Wer für den einheitlichen Apothekenabgabepreis eines zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Fertigarzneimittels verantwortlich zeichnet, ist als pharmazeutischer Unternehmer auch dann generikaabschlagspflichtig, wenn er von dem Zulassungsinhaber als örtlicher Vertreter bestellt worden ist.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin‑Brandenburg vom 2. September 2020 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
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Im Streit steht die Generikaabschlagspflicht der Klägerin nach § 130a Abs 3b SGB V.
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Die Klägerin ist ein in Deutschland ansässiges Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, dem vertraglich der Vertrieb des Wirkstoffs "insulin lispro" unter dem Handelsnamen Liprolog® in eigenem Namen und auf eigene Rechnung gestattet ist. Für dieses Präparat besteht eine zentrale europarechtliche Gemeinschaftszulassung, deren Inhaber ein in den Niederlanden ansässiges Unternehmen ist. Nachdem zwischen der Klägerin und dem beklagten Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr streitig ist, dass Liprolog® als Arzneimittel grundsätzlich unter die Generikaabschlagspflicht fällt (vgl BSG vom 20.12.2018 ‑ B 3 KR 11/17 R ‑ SozR 4‑2500 § 130a Nr 12), steht nunmehr im Streit, ob die Klägerin Schuldner des Abschlags ist. Sie sei ‑ was zutrifft ‑ von dem niederländischen Zulassungsinhaber zum örtlichen Vertreter bestellt; deshalb fungiere sie lediglich als Kontaktadresse in Deutschland für den Inhaber der europarechtlichen Zulassung. Bei zentral zugelassenen Arzneimitteln könne es nur einen pharmazeutischen Unternehmer geben, das sei hier der niederländische Zulassungsinhaber. Ein örtlicher Vertreter im Sinne des § 9 Abs 2 AMG sei für die Zulassung des Arzneimittels und das Arzneimittel selbst rechtlich nicht verantwortlich. Zutreffend sei sie auf der Umverpackung des Arzneimittels nicht als pharmazeutischer Unternehmer, sondern als örtlicher Vertreter gekennzeichnet.
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Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 31.5.2013). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin sei pharmazeutischer Unternehmer im Sinne des § 130a Abs 3b SGB V und unterliege ohne Rücksicht auf ihre Bestellung als örtlicher Vertreter der Zahlungspflicht des Generikaabschlags. Der örtliche Vertreter entspringe als Rechtsfigur dem europäischen Gemeinschaftsrecht und habe keinen Einfluss auf die Definition oder Pflichten des pharmazeutischen Unternehmers im Sinne des AMG. Rabattpflichtig im Sinne des § 130a SGB V sei, wer als pharmazeutischer Unternehmer im Sinne des § 4 Abs 18 AMG den Apothekenabgabepreis bestimme, an den die Preisvorschriften des AMG anknüpften. Dies sei die Klägerin, die den Abgabepreis für Liprolog® bestimme und das Arzneimittel unter ihrem Namen mit eigener Pharmazentralnummer in Verkehr bringe sowie in der Lauer-Taxe als Anbieter gelistet sei (Urteil vom 2.9.2020).
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Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 130a Abs 3b SGB V. Als örtlicher Vertreter des Zulassungsinhabers und aufgrund entsprechender europarechtlicher Kennzeichnung komme eine Abschlagszahlungspflicht nicht in Betracht. Sie bringe das Arzneimittel als ein Unternehmen der Vertriebskette zwar in ihrem Namen, aber nicht unter ihrem Namen in den Verkehr; sie vermarkte es unter dem Namen des Zulassungsinhabers als dessen Großhändler. Zur Bestimmung des pharmazeutischen Unternehmers sei allein auf § 4 Abs 18 AMG abzustellen. Entscheidend sei, dass sie das Arzneimittel nicht mit ihrem Namen als pharmazeutischer Unternehmer gekennzeichnet habe. Unerheblich sei hingegen, mit wessen Pharmazentralnummer das Arzneimittel versehen sei und wer in der Lauer-Taxe als Anbieter geführt werde. Bestätigt werde dies auch aufgrund der Praxis bei Rabattverträgen nach § 130a Abs 8 SGB V. Den Krankenkassen reiche es hier nicht aus, dass ein Unternehmen als Anbieter eines Arzneimittels in der Lauer-Taxe gelistet sei, vielmehr müsse das Unternehmen nachweisen, dass es pharmazeutischer Unternehmer im Sinne des § 4 Abs 18 AMG sei.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin‑Brandenburg vom 2. September 2020 und des Sozialgerichts Berlin vom 31. Mai 2013 zu ändern sowie festzustellen, dass sie nicht verpflichtet war und ist, für das Arzneimittel Liprolog® den Abschlag nach § 130a Abs 3b SGB V zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Die Klägerin sei ungeachtet ihrer Benennung als örtlicher Vertreter des Zulassungsinhabers durch ihr Verhalten bezüglich des Inverkehrbringens des Arzneimittels in Deutschland jedenfalls als pharmazeutischer Unternehmer im Sinne des § 130a Abs 3b SGB V anzusehen und nur darauf komme es hier an.
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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Klägerin als pharmazeutischer Unternehmer der Generikaabschlagspflicht nach dem SGB V für das Arzneimittel Liprolog® unterliegt, obwohl sie nicht dessen Zulassungsinhaber ist. Wer für den einheitlichen Apothekenabgabepreis eines zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Fertigarzneimittels verantwortlich zeichnet, ist als pharmazeutischer Unternehmer auch dann generikaabschlagspflichtig, wenn er von dem Zulassungsinhaber als örtlicher Vertreter bestellt worden ist.
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1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind die Urteile der Vorinstanzen sowie das Begehren der Klägerin auf Feststellung, nicht der Zahlungspflicht des Generikaabschlags für Liprolog® zu unterliegen, das sie mit der zulässigen Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG) zutreffend gegen den beklagten Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung gerichtet hat (vgl dazu näher bereits BSG vom 20.12.2018 ‑ B 3 KR 11/17 R ‑ SozR 4‑2500 § 130a Nr 12 RdNr 17 ff).
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2. Rechtsgrundlage der streitigen Abschlagspflicht ist § 130a Abs 3b SGB V. Danach haben pharmazeutische Unternehmer den Krankenkassen Rabatte ("einen Abschlag") einzuräumen ua für in Apotheken zu ihren Lasten abgegebene Fertigarzneimittel, der sich für patentfreie, wirkstoffgleiche Arzneimittel (sog Generika) auf 10 vom Hundert "des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer" beläuft (sog Generikaabschlag), soweit deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG bestimmt sind (§ 130a Abs 3b Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 5, Abs 3a Satz 9, Abs 1 Satz 1, 3 und 6 SGB V hier in der Normfassung des GVWG vom 11.7.2021, BGBl I 2754).
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3. Wer pharmazeutischer Unternehmer im Sinne dieser Abschlagspflicht ist, ist krankenversicherungsrechtlich durch das Arzneimittelpreisregulierungsrecht des SGB V selbst nicht legal definiert. Das SGB V bedient sich vielmehr seit 2007 (vgl GKV‑WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) durchgängig der arzneimittelrechtlichen Terminologie des AMG (vgl BT‑Drucks 16/3100 S 143), die ihrerseits seit 2005 als pharmazeutischen Unternehmer zum einen bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimitteln den Inhaber der Zulassung oder Registrierung bezeichnet (§ 4 Abs 18 Satz 1 AMG idF des Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29.8.2005, BGBl I 2570; vgl BT‑Drucks 15/5316 S 32 f) und zum anderen auch denjenigen anführt, der Arzneimittel im Parallelvertrieb oder sonst unter seinem Namen in den Verkehr bringt, außer in den Fällen des § 9 Abs 1 Satz 2 AMG (§ 4 Abs 18 Satz 2 AMG idF des Gesetzes zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut‑ und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften vom 18.7.2017, BGBl I 2757; vgl BT‑Drucks 18/12587 S 49; § 9 Abs 1 Satz 2 AMG betrifft Arzneimittel, die zur klinischen Prüfung bestimmt sind). Nach § 4 Abs 17 AMG (idF der Bekanntmachung der Neufassung des AMG vom 12.12.2005, BGBl I 3394) ist Inverkehrbringen das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere.
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4. Wird entsprechend dessen ein Arzneimittel nicht vom Zulassungsinhaber selbst, sondern von einem Dritten, der hierfür preisrechtlich verantwortlich zeichnet, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben, ist im Normzusammenhang hier allein dieser pharmazeutischer Unternehmer und mithin abschlagspflichtig (für ein anderes Verständnis im Zusammenhang mit §§ 35a, 130b SGB V vgl hingegen Krasney in Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 3. Aufl 2020, § 45 RdNr 66 ff), weil das Krankenversicherungsrecht nach Entwicklung, Systematik sowie Sinn und Zweck der Abschlagsregelung entscheidend darauf abstellt, wer den für die Rabatthöhe maßgeblichen Abgabepreis des Arzneimittels bestimmt hat und wem krankenversicherungsrechtlich der Abgabeerlös gebührt.
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a) Darauf deutet schon hin, dass der Gesetzgeber sich mit dem GKV‑WSG von dem bei Einführung der Regelung des § 130a SGB V durch das Beitragssatzsicherungsgesetz vom 23.12.2002 (BGBl I 4637) verwandten und krankenversicherungsrechtlich ansonsten gebräuchlichen Begriff des "Herstellerabgabepreises" gelöst hat und die krankenversicherungsrechtliche Abschlagsregelung seither der zugleich im Arzneimittelpreisrecht des AMG eingeführten Wendung "Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers" (§ 78 Abs 3 Satz 2 AMG idF des GKV‑WSG) folgt. Damit ist ‑ neben der Angleichung des krankenversicherungsrechtlichen Sprachgebrauchs an den arzneimittelrechtlichen Begriff "pharmazeutischer Unternehmer" ‑ deutlich gemacht, dass die Abschlagspflicht des § 130a SGB V an das Arzneimittelpreisrecht des § 78 AMG mit den dort begründeten Pflichten des pharmazeutischen Unternehmers anknüpft, nicht zuletzt an dessen Verpflichtung, einen einheitlichen Apothekenabgabepreis für vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossene Arzneimittel zu gewährleisten (§ 78 Abs 2 Satz 2 AMG). Entsprechend dieser Systematik hatte der Gesetzgeber bereits zuvor klargestellt, dass die Rabattregelung im Zusammenhang hier nur für Fertigarzneimittel gilt, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem AMG bestimmt sind (§ 130a Abs 1 Satz 6 SGB V, dieser eingeführt als Satz 5 durch Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung vom 26.4.2006, BGBl I 984; vgl BT‑Drucks 16/691 S 17).
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b) Knüpft die Abschlagspflicht des § 130a SGB V hiernach schon systematisch zentral an die arzneimittelrechtlichen Pflichten des pharmazeutischen Unternehmers bei der Preisbildung an, so ergibt sich aus dem Weiteren nichts anderes.
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Auch dem Zweck (vgl BT‑Drucks 15/28 S 11) des Abschlags entspricht es, ihn beim Auseinanderfallen von Zulassungsinhaber und dem das Arzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung unter seinem Namen verantwortlich abgebenden pharmazeutischen Unternehmer bei diesem zu erheben, weil im Außenverhältnis zu den Krankenkassen nur er über den Abgabepreis entscheidet (§ 78 Abs 3 Satz 1 AMG) und krankenversicherungsrechtlich nur ihm der Erlös zusteht, auf den der Abschlag erhoben wird. Gleiches gilt für die später hinzugetretenen Regelungen, durch die der pharmazeutische Unternehmer zur Abwendung bzw Minderung der Abschlagspflichten aus § 130a SGB V eigenständige Rabatte mit den Krankenkassen vereinbaren und im Gegenzug Aussicht auf höhere Absatzmengen erhalten kann, wenn Versicherte in der Folge vorrangig auf die Inanspruchnahme des Rabattarzneimittels verwiesen sind (§ 130a Abs 8 SGB V); auch das adressiert den pharmazeutischen Unternehmer ausschließlich in seiner Verantwortung für die Preisgestaltung und nicht in der als Zulassungsinhaber. Nicht zuletzt kann es schließlich ‑ gelten nicht im Innenverhältnis von Zulassungsinhaber und dem das Arzneimittel unter seinem Namen abgebenden pharmazeutischen Unternehmer möglicherweise andere Absprachen ‑ regelmäßig nicht im Interesse des Zulassungsinhabers liegen, für Abschläge in Anspruch genommen zu werden, die auf von Dritten möglicherweise auch ohne seine Kenntnis vorgenommene Arzneimittelabgaben entfallen (vgl dazu letztens nur Hanseatisches OLG vom 19.11.2020 ‑ 3 U 97/19 ‑ PharmR 2021, 491).
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Das alles spricht dafür, den Begriff des pharmazeutischen Unternehmers in Bezug auf die krankenversicherungsrechtliche Abschlagspflicht ausschließlich abgabe‑ und nicht zulassungsbezogen zu verstehen (ähnlich zu § 1 AMRabG BGH vom 30.4.2015 ‑ I ZR 127/14 ‑ Abschlagspflicht I, NJW 2016, 66 RdNr 72 f und BGH vom 12.11.2015 ‑ I ZR 167/14 ‑ Abschlagspflicht II, PharmR 2016, 373 RdNr 73: Zur Zahlungspflicht werden die pharmazeutischen Unternehmer herangezogen, die durch die Möglichkeit zur freien Bestimmung des Abgabepreises für Arzneimittel Einfluss auf die Arzneimittelkosten haben).
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5. Zu Recht stellt der Beklagte deshalb zur Feststellung der Abschlagspflicht nach § 130a SGB V auf die Preis‑ und Produktinformationen ab, die dem pharmazeutischen Unternehmer arzneimittelpreisrechtlich zur Gewährleistung des einheitlichen Apothekenabgabepreises (§ 78 Abs 2 Satz 2, Abs 3 Satz 1 AMG) abverlangt werden.
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a) Wie die gesamte Abwicklung des Zahlungsverkehrs bei der Arzneimittelabgabe muss das Abschlagserhebungsverfahren nach § 130a SGB V sowohl der Massenhaftigkeit der betroffenen Vorgänge gerecht werden (so auch BGH vom 12.11.2015 ‑ I ZR 167/14 ‑ Abschlagspflicht II, PharmR 2016, 373 RdNr 60) als auch eine eindeutige Bestimmung des abschlagspflichtigen pharmazeutischen Unternehmers erlauben. Vergleichbar der Bemessung der Abschlagshöhe (eingehend dazu BSG vom 2.7.2013 ‑ B 1 KR 18/12 R ‑ BSGE 114, 36 = SozR 4‑2500 § 130a Nr 9, RdNr 20 ff) ist deshalb zur Feststellung der Abschlagspflicht dem Grunde nach maßgebend, welche Angaben der pharmazeutische Unternehmer in dem zur Umsetzung der arzneimittelpreisrechtlichen Informationspflichten begründeten Verfahren dazu getroffen hat, von wem das jeweilige Arzneimittel als arzneimittelrechtlich Verantwortlichen in Verkehr gebracht wird.
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Technisch knüpft das an die vom pharmazeutischen Unternehmer in dem zur Bestimmung des Abschlags erforderlichen Umfang in maschinenlesbarer Form zu übermittelnden Preis‑ und Produktangaben (§ 130a Abs 6 Satz 2, § 131 Abs 4 Satz 3 Nr 1 und Abs 5 Satz 4, § 300 Abs 1 Satz 1 SGB V) einschließlich der von ihm zu beantragenden Pharmazentralnummer (vgl hier § 4 des Rahmenvertrages über das von den pharmazeutischen Unternehmern anzubringende Arzneimittelkennzeichen und die Übermittlung von Daten zur Herstellung einer pharmakologisch-therapeutischen und preislichen Transparenz idF vom 1.3.1991; inhaltsgleich § 2 des Rahmenvertrages nach § 131 SGB V über das bundeseinheitliche Kennzeichen sowie Preis‑ und Produktinformationen pharmazeutischer Unternehmer zwischen dem GKV-Spitzenverband und den Verbänden der pharmazeutischen Unternehmer idF vom 26.3.2018, nunmehr mit einer expliziten Antragsregelung in Abs 3 Satz 1) als dem vorgeschriebenen bundeseinheitlichen Kennzeichen des jeweiligen Arzneimittels (§ 300 Abs 3 Satz 1 Nr 1, Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V) an. Darin verkörpert sich nach der Konzeption der krankenversicherungsrechtlichen Abrechnungsbestimmungen die im Rechtsverkehr allseits bindende und nur für die Zukunft korrigierbare (vgl BSG vom 2.7.2013 ‑ B 1 KR 18/12 R ‑ BSGE 114, 36 = SozR 4‑2500 § 130a Nr 9, RdNr 20) Erklärung des pharmazeutischen Unternehmers, dass das betreffende Arzneimittel im Hinblick auf die Vergütungsbeziehungen zu den Krankenkassen von dem angeführten pharmazeutischen Unternehmer unter seinem Namen in den Verkehr gebracht wird, weshalb auch nur er abschlagspflichtig nach § 130a SGB V ist (ebenso Hanseatisches OLG vom 19.11.2020 ‑ 3 U 97/19 ‑ PharmR 2021, 491, juris RdNr 96 ff).
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b) Dass infolge der Angleichung an die arzneimittelrechtliche Begrifflichkeit in Konstellationen wie hier es zur Bestimmung des abschlagspflichtigen pharmazeutischen Unternehmers auf das Binnenverhältnis zwischen dem Inhaber der (zentralen) Zulassung und dem über den Abgabepreis zu Lasten (auch) der gesetzlichen Krankenversicherung verantwortlich entscheidenden Unternehmer ankommen könnte, ist hingegen nicht ersichtlich. Für die Rechtslage vor der Anpassung des Begriffs des pharmazeutischen Unternehmers an die europarechtlichen Vorgaben durch das Vierzehnte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29.8.2005 (BGBl I 2570) war geklärt, dass die nunmehr in § 4 Abs 18 Satz 2 AMG fortgeführte Definition des pharmazeutischen Unternehmers "allein auf faktische Gegebenheiten" abstellt, nämlich auf das tatsächliche Ausführen eines Akts beim Inverkehrbringen im Sinne des § 4 Abs 17 AMG unter seinem Namen (BVerwG vom 18.9.2003 ‑ 3 C 31.02 ‑ PharmR 2004, 93, juris RdNr 20). Dass der Gesetzgeber sich im Zusammenhang mit der Abschlagspflicht des § 130a SGB V von diesem Verständnis gelöst haben könnte, ist nicht zu erkennen. Stärker als durch den Antrag auf Zuteilung einer Pharmazentralnummer und die Bestimmung des einheitlichen Apothekenabgabepreises kann deshalb im Lichte des Arzneimittelpreisrechts sowie der sozialrechtlichen Datenübermittlungsvorgaben nicht zum Ausdruck kommen, dass das betreffende Arzneimittel anstelle des Zulassungsinhabers (selbst) unter dem Namen eines anderen pharmazeutischen Unternehmers in den Verkehr gebracht ist.
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c) Sozialrechtlich unbeachtlich im Abschlagserhebungsverfahren ist danach demgegenüber zunächst, inwiefern ein pharmazeutischer Unternehmer seine Unternehmerstellung (auch) durch die Kennzeichnung des von ihm in Verkehr gebrachten Arzneimittels ausweist. Wie der 1. Senat des BSG zum sog Herstellerabschlag (§ 130a Abs 1 Satz 1 SGB V) bereits entschieden hat, sind für dessen Abrechnung ausschließlich die von dem pharmazeutischen Unternehmer im Rahmen der angeführten sozialrechtlichen Datenübermittlungspflichten getroffenen Preis‑ und Produktangaben maßgeblich und insoweit nur für die Zukunft korrigierbar (vgl BSG vom 2.7.2013 ‑ B 1 KR 18/12 R ‑ BSGE 114, 36 = SozR 4‑2500 § 130a Nr 9, RdNr 20 ff); das gilt für den hier im Streit stehenden Generikaabschlag nicht anders.
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Weisen die nach § 130a Abs 6 Satz 2 SGB V erforderlichen Angaben aus, dass ein anderer als der Zulassungsinhaber die Pharmazentralnummer für sich als Anbieter ("unter seinem Namen") beantragt und den einheitlichen Apothekenabgabepreis (§ 78 Abs 2 Satz 2, Abs 3 Satz 1 AMG) verbindlich festgesetzt hat und demnach bezogen auf die Abschlagspflicht nach § 130a SGB V als pharmazeutischer Unternehmer im Sinne von § 4 Abs 18 Satz 2 AMG anzusehen ist, ändert daran ebenfalls nichts, dass er von dem Inhaber der (zentralen) Zulassung als dessen örtlicher Vertreter bestellt worden ist (vgl zum örtlichen Vertreter § 9 Abs 2 Satz 2 AMG). Eine Bestellung des ausweislich der für die Feststellung der Abschlagspflicht nach § 130a SGB V maßgeblichen Preis‑ und Produktangaben abschlagspflichtigen pharmazeutischen Unternehmers (auch) als örtlicher Vertreter des Zulassungsinhabers lässt die krankenversicherungsrechtliche Zuweisung der Abschlagspflicht unberührt.
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Maßgebender Anknüpfungstatbestand für die krankenversicherungsrechtliche Abschlagspflicht nach § 130a SGB V ist wie aufgezeigt allein die Verantwortung für die arzneimittelrechtlich gebotene Bestimmung des Apothekenabgabepreises (§ 130a Abs 1 Satz 6 SGB V) und nicht die des pharmazeutischen Unternehmers als Inhabers der arzneimittelrechtlichen Zulassung. Die hieraus erwachsende (Abschlags-)Pflicht verliert deshalb nicht, wer vom Zulassungsinhaber zugleich auch als Ansprechperson für nationale Behörden oder Andere benannt worden ist.
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6. Rechtsfehlerfrei haben hiernach die Vorinstanzen entschieden, dass die Klägerin für das Arzneimittel Liprolog® der Generikaabschlagspflicht nach dem SGB V unterliegt.
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Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat die Klägerin für sich als Anbieter eine Pharmazentralnummer für Liprolog® beantragt und erhalten, unter der sie das Arzneimittel in Deutschland abgibt, hat sie den einheitlichen Apothekenabgabepreis festgesetzt und steht ihr krankenversicherungsrechtlich der Erlös zu. Eine Eigenschaft lediglich als Großhändler hat das LSG dagegen zumindest nicht als belegt angesehen, ohne dass die Klägerin dem mit Verfahrensrügen entgegengetreten wäre. Hingegen ausdrücklich für ihre Stellung als pharmazeutischer Unternehmer spricht, dass die Klägerin nach ebenfalls nicht angegriffener Feststellung des LSG mit Krankenkassen Rabattverträge für Liprolog® nach § 130a Abs 8 SGB V geschlossen hat, was ohne entsprechende ‑ von ihr selbst eingenommene ‑ Stellung nicht möglich wäre.
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7. Grund für eine Vorlage an den EuGH bestand hiernach nicht. Der Senat hat den krankenversicherungsrechtlichen Begriff des abschlagspflichtigen pharmazeutischen Unternehmers bestimmt, ohne dass es hierfür auf den europarechtlichen Begriff des örtlichen Vertreters des Inhabers einer zentralen Gemeinschaftszulassung entscheidungserheblich ankommt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.