Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft umfassen im Rahmen selbstbestimmter Freizeitgestaltung auch die notwendigen behinderungsbedingten Mehrkosten für eine angemessene Urlaubsreise.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. August 2019 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
G r ü n d e :
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Im Streit steht die Erstattung von Reisekosten einer Begleitperson für eine vom Kläger durchgeführte Urlaubsreise.
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Der Kläger ist schwerbehindert und leidet an einer spinalen Muskelatrophie mit schweren Wirbelsäulenverbiegungen, aufgrund derer er auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Er bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), Leistungen der sozialen Pflegeversicherung sowie Leistungen der Hilfe zur Pflege. Er lebt in einer eigenen Wohnung und beschäftigt im Rahmen des Arbeitgebermodells drei Assistenten, deren Kosten der Beklagte im Rahmen der Eingliederungshilfe trägt. Seinen Antrag (vom 26.4.2016) auf Übernahme der Reisekosten einer Begleitperson für eine Kreuzfahrt mit zwei Landausflügen für den Zeitraum vom 2.7.2016 bis 9.7.2016 in Höhe von 2015,50 Euro lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 26.5.2016; Widerspruchsbescheid vom 27.9.2016). Im Juli 2016 unternahm der Kläger die beantragte Reise in Begleitung eines seiner Assistenten.
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Die hiergegen gerichtete Klage hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des Sozialgerichts <SG> Leipzig vom 5.12.2017; Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts <LSG> vom 29.8.2019). Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt, die vom Kläger durchgeführte Kreuzfahrt diene nicht den Teilhabezielen der Eingliederungshilfe, sondern - wie bei nichtbehinderten Menschen auch - der Erholung und des Erlebnisses. Allenfalls als Nebeneffekt könnten sich hierbei Kontakte zu nichtbehinderten Menschen ergeben. Außerdem sei die Reise nicht erforderlich; denn der Kläger sei bereits hinreichend eingegliedert. Er lebe in seiner eigenen Wohnung, werde durch mehrere Assistenzkräfte betreut, sei Mitglied in verschiedenen Verbänden und Vereinigungen und nehme in Ausübung eines Ehrenamts regelmäßig an mehrtägigen Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet teil.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 54 SGB XII iVm § 55 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - (SGB IX), §§ 22, 23 Eingliederungshilfeverordnung (Eingliederungshilfe-VO) sowie Art 5 Abs 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention <UN-BRK>) sowie Art 3 Abs 3 Satz 2 Grundgesetz (GG).
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Der Kläger beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Leipzig vom 5. Dezember 2017 und des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. August 2019 sowie den Bescheid des Beklagten vom 26. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. September 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 2015,50 Euro zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die angegriffenen Entscheidungen für zutreffend.
II
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Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Ein Anspruch kommt in Betracht, soweit der Urlaub behinderungsbedingt durch die Notwendigkeit einer Begleitperson Mehrkosten verursacht. Der Senat kann mangels ausreichender Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) aber nicht abschließend beurteilen, ob der geltend gemachte Anspruch auch unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit von behinderungsbedingten Mehrkosten im Einzelfall besteht.
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Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 26.5.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.9.2016 (§ 95 SGG), vor dessen Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu beteiligen waren (§ 116 Abs 2 SGB XII iVm § 21 des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches <SächsAGSGB> in der hier maßgeblichen Fassung vom 14.7.2005, SächsGVBl, 167). Mit diesen Bescheiden hat der Beklagte die Übernahme der Reisekosten der Begleitperson für die Urlaubsreise des Klägers als Leistung der Eingliederungshilfe abgelehnt. Dagegen wendet sich der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 SGG), die zulässigerweise auf eine Geldleistung gerichtet ist, weil der Beklagte die Begleitung auf der Reise durch einen Assistenten nicht als Sachleistung erbringt, sondern die Reisekosten ggf als Leistung der Eingliederungshilfe erstattet (vgl § 10 Abs 3 SGB XII). Der Höhe nach ist die Klage begrenzt auf die Zahlung von 2015,50 Euro.
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Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Zahlung der Kosten für die Urlaubsreise der Begleitperson des Klägers als Leistung der Eingliederungshilfe ist § 19 Abs 3 SGB XII (in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27.12.2003 - BGBl I 3022, im Folgenden alte Fassung <aF>) iVm §§ 53, 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII aF und § 55 Abs 2 Nr 7 SGB IX (in der Fassung des Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vom 23.4.2004 - BGBl I 606; im Folgenden aF). Für die Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII ist der Landkreis Leipzig, in dessen Kreisgebiet der Kläger lebt, als örtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs 2 SGB XII iVm § 10 SächsAGSGB) örtlich (§ 98 Abs 1 SGB XII) und sachlich zuständig (vgl § 97 Abs 1 SGB XII).
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Der Kläger erfüllt auf Grundlage der bindenden Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) die personenbezogenen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Eingliederungshilfe. Nach § 53 Abs 1 SGB XII aF erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Der Kläger ist infolge seiner spinalen Muskelatrophie auf einen Rollstuhl angewiesen und damit wesentlich in seiner Fähigkeit eingeschränkt, an der Gesellschaft teilzuhaben (vgl § 1 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO idF von Art 13 Nr 2 des Gesetzes vom 27.12.2003).
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Als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft werden auf Grundlage von § 54 Abs 1 SGB XII iVm § 55 Abs 1 SGB IX aF die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden. Zu diesen Leistungen gehören nach § 55 Abs 2 Nr 7 SGB IX aF Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben. Wegen der Übernahme der zwischen den Beteiligten umstrittenen Kosten einer Begleitperson bestimmt § 60 SGB XII aF iVm § 22 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO (in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung; im Folgenden aF) näher, dass zum Bedarf des behinderten Menschen bei Maßnahmen der Eingliederungshilfe erforderlichenfalls die notwendigen Fahrtkosten und die sonstigen mit der Fahrt verbundenen notwendigen Auslagen der Begleitperson gehören.
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Die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erfassen auch Leistungen, denen als Teilhabeziel das Bedürfnis nach Freizeit und Freizeitgestaltung zu Grunde liegt. Das durch den Kläger geltend gemachte Bedürfnis nach Urlaub und Erholung bei einer Kreuzfahrt fällt unter den Begriff der Freizeitgestaltung und ist damit im Grundsatz ein soziales Teilhabebedürfnis. Zum denkbaren Eingliederungshilfebedarf gehören allerdings nur die im Einzelfall notwendigen behinderungsbedingten Mehrkosten, wie der Kläger sie hier im Ausgangspunkt mit den Kosten der Begleitperson geltend macht; das allgemeine Bedürfnis nach selbstbestimmter Freizeitgestaltung besteht bei behinderten wie nichtbehinderten Menschen in gleicher Weise und löst dagegen für sich genommen regelmäßig noch keinen behinderungsbedingten Bedarf aus. Abschließend braucht daher im derzeitigen Stand des Verfahrens nicht entschieden werden, welche Voraussetzungen im Ausnahmefall an die Übernahme von Reisekosten des behinderten Menschen zur Verwirklichung des Teilhabeziels der Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen zu stellen sind und ob eine Kreuzfahrt diesem Teilhabeziel - Kontakt zu nichtbehinderten Menschen - dienen kann (dazu LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 17.8.2016 - L 9 SO 15/12 - RdNr 27; LSG Hamburg vom 20.11.2014 - L 4 SO 31/12 - RdNr 21; LSG Nordrhein-Westfalen vom 17.6.2010 - L 9 SO 163/10 - RdNr 34; SG Düsseldorf vom 12.11.2010 - S 17 SO 109/09 - RdNr 32; SG Stade vom 22.6.2011 - S 19 SO 60/11 ER - RdNr 11 f; Hessisches LSG vom 24.2.2016 - L 4 SO 27/14 - RdNr 74; Oberverwaltungsgericht <OVG> Schleswig-Holstein vom 16.3.2005 - 2 LB 71/04 - FEVS 57, 511; OVG Lüneburg vom 23.7.2003 - 4 LB 564/02 - FEVS 55, 221; Verwaltungsgericht <VG> Potsdam vom 28.3.2008 - 11 K 2698/04; VG Göttingen vom 27.2.2002 - 2 A 2057/01).
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§ 55 Abs 2 SGB IX aF ("insbesondere") normiert einen offenen Leistungskatalog für die Eingliederungshilfe (vgl bereits BVerwG vom 18.10.2012 - 5 C 15/11 - BVerwGE 144, 364 RdNr 24). Die Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft konkretisiert § 58 SGB IX aF zwar näher dahin, dass vor allem Hilfen zur Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen (Nr 1) umfasst werden. Auch dies bedeutet aber keine Einengung dahin, dass sich Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auf die Verwirklichung der in § 58 SGB IX aF genannten Teilhabezeile beschränken ("vor allem"). Ein über die Kommunikation mit anderen Menschen hinausgehendes Teilhabebedürfnis nach Freizeit lässt sich bereits aus dem weiteren Regelbeispiel in § 58 Nr 2 SGB IX aF (Hilfen zum Besuch von Veranstaltungen oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung oder kulturellen Zwecken dienen) ableiten. Der Begriff der Freizeitgestaltung als Teilhabeziel wird schließlich seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz <BTHG> vom 23.12.2016, BGBl I 3234) in § 78 Abs 1 Satz 2 SGB IX im Zusammenhang mit Assistenzleistungen ausdrücklich genannt, ohne dass damit neue Leistungen eingeführt worden sind (BT-Drucks 18/9522, S 260).
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Freizeit ist die Zeit, über die frei verfügt und die selbstbestimmt gestaltet werden kann, da sie nicht durch fremdbestimmte Verpflichtungen oder zweckgebundene Tätigkeiten geprägt ist. In ihrer Freizeit können Menschen sozialen, sportlichen, kulturellen, kreativen, bildenden und rekreativen Aktivitäten individuell oder gemeinschaftlich nachgehen; Freizeit hat nicht nur Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung eines behinderten wie eines nichtbehinderten Menschen, sondern erweitert auch den möglichen Spielraum sozialer Teilhabe (vgl den Dritten Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen 2021, BT-Drucks 19/27890 S 608 f mwN). Der behinderte Mensch bestimmt selbst, wie er seine Freizeit gestaltet und welche Möglichkeiten zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft er ergreift. Dies hat der Senat im Zusammenhang mit ehrenamtlicher Tätigkeit bereits entschieden (vgl BSG vom 23.8.2013 - B 8 SO 24/11 R - ZFSH/SGb 2013, 696 RdNr 17 = FEVS 65, 418, 421) und zugleich an weiteren Beispielen deutlich gemacht, dass ehrenamtliches Engagement nicht (weitere) Voraussetzung für die Anerkennung von Freizeit als Teilhabeziel ist. Dieses Verständnis von Freizeit als Teilhabechance entspricht dem umfassenden Förderungspostulat des § 4 Abs 1 Nr 4 SGB IX (dazu bereits BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R - SozR 4‑3500 § 54 Nr 6 RdNr 18).
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Diese Auslegung gebietet schließlich Art 3 Abs 3 Satz 2 GG, in dessen Rahmen Menschen mit Behinderungen ermöglicht werden soll, so weit wie möglich ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben zu führen. Die Norm beinhaltet einen Förderauftrag und vermittelt einen Anspruch auf die Ermöglichung gleichberechtigter Teilhabe am Alltagsleben, wozu auch Urlaub und Freizeit rechnen (vgl Dritten Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen 2021, BT-Drucks 19/27890, S 614 unter 9.1.1, S 632 f). Eine Teilhabeleistung zielt nach diesem Verständnis auf den Ausgleich einer Benachteiligung wegen einer Behinderung ab, wenn andernfalls einem Menschen wegen einer Behinderung Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten vorenthalten werden, die anderen offenstehen (dazu auch BVerfG vom 16.12.2021 - 1 BvR 1541/20 - für BVerfGE vorgesehen = NJW 2022, 380 RdNr 90 ff; BVerfG vom 30.1.2020 - 2 BvR 1005/18 - NJW 2020, 1282 - RdNr 35; BVerfG vom 29.1.2019 - 2 BvC 62/14 - BVerfGE 151, 1 = NJW 2019, 1201, RdNr 54 f). Entsprechend enthält auch Art 30 Abs 5 UN-BRK (iVm dem Gesetz vom 21.12.2008, BGBl II 1419, in der Bundesrepublik in Kraft seit dem 26.3.2009 - BGBl II 812) die Zielformulierung, Menschen mit Behinderungen die gleichberechtigte Teilnahme an Erholungs‑, Freizeit- und Sportaktivitäten zu ermöglichen, und benennt in diesem Zusammenhang ausdrücklich Tourismusaktivitäten; auch dies ist bei der Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte sowie bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe zu beachten (vgl zuletzt BSG vom 11.9.2020 - B 8 SO 22/18 - SozR 4‑3500 § 53 Nr 10 RdNr 17 mwN).
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Ein behinderter Mensch hat daher einen Anspruch auf Übernahme erforderlicher behinderungsbedingter Mehrkosten seiner angemessenen Freizeitgestaltung als Eingliederungshilfeleistung, dh auf diejenigen Kosten, die wegen Art und Schwere der Behinderung anfallen und die notwendig und geeignet sind, das Teilhabeziel zu erreichen (vgl BSG vom 11.9.2020 - B 8 SO 22/18 R - SozR 4‑3500 § 53 Nr 10 RdNr 16 mwN). Das allgemeine Bedürfnis nach Urlaub sowie nach selbstbestimmter Freizeitgestaltung besteht allerdings bei behinderten wie nichtbehinderten Menschen in gleicher Weise und löst daher für sich genommen regelmäßig keinen behinderungsbedingten Bedarf aus, weshalb eine Übernahme der eigenen Kosten einer Urlaubsreise als Teilhabeleistung im Grundsatz ausscheidet (vgl zur Empfängnisverhütung BSG vom 15.11.2012 - B 8 SO 6/11 R - BSGE 112, 188 = SozR 4‑3500 § 49 Nr 1, RdNr 24). Sehen sich behinderte Menschen dagegen mit besonderen Kosten zur Durchführung der Freizeitgestaltung gerade aufgrund ihrer Behinderung konfrontiert, sind erforderliche behinderungsbedingte Mehraufwendungen vom Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen umfasst. Sie bestimmen sich nach der Differenz der Kosten der selbstgewählten Freizeitgestaltung des behinderten Menschen zu den Kosten eines nichtbehinderten Menschen bei dieser Freizeitaktivität (vgl BSG vom 4.4.2019 - B 8 SO 12/17 R - BSGE 128, 43 = SozR 4‑3500 § 53 Nr 9, RdNr 29 f). Dabei zielt das in § 58 Nr 2 SGB IX aF angelegte Verständnis von Hilfen zur Freizeitgestaltung gerade auch auf die Kosten für notwendige Assistenzleistungen ab (vgl Luthe in jurisPK-SGB IX, 2. Aufl 2015, § 58 SGB IX RdNr 17; nunmehr ausdrücklich § 78 Abs 1 Satz 2 SGB IX idF des BTHG).
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Ob die hier begehrte konkrete Leistung notwendig iS des § 4 Abs 1 SGB IX ist, kann anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG jedoch nicht beurteilt werden. Nach dieser Vorschrift ist im Einzelfall jede geeignete Eingliederungsmaßnahme darauf zu untersuchen, ob sie unentbehrlich zum Erreichen der Leistungsziele ist (BSG vom 20.9.2012 - B 8 SO 15/11 R - BSGE 112, 67 = SozR 4‑3500 § 92 Nr 1, RdNr 14). Maßstab für berechtigte, dh angemessene und den Gesetzeszwecken und ‑zielen entsprechende Wünsche (§ 8 Abs 1 Satz 1 SGB IX, § 9 Abs 2 Satz 1 SGB XII) bzw unverhältnismäßige Mehrkosten (§ 9 Abs 2 Satz 3 SGB XII) sind die Bedürfnisse eines nicht behinderten, nicht sozialhilfebedürftigen Erwachsenen (stRspr; vgl zuletzt BSG vom 28.1.2021 - B 8 SO 9/19 R - BSGE 131, 246 = SozR 4‑3500 § 57 Nr 1, RdNr 32 mwN). Dies beurteilt sich in erster Linie nach dem Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierbei gilt ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der einer pauschalierenden Betrachtung regelmäßig entgegensteht (vgl nur BSG vom 8.3.2017 - B 8 SO 2/16 R - SozR 4‑1500 § 55 Nr 20 RdNr 23; BSG vom 28.8.2018 - B 8 SO 9/17 R - BSGE 126, 210 = SozR 4-3500 § 18 Nr 4, RdNr 21; BSG vom 28.1.2021 - B 8 SO 9/19 R - BSGE 131, 246 = SozR 4‑3500 § 57 Nr 1, RdNr 32, jeweils mwN); die Vorstellungen des Trägers der Eingliederungshilfe sind insoweit unerheblich. Begrenzt wird das Wunschrecht des Betroffenen durch § 9 Abs 2 Satz 3 SGB XII, wonach der Träger der Sozialhilfe in der Regel Wünschen nicht entsprechen soll, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre. In dieser Regelung findet auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit seinen Ausdruck (vgl bereits BSG vom 11.9.2020 - B 8 SO 22/18 R - SozR 4-3500 § 53 Nr 10 RdNr 19).
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Die einwöchige Kreuzfahrt des Klägers auf der Nordsee ist danach geeignet und erforderlich, um sein Bedürfnis nach Urlaub/Erholung bzw Freizeitgestaltung zu decken. Der Wunsch des Klägers, sich auf eine einwöchige Urlaubsreise zu begeben, geht nicht über die Bedürfnisse eines nicht behinderten, nicht sozialhilfeberechtigten Erwachsenen hinaus; denn 72 Prozent der Menschen ohne Beeinträchtigung und 50 Prozent der Menschen mit Beeinträchtigungen unternehmen jährlich eine mindestens einwöchige Urlaubsreise (Dritter Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen, BT-Drucks 19/27890 S 617). Dabei bewegt sich der Gesamtpreis der Reise, die der Kläger selbst aufbringen musste, im Rahmen der üblichen Ausgaben der Vergleichsgruppe der nicht sozialhilfebedürftigen Bürger für Urlaubsreisen (hierzu https://www-genesis.destatis.de/genesis/online?sequenz=statistikTabellen &selectionname=45413#abreadcrumb Stand 23.2.2022). Auch der Wunsch des Klägers, die Reise als Kreuzfahrt durchzuführen, ist nachvollziehbar, weil gerade für behinderte Menschen eine Kreuzfahrt eine adäquate Alternative zu sonstigen Rundreisen darstellt (Rumpler, Leben in kleinen Portionen, 2020, S 102), die - etwa wegen eines ständigen Zimmerwechsels - bei Angewiesensein auf einen Rollstuhl mit erheblich höherem Aufwand und Anstrengungen für den behinderten Menschen verbunden sind. Auch der Wunsch, eine Reise ans Meer in den Sommermonaten durchzuführen, ist nachvollziehbar und führt nicht zu deren Unangemessenheit. Schließlich war der Kläger nach den Feststellungen des LSG zur Durchführung seiner Urlaubsreise auf die Begleitung durch einen Assistenten angewiesen, sodass die Mitnahme einer Begleitperson mithin erforderlich war, um die Reise überhaupt unternehmen zu können. Erfolgt die Unterstützung im Urlaub des behinderten Menschen allerdings durch Personen aus dem nahen, insbesondere familiären oder freundschaftlichen Umfeld, entstehen daraus - wie bei nichtbehinderten Menschen auch - keine behinderungsbedingten Mehrkosten. Aus den Feststellungen des LSG ist jedoch ersichtlich, dass die Assistenzperson hier nicht auf Grundlage freundschaftlicher Verbundenheit tätig geworden ist.
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Ob jedoch die Reise im Übrigen den oben dargestellten Kriterien der Angemessenheit entspricht, hat das LSG ausgehend von seiner Rechtsansicht konsequenterweise nicht geprüft.
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Zunächst wird zu prüfen sein, ob die Urlaubsreise im Gesamtkontext des Urlaubsverhaltens des Klägers angemessen ist. Dies wäre vor allem dann nicht der Fall, wenn der Kläger im laufenden Jahr bereits mehrere Urlaubsreisen unternommen hätte, so dass die hier streitige Urlaubsreise über die Bedürfnisse eines nicht behinderten, nicht sozialhilfebedürftigen Erwachsenen hinausgeht. Die Teilnahme an mehrtägigen Veranstaltungen aufgrund des ehrenamtlichen Engagements des Klägers lässt dessen Bedürfnis nach Erholungsurlaub allerdings unberührt; denn das Bedürfnis nach Erholung zielt auf ein anderes, von den ehrenamtlichen Betätigungen des Klägers unabhängiges Bedürfnis nach Freizeit ab. Dies verdeutlicht bereits § 11 Abs 2 Satz 2 SGB XII, wonach die aktive Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft "auch" ein gesellschaftliches Engagement umfasst, sich aber nicht darauf beschränkt. Auch die UN-BRK differenziert zwischen der in Art 29 geregelten Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben, zu der auch die Mitarbeit in nichtstaatlichen Organisationen und Vereinigungen zählt (Art 29 lit b) i) UN-BRK), und der in Art 30 UN-BRK normierten Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport, welche in Art 30 Abs 5 lit e UN-BRK explizit Tourismusaktivitäten benennt.
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Im Rahmen des Mehrkostenvergleichs wird das LSG zu prüfen haben, ob unter Berücksichtigung der konkreten Wünsche des Klägers diesem die Buchung einer im Wesentlichen gleichartigen, aber insgesamt kostengünstigeren Reise zB bei einem Anbieter, der eine Assistenzperson kostenfrei befördert, möglich gewesen ist. Allerdings folgt ein gesetzlicher Anspruch auf kostenfreie Beförderung eines Assistenten gegen den Reiseveranstalter bzw den Beförderer des Kreuzfahrtschiffes weder der Regelung aus § 147 Abs 1 Nr 7 SGB IX (in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung; § 230 Abs 1 Nr 7 SGB IX idF des BTHG) noch aus Art 8 Abs 4 Satz 2 VO (EU) Nr 1177/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.11.2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr und zur Änderung der Verordnung <EG> Nr 2005/2004 (ABl L 334 vom 17.12.2010). Zwar sollen behinderte Menschen den gleichen Zugang zu Kreuzfahrten haben wie andere Bürger (vgl insoweit den 4. Erwägungsgrund der Verordnung <EU> Nr 1177/2010). Die Pflicht zur kostenlosen Beförderung einer Begleitperson gilt aber nur für Personenverkehrsdienste, nicht für Kreuzfahrten (Wersel in Jessen/Werner, EU Maritime Transport Law, 2016, Art 8 EC/1177/2010 RdNr 120). Schließlich wird zu prüfen sein, ob die Mehrkosten der vom Kläger und seinem Assistenten durchgeführten Landausflüge, die mehr als ein Drittel des Reisepreises ausmachten, in ihrer konkreten Ausgestaltung - nicht mit einer Gruppe, sondern mit einem eigenen Reiseleiter - behinderungsbedingt erforderlich waren.
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Nach § 19 Abs 3 SGB XII aF ist Eingliederungshilfe für behinderte Menschen schließlich nur zu leisten, soweit den Leistungsberechtigten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach dem 11. Kapitel des SGB XII nicht zuzumuten ist. Feststellungen hierzu sind nicht entbehrlich; denn es handelt sich bei den Kosten für die soziale Teilhabe nicht um eine privilegierte Hilfe nach § 92 Abs 2 Satz 1 SGB XII aF.
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Der Anspruch ist nicht wegen fehlender Kenntnis der Behörde (vgl § 18 Abs 1 SGB XII) ausgeschlossen. Danach setzt die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen (sog Kenntnisgrundsatz), ohne dass es eines formalen Antrags bedarf. Es genügt die positive Kenntnis vom spezifischen Bedarfsfall, hingegen muss nicht bereits der konkrete finanzielle Bedarf feststehen (zuletzt BSG vom 28.8.2018 - B 8 SO 9/17 R - BSGE 126, 210 = SozR 4-3500 § 18 Nr 4, RdNr 18 mwN). Maßgeblicher Zeitpunkt der Kenntnis ist der Zeitpunkt des Bedarfsanfalles, hier der Fälligkeit der Forderung des Reiseanbieters (vgl zur Hilfe zur Pflege BSG vom 5.9.2019 - B 8 SO 20/18 R - SozR 4‑3500 § 18 Nr 5 RdNr 18; zur Fälligkeit der Forderung als Bedarfsanfall im Rahmen der Eingliederungshilfeleistungen BSG vom 23.8.2013 - B 8 SO 24/11 R - RdNr 20).
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Diese notwendige Kenntnis war im vorliegenden Fall gegeben unabhängig davon, ob und ggf wann der Kläger vor Antragstellung einen Teil der Reisekosten bereits gezahlt hatte. Ausreichend für die Kenntnis iS des § 18 Abs 1 SGB XII ist die Kenntnis des Beklagten von dem Bedarf an Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 53 SGB XII aF in Form einer durchgehenden Betreuung durch seine Assistenten (vgl zur Hilfe zur Pflege BSG vom 2.2.2012 - B 8 SO 5/10 R - SozR 4‑3500 § 62 Nr 1 RdNr 18). Die insoweit erforderliche Assistenz stellt dabei die Bedarfslage dar, während die hiermit verbundenen und hier streitigen Kosten lediglich den Umfang der Hilfe betreffen. Der Sozialhilfeträger ist bereits durch die Kenntnis ersterer in die Lage versetzt worden, in die weitere ihm obliegende Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich des Bedarfsumfangs einzutreten (§ 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - <SGB X>; BSG vom 28.8.2018 - B 8 SO 9/17 R - BSGE 126, 210 = SozR 4‑3500 § 18 Nr 4, RdNr 18), eine völlig neue Bedarfssituation liegt nicht vor (hierzu BSG vom 20.4.2016 - B 8 SO 5/15 R - BSGE 121, 139 = SozR 4‑3500 § 18 Nr 3, RdNr 11).
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Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.