L 5 SG 60/22 B E

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 4 SF 10086/21
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 SF 60/22 B E
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beschwerde der Erinnerungsführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 22. Juni 2022 wird zurückgewiesen.

 

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe:

Der Senat entscheidet durch den Einzelrichter (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

 

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der angegriffene Beschluss vom 12. März 2019 ist nicht zu beanstanden. Das Gericht weist die Beschwerde nach eigener Prüfung und Überzeugungsbildung aus den Gründen der angegriffenen Entscheidung zurück (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz [SGG], § 1 Abs. 3 RVG).

 

Die Ausführungen der Erinnerungsführerin im Beschwerdeverfahren, mit denen sie ihr bisheriges Vorbringen lediglich vertieft, sind nicht geeignet, eine höhere Festsetzung der anwaltlichen Vergütung zu rechtfertigen.

 

Soweit sie sich gegen die Festsetzung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 Vergütungsverzeichnis (VV) RVG in der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Fassung (a.F.) für die Untätigkeitsklage in Höhe von 100,00 EUR (doppelten Mindestgebühr) wendet, gesteht sie selbst einen unterdurchschnittlichen Umfang und eine unterdurchschnittliche Schwierigkeit der Angelegenheit zu. Der Senat geht insoweit von einer deutlich unterdurchschnittlichen Schwierigkeit der Angelegenheit aus. Hinzu treten vorliegend deutlich unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie eine unterdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit, die dem Umstand geschuldet ist, dass mit der Untätigkeitsklage nur der Bescheidungs- und nicht auch der materielle Leistungsanspruch durchgesetzt werden kann. Ein besonderes Haftungsrisiko ist entgegen der Auffassung der Erinnerungsführerin nicht zu berücksichtigen, da dies regelmäßig erst dann besteht, wenn das Risiko eines Schadenseintritts entweder besonders hoch – bei einer Untätigkeitsklage ist dies kaum denkbar – oder der potenzielle Schaden so hoch ist, dass er durch die allgemeine anwaltliche Haftpflichtversicherung nicht mehr gedeckt ist und der Rechtsanwalt sich zusätzlich versichern muss (vgl. Toussaint in: ders., Kostenrecht, 52. Aufl. 2022, § 14 RVG Rn. 49; Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, § 14 Rn. 38).

 

Bei dieser für Untätigkeitsklagen in sozialhilfe- bzw. grundsicherungsrechtlichen Angelegenheiten, die sich ohne einen Streit über die Kostentragungspflicht dem Grunde nach erledigen, typischen Lage (zwei Merkmale unterdurchschnittlich, zwei deutlich unterdurchschnittlich) geht der Senat in ständiger Rechtsprechung vom Entstehen der Verfahrensgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr aus (vgl. zuletzt Beschluss vom 19. Februar 2021 – L 5 SF 13/21 B E). Dem steht frühere Senatsrechtsprechung, nach der die Verfahrensgebühr „in der Regel“ mit der halben Mittelgebühr anzusetzen ist (vgl. Beschluss vom 13. September 2018 – L 5 SF 294/17 B E – juris Rn. 16) nicht entgegen, weil der Senat seinerzeit den – hier nicht vorliegenden – Fall einer Untätigkeitsklage mit Streit über die Kostentragungspflicht dem Grunde nach als Regelfall angesehen hat. Für einen derartigen Fall geht der Senat nach wie vor regelhaft vom Entstehen der Verfahrensgebühr in Höhe der halben Mittelgebühr aus.

 

Gegen diese typisierende Festlegung auf die doppelte Mindestgebühr macht die Erinnerungsführerin ohne Erfolg geltend, sie verstoße gegen den Grundsatz, die Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens ausgehend von der Mittelgebühr zu bestimmen. Diesen Grundsatz befolgt auch der Senat und berücksichtigt, dass ein in jeder Hinsicht durchschnittlicher Fall den Ansatz der Mittelgebühr rechtfertigt. Sind allerdings wie vorliegend alle Hauptmerkmale unterdurchschnittlich, ist eine Gebührenbestimmung nur innerhalb des Rahmens zwischen Mittel- und Mindestgebühr vorzunehmen. Ob dabei als Orientierungswert die Mittel- oder die Mindestgebühr gewählt wird ist eine allein technische Frage.

 

Die Erinnerungsführerin kann schließlich auch nicht damit gehört werden, sie habe für den Fall einschließlich der Bearbeitung des Prozesskostenhilfeverfahrens 4,5 Stunden aufgewendet, was zu einem nicht auskömmlichen Stundenhonorar von 22,22 EUR führe. Ungeachtet dessen, dass der Senat einen zeitlichen Aufwand von zwei Stunden für realistischer erachtet, hat die Erinnerungsführerin den unterdurchschnittlichen Umfang ihrer Tätigkeit im vorliegenden Verfahren selbst eingeräumt. Ihre Argumentation zielt daher weniger auf die Festsetzung der Gebühr im Einzelfall, als auf einen ihrer Ansicht nach nicht auskömmlichen gesetzlichen Gebührenrahmen. Verfassungsrechtliche Zweifel an den vergütungsrechtlichen Regelungen sind allerdings weder geltend gemacht noch angebracht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass – wie bei streitwertabhängigen Gebühren – im Rahmen der gesamten Geschäftstätigkeit regelmäßig eine gewisse Kompensation nicht kostendeckender durch kostenüberdeckende Mandate eintritt.

 

Wie das Sozialgericht vermag schließlich auch der Senat das Entstehen einer fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 Satz 1 Nr. 3 VV RVG mit Blick auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. September 2020 – B 4 AS 13/20 R nicht zu erkennen. Anders als die Erinnerungsführerin sieht der Senat den Schriftsatz des Beklagten des Ausgangsverfahrens vom 27. November 2020 noch nicht als eine von einem Rechtsbindungswillen getragene Abgabe eines Anerkenntnisses an, sondern als lediglich tatsächliche Erklärung, dass der Widerspruch bis Ende des Jahres beschieden werde. Dementsprechend hat die Erinnerungsführerin den Beklagten des Ausgangsverfahrens mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2020 auch nochmals gebeten, „den Klageanspruch ausdrücklich anzuerkennen“. Das hat der Beklagte indes nicht getan.

 

Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.

 

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG, § 177 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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