Macht ein Versicherter im Rahmen eines Arbeitsunfalls einen Stützrententatbestand im Hinblick auf einen anderen Entschädigungsfall i.S. spezialgesetzlicher Regelungen (hier: Wehrdienstbeschädigung) geltend, hat der Unfallversicherungsträger, unabhängig davon, ob der andere Entschädigungsfall selbst zu einer Entschädigung nach den spezialgesetzlichen Regelungen führt, regelmäßig eingenständig nach unfallversicherungsrechtlichen Maßstäben zu entscheiden, ob dieser andere Entschädigungsfall Auswirkungen auf die (unfallversicherungsrechtliche) Erwerbsfähigkeit des Versicherten im Rahmen des Stütztatbestands hat; die sog. Versorungsmedizinischen Grundsätze nach dem Bundesversorgungsgesetz sind dabei für die unfallversicherungsrechtliche Bewertung nicht maßgeblich.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 02.10.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente auf Grund des Arbeitsunfalls vom 30.08.2006 streitig.
Der 1969 geborene Kläger - Diplom-Verwaltungswirt (FH) und Bürokaufmann (s. Bl. 268 VerwA) - leistete von Juli 1988 bis Ende September 1989 Wehrdienst bei der Bundeswehr. Am 06.09.1988 erlitt er im Rahmen dessen bei einem Panzerfaustübungsschießen ein Knalltrauma mit Ohrensausen rechts. Mit Bescheid vom 19.12.1988 entschied das Wehrbereichsgebührnisamt (WBGA) V, dass die Folgen der gesundheitlichen Schädigung keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 25 v.H. von wenigstens sechs Monaten bedingten. Im September 1989 beantragte der Kläger erstmals eine Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG). Das Versorgungsamt R (zukünftig nur Versorgungsamt) holte das Gutachten des R1 vom 25.04.1990 ein (Bl. 371 ff. VerwA), der nach Untersuchung des Klägers am 23.04.1990 einen im Wesentlichen unauffälligen Befund erhob. Nach von den Ärzten des Bkrankenhauses U am 08.09.1988 diagnostizierter Hochtonperzeptionsschwerhörigkeit beidseits seien die Ergebnisse der Hörfunktionsprüfungen bereits am 16.09.1988 wieder im Normbereich ohne Tinnitus gewesen. Eine Hörverschlechterung habe der Kläger nicht angeben, ebenso wenig wie Schwindel oder Brechreiz. Seinen Angaben nach träten rechts nur noch selten sekundenlang anhaltende, einem Pfeifen vergleichbare, nicht pulsierende Ohrgeräusche auf. Folgen des Knalltraumas seien - so R1 - nicht mehr objektivierbar. H-ärztlich ergebe sich keine MdE. Darauf gestützt lehnte das Versorgungsamt den Antrag des Klägers ab (Bescheid vom 14.05.1990); der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamts B1 vom 03.08.1990).
Im März 1994 beantragte der Kläger erneut die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung auf Grund des Ereignisses vom 06.09.1988. Das Versorgungsamt holte daraufhin das Gutachten des V vom 05.12.1994 ein (Bl. 379 ff. VerwA), der nach Untersuchung des Klägers am 29.11.1994 eine Normalhörigkeit mit nur geringem Hochtonabfall bei einem angegebenen zeitweisen Ohrensausen rechts bei 6.000 Hz diagnostizierte. Eine MdE sei durch das angeschuldigte Ereignis nicht entstanden. Mit Bescheid vom 21.03.1995 lehnte das Versorgungsamt den Antrag des Klägers ab.
Mit Bescheid vom 20.10.1995 verfügte das WBGA V, dass ein Anspruch des Klägers auf Ausgleich nach § 85 SVG für den Zeitraum des Wehrdienstverhältnisses nicht bestehe (Verfügungssatz 1); zugleich anerkannte es „sporadisch auftretendes, kurzdauerndes Ohrgeräusch rechts nach Knalltrauma posttraumatische Hochtonhörminderung bei erhaltener Normalhörigkeit“ als Folge einer Wehrdienstbeschädigung (Verfügungssatz 2). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass eine MdE um mindestens 25 v.H. für wenigstens sechs Monate nicht bestehe. Mit (Abhilfe-)Bescheid vom 04.01.1996 nahm das Versorgungsamt sodann seinen Bescheid vom 14.05.1990 - gestützt auf § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - zurück und erkannte als Wehrdienstbeschädigungsfolge durch schädigende Einwirkungen nach § 81 Abs. 1 SVG die vom WBGA V im Bescheid vom 20.10.1995 ausgesprochene Wehrdienstbeschädigungsfolge (dort Verfügungssatz 2, s.o.) - unter wörtlicher Übernahme - an. Zugleich verfügte es, dass eine MdE um 25 v.H. nicht erreicht sei, sodass dem Kläger eine Rente nach dem SVG i.V.m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nicht zustehe.
Im Januar 2005 machte der Kläger als Folge des Knalltraumas weitere Gesundheitsstörungen geltend (Depression, Versuch einer Selbsttötung). Das Versorgungsamt holte bei dem Leiter der Sektion für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie des U1klinikums T, F, das Gutachten vom 08.05.2006 ein (Bl. 406 ff. VerwA), der nach Untersuchung am 12.04.2006 eine entsprechende Schädigungsfolge bzw. einen Folgeschaden im Zusammenhang mit dem angeschuldigten Ereignis nicht zu erkennen vermochte. Eine depressive Episode habe damals nicht vorgelegen und damit erst recht keine depressive Störung. Mit Bescheid vom 04.07.2006 lehnte das Versorgungsamt den Neufeststellungsantrag ab; der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums S - Landesversorgungsamt - < künftig nur RPS > vom 20.09.2006). In der Folge dessen entschied die W (WBV) S1 mit Bescheid vom 23.07.2008, dass die „nicht erkannte Depression/Selbsttötungsversuch im Zusammenhang mit dem am 06.09.1988 bei der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Knalltrauma“ keine Folge einer Wehrdienstbeschädigung sei, sodass auch kein Ausgleichsanspruch bestehe. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid der WBV S1 vom 28.05.2013), ebenso wie die dagegen erhobene Klage (Urteil des Sozialgerichts Reutlingen - SG - vom 26.10.2015, S 4 VS 1526/13; bestätigt mit Berufungszurückweisungsbeschluss des 6. Senats des Landessozialgerichts - LSG - B1 vom 07.07.2016, L 6 VS 239/16).
Den Antrag des Klägers von Anfang August 2008 auf Feststellung eines rentenberechtigenden Grades der Schädigungsfolgen (GdS) wegen der geklagten Ohrgeräusche sowie einer Beschädigtenversorgung nach dem SVG i.V.m. dem BVG lehnte die Versorgungsverwaltung ab (Bescheid des Versorgungsamts vom 19.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des RPS vom 23.09.2008); die anerkannten Folgen der Wehrdienstbeschädigung bedingten keinen messbaren GdS. Im nachfolgenden Klageverfahren S 4 VS 3560/08 schlossen die Beteiligten einen sog. Überprüfungsvergleich nach § 44 SGB X und der Kläger nahm die Klage zurück. In dem sich anschließenden Zugunstenverfahren holte das Versorgungsamt das Gutachten des Z (Ärztlicher Direktor der H-Klinik des U1klinikums T) vom 13.09.2011 (Bl. 389 ff. VerwA) ein, der nach Untersuchung am 18.08.2011 beim Kläger einen prozentualen Hörverlust von jeweils 0 % sowie einen kompensierten Tinnitus aurium Grad I rechts - nur zeitweise und nicht störend - beschrieb. Die Wehrdienstbeschädigung im Jahr 1988 bedinge keine MdE von 10 v.H. und eine solche habe auch zu keinem Zeitpunkt bestanden. Darauf gestützt lehnte die Versorgungsverwaltung eine Rücknahme des Bescheids vom 19.08.2008 ab (Bescheid des Versorgungsamts vom 17.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des RPS vom 28.03.2012; die dagegen erhobene Klage, S 4 VS 1101/12, nahm der Kläger im Mai 2013 zurück).
Seit Mitte Mai 2005 war der Kläger als Restaurantkraft in einer B2-Filiale in R2 beschäftigt. Am Abend des 30.08.2006 rutschte er beim dortigen Arbeiten im Küchenbereich aus und stieß mit dem linken Knie auf. Noch am Abend suchte er den V des Klinikums am S2) auf, der eine Patellaquerfraktur links diagnostizierte, weswegen am 07.09.2006 eine operative Patellaunterpolresektion mit transossiärer Refixierung der Patellarsehne links erfolgte. In ihrem Nachschaubericht vom 21.11.2006 (Bl. 41 f. VerwA) beschrieben die Ärzte der B3 U2klinik T (BU) völlig reizlose Narben- und Weichteilverhältnisse ohne Schwellung, Rötung oder Überwärmung. Die Kniegelenksbeweglichkeit links war nur noch endgradig eingeschränkt (0-0-120°) bei lediglich diskretem linksseitigem Schonhinken und nur noch geringfügiger Umfangsdifferenz des linken Oberschenkels.
W1 der BU) diagnostizierte in seinem Ersten Rentengutachten vom 10.04.2007 (Bl. 86 ff. VerwA) nach Untersuchung am 25.01.2007 als Unfallfolgen eine stattgehabte Patella-Unterpol-Resektion und transossäre Refixation des Ligamentum patellae mit einem linksseitigem um ca. 2 cm erhöhtem Umfangmaß in Kniescheibenmitte, eine Hypästhesie im Bereich der linken Unterschenkelinnenseite sowie eine stabile Narbe im Bereich des linken Kniegelenks (Befund u.a.: Beweglichkeit Kniegelenk links 10-0-140°, rechts 10-0-150°; seitengleich ausgeprägte Fußsohlenbeschwielung; normales Gangbild; normal weiter Gelenkspalt mit regelhaft zentrierter Patella links; keine Gelenksspaltverschmälerung bei regelhafter Artikulation im Tibiofemoralgelenk). Die Behandlung sei am 19.11.2006 beendet gewesen und der Kläger seit dem 20.11.2006 wieder voll arbeitsfähig. W1 schätzte die MdE für die Zeit vom 20.11.2006 bis 19.05.2007 auf 20 v.H. (als Gesamtvergütung) ein, danach betrage sie voraussichtlich 0. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24.07.2007 stellte W1 (u.a.) klar, dass eine MdE über den genannten Zeitraum hinaus nicht bestehe.
Mit Bescheid vom 22.10.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 30.08.2006 eine Rente als vorläufige Entschädigung vom 21.11.2006 (Tag nach Beendigung des gezahlten Verletztengelds) bis 31.05.2007, wobei sie eine MdE von 20 v.H. zu Grunde legte; für die Zeit danach bestehe mangels rentenberechtigender MdE kein Rentenanspruch. Ferner anerkannte sie als Folgen des Arbeitsunfalls ein 2 cm erhöhtes Umfangmaß in der linken Kniescheibenmitte, eine Hypästhesie im Bereich der linken Unterschenkelinnenseite und eine Narbe am linken Kniegelenk. Als Unfallfolgen würden hingegen eine Depression, eine Hyperkyphose bei Verdacht auf Morbus Scheuermann sowie ein Zustand nach Knalltrauma nicht anerkannt. Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch - gerichtet auf die Weitergewährung der Rente über den 31.05.2017 hinaus - machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass er „ab und zu“ noch Schmerzen im linken Knie habe und auch nicht mehr so springen könne, wie vor dem Unfall. Für den Fall, dass die MdE insoweit unter 20 v.H. betrage, müsse jedenfalls die MdE seiner Wehrdienstbeschädigung mitberücksichtigt werden.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 29.11.2007) erhob der Kläger Klage beim SG (S 7 U 597/08). Das SG holte bei dem H von Amts wegen das Sachverständigengutachten vom 11.05.2009 (Bl. 229 ff. VerwA) ein. H diagnostizierte nach Untersuchung (04.05.2009) beim Kläger anhaltende schmerzhafte Funktionsstörungen des linken Kniegelenks nach operativer Behandlung eines knöchernen Ausrisses der Kniescheibensehne und Einrissen am inneren und äußeren Zügelungsapparat der Kniescheibe (Befund u.a.: Beweglichkeit: 0-0-140° rechts, 0-0-120° links, wobei links aktiv lediglich etwa 10° bis zur vollen Streckung fehlten; Gangbild „sicher und flott“; keine Schonungsmuster; annähernd seitengleiche Fußsohlenbeschwielung; keine Rötung, keine Überwärmung, kein Kniegelenkserguss links) und schätzte die MdE seit dem 31.05.2007 auf 15 v.H. ein. Es sei zwar „unstreitig“ zu einer Defektausheilung gekommen, allerdings rechtfertigten die anamnestischen Angaben des Klägers - entgegen W1 - eine MdE von höher als 0. Dem Einwand der Beklagten, der vom Sachverständigen erhobene klinische Befund begründe keine messbare MdE, hielt H in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01.09.2009 (Bl. 251 f. VerwA) entgegen, dass er die Angaben des Klägers, die freilich juristisch bewertet werden müssten, für aussagekräftiger halte. In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 24.09.2009 (Bl. 254 f. VerwA) führte der H1 aus, dass die beim Kläger als Unfallfolge verbliebene Retropatellararthrose nach der unfallmedizinischen Literatur allenfalls eine MdE von 10 v.H. begründe. Die von H bildgebend beschriebenen Anomalien im inneren Knieabschnitt hätten mit dem unfallbedingten Patellasehnenriss nichts zu tun.
Das SG holte sodann bei dem S2 ein weiteres Sachverständigengutachten von Amts wegen ein. Dieser beschrieb in seinem Gutachten vom 16.05.2010 (Bl. 264 ff. VerwA) nach Untersuchung des Klägers am 12.04.2010 als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks für die Beugung (0-0-130°), eine Umfangsvermehrung des linken Kniegelenks (2 cm), einen Verlust des Kniescheibenunterpols, einen relativen Hochstand der linken Kniescheibe, eine Berührungsempfindlichkeit unterhalt der linken Kniescheibe sowie reizlose Narbenverhältnisse. Eine höhere MdE als 10 v.H. komme - auch mangels Ergussbildung und muskulärer Schonzeichen - nach der unfallmedizinischen Literatur nicht in Betracht. Die Begründung des H für eine höhere MdE sei nicht nachvollziehbar. Der Beratungsarzt der Beklagten, T1, stimmte der Einschätzung des S2 zu, da diese auf den unfallmedizinischen Erfahrungswerten beruhe (Stellungnahme vom 02.06.2010, Bl. 282 VerwA). In der Folge waren sich die Beteiligten auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens des S2 einig, dass die Folgen des Unfalls vom 30.08.2006 ab dem 01.06.2017 eine MdE von 10 v.H. bedingten (s. Bl. 283, 297 VerwA); der rechtskundig vertretene Kläger erklärte den Rechtsstreit daraufhin am 28.09.2010 für erledigt (Bl. 297 VerwA).
Im September 2015 wandte sich der Kläger - der zwischenzeitlich seine Beschäftigung als Verwaltungsfachangestellter im Sekretariat des Bürgermeisteramts der Gemeinde K aufgenommen hatte - an die Beklagte und begehrte der Sache nach die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30.08.2006 im Rahmen eines Stütztatbestands im Hinblick auf seine Wehrdienstbeschädigung (vgl. Bl. 299, 298 VerwA). Er vertrat die Auffassung, ihm sei wegen Letzterer ein „GdS von (mindestens) 10“ zuerkannt worden und verwies insoweit namentlich auf den Bescheid des WBGA V vom 20.10.1995. Die Beklagte zog aus den anderen Verfahren des Klägers (s. dazu bereits oben) Unterlagen bei - u.a. die o.a. Gutachten - und holte bei dem Z1 eine beratungsärztliche Stellungnahme (vom 06.11.2017, Bl. 367 VerwA) ein. Z1 führte aus, dass sich aus den aktenkundigen ärztlichen Befunden zwar schon kein objektiver Beleg für die geklagten Ohrgeräusche ergebe, diese aber ohnehin nach Angabe des Klägers nur sporadisch aufträten und daher (auch) nach der unfallmedizinischen Literatur jedenfalls keine MdE von wenigstens 10 v.H. bedingten. Mit der Einschätzung des Z stimme er überein.
Mit Bescheid vom 18.12.2017 lehnte es die Beklagte (weiterhin) ab, dem Kläger für die Folgen des Arbeitsunfalls vom 30.08.2006 Rente zu gewähren. Zur Begründung führte sie aus, dass die auf Grund der am 06.09.1988 erlittenen Wehrdienstbeschädigung verbliebenen Einschränkungen in Gestalt eines sporadisch auftretenden, kurzdauernden Ohrgeräuschs rechts nach Knalltrauma sowie posttraumatischer Hochtonminderung bei erhaltener Normalhörigkeit nach den unfallversicherungsrechtlichen Maßstäben keine MdE von wenigstens 10 v.H. bedingten. Damit liege kein Stütztatbestand vor und somit auch keine rentenberechtigende MdE hinsichtlich des Unfalls vom 30.08.2006. Mit seinem Widerspruch berief sich der Kläger im Wesentlichen auf die Versorgungsmedizin-Verordnung und meinte, dass die Beklagte das ihr zustehende Ermessen fehlerhaft (MdE 10 v.H. statt 0) ausgeübt habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 25.06.2018 beim SG Klage erhoben. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass ein Stützrententatbestand wegen der Wehrdienstbeschädigung bestehe, der zusammen mit der MdE um 10 v.H. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30.08.2006 einen Rentenanspruch ergebe. Die Beklagte habe die sich aus der Anlage 2 zur Versorgungsmedizin-Verordnung (= Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008: „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ - VG -) ergebende Möglichkeit einer Höherbewertung seiner Hörstörung mit zeitweisem Tinnitus nicht genutzt.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die nach dem Arbeitsunfall vom 30.08.2006 verbliebenen Unfallfolgen im Bereich des linken Knies eine MdE von 10 v.H. bedingten, wovon auch die Beteiligten (weiterhin) ausgingen. Die allein in Rede stehenden verbliebenen Wehrdienstbeschädigungsfolgen führten zu keinem messbaren GdS (Hinweis auf das Urteil des SG vom 26.10.2015 im Verfahren S 4 VS 1526/13) und auch zu keiner messbaren unfallversicherungsrechtlichen MdE. Aus Teil B Nr. 5.2.4 der VG ergebe sich bei einem Hörverlust von unter 20 % beidseits - wie beim Kläger - ein GdS von unter 10. Im Wesentlichen Nämliches gelte nach der unfallmedizinischen Literatur (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, Tabelle S. 364). Auch die beim Kläger nur sporadisch auftretenden und von ihm selbst nicht als erheblich störend empfundenen Ohrgeräusche führten nach Teil B Nr. 5.3 der VG ebenfalls zu einem GdS von 0. Nach Schönberger/Mehrtens/Valentin (a.a.O., S. 367) bedingten intermittierende Ohrgeräusche keine MdE, was Z1 überzeugend dargelegt habe.
Gegen den - seinen Prozessbevollmächtigten am 05.10.2018 zugestellten - Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05.11.2018 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren auf Verletztenrente fortgeführt hat. Er hat im Wesentlichen vorgebracht, dass nach den VG die Behörde den GdS höher bewerten „könne“, wenn die Hörstörung mit anderen Erscheinungen (z.B. Ohrgeräuschen) verbunden sei. Diese Höherbewertung sei auch unabhängig von den tatsächlichen medizinischen Erkenntnissen. Die Beklagte habe das ihr gemäß § 39 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Auch könne ein Hörverlust von 0 % bis 20 % mit 0 „oder“ 10 bewertet werden (Teil B Nr. 5.2.4 der VG) und nicht - wie das SG meine - ausschließlich mit 0; Entsprechendes gelte in Bezug auf den Tinnitus nach Teil B Nr. 5.3 der VG, zumal dort lediglich von „Ohrgeräuschen“ und nicht von „ständig vorhandenen Ohrgeräuschen“ die Rede sei. Es verstoße gegen § 39 i.V.m. § 2 Abs. 2 SGB I, wenn der GdS weiterhin mit 0 statt mit 10 festgesetzt werde. Außerdem habe Z in seinem Gutachten eindeutig bei ihm ein Metz-Recruitment festgestellt, was auf eine Hörstörung im Bereich des Hörorgans in Gestalt einer Schallempfindungsstörung im Hörschnecken-Bereich hinweise (Verweis auf einen „Wikipedia“-Beitrag). In einem Artikel in der Ausgabe BWGZ 23/2018 (Strobel, „Schwerhörigkeit - von Beeinträchtigungen, die vielen nicht bewusst sind, und inklusive Lösungen“, Bl. 28 f. Senats-Akte) habe der Autor Personen, die hohe Töne schwächer oder gar nicht mehr hörten, als „Schwerhörige“ bezeichnet und ausgeführt, dass Hörgeräte noch nicht in der Lage seien, diese Hörstörung komplett zu kompensieren. Hinzukomme, dass ein „Feststellungsbescheid über die genaue Höhe des GdS“ gar nicht ergangen sei und ein solcher könne auch nicht durch ärztliche Gutachten ersetzt werden, denn ein solches sei allenfalls eine von vielen Entscheidungsgrundlagen beim Erlass eines Bescheids.
Der Kläger beantragt (teilweise sachdienlich gefasst, vgl. Bl. 3 Senats-Akte),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 02.10.2018 sowie den Bescheid vom 18.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.05.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auf Grund der Folgen des Arbeitsunfalls vom 30.08.2006 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 10 v.H. im Rahmen eines Stütztatbestands zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 18.12.2017 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 28.05.2018, mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Verletztenrente abgelehnt hat. Hiergegen wendet sich der Kläger zulässigerweise mit seiner kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 31.10.2007, B 2 U 4/06 R, zitiert - wie alle nachfolgenden höchstrichterlichen Entscheidungen - nach juris).
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid vom 18.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.05.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der nach dem Unfall vom 30.08.2006 verbliebenen Unfallfolgen, und zwar auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Stütztatbestands im Zusammenhang mit dem Wehrdienstereignis vom 06.09.1988 bei der Bundeswehr.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - das sind nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VII -), wobei ein Arbeitsunfall in diesem Sinne einen Unfall des Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit) voraussetzt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle im obigen Sinne gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII stehen den Versicherungsfällen im oben dargelegten Sinne Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem BVG, dem SVG, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren, gleich. Dabei ist materiell-rechtlich unerheblich, ob dieser andere Unfall bzw. Entschädigungsfall selbst zu einer Entschädigung nach den vorgenannten Gesetzen führt (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.1982, 9b/8/8a RU 86/80, Rdnr. 20; Scholz in jurisPK-SGB VII, § 56 Rdnr. 41, Stand 15.01.2022). Dies hat allenfalls Bedeutung für die Frage einer etwaigen Bindungswirkung an Feststellungen der für den anderen Unfall bzw. Entschädigungsfall i.S.d. § 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII zuständigen Stelle, wenn dem Versicherten zum Zeitpunkt der Unfallrentengewährung durch Verwaltungsakt der zuständigen Stelle rechtsverbindlich eine Entschädigung gewährt wird (vgl. dazu BSG, a.a.O., Rdnr. 17; Scholz in jurisPK-SGB VII, a.a.O., beide m.w.N.). Ist dies hingegen nicht der Fall, hat der Unfallversicherungsträger die Auswirkungen dieses anderen Unfalls bzw. Entschädigungsfalls auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten im Rahmen des Stütztatbestands eigenständig zu prüfen, und zwar (allein) nach - den nachfolgend dargelegten - unfallversicherungsrechtlichen Maßstäben (BSG, a.a.O., Rdnr. 18).
Die MdE im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Unter Zugrundelegung dessen stellt der Senat zunächst fest, dass der Kläger in Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Restaurantkraft am 30.08.2006 einen Arbeitsunfall erlitten hat, als er im Küchenbereich der B2-Filiale ausgerutscht ist, sich das linke Knie angeschlagen und sich dabei eine Patellaquerfraktur links zugezogen hat. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Als Unfallfolgen dieses Ereignisses sind die zuletzt von S2 (dessen im Tatbestand genanntes Sachverständigengutachten im Wege des Urkundsbeweises verwertbar ist) beschriebenen Anomalien im Bereich des linken Kniegelenks verblieben, nämlich eine Bewegungseinschränkung für die Beugung, eine Umfangsvermehrung, ein Verlust des Kniescheibenunterpols, ein relativer Hochstand der Kniescheibe, eine Berührungsempfindlichkeit unterhalt der Kniescheibe sowie reizlose Narbenverhältnisse nach stattgehabter Operation. Auch dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig, beide haben vielmehr darauf explizit Bezug genommen, und der Kläger hat auch nicht einmal behauptet, dass es seither zu einer irgendwie gearteten Verschlimmerung im Bereich des linken Knies gekommen ist; er hat die Knieverletzung vielmehr im gesamten hiesigen Verfahren zu keinem Zeitpunkt überhaupt auch nur weiter thematisiert.
Im Rahmen der MdE-Bewertung für unfallverletzte Knie stehen die funktionellen Defizite nach der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 685) - auch der Senat legt seinen Entscheidungen regelmäßig dieses Standardwerk zu Grunde - ganz im Vordergrund; bildgebenden Befunden kommt nur eine nachrangige Bedeutung zu. Maßgeblich sind insbesondere Bewegungseinschränkungen des Kniegelenks. Eine Bewegungseinschränkung von (Streckung/Beugung) 0-0-120° bedingt nach den unfallmedizinischen Erfahrungswerten eine MdE von 10 v.H. Eine höhere MdE ist erst ab einer schlechteren Beweglichkeit (Streckung/Beugung 0-0-90°) anzunehmen. Ferner ergibt sich eine MdE von 10 v.H. bei einer muskulär kompensierten Kniebandinstabilität, eine MdE von 20 v.H. und mehr bei einer nicht muskulär kompensierten sowie eine MdE von mindestens 20 v.H. bei einer einseitigen Endoprothese und von 30 v.H. bei Versteifung des Kniegelenks in günstiger Funktionsstellung (s. zu allem Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 685 ff., m.w.N.)
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe bedingen die oben dargelegten Unfallfolgen im Bereich des linken Knies beim Kläger keine MdE von wenigstens 10. Der Gutachter S2 hat bei ihm zuletzt eine Kniegelenksbeweglichkeit links von 0-0-130° (ähnlich wie zuvor bereits bei W1, dessen Gutachten ebenfalls urkundsbeweislich verwertbar ist: 10-0-140°) „im physiologischen Rahmen“ - so S2 - ohne Ergussbildung, ohne Überwärmung, ohne Sensibilitätsstörungen, ohne muskuläre Schonzeichen und ohne Reizzustände bei normalem, flüssigem und hinkfreiem Gangbild ohne erkennbare Behinderung befundet, und dem Kläger ist der Einbeinstand links ebenso wie der Zehenspitzenstand, der Zehenspitzengang und der Hackengang sicher möglich gewesen (s. Bl. 269 ff. VerwA); eine irgendwie geartete Kniebandinstabilität hat S2 nicht diagnostiziert (Bl. 273 VerwA).
In Ansehung dieser klinischen Gegebenheiten (eine Verschlimmerung ist, wie bereits oben dargelegt, weder behauptet, geschweige denn konkret dargetan worden) lässt sich eine MdE von wenigstens 10 v.H. auf der Grundlage der dargestellten Befunde und Erfahrungswerte nicht nachvollziehbar begründen - S2 hat dies auch nicht getan, sondern sich vielmehr auf die insoweit zutreffende Begründung beschränkt, dass und warum jedenfalls eine MdE von mehr als 10 v.H. nicht in Betracht kommt -, und deswegen hat namentlich auch W1 auf der Grundlage des von ihm erhobenen klinischen Befunds (ähnlich dem von S2, vgl. Bl. 89 VerwA) eine verbleibende MdE von weniger als 10 v.H. - insoweit ebenfalls zutreffend - angenommen. Dass die Beklagte dem Kläger gleichwohl noch über den 25.01.2017 hinaus bis Ende Mai 2017 (vgl. zum Rentenende § 73 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) eine Rente als vorläufige Entschädigung wegen der Folgen des Versicherungsfalls vom 30.08.2006 nach einer MdE von 20 v.H. gewährt hat (bestandskräftig gewordener Bescheid vom 22.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2017), ist für das vorliegende Verfahren ohne Relevanz, zumal gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII ohnehin bei der Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung, also ohne Bindung an die bisher zugrunde gelegte MdE, festgestellt werden kann, ohne dass dafür eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten sein müsste (vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 19.12.2013, B 2 U 1/13 R).
Die Einschätzung des H (dessen Gutachten ebenfalls im Wege des Urkundenbeweises verwertbar ist) einer MdE von 15 v.H. überzeugt bereits deshalb nicht - darauf haben S2 und H1 (in seiner als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertbaren beratungsärztlichen Stellungnahme) zutreffend hingewiesen -, weil er seiner MdE-Bewertung nicht die objektivierten klinischen Funktionsdefizite, sondern im Wesentlichen die subjektiven Angaben des Klägers zu Grunde gelegt hat, was er in seiner ergänzenden Stellungnahme auch ausdrücklich eingeräumt hat. Wie oben bereits dargelegt, kommt indes den funktionellen Defiziten - soweit objektiviert - die maßgebliche Bedeutung zu, und diese rechtfertigen auf der Grundlage auch des von H erhobenen klinischen Befunds keine MdE von wenigstens 10 v.H. Die bloße Angabe von Kniebeschwerden ändert nichts daran, dass ein objektiv-klinischer Befund, der nach den unfallmedizinischen Erfahrungswerten (s.o.) eine entsprechende MdE rechtfertigen würde, gerade nicht vorliegt. Hinzukommt, dass H auch (lediglich, s. dazu schon oben) bildgebend sichtbar gewordene Veränderungen im Bereich des linken Knies berücksichtigt hat, die - darauf hat H1 überzeugend aufmerksam gemacht - schon in keinem Zusammenhang mit dem angeschuldigten Ereignis stehen, wovon auch S2 in der Sache ausgegangen ist.
Mithin hat der Kläger wegen der Folgen des Unfallereignisses vom 30.08.2006 mangels rentenberechtigender MdE keinen Anspruch auf eine Verletztenrente.
Soweit die Beteiligten sich im Verfahren S 7 U 597/08 darauf verständigt haben, dass die Folgen des Arbeitsunfalls vom 30.08.2006 eine MdE von 10 v.H. bedingen und sie davon übereinstimmend auch weiterhin ausgehen, verhilft dies dem Rechtsmittel ebenfalls nicht zum Erfolg. Denn selbst wenn der Senat zu Gunsten des Klägers - unabhängig von der verfahrensrechtlichen Bedeutung einer solchen „Einigung“ der Beteiligten (vgl. dazu bereits BSG, Urteil vom 22.03.1983, 2 RU 37/82, Rdnrn. 18 f.) - eine MdE von 10 v.H. auf Grund der (oben dargestellten) verbliebenen Arbeitsunfallfolgen im Bereich des linken Knies zu Grunde legt, steht ihm kein rentenberechtigender Stütztatbestand in Folge des Wehrdienstereignisses vom 06.09.1988 zur Seite. Denn die daraus resultierenden Folgen verursachen nach unfallmedizinischen (s.o.) Maßstäben ebenfalls keine MdE von wenigstens 10 v.H.
Wie eingangs dargelegt, hat die Beklagte als Unfallversicherungsträger bei der Prüfung einer Verletztenrentengewährung im Rahmen eines Stütztatbestands auch die Auswirkungen eines anderen, einem Versicherungsfall i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB VII nach § 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII gleichgestellten Unfalls bzw. Entschädigungsfalls zu berücksichtigen.
Ein solcher gleichgestellter Unfall bzw. Entschädigungsfall nach dem SVG/BVG ist vorliegend das Ereignis vom 06.09.1988, bei dem der Kläger als Wehrdienstleistender im Rahmen eines Panzerfaustübungsschießens ein Knalltrauma mit Ohrensausen rechts erlitten hat. Auch dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Dass die Beklagte dazu berufen gewesen ist, die Folgen dieses Ereignisses eigenständig aus unfallversicherungsrechtlicher Sicht zu beurteilen, folgt bereits daraus, dass weder die zuständigen Stellen der Wehrverwaltung - für den Zeitraum des Wehrdienstverhältnisses -, noch die zuständigen Stellen der Versorgungsverwaltung - für den Zeitraum nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses - beim Klägers jemals einen Grad der MdE festgestellt und auf Grund dessen eine Rente gezahlt haben (vgl. dazu erneut BSG, Urteil vom 23.06.1982, 9b/8/8a RU 86/80, Rdnr. 17). Diese Stellen haben vielmehr - insoweit wird auf die oben im Tatbestand angeführten Bescheide verwiesen - auf der Grundlage des für sie jeweils maßgeblichen Entschädigungs- bzw. Versorgungsrechts gerade entschieden, dass eine Entschädigung bzw. Versorgung mangels einer entsprechenden MdE von mindestens 25 nicht in Betracht kommt, sodass bereits aus diesem Grund eine irgendwie geartete Bindung der Beklagten nicht eingetreten sein kann. Selbst eine regelnde Verfügung dahingehend, dass eine bestimmte (höhere) MdE nicht vorliegt, enthält schon keine (positive) Feststellung dahingehend, dass jedenfalls eine niedrigere MdE gegeben ist.
Soweit der Kläger im Verwaltungsverfahren gemeint hat, ihm sei wegen des Wehrdienstunfalls „ein GdS von (mindestens) 10“ zuerkannt worden, ist dies unzutreffend. Zum einen ist in dem insoweit vom Kläger in Bezug genommenen Bescheid des WBGA V vom 20.10.1995 schon keine Entscheidung zu einem GdS (bis 21.12.2007: MdE) getroffen und auch die Höhe einer bestimmten MdE ist nicht (positiv) festgestellt worden (s.o.), zum anderen ist sein Antrag (u.a.) auf Feststellung eines „rentenberechtigenden“ GdS mit bestandskräftig gewordenem Bescheid des Versorgungsamts vom 19.08.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des RPS vom 23.09.2008 gerade abgelehnt worden, ebenso wie sein diesbezüglicher Überprüfungsantrag (Bescheid des Versorgungsamts vom 17.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des RPS vom 28.03.2012) und auch der 6. Senat des LSG Baden-Württemberg hat in seinem rechtkräftigen Beschluss vom 07.07.2016 (L 6 VS 239/16) im Einzelnen dargelegt, dass eine wehrdienstbedingte Rentenentschädigung nach dem SVG i.V.m. dem BVG mangels GdS von wenigstens 25 beim Kläger nicht in Betracht kommt. Wie der Kläger vor diesem Hintergrund hat meinen können, ihm sei ein GdS zuerkannt worden, ist unerfindlich.
Soweit der Kläger demgegenüber dann im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht hat, ein „Feststellungsbescheid über die genaue Höhe des GdS“ sei nicht ergangen, ist dies zutreffend (s.o.), hat aber - was sich aus den obigen Ausführungen ergibt - nichts mit dem vorliegenden Verfahren zu tun, weil hier nicht über einen GdS zu befinden und ein solcher Bescheid eben gerade nicht ergangen ist. Deswegen ist die Beklagte - wie ebenfalls bereits ausgeführt - dazu berufen gewesen, die Folgen des Wehrdienstereignisses vom 06.09.1988 eigenständig nach (allein) unfallversicherungsrechtlichen Maßstäben im Rahmen des geltend gemachten Stütztatbestands zu würdigen. Welche Maßstäbe dies sind, ist schon oben dargelegt worden, ebenso, was Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits ist. In Ansehung dessen geht auch der Einwand des Klägers, ein GdS-Feststellungsbescheid könne nicht durch ärztliche Gutachten ersetzt werden, ins Leere.
Als verbliebene Folge des Ereignisses vom 06.09.1988 ist beim Kläger ein sporadisch auftretendes, kurzdauerndes Ohrgeräusch rechts nach Knalltrauma mit einer posttraumatischen Hochtonhörminderung bei erhaltener Normalhörigkeit anzunehmen. Dies ergibt sich aus der entsprechenden Folgenanerkennung im Bescheid des WBGA V vom 20.10.1995 sowie im Bescheid des Versorgungsamts vom 04.01.1996 (beide bestandskräftig), aus dem Gutachten des R1, dem Gutachten des V und dem Gutachten des Z (alle urkundsbeweislich verwertbar) sowie der beratungsärztlichen Stellungnahme des Z1 (als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertbar). Das SG ist in seinem rechtkräftigen Urteil vom 20.10.2015 im Verfahren S 4 VS 239/16 ebenso von diesen pathologischen Veränderungen in Folge des Wehrdienstereignisses ausgegangen wie der 6. Senat des LSG Baden-Württemberg in seinem die Berufung zurückweisenden Beschluss vom 07.07.2016 (L 6 VS 239/16); wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die jeweiligen Entscheidungsgründe Bezug genommen. Auch der Kläger hat im gesamten vorliegenden Verfahren nichts Darüberhinausgehendes geltend gemacht, sich vielmehr ausdrücklich u.a. auf das Gutachten des Z berufen, gemeint, daraus würde sich gerade etwas für ihn Günstiges ergeben und eine seitherige Verschlimmerung nicht einmal behauptet, geschweige denn konkret dargetan. Namentlich hat er sich vielmehr darauf berufen, dass nicht nur „ständig vorhandene Ohrgeräusche“ bei der Höhe des GdS (richtig: der unfallversicherungsrechtlichen MdE) zu berücksichtigen seien, sondern auch (sporadische) Ohrgeräusche (wie bei ihm).
Nach den unfallmedizinischen Erfahrungswerten bedingen nur zeitweilige (intermittierende) Ohrgeräusche keine MdE (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 367), worauf das SG zutreffend erkannt hat. Wie der Kläger zuletzt gegenüber Z - der einen kompensierten Tinnitus aurium Grad I rechts diagnostiziert hat - bestätigt hat, treten die Ohrgeräusche rechts nur zeitweise auf und er empfindet diese als nicht störend. Abweichendes dazu hat sich im hiesigen Verfahren nicht ergeben. Nur am Rande merkt der Senat an, dass der Kläger bereits zuvor bei V nur noch selten auftretende (und nur sekundenlang anhaltende) nicht pulsierende Ohrgeräusche rechts ohne Begleiterscheinungen (Brechreiz, Schwindel) angegeben und dass R1 wiederum zuvor überhaupt keinen Tinnitus festzustellen vermocht hatte. In Ansehung all dessen besteht - worauf Z1 in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme hingewiesen hat - keine Grundlage für eine MdE von wenigstens 10 v.H.
Soweit der Kläger unter Hinweis auf die VG gemeint hat, es seien nicht nur „ständig vorhandene Ohrgeräusche“ zu berücksichtigen, liegt dies bereits deshalb neben der Sache, weil die VG vorliegend keinerlei Bedeutung haben. Es steht - wie schon dargelegt - kein GdS (ebenso wenig wie ein Grad der Behinderung - GdB -) in Rede, sondern allein eine Bewertung nach den unfallmedizinischen Erfahrungswerten (s.o.). In den Bereichen der gesetzlichen Unfallversicherung und des Versorgungs-/Entschädigungsrechts gelten unterschiedliche Maßstäbe, die nicht in allen Punkten übereinstimmen, was hinzunehmen ist (s. auch dazu bereits BSG, a.a.O., Rdnr. 15 m.w.N.).
Was die beim Kläger zuletzt von Z diagnostizierte beidseitige Hochtonhörminderung (ohne Hinweis auf eine Schallleitungskomponente) anbelangt, kommt es nach der unfallmedizinischen Literatur maßgeblich auf den sprachaudiometrischen prozentualen Hörverlust für beide Ohren an (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 364). Der Gutachter ist nach entsprechender klinischer (sprach- und tonaudiometrischer) Untersuchung unter Verwendung der Drei-Frequenz-Tabelle (Bl. 401 VerwA, s. dazu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 364 unter Hinweis auf die Empfehlung für die Begutachtung der Lärmschwerhörigkeit - BK-Nr. 2301 -, sog. Königsteiner Empfehlung, Nr. 4.3.1) zu einem beidseitigen Hörverlust von jeweils 0 % gelangt, was sich mit dem Ergebnis der vorherigen Untersuchung bei V deckt, der eine Normalhörigkeit mit nur geringem Hochtonabfall befundet hatte (bei der früheren Untersuchung durch R1 sind die Hörfunktionsprüfungen alle noch normgerecht gewesen). Auch insoweit hat sich im vorliegenden Verfahren nichts Abweichendes ergeben.
Nach den Erfahrungswerten (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 366) bedingt namentlich ein prozentualer Hörverlust von 0 % eine MdE von 0 („Normalhörigkeit“), ein prozentualer Hörverlust von unter 20 % eine MdE von weniger als 10 v.H. („beginnende Schwerhörigkeit“), ein prozentualer Hörverlust von 20 % eine MdE von 10 v.H. („knapp geringgradige Schwerhörigkeit“), ein prozentualer Hörverlust von 30 % eine MdE von 15 v.H. („geringgradige Schwerhörigkeit“) und ein prozentualer Hörverlust von 40 % eine MdE von 20 v.H. („gering- bis mittelgradige Schwerhörigkeit“).
Ausgehend von dem gutachterlich beim Kläger dokumentierten beidseitigen Hörverlust von 0 % beträgt die diesbezügliche MdE - ebenfalls vom SG zutreffend erkannt - mithin 0, worauf auch Z1 hingewiesen hat.
Auch dem hat der Kläger im hiesigen Verfahren nichts Substanzielles entgegengesetzt und insbesondere eine Hörverschlimmerung nicht einmal behauptet und erst recht nicht konkret dargetan. Nur am Rande merkt der Senat an, dass Z ohnehin Zweifel daran hatte (vgl. Bl. 402 VerwA), ob die beim Kläger seit 1994 nur geringfügig zugenommene Hochtonhörminderung überhaupt (noch) auf das Knalltrauma im Jahr 1988 zurückgeführt werden kann.
Soweit der Kläger unter Verweis auf einen „Wikipedia“-Artikel geltend gemacht hat, Z habe ein sog. Metz-Recruitment festgestellt, ist dies bereits unzutreffend, weil der Gutachter ein solches nicht festgestellt, sondern lediglich im Rahmen der Stapediusreflexschwellbestimmung im Zusammenhang mit dem Verlauf der Hörschwelle den Hinweis auf ein solches Recruitment beschrieben hat (Bl. 400 VerwA). Welche weitergehende Relevanz dies vorliegend haben soll, erschließt sich dem Senat indes schon deshalb nicht, weil Z diesen Hinweis ja erkannt und entsprechend berücksichtigt hat. Ohnehin ändert auch der Hinweis auf ein Metz-Recruitment nichts daran, dass der sprach- und tonaudiometrische Befund gerade einen beidseitigen Hörverlust von 0 % ergeben hat. Der Kläger übersieht, dass nicht jede Anomalie - oder nur ein Hinweis auf eine solche - eine unfallversicherungsrechtliche MdE nach sich zieht. Wie bereits oben dargelegt, kommt es unfallmedizinisch im vorliegenden Zusammenhang maßgeblich auf die unfallbedingte Funktionseinbuße des Gehörs in Gestalt des prozentualen Hörverlusts an, der beim Kläger - trotz Hinweis auf ein Metz-Recruitment - beidseits 0 % beträgt.
Soweit der Kläger pauschal auf den oben im Tatbestand genannten Artikel von Strobel verwiesen hat, erschließt sich eine Relevanz ebenfalls nicht, zumal ein Bezug zum Kläger nicht erkennbar ist und er einen solchen auch nicht einmal selbst hergestellt hat. Wen der Autor des Artikels als „schwerhörig“ bezeichnet, ist unmaßgeblich und dass Hörstörungen teilweise nicht komplett durch Hörgeräte kompensiert werden können, mag sein. Dass der Kläger indes an einer mit dem Wehrdienstereignis ursächlich in Zusammenhang stehenden Hörstörung mit Hörgerätepflichtigkeit leidet, hat er selbst nicht einmal behauptet und wäre mit der oben festgestellten Normalhörigkeit auch nicht zu vereinbaren. Unabhängig davon bleibt es dabei, dass es nach den Erfahrungswerten auf den klinisch nachgewiesenen prozentualen Hörverlust ankommt.
Soweit der Kläger ferner gemeint hat, seine Hörstörung (genauer: Hochtonhörminderung ohne Hinweis auf eine Schallleitungskomponente) müsse jedenfalls höher bewertet werden, weil sie mit den Ohrgeräuschen rechts zusammentreffe, ist dies bereits deshalb unzutreffend, weil die auch insoweit von ihm herangezogenen VG - wie schon dargelegt - vorliegend ohne Relevanz sind. Unabhängig davon besteht für eine irgendwie geartete Höherbewertung schon deshalb kein Raum, weil seitens des otologischen Fachgebiets jeweils keine MdE in Ansatz zu bringen ist (s.o.).
Soweit der Kläger schließlich noch gemeint hat, die Beklagte habe ihr Ermessen nach § 39 SGB I falsch ausgeübt, liegt auch dies neben der Sache, weil die Gewährung von Verletztenrente nach § 56 SGB VII schon nicht im Ermessen der Beklagten steht und es sich auch bei der MdE-Einschätzung nicht um eine Ermessensentscheidung im Rechtssinne handelt, sondern um eine gerichtlich voll überprüfbare (hier tatrichterliche) Bewertung nach Maßgabe der oben beschriebenen Kautelen. Ungeachtet dessen gilt auch insoweit, dass im Hinblick auf die obigen Ausführungen für eine irgendwie geartete Höherbewertung kein Raum ist, weil dafür in Ansehung der unfallbedingten Funktionsstörungen - soweit objektviert - nach den unfallmedizinischen Erfahrungswerten jede Grundlage fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.