Zur Abgrenzung von abhängig beschäftigten und selbstständig tätigen Chauffeuren bzw. Fahrern im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahren gem. § 28 p SGB IV.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 22.12.2020 gegen den Bescheid vom 02.12.2020 wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selber tragen.
Der Streitwert wird auf 6.964,76 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), durchgeführt im Zeitraum vom 15.07.2019 bis 02.12.2020 für den Prüfzeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2018, forderte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 02.12.2020 nach erfolgter Anhörung Gesamtsozialversicherungsbeiträge i.H.v. 27.859,02 € für insgesamt fünf Chauffeure nach.
Mit seinem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines am 22.12.2020 erhobenen Widerspruchs gegen den Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin vom 02.12.2020, soweit die Antragsgegnerin mit diesem Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 15.502,15 € für Herrn O K für die Zeiträume Januar 2015 bis Mai 2015, Juli 2015, September 2015, November 2015 bis Januar 2016 und Oktober 2016 bis Dezember 2018 und in Höhe von 10.319,63 € für Herrn T I für den Zeitraum vom 01.06.2015 bis 31.12.2016 nachfordert.
Mit Schriftsatz vom 19.03.2021 hat der Antragsteller klargestellt, dass sich das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lediglich noch auf O K und T I bezieht. Hinsichtlich der Herren T E, N M und T M habe der Antragsteller zwischenzeitlich den Bescheid der Beklagten akzeptiert und die nachgeforderten Beiträge entrichtet.
Der Antragsteller betrieb im o.g. Prüfzeitraum unter dem Firmennamen „U Automobile – * – Busreisen“ ein Gewerbe. Inzwischen tritt er unter dem Firmennamen „U Chauffeurdienst * “ auf. Er bietet Fahr- und Chauffeurdienste an. Der Antragsteller beschäftigte im Prüfzeitraum mehrere sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer (angestellte Mitarbeiter), welche als Chauffeure für ihn tätig wurden. Daneben waren auch Chauffeure für ihn tätig, welche für ihre Fahrtätigkeiten Rechnungen schrieben und nicht zur Sozialversicherung angemeldet waren (Auftragnehmer). Zu dieser Gruppe zählten auch O K und T I.
In dem angefochtenen Bescheid führt die Antragsgegnerin aus, dass O K in den Zeiträumen Januar 2015 bis Mai 2015, Juli 2015, September 2015, November 2015 bis Januar 2016 und Oktober 2016 bis Dezember 2018 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zum Antragsteller gestanden habe. Er habe keine eigenen Arbeitnehmer beschäftigt und lediglich seine tatsächlich geleisteten Stunden in Rechnung gestellt. Ein unternehmerisches Risiko sei nicht erkennbar. O K habe lediglich seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt.
T I habe im Zeitraum Juni 2015 bis Dezember 2016 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zum Antragsteller gestanden. Ab dem Jahr 2017 sei bei T I von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen. Zu diesem Zeitpunkt habe er erstmals eigene Mitarbeiter beschäftigt. Die Kundenanzahl des T I habe 2017 zugenommen, im gleichen Zuge seien die Einsätze für den Antragsteller weniger geworden. T I habe ein Gewerbe u.a. für Chauffeurdienste und Fahrdienstleistungen angemeldet, er habe auch über eigene Fahrzeuge verfügt. Zumindest für 2015 und 2016 sei jedoch kein unternehmerisches Risiko erkennbar, so dass für diese Zeit lediglich von der Zurverfügungstellung der Arbeitskraft auszugehen sei. Hierfür spreche auch der zunächst abgerechnete Stundenlohn in Höhe von 13,50 €. Im Jahr 2018 hingegen sei ein Stundensatz von 30,19 € seitens T I abgerechnet worden.
Für O K und T I bestehe daher Versicherungs- und Beitragspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung. Die Beurteilung beruhe auf den Daten der Finanzbuchhaltung, den von dem Antragsteller und den Auftragnehmern ausgefüllten Fragebögen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung sowie den Rechnungen der Auftragnehmer. Unterlagen, die den Nachweis der Versicherungsfreiheit belegen könnten, seien nicht vorgelegt worden.
Gegen den Bescheid vom 02.12.2020 erhob der Antragsteller unter dem 22.12.2020 Widerspruch und stellte gleichzeitig bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung über den Widerspruch. Die dem Bescheid zugrunde liegenden Feststellungen entsprächen im Hinblick auf die tatsächlichen Umstände der Zusammenarbeit nicht den Tatsachen. O K habe im Prüfungszeitraum für weitere Auftraggeber Fahrtätigkeiten vorgenommen. Diese seien auch nach Stunden abgerechnet worden. Die anderen Auftraggeber hätten auch bei Gestellung von eigenen Fahrzeugen nach Stunden abgerechnet. O K habe in den Jahren 2016, 2017 und 2018 erhebliche Umsätze aus Dienstleistungen erzielt. Es liege mit Sicherheit keine abhängige Beschäftigung vor, weil andere Auftraggeber wesentlich höhere Umsatzanteile hätten. Es sei unverständlich, warum T I ab dem 01.01.2017 als selbständiger Unternehmer angesehen werde, obwohl sich an seinem Betriebsumfang scheinbar nichts geändert habe. Nach Wissen des Antragstellers sei das Gewerbe seit Jahren ähnlich groß wie sein eigenes. Es gebe viele Auftraggeber, die aber im Gegensatz zum Gewerbe des Antragstellers mit kleineren bzw. billigeren Fahrzeugen transportiert würden.
Den Aussetzungsantrag wies die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 20.01.2021 zurück. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides. Es seien keine neuen Argumente vorgetragen oder Belege vorgelegt worden, die die Feststellungen der Antragsgegnerin hätten entkräften können. Es seien ausnahmslos die Fahrzeuge des Antragstellers oder von ihm angemietete Fahrzeuge genutzt worden. Hinsichtlich der Tätigkeit von „Chauffeuren ohne eigenes Fahrzeug“ sei von der Rechtsprechung über Jahre wiederholend bestätigt worden, dass Transportfahrer, die über kein eigenes Fahrzeug verfügen, regelmäßig abhängig beschäftigt seien. Die Fahrer seien im Auftrag des Antragstellers als Erfüllungsgehilfen für ihn tätig geworden. Sie hätten in einem Auftragsverhältnis zum Unternehmen des Antragstellers und nicht zu dessen Auftraggebern gestanden.
Am 10.02.2021 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht sodann einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft.
Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22.12.2020 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.12.2020 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt schriftsätzlich,
den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurückzuweisen.
Nach Aktenlage bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Der Antragsteller habe das Vorliegen einer unbilligen, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene, Härte nicht glaubhaft gemacht.
Sie verweist auf die durchgeführte Anhörung, den angefochtenen Bescheid, den Bescheid vom 20.01.2021 und ihre Verwaltungsakten. Im Aussetzungsantrag vom 22.12.2020 habe der Antragsteller zum Vorliegen einer unbilligen Härte nichts vorgetragen. Eine ggf. drohende Insolvenz könne für sich genommen kein Grund für eine Aussetzung sein. Dieser Gesichtspunkt verstärke vielmehr das öffentliche Interesse an der Vollziehung, weil ein Zuwarten bis zur Entscheidung im Widerspruchs- und eventuell anschließenden Klageverfahren die Realisierbarkeit der Nachforderung noch weiter erschweren würde. Eine unbillige Härte sei jedenfalls auszuschließen, wenn die streitigen Beitragsansprüche ganz oder teilweise gestundet würden, zum Beispiel in Form einer Ratenzahlung. Hierüber habe nach Maßgabe des § 76 Abs. 2 und 3 SGB IV die Einzugsstelle zu entscheiden.
Die Beigeladenen zu 2) und 4) haben mitgeteilt, von einer Vollstreckung der Forderung bis zu einer Entscheidung über den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abzusehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 22.12.2020 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.12.2020 ist nicht begründet.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese ganz oder teilweise anordnen. Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG – so wie im vorliegenden Fall – bei Entscheidungen über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten.
Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise dennoch durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Aufschubinteresses der Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für der Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, vorliegend der Klage, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.09.2016, - L 8 R 221/14 B ER -, Rn. 2, zitiert nach juris).
Dies zugrunde gelegt, ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22.12.2020 gegen den Bescheid vom 02.12.2020 nicht anzuordnen. Das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Weder ist es überwiegend wahrscheinlich, dass sich der Widerspruch als begründet erweisen wird, noch hat der Antragsteller dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Vollziehung des Bescheides für ihn eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Es bestehen bei summarischer Prüfung keine Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 02.12.2020. Der Antragsteller ist vor Erlass des Bescheides gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) angehört worden.
Nach gegenwärtigem Kenntnisstand bestehen nach der gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheides. Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Betriebsprüfungsbescheides durch die Antragsgegnerin ist § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV. Die Träger der Rentenversicherung erlassen hiernach im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht der Arbeitnehmer und zur Beitragshöhe in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitgebern. Der Arbeitgeber hat gemäß § 28e Abs. 1 SGB IV dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), § 1 S. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), § 25 Abs. 1 S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist das der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine „Beschäftigung“ vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von Ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 24.01.2007, - B 12 KR 31/06 R -, m.w.N., Rn. 17, zitiert nach juris).
Maßgeblich für die Beurteilung sind damit die zwischen dem Antragsteller und den Auftragnehmern geschlossenen mündlichen Verträge. Ausgehend hiervon haben O K und T I in den fraglichen Zeiträumen nach überwiegender Wahrscheinlichkeit in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Antragsteller gestanden. Die Bewertung und Gewichtung der einzelnen Abgrenzungsmerkmale zeigt, dass das tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis dem von abhängig Beschäftigten entspricht, wohingegen Aspekte, die für eine Einordnung als selbstständige Tätigkeit sprechen, nur in geringem Umfang vorhanden sind.
Zwar bezeichnet der Antragsteller seine Auftragnehmer, zu denen auch T I und O K zählen, als Fuhrunternehmer. Die Bezeichnung der Auftragnehmer als „Unternehmer“ lässt vermuten, dass jeweils selbständige Tätigkeiten begründet werden sollten. Für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung des bestehenden Rechtsverhältnisses ist jedoch weder die von den Beteiligten gewünschte Rechtsfolge noch die von ihnen gewählte Bezeichnung maßgeblich. Die Frage, ob eine Beschäftigung oder eine Selbstständigkeit vorliegt, steht nicht zur Disposition der Beteiligten. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien und deren Vereinbarung zu entscheiden. Vielmehr sind die relevanten Merkmale zu gewichten (Bayerisches LSG, Urteil vom 23.11.2015, - L 7 R 1008/14 -, Rn. 88, zitiert nach juris). Dem Willen der Beteiligten, ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht begründen zu wollen, kommt für die Abgrenzung zwischen einer abhängigen Beschäftigung und einer selbständigen Tätigkeit indizielle Bedeutung nur dann zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (LSG NRW, Urteil vom 14.03.2018, - L 8 R 1052/14 -, Rn. 162 m.w.N., zitiert nach juris).
Der Antragsteller ließ die Chauffeurtätigkeiten im Prüfzeitraum sowohl von angestellten Arbeitnehmern als auch von Auftragnehmern ausführen. Dabei unterschied sich die von den Mitarbeitern und den Auftragnehmern geschuldete Tätigkeit – namentlich das Chauffieren der Fahrgäste bzw. das Fahren der PKW – nicht wesentlich. T I und O K waren im Prüfzeitraum nach summarischer Prüfung weisungsgebunden in die Arbeitsorganisation des Antragstellers eingegliedert, wie dies für Arbeitnehmer typisch ist. Weisungsgebunden arbeitet, wer – im Umkehrschluss zu § 84 Abs. 1 S. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) – nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Die Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit müssen nicht auf einzelnen Anordnungen des Arbeitgebers beruhen. Vielmehr kann die Weisungsgebundenheit auch zu einer „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens einer derartigen dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstmöglichkeiten eingesetzt werden können (LSG NRW, Urteil vom 10.04.2019 – L 8 R 1086/17 -, Rn. 108 m.w.N., zitiert nach juris). Eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess im Sinne abhängiger Beschäftigung liegt in der Regel vor, wenn das Arbeitsziel und der betriebliche Rahmen von dem Auftraggeber gestellt oder auf seine Rechnung organisiert werden. Sie kann selbst dann noch gegeben sein, wenn lediglich der Geschäfts- oder Betriebszweck vorgegeben ist und es dem Beschäftigten überlassen wird, welche Mittel er zur Erreichung der Ziele einsetzt (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Auflage 2016, Stand 22.10.2020, § 7 Rn. 90).
O K und T I waren hinsichtlich Arbeitszeit, Ort der Tätigkeit, Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen an enge Vorgaben des Antragstellers gebunden. Der Antragsteller gab Start- und Zielort der Fahrten vor. Sie nahmen zudem an betrieblichen Besprechungen teil. Auch wenn keine Arbeitskleidung von dem Antragsteller gestellt wurde, gab es Vorgaben hinsichtlich der von O K und T I zu tragenden Kleidung, namentlich war das Tragen eines dunklen Anzugs mit Krawatte und eines weißen Hemdes vorgeschrieben. Die Fahrten wurden nach summarischer Prüfung entweder mit Fahrzeugen durchgeführt, die im Eigentum des Antragstellers standen oder von diesem gemietet bzw. geleast waren, oder mit kundeneigenen Fahrzeugen. Das Verhältnis des Auftraggebers zu seinen eigenen Auftraggebern ist hierbei unbeachtlich. An welche Vorgaben sich der Antragsteller diesen gegenüber – beispielsweise was die Fahrzeugauswahl betraf - zu halten hatte, hat auf die konkrete Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen den Auftragnehmern und dem Antragsteller keine Auswirkung.
Die Auftragnehmer unterlagen nach summarischer Prüfung keinem maßgeblichen unternehmerischen Risiko. Maßgebliches Kriterium hierfür ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt werden, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (LSG NRW, Urteil vom 10.04.2019, - L 8 R 1086/17 -, Rn. 124 m.w.N., zitiert nach juris). O K und T I setzten ihre Arbeitskraft nicht mit der Gefahr des Verlustes ein. Ihre Vergütung erfolgte nach Rechnungsstellung pro geleisteter Arbeitsstunde. Das Insolvenzrisiko entsprach dem Risiko, welches auch ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber trägt.
Auch ist nach summarischer Prüfung kein bedeutsamer Einsatz von Kapital der Auftragnehmer erkennbar. Nach dem Vortrag des Antragstellers benötigten O K und T I zwar einen Personenbeförderungsschein und mussten sich um die zum Erhalt desselben im Fünfjahresturnus erforderliche Verlängerung selbst bemühen. Die hierfür entstehenden Kosten, die seitens des Gerichts auf etwa 300,- € für den Erstantrag und auf etwa 50,- € für die Verlängerung geschätzt werden, fallen nicht erheblich ins Gewicht. Im Übrigen ist auch bei abhängigen Beschäftigungsverhältnissen nicht davon auszugehen, dass der Arbeitgeber die Kosten für Personenbeförderungsscheine und ähnliche Erlaubnisse/Bescheinigungen stets trägt. Die Vereinbarung von Schadenersatzpflichten bzw. die Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung sprechen nicht für eine selbständige Tätigkeit. Auch Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitgebern – wenn auch nur in den Grenzen der hierzu entwickelten Rechtsprechung – grundsätzlich den aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstandenen Schaden ersetzen; Haftpflichtversicherungen sind auch bei abhängig Beschäftigen zu finden (LSG NRW, Urteil vom 10.04.2019 – L 8 R 1086/17 -, Rn. 130 m.w.N., zitiert nach juris).
Dass die Auftragnehmer im Krankheits-/Urlaubsfall kein Entgelt von dem Antragsteller erhielten, spricht nicht für eine selbständige Tätigkeit. Das Fehlen von Entgeltfortzahlungsansprüchen im Urlaubs- und Krankheitsfall stellt kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar. Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden (z.B. Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub bzw. Urlaubsgeld; Verpflichtung Einnahmen selbst zu versteuern; Obliegenheit, für mehrere Arbeitgeber tätig zu werden oder für eine Sozial- und Krankenversicherung selbst zu sorgen), auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, lassen ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zu (BSG, Urteil vom 18.11.2015, - B 12 KR 16/13 R -, Rn. 27, zitiert nach juris). Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbständigkeit im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 18.11.2015, - B 12 KR 16/13 R -, a.a.O.).
Die O K und T I eingeräumte Möglichkeit, Aufgaben an Dritte zu delegieren und nicht höchstpersönlich erbringen zu müssen, ohne vorherige Zustimmung des Antragstellers, ist hingegen als Indiz für ein selbständige Tätigkeit zu werten.
Die Höhe der sich aus den Rechnungen ergebenden Vergütung spricht nach summarischer Prüfung eher für eine abhängige Beschäftigung. Soweit der Antragsteller vorträgt, die Auftragnehmer seien auch für andere Auftraggeber tätig geworden, ändert dies nichts an dem konkreten Verhältnis zwischen dem Antragsteller und O K und T I. Auch Arbeitnehmer können für mehrere Arbeitgeber tätig werden, und es ist auch möglich, neben einer abhängigen Beschäftigung eine selbständige Tätigkeit auszuüben, wobei es sich um einen anderen Auftraggeber handeln muss, da ansonsten ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt. T I hat seine Tätigkeit am 01.06.2015 bei dem Antragsteller als Aushilfstätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses neben dem Studium begonnen. Auch das spricht dafür, dass zumindest bis zum 31.12.2016 ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorlag. Erst ab dem Jahr 2017 überwiegen, und hierzu gelangt auch die Antragsgegnerin im Rahmen der von ihr durchgeführten Gesamtabwägung, die Anhaltspunkte für eine selbständige Tätigkeit.
Weitere in die Gesamtabwägung einfließende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. Nach der vorzunehmenden Gesamtabwägung, die im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes summarisch erfolgt, überwiegen bei O K und T I die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen.
Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Beitragsberechnung ist weder erkennbar fehlerhaft, noch hat der Antragsteller die Berechnung gerügt. Säumniszuschläge werden seitens der Antragsgegnerin nicht geltend gemacht.
Dass die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides für der Antragsteller eine unbillige Härte bedeuten würde, ist nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat zwar eine Eidesstattliche Versicherung nebst Auszügen aus der Betriebswirtschaftlichen Auswertung „Vorjahrsvergleich Oktober 2020“ und „Entwicklungsübersicher Oktober 2020“ sowie ein Schreiben des Steuerberaters vom 02.03.2021 zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers und einen Antrag auf die sog. „Überbrückungshilfe Corona“ vorgelegt. Daraus ergibt sich aber nicht das Vorliegen einer unbilligen Härte. Kontoauszüge, die Auskunft über seine aktuelle wirtschaftliche Situation geben könnte, hat der Antragsteller nicht vorgelegt.
Hinsichtlich etwaiger mit dem Forderungseinzug verbundener wirtschaftlicher Härten muss sich der Antragsteller an die zuständigen Einzugsstellen, die Beigeladenen zu 2) und 4), wenden. Diese haben als Anspruchsinhaberin bzw. gesetzliche Prozessstandschafterin des Anspruchs auf Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, § 28 h Abs. 1 S. 3 SGB IV, über Fragen des Forderungseinzugs zu befinden und insoweit über eine etwaige Stundung, einen Erlass oder die Niederschlagung der Beitragsforderung (§ 76 Abs. 3 SGB IV) sowie die Einstellung bzw. Beschränkung der Zwangsvollstreckung (vgl. § 257 AO) zu entscheiden. Auf diese Möglichkeit hat die Antragsgegnerin bereits im Schreiben vom 20.01.2021 hingewiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs.1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 3, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) und berücksichtigt, dass die Bedeutung der Sache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes deutlich niedriger liegt als bei einer Klage zur Hauptsache. In Beitragsangelegenheiten ist regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache als Streitwert anzusetzen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 10.07.2016 - L 8 R 97715 B ER -, zitiert nach juris).