Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 04.02.2022 wird zurückgewiesen.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die ungeachtet der begehrten Herabsetzung der Vergütung um lediglich 196,36 Euro kraft Zulassung durch das Sozialgericht gemäß § 4 Abs. 3 JVEG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Staatskasse, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Verfügung vom 28.06.2022) und über die der Senat mangels besonderer Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art oder grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache durch den Vorsitzenden und Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet (§ 4 Abs. 7 Satz 1 und 2 JVEG), ist unbegründet.
Die zwischen den Beteiligten allein streitige Frage, ob auf den Vergütungsanspruch des Antragstellers bereits die ab dem 01.01.2021 geltende Fassung der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG (Art. 6 Abs. 2 des Kostenrechtsänderungsgesetzes 2021 – KostRÄG 2021, BGBl I 3229) Anwendung findet und damit der Stundensatz der einschlägigen Vergütungsgruppe M2 90,00 Euro statt 75,00 Euro gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung beträgt, beantwortet § 24 Satz 1 JVEG. Danach ist die Vergütung von Sachverständigen nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der Auftrag an den Sachverständigen vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Diese Regelung führt vorliegend zur Anwendung des ab dem 01.01.2021 geltenden Rechts, denn entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Staatskasse ist der Auftrag an den Antragsteller nicht bis zum 31.12.2020 erteilt worden, weil die geänderte Beweisanordnung, mit der der Antragsteller zum Sachverständigen bestellt wurde, zwar bereits am 23.12.2020 richterlich verfügt wurde, dem Antragsteller aber erst nach dem 01.01.2021 zugegangen ist.
Ein Auftrag im Sinne von § 24 Satz 1 JVEG wird als empfangsbedürftige Erklärung in entsprechender Anwendung von § 130 BGB erst erteilt, wenn die Beweisanordnung, in der ein bestimmter Arzt zum Sachverständigen bestellt wird, dem Sachverständigen als Adressaten der Anordnung zugeht. Vor dem Zugang der Beweisanordnung kann der Sachverständige auch nicht mit der Erstellung des Gutachtens beginnen. Geht einem Sachverständigen eine vor Inkrafttreten einer Rechtsänderung richterlich verfügte Beweisanordnung erst nach Inkrafttreten der Rechtsänderung zu, findet dementsprechend die gesamte Tätigkeit des Sachverständigen notwendigerweise unter der Geltung des neuen Rechts statt. Für die Anwendung des früheren Rechts fehlt dann jeglicher Anknüpfungspunkt. Dies entspricht auch der einhelligen Meinung in Literatur und Rechtsprechung (Weber, in: Toussaint, Kostenrecht, 52. Aufl. 2022, § 24 JVEG Rn. 4; Bleutge, in: Dörndorfer/Wendtland/Gerlach/Diehn, BeckOK Kostenrecht, § 24 JVEG Rn. 2; Binz, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl 2021, § 24 JVEG Rn. 2; Schneider, in: JVEG, 4. Aufl. 2021, § 24 Rn. 3; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.09.1987 - 10 W 85/87 -, JurBüro 1987, 1856). Auch der Senat hat in dem von der beschwerdeführenden Staatskasse angeführten Beschluss vom 21.12.2021 - L 15 SB 343/21 B -, juris Rn. 2, in der Besetzung mit drei Berufsrichtern bereits im Rahmen eines obiter dictums deutlich gemacht, dass es für den Zeitpunkt der Auftragserteilung im Sinne von § 24 Satz 1 JVEG auf den Zugang beim Sachverständigen ankommt. Vor diesem Hintergrund ist die aufgeworfene Rechtsfrage auch nicht klärungsbedürftig, sondern ohne weiteres aus dem Gesetz und der bisherigen Rechtsprechung und Literatur zu beantworten.
Auch wenn die Änderung der Beweisanordnung vom 07.08.2020 durch Bestellung des Antragstellers zum Sachverständigen bereits am 23.12.2020 durch den zuständigen Richter verfügt wurde, ist dem Antragsteller nach diesen Grundsätzen der Auftrag im Sinne von § 24 Satz 1 JVEG erst nach dem 01.01.2021 erteilt worden. Da die richterliche Verfügung erst am 06.01.2021 ausgeführt worden ist, steht fest, dass die geänderte Beweisanordnung dem Antragsteller erst nach dem 01.01.2021 zugegangen ist.
Nach dem danach einschlägigen, ab dem 01.01.2021 geltenden Recht hat das Sozialgericht den Vergütungsanspruch des Antragstellers zutreffend berechnet und auf 1.393,84 Euro festgesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG, § 177 SGG).