Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 25.02.2022 werden zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt G wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch in den Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Bewilligung existenzsichernder Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) bzw. Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII).
Die 2006 geborene Antragstellerin ist griechische Staatsangehörige. Nachdem sie im Juni 2021 in ihrem Heimatland die Pflichtschulausbildung (sog. untere Sekundarausbildung – Gymnaseio) beendet hatte, reiste sie in die Bundesrepublik ein. Hier wohnt sie seit September 2021 bei einer Verwandten, der 1986 geborenen russischen Staatsangehörigen Frau D., im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners. Frau D. ist nach den Angaben der Antragstellerin deren Tante 3. Grades und durch notarielle Erklärung der (in Griechenland getrennt lebenden) Eltern der Antragstellerin vom 27.08.2021 („Akte zur Übertragung des Sorgerechts eines minderjährigen Kindes Nummer -12.888-„) als deren „Vormund und Vertreterin“ bestimmt. Hinsichtlich der genauen Einzelheiten des Inhalts der notariellen Erklärung wird auf Blatt 12 f. der Prozessakte Bezug genommen. Die Antragstellerin besucht seit ihrer Einreise die S-Realschule in E.
Ihren Antrag auf Leistungen nach dem SGB II vom 07.10.2021 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 16.12.2021 unter Verweis auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ab. Die Antragstellerin könne sich auf kein Aufenthaltsrecht bzw. lediglich auf ein Aufenthaltsrecht allein zum Zweck der Arbeitsuche berufen. Die Antragstellerin legte am 21.12.2021 Widerspruch ein mit der Begründung, sie sei das Pflegekind der Frau D. Es seien Anträge auf Leistungen nach dem SGB XII und nach dem - Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe – (SGB VIII) gestellt worden. Der Antragsgegner wies, nachdem er zunächst die Antragstellerin u.a. zur Glaubhaftmachung eines Aufenthaltsrechts aufgefordert hatte, den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2022 als unbegründet zurück. Die Antragstellerin sei keine Arbeitnehmerin und auch kein Familienmitglied einer leistungsberechtigten Person. Sie könne sich allein auf ein Aufenthaltsrecht aus § 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) berufen, welches nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b) SGB II zum Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II führe. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 4 SGB II lägen nicht vor, da die erstmalige Einreise in die Bundesrepublik am 03.09.2021 erfolgt sei und somit kein verfestigter Aufenthalt im Bundesgebiet von fünf Jahren gegeben sein könne.
Am 07.04.2022 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht (SG) Dortmund Klage gegen den Bescheid vom 16.12.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2022 erhoben, die dort unter dem Aktenzeichen S 32 AS 940/22 geführt wird.
Zwischenzeitlich stellte die Antragstellerin unter dem 23.12.2021 einen „Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII“ bei der durch Beschluss des Senats vom 02.06.2022 zu dem Verfahren hinzugezogenen Beigeladenen, den diese nicht beschied, sondern im Januar „zuständigkeitshalber“ an den Antragsgegner weiterleitete.
Bereits am 01.02.2022 hat ,sich die Antragstellerin – anwaltlich vertreten – mit einem Eilantrag an das SG gewandt. Gleichzeitig hat sie einen Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten gestellt. In der Sache hat sie geltend gemacht, bedürftig zu sein. Eigentlich zuständig sei der Träger der Leistungen nach dem SGB VIII. Da bisher insoweit jedoch keine Entscheidung vorliege, sei der Antragsgegner als nachrangig verpflichteter Träger zur Gewährung existenzsichernder Leistungen verpflichtet. Es liege Eilbedürftigkeit vor. Ihr physischer Lebensunterhalt sei nicht sichergestellt; Frau D. sei wegen ihrer eigenen Bedürftigkeit kaum in der Lage, sie zu unterhalten. Der Krankenversicherungsschutz sei nicht gewährleistet, sie habe jedoch gesundheitliche Probleme, die dringend behandelt werden müssten.
Die Antragstellerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe bis zu der Entscheidung in der Hauptsache zu gewähren.
Der Antragsgegner hat schriftsätzlich beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ein Anordnungsanspruch sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht, da sich die Antragstellerin allenfalls auf ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche berufen könne. Der von ihr genutzte Terminus der Pflegemutter sei nicht im Sinne des Begriffs der Pflegeelternschaft des SGB VIII zu verstehen, da Frau D. lediglich die Vormundschaft übertragen worden sei.
Nach Aufforderung des SG, Ausführungen zu ihrem Aufenthaltsrecht zu machen, hat die Antragstellerin mitgeteilt, sie sei griechische Staatsangehörige, die dem Schulbesuch nachgehe, und insoweit freizügigkeitsberechtigt. Aufgrund der Trennungssituation sei eine Betreuung , durch ihre Eltern in Griechenland nicht sichergestellt.
Mit Beschluss vom 25.02.2022 hat das SG den Eilantrag und den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei bereits unzulässig, weil es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehle. Denn der Antragstellerin stehe ein einfacheres, schnelleres und effektiveres Mittel als die Inanspruchnahme sozialgerichtlichen Eilrechtsschutzes zur Verfügung, um die Bewilligung der von ihr begehrten Leistungen zu erreichen. So sei in keiner Weise ersichtlich, dass der Antragsgegner sich der Gewährung dieser Leistungen dem Grunde nach verschließe. Vielmehr habe er die Antragstellerin aufgefordert, zu einem etwaigen Aufenthaltsrecht weiter vorzutragen. Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Denn die Antragstellerin habe nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Sie sei nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen, da sie als griechische Staatsangehörige Unionsbürgerin im Sinne des § 2 FreizügG/EU sei und ihr neben dem Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU derzeit kein Aufenthaltsrecht aus anderen Vorschriften zustehe. Auch ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Die mehrfach angeforderten Kontoauszüge seien ohne weitere Begründung nicht eingereicht worden. Eine Beiladung des Sozialhilfeträgers sei nicht notwendig gewesen. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf Leistungen nach § 23 SGB XII. Eine Beiladung der Stadt E als Träger nach dem SGB VIII sei mangels Möglichkeit der Verurteilung im sozialgerichtlichen Verfahren bereits im Grundsatz nicht in Betracht gekommen. Mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache habe auch Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden können.
Am 08.03.2022 hat die Antragstellerin Beschwerde erhoben und Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beantragt. Zur Begründung trägt sie vor, das SG habe sich überhaupt nicht mit der Sache beschäftigt. Von der Beigeladenen (als Träger der Jugendhilfe) würden Leistungen nach dem SGB VIII geprüft. Ihr Lebensunterhalt und die gesundheitliche Versorgung seien nicht sichergestellt. Sie halte sich zu schulischen Zwecken auf. Weitere Umstände müssten noch geklärt werden. Im Übrigen verweist sie zu ihrem Aufenthaltsrecht auf ein Verfahren beim Bundessozialgericht (BSG) mit dem Aktenzeichen B 7/14 AS 30/21 R (insb. Rn. 6). Die Vorschriften des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) und damit auch die Leistungspflicht des Trägers der Leistungen nach dem SGB XII seien zu prüfen.
Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags hat die Antragstellerin u.a. Umsatzübersichten des Girokontos der Frau D. bei der Sparkasse E (Kto.-Nr. 01) für die Zeit vom 01.11.2021 bis zum 29.04.2022 vorgelegt und zudem erklärt, sie könne jederzeit eine eidesstattliche Versicherung im Hinblick auf den fehlenden Unterhalt durch die Eltern sowie die Bedürftigkeit abgeben. Die Einzahlungen ihrer Mutter , auf dem Konto der Frau D. stünden im Zusammenhang mit einem Darlehen für die Anschaffung von Möbeln, das Frau D. von ihrer in Russland lebenden Mutter erhalten habe.
Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Beschluss des SG Dortmund vom 25.02.2022 zu ändern und den Antragsgegner, hilfsweise die Beigeladene, im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verweist auf die den Beschluss tragenden Gründe und führt ergänzend aus, dass insbesondere ein Anordnungsanspruch weiterhin nicht hinreichend glaubhaft gemacht sei. Es werde weiterhin kein anspruchsbegründendes Aufenthaltsrecht benannt und das Vorliegen eines solchen nicht glaubhaft gemacht.
Die Beigeladene erklärt, sie habe den Antrag vom 05.01.2022 nach § 16 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) an den Antragsgegner weitergeleitet. Danach habe die Antragstellerin das Verfahren bei ihr nicht weiterverfolgt. Mangels näherer Ausführungen sei der Antrag nicht als solcher auf Überbrückungsleistungen ausgelegt worden. Sofern die Antragstellerin ihren Ausreisewillen bekunde, sei sie bereit, entsprechende Leistungen zu prüfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakte und des Ausdrucks aus der elektronischen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.
II.
1. Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des SG vom 25.02.2022 haben keinen Erfolg.
a) Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist gemäß §§ 172 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Es bestehen insbesondere keine Bedenken gegen die Prozessfähigkeit der minderjährigen Antragstellerin. Eine Beteiligte ist nach § 71 Abs. 1 SGG prozessfähig, wenn sie sich durch Verträge verpflichten kann. Minderjährige sind gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 SGG in eigenen Sachen prozessfähig, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind. Die Vorschrift erweitert die Prozessfähigkeit für diejenigen Minderjährigen, denen nach öffentlichem Recht Handlungsfähigkeit zugebilligt wird. Sie können Sozialleistungen selbst im Prozess verfolgen (Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., Sozialgerichtsgesetz, 13. Aufl. 2020, § 71 Rn. 5a). Die Antragstellerin hat bereits ihr 15. Lebensjahr vollendet und ist damit gemäß § 36 Abs. 1 SGB I handlungs- und infolgedessen auch prozessfähig i.S.d. § 71 Abs. 2 Satz 1 SGG.
b) Die Beschwerde im Eilverfahren ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind weder im Hinblick auf den Antragsgegner noch die Beigeladene erfüllt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine einstweilige Anordnung ergeht demnach nur, wenn sie zur Abwendung wesentlicher, nicht wiedergutzumachender Nachteile für die Antragstellerin notwendig ist. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, also des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Dabei hat die Antragstellerin wegen der von ihr geltend gemachten Eilbedürftigkeit der Entscheidung die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 202 SGG i.V.m. § 294 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im summarischen Verfahren (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 29.07.2003, 2 BvR 311/03).
aa) Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragstellerin ein Leistungsanspruch nach dem SGB II zusteht.
(1) Die Antragstellerin ist von Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) oder b) SGB II ausgeschlossen, weil sie sich auf kein Aufenthaltsrecht berufen kann bzw. allenfalls auf ein solches zum Zwecke der Arbeitsuche.
Auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Beschluss, die sich der Senat nach Prüfung zu eigen macht, wird Bezug genommen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Hinzuzufügen ist lediglich Folgendes:
Soweit die Antragstellerin auf einen Aufenthalt zu schulischen Zwecken abstellt, ist damit ein Aufenthaltsrecht nicht glaubhaft gemacht. Ein Aufenthaltsrecht auf Grund des Art. 10 der der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union besteht nicht. Danach können Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen. Dieses Recht auf Gleichbehandlung hinsichtlich des Zugangs zur weiteren Teilnahme am Unterricht vermittelt sowohl den Kindern als auch den sie betreuenden Elternteilen ein materielles Aufenthaltsrecht; das Recht knüpft an den Arbeitnehmerstatus eines Elternteils an, reicht aber zeitlich über die Beschäftigung hinaus (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2021, B 14 AS 42/19 R, juris Rn. 15). Die Eltern der Antragstellerin sind jedoch nicht in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Dass sie es zu einem früheren Zeitpunkt gewesen sind, ist weder vorgetragen noch aus Akten ersichtlich. Dass der Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Schulbesuchs gemäß §§ 16 f des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) erteilt worden ist, ist ebenfalls weder vorgetragen noch sonst erkennbar.
Von Frau D. kann die Antragstellerin – unabhängig von Reichweite und Wirksamkeit der notariellen Vereinbarung vom 27.08.2021 – ein Recht nach Art. 10 der der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 schon deshalb nicht ableiten, weil diese russische Staatsangehörige ist und nach den aktenkundigen Informationen im Übrigen auch nicht erwerbstätig (gewesen) ist.
Ob sich die Antragstellerin auf ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche berufen kann (dazu unten (2), (a)), ist an dieser Stelle unerheblich, weil auch Personen, die sich auf dieses Recht berufen können, von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b) SGB II).
(2) Ebenso wenig ergibt sich ein Leistungsanspruch nach dem SGB II für die Antragstellerin aus dem Gleichbehandlungsanspruch des Art. 1 EFA. Denn der von der Bundesregierung am 19.11.2011 bezogen auf Leistungen nach dem SGB II erklärte Vorbehalt bewirkte eine wirksame Einschränkung der Verpflichtung zur Gleichbehandlung mit deutschen Staatsangehörigen (ausführlich dazu BSG, Urteil vom 29.03.2022, B 4 AS 2/21 R, Rn. 33 m.w.N.; ebenso Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2021, L 12 AS 1004/20, juris Rn. 59 m.w.N.).
(3) Unbeschadet dessen ergeben sich auch Zweifel an der Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 SGB II) der Antragstellerin. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Der Vortrag der Antragstellerin, sie erhalte keinen Unterhalt von ihren Eltern, ist nicht glaubhaft. Ausweislich der vorgelegten Umsatzübersichten sind dem Konto der Frau D. in den Monaten Dezember 2021 bis April 2022 Überweisungen der Mutter der Antragstellerin i.H.v. insgesamt 1.727 € gutgeschrieben worden. Der Vortrag der Antragstellerin auf Nachfrage des Senats zu diesen Zahlungen ist nicht geeignet, die bestehenden Zweifel an fehlenden Unterhaltszahlungen auszuräumen. Die Antragstellerin nimmt in ihrem Schriftsatz vom 16.05.2022 insoweit Bezug auf eine Einzahlung (einen Betrag, eine Überweisung – jeweils im Singular), die im Zusammenhang mit einem der Frau D. von ihrer in Russland lebenden Mutter gewährten Darlehen stehen soll, dessen Auszahlungsbetrag „wohl aufgrund technischer Schwierigkeiten zunächst an die griechische Bank überwiesen“ und von dort an Frau D. überwiesen worden sein soll. Der Senat hält dies für nicht plausibel, nicht zuletzt deshalb, weil es sich bei den Überweisungen der Mutter der Antragstellerin um insgesamt mindestens neun verschiedene Zahlungen über einen Zeitraum von fünf Monaten gehandelt hat. Dies steht nach Auffassung des Senats im Widerspruch zu dem dargelegten einmaligen umzugsbedingten Bedarf. Zudem sind Belege über die behauptete Verwendung des Geldes – wie etwa Kaufbelege bzgl. der Einrichtungsgegenstände –, welche den Vortrag der Antragstellerin stützen könnten, nicht vorgelegt worden.
bb) Die Antragstellerin hat (unabhängig von den dargelegten Zweifeln an der Bedürftigkeit) ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass ihr ein Anspruch gegen die Beigeladene auf Leistungen nach dem SGB XII zusteht.
(1) Zwar haben Ausländer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII grundsätzlich Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Jedoch ist die Antragstellerin durch § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII von den Leistungen nach Abs. 1 der Vorschrift ausgeschlossen. Danach erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen (ebenso wie nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) und b) SGB II) keine Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII und nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Dass die Antragstellerin von diesem Leistungsausschluss erfasst wird, ergibt sich aus den Ausführungen oben unter aa), (1),.
(2) Ein Leistungsanspruch der Antragstellerin gegen die Beigeladene folgt auch mit Blick auf Leistungen nach dem SGB XII nicht aus dem Gleichbehandlungsanspruch nach Art. 1 EFA. Nach dieser Vorschrift ist jeder der Vertragschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt (im Sinne von Art. 11 EFA) aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge zu erbringen, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind (BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 43/15 R, juris Rn. 17 m.w.N.). Griechenland, dessen Staatsangehörige die Antragstellerin ist, ist Vertragspartner des EFA, sodass sie sich grundsätzlich hierauf berufen kann.
Die Antragstellerin hält sich jedoch im maßgeblichen Zeitraum nicht „erlaubt" im Sinne von Art. 11 EFA in Deutschland auf (vgl. zum erlaubten Aufenthalt näher BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 59/13 R, juris Rn. 21 ff.). Für den zur Anwendung des Gleichbehandlungsgebots des Art. 1 EFA erforderlichen „erlaubten" Aufenthalt genügt die von den materiellen Freizügigkeitsberechtigungen zu unterscheidende generelle Freizügigkeitsvermutung für EU-Ausländer, für deren rechtmäßige Einreise nach Deutschland ein gültiger Pass reicht (§ 2 Abs. 5 FreizügG/EU – voraussetzungsloses Aufenthaltsrecht in den ersten drei Monaten), nicht. Aufgrund der generellen Freizügigkeitsvermutung muss der Aufenthalt eines EU-Ausländers zumindest so lange als rechtmäßig angesehen werden, bis die zuständige Ausländerbehörde das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts aufgrund von § 5 Abs. 4 FreizügG/EU bzw. der Missbrauchstatbestände in § 2 Abs. 7 FreizügG/EU festgestellt und damit nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU die sofortige Ausreisepflicht begründet hat. Diese generelle Freizügigkeitsvermutung allein eröffnet indes nicht nur keinen Zugang zu Leistungen nach dem SGB II bzw. steht dem Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II nicht entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.2017, B 14 AS 31/16 R, juris Rn. 23; BSG Urteil vom 09.08.2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 20), sondern beinhaltet auch keine „Erlaubnis" des Aufenthalts im Sinne des EFA, die den Zugang zur Inländergleichbehandlung eröffnet und für die eine materielle Freizügigkeitsberechtigung (§ 2 Abs. 2 FreizügG/EU) oder ein anderes Aufenthaltsrecht erforderlich ist (vgl. zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2021, L 12 AS 1004/20, juris Rn. 74 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 59/13 R, juris Rn. 25; BSG, Urteil vom 09.08.2018, B 14 AS 32/17 R, juris Rn. 35).
Anschließend an die Ausführungen oben unter aa) (1) könnte der Antragstellerin hier allenfalls noch ein materielles Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche (§ 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU) zustehen. Die Vorschrift vermittelt das Recht, sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben und sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen. Die Annahme, dass der Betreffende begründete Aussicht hat, eingestellt zu werden, ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn der Unionsbürger nachweisen kann, dass er – objektivierbar nach außen hin zum Ausdruck gebracht – ernsthaft und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 17.12.2020, C-710/19, juris Rn. 43; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.09.2015, L 19 AS 1260/15 B ER, juris Rn. 22 m.w.N.; LSG Hessen, Beschluss vom 07.04.2015, L 6 AS 62/15 B ER, juris Rn. 49; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2021, L 12 AS 1004/20, juris Rn. 75). Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Antragstellerin, welche nicht einmal behauptet, Arbeit zu suchen, sondern sich allein zur Schulausbildung hier aufzuhalten, erkennbar nicht vor.
(3) Die Antragstellerin kann sich im vorliegenden Verfahren auch nicht mit Erfolg auf einen Anspruch auf sog. „Überbrückungsleistungen“ nach § 23 Abs. 3 Satz 3 bis 6 SGB XII berufen.
Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII werden hilfebedürftigen Ausländern, die § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII unterfallen, bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken; die Zweijahresfrist beginnt mit dem Erhalt der Überbrückungsleistungen nach Satz 3. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 5 SGB XII umfassen die Überbrückungsleistungen (1.) Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege, (2.) Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe, einschließlich der Bedarfe nach § 35 Abs. 4 und § 30 Abs. 7 SGB XII, (3.) die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen und (4.) Leistungen nach § 50 Nr. 1 bis 3 SGB XII (Hilfen bei Schwangerschaft und Mutterschaft). Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII werden, soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern, Leistungsberechtigten nach Satz 3 zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen im Sinne von Abs. 1 gewährt; ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von einem Monat hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist.
(a) Jedenfalls die Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 bis 5 SGB XII stellen als „aliud" regelmäßig einen eigenständigen, nicht einbezogenen Streitgegenstand im Verhältnis zu einem Anspruch auf laufende Grundsicherungsleistungen zum Lebensunterhalt dar (Senatsbeschluss vom 05.08.2017, L 6 AS 783/17 B; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.06.2017, L 12 AS 807/17 B ER, juris Rn. 2; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.11.2020, L 19 AS 1204/20, juris Rn. 61; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.08.2017, L 20 SO 319/17 B ER, juris Rn. 50; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26.05.2017, L 15 AS 62/17 B ER, juris Rn. 21; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2021, L 12 AS 1004/20, juris Rn. 79 mit weiteren ausführlichen Nachweisen; a.A. Löhr NDV, 2022 S. 25 ff. [28 f.] m.w.N. und Darstellung des Streitstandes). Denn der Bezug der Überbrückungsleistungen ist im Grundsatz – anders als bei laufenden Leistungen – auf den Zeitraum von einem Monat beschränkt und er dient der Vorbereitung der Ausreise aus dem Bundesgebiet (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.11.2018, L 19 AS 1434/18 B ER, juris Rn. 25; Siefert in jurisPK-SGB XII, Stand: 22.12.2020, § 23 Rn. 115). Entsprechend stellen diese Leistungen nicht lediglich ein „Minus" innerhalb des auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gerichteten prozessualen Anspruches dar, wie sie die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner beantragt hat. Soweit sich ein Hilfesuchender – wie hier die Antragstellerin – zur Gewährung laufender Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende an den SGB II-Träger gewandt und gegen diesen gerichtlichen (Eil-) Rechtsschutz ersucht hat, kann zwar im Regelfall davon ausgegangen werden, dass sich das Begehren (hilfsweise) auch auf die Gewährung entsprechender Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Dritten (ggfs. ergänzt um Leistungen nach dem Fünften) Kapitel des SGB XII bezieht, abseits besonderer Konstellationen, also im Regelfall aber nicht, dass es auch auf Leistungen zielt, deren Inhalt und Zweckrichtung gerade nicht einem laufenden Bezug entsprechen (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2021, L 12 AS 1004/20 a.a.O., dem sich der Senat anschließt) . Jemand, der dauerhaft im Bundesgebiet bleiben möchte und laufende Sozialleistungen beantragt, wird im Regelfall nicht zugleich Leistungen wollen, die seine Ausreise voraussetzen und nur die Zeit bis dahin überbrücken sollen (Siefert in jurisPK-SGB XII, Stand: 22.12.2020, § 23 Rn. 115).
Schon mangels Einbeziehung in das Verfahren können der Antragstellerin hier also Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII nicht vorläufig zugesprochen werden.
Unabhängig davon könnten die genannten Leistungen der Antragstellerin aber auch dann nicht vorläufig zugesprochen werden, wenn sie Gegenstand des Verfahrens wären. Denn (zumindest) die Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII setzen – mit Blick auf die vorstehend dargelegte Funktion dieser Leistungen – eine Ausreisebereitschaft jedenfalls „dem Grunde nach“ voraus (Siefert in jurisPK-SGB XII, Stand: 22.12.2020, § 23 Rn. 100; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2021, L 12 AS 1004/20, juris Rn. 81 ff.; LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 07.01.2019, L 23 SO 279/18 B ER, juris Rn. 40; a.A. Löhr, NDV 2021 S. 613 ff. [619] m.w.N.), die bei der Antragstellerin ersichtlich nicht vorliegt.
(b) Ob dies in gleicher Weise für die Überbrückungs-/Härtefallleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII gilt (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2021, L 12 AS 1004/20, juris Rn. 80; fraglich Siefert in jurisPK-SGB XII, Stand: 22.12.2020, § 23 Rn. 115; a.A. Löhr, NDV 2022 S. 25 ff. [27 f.] m.w.N.), kann für die Entscheidung des vorliegenden Falles offen bleiben, weil mangels Vorliegens einer Härte die tatbestandlichen Voraussetzungen jedenfalls insoweit nicht erfüllt sind.
Der Gesetzgeber verlangt in § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII besondere Umstände, die eine besondere Härte begründen, womit deutlich gemacht ist, dass Leistungen nur ganz ausnahmsweise und nur in solchen Fällen in Betracht kommen sollen, bei denen über die mit dem reduzierten Leistungsumfang typischerweise verbundenen Härten in der Person des Leistungsberechtigten weitere individuelle Besonderheiten hinzutreten (vgl. etwa BT-Drs. 18/10211, S. 16 f.; Siefert in jurisPK-SGB XII, Stand: 22.12.2020, § 23 SGB XII, Rn. 106; Löhr, NDV 2022 S. 25).
Davon ausgehend vermag der Senat im vorliegenden Fall eine besondere Härte nicht zu erkennen.
Dies gilt zunächst mit Blick auf den Schulbesuch der Antragstellerin in der Bundesrepublik, der ihr durch die Versagung der Leistungen wenn nicht unmöglich gemacht, so doch jedenfalls deutlich erschwert wird. Zwar sind die im Einzelfall mit einem Länderwechsel bzw. einem Wechsel des Bildungssystems verbundenen, ggf. erschwerten Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer Härtefallprüfung zu berücksichtigen. So kann ein Wechsel in einem laufenden Schuljahr ggf. die Gefahr des Verlusts einer Klassenstufe bergen und insbesondere im Falle von bestehender Schulpflicht im Heimatland als erschwerend zu berücksichtigen sein. Die Antragstellerin unterliegt jedoch in ihrem Heimatland nicht mehr der Schulpflicht. Vielmehr hat sie nach der Pflichtschulzeit von 9 Jahren im Juni 2021 den mittleren Schulabschluss (untere Sekundarerziehung, vergleichbar mit Sekundarstufe I [mittlere Reife]) erreicht. Es wäre ihr nach Auffassung des Senats möglich und zumutbar, zur Erreichung eines höheren Bildungsabschlusses in ihr Heimatland zurückzukehren und dort die höhere Sekundarerziehung, vergleichbar mit dem deutschen Abitur, zu beginnen. Das Unterrichtsjahr beginnt in Griechenland regelmäßig im September, im Jahr 2022 am 12.09., sodass es der Antragstellerin dem Grunde nach auch noch möglich wäre, ohne Zeitverlust die Schulausbildung in ihrem Heimatland fortzuführen. Dass die (offenbar schon längere Zeit bestehende) Trennungssituation der Eltern in Griechenland – wie von der Antragstellerin behauptet – dem entgegenstehen könnte, ist nicht plausibel vorgetragen. Insoweit fehlt es an jeglichem Vortrag dazu, warum die leiblichen – wenn auch getrennt lebenden –Eltern im Heimatland die Betreuung der Antragstellerin nicht sicherstellen können, dies demgegenüber aber durch Frau D., die ihrerseits allein erziehende Mutter von zwei minderjährigen Kindern (davon ein Säugling) ist und mit diesen von existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II lebt, möglich sein soll.
Davon abgesehen ist weder dargelegt noch aus den Umständen erkennbar, dass die Antragstellerin aus besonderen Gründen auf die Absolvierung ihrer Schulausbildung gerade in der Bundesrepublik angewiesen ist. Sie hat nicht einmal vorgetragen, nach Erlangung ihres deutschen Schulabschlusses hier verbleiben zu wollen. Dem Vortrag der Antragstellerin sowie der von ihr vorgelegten Erklärung vom 27.08.2021 ist vielmehr zu entnehmen, dass der Aufenthalt in der Bundesrepublik allein zu Bildungszwecken erfolgt. Es ist daher davon auszugehen, dass nach Abschluss der Schulausbildung eine Rückkehr der Antragstellerin nach Griechenland beabsichtigt ist.
Bei der gegebenen Sachlage und fehlenden Anhaltspunkten für eine Reiseunfähigkeit der Antragstellerin kann der Senat eine außergewöhnliche Härte auch nicht darin erkennen, dass sie als Minderjährige rechtlich nicht selbst über ihren Aufenthalt bestimmen kann, sondern das Aufenthaltsbestimmungsrecht den Eltern bzw. – sofern eine rechtlich wirksame Übertragung stattgefunden haben sollte – Frau D. zukommt. Zwar kommt in der sozialhilferechtlichen Rechtsprechung die Annahme einer die Gewährung von Sozialhilfe an ein im Ausland mit den Eltern oder dem sorgeberechtigten Elternteil lebendes deutsches Kind rechtfertigende außergewöhnlichen Notlage in Betracht, wenn es wegen des gewöhnlichen Aufenthalts seiner sorgeberechtigten Eltern und damit wegen seiner eigenen Pflege und Erziehung im Ausland (rechtlich) an einer Rückkehr gehindert ist. Die Bestimmung eines auswärtigen Aufenthalts des Minderjährigen durch die Eltern oder den allein personensorgeberechtigten Elternteil mache die Rückkehr des Minderjährigen ins Inland rechtlich unmöglich, ohne dass entscheidend wäre, ob für die Eltern die Möglichkeit besteht, ins Inland zurückzukehren. Das Verhalten bzw. der fehlende Rückkehrwille der Eltern könne den Kindern, soweit es um die Beseitigung einer existenziellen Notlage geht, auch nicht zugerechnet werden, schon weil die Eltern- und Kinderinteressen nicht gleichgerichtet sein müssten (zum Ganzen BSG, Urteil vom 21.09.2017, B 8 SO 5/16 R, juris Rn. 22 f.; Coseriu/Filges in jurisPK-SGB XII, Stand: 28.07.2021, § 24 SGB XII, Rn. 45 f. m.w.N.).
Der Senat erachtet den vorliegenden Sachverhalt jedoch nicht als vergleichbar mit der aufgezeigten Konstellation und hält daher eine Übertragung der aufgezeigten Grundsätze und Wertungen im Normzusammenhang des § 24 SGB XII auf den vorliegenden Sachverhalt nicht für angezeigt. Denn es ist weder vorgetragen noch aus den Umständen ersichtlich, dass die Eltern auch gegen den Willen der Antragstellerin – sofern diese eine Rückkehr wünschte – an deren Verbleib in der Bundesrepublik festhalten würden. Zudem unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem aufgezeigten ganz wesentlich durch den Umstand, dass in dem dortigen eine außergewöhnliche Notlage auch dadurch begründet wurde, dass bei Rückkehr des Kindes in sein Heimatland eine Trennung von seinen Eltern erfolgen würde. Damit ist das durch Art. 6 Grundgesetz (GG) geschützte Recht auf Schutz der Familie betroffen. In dem vorliegenden Fall hingegen liegt keine entsprechende Grundrechtsbeeinträchtigung vor, zumal der aktuell erklärte Wille aller Beteiligten nicht auf die Zusammenführung, sondern gerade auf die Trennung von Eltern und Kind gerichtet ist.
cc) Der danach festzustellende Ausschluss der Antragstellerin von Leistungen nach dem SGB II (§ 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 a) und b) SGB II) und dem SGB XII (§ 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII) ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Gesetzgeber hat mit diesem Regelungsregime verfassungskonform die Nachrangigkeit des deutschen Sozialleistungssystems gegenüber desjenigen des Herkunftslandes ausgestaltet (BSG, Urteil vom 29.03.2022, B 4 AS 2/21 R, juris Rn. 34 ff.; ebenso LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.11.2016, L 11 AS 567/16 B ER, juris Rn. 25; LSG Bayern, Beschluss vom 24.04.2017, L 8 SO 77/17 B ER, juris Rn. 38).
Der Leistungsausschluss verletzt die Antragstellerin insbesondere nicht in ihrem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art 20 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber muss Unionsbürgern ohne ein Aufenthaltsrecht oder lediglich mit einem Aufenthaltsrecht, das sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, jedenfalls dann keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einräumen, wenn ihnen eine Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere eine Rückkehr in ihr Heimatland, möglich und zumutbar ist. Die Gewährung voraussetzungsloser Sozialleistungen gebietet die Verfassung nicht. Der Gesetzgeber darf Unionsbürger vielmehr regelmäßig darauf verweisen, die erforderlichen Existenzsicherungsleistungen durch die Inanspruchnahme von Sozialleistungen in ihrem Heimatstaat als Ausprägung eigenverantwortlicher Selbsthilfe zu realisieren (BSG, Urteil vom 29.03.2022, B 4 AS 2/21 R, a.a.O.).
Auch einen Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot im Hinblick auf die Vergleichsgruppe der nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) Leistungsberechtigten kann der Senat nicht erkennen. Denn es fehlt an der Vergleichbarkeit mit den von den Leistungsausschlüssen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 SGB II, § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII Betroffenen (zum Verhältnis des Art. 3 Abs. 1 GG zu Art. 1 Abs. 1 GG: Frerichs in jurisPK-SGB XII, Stand: 04.07.2022, § 1 AsylbLG Rn. 41 ff.).
Insofern ist zu bedenken, dass der persönliche Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 1 AsylbLG konzeptionell (d.h. mit Ausnahme der nach Nr. 5 Berechtigten, deren Anspruch ggfs. nach § 1a Abs. 1-3 AsylbLG eingeschränkt ist) Drittstaatsangehörige adressiert, die sich (allein) auf politische, humanitäre oder völkerrechtliche Aufenthaltsgründe berufen können (Frerichs, a.a.O., Rn. 18). Mit der im Schwerpunkt menschenrechtlichen Prägung der Aufenthaltsrechte korrespondiert ein Anspruch auf existenzsichernde Leistungen in Deutschland. Das AsylbLG ist weiterhin insofern ein eigenes, spezielles Leistungssystem zur Sicherung des Lebensbedarfs, als es primär an den ungesicherten Aufenthaltsstatus anknüpft (vgl. BVerfG Beschluss vom 11.07.2006, 1 BvR 293/05, juris Rn. 44; Siefert in jurisPK-SGB XII, Stand: 22.12.2020, § 23 Rn. 57; Oppermann in jurisPK-SGB XII, Stand: 25.07.2022, § 1a AsylbLG Rn. 22).
Anders als bei den vom AsylbLG erfassten Personen besteht bei Unionsbürgern und damit auch bei der Antragstellerin grundsätzlich kein Anlass, an der Zumutbarkeit ihrer Ausreise zu zweifeln. So ist es Personen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der Regel ohne weiteres möglich, kurzfristig in ihren Heimatstaat zurück zu reisen, um dort anderweitige Hilfemöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Daher kann die Gewährleistungsverpflichtung aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG für Anspruchsberechtigte nach dem AsylbLG, die gerade nicht in jedem Fall zeitnah in ihre Heimat zurückkehren können, um dort ihren Lebensunterhalt zu sichern, auch umfangreichere und länger andauernde Leistungen zur Existenzsicherung erfordern. Bei Unionsbürgern kann sich die Gewährleistungsverpflichtung demgegenüber darin erschöpfen, sie bei den Bemühungen der Selbsthilfe durch eingeschränkte Leistungen zu unterstützen. Soweit eine Ausreise – anders als im vorliegenden Fall – aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht möglich oder nicht zumutbar ist, greift die Härtefallregelung des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII ein. Der Gesetzgeber bewegt sich mit den Regelungen der § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a und b SGB II und § 23 Abs. 3, Abs. 3a SGB XII damit innerhalb des Spielraums, welcher ihm bei der Ausgestaltung des Anspruchs auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG eingeräumt ist (vgl. BSG, Urteil vom 29.03.2022, B 4 AS 2/21 R, a.a.O.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.10.2021, L 12 AS 1004/20; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.05.2022, L 8 AS 449/22 B ER unter ausdrücklicher Aufgabe seiner zuvor als verfassungsrechtlich geboten angesehenen weiten Auslegung der Härtefallregelung des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII).
dd) Da ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist, kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob die Antragstellerin einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat. Insoweit ist jedoch darauf hinzuweisen, dass jedenfalls ihre Unterkunft derzeit offenbar gesichert ist und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie über das Konto der Frau D. Unterstützungszahlungen der Eltern erhält (s.o. aa) (3)). Gesundheitliche Einschränkungen, die eine medizinische Behandlung erforderlich machen sollen, hat die Antragstellerin zwar behauptet, aber nicht im Ansatz glaubhaft gemacht, geschweige denn inhaltlich näher konkretisiert.
c) Auch die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren mangels hinreichender Erfolgsaussichten (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO) – ausgehend von den vorstehenden Ausführungen unter a) – zu Recht abgelehnt.
2. Nach den Ausführungen unter 1. a) und b) konnte – mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung – auch der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt G für das Beschwerdeverfahren keinen Erfolg haben.
3. Die Kostenentscheidung folgt mit Blick auf die Kosten für das Eilverfahren aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und mit Blick auf die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).