20 R, zitiert nach juris, s. dort Rn 26 f).
bb)
Vorliegend ist zwar nicht ein Anspruch der KK gegen die KV auf Durchführung einer sachlich-rechnerischen Berichtigung von vertragsärztlichen Abrechnungen streitgegenständlich. Gleichwohl folgt aus den Ausführungen des BSG in seinem vorstehend zitierten Urteil vom 26. Mai 2021, dass aus fälschlich abgerechneten Grenzgänger-Behandlungen folgende Abrechnungsstörungen im Verhältnis von KV und KK im Wege der Korrektur dieser Abrechnungen gegenüber den Vertragsärzten durch die KV auf Veranlassung der KK zu begegnen ist (wenn deren Prüfung nach § 106a Abs 3 Satz 1 SGB V aF bzw aktuell nach § 106d Abs 3 Satz 1 SGB V ergeben hat, dass in der Abrechnung von einem falschen Kostenträger ausgegangen wurde und mithin von einem unzutreffenden Umfang der Leistungspflicht der KK im Sinne des § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V aF). Die Klägerin kann daher mit ihrem Argument, entsprechende sachlich-rechnerische Richtigstellungen seien für sie mit einem zu hohen Aufwand verbunden, nicht gehört werden.
Zwar hat die Beklagte die Klägerin hier nicht allein im Sinne des § 106a Abs 3 Satz 2 SGB V aF über das Ergebnis ihrer auf die zur Erstattung angemeldeten Grenzgänger-Behandlungskosten bezogene Prüfung unterrichtet und die Klägerin zugleich aufgefordert, hinsichtlich der unzutreffend als Grenzgänger-Behandlungen abgerechneten Fälle die Abrechnungen der Ärzte zu korrigieren. Vielmehr hat die Beklagte ihrerseits die von der Klägerin gestellten Erstattungsrechnungen um die Beträge korrigiert, die aus Behandlungen von tatsächlich bei der Beklagten versicherten GKV-Mitgliedern resultierten, indem sie diese Beträge von der durch die Klägerin geforderten Erstattungssumme in Abzug brachte. Aus der Entscheidung des BSG vom 26. Mai 2021 (B 6 KA 10/20 R) ergibt sich nach Auffassung des Senats allerdings, dass es zur Auslösung der Pflicht auf Seiten der KV, die falschen Grenzgänger-Abrechnungen sachlich-rechnerisch zu berichtigen, lediglich der Information durch die KK darüber bedarf, dass bestimmte Behandlungsfälle fälschlich als Grenzgänger-Behandlungen abgerechnet wurden (vgl Rn. 29, letzter Satz, des juris-Dokuments: „damit“ – dh mit der Information im Sinne des § 106a Abs 3 Satz 2 SGB V aF – ist die KV verpflichtet, eine sachlich-rechnerische Berichtigung vorzunehmen). Solche Informationen von Seiten der Beklagten, adressiert an die Klägerin, liegen hier auch vor. Dass die diesbezüglichen Schreiben der Beklagten neben der bloßen Information über das Ergebnis ihrer Prüfung der zur Erstattung angemeldeten Grenzgänger-Behandlungskosten noch einen weiteren Inhalt aufweisen, ist dabei rechtlich unerheblich.
Daher wäre vorliegend die Klägerin verpflichtet gewesen, nach Erhalt der Schreiben der Beklagten, mit denen diese – jeweils bezogen auf bestimmte Quartale – mitgeteilt hatte, dass und welche Behandlungsfälle nach Abgleich des Versichertenverzeichnisses tatsächlich nicht Grenzgänger als Patienten sondern originär in der GKV Versicherte betrafen, die insoweit relevanten vertragsärztlichen Abrechnungen dahingehend sachlich-rechnerisch richtigzustellen, dass die Vergütung für die betroffenen Behandlungsfälle aus der MGV erfolgt. Dieser Pflicht hat die Klägerin nicht genügt.
d)
Der Klägerin steht angesichts dessen kein Erstattungsanspruch in Höhe des an Vertragsärzte für die Behandlung bloß vermeintlicher Grenzgänger gezahlten Honorars gegen die Beklagte zu. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Beklagte die ihr mit Blick auf die Status 7-Gesundheitskarten der vormaligen Grenzgänger obliegende Einziehungspflicht gegenüber den Personen, die anlässlich ihrer Behandlungen diese mittlerweile falsch gewordenen Versichertenkarten den Vertragsärzten vorgelegten haben, nicht erfüllt hat. Die Einziehungspflicht folgt aus § 291 Abs 4 Satz 1 SGB V in den vom 30. Juli 2010 bis zum 31. Oktober 2016 zwei geltenden Fassungen, wonach die (bisherige) KK die Krankenversichertenkarte (ab dem 29. Dezember 2015: die elektronische Gesundheitskarte) bei Beendigung des Versicherungsschutzes oder bei einem Krankenkassenwechsel einzuziehen (bzw ab dem 29. Dezember 2015 bei Vorliegen entsprechender elektronischer Möglichkeiten: zu sperren) hat. Zwar ist hier weder ein Krankenkassenwechsel noch eine Beendigung des Versicherungsschutzes einschlägig, aber der Senat legt die Vorschrift dahin aus, dass mit „Beendigung des Versicherungsschutzes“ die Beendigung des bisherigen Versicherungsschutzes gemeint ist, so dass auch die von der aushelfenden Krankenkasse im Sinne des Art 35 VO (EG) 883/2004 ausgegebene Krankenversichertenkarte einzuziehen ist, sobald die Berechtigten originär bei dieser KK versichert sind und deshalb eine neue, den Status 1 ausweisende Versichertenkarte erhalten. § 6 Abs 7 der 1. Ergänzung der Vereinbarung zur Gestaltung und bundesweiten Einführung der Krankenversichertenkarte zur Anlage 4 zum BMV-Ä ist hingegen nicht einschlägig, weil dort allein die Pflicht zur Einziehung der regulären (Status 1-) Versichertenkarte bei Ausgabe der europäischen Krankenversichertenkarte an Grenzgänger (vgl §§ 1 und 2 Nr 15 der 1. Ergänzung zu Anlage 4 BMV-Ä) geregelt ist.
aa)
An die Verletzung der aus § 291 Abs 4 Satz 1 SGB V aF folgenden Karteneinziehungspflicht knüpft das Gesetz keine Sanktion gegenüber der pflichtwidrig handelnden KK – etwa in Gestalt einer ausdrücklichen Haftungsanordnung für Kosten, die aufgrund der Verwendung einer nicht mehr aktuellen bzw einen falschen Versicherungsstatus des Karteninhabers ausweisenden Versichertenkarte entstehen. Der Senat vermag insoweit auch nicht, dem Sozialgericht in der Annahme beizutreten, aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergebe sich eine nicht kodifizierte Rechtsscheinhaftung der KK, die ihre Pflicht zur Einziehung einer unrichtig gewordenen Versichertenkarte gegenüber ihren Versicherten nicht – ggf im Wege der Verwaltungsvollstreckung – durchsetzt. Für eine solche richterrechtliche Rechtsfortbildung besteht schon deshalb kein Anlass, weil die Partner der Gesamtverträge durchaus gesehen haben, dass aus der Verwendung einer einen unzutreffenden Versichertenstatus ausweisenden Versichertenkarte Probleme erwachsen, und deshalb verschiedene Regelungen getroffen haben, um diese Probleme rechtlich zu lösen. Der von der Klägerin verfolgte Zahlungsanspruch ergibt sich indes aus keiner dieser Regelungen.
bb)
Nach § 3 Abs 3 der zwischen der KBV und dem GKV-Spitzenverband geschlossenen Vereinbarung zur Anwendung der europäischen Krankenversicherungskarte vom 1. Juli 2004 (Anlage 20 BMV-Ä) sowie – inhaltsgleich – nach § 6 Abs 8 der 1. Ergänzung zu Anlage 4 des BMV-Ä (Vereinbarung zur Gestaltung und zum Inhalt der Krankenversichertenkarte) gilt seit dem 1. Oktober 2013:
„Für Kosten einer Behandlung, die aufgrund einer vorgelegten falschen oder zu Unrecht ausgestellten Krankenversichertenkarte bzw. eines vorgelegten falschen oder zu Unrecht ausgestellten Abrechnungsscheins erfolgte, haftet die Krankenkasse dem Arzt gegen Abtretung seines Vergütungsanspruches, es sei denn, daß der Vertragsarzt einen offensichtlichen Mißbrauch hätte erkennen können.“
Eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Vorschrift enthält § 19 Abs 9 BMV-Ä in der bis zum 31. Dezember 2003 gegolten habenden Fassung, zwischen dem 1. Januar 2004 und dem 31. März 2005 fand sich die Bestimmung in § 19 Abs 8 BMV-Ä aF und im Zeitraum zwischen dem 1. April 2005 und dem 30. September 2013 in § 19 Abs 7 BMV-Ä aF. Der von der Klägerin verfolgte Zahlungsanspruch lässt sich auf diese Regelung(en) nicht stützen. Zwar mag man die von den Patienten vorgelegten Status 7-Krankenversichertenkarten als falsch im Sinne der Vorschrift ansehen, weil sie einen im Vorlage- und Behandlungszeitraum nicht mehr zutreffenden Versicherungsstatus auswiesen (zu Unrecht ausgestellt worden sind diese Versicherungskarten von der Beklagten hingegen nicht, weil die Inhaber im Zeitpunkt der Kartenausstellung im Verhältnis zur GKV tatsächlich allein einen Anspruch auf Leistungsaushilfe nach Art. 17 ff VO [EG] 883/2004 innehatten). Auch lassen sich die Behandlungskosten, deren Erstattung die Klägerin vorliegend begehrt, unter den Terminus „Kosten einer Behandlung, die aufgrund einer vorgelegten falschen Krankenversichertenkarte erfolgte“ subsumieren.
Indes betreffen die Vorschriften des § 3 Abs 3 der Anlage 20 BMV-Ä bzw des § 6 Abs 8 der 1. Ergänzung zu Anlage 4 des BMV-Ä allein solche Fälle, in denen die eine falsche Versichertenkarte vorlegende Person tatsächlich nicht bei der durch die Karte ausgewiesenen KK versichert war bzw solche Fälle, in denen durch vorangehende sachlich-rechnerische Berichtigung der Abrechnung kein rechtmäßiger Vergütungsanspruch des Vertragsarztes – wenn auch möglicherweise in geringerer Höhe – zur Entstehung gebracht werden kann. Die Vorschrift hat erkennbar nur solche Behandlungskosten im Blick, die aufgrund eines tatsächlich nicht bestehenden Krankenversicherungsverhältnisses im Ergebnis ungedeckt wären, wenn nicht die in der Vorschrift geregelte Haftung der KK einträte. Dafür sprechen auch die Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 12. November 2003 (B 3 KR 1/03 R, NZS 2004, 590 ff), wonach der Vertragsarzt gegen eine Honorarrückforderung „bei Nichtbestehen eines Versicherungsverhältnisses“ aufgrund der Regelung in § 19 Abs 9 BMV-Ä in der bis zum 31. Dezember 2003 gegolten habenden Fassung – einer der Vorgängerregelungen zu § 3 Abs 3 der Anlage 20 BMV-Ä bzw zu § 6 Abs 8 der 1. Ergänzung zu Anlage 4 des BMV-Ä – geschützt sei. Vorliegend bestand für die die falsche Versichertenkarte vorlegenden Personen ein Versicherungsverhältnis zur Beklagten, weshalb diese – unter Einberechnung auch der behandelten vermeintlichen Grenzgänger (vgl § 87a Abs 3 Satz 2 SGB V) – die Gesamtvergütung an die Klägerin gezahlt hatte, damit die KV aus dieser die Vergütungen der Vertragsärzte für die Behandlung der bei der Beklagten versicherten Personen vornehme. Durch die Vorlage der besonderen Status 7-Krankenversichertenkarte wurden daher keine (komplett) ungedeckten Behandlungskosten ausgelöst; jedenfalls bis zur Höhe des budgetierten Vergütungsanspruchs des Arztes innerhalb der MGV waren die Behandlungskosten in diesem Sinne gedeckt.
Daneben kann die Klägerin ihren klagweise verfolgten Anspruch auch deshalb nicht auf § 3 Abs 3 der Anlage 20 BMV-Ä bzw § 6 Abs 8 der 1. Ergänzung zu Anlage 4 des BMV-Ä (und dessen vorbenannte Vorgängerregelungen) stützen, weil die Vorschrift allein eine Haftung der KK gegenüber dem einzelnen Vertragsarzt konstituiert, nicht aber eine Haftung der KK gegenüber der KV. Insofern ist zu beachten, dass es sich bei der Rechtsbeziehung zwischen Vertragsärzten und der KV einerseits und der der KV und der KK andererseits um zwei grundsätzlich verschiedene Rechtskreise handelt (BSG, Urteil vom 23. März 2016, B 6 KA 8/15 R, zitiert nach juris, s. dort Rn 29; Engelhard, in Hauck/Noftz, SGB V, Werksstand 2022, § 85 Rn 15). Vorliegend ist allein der Rechtskreis betroffen, der die Rechtsbeziehungen zwischen KV und KK umfasst.
Im Übrigen ließe sich der von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsanspruch auch deshalb nicht auf § 3 Abs 3 der Anlage 20 BMV-Ä bzw § 6 Abs 8 der 1. Ergänzung zu Anlage 4 des BMV-Ä stützen, weil die dort bestimmte Haftung der KK in einem synallagmatischen bzw Zug-um-Zug-Verhältnis zu einer Abtretung des Vergütungsanspruchs des Arztes steht. Eine Haftung ohne gleichzeitige Abtretung des Vergütungsanspruchs käme daher ohnehin nicht in Betracht. Unabhängig davon, dass eine Abtretung der Vergütungsansprüche der Ärzte an die Beklagte nicht stattgefunden hat und auch gar nicht hat stattfinden können, weil die betroffenen Ärzte bis heute nichts davon wissen, dass die seinerzeit von ihnen behandelten Personen tatsächlich keine Grenzgänger waren, sondern regulär in der GKV Versicherte – weil die Klägerin nämlich die Vornahme einer sachlich-rechnerischen Berichtigung der betroffenen Abrechnungen unter Verweis auf einen dadurch ausgelösten unangemessen hohen Verwaltungsaufwand abgelehnt hat –, fehlt es vorliegend an abtretbaren Vergütungsansprüchen der Vertragsärzte gegen die behandelten Versicherten. Denn für die Vergütung dieser – als Mitglieder der Beklagten in der GKV versicherten – Patienten hatte die Beklagte der Klägerin mit befreiender Wirkung (§ 85 Abs 1 SGB V) die MGV zur Verfügung gestellt. Die Wirkung der Erfüllung erstreckt sich auch auf Dritte. Sie schließt gesonderte Ansprüche von Leistungserbringern gegen Versicherte für vertragsärztliche Leistungen außerhalb gesetzlicher Sonderregelungen oder in zulässiger Weise getroffener Vereinbarungen aus (Freudenberg, in jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 87a Rn 72).
cc)
Auch der von dem Sozialgericht in seinem angefochtenen Urteil angeführte § 48 Abs 5 BMV-Ä in der seit dem 1. Oktober 2013 gegolten habenden Fassung trägt den von der Klägerin verfolgten Anspruch nicht. Mit Urteil vom 23. März 2016 (B 6 KA 8/15 R, zitiert nach juris, s. dort Rn 39 f) hat das BSG entschieden, dass mit Inkrafttreten des § 106a Abs 3 SGB V aF (= § 106d Abs 3 SGB V nF) die Fallgruppe der Angabe eines falschen Kostenträgers der sachlich-rechnerischen Richtigstellung zugeordnet worden ist; die Anwendung von § 48 BMV-Ä ist daneben ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber mit der Normierung des § 106a SGB V aF und dessen Ergänzung durch untergesetzliche Normen auf der Grundlage von § 106a Abs 5 und 6 SGB V aF (= § 106d Abs 5 und 6 SGB V nF) ein Regelungsgefüge statuiert hat, das im Rahmen seines Anwendungsbereiches Ausschließlichkeit beansprucht und für konkurrierende bundesmantelvertragliche Vorschriften grundsätzlich keinen Raum lässt (LSG für das Saarland, Urteil vom 24. Juni 2020, L 3 KA 2/18, zitiert nach juris, s. dort Rn 53; bestätigt durch BSG, Urteil vom 26. Mai 2021, B 6 KA 8/15 R, aaO).
Im Übrigen hätte auch der Schadensersatzanspruch nach § 48 Abs 5 BMV-Ä ausdrücklich ua zur Voraussetzung, dass der Vertragsarzt einen ihm möglicherweise gegen den Patienten zustehenden Schadensersatzanspruch zuvor vorsorglich an die KK abgetreten hat und dass die KK nicht nachweisen kann, dass die KV für den behandelten Versicherten einen Anteil an der Gesamtvergütung erhalten hat. Beide Voraussetzungen liegen hier offenkundig nicht vor. Zum einen ist unstreitig, dass die Beklagte der Klägerin für sämtliche hier in Streit stehenden Quartale für die bei ihr – der Beklagten – Versicherten die MGV gezahlt hat, zum anderen kann – gerade aufgrund des Umstands der vorgängigen Zahlung der MGV – ein abtretbarer Honoraranspruch des Vertragsarztes gegen den Versicherten schon von vornherein gar nicht bestehen.
dd)
Auch die von dem Sozialgericht zur Begründung der von diesem angenommenen Rechtsscheinhaftung herangezogenen Entscheidungen des BSG vermögen nach Ansicht des Senats die Bejahung eines Erstattungsanspruchs der Klägerin nicht zu rechtfertigen. Dies betrifft zunächst das von dem Sozialgericht ins Feld geführte BSG-Urteil vom 12. Juni 2008 zum Aktenzeichen B 3 KR 19/07 R (BSGE 101, 33 ff). In dieser Entscheidung wiederholt das BSG lediglich seine bereits im Urteil vom 12. November 2003 (B 3 KR 1/03 R, aaO) getätigten Ausführungen, wonach Vertragsärzte gegen eine Honorarrückforderung „bei Nichtbestehen eines Versicherungsverhältnisses“ aufgrund der Regelung in § 19 Abs 9 BMV-Ä in der bis zum 31. Dezember 2003 gegolten habenden Fassung geschützt seien. Die Regelung in § 19 Abs 9 BMV-Ä aF (zwischen dem 1. Januar 2004 und dem 31. März 2005: § 19 Abs 8 BMV-Ä aF, zwischen dem 1. April 2005 und dem 30. September 2013: § 19 Abs 7 BMV-Ä aF) stellt indes die im Wesentlichen inhaltsgleiche Vorgängerregelung zu § 3 Abs 3 der Anlage 20 BMV-Ä bzw zu § 6 Abs 8 der 1. Ergänzung zu Anlage 4 des BMV-Ä dar, woraus folgt, dass es sich bei dem Schutz des vertragsärztlichen Honoraranspruchs bei fehlerhafter Nutzung einer Versichertenkarte nicht um eine richterrechtliche „Erfindung“ des BSG handelt, sondern schlicht um eine von den Gesamtvertragsparteien gesetzte Haftungsregelung; auf diese kann – wie oben gezeigt – die Klägerin ihren Erstattungsanspruch vorliegend jedoch nicht stützen.
Auch der Verweis des Sozialgerichts auf das Urteil des BSG vom 27. Juni 2001 (B 6 KA 50/00 R) trägt letztlich nicht, weil sich der jener Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt gravierend von dem vorliegenden unterscheidet. Dort bestand im Zeitpunkt der vertragsärztlichen Behandlung eine rechtliche Unsicherheit über den Versicherungsstatus der Patienten (bei denen es sich um sog. Spätaussiedler handelte, die später rückwirkend eine Mitgliedschaft bei einer AOK begründeten), wohingegen der Versicherungsstatus der Patienten im vorliegenden Fall – abgesehen von einer im Behandlungszeitpunkt möglicherweise noch nicht erfolgten Abmeldung durch den vormaligen ausländischen Arbeitgeber nach § 8 Abs 1 der Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung (Datenerfassungs- und –übermittlungsverordnung; DEÜV) – dahingehend geklärt war, dass es sich um über die Beklagte in der GKV versicherte Personen gehandelt hat. Zudem verhielt es sich in dem vom BSG am 27. Juni 2001 entschiedenen Fall gerade so, dass die KK für die rückwirkend bei ihr versicherten Spätaussiedler zunächst – mangels deren Versicherteneigenschaft – gerade keine Gesamtvergütung an die KV entrichtet hatte, während die Beklagte vorliegend eine Gesamtvergütung an die Klägerin entrichtet hat, die unter Einbeziehung der sodann fälschlich als Grenzgänger behandelten Versicherten berechnet worden war. Somit ist im vorliegenden Fall – ohne die von der Klägerin begehrte Erstattung von Honorarkosten für die Behandlung vermeintlicher Grenzgänger – eine Gefährdung der vertragsärztlichen Vergütungsansprüche gerade nicht gegeben, weil, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, sich die Behandlungsfälle auf in der GKV versicherte Personen bezog, deren Vergütung – korrekterweise und ggf nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung der Abrechnungen durch die Klägerin – aus der von der Beklagten zur Verfügung gestellte Gesamtvergütung zu erfolgen hatte. Aus diesem Grund besteht im Übrigen auch kein Bedarf an einer – bei Bejahung einer Rechtsscheinhaftung der Beklagten eintretenden – Pflicht der Beklagten zur nochmaligen, neben die Zahlung der MGV tretenden Vergütung der streitbefangenen Behandlungen vermeintlicher Grenzgänger; darauf hat das BSG in seiner oben zitierten Entscheidung vom 26. Mai 2021 zum Aktenzeichen B 6 KA 10/20 R, nach der eine Doppelzahlung der KK gerade verhindert werden soll, maßgeblich abgehoben.
ee)
Schließlich hält die Rechtsordnung im Grundsatz nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 823 Abs 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen Schadensersatzanspruch des Geschädigten bei Verletzung eines Schutzgesetzes bereit, was wiederum belegt, dass ein rechtlich anzuerkennender Bedarf an der Kreierung der von dem Sozialgericht angenommenen Rechtsscheinhaftung nicht besteht. Dabei mag die Karteneinziehungspflicht nach § 291 Abs 4 Satz 1 SGB V aF durchaus ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs 2 Satz 1 BGB darstellen. Ein Schaden durch die unberechtigte (Weiter-) Nutzung der Status 7-Krankenversichertenkarte durch einige bei der Beklagten Versicherte wäre indes zunächst allein auf Seiten der Vertragsärzte entstanden, und dies auch nur in Höhe des Teils ihres Honorars, der die aus der MGV zu erzielende Vergütung für den jeweiligen Behandlungsfall – als Behandlung eines unmittelbar zu Lasten der Beklagten in der GKV Versicherten – übersteigt. Denn allein dieser Differenzbetrag markiert den Unterschied im Vergütungsanspruch der Honorarärzte zwischen dem Zustand bei Nutzung einer zutreffenden Versichertenkarte durch den Patienten einerseits und dem – fehlerhaften – Zustand bei Nutzung der Status 7-Versichertenkarte andererseits; nur in dieser Höhe ist mithin ein Schaden im Sinne des § 249 Abs 1 BGB entstanden. Allein wenn dieser Differenzbetrag letztlich bei der Klägerin verbliebe, wäre ihr überhaupt ein Schaden entstanden. Dafür ist indes von der Klägerin nichts vorgetragen. Auch als Schadensersatzanspruch lässt sich die von der Klägerin eingeklagte Forderung daher nicht begründen.
Dies gilt umso mehr, da es sich bei der Schadensersatzhaftung nach § 823 BGB um eine reine Verschuldenshaftung handelt (vgl § 823 Abs 2 Satz 2 BGB). Der Beklagten fiele aber dann kein Verschulden an der Nutzung einer Status 7-Krankenversichertenkarte durch einen vormaligen Grenzgänger zur Last, wenn sie – die Beklagte – im Zeitpunkt der Behandlung bzw Kartennutzung noch überhaupt keine Kenntnis von der Änderung des Versichertenstatus des Patienten hatte und auch nicht haben konnte, beispielsweise, weil der vormalige ausländische Arbeitgeber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht gemeldet hatte (vgl zur sechswöchigen Abmeldefrist § 8 Abs 1 DEÜV). Deshalb wäre für die Höhe eines auf § 823 Abs 2 BGB gestützten Schadensersatzanspruchs auch der konkrete Zeitpunkt der Nutzung der falsch gewordenen europäischen Krankenversichertenkarte in Relation zum Zeitpunkt der Beendigung des Grenzgängerstatus der behandelten Person von Relevanz – und deshalb von demjenigen, der einen solchen Schadensersatzanspruch geltend macht (hier: der Klägerin) im einzelnen darzulegen. Die Klägerin hat solche Darlegungen aber nicht getätigt.
Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs 2 BGB scheiterte schließlich auch daran, dass die Klägerin an der Entstehung des Schadens ein erhebliches Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs 1, Abs 2 Satz 1 BGB trifft. Denn nach der oben referierten Rechtsprechung des BSG vom 26. Mai 2021 hätte es der Klägerin oblegen, auf die Mitteilung der Beklagten über den Versicherungsstatus der hier relevanten Patienten eine sachlich-rechnerische Richtigstellung der diesbezüglichen vertragsärztlichen Abrechnungen vorzunehmen. Dass die Klägerin dies unterlassen und vielmehr die von den Vertragsärzten im Wege des Einzelleistungsnachweises in Rechnung gestellten Vergütungsbeträge an diese ausgezahlt hat, muss als gravierender Verstoß gegen die Schadensabwendungspflicht nach § 254 Abs 2 Satz 1 BGB angesehen werden. Denn hätte die Klägerin die diesbezüglichen Rechnungen sogleich sachlich-rechnerisch richtiggestellt, wäre ein „Schaden“ im Umfang der höheren Einzelleistungsvergütung der Ärzte schon gar nicht entstanden.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
III.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zugelassen. Zwar ist durch das Urteil des BSG vom 26. Mai 2021 (B 6 KA 10/20 R, aaO) grundsätzlich klargestellt, dass Fälle einer fälschlichen Einzelleistungsabrechnung bei Behandlung vermeintlicher Grenzgänger, bei denen es sich tatsächlich um Versicherte einer – nicht aushelfenden, sondern originär zuständigen – KK handelt, im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung gemäß § 106d SGB V zu handhaben sind. Eine grundsätzliche Bedeutung kommt dem vorliegenden Verfahren aber dadurch zu, dass das BSG in seinem vorzitierten Urteil keine Ausführungen dazu getätigt hat, ob die Verletzung der Karteneinziehungspflicht nach § 291 Abs 4 Satz 1 SGB V durch eine KK an der Risikoverteilung zwischen KV und KK im Zusammenhang mit der durchzuführenden sachlich-rechnerischen Berichtigung etwas ändert.
IV.
Die Streitwertfestsetzung, die nicht nur im Beschlusswege nach § 63 Abs 2 Gerichtskostengesetz (GKG) sondern auch im Urteil erfolgen kann (B. Schmidt, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 197a Rn 5), beruht auf § 52 Abs 3 Satz 1 GKG. Die eingeklagten Zinsen haben dabei nach § 43 Abs 1 GKG außer Betracht zu bleiben.