L 5 KR 166/20

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 44 KR 658/19
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 166/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Die §§ 109 Abs. 5 SGB V und 326 SGB V a. F. finden auf die Aufwandspauschale keine Anwendung, weil es sich hierbei nicht um eine Vergütung im Sinne dieser Vorschriften handelt. Mangels planwidriger Gesetzeslücke scheidet auch eine entsprechende Anwendung der Rechtsnormen auf Aufwandspauschalen aus.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 6. Juli 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

Die Klägerin trägt die Kosten für beide Rechtszüge.

 

 

Die Revision wird zugelassen.

 

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 300,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über einen Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 300,00 EUR, nachdem die Beklagte im Hinblick auf einen vermeintlichen Erstattungsanspruch wegen einer zuvor gezahlten Aufwandspauschale in dieser Höhe eine Verrechnung mit dem ansonsten unstreitigen Vergütungsanspruch der Klägerin vorgenommen hat.

 

Die Kläger betreibt ein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus, in dem die am 1946 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte G. (Versicherte) in der Zeit vom 8. bis 30. Januar 2015 vollstationär behandelt wurde. Nachdem eine sachlich-rechnerische Richtigkeitsprüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) hinsichtlich der Kodierung der Nebendiagnose nicht zu einer Minderung des Rechnungsbetrages geführt hatte, stellte die Klägerin der Beklagten am 14. Juli 2015 eine Aufwandspauschale in Höhe von 300,00 EUR in Rechnung, die die Beklagte am 29. Juli 2015 beglich. Am 16. Mai 2019 setzte die Beklagte diesen Betrag durch Verrechnung mit einer unstreitigen Vergütungsforderung der Klägerin in einem anderen Behandlungsfall wieder ab.

 

Die Klägerin hat am 9. Dezember 2019 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zahlung einer Aufwandspauschale hätten vorgelegen. Die Beklagte habe eine MDK-Prüfung mit dem Ziel der Abrechnungskürzung veranlasst. Ihr – der Klägerin – sei dadurch ein Verwaltungsaufwand entstanden. Die Prüfung habe nicht zu einer Rechnungskürzung geführt. Ein etwaiger Erstattungsanspruch der Beklagten sei mit Ablauf des Geschäftsjahres 2016 verwirkt gewesen. Mit Ablauf des Kalenderjahres 2018 sei zudem Verjährung eingetreten. Insoweit gelte nicht die vierjährige sozialrechtliche, sondern die dreijährige zivilrechtliche Verjährungsfrist, weil es sich bei der Aufwandspauschale ersichtlich nicht um eine Sozialleistung handele und das Bundessozialgericht (BSG) das Konstrukt der sachlich-rechnerischen Prüfung aus dem allgemeinen Zivilrecht abgeleitet habe. Die Klägerin hat auf § 814 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verwiesen und geltend gemacht, die Beklagte habe gewusst, dass sie nicht zur Leistung verpflichtet gewesen sei. Das BSG habe schließlich bereits mit Urteil vom 1. Juli 2014 und damit weit vor der Zahlung der Aufwandspauschale die sachlich-rechnerische Prüfung als eigenständige Form der Abrechnungsprüfung festgestellt und entschieden, dass in diesen Fällen keine Aufwandspauschale zu zahlen sei.

 

Die Klägerin hat beantragt,

 

die Beklagte zu verurteilen, an sie 300,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 17. Mai 2019 zu zahlen.

 

Die Beklagte hat beantragt,

 

          die Klage abzuweisen.

 

Sie hat erwidert, es gelte nach zutreffender Rechtsprechung des BSG eine vierjährige Verjährungsfrist. Die Rechtsprechung des BSG zur Verwirkung bei Nachtragsrechnungen von Krankenhäusern sei auf Fallkonstellationen der vorliegenden Art nicht anwendbar.

 

Im Einverständnis mit den Beteiligten hat das Sozialgericht gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden und der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe Anspruch auf die geltend gemachte Klageforderung. Die Beklagte habe mit der von ihr erklärten Aufrechnung den unstreitigen Vergütungsanspruch der Klägerin nicht zum Erlöschen bringen können, denn es fehle insoweit an einer Aufrechnungslage. Der von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsanspruch sei verwirkt gewesen. Das BSG (Urteil vom 5. Juli 2016 – B 1 KR 40/15 R) habe als Verwirkungsverhalten regelmäßig die vorbehaltlose Erteilung einer nicht offensichtlich unschlüssigen Schlussrechnung eines Krankenhauses gewertet. Eine Vertrauensgrundlage entstehe in der Regel im Anschluss hieran, wenn das Krankenhaus eine Nachforderung weder im gerade laufenden noch im nachfolgenden vollen Haushaltsjahr der Krankenkasse gegenüber geltend mache. Der Vertrauenstatbestand erwachse daraus, dass die Krankenkasse regelhaft darauf vertraue, dass das Krankenhaus insoweit keine weiteren Nachforderungen erhebe. Hieran richte sie ihr Verhalten aus, indem sie davon Abstand nehme, die Abrechnung als zweifelhaft zu behandeln und – im Kontext sonstiger streitiger Forderungen – dafür haushaltsrechtlich relevante Vorkehrungen zu treffen. Diese Grundsätze würden auch im Fall einer Rückforderung der Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus gelten. Hier habe die Beklagte der Klägerin die Aufwandspauschale am 29. Juli 2015 gezahlt und erst am 16. Mai 2019 im Wege der Aufrechnung einbehalten. Bei der Klägerin sei ein Vertrauenstatbestand erwachsen, weil nach Abschluss mehrerer Haushaltsjahre keine Rückforderung geltend gemacht worden sei. Angesichts des langen Zeitraumes und der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG zur Verwirkung im Hinblick auf Forderungen der Krankenhäuser gegenüber den Krankenkassen sei in einer solchen Konstellation vom Entstehen einer hinreichenden Vertrauensgrundlage auszugehen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Beteiligten aufgrund eines dauerhaften Vertragsrahmens ständig professionell zusammenarbeiten würden. Diese Vertragsbeziehungen seien von einem systembedingten Beschleunigungsgebot geprägt und verpflichteten zur gegenseitigen Rücksichtnahme.

 

Gegen das ihr am 5. August 2020 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die am selben Tag beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Sie macht geltend, das angefochtene Urteil sei nicht mit der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 15/19 R – vereinbar. Danach liege bei der Rückforderung vorbehaltlos zu Unrecht gezahlter Aufwandspauschalen nach sachlich-rechnerischen Prüfungen ab 1. Januar 2015 kein Verwirkungstatbestand vor. Die Krankenhäuser würden insoweit keinen Vertrauensschutz genießen. Aufgrund der nicht abschließend geklärten Rechtslage hätten die Krankenhäuser nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Krankenkassen keine Erstattungsansprüche geltend machen würden. Nach Klärung der Berechtigung ihrer Ansprüche durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 28. November 2018 – 1 BvR 318/17, 1474/17 und 2207/17 sei sie – die Beklagte – daher berechtigt gewesen, innerhalb der Verjährungsfrist mit Erstattungsforderungen nach zu Unrecht gezahlten Aufwandspauschalen aufzurechnen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 6. Juli 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

 

          die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält das Urteil für zutreffend. Der Entscheidung des Sozialgerichts stehe insbesondere nicht die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des BSG entgegen. Hier sei Ansatz für einen Vertrauensschutz nicht nur das Umstandsmoment der vorbehaltlosen Zahlung im Jahr 2015, also zu einem Zeitpunkt, als die Rechtsprechung des BSG zur Nichtanwendbarkeit des § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V auf sachlich-rechnerische Prüfungen längst bekannt gewesen sei, sondern es komme hinzu das Zeitmoment, dass nämlich eine Erstattung der gezahlten Aufwandspauschale erst fast vier Jahre später verlangt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe sie – die Klägerin – nicht mehr mit einer Erstattungsforderung rechnen müssen. Sie habe auch nicht mehr damit gerechnet und insbesondere keine Rückstellungen dafür gebildet. Mit dieser Begründung habe sich das BSG noch nicht befasst. Nach dem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18. Mai 2020 – L 5 KR 213/18 NZB – wende auch der Senat – ebenso wie das Sozialgericht Kiel – die Rechtsprechung des BSG zur Verwirkung bei Rechnungskorrekturen außerhalb des laufenden und folgenden Geschäftsjahres auf Forderungen der Krankenkassen gegen die Krankenhäuser an. Soweit sich die Beklagte dagegen wende und auf eine Entscheidung des BSG vom 21. April 2015 (B 1 KR 7/15 R, dort Rn. 20 ff.) beziehe, werde auf den maßgeblichen Unterschied hingewiesen, dass die Rechnung über eine Aufwandspauschale – anders als über die Behandlungskosten – nicht der sogenannten primären Zahlungspflicht unterliege, mithin nicht kurz befristet sei. Es stehe der Krankenkasse jederzeit frei, die Rechnung erst zu prüfen und dann zu bezahlen, wenn sie sie für begründet erachte, oder sie unter Vorbehalt zu zahlen. Wenn dann aber eine vorbehaltlose Zahlung erfolge, dürfe sie – die Klägerin – auch davon ausgehen, das Geld behalten zu dürfen, erst Recht, wenn ein Rückforderungsanspruch erst nach Jahren geltend gemacht werde. Das BSG schließe im Urteil vom 21. April 2015 – B 1 KR 7/15 R – entgegen der Behauptung der Beklagten eine Verwirkung in diese Richtung auch nicht aus. Es stelle nur fest, dass der bloße Zeitablauf kein die Verwirkung begründendes Verhalten darstelle. Der erforderliche Verwirkungstatbestand, das sogenannte Umstandsmoment, liege hier indes vor. Außerdem sei ein etwaiger Erstattungsanspruch der Beklagten zum Zeitpunkt der Verrechnung bereits verjährt gewesen (§ 69 SGB V i. V. m. §§ 194 ff. BGB). Es gehe hier nämlich nicht um Sozialleistungen. Das BSG habe seine Rechtsprechung zur Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit aus allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen der Rechnungsprüfung hergeleitet. Dann müsse aber auch die kürzere zivilrechtliche Verjährungsfrist von drei Jahren zum Jahresende – hier 2018 – gelten. Zum Zeitpunkt der Absetzung (2019) sei ein etwaiger Erstattungsanspruch der Beklagten außerdem auch gemäß § 109 Abs. 5 Satz 1 SGB V bereits verjährt gewesen. Weiterhin sei ein etwaiger Erstattungsanspruch nach § 325 a. F. SGB V ausgeschlossen.

 

Die Beklagte erwidert, er handele sich um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, auf den nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die vierjährige Verjährungsfrist anzuwenden sei. Nur soweit öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche von Krankenkassen auf überzahlter Krankenhausvergütung beruhten, sei die Verjährungsfrist durch die Einfügung des § 109 Abs. 5 SGB V auf zwei Jahre verkürzt worden. Die Auffassung der 24. Kammer des Sozialgerichts Kiel in mehreren Entscheidungen vom 25. November 2020 zu Gunsten der Klägerin, dass § 109 Abs. 5 Sätze 1 und 2 SGB V sowie die Frist in § 325 a. F. SGB V (jetzt § 412 SGB V) ihrem Sinn und Zweck nach, schnell Rechtsfrieden zu schaffen, auf Aufwandspauschalen entsprechend anwendbar seien, werde nicht gefolgt. Sie – die Beklagte – halte diese Entscheidungen bereits deshalb für unzutreffend, weil nicht ersichtlich sei, dass die Voraussetzungen für eine Gesetzesanalogie geprüft worden seien. Es erscheine ihr mit Rechtsanwendungsgrundsätzen unvereinbar, allein vom Sinn und Zweck einer Regelung entgegen ihrem eindeutigen und klaren Wortlaut eine Anwendbarkeit auch für ganz andere Tatbestände herzuleiten. Bei Aufwandspauschalen nach § 275 Abs. 1c SGB V handele es sich nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht um Vergütungsansprüche von Krankenhäusern. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber über den klaren und eindeutigen Wortlaut der Regelungen in den §§ 109 Abs. 5 und 325 SGB V hinaus, welche ausdrücklich nur Rückzahlungen nach überzahlten Vergütungen beträfen, jegliche Rückerstattungsansprüche von Krankenkassen einer rückwirkenden Verkürzung der Verjährungsfrist bzw. Verfallfrist habe unterfallen lassen wollen. Daher komme es vorliegend nicht darauf an, ob diese Regelungen überhaupt verfassungsgemäß seien. Soweit die Klägerin meine, der Erstattungsanspruch sei verwirkt und es liege auch keine Kollision mit der von der Klägerin kritisch bewerteten Entscheidung des BSG vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 15/20 R – vor, könne sie dem nicht folgen. Die Klägerin begründe ihre Ansicht damit, dass zum einen wegen der vorbehaltlosen Zahlung ein Umstandsmoment und weiter wegen des Erstattungsverlangens dreieinhalb Jahre später auch ein Zeitmoment vorgelegen habe, was sie berechtige, einen Verwirkungseinwand zu erheben. Die Ansicht sei mit der einschlägigen Rechtsprechung des BSG nicht zu vereinbaren. Dem Urteil des BSG vom 15. Juli 2020 – B 1 KR 15/20 R – sei unter Rn. 26 zu entnehmen, dass ab dem 1. Januar 2015 Krankenhäuser bei generalisierender Betrachtungsweise nicht mehr auf den Fortbestand der die bisherige Praxis stützenden Rechtsprechung hätten vertrauen dürfen und damit hätten rechnen müssen, ab 1. Januar 2015 gezahlte Aufwandspauschalen für Prüfungen der sachlich-rechnerischen Richtigkeit ihrer Abrechnungen erstatten zu müssen. Den zutreffenden Ausführungen unter Rn. 30 des Urteils sei zu entnehmen, dass der Umstand, dass Krankenkassen vorbehaltlos zu Unrecht auch noch ab dem 1. Januar 2015 Aufwandspauschalen gezahlt hätten, nicht zur Verwirkung des Erstattungsanspruchs habe führen können, da aufgrund der nicht abschließend geklärten Rechtslage Krankenhäuser nicht hätten darauf vertrauen können, Krankenkassen würden keine Erstattungsansprüche mehr geltend machen. Vielmehr sei es den Krankhäusern nach Auffassung des BSG ab 1. Januar 2015 zumutbar gewesen, Rückstellungen zu bilden. Infolgedessen könne sich die Klägerin hier schon nicht auf das Vorliegen eines Umstandsmomentes berufen. Weiter habe das BSG im Urteil vom 17. Dezember 2020 – B 1 KR 21/20 R – entschieden, dass Erstattungsansprüchen der Krankenkassen innerhalb der Verjährungsfrist der Einwand unzulässiger Rechtsausübung nur in sehr engen Grenzen entgegengehalten werden könne. Zutreffend werde unter den Rn. 36 ff. dieser Entscheidung sinngemäß ausgeführt, dass Krankenkassen grundsätzlich Erstattungsansprüche auch hinsichtlich vorbehaltlos erfolgter Zahlungen innerhalb der Verjährungsfrist geltend zu machen berechtigt seien und das Rechtsinstitut der Verwirkung als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht greife, sondern nur in besonderen engen Ausnahmekonstellationen Anwendung finde. Diese Rechtsprechung habe das BSG mit Urteil vom 20. Januar 2021 – B 1 KR 31/20 R – bestätigt. Der Umstand, dass eine Krankenkasse bis kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist mit der Geltendmachung ihrer Forderung gewartet habe, genüge deshalb nicht, um einen Verwirkungseinwand zu begründen. Nichtstun, also Unterlassen, könne nach der zutreffenden Ansicht des BSG ein schutzwürdiges Vertrauen in Ausnahmefällen allenfalls dann begründen und zur Verwirkung des Rechts führen, wenn der Schuldner dieses als bewusst und planmäßig erachten dürfe, was hier nicht der Fall sei, da das Rechtsinstitut des sachlich-rechnerischen Prüfregimes erst mit Urteil vom 25. Oktober 2016 – B 1 KR 22/16 R – hinreichend konkretisiert worden sei und diese Rechtsprechung bis zu einer Klärung durch den Gesetzgeber für die Zeit ab 1. Januar 2015 und das Bundesverfassungsgericht für die Zeit davor ungeklärt gewesen sei.

 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die statthafte und aufgrund der Zulassung in dem angefochtenen Urteil des Sozialgerichts auch zulässige Berufung der Beklagten ist begründet,

 

Die Klägerin hat entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Vergütung in Höhe von 300,00 EUR. Der mit der zulässigerweise erhobenen Leistungsklage verfolgte Vergütungsanspruch der Klägerin aus einer späteren Krankenhausbehandlung eines anderen Versicherten der Beklagten ist zwar unstreitig. Darauf, welchen Vergütungsanspruch die Klägerin auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht, kommt es bei der gegebenen Sachlage nach der Rechtsprechung des BSG nicht an (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris Rn. 10). Die Beklagte hat jedoch zu Recht gegen den Vergütungsanspruch der Klägerin mit ihrem Erstattungsanspruch aufgerechnet bzw. eine Verrechnung vorgenommen.

 

Der erkennende Senat folgt insoweit der Argumentation der Beklagten, die sich zu Recht auf die Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 15/19 R – stützt. Danach waren Krankenkassen nicht verpflichtet, für vor dem 1. Januar 2016 eingeleitete sachlich-rechnerische Prüfungen – um eine solche handelte es sich hier – Aufwandspauschalen zu zahlen, so dass sie im Grundsatz deren Erstattung verlangen können. Zahlungen ohne Rechtsgrund begründen einen Erstattungsanspruch des Zahlenden gegenüber dem Zahlungsempfänger, sei es nach allgemeinen Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, sei es nach § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i. V. m. §§ 812 ff. BGB. Diese Voraussetzungen sind bei Zahlungen von Aufwandspauschalen für vor dem 1. Januar 2016 eingeleitete sachlich-rechnerische Prüfungen erfüllt.

 

Die Vorschrift des § 275 Abs. 1 und Abs. 1c SGB V begründet in ihren bis 31. Dezember 2015 geltenden Fassungen keinen Anspruch auf die Zahlung von Aufwandspauschalen für sachlich-rechnerische Prüfungen, auch wenn die Prüfungen zu keiner Minderung des Abrechnungsbetrags geführt haben (BSG, Urteil vom 1. Juli 2014 – B 1 KR 29/13 RBSGE 116,165 = SozR 4‑2500 § 301 Nr. 4). Gegenstand des in § 275 Abs. 1 SGB V i. V. m. § 275 Abs. 1c SGB V a. F. genannten Verfahrens der Auffälligkeitsprüfung ist nur die Wirtschaftlichkeitsprüfung. Nur diese kann bei Krankenhäusern die Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c SGB V a. F. auslösen. Das BSG hat diese Auslegung in seinem Urteil vom 1. Juli 2014 nicht auf die Zukunft beschränkt, diese Rechtsprechung in weiteren Urteilen vom 14. Oktober 2014 bestätigte (vgl. hier BSG vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – SozR 4‑2500 § 301 Nr. 5 Rdnr. 20 f) und die Differenzierung zwischen sachlich-rechnerischer Richtigkeitsprüfung und Wirtschaftlichkeitsprüfung in Urteilen vom 25. Oktober 2016 weiter konkretisiert (vgl. BSG, Urteile vom 25. Oktober 2016 – B 1 KR 22/16 R, B 1 KR 19/16 R und B 1 KR 16/16 R –, alle in juris). Das BVerfG hat die Auslegung des 1. Senats des BSG zu § 275 Abs. 1 und Abs. 1c SGB V am Maßstab des Grundgesetzes geprüft und nicht beanstandet (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. November 2018 – 1 BvR 318/17, 1 BvR 1474/17, 1 BvR 2207/17 juris). Das BSG hat an dieser Rechtsprechung festgehalten (BSG, Urteil vom 16. Juli 2020, a. a. O.).

 

§ 275 Abs. 1c SGB V ist mit Wirkung vom 1. Januar 2016 durch Einfügung eines Satzes 4 durch Art. 6 Nr. 21a Gesetz zur Reform der Strukturen in der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I, 2229) zwar geändert worden. Als Prüfung nach § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V ist nunmehr jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses anzusehen, mit der die Krankenkasse den MDK beauftragt und die eine Datenerhebung durch den MDK beim Krankenhaus erfordert. Dabei handelt es sich allerdings um eine Gesetzesänderung mit Wirkung nur für die Zukunft (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 2016 – B 1 KR 22/16 R, a. a. O.), die für den vorliegenden Fall keine Geltung beanspruchen kann. Das BVerfG hat auch diese Rechtsprechung am Maßstab der Verfassung geprüft und nicht beanstandet (BVerfG, Beschluss vom 26. November 2018 – 1 BvR 318/17, BvR 1474/17, 1 BvR 2207/17, a. a. O. Rn. 49, 54 f.).

 

Der Umstand, dass das BSG die Neuregelung der Prüfungen gemäß § 275 Abs. 1c Satz 4 SGB V zunächst nur für Krankenhausbehandlungen für einschlägig erachtet hat, die ab dem 1. Januar 2016 oder später begonnen haben (vgl. BSG, Urteil vom 23. Mai 2017 – B 1 KR 24/16 R – SozR 4‑2500 § 301 Nr. 8 Rn. 32), mittlerweile an dieser Auffassung allerdings nicht mehr festhält, sondern maßgeblich auf den Zeitpunkt abstellt, in dem der Prüfauftrag der Krankenkasse dem Krankenhaus zugeht (BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 15/19 R, a. a. O., Rn. 14), ist vorliegend nicht streitentscheidend, denn der Prüfauftrag war der Klägerin hier bereits im Jahr 2015 zugegangen. Die Klägerin stellte der Beklagten schließlich bereits am 14. Juli 2015 die Aufwandspauschale in Rechnung, die die Beklagte am 29. Juli 2015 beglich.

 

Dem Anspruch auf Erstattung von Aufwandspauschalen für sachlich-rechnerische MDK-Prüfungen, welche die klagende Krankenkasse nach dem 31. Dezember 2015 an Krankenhausträger vorbehaltlos gezahlt hat, steht das Verbot unzulässiger Rechtsausübung nicht entgegen. Weder können sich die Krankenhäuser auf § 242 BGB i. V. m. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V wegen eines spezifischen Vertrauensschutzes oder der Verwirkung berufen noch schließt eine entsprechende Anwendung des § 814 BGB den Erstattungsanspruch aus. Für die Zeit ab dem 1. Januar 2015 fehlte es den Krankenhäusern an einer Vertrauensgrundlage für das „Behaltendürfen“ zu Unrecht gezahlter Aufwandspauschalen. Das BSG hat bis zum 1. Juli 2014 nicht zwischen Wirtschaftlichkeitsprüfung und sachlich-rechnerischer Richtigkeitsprüfung im Sinne von zwei unterschiedlichen Prüfregimen unterschieden. Die Praxis der Krankenkassen und Krankenhäuser hat dem entsprochen und ebenfalls vom Beginn des Fallpauschalensystems an nicht zwischen Auffälligkeitsprüfung (Wirtschaftlichkeitsprüfung) und Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit unterschieden. Erstmals mit dem Urteil vom 1. Juli 2014 hat das BSG seine Rechtsprechung zu § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 275 Abs. 1 c SGB V a.F. ohne zeitliche Beschränkung auf die Zukunft geändert und den Anwendungsbereich des § 275 Abs. 1c SGB V a.F. auf Wirtschaftlichkeitsprüfungen beschränkt. Spätestens im Jahr 2015 konnten die Krankenhäuser daher bei generalisierender Betrachtungsweise nicht mehr auf den Fortbestand der die bisherige Praxis stützenden Rechtsprechung vertrauen. Sie mussten damit rechnen, ab 1. Januar 2015 gezahlte Aufwandspauschalen für Prüfungen der sachlich-rechnerischen Richtigkeit ihrer Abrechnungen erstatten zu müssen. Aufgrund der nicht abschließend geklärten Rechtslage konnten die Krankenhäuser nicht darauf vertrauen, die Krankenkassen würden keine Erstattungsansprüche geltend machen. Vielmehr war es den Krankenhäusern ab 1. Januar 2015 zumutbar, Rückstellungen zu bilden.

 

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, hier sei Ansatz für einen Vertrauensschutz nicht nur das Umstandsmoment der vorbehaltlosen Zahlung im Jahr 2015, also zu einem Zeitpunkt, als die Rechtsprechung des BSG zur Nichtanwendbarkeit des § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V auf sachlich-rechnerische Prüfungen bereits bekannt gewesen sei, sondern auch das Zeitmoment, dass nämlich eine Erstattung der gezahlten Aufwandspauschale erst fast vier Jahre später verlangt worden sei, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sie – die Klägerin – nicht mehr mit einer Erstattungsforderung habe rechnen müssen, vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen. Das BSG hat sich in seiner Entscheidung vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 15/19 R – mit einer entsprechenden Fallkonstellation befasst. Es hat die vorbehaltlosen Zahlungen gerade nicht als Umstandsmoment gewertet, um die Annahme einer Verwirkung rechtfertigen zu können. Im Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 15/19, a.a.O., Rn. 30 hat es vielmehr ausgeführt: „Der Umstand, dass KKn vorbehaltlos zu Unrecht auch noch ab dem 1.1.2015 Aufwandspauschalen zahlten, führt nicht zur Verwirkung des Erstattungsanspruchs … Aufgrund der nicht abschließend geklärten Rechtslage (dazu sogleich) konnten die Krankenhäuser nicht darauf vertrauen, die KKn würden keine Erstattungsansprüche geltend machen. Vielmehr war es den Krankenhäusern ab 1.1.2015 zumutbar, Rückstellungen zu bilden.“

 

Unter der Rn. 32 der genannten Entscheidung wird weiter ausgeführt: „Die KKn durften zudem bei der auch nach dem 31.12.2014 hoch streitig gebliebenen Rechtsprechung des BSG abwarten, ob und in welcher Weise der Gesetzgeber und das BVerfG die Rechtslage endgültig klären werden. Insoweit durften sie zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten auch vorbehaltlose Zahlungen leisten.“

 

Vor diesem Hintergrund vermag die Argumentation der Klägerin, hier trete zum Umstandsmoment auch das Zeitmoment hinzu und mit dieser Begründung habe sich das BSG noch nicht befasst, nicht zu überzeugen. Ohnehin hat das BSG in ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 21. April 2015 – B 1 KR 11/15 R, juris Rn. 24 m.w.N.) die Auffassung vertreten, dass das Rechtsinstitut der Verwirkung als ergänzende Regelung innerhalb der kurzen Verjährungsfrist grundsätzlich nicht passt. Es findet daher nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung, die hier nicht vorliegen. Die Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zwar auch für das Sozialversicherungsrecht anerkannt, sie setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung allerdings voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden „besonderen Umstände“ liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. An solchen die Verwirkung auslösenden Umständen fehlt es hier gerade. Der bloße Zeitablauf allein stellt grundsätzlich kein die Verwirkung begründendes Verhalten dar.

 

Der Erstattungsanspruch der Beklagten in Höhe von 300,00 EUR ist auch nicht durch § 814 BGB (Zahlung auf eine Nichtschuld) in entsprechender Anwendung ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob die Vorschrift im Verhältnis zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen überhaupt anwendbar ist, liegen im konkreten Fall die Voraussetzungen des § 814 BGB nicht vor. Im hier maßgeblichen Zeitraum fehlte es an der positiven Kenntnis der Beklagten von der Nichtschuld der im Juli 2015 gezahlten Aufwandspauschale.

 

Nach § 814 BGB kann das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. § 814 BGB setzt positive Kenntnis voraus. Positive Kenntnis würde im vorliegenden Zusammenhang positive Kenntnis darüber voraussetzen, wann genau von einer Wirtschaftlichkeitsprüfung und wann von einer sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung auszugehen ist. Die genaue Abgrenzung der Prüfregime der Auffälligkeitsprüfung und der Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit wurde vom BSG allerdings nicht schon im Jahr 2014, sondern erst mit dem ausführlich begründeten Leitsatzurteil vom 25. Oktober 2016 – B 1 KR 22/16 R – unmissverständlich konkretisiert. Mit der vorbehaltlosen Zahlung ist noch kein Wissen um die (endgültige) Nichtschuld oder gar ein eigenständiges Anerkenntnis der Schuld verbunden. Unerheblich ist insoweit, dass es den Krankenkassen nicht verwehrt gewesen wäre, unbeschadet der Erfüllungswirkung einen Vorbehalt anzubringen. Für die Zeit nach dem 31. Dezember 2014 kann von einer Zahlung positiver Kenntnis der Nichtschuld deshalb nicht ausgegangen werden. Ein bloßes Kennenmüssen der Krankenkassen reicht insofern nicht aus.

 

Mit ihrer Einrede der Verjährung gegen die Erstattungsforderung der Beklagten vermag die Klägerin ebenfalls nicht durchzudringen. Hierzu ist Folgendes auszuführen:

 

Vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – PpSG) vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2394) am 1. Januar 2019 gab es im SGB V keine Regelungen zur Verjährung von Ansprüchen der Krankenhäuser gegen Krankenkassen oder von Rückforderungsansprüchen der Krankenkassen gegen Krankenhäuser bei unrichtiger Abrechnung von stationären Leistungen. Ebenso wenig fanden sich solche Vorschriften im Krankenhausfinanzierungsgesetz, Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung. Auch in den allgemeinen Vorschriften des Sozialgesetzbuches oder in untergesetzlichen Regelungen, wie etwa der Prüfverfahrensvereinbarung, fand sich keine diesbezügliche Regelung.

 

Allerdings ging das BSG davon aus, dass für derartige Forderungen eine vierjährige Verjährungsfrist gelte. Begründet wurde dies mit einem aus dem Normenbestand des Sozialrechts entnommenen allgemeinen Rechtsprinzip, wonach im Sozialrecht eine vierjährige Verjährung gelte und dieses Rechtsprinzip für eine ganze Reihe von sozialrechtlich geprägten Rechtsbeziehungen Anwendung finde (BSG, Urteile vom 27. Januar 1987 – 6 RKa 27/86, vom 28. Juni 1988 – 2 RU 40/87, vom 1. August 1991 – 6 RKa 9/89, vom 10. Mai 1995 – 6 RKa 17/94, alle in juris).

 

Es blieb aus Sicht der Rechtsprechung bei dem Rechtsprinzip der vierjährigen Verjährung, obwohl der Gesetzgeber des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22. Dezember 1999 mit Wirkung zum 1. Januar 2000 im damaligen § 69 SGB V und damit in der zentralen Vorschrift des Leistungserbringerrechts eine Regelung vorsah, wonach für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Leistungserbringern und ihren Verbänden „im Übrigen“ die Vorschriften des BGB entsprechend gelten sollten, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem vierten Kapitel des SGB V vereinbar waren. Dennoch kam der damals zuständige 3. Senat des BSG zu dem Ergebnis, dass durch den Verweis auf das BGB in § 69 SGB V keine umfassende Geltung von BGB-Vorschriften, insbesondere solcher, die die Verjährung regeln, beabsichtigt gewesen sei (BSG, Urteil vom 12. Mai 2005 – B 3 KR 32/04 R juris Rn. 14). Der 1. Senat des BSG schloss sich dieser Rechtsauffassung an, so dass in der Rechtsprechung des BSG die vierjährige Verjährung von Krankenhausforderungen und öffentlich-rechtlichen Erstattungsforderungen nahezu unumstritten war. In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wurde diese, die gesetzliche Neuregelung relativierende, Sichtweise zwar vereinzelt kritisch gesehen. Weitestgehend folgte aber die Instanzgerichtsbarkeit der durch das BSG vorgezeichneten Sichtweise (Ricken, NzS, 241, 242 m. w. N.). Auch der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung uneingeschränkt an.

 

Durch das Inkrafttreten des PpSG zum 1. Januar 2019 hat sich für den vorliegenden Fall insoweit nichts geändert hat. Mit der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Gesetzentwurf des PpSG (BT-Drs. 19/5593) gelangten zwei Vorschriften in das Gesetz, die nunmehr die Verjährung von Krankenhausforderungen und Rückzahlungsforderungen von Krankenkassen völlig neu regeln sollten. So hat der Gesetzgeber den § 109 SGB V um einen Abs. 5 erweitert. Die Grundregel für die Verjährung findet sich in dessen Satz 1. Danach verjähren Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen und Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind.

 

Welche Ansprüche in zeitlicher Hinsicht dieser zweijährigen Verjährung unterfallen, regeln die Sätze 2 und 3 und differenzieren dabei nach dem Anspruchsinhaber. So unterfallen nach Satz 3 nur solche Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen der zweijährigen Verjährung, die seit dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Für Ansprüche der Krankenhäuser, die vor diesem Datum entstanden, hat der Gesetzgeber des PpSG keine Regelung vorgesehen, so dass damit für diese Ansprüche die Rechtslage vor Inkrafttreten des PpSG gilt. Anders ist das bei Ansprüchen der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen. Nach Satz 2 unterfallen auch solche Ansprüche der neuen zweijährigen Verjährungsfrist, selbst wenn sie vor dem 1. Januar 2019 und damit vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung entstanden sind. Für Krankenkassenansprüche sieht der Gesetzgeber damit eine Rückwirkung vor, die er nach den Gesetzesmaterialien bewusst in Kauf nimmt, aber für tolerabel hält, da es sich bei Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht um Grundrechtsträger handelt.

 

Die andere Regelung, die der Gesetzgeber mit dem PpSG durch § 325 SGB V a. F./ § 412 n. F. eingeführt hat, ist eine gesetzliche Ausschlussfrist, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen ausgeschlossen ist, soweit diese vor dem 1. Januar 2017 entstanden sind und bis zum 9. November 2018 nicht gerichtlich geltend gemacht wurden.

 

Sowohl § 109 Abs. 5 SGB V als auch § 325 SGB V a. F. erfassen auf der Tatbestandsseite allerdings jeweils nur Ansprüche auf Rückzahlung geleisteter Vergütungen. Dies sind – wie sich aus der Binnensystematik des § 109 Abs. 5 SGB V ergibt – nur solche Zahlungen, bei denen der Leistungszweck in der Vergütung von allgemeinen Krankenhausleistungen besteht. § 109 Abs. 5 Satz 1 SGB V erfasst zwar auch Nebenforderungen, insbesondere Zinsen, nicht aber die Aufwandspauschale, bei der es sich um keine Vergütung handelt (Wahl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 109 SGB V, Rn. 214; Ricken, a. a. O., S. 243 f., Becker in Becker/Kingreen, SGB V, 7. Aufl. 2020, § 109 Rn. 7; Knittel in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Stand Juni 2019, § 109 SGB V, Rn. 52; a. A. Bockholdt in Hauck/Noftz, SGB V, K § 109 SGB V, Rn. 212d; Makoski, KrV 2018, 221, 225).

 

Die Aufwandspauschale ist keine Gegenleistung für die im Einzelnen erbrachten Leistungen des Krankenhauses (BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 4/13 R – juris). Sie soll einen Anreiz dafür bieten, dass die nach Einschätzung des Gesetzgebers übermäßige Einschaltung des MDK im Rahmen von Einzelfallprüfungen nach § 275 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V zurückgedrängt wird, und sie soll den zusätzlichen Aufwand, den das Krankenhaus im Zusammenhang mit einer MDK-Prüfung hat, in den gesetzlich geregelten Fällen pauschaliert abgelten. Nach dem Wortlaut der §§ 109 Abs. 5 SGB V, 325 SGB V a. F. gilt die kurze Verjährungsfrist bzw. die Ausschlussfrist daher für Aufwandspauschalen nicht.

 

Diese Regelungen sind entgegen der Rechtsprechung des Sozialgerichts Kiel in den ebenfalls am 24. August 2022 verhandelten Parallelfällen L 5 KR 9/21 und L 5 KR 8/21 auch nicht auf die Aufwandspauschale entsprechend anzuwenden. Insoweit wendet die Beklagte zu Recht ein, dass die Voraussetzungen für eine Gesetzesanalogie vom Sozialgericht nicht hinreichend geprüft worden sind. Es hat lediglich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift (schnellere Befriedung abgeschlossener Abrechnungsfälle) abgeleitet, dass eine Analogie gerechtfertigt sei.

 

Zunächst ist allerdings zu klären, ob überhaupt eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt, die eine Analogie rechtfertigt, oder von einer abschließenden Regelung des Gesetzgebers auszugehen ist. Insoweit ist der Beklagten einzuräumen, dass nichts dafür ersichtlich ist, dass der Gesetzgeber über den klaren und eindeutigen Wortlaut der Regelungen in den §§ 109 Abs. 5 und 325 SGB V hinaus, welche ausdrücklich nur Rückzahlungen nach überzahlten Vergütungen betreffen, jegliche Rückerstattungsansprüche von Krankenkassen einer rückwirkenden Verkürzung der Verjährungsfrist bzw. Verfallfrist unterfallen lassen wollte.

 

Bei der Ausgestaltung der Übergangsregelungen in §§ 109 Abs. 5 Sätze 2‑3, 325 SGB V hatte der Gesetzgeber die Urteile des BSG vom 19. Juni 2018 – B 1 KR 39/17 R und B 1 KR 38/17 R – im Blick. Darin legte das BSG die für die Komplexleistung von OPS 8‑981 und 8‑98b verlangte „höchstens halbstündige Transportentfernung (Zeit zwischen Rettungstransportbeginn und Rettungstransportende“) zu einem Kooperationspartner dahingehend aus, dass dafür nicht die reine Transportzeit im Transportmittel entscheidend sei, sondern es auf die gesamte Zeit von der Anforderung des Transportmittels bis zur Übergabe des Patienten ankomme. Gemäß BT-Drs. 19/4453, S. 135, 136 machte der Bundesrat darauf aufmerksam, dass durch die Umsetzung dieser Entscheidungen eine Gefährdung der flächendeckenden, qualitativ hochwertigen Versorgung – insbesondere in den Flächenländern – zu befürchten stehe. Er bat deshalb die Bundesregierung, Maßnahmen zu prüfen, die eine qualitativ hochwertige Schlaganfallversorgung auch in den Flächenländern weiterhin nachhaltig sicherstellen. Insbesondere sollte geprüft werden, ob eine – und gegebenenfalls eine wie geartete – Anpassung oder Änderung der OPS zur neurologischen Komplexbehandlung (OPS-981 und 8‑98b) durch das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), einer Behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), die notwendige Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für die Abrechenbarkeit der neurologischen Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls und damit Sicherung der flächendeckenden Leistungserbringung durch die Kliniken gewährleistet. Zur Begründung wurde seinerzeit u. a. ausgeführt, einzelne Krankenkassen zahlten die Leistungen der neurologischen Komplexbehandlungen – obwohl die schriftlichen Urteilsbegründungen noch nicht vorlägen – bereits jetzt nur noch unter Vorbehalt der Rückforderung beziehungsweise Stornierung und Verrechnung. Die leistungserbringenden Krankenhäuser seien aufgrund der Rückforderungsproblematik gezwungen, bilanzielle Rückstellungen zu bilden und es trete eine Verunsicherung ein, wie in Zukunft diese für die Patienten überaus wichtigen diagnostischen und therapeutischen Leistungen gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden könnten.

 

In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/5593, S 115 f.) wird ausgeführt:

 

„Für die Verjährung der Ansprüche der Krankenhäuser auf Zahlung der Vergütung für erbrachte Leistungen und der Ansprüche der Krankenkassen auf Erstattung überzahlter Vergütungen gilt mangels spezialgesetzlicher Regelungen die allgemeine sozialrechtliche Verjährungsfrist von vier Jahren nach § 45 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch. Dies kann dazu führen, dass Krankenkassen in der Vergangenheit abgeschlossene Abrechnungsverfahren wieder aufgreifen und auf der Grundlage zwischenzeitlich ergangener Rechtsprechung innerhalb dieser Verjährungsfrist Rückforderungsansprüche in unter Umständen erheblicher Höhe geltend machen. Ergänzend zu den Änderungen in den §§ 295 und 301 des Fünftes Buches Sozialgesetzbuch wird daher eine spezifische Verjährungsfrist für die Vergütungsansprüche der Krankenhäuser und für Rückforderungsansprüche der Krankenkassen eingeführt, um die hierdurch hervorgerufenen Belastungen der Krankenhäuser zu verringern und zu einer schnelleren Herstellung des Rechtsfriedens zwischen den Beteiligten beizutragen. Die Vermeidung der durch Rückforderungsansprüche hervorgerufenen Rechtsunsicherheit trägt einem Anliegen des Bundesrats Rechnung.

 

Die Verkürzung der Verjährungsfrist führt auch zu einer Angleichung der für Krankenhäuser und Krankenkassen geltenden Rechtslage. Auch vor Ablauf der Verjährungsfrist sind nachträgliche Rechnungskorrekturen der Krankenhäuser nach der Rechtsprechung nach Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn sie nach Ablauf eines vollständigen Kalenderjahres nach Erteilung der ersten Schlussrechnung erfolgen, d. h. nach Ende des auf die erste Schlussrechnung folgenden Kalenderjahres. Gegenwärtig können die Krankenkassen daher vier Jahre lang Erstattungsansprüche geltend machen. Nachträgliche Rechnungskorrekturen der Krankenhäuser sind aber bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt ausgeschlossen.

 

Die Verkürzung der Verjährungsfrist ist den Beteiligten auch zumutbar, da Krankenhäuser und Krankenkassen als versierte Teilnehmer am Wirtschaftsleben über eine ständige professionelle Zusammenarbeit aufgrund eines dauerhaften Vertragsrahmens verbinden sind und daher für die Geltendmachung ihrer wechselseitigen Ansprüche nicht auf eine vierjährige Verjährungsfrist angewiesen sind.

 

Aufgrund der Regelung in Satz 2 gilt die verkürzte Verjährungsfrist auch für Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von zu Unrecht geleisteten Vergütungen, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden sind. Andernfalls könnte das Ziel der Regelung nur unvollkommen erreicht werden. Nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts wäre die verkürzte Verjährungsfrist mangels anderweitiger Übergangsregelungen erst ab dem Inkrafttreten des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes zu berechnen. Liefe jedoch die bislang geltende längere Frist früher ab als die verkürzte Verjährungsfrist, wäre die Verjährung mit dem Ablauf der bisherigen Verjährungsfrist vollendet (vgl. Artikel 169 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EG-BGB), Artikel 231 § 6 Abs. 2 EGBGB, Artikel 229 § 6 Abs. 4 EGBGB). Wenn die verkürzte Verjährungsfrist aufgrund dieser Regelung erst ab dem Inkrafttreten des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes am 1. Januar 2019 zu laufen begänne, könnte eine umfassende Befriedung abgeschlossener Abrechnungsfälle nicht erreicht werden, denn bereits auf im Jahr 2016 entstandene Ansprüche hätte auch die verkürzte Verjährungsfrist keine Auswirkung mehr. Diese würden sowohl nach der bisherigen vierjährigen Verjährungsfrist als auch nach der neuen zweijährigen Verjährungsfrist erst am 31. Dezember 2020 verjähren. Vor diesem Hintergrund regelt Satz 2 in Abweichung von den Grundsätzen des intertemporalen Rechts, dass die Regelung zur Dauer und zum Beginn der verkürzten Verjährungsfrist auf Rückforderungen anwendbar ist, die vor dem 1. Januar 2019 entstanden, nach alter Rechtslage aber noch nicht verjährt sind. Eine unzulässige Rückwirkung ist hierin nicht zu erblicken, da die Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht grundrechtsfähig sind.

 

Hinsichtlich der Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen beschränkt Satz 3 den Anwendungsbereich der verkürzten Verjährungsfrist auf solche Forderungen, die ab dem 1. Januar 2019 entstehen. Hierdurch wird zugunsten der Planungssicherheit der Krankenhäuser vermieden, dass bereits entstandene Forderungen der Krankenhäuser früher als bislang verjähren, und gewährleistet, dass die Krankenhäuser ihr Forderungsmanagement auf die zweijährige Verjährungsfrist einstellen können.“

 

Die Gesetzesmaterialen belegen, dass Intention des Gesetzgebers zur rückwirkenden Verkürzung der Verjährungsfrist für Krankenkassen vorrangig war, zu vermeiden, dass wegen der Urteile des BSG vom 19. Juni 2018 eine Vielzahl abgeschlossener Abrechnungsfälle erneut aufgegriffen werden. Deshalb ermächtigte das PpSG auch in § 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V das DIMDI zu rückwirkenden Klarstellungen und Änderungen der OPS und ergänzte die rückwirkende Verkürzung der Verjährungsfrist noch um eine Ausschlussfrist in § 325 SGB V. Allein das Bestreben, die Folgen der Urteile des BSG jeweils zur neurologischen Komplexbehandlung einzudämmen, war maßgebend für die – verfassungsrechtliche Fragen durchaus aufwerfende, einseitig die Krankenkassen benachteiligende – Ausgestaltung der Verjährungsregeln.

 

Vor diesem Hintergrund scheidet die entsprechende Anwendung der Rechtsnormen auf Aufwandspauschalen aus. Eine planwidrige Gesetzeslücke ist für den erkennenden Senat nicht ersichtlich. Die Rechtsprechung des BSG zu den verschiedenen Prüfregimen und den daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen für das Entstehen eines Anspruchs auf Aufwandspauschale war dem Gesetzgeber bekannt und hatte bereits im Jahr 2015 zu einer gesetzlichen Änderung geführt, die ab 1. Januar 2016 in Kraft trat. Nach § 275 Abs. 1c Satz 4 SGB V a. F. war nunmehr als Prüfung nach Satz 1 jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses anzusehen, mit der die Krankenkasse den Medizinischen Dienst beauftragt und die eine Datenerhebung durch den Medizinischen Dienst beim Krankenhaus erfordert (eingeführt durch Art. 6 Nr. 21a des Gesetzes zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) vom 10. Dezember 2015, BGBl I Nr. 51).

 

Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz hat der Bundestag am 11. Dezember 2018 beschlossen. Zuvor war der Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 26. November 2018 (1 BvR 318/17, 1 BvR 1474/17, 1 BvR 2207/17) ergangen, der die Verfassungsbeschwerden gegen die zumindest bis zur Einfügung von § 275 Abs. 1c Satz 4 SGB V zum 1. Januar 2016 umstrittene Frage betrafen, ob Krankenhäuser nach der Prüfung einer Krankenhausabrechnung unter Einbeziehung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, die im Ergebnis nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags geführt hat, in allen Fällen von den Krankenkassen die in § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V vorgesehene Aufwandspauschale verlangen können. Das BSG hatte an seiner Rechtsprechung bis zur Gesetzesänderung ab 1. Januar 2016 festgehalten und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich aus der Rechtsänderung “jedenfalls“ für die frühere Rechtslage kein Anlass ergebe, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Dabei sei die alte Rechtslage in allen Fällen maßgeblich, bei denen die Behandlung vor dem 1. Januar 2016 begonnen habe, unabhängig davon, wann jene und die nachfolgende Prüfung abgeschlossen worden seien und die Krankenhäuser die Aufwandspauschale geltend gemacht hätten.

 

Daraus folgt, dass bei Erlass des PpSG die Problematik von eventuellen Rückforderungsansprüchen bezüglich gezahlter Aufwandspauschalen bekannt war. Wenn dennoch eine Verjährungsregelung ausdrücklich nur für Vergütungen erfolgte, kann nicht davon ausgegangen werden, das Gesetz weise eine planwidrige Lücke auf. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass nach den Gesetzesmaterialien eine Angleichung der für Krankenhäuser und Krankenkassen geltenden Rechtslage beabsichtigt war, weil die Krankenhäuser auch vor Ablauf der früheren Verjährungsfrist mit nachträglichen Rechnungskorrekturen der Krankenhäuser nach der Rechtsprechung nach Treu und Glauben ausgeschlossen waren, wenn sie nach Ablauf eines vollständigen Kalenderjahres nach Erteilung der ersten Schlussrechnung erfolgten, d. h. nach Ende des auf die erste Schlussrechnung folgenden Kalenderjahres. Dies bezog sich jedoch ausschließlich auf Rechnungen, mit denen ein Vergütungsanspruch geltend gemacht wurde. Rechnungskorrekturen bei Aufwandspauschalen sind denklogisch nicht möglich, weil es sich immer um einen gleichbleibenden Pauschalbetrag handelt, der gesetzlich geregelt ist. Deshalb war im Hinblick auf die Verjährung von Aufwandspauschalen und darauf bezogenen Rückforderungsansprüchen keine Angleichung erforderlich. Demzufolge führt das Ergebnis, dass Vergütungsansprüche einer kürzeren Verjährungsfrist als Ansprüche auf Aufwandspauschalen bzw. auf deren Erstattung unterliegen, auch nicht zu einem nicht hinnehmbaren Wertungswiderspruch. Das Erfordernis einer zwingenden Rechtsfortbildung durch Gesetzesanalogie ist für den erkennenden Senat nicht einmal ansatzweise ersichtlich.

 

Vor dem Hintergrund, dass der unstreitige Vergütungsanspruch der Klägerin durch wirksame Aufrechnung bzw. Verrechnung erloschen ist, kommt es nicht mehr streitentscheidend darauf an, dass auch der vom Sozialgericht ausgeurteilte Zinsanspruch in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Klägerin hier einen bisher vermeintlich noch nicht beglichenen Vergütungsanspruch für Leistungen der Krankenhausbehandlung geltend macht, der lediglich einen Zinsanspruch von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz rechtfertigt. Die ursprünglich geltend gemachte Aufwandspauschale ist gezahlt worden und vermag einen höheren Zinsanspruch bereits deshalb nicht mehr zu begründen, weil sich die Beklagte insoweit zu keinem Zeitpunkt in Verzug befunden hat.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

 

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. dem Gerichtskostengesetz (GKG). Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Ist der Antrag auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG).

 

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die Frage, ob die §§ 109 Abs. 5 SGB V, 325 SGB V a. F. auf Aufwandspauschalen entsprechend anzuwenden sind, gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

 

 

Rechtskraft
Aus
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