Liegt der Erbringung häuslicher Krankenpflege im Kostenerstattungssystem (noch) kein Vertrag zu Grunde, kann ein Schiedsspruch rückwirkend die im Einzelfall notwendigen Vertragsparameter für einen aus Vertrauensschutzgründen dem Grunde nach erworbenen Vergütungsanspruch ersetzen.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden‑Württemberg vom 18. August 2021 aufgehoben sowie das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 2. Juni 2020 geändert und die Klage insgesamt mit der Maßgabe abgewiesen, dass durch den Schiedsspruch vom 5. April 2016 ein zu entrichtender Vergütungsbetrag nicht festzulegen war.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.
G r ü n d e :
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Im Streit steht ein Schiedsspruch über die Vergütung von Beatmungsleistungen.
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Die Beklagte betreibt eine vollstationäre Pflegeeinrichtung nach dem SGB XI. Auf Einweisung des Sozialen Dienstes des Landkreises versorgte sie nach stationärem Krankenhausaufenthalt eine Versicherte der klagenden Krankenkasse vom 25.8.2011 bis zu deren Versterben am 9.5.2012 mit Leistungen nach Pflegestufe II und setzte dabei ‑ als einzige insoweit im Landkreis verfügbare Einrichtung ‑ auf einem so genannten eingestreuten Platz die im Krankenhaus begonnene und nunmehr als häusliche Krankenpflegeleistung deren ärztlich verordnete 24‑stündige Dauerbeatmung fort; dafür beanspruchte sie von der Klägerin eine zusätzliche Vergütung von 82 Euro täglich. Eine schriftliche Genehmigung der zusätzlichen Leistungen erfolgte nicht. Ein Vertrag über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a SGB V kam nicht zustande, nachdem die Beklagte die dauerhafte Auslastung der von der Klägerin geforderten Einrichtung einer gesonderten Beatmungsstation mit ständig vorgehaltenen Plätzen bezweifelte.
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Nach erfolglosen Verhandlungen über den erhobenen Zahlungsanspruch setzte die Schiedsperson in dem von der Beklagten angestrengten Schiedsverfahren nach § 132a SGB V eine Vergütung für die Dauerbeatmung von 20 396,25 Euro fest (259 Pflegetage bei einem durchschnittlichen Zeitaufwand von 3 Stunden täglich und einem Stundensatz von 26,25 Euro), der mit Zugang des Schiedsspruchs bei der Klägerin fällig sei. Zur Begründung führte die Schiedsperson aus: Im Hinblick auf Bedenken zur Festsetzung eines Versorgungsvertrags nach § 132a SGB V für einen bereits abgeschlossenen Zeitraum habe sie eine Regelung zur Vergütung ausschließlich der Leistungen vorgeschlagen. Da eine Verständigung über den dafür maßgeblichen Aufwand nicht möglich gewesen sei, Zweifel an der Qualifikation des Personals der Beklagten von der Klägerin aber nicht mehr geltend gemacht würden, sei Festsetzung durch Schiedsspruch geboten. Billigem Ermessen entspreche es, ihn in Einklang mit Vereinbarungen mit anderen Krankenkassen an einem Zusatzaufwand von 3 Stunden täglich auszurichten (Schiedsspruch vom 5.4.2016).
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Das SG hat auf die Klage der Krankenkasse die Unwirksamkeit des Schiedsspruchs festgestellt (Urteil vom 2.6.2020), das LSG hat die Berufung der beklagten Einrichtung zurückgewiesen: Der Schiedsspruch sei unwirksam, weil die Feststellung einer Zahlungspflicht ohne zugrundeliegenden Vertrag keinen zulässigen Regelungsinhalt eines Schiedsspruchs bilden könne (Urteil vom 18.8.2021).
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Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte materiell die Verletzung des § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V aF iVm § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V und § 317 Abs 1, § 319 Abs 1 Satz 2 BGB. Die Feststellungsklage sei unbegründet, weil ein umfangreiches Vertragswerk für eine in der Vergangenheit bereits erbrachte Leistung nicht mehr habe geschaffen werden müssen. Der Schiedsspruch sei auch weder unbillig noch habe die Schiedsperson ihren Entscheidungsspielraum überschritten. Zutreffend habe sie eine leistungsgerechte Vergütung rückblickend für einen Einzelfall festgesetzt.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. August 2021 aufzuheben sowie das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 2. Juni 2020 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
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Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
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Die zulässige Revision der Beklagten ist im Wesentlichen erfolgreich (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Dass die Schiedsperson den mit dem Pflegesatz für stationäre Pflegeleistungen nicht abgedeckten Zusatzaufwand für eine 24‑Stunden-Beatmung im streitbefangenen Zeitraum auf 78,75 Euro täglich bemessen hat, lässt eine Unbilligkeit zu Lasten der Klägerin nicht erkennen. Soweit sie darüber hinaus auch den für die Versorgung der Versicherten der Klägerin zu zahlenden Gesamtbetrag bestimmt hat, berührt das die Wirksamkeit des Schiedsspruchs nicht.
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1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist auf die statthafte Feststellungsklage (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG) der Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit des Schiedsspruchs vom 5.4.2016.
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2. Diese Feststellung greift die Beklagte zu Recht an. Liegt der Erbringung häuslicher Krankenpflege im Kostenerstattungssystem des § 37 Abs 4 SGB V (noch) kein Vertrag nach § 132a SGB V zugrunde, kann ein Schiedsspruch rückwirkend die im Einzelfall notwendigen Vertragsparameter für einen aus Vertrauensschutzgründen dem Grunde nach erworbenen Vergütungsanspruch ersetzen (dazu 4. und 5.). Eine darüber hinausgehende Festsetzung des Gesamtbetrags der Vergütung im Schiedsspruch führt vorliegend nicht zu seiner Unwirksamkeit (dazu 6.) und Gründe für eine Unbilligkeit (dazu 7.) sind nicht ersichtlich.
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3. Nach § 132a Abs 2 Satz 1 SGB V (in der bei Erlass des Schiedsspruchs maßgeblichen Normfassung des Gesetzes vom 21.12.2015, BGBl I 2408; nunmehr § 132a Abs 4 Satz 1 SGB V idF des Dritten Pflegestärkungsgesetzes - PSG III - vom 23.12.2016, BGBl I 3191) schließen die Krankenkassen mit den Leistungserbringern über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege Verträge als Rechtsgrundlage für eine qualitätsgesicherte Leistungserbringung (vgl BT‑Drucks 15/1525 S 123). Kommen zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen solche Verträge über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung nicht zustande, wird "der Vertragsinhalt durch eine von den Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson innerhalb von drei Monaten festgelegt" (§ 132a Abs 2 Satz 6 SGB V). Die Vorschrift ist Ausgleich dafür, dass die Erbringer von Leistungen der häuslichen Krankenpflege die Preise für von Versicherten beauftragte Leistungen nicht einseitig bestimmen können, und gewährt ihnen deshalb das gesetzliche Recht zur Herbeiführung des Schiedsspruchs (vgl BSG vom 29.6.2017 ‑ B 3 KR 31/15 R ‑ BSGE 123, 254 = SozR 4‑2500 § 132a Nr 11, RdNr 35, 37, 43).
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4. Das kann bei verfassungskonformer Auslegung entsprechend für Versorgungen mit häuslicher Krankenpflege gelten, denen im Zeitpunkt der Leistungserbringung noch kein (zuvor geschlossener) Vertrag über deren Einzelheiten, über die Preise und deren Abrechnung nach § 132a SGB V zugrunde lag. Erbringen die Krankenkassen solche Leistungen ‑ wie regelmäßig ‑ nicht durch eigene Kräfte (vgl § 37 Abs 4 SGB V), erhalten die Versicherten sie abweichend von den allgemeinen Vorschriften nicht als Sachleistung (§ 2 Abs 2 Satz 1 SGB V), sondern durch Kostenerstattung nach § 37 Abs 4 SGB V. Diese Ausgestaltung rechtfertigt ständiger Rechtsprechung zufolge anders als im Sachleistungssystem die Inanspruchnahme von geeigneten Leistungserbringern auch dann, wenn sie im Zeitpunkt der Leistungserbringung noch nicht mit der leistungsverpflichteten Krankenkasse nach § 132a SGB V vertraglich verbunden waren (vgl zuletzt nur BSG vom 29.6.2017 ‑ B 3 KR 31/15 R ‑ BSGE 123, 254 = SozR 4‑2500 § 132a Nr 11, RdNr 42 mwN). Entsprechend hat der Senat wegen des insoweit ebenfalls uneingeschränkt geltenden Vorbehalts der Preisfindung im Vereinbarungswege nach § 132a SGB V die rückwirkende Festsetzung mit Blick auf das Schutzinteresse des Leistungserbringers als geboten angesehen, wenn er nach den Umständen des Einzelfalls aus Vertrauensgesichtspunkten einen Vergütungsanspruch dem Grunde nach erworben haben konnte (vgl im Einzelnen zuletzt BSG vom 14.7.2022 ‑ B 3 KR 2/22 R ‑ RdNr 12 f, vorgesehen für BSGE und SozR mwN).
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5. So liegt es auch hier.
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a) Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und deshalb bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) war die Versicherte im Streitzeitraum vollstationär in der Pflegeeinrichtung der Beklagten versorgt (§ 71 Abs 2 SGB XI) und erhielt dort ärztlich verordnet seit dem auf die Aufnahme folgenden Tag bis zu ihrem Versterben eine 24‑stündige Dauerbeatmung, ohne dass förmliche Entscheidungen der Klägerin hierzu ergingen. Hiernach hatte die Beklagte gemäß der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen gesetzlicher Kranken- und sozialer Pflegeversicherung nur die medizinischen Behandlungspflegeleistungen als Teil der dem SGB XI zuzurechnenden Versorgung zu Lasten des (gedeckelten) Anteils der Pflegekasse bzw des von der Versicherten selbst oder ggf vom Sozialhilfeträger zu tragenden Anteils zu erbringen, die nicht vom Anspruch auf Krankenpflege nach § 37 SGB V umfasst waren (vgl § 82 Abs 1 Satz 3 SGB XI in der im Versorgungszeitraum geltenden Fassung des GKV‑Wettbewerbsstärkungsgesetzes ‑ GKV-WSG ‑ vom 26.3.2007, BGBl I 378, iVm § 43 Abs 2 Satz 1 SGB XI idF des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes vom 28.5.2008, BGBl I 874).
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b) Angesichts des bei Aufnahme der Versicherten voraussichtlich auf Dauer, in jedenfalls nicht auszuschließender Weise für einen Zeitraum von sechs Monaten bestehenden Bedarfs einer Rund‑um‑die‑Uhr‑Beatmung, und damit einem sowohl nach der Regelungsintention des Gesetzgebers (vgl BT‑Drucks 16/3100 S 105) als auch der Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie (HKP-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (vgl § 1 Abs 7 Satz 3 Alt 2 HKP‑RL idF der Änderung vom 21.10.2010, BAnz Nr 8 vom 14.1.2011 S 140: "Bedienung und Überwachung eines Beatmungsgerätes […] am Tag und in der Nacht erforderlich") Fall eines besonders hohen Bedarfs an medizinischer Behandlungspflege (§ 37 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 3 SGB V in der im Streitzeitraum geltenden Fassung des GKV‑WSG; vgl nunmehr § 37c Abs 1 Satz 1 SGB V idF des Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetzes ‑ GKV‑IPReG ‑ vom 23.10.2020, BGBl I 2220) war die Beklagte demzufolge nicht darauf verwiesen, den zusätzlichen Bedienungs- und Überwachungsaufwand für die Beatmung aus der Vergütung für die allgemeinen Pflegeleistungen zu bestreiten (§ 82 Abs 1 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 SGB XI). Vielmehr hat sie insoweit vom Tag nach Aufnahme der Versicherten an dem Grunde nach zusätzliche Vergütungsansprüche erworben, von denen die Versicherte freizustellen war (§ 37 Abs 4 SGB V) und die mangels förmlicher Entscheidung über die bei ihr eingereichten ärztlichen Verordnungen nach Maßgabe der Vertrauensschutzregelung des § 6 Abs 6 Satz 1 HKP-RL (hier in der im Zeitpunkt der Leistungserbringung maßgebenden Fassung der Änderung vom 21.10.2010, BAnz Nr 8 vom 14.1.2011 S 140; im Wesentlichen inhaltsgleich nunmehr § 6 Abs 6 HKP‑RL in der zuletzt geänderten Fassung vom 19.11.2021, BAnz AT 25.3.2022 B1) iVm einem (noch zu schließenden) Vertrag nach § 132a SGB V von der Klägerin zu übernehmen sind.
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c) Diese Vertrauensschutzregelung schützt den Leistungserbringer im Rahmen des Kostenerstattungssystems nach § 37 Abs 4 SGB V auch dann, wenn er vor der (erstmaligen) Erbringung von Leistungen der medizinischen Behandlungspflege noch keinen Vertrag über die Einzelheiten der Versorgung und deren Preise mit der jeweiligen Krankenkasse des von ihm versorgten Versicherten nach § 132a Abs 4 Satz 1 SGB V geschlossen hatte (dazu vgl BSG vom 14.7.2022 ‑ B 3 KR 2/22 R ‑ RdNr 12 f, vorgesehen für BSGE und SozR unter Verweis ua auf BSG vom 20.4.2016 ‑ B 3 KR 17/15 R ‑ BSGE 121, 119 = SozR 4‑2500 § 37 Nr 14, RdNr 16, 22 f). Zu Recht hat deshalb die Beklagte von der Klägerin zunächst die Aufnahme von Verhandlungen über eine die Höhe ihres Vergütungsanspruchs regelnde Vereinbarung nach § 132a Abs 2 SGB V verlangt und nach deren Scheitern die Einleitung des Schiedsverfahrens betrieben.
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d) Dass sich dieses Interesse nicht auf alle nach § 132a Abs 2 SGB V grundsätzlich vorgegebenen Vertragsbestandteile richtete, steht dem hier nicht entgegen. Grundsätzlich allerdings zielt das Regelungsmodell des § 132a SGB V auf die Begründung dauerhafter Rechtsbeziehungen und demgemäß auf den (vorherigen) Abschluss von Verträgen mit allen in § 132a SGB V insoweit vorgesehenen Regelungsbestandteilen. Erbringt ein mit einer Krankenkasse vertraglich nach § 132a SGB V nicht verbundener und nicht ersichtlich ungeeigneter Leistungserbringer ärztlich verordnete, der Krankenkasse im Verfahren nach der HKP‑RL rechtzeitig zur Genehmigung vorgelegte und vergütungsfähige Leistungen der häuslichen Krankenpflege ‑ wie nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen hier ‑ und erwirbt dadurch im Wege des Vertrauensschutzes einen entsprechenden Vergütungsanspruch dem Grunde nach, darf die Krankenkasse den Abschluss einer nur die Parameter der Vergütung betreffenden Vereinbarung nicht verweigern, soweit nicht damit zu rechnen ist, dass der Leistungserbringer alsbald weitere Versicherte versorgen und entsprechende Vergütungsansprüche geltend machen wird; verlangen, für jeden Versorgungsfall gesonderte Verträge nach § 132a SGB V zu schließen, kann ein Leistungserbringer nicht.
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e) Liegt es dagegen ‑ wie nach dem übereinstimmenden Vorbringen hier ‑ nicht so, hat der Leistungserbringer vielmehr zum Ausgleich des durch § 132a Abs 2 SGB V bewirkten Eingriffs in seine verfassungsrechtlich geschützte Preisbildungsfreiheit einen korrespondierenden und in seiner kompensatorischen Wirkung ebenfalls durch Art 12 Abs 1 GG geschützten verfahrensrechtlichen Anspruch auf Abschluss einer allein die preisbestimmenden Parameter seiner Vergütung regelnden Vereinbarung nach § 132a SGB V, weil anders sein in der Vergangenheit dem Grunde nach entstandener Vergütungsanspruch nicht durchsetzbar ist (vgl zur prozessualen Seite BSG vom 29.6.2017 ‑ B 3 KR 31/15 R ‑ BSGE 123, 254 = SozR 4‑2500 § 132a Nr 11, RdNr 24 ff).
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6. In diesem Gefüge steht der Wirksamkeit des Schiedsspruchs nicht entgegen, dass die Schiedsperson über die preisbestimmenden Elemente hinaus den ihrer Überzeugung nach von der Klägerin für die Versorgung der Versicherten zu entrichtenden Gesamtbetrag festgesetzt hat. Dazu ermächtigt die Kompetenz nach § 132a SGB V zwar nicht. Vielmehr ist die Schiedsperson zur zwangsweisen Festsetzung nur derjenigen Versorgungs- und Vergütungsmodalitäten berechtigt, die die Vertragspartner als zur Abwicklung zukünftiger Versorgung erforderliche Verständigung über "die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung" ansehen dürfen. Darunter fällt die Bestimmung der Vergütung einzelner in der Vergangenheit bereits abgewickelter Leistungsvorgänge schon deshalb nicht, weil im Streitfall die (staatlichen) Gerichte und nicht eine Schiedsperson nach § 132a SGB V darüber zu entscheiden haben, ob und ggf in welcher Höhe eine von einem Leistungserbringer in der Vergangenheit erbrachte Leistung nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben vergütungsfähig ist oder nicht.
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Das berührt die Wirksamkeit des Schiedsspruchs indessen nicht, weil er mit der Bestimmung der in den Gesamtzahlbetrag eingegangenen maßgebenden preisbildenden Faktoren den verfahrensrechtlichen Anspruch der Beklagten auf eine "zügige Preisfestlegung im Streitfall" (vgl BSG vom 29.6.2017 ‑ B 3 KR 31/15 R ‑ BSGE 123, 254 = SozR 4‑2500 § 132a Nr 11, RdNr 47) einlöst und auch damit Bestand hat. Insoweit gebietet der verfahrensrechtliche Anspruch der Beklagten auf Durchführung eines Schiedsverfahrens als Voraussetzung für die Durchsetzung des dem Grunde nach bestehenden Vergütungsanspruchs, die Geltung des Schiedsspruchs ungeachtet des überschießenden Teils auf die nach § 132a Abs 2 SGB V zulässige Bestimmung zu reduzieren, das sind hier die maßgebenden preisbildenden Faktoren einerseits des Zeitaufwands für die zusätzliche Versorgung Rund‑um‑die‑Uhr beatmungspflichtiger Pflegebedürftiger und andererseits des Stundensatzes.
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7. Dass der Schiedsspruch zu Lasten der Klägerin unbillig wäre, ist ebenfalls nicht zu erkennen.
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a) Wie der Senat bereits entschieden hat, sind auf Einzelverträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern zur Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege die Grundsätze für die Vergütung von Pflegeeinrichtungen zu übertragen, die er aus den entsprechenden Vergütungsbestimmungen des SGB XI abgeleitet hat (BSG vom 23.6.2016 ‑ B 3 KR 26/15 R ‑ BSGE 121, 243 = SozR 4‑2500 § 132a Nr 10, RdNr 40). Im Rahmen der in diesem Aushandlungsprozess bestehenden Darlegungslasten obliegt es demgemäß der jeweiligen Krankenkasse, substantiiert auf Unschlüssigkeiten im Vorbringen der Einrichtung hinzuweisen oder durch geeignete Unterlagen anderer Einrichtungen mit Verweis auf deren Kostenstruktur konkret darzulegen, dass die geltend gemachten Gestehungskosten nicht plausibel und/oder im Kostenvergleich mit vergleichbaren Einrichtungen nicht gerechtfertigt erscheinen (vgl grundlegend BSG vom 29.1.2009 ‑ B 3 P 7/08 R ‑ BSGE 102, 227 = SozR 4‑3300 § 85 Nr 1, RdNr 38 ff; vgl auch BSG vom 14.7.2022 ‑ B 3 KR 2/22 R ‑ RdNr 22 ff, vorgesehen für BSGE und SozR, unter Verweis auf die beiderseitigen Darlegungslasten zur Bemessung des Zusatzbedarfs in einer Konstellation wie hier). Dass die Schiedsperson solches Vorbringen der Klägerin in einer grundsätzliche verfahrensrechtliche Garantien verletzenden oder von ihrem Beurteilungsspielraum nicht gedeckten Weise (zu den Maßstäben insoweit nur letztens BSG vom 23.6.2016 ‑ B 3 KR 26/15 R ‑ BSGE 121, 243 = SozR 4‑2500 § 132a Nr 10, RdNr 31 f) übergangen haben könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen.
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b) Die Grundentscheidung des Gesetzgebers, in Pflegeeinrichtungen lebenden Versicherten mit einem besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege einen eigenständigen krankenversicherungsrechtlichen Anspruch auf Beteiligung an den Behandlungspflegekosten einzuräumen, schließt regelmäßig den Einwand einer Krankenkasse aus, solche Kosten würden in der jeweiligen Einrichtung voraussichtlich überhaupt nicht entstehen oder - wie ausnahmsweise in der Rückschau hier ‑ hätten nicht entstehen können. Im Rahmen ihrer Darlegungsobliegenheiten muss die Krankenkasse vielmehr bereits im Schiedsverfahren unter Verweis auf die von der Einrichtung vorgelegten Unterlagen einerseits und den Zeitaufwand und die Vergütung in vergleichbaren weiteren Einrichtungen andererseits substantiiert aufzeigen, in welcher Höhe ihrer Auffassung nach ein Zusatzaufwand nur entstehen kann bzw konnte. Hinweise darauf, dass die Schiedsperson solchen Vortrag rechtsfehlerhaft übergangen haben könnte, sind dem Vortrag der Klägerin im Klageverfahren nicht zu entnehmen. Soweit sie bis zuletzt auf ihr Bestreben hingewiesen hat, dass die Beklagte eine eigenständige Beatmungsstation mit dauerhaft vorzuhaltenden Plätzen einrichtet, steht das dem streitbefangenen Vergütungsanspruch aus Rechtsgründen nicht entgegen; entsprechend hat die Krankenkasse nach Verkündung des vorliegenden Urteils den Vergütungsanspruch der Beklagten in deren parallelen Zahlungsklageverfahren anerkannt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO.