L 4 KA 24/18

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 2 KA 349/14
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 24/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Ein Beschluss des Landesausschusses über die teilweise Entsperrung eines Planungsbereichs kann bei der defensiven Konkurrentenschutzklage eines Vertragsarztes gegen die auf die Entsperrung beruhende Entscheidung der Zulassungsgremien über die Zulassung eines anderen Vertragsarztes grundsätzlich nicht (inzident) mit überprüft werden. Die Regelung in § 103 Abs. 3 SGB V vermittelt insoweit keinen Drittschutz. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Landesausschuss bei der Entsperrung willkürlich auf eine fehlerhafte Datengrundlage abgestellt hat.

 
2. Die (Vor-)Entscheidung des Landesausschusses, einen Planungsbereich im Umfang eines halben oder ganzen Versorgungsauftrags bzw. mehrerer Versorgungsaufträge zu entsperren, ist für die Zulassungsgremien nach § 16b Abs. 3 Satz 2 Ärzte-ZV bindend. Wegen dieser Bindungswirkung können die Zulassungsgremien auch dann keinen Bewerber von der Auswahlentscheidung für einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz ausschließen, wenn der Planungsbereich in einem zu großen Umfang entsperrt worden ist.

Die Berufung der Klägerin zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts K  vom 12. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

 

Die Klägerin zu 1. trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6., die diese selbst tragen. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch den Beigeladenen zu 7. wird für notwendig erklärt.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 378.870 Euro festgesetzt.

 

 

Tatbestand

 

Streitig ist die Besetzung eines Vertragsarztsitzes im Bereich der Orthopädie.

 

Die Klägerin zu 1. ist eine aus drei fachärztlichen Mitgliedern bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mit Praxissitz in P1 .

 

Mit Beschluss vom 4. Juni 2013 änderte der zuständige Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Schleswig-Holstein in dem Planungsbereich P für die Gruppe der Orthopäden die bestehenden Zulassungsbeschränkungen mit der Maßgabe ab, dass ein weiterer Arzt dieser Fachgruppe im Umfang eines ganzen Versorgungsauftrags zugelassen werden kann. Hierauf bewarben sich ua der zu 7. beigeladene Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie für einen Standort in L und die klägerische BAG mit jeweils einem Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie W und des Facharztes für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie B für jeweils 13 Wochenstunden am Praxissitz in P1.

 

Der Beigeladene zu 7. ist seit Dezember 1993 approbiert, seit Januar 2001 Facharzt für Orthopädie und seit Februar 2001 in die Warteliste für einen Vertragsarztsitz im Planungsbereich P eingetragen. Er ist nach Aufgabe der Tätigkeit als Chefarzt einer Klinik für Orthopädie und Rheumatologie mittlerweile in einer chirurgisch und orthopädisch ausgerichteten Praxis beschäftigt. Demgegenüber ist W seit November 1996 approbiert und seit November 2009 Facharzt für Orthopädie sowie Unfallchirurgie; B ist seit Januar 1999 approbiert und seit Juli 2007 Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Beide sind als Fachärzte für Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) in K zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.  

 

Im Anschluss entschied der Zulassungsausschuss (ZA) für Ärzte in Schleswig-Holstein, den Kläger zu 2. für den Standort S zuzulassen; den Antrag des Beigeladenen zu 7. und die Anträge der klägerischen BAG zur Beschäftigung von W und B lehnte er neben weiteren Anträgen anderer Ärzte ab (Beschluss vom 6. November 2013). Auf die hiergegen eingelegten Widersprüche änderte der beklagte Berufungsausschuss (BA) die Entscheidung des ZA, ließ den Beigeladenen zu 7. für den Standort L zu und wies ua den Widerspruch der klägerischen BAG zurück. Zur Begründung führte der BA zusammengefasst aus, dass der Standort L für die Vergabe eines weiteren Vertragsarztsitzes für die Gruppe der Orthopäden im Planungsbereich P am besten geeignet sei. Dadurch sei von allen Orten des Planungsbereichs eine orthopädische Praxis in weniger als 25 km zu erreichen. Demgegenüber sei der Standort P1 mit bereits drei zugelassenen Fachärzten für Orthopädie schon ausreichend versorgt (erster Beschluss vom 24. April 2014; den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 1. am 10. Oktober 2014 zugestellt).

 

Außerdem wies der beklagte Berufungsausschuss in einem gesonderten Beschluss den weiteren Widerspruch der klägerischen BAG als unzulässig zurück. Soweit sich die Klägerin zu 1. in der Begründung ihres Widerspruchs mit Schreiben vom 14. April 2014 erstmalig gegen die Öffnung des Planungsbereichs P für einen weiteren Arzt aus der Gruppe der Orthopäden gewandt habe, handele es sich um ein zusätzliches (nicht offensives, sondern defensives Konkurrentenschutz-)/Begehren, das aber verfristet geltend gemacht worden sei (zweiter Beschluss vom 24. April 2014; den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu 1. bereits am 6. Juni 2014 zugestellt).

 

Die Klägerin zu 1. hat am 7. Juli 2014 (einem Montag) vor dem Sozialgericht (SG) Kiel zunächst eine gegen den zweiten (und früher zugestellten) Beschluss des BA gerichtete Klage erhoben und diese im Laufe des Verfahrens um den ersten (und später zugestellten) Beschluss des BA erweitert. In der Sache hat sie sich hauptsächlich gegen die partielle Öffnung des Planungsbereichs P für die Gruppe der Orthopäden gewandt, weil der entsprechende Beschluss des Landesausschusses auf einer fehlerhaften Datengrundlage beruhe. Der Ausschuss habe dabei noch auf eine zum 30. April 2011 fortgeschriebene, aus der Volkszählung von 1987 ermittelte Einwohnerzahl (über 133.981 Personen) abgestellt, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits eine auf dem Zensus 2011 beruhende, niedrigere Einwohnerzahl (über 127.676 Personen) amtlich festgestellt gewesen sei. Deshalb hätte der Landesausschuss den Planungsbereich P allenfalls für eine halbe Vertragsarztstelle öffnen dürfen und außerdem der Berufungsausschuss insoweit eine Befristung nach § 19 Abs 4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) in Betracht ziehen müssen. Hilfsweise hat die Klägerin zu 1. eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des BA geltend gemacht. Die geringe Einwohnerzahl (über 14.000 Personen) und die schlechte Erreichbarkeit von L zeigten, dass der Standort für die orthopädische Versorgung der Bevölkerung in dem Planungsbereich ungeeignet sei. Demgegenüber lebten im erweiterten und weiter anwachsenden Einzugsbereich von P1 46.500 Einwohner und die dort bereits bestehende Arztpraxis sei sowohl mit dem Pkw als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut zu erreichen.

 

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12. Dezember 2017 abgewiesen. Die Beschlüsse des beklagten Berufungsausschusses seien nicht zu beanstanden. Dabei sei die in der Hauptsache gegen den zweiten Beschluss des BA gerichtete defensive Konkurrentenklage der Klägerin zu 1. bereits unzulässig. Nach der mittlerweile stRspr des Bundessozialgerichts (BSG) könne die für die Abwehr eines zusätzlichen Konkurrenten im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung erforderliche Anfechtungsbefugnis nur aus drittschützenden einfachrechtlichen Vorgaben abgeleitet werden. Die dafür vorliegend allein in Betracht kommenden Regelungen aus den §§ 95 ff Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vermittelten den bereits zugelassenen Vertragsärzten aber keinen derartigen Drittschutz. Im Übrigen seien die am 31. Mai 2013 kurz vor dem hier maßgeblichen Beschluss des Landesausschusses veröffentlichen Ergebnisse des Zensus 2011 nicht abschließend gewesen und 2014 noch teilweise korrigiert worden. Die darüber hinaus hilfsweise gegen die Auswahlentscheidung des beklagten Berufungsausschusses gerichtete offensive Konkurrentenklage der Klägerin zu 1. sei hingegen unbegründet. Die von dem BA vorgenommene Auswahl (zugunsten des Beigeladenen zu 7.) beruhe weder auf einem unrichtig bzw unvollständig ermittelten Sachverhalt noch sei der Ausschuss dabei von sachfremden Erwägungen ausgegangen. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte dem sich aus § 26 Abs 4 Nr 3 der Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL 2013) des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) heranzuziehenden Auswahlkriterium „der bestmöglichen Versorgung der Versicherten im Hinblick auf die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes“ vorliegend ein besonderes Gewicht beigemessen habe. Danach sei der Praxisstandort L eher ein geeigneter Niederlassungsort für einen Orthopäden als P1 oder Schönberg.

 

Gegen das Urteil (zugestellt am 29. Dezember 2017) wendet sich die Klägerin zu 1. mit ihrer Berufung vom 29. Januar 2018 und stützt sich dabei im Wesentlichen auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend macht sie geltend, dass das SG den drittschützenden Charakter der §§ 95 ff SGB V verkannt habe. Auch im Übrigen sei die defensive Konkurrentenklage zulässig und begründet. Insbesondere habe das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein – entgegen der Annahme des SG – die bereits am 31. Mai 2013 nach dem Zensus 2011 amtlich festgestellte Einwohnerzahl für den Planungsbereich P nicht mehr nachträglich korrigiert. Zwar seien 2014 von den Statistikämtern weitere Auswertungen zum Zensus 2011 veröffentlicht, die bereits zuvor amtlich festgestellten Einwohnerzahlen aber nicht mehr geändert worden.

 

 

Die Klägerin zu 1. beantragt,                                        

 

  1. das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 12. Dezember 2017 zu ändern und die Beschlüsse des Beklagten vom 24. April 2014 aufzuheben, soweit dort defensiver Konkurrentenschutz zurückgewiesen bzw der Beigeladene zu 7. als Facharzt für Orthopädie mit Standort in L zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen worden ist,

 

  1. hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 12. Dezember 2017 zu ändern sowie die Auswahlentscheidung im Beschluss des Beklagten vom 24. April 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über die Besetzung des im Planungsbereichs P ausgeschriebenen orthopädischen Versorgungsauftrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden,

 

  1. weiter hilfsweise, durch zeugenschaftliche Vernehmung des Referenten Zensus 2011 im Statistischen Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, Herrn W1, hilfsweise durch zeugenschaftliche Vernehmung eines anderen sachvertrauten Mitarbeiters des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein, Beweis darüber zu erheben, in welchem Umfang das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein zeitlich vor dem Beschluss des Landesausschusses für Ärzte und Krankenkassen in Schleswig-Holstein vom 4. Juli 2013 Ergebnisse aus dem Zensus 2011 amtlich festgestellt und veröffentlicht hat.

 

Der Beklagte und der Beigeladene zu 7. beantragen, 

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

 

Die übrigen Beigeladenen stellen keinen Antrag.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die Berufung der Klägerin zu 1. ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat ihre Klage zu Recht abgewiesen.

 

1. Gegenstand des Verfahrens ist zunächst der zweite Beschluss des beklagten Berufungsausschusses vom 24. April 2014 (vgl zu dieser verfahrensrechtlichen Besonderheit in vertrags­arzt­rechtlichen Statusstreitigkeiten ua Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 16. Mai 2018 – B 6 KA 1/17 R – juris mwN), mit dem das defensive Konkurrentenschutzbegehren der Klägerin zu 1. als verfristet und damit unzulässig verworfen worden ist. Darüber hinaus ist (hilfsweise) auch der erste Beschluss des Beklagten vom 24. April 2014 streitbefangen, mit dem der Widerspruch der Klägerin zu 1. gegen die bereits im Be­schluss des Zulassungsausschusses vom 6. November 2013 abgelehnten Anstellungsgenehmigungen für die Ärzte W und B am Praxisstandort P1 zurückgewiesen worden ist. Da im Übrigen der Kläger zu 2. gegen das klagabweisende Urteil des SG K kein Rechtsmittel eingelegt hat, ist dieser als eigenständige Klage abtrennbare Bestandteil des Urteils rechtskräftig geworden (§ 141 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

 

2. Die gegen die beiden Beschlüsse in der Hauptsache von der Klägerin zu 1. erhobene (auf defensiven Konkurrentenschutz ausgerichtete) Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) und die von ihr hilfsweise erhobene (auf offensiven Konkurrentenschutz ausgerichtete) Anfechtungs- und Neubescheidungsklage (§ 54 Abs 1 iVm § 131 Abs 3 SGG) können in der Sache jedoch keinen Erfolg haben. Es besteht weder eine Berechtigung der klägerischen BAG, die dem Beigeladenen zu 7. erteilte Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung anzufechten (da­zu 3.), noch ist die Auswahlentscheidung des beklagten Berufungsausschusses zugunsten des Beigeladenen zu 7. zu beanstanden (da­zu 4.). Schließlich hat der Senat von der seitens der Klägerin zu 1. zusätzlich hilfsweise beantragten Beweisaufnahme (durch die Vernehmung eines Mitarbeiters des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Hol­stein) absehen können (dazu 5.).

 

3. Die defensive Konkurrentenschutzklage der Klägerin zu 1. ist unbegründet. Die Zulassung des Beigeladenen zu 7. zur vertragsärztlichen Versorgung verletzt die BAG nicht in eigenen Rechten (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG).

 

a) Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der mittlerweile ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zweistufig (vgl hierzu ua Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 17. August 2011 – B 6 KA 27/10 – juris mwN). Zunächst ist zu klären, ob der klagende Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung (zB Zulassung, Ermächtigung etc) anzufechten. Ist das zu bejahen, muss anschließend geprüft werden, ob die Entscheidung des Berufungsausschusses in der Sache zutrifft. Im vorliegenden Fall besteht jedoch schon keine Anfechtungsberechtigung der klägerischen BAG.

 

b) Vertragsärzte sind nur unter engen Voraussetzungen berechtigt, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen über eine defensive Konkurrentenschutzklage anzufechten. Hintergrund ist, dass unsere Rechtsordnung bei der Ausübung beruflicher Tätigkeiten grundsätzlich keinen unmittelbaren Schutz vor Konkurrenz gewährt (vgl zum Bereich des Vertragsarztrechts Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Kammerbeschluss vom 17. August 2004 – 1 BvR 378/00 – juris Rn 21 ff). Deshalb haben Marktteilnehmer re­gelmäßig keinen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie stets gleich- (vgl hierzu BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 – 1 BvR 1160/03 – juris Rn 60) und mögliche Konkurrenten vom Markt dauerhaft fernbleiben. Für die defensive Konkurrenten­schutzklage zur Abwehr eines zusätzlichen Konkurrenten, wie sie die klägerische BAG hier in der Hauptsache gegenüber der dem Beigeladenen zu 7. erteilten Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung geltend macht, kann dementsprechend eine Anfechtungsbefugnis nicht aus materiellen Grundrechten, sondern allenfalls aus einfach-recht­lichen und gleichzeitig drittschützenden Vorgaben hergeleitet werden. Davon ist aber nur auszugehen, wenn diesen Vorgaben ein Gebot der Rücksichtnahme auf die Interessen derjenigen zu entnehmen ist, die bereits eine Position am Markt innehaben. Bei der Auslegung, ob den jeweils einschlägigen gesetzlichen Vorgaben eine idS drittschützende Wirkung entnommen werden kann, sind die Besonderheiten des jeweiligen Sachbereichs zu berücksichtigen (vgl zu alledem auch BSG, Urteil vom 7. Februar 2007 – B 6 KA 8/06 R – juris mwN).

 

Eine Berechtigung, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten, kann daher nur angenommen werden, wenn (1.) der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin (2.) dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner (3.) der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig ist. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (vgl zu alledem BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 – B 6 KA 42/08 R – juris mwN). 

 

Dabei wird insbesondere durch den Umstand, dass bei dem Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis für die Anerkennung der Berechtigung zur Anfechtung erforderlich ist, klargestellt, dass dafür die Verletzung von wirtschaftlichen Interessen – wie beispielsweise die von der Klägerin zu 1. im Vorverfahren geltend gemachten nachteiligen Auswirkungen auf die Nachbesetzung bestehender Vertragsarztsitze – nicht ausreicht (stRspr des BVerfG, vgl ua Beschluss vom 23. Mai 2006 – 1 BvR 2530/04 – juris). Insoweit kann der vom BVerfG in dem vorangestellt dargelegten Kammerbeschluss vom 17. August 2004 angeführte Gesichtspunkt, dass infolge des vertragsärztlichen Vergütungssystems mit budgetierten Gesamtvergütungen Abrechnungsmöglichkeiten für weitere Ärzte die Verdienst- oder Verwertungsmöglichkeiten der bereits vertragsärztlich Tätigen schmälern können, nicht für eine Berechtigung zur Anfechtung ausreichen. Denn dann wäre diese auch gegenüber weiteren Zulassungen anderer Ärzte zur vertragsärztlichen Versorgung anzuerkennen. Das BVerfG ist in seiner Entscheidung aber – darauf hat im Übrigen das SG K  in dem hier angefochtenen Urteil zutreffend hingewiesen – nicht von einer drittschützenden Wirkung der allgemeinen gesetzlichen Vorgaben über die vertragsärztliche Zulassung (§§ 95 ff SGB V) ausgegangen, sondern hat den Drittschutz in dem Verfahren aus der Vorschrift über die Ermächtigung von Krankenhausärzten (§ 116 Satz 2 SGB V) hergeleitet (vgl hierzu BVerfG aaO unter II. 3. a) und durchgängig auf den Zusammenhang zwischen der Berechtigung zur Anfechtung und dem grundsätzlichen Nachrang der Krankenhausärzte gegenüber zugelassenen Vertragsärzten abgestellt (vgl dazu auch die Konkretisierungen des BSG, Urteil vom 28. September 2005 – B 6 KA 70/04 R – juris).

 

c) Bei Berücksichtigung dieser Maßgaben kann von einer Berechtigung der Klägerin zu 1. zur Anfechtung der dem Beigeladenen zu 7. erteilten Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung nicht ausgegangen werden. Zumindest die dritte der genannten Voraussetzungen, wonach der dem Konkurrenten (hier: dem Beigeladenen zu 7.) eingeräumte Status gegenüber dem bereits vorbestehenden Status der klägerischen BAG nachrangig sein muss, liegt hier nicht vor.

 

aa) Einen derartigen Nachrang haben die Sozialgerichte bislang bei einer erteilten Ermächtigung (vgl hierzu BSG; Urteil vom 7. Februar 2007 – B 6 KA 8/06 R – juris), einer erteilten Sonderbedarfszulassung (vgl hierzu BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 6 KA 38/08 R – juris) oder einem erteilten Versorgungsauftrag zur Dialyseversorgung (vgl hierzu BSG, Urteil vom 17. Oktober 2012 – B 6 KA 41/11 R – juris) bejaht. Dabei ist jeweils Maßstab für die Bewertung der erforderlichen Nachrangigkeit der Umstand gewesen, dass der konkurrierende Status nur bei Vorliegen eines noch bestehenden Versorgungsbedarfs erteilt worden und der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung damit im allgemeinen Interesse an ordnungsgemäßen und lückenlosen ambulanten Behandlungsmöglichkeiten der Versicherten erfolgt ist. Im Gesetzeswort­laut kommt das beispielsweise bei der Ermächtigung eines Krankenhausarztes nach § 116 Satz 2 SGB V durch die Formulierung „soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten <…> nicht sichergestellt“ ist zum Ausdruck. Auch Sonderbedarfszulassungen können nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V nur erteilt werden, „soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken“.

 

bb) In der vorliegend (als einzig denkbar drittschützend) zu berücksichtigenden einfach-rechtlichen Regelung des § 103 Abs 3 SGB V – der dem jeweils zuständigen Landesausschuss vorgibt, dass zuvor angeordnete Zulassungsbeschränkungen aufzuheben sind, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen – findet sich jedoch keine annähernd gleichwertige Aussage. Danach setzt die (für die Zulassungsgremien nach § 16b Abs 3 Satz 2 Ärzte-ZV verbindliche) partielle Öffnung eines Planungsbereichs lediglich voraus, dass dort der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad nicht (mehr) um 10 von Hundert überschritten wird (§ 101 Abs 1 Satz 3 SGB V). Anders als bei der Ermächtigung von Krankenhausärzten oder der Erteilung einer Sonderbedarfszulassung er­fordert die Entsperrung eines Planungsbereichs demnach keine ausgleichsbedürftige Ver­sorgungslücke, sondern „nur“ das Unterschreiten eines allgemeingültigen Versorgungsgrads. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Anforderungen, die in der bisherigen sozialgerichtlichen Rechtsprechung an die Ermittlungen einer konkreten Bedarfslage zum Ausgleich derartiger Versorgungslücken entwickelt worden sind (vgl dazu beispielhaft BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 R – juris mwN), auf die Besetzung eines Arztsitzes nach (partieller) Öffnung eines bislang gesperrten Planungsbereichs nicht übertragen werden können. Deutlich wird das insbesondere daran, dass in dem der Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen regelmäßig folgenden Zulassungsverfahren grundsätzlich keine Ermittlungen zu der Frage mehr anzustellen sind, ob und ggf welcher zusätzliche Versorgungsbedarf in dem Planungsbereich tatsächlich besteht. Vielmehr steht aufgrund der (partiellen) Öffnung eines Planungsbereichs durch den zuständigen Landesausschuss für die Zulassungsgremien nach § 16 Abs 3 Satz 2 Ärzte-ZV bindend fest, dass ein fachgruppenbezogener zusätzlicher Vertragsarztsitz besetzt werden kann.

 

cc) An dieser Bewertung ändert sich vorliegend auch nichts dadurch, dass ausweislich der vom Landesausschuss zur Gerichtsakte gereichten Verwaltungsunterlagen der Planungsbereich P wegen des in § 9 BedarfsplRL 2013 geregelten „Demografiefaktors“ entsperrt worden ist. Das hat zwar zur Folge, dass die Zulassungsgremien bei der Besetzung der freigewordenen Arztsitze „in geeigneten Fällen darauf hinwirken <sollen>, dass möglichst solche Bewerber Berücksichtigung finden, die zusätzlich zu ihrem Fachgebiet über eine gerontologisch/geriatrische Qualifikation verfügen“ (§ 9 Abs 8 BedarfsplRL 2013). Konkrete Bedarfsermittlungen, ob und in welchem Umfang in einzelnen Facharztbereichen eine Versorgungslücke bei der ambulanten medizinischen Versorgung gerade älterer Menschen ab 65 Jahren konkret besteht, sind dafür aber nicht erforderlich. Auch insoweit hängt die Besetzung freigewordener Arztstellen nicht von einem nach den sonstigen Maßgaben der BedarfsplRL 2013 (vgl hierzu beispielhaft die Vorgaben in § 36 BedarfsplRL 2013) zu ermittelnden tatsächlichen Bedarf ab.

 

d) Aus Sicht des Senats kann ferner nicht davon ausgegangen werden, dass der Landesausschuss bei der Beschlussfassung am 4. Juni 2013 – die Zulassungsbeschränkungen im Planungsbereich P für die Gruppe der Orthopäden mit der Maßgabe zu ändern, dass ein weiterer Arzt dieser Fachgruppe im Umfang eines ganzen Versorgungsauftrags zugelassen werden kann – willkürlich auf eine fehlerhafte Datengrundlage abgestellt hat (vgl zum Drittschutz bei einer derartigen Konstellation BSG, Urteil vom 29. September 1999 – B 6 KA 30/98 R – juris mwN). Vielmehr hat der Ausschuss durch eine Anfrage beim Statistikamt Nord sogar noch nachträglich zu klären versucht, ab „wann mit den Einwohnerzahlen gerechnet werden kann, welche die Entwicklung aus dem Zensus 2011 enthalten“ (vgl hierzu Blatt 162 der entsprechenden Verwaltungsakte). Insofern belegt bereits der Verfahrensablauf mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Ausschuss bei der partiellen Öffnung des Bedarfsplanungsbereichs tatsächlich die Einwohnerzahl hat berücksichtigen wollen, die dem damaligen „letzten amtlichen Stand“ iSv § 17 BedarfsplRL 2013 entsprochen hat. Dieser Umstand steht der Annahme einer auf Willkür beruhenden Ausschussentscheidung ersichtlich entgegen.  

 

e) Nach alledem ist das SG Kiel in dem angefochtenen Urteil zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin zu 1. unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berechtigt ist, die dem Beigeladenen zu 7. erteilte Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in der Gruppe der Orthopäden mit Standort L (defensiv) anzufechten. Daher kann an dieser Stelle auch dahingestellt bleiben, ob die Entscheidung des Landesausschusses, den Planungs­bereich P partiell zu entsperren, tatsächlich auf einer fehlerhaften Datengrundlage beruht hat, und ob die dem Beigeladenen zu 7. erteilte Zulassung deswegen iSv § 19 Abs 4 Ärzte-ZV zu befristen gewesen ist. Selbst wenn das jeweils der Fall gewesen sein sollte, ist die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt worden. Ergänzend dazu geht der Senat im Übrigen davon aus, dass hier allenfalls die Kassenärztliche Vereinigung aufgrund des ihr nach § 75 SGB V obliegenden Sicherstellungsauftrags berechtigt gewesen wäre, entsprechende Beschlüsse des Landesausschusses gerichtlich überprüfen zu lassen (in diese Richtung weisend SG Marburg, Urteil vom 14. März 2012 – S 12 KA 42/11 – juris Rn 42 ff mwN).

 

4. Unbegründet ist auch die hilfsweise von der Klägerin zu 1. erhobene offensive Konkurrentenschutzklage. Die (Auswahl-)Entscheidung des beklagten Berufungsausschusses zugunsten des Beigeladenen zu 7. ist rechtmäßig und verletzt die klägerische BAG ebenfalls nicht in ihren Rechten.

 

a) Rechtsgrundlagen für eine Entscheidung der Zulassungsgremien über mehrere Anträge auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in einem bislang überversorgten Planungsbereich sind die Regelungen in § 95 Abs 2 und 9 iVm § 103 Abs 3 SGB V sowie die konkretisierenden Bestimmungen in § 16b Ärzte-ZV und § 26 BedarfsplRL 2013. Entsperrt danach – wie hier – der zuständige Landesausschuss einen bislang iSv § 101 Abs 1 Satz 3 SGB V überversorgten Planungsbereich partiell für eine bestimmte Arztgruppe, haben im Anschluss die Zulassungsgremien eine Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern auf den (neu) zu besetzenden Vertragsarztsitz zu treffen. Entsprechend dem Richtlinienwortlaut in § 26 Abs 4 BedarfsplRL 2013 entscheiden dabei die Zulassungsgremien unter mehreren Bewerbern nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der beruflichen Eignung, der Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit, des Approbationsalters, der Dauer der Eintragung in die Warteliste, der bestmöglichen Versorgung der Versicherten im Hinblick auf die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes und von Versorgungsgesichtspunkten (zB Fachgebietsschwerpunkt, Barrierefreiheit, Feststellungen nach § 35 BedarfsplRL). Da es sich dabei um eine Ermessensentscheidung handelt, beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung der Auswahlentscheidung in einem offensiven Konkurrentenschutzverfahren entsprechend darauf, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt und ob der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert worden ist. Die Entscheidung der Zulassungsgremien, unter mehreren Bewerbern denjenigen auszuwählen, der für einen bestimmten Vertragsarztsitz zuzulassen ist, bildet den Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens, das ein übergangener Bewerber dagegen einleiten kann. Ist die Auswahl durch den Berufungsausschuss getroffen bzw – anders als hier – die entsprechende Entscheidung des Zulassungsausschusses durch ihn bestätigt worden, steht auf die Klage eines nicht berücksichtigten Bewerbers allein die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung zur gerichtlichen Überprüfung (stRspr; vgl hierzu ua BSG, Urteil vom 13. Mai 2020 – B 6 KA 11/19 R – juris mwN).

 

b) Bei der Auswahlentscheidung des beklagten Berufungsausschusses liegen aber keine Ermessensfehler vor, durch die die Klägerin zu 1. in ihren Rechten verletzt worden ist.

 

aa) Dabei ist der Berufungsausschuss zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die vom zuständigen Landesausschuss angeordnete partielle Entsperrung des Planungsbereichs P für die Arztgruppe der Orthopäden die (Neu-)Zulassung eines weiteren Vertragsarztes (mit einem ganzen und nicht nur einem halben Versorgungsauftrag) ermöglicht hat und deshalb auch eine Auswahlentscheidung unter den Bewerbern zu treffen gewesen ist, die sich auf den Vertragsarztsitz mit einem ganzen Versorgungsauftrag beworben haben. So ist die (Vor-)Entscheidung des Landesausschusses, einen Planungsbereich im Umfang eines halben oder ganzen Versorgungsauftrags bzw mehrerer Versorgungsaufträge zu entsperren, für die Zulassungsgremien nach § 16b Abs 3 Satz 2 Ärzte-ZV bindend. Das ergibt sich daraus, dass es bei der Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs 3 SGB V ausdrücklich zu den Aufgaben des Landesausschusses zählt, die Entsperrung ggf „mit der Auflage zu versehen, dass Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürfen, bis für die Arztgruppe Überversorgung eingetreten ist. Wird der Überversorgungsgrad dabei bereits mit einer hälftigen Zulassung überschritten, kommt nur eine Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag oder eine hälftige Genehmigung in Betracht“ (§ 26 Abs 1 Sätze 1 und 2 BedarfsplRL 2013). Nach den gesetzlichen Vorgaben besteht daher eine Aufgabenteilung zwischen dem Landesausschuss, der ua über den Umfang der Entsperrung eines Bedarfsplanungsbereichs zu entscheiden hat, und den Zulassungsgremien, die anschließend zwischen mehreren Bewerbern auf denselben freigewordenen Vertragsarztsitz (mit einem halben oder ganzen Versorgungsauftrag) eine Auswahl zu treffen haben. Da der Landesausschuss vorliegend den Planungsbereich im Umfang eines ganzen Vertragsarztsitzes entsperrt hatte, haben die Zulassungsgremien schon wegen der Bindungswirkung dieses Beschlusses keinen der Bewerber von der Auswahlentscheidung ausschließen können, der – wie der Beigeladene zu 7. – eine Besetzung des Vertragsarztsitzes mit einem ganzen Versorgungsauftrag beabsichtigt hat.

 

bb) Auch im Übrigen sind Ermessensfehler bei der angefochtenen Auswahlentscheidung des beklagten Berufungsausschusses nicht zu erkennen. Insbesondere ist aus Sicht des Senats nicht zu beanstanden, dass der BA dem vom Beigeladenen zu 7. benannten Praxisstandort unter Versorgungsgesichtspunkten gegenüber dem Standort der klägerischen Praxis den Vorzug eingeräumt hat.

 

Dabei ergibt sich schon aus dem Richtlinienwortlaut in § 26 Abs 4 Nr 3 Spiegelstrich 3 BedarfsplRL 2013, dass der rechtliche Ansatz des Berufungsausschusses, die jeweilige Versorgungssituation an den verschiedenen Praxisstandorten unter Einbeziehung der Einwohnerzahl der Orte und der Anzahl der dort ggf bereits vorhandenen Vertragsarztsitze für Orthopädie miteinander zu vergleichen, ermessensgerecht ist. Auf diese Weise kann in dem jeweiligen Planungsbereich ersichtlich „eine bestmögliche Versorgung der Versicherten im Hinblick auf die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes“ gewährleistet werden. Im Übrigen ist dadurch deutlich geworden, dass es am Praxisstandort der Klägerin zu 1. in P1 schon vor der partiellen Entsperrung des Planungsbereichs P insgesamt drei orthopädische Vertragsarztsitze gegeben hat, aber keinen in Lütjenburg. Gegen die Feststellung, dass gerade im östlichen Bereich des Planungsbereichs ein entsprechender Versorgungsbedarf besteht, ist daher nichts einzuwenden. Auch soweit der BA unter Einbeziehung des ländlichen Nahbereichs rund um L eine – wenn auch nur im Ansatz – gleichmäßige Verteilung zugelassener Orthopäden im gesamten Planungsbereich (mit der Erreichbarkeit zumindest einer orthopädischen Praxis in weniger als 25 km von jedem Ort aus) angestrebt hat, hat er sich innerhalb des ihm zuzubilligenden Ermessensspielraums gehalten.

 

Dem kann die Klägerin zu 1. nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Praxisstandort L bereits „aufgrund seiner geografischen Lage“ ungeeignet sei, einen signifikanten Beitrag zu einer „bestmöglichen Versorgung der Versicherten“ im Planungsbereich beizutragen. Wie vorangestellt dargelegt hat sich im östlichen Teil des Planungsbereichs P bislang kein Orthopäde niedergelassen; es liegt daher auf der Hand, dass der vom Beigeladenen zu 7. beabsichtigte Praxisstandort für einen erheblichen Teil der dort lebenden Bevölkerung eine bessere Erreichbarkeit gewährleistet. Außerdem treffen in L die Bundesstraßen 202 und 430 sowie die Landstraßen 164, 165 und (über die B 430) die Landstraße 178 aufeinander, sodass an einer ausreichenden verkehrsmäßigen Anbindung der Ortschaft insgesamt keine Zweifel bestehen. Im Übrigen hat die Klägerin zu 1. im Zusammenhang mit den Anträgen auf Genehmigung zur Beschäftigung von W und B mehrfach darauf hingewiesen, dass sie beabsichtige, ggf (einmal wöchentlich) Zweigpraxen in L und S1 zu eröffnen. Demnach geht sie offensichtlich selbst davon aus, dass die beiden Standorte im östlichen Teil des Planungsbereichs zumindest für einen Teil der dort lebenden Bevölkerung besser erreichbar sind, als der Praxisstandort P1 (an dem aber der Vertragsarztsitz für die anzustellenden Ärzte iSv § 26 Abs 4 Nr 3 Spiegelstrich 3 BedarfsplRL 2013 liegen soll).

 

5. In diesem Zusammenhang hat der Senat schließlich auch von der seitens der Klägerin zu 1. ebenfalls hilfsweise beantragten weiteren Beweisaufnahme (§§ 103, 106 SGG) – durch zeugenschaftliche Vernehmung eines Mitarbeiters des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein – absehen können. So kommt es wie dargelegt nicht darauf an, ob der Beschluss des Landesausschusses vom 4. Juni 2013 auf einer fehlerhaften (weil zu diesem Zeitpunkt bereits veralteten) Datengrundlage beruht hat. Insbesondere kann diese Tatsache als wahr unterstellt werden, ohne dass sich aus diesem Umstand (wie oben unter Ziffer 3 und 4 ausgeführt) eine Verletzung der Klägerin zu 1. in eigenen Rechten herleiten lässt (zum Absehen von weiteren Amtsermittlungen bei einer derartigen Konstellation Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 103 Rn 8 mwN).

 

Nach alledem hat die Berufung der Klägerin zu 1. gegen das klagabweisende Urteil des SG K insgesamt keinen Erfolg haben können.   

 

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm den §§ 154 Abs 2, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass im Berufungsverfahren neben der Klägerin zu 1. und dem Beklagten nur der Beigeladene zu 7. einen Antrag gestellt hat. 

 

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), sind nicht ersichtlich.

 

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus der Anwendung von § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm den §§ 47 Abs 1 Satz 1, 52 Abs 1 bis 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und berück­sichtigt, dass die Klägerin zu 1. vorliegend sowohl defensiven als auch offensiven Konkurrentenschutz geltend gemacht hat.

Rechtskraft
Aus
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